1
Konzept zur Förderung der Integration
von zugewanderten Menschen mit
ausländischen Wurzeln
im Landkreis Gifhorn
Fortschreibung 2018
...natürlich stark!
LANDKREIS GIFHORN
I
Grußwort des Landrates Dr. Andreas Ebel
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Landkreis Gifhorn ist Zuwanderung seit vielen Jahren
gelebte Realität und eine Erfolgsgeschichte. Daher ist es
unsere Aufgabe auch weiterhin, ein gemeinschaftliches
Miteinander in unserer Gesellschaft zu schaffen, in der sich
alle Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt und auf
Augenhöhe begegnen können. Die Identifikation mit den
Werten des deutschen Grundgesetzes bildet gemeinsam mit
dem Erlernen der deutschen Sprache den Rahmen, in dem
sich Integration entfalten kann.
Seit 2015 stehen wir alle im Landkreis Gifhorn vor ganz neuen Herausforderungen
beim Thema „Integration“. Es ist ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit
gerückt und hat Bund, Länder und Kommunen vor eine herausfordernde Aufgabe
gestellt. Schnell kristallisierte sich heraus, dass erfolgreiche Integration der
geflüchteten Menschen nur vor Ort erfolgen kann, im Zusammenspiel aller am
Integrationsprozess beteiligten Akteure. Eine wichtige Ergänzung zur hauptamtlichen
Arbeit stellt das Ehrenamt dar. Zahlreiche Ehrenamtliche engagieren sich in der
Integrationsarbeit. Ohne sie wäre diese Aufgabe nicht zu meistern. Ehrenamtliche
Helfer kennen durch Ihre Arbeit vor Ort und dem engen Kontakt zu den Geflüchteten,
die Wünsche und Nöte und helfen schnell, wo Hilfe nötig ist. Trotz der Anstrengungen
aller am Integrationsprozess Beteiligten, ist bereits heute abzusehen, dass die
Herausforderungen vor denen wir stehen, keine Vorübergehenden sind, sondern uns
alle dauerhaft beschäftigen werden.
Der Kreistag hat im Jahr 2008 bereits ein Integrationsleitbild beschlossen, das auf
Empfehlung der kommunalen Spitzenverbände in Form einer
Selbstverpflichtungserklärung konkretisiert wurde. Daraus entstand ein erstes
Integrationskonzept unter Mitwirkung vieler Aktiver aus Kommunen, Politik,
Verbänden und Vereinen. Daran knüpft die Fortschreibung des nun erstellten
Integrationskonzeptes an. Der Landkreis Gifhorn möchte mit dieser Weiterentwicklung
- die ebenfalls unter Mitwirkung vieler Aktiver entstand – eine zukunftsfähige
Strategie entwickeln, die integrativen Bemühungen im Landkreis voranzutreiben und
das gesellschaftliche Leben zu verbessern. Der Entwicklungsprozess des Konzeptes
hat deutlich gemacht, dass der Landkreis Gifhorn sich bei vielen Themen als
Kooperationspartner, Initiator, Moderator, Begleiter oder Impulsgeber versteht. Dies
ist mir ein besonderes Anliegen und unterstreicht die Einrichtung der Stabsstelle
Integration im Juni 2017.
Im Januar 2018 hat daher das „Netzwerk Integration“ unter Leitung der Stabsstelle
Integration die Arbeit wieder aufgenommen. Hieraus entstanden Arbeitskreise, die
Empfehlungen und konkrete Maßnahmen für das nun vorliegende Konzept
entwickelten. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen, die am
Fortschreibungsprozess mitgewirkt haben. Die guten Erfahrungen aus der
Zusammenarbeit gilt es nun zu nutzen, um miteinander Lösungen zu entwickeln, die
allen Zugewanderten die Integration im Landkreis Gifhorn erleichtern.
Landrat Dr. Andreas Ebel
1
Gegenstand des Konzeptes
Das vorliegende Konzept ist nicht als Flüchtlingskonzept zu verstehen. Es strebt die
Reduzierung auf die Themen Flucht und Asyl nicht an, wird diesem aufgrund der
Aktualität jedoch in diesem Rahmen zu einem erhöhten Bestandteil Rechnung tragen.
Im Diskurs der vergangenen Jahre ist die Zielgruppe Geflüchtete in den Fokus
gerückt. Sie entspricht einem Bestandteil von Migration, bildet jedoch nicht die
Gesamtmigration ab.
Es wird daher ausdrücklich eine ganzheitliche Betrachtung von Migration und
Integration angestrebt.
Bei der Betrachtung der Gesamtheit von Migrationsgruppierungen aus dem Ausland
handelt es sich um Menschen mit ausländischen Wurzeln, die aus dem Ausland nach
Deutschland gekommen sind beziehungsweise deren familiäre Geschichte diesen
Punkt der Zuwanderungsgeschichte aufgreift. Dies vereint neben der erhöhten
Fluchtmigration der vergangenen Jahre weitere Bevölkerungsgruppen mit
Zuwanderungsgeschichte und kultureller Diversität. Auch wenn der Fokus in der
öffentlichen Debatte stark auf den Themen Flucht und Asyl liegt, versucht das
vorliegende Konzept einen Bogen auf die Gesamtmigration zu schlagen, um Menschen
mit ausländischen Wurzeln und kultureller Diversität gleichberechtigt Teil der
Bemühungen um Migration und Integration in unserer Gesellschaft sein zu lassen.
Migration und Integration sind dabei komplexe Themenverhalte, die die Gesamtheit
der Bevölkerung als Gelingensbedingung mit einbeziehen. Eine Reduzierung der
Komplexität auf die Gruppe Asyl und Fluchtmigration würde dem Thema nicht gerecht
werden. Dieser Anschauung soll im Rahmen dieses Konzeptes Rechnung getragen
werden.
Bestandteil der Integrationsbemühungen im Landkreis Gifhorn sollen daher
exemplarisch folgende Gruppierungen sein:
Menschen mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft, wie beispielsweise
Geflüchtete und Arbeitsmigranten,
Menschen mit einer doppelten Staatsbürgerschaft, einer deutschen und einer
anderen Staatsbürgerschaft,
Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind, aber Eltern oder Großeltern
haben, die aus dem Ausland gekommen sind – mit sogenanntem Migrationshintergrund,
Menschen, die deutscher Herkunft sind, aber lange Zeit im Ausland gelebt haben und die kulturellen Besonderheiten zurück nach Deutschland gebracht haben, wie
sogenannte Spätaussiedler.
2
Integration als kommunale Aufgabe
Bereits Mitte der 90er Jahre widmete sich der Landkreis Gifhorn der kommunalen
Integrationsarbeit. Erstmals wurde eine Ausländerbeauftragte ernannt und zusätzlich
eine Integrationsleitstelle eingerichtet. Seit dem Jahr 2016 wurde diese Stelle zur
Koordinierungsstelle „Migration und Teilhabe“. Mitte des Jahres 2017 richtete der
Landkreis eine Stabsstelle Integration ein, die direkt dem Landrat unterstellt ist.
Aufgabe der Stabsstelle Integration ist dabei, Sachverhalte zu bündeln und zentral zu
strukturieren. Diese Aufgabenbündelung ist daher als wichtiger Schritt zur Umsetzung
der, vom Kreistag beschlossenen, Selbstverpflichtungserklärung zu betrachten5.2).
Die übergeordneten Aufgaben der Stabsstelle Integration sind die Förderung der
Integration im Landkreis sowie die Bündelung, Koordination und Organisation
kommunaler Integrationsaufgaben. Die Stabsstelle berichtet regelmäßig an den
Vorstand und in politischen Gremien. Sie ist Kontaktstelle für Anfragen von Bürgern
aller Herkunft, ehrenamtlichen Helfern, Institutionen und Wirtschaft. Folgende Ziele
werden von der Stabsstelle verfolgt:
Anpassung und Umsetzung eines Integrationskonzeptes
Bündelung und Ausbau vorhandener Strukturen
Analyse & Weiterentwicklung bestehender Bildungsangebote
& Angebote zur Integrationsförderung
Vernetzung aktiver Träger, Vereine, Behörden und Organisationen
Schaffung eines Dolmetscherpools
Förderung der interkulturellen Öffnung der Gesellschaft & Verwaltung
Stärkung des Ehrenamts
Weiterbildungen für Haupt– und Ehrenamtliche
Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Integration
Wiederaufnahme des Netzwerk Integration
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
1. Integration ist eine ressortübergreifende Querschnittsaufgabe mit hoher kommunal-politischer
Bedeutung, die eines verbindlichen konzeptionellen Rahmens bedarf.
2. Der Landkreis übernimmt als zentraler Akteur die Koordinierung der verschiedenen integrativen
Maßnahmen. Die Bildung von lokalen und die Arbeit in überregionalen Netzwerken werden
unterstützt.
3
Inhalt 1 Ausgangslage ............................................................................................................................................................. 4
1.1 Bevölkerung ............................................................................................................................................................ 4
1.2 Wohnen und Unterbringung ............................................................................................................................. 9
1.3 Integrationsangebote ........................................................................................................................................ 10
1.3.1 Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache ................................................................................ 10
1.3.2 Angebote zur Übersetzung/ Dolmetschen - Sprachmittlung ......................................................... 13
1.3.3 Angebote zur Arbeitsmarktintegration ................................................................................................... 14
1.3.4 Ehrenamtliche Angebote .............................................................................................................................. 15
1.3.5 Angebote zur Beratung und sozialen Betreuung ................................................................................ 17
1.3.6 Angebote zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe ................................................................ 21
1.4 Netzwerkaufbau und Entwicklung ................................................................................................................ 22
2 Handlungsfelder ...................................................................................................................................................... 24
2.1 Interkulturelle Öffnung der Landkreisverwaltung .................................................................................. 24
2.2 Teilhabe—Beteiligung und Zusammenleben ............................................................................................ 26
2.3 Flüchtlingshilfen .................................................................................................................................................. 28
2.4 Integration durch Bildung ............................................................................................................................... 30
2.5 Integration in Ausbildung und Arbeit .......................................................................................................... 38
2.5.1 Erteilung von Arbeitsgenehmigungen ..................................................................................................... 38
2.5.2 Zuwanderung in den Arbeitsmarkt aus einem Drittland ................................................................. 38
2.5.3 EU-Zuwanderung ............................................................................................................................................ 39
2.5.4 Integration in Arbeit verschiedener Personenkreise ......................................................................... 40
2.5.5 Integration in Ausbildung und Arbeit von Geflüchtete ..................................................................... 41
3 Ausblick ...................................................................................................................................................................... 49
4 Quellen ....................................................................................................................................................................... 50
5 Anhang ....................................................................................................................................................................... 53
4
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
Staatsangehörigkeiten ausländischer Bevölkerung im Landkreis Gifhorn - Top 10
36%
30%
34%
Bevölkerung ausländischer-/ nicht-deutscher Staatsangehörigkeit im Landkreis Gifhorn
EU-Staaten Sonstige europäische Staaten Staaten außerhalb Europa (restliche Welt)
1 Ausgangslage
1.1 Bevölkerung Weder Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsdauer noch aufenthaltsrechtlicher Status
geben darüber Auskunft, inwiefern Zugewanderte bereits integriert sind oder wo noch
Unterstützungsbedarf besteht. Im Rahmen der Sozialberichterstattung und des
Demografiemonitorings werden bereits Erhebungen zum Migrationshintergrund und
zur ausländischen Staatsbürgerschaft vorgenommen. Im Landkreis Gifhorn leben
aktuell rund 11.000 Menschen mit ausländischem Pass. Das bezieht gleichermaßen
Personen mit ein, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, wie auch Menschen,
die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Grundsätzlich lässt sich die deutsche
Staatsbürgerschaft unter bestimmten Voraussetzungen beantragen.
Quelle: eigene Darstellung nach AZR-Statistik zum Stichtag 31.05.2018 4.1)
Quelle: eigene Darstellung nach AZR-Statistik zum Stichtag 31.05.2018 4.1)
5
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
Aufenthaltsarten ausländischer Bevölkerung im Landkreis Gifhorn
Quelle: eigene Darstellung nach AZR-Statistik zum Stichtag 31.05.2018 4.1)
Quelle: Landesamt für Statistik(LSN): Regionalmonitoring Niedersachsen 4.2)
6
Im Fokus der Öffentlichkeit stehen seit dem Jahr 2015 die Asylsuchenden und
Asylantragstellenden. Geflüchtete werden im öffentlichen Diskurs selten nach Status
wahrgenommen. Für eine rationale Betrachtung ist jedoch die Unterscheidung nach
Aufenthaltstitel, Aufenthaltsdauer und Nationalität sinnvoll.
Die Ausländerbehörde der Kreisverwaltung Gifhorn stellt der Öffentlichkeit monatlich
eine Auswertung des Leistungsbezugs im Asylbewerberleistungsgesetz zur Verfügung.
Dazu gehören Personen, die während eines laufenden Asylverfahrens im Landkreis
leben, „vollziehbar Ausreisepflichtige“ mit einer Duldung, deren Ausreise aus
verschiedenen Gründen nicht durchsetzbar ist sowie Menschen mit „humanitärer
Aufenthaltserlaubnis“, die vorübergehend eine besondere Härte ausgleichen soll. Nicht
in dieser Statistik enthalten, sind Personen, die bereits eine Aufenthaltserlaubnis
haben, auch wenn diese zunächst zeitlich begrenzt ist.
Quelle: Landkreis Gifhorn, 3.2 Allg. Hoheitsangelegenheiten, Asylbewerberleistungsstelle
(Stand: 01.06.2018) 4.4)
Zum Stichtag 01.06.2018 hatten 1.205 Personen einen Leistungsanspruch nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz. Davon befanden sich 892 Personen im laufenden
Asylverfahren (Gestattung), 311 Personen sind vollziehbar zur Ausreise verpflichtet
und verfügen über eine Duldung. Zwei Personen verfügen über eine humanitäre
Aufenthaltserlaubnis.
7
Die größte Gruppe im aktuellen Asylbewerberleistungsbezug bilden
Asylantragstellende aus der Côte d‘Ivoire (20%) gefolgt von Sudan, Irak und
Afghanistan (jeweils 8% der aktuellen Asylantragstellenden). Im Jahr 2018 kamen
erstmals rund 25%, und damit der Großteil, der neu zugewiesenen Personen aus
Georgien. Insgesamt macht diese Personengruppe einen prozentualen Anteil von 6%
der aktuellen Asylantragstellenden aus. Die Zahl der zugewiesenen Menschen ist von
der Zuweisungsquote des Landes Niedersachsen abhängig.
Rechtliche Grundlagen im Asylverfahren:
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entscheidet über einen
Asylantrag. Gegen diese Entscheidung, steht der Rechtsweg bei den
Verwaltungsgerichten offen. Die zuständige Ausländerbehörde erteilt auf Grundlage
dieser Entscheidung einen entsprechenden Aufenthaltstitel. Dabei sind die
unterschiedlichen Aufenthaltstitel mit verschiedenen Rechtsfolgen verbunden.
Entscheidungsmöglichkeiten im deutschen Asylverfahren:
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 4.3)
Von der Art des Aufenthaltstitels ist unter Anderem der Zugang zu
Integrationsmaßnahmen, insbesondere zu Integrationskursen, die freie Wahl des
Wohnortes und vereinfachter Zugang zum Arbeitsmarkt beziehungsweise zu
Sozialleistungen abhängig. Der Status des subsidiären Schutzes wird beispielsweise
mit einer Einschränkung des Familiennachzuges verbunden und prägt die öffentliche
Debatte um Asylgewährung und Familiennachzug.
Wird ein Asylantrag abgelehnt und ein Duldungsstatus erteilt, steht in Niedersachsen
der Weg zur Härtefallkommission des niedersächsischen Innenministeriums offen.
8
Im Rahmen einer Abschiebung hat die Ausländerbehörde keine eigenständigen
Entscheidungskompetenzen.
Ist eine Person nach Asylantragsablehnung vollziehbar ausreisepflichtig, werden vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) relevante Daten und Bedingungen
für die Ausreise, sogenannte Überstellungsmodalitäten, an den Landkreis Gifhorn
übersandt. Ein entsprechendes Abschiebungsersuchen wird im Anschluss vom
Landkreis Gifhorn mit diesen relevanten Daten an das Landeskriminalamt
Niedersachsen (LKA) übermittelt, damit diese die Überstellung, beispielsweise in das
zuständige Erstaufnahmeland organisieren können. Eine sogenannte Rücküberstellung
wird dann durch die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) vollzogen. Die
Polizei ist dabei im Rahmen der Amtshilfe unterstützend behilflich. Am Tag der
Überstellung werden von der Ausländerbehörde sogenannte inlandsbezogene
Vollzugshindernisse überprüft. Diese können beispielsweise notwendige Medikationen,
eine ärztliche Begleitung oder die Herstellung der Reisefähigkeit der abzuschiebenden
Personen sein.
Die Ausländerbehörde
– Anlaufstelle für rechtliche Migrationsangelegenheiten
Die Ausländerbehörde des Landkreises Gifhorn befasst sich mit der Bearbeitung
rechtlicher Anliegen im Landkreis lebender Menschen mit einem ausländischen Pass.
Neben dem Aufenthaltsrecht und Einbürgerungen umfassen die Aufgaben die
Leistungsgewährung, soziale Betreuung und Unterbringung von Asylantragstellern
sowie die Passersatzbeschaffungen und die Regelungen von Ausreisen. Darüber
hinaus wird die Wohnanlage für Asylantragstellende „Clausmoorhof“ direkt durch den
Landkreis Gifhorn betrieben und gehört organisatorisch zur Abteilung.
9
1.2 Wohnen und Unterbringung
Die Wohnsituation hat Einfluss auf den Integrationserfolg. Im Landkreis Gifhorn ist
freier und bezahlbarer Wohnraum, im speziellen für Menschen mit geringem
Einkommen, knapp.
Die Unterbringung von Asylantragstellende im laufenden Asylverfahren erfolgt im
Landkreis Gifhorn zu einem Drittel zentral in Gemeinschaftsunterkünften und zu zwei
Drittel in dezentralen Wohnungen, die von der Landkreisverwaltung angemietet
werden. Die 624 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften werden vorrangig genutzt, um
Neuankömmlinge unterzubringen.
Viele Geflüchtete bleiben auch nach Abschluss des Asylverfahrens im Landkreis, sind
aber auf Sozialleistungen angewiesen, weil große Hürden für die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit bestehen, die sie finanziell unabhängig machen würde. Da die
Landkreisverwaltung nur während des laufenden Asylverfahrens, also vor einer
Statusentscheidung, für die Unterbringung zuständig ist, müssen die gestellten
Unterkünfte mit dem Statuswechsel, also nach einer positiven Asylentscheidung,
verlassen werden. Um eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern, wird die
Aufforderung zum Auszug häufig verlängert, wenn sich die Anmietung eigenen
Wohnraums schwierig gestaltet. Ehrenamtliche unterstützen bei der Wohnungssuche
und beim Umzug.
Das Modell der dezentralen Unterbringung, also einer Unterbringung in örtlich
verteilten Wohnungen, statt in zentralen Gemeinschaftsunterkünften, bietet die
Chance für Kontakte in die Nachbarschaft und kann die Integration erleichtern.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration unter diesem Modell ist unter anderem
eine gute Erreichbarkeit von Sprachkursangeboten, Beratungsdiensten,
Kindertagesstätten, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzten. Außerhalb der
Kreisstadt Gifhorn kann es dabei, besonders in den Schulferienzeiten, jedoch zu
Schwierigkeiten kommen. In Gemeinschaftsunterkünften können
Integrationsangebote unkomplizierter organisiert werden, da die wohnortnähe eine
Teilnahme erleichtert und eine Betreuung durch Haupt- und Ehrenamtliche erfolgt.
Diese möglichen Vorteile enden mit Abschluss des Asylverfahrens und dem Auszug
aus der Gemeinschaftsunterkunft. Der Integrationsprozess ist jedoch mit einer
positiven Asylentscheidung und dem Umzug in eine eigene Wohnung nicht
abgeschlossen. In den meisten Fällen können erst dann Integrationskurse besucht
werden.
Übersicht über zur Verfügung stehenden Plätze in Gemeinschaftsunterkünften (GU): Quelle: Landkreis Gifhorn, Abt.3.2, eigene Erhebung 4.5)
Samtgemeinde Brome
Gifhorn Clausmoorhof (229) & Diakonie Kästorf (70)
Wohnanlage Ehra (250) & Pastor-Bammel-Haus (75)
10
1.3 Integrationsangebote
Die Auswahl der hier darstellten Integrationsmaßnahmen, die im Landkreis Gifhorn
angeboten werden, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
1.3.1 Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache
Sprache gilt als „Schlüssel zur Integration“. Ohne einen gemeinsamen
Sprachgebrauch findet keine oder erschwerte Kommunikation statt. Unzureichende
Sprachkenntnisse bedingen schlechte oder keine Schulabschlüsse und minimieren in
der Folge die Chancen auf einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.
Beim Spracherwerb werden nach dem europäischen Referenzrahmen4.6) folgende
Stufen erreicht:
Kleinkinder lernen die deutsche Sprache, teilweise als Zweitsprache, bereits in der
Kindertagesstätte. Weil der frühzeitige Spracherwerb, unabhängig der Herkunft eines
Kindes, maßgeblich den weiteren Lernerfolg beeinflusst und daher von hoher
Bedeutung ist, gab es in Kindertagesstätten bislang landkreisweit kommunale
Sprachbeauftragte. Eine zunehmende Anzahl von Kindern mit Sprachförderbedarf
macht diese speziell geschulten Mitarbeiter/-innen einrichtungsübergreifend besonders
wertvoll und notwendig. Die Gesetzesänderung des Kindertagesstättengesetz (KiTaG)
vom Juli 2018 verlagert den bisher in der Grundschule angesiedelten
Sprachförderunterricht vor die Einschulung und damit von der Einrichtung Schule in
die Einrichtung Kindertagesstätte. Das Ausmaß konkreter Folgen ist zum aktuellen
Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen.
In Schulen wird der deutsche Spracherwerb neben dem regulären Unterricht in
unterschiedlichen Formaten gefördert. Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, haben
besondere Herausforderungen beim Erlernen der deutschen Sprache, insbesondere,
wenn diese nicht im Elternhaus gesprochen und die gesprochene Herkunftssprache
nicht vollständig vermittelt wird. An Grundschulen findet daher sogenannter
herkunftssprachlicher Unterricht 4.7) als zusätzliches Angebot statt. Er dient unter
anderem dazu, die herkunftssprachliche Sprachkompetenz der betreffenden Kinder zu
stärken, um eine Grundlage für den kontinuierlichen Spracherwerb der deutschen
Sprache zu bilden und damit das Erlernen der Zweitsprache zu erleichtern. Im
Landkreis Gifhorn sind in diesem Unterrichtsformat aktuell die Sprachen Türkisch,
Griechisch, Albanisch und Russisch vertreten.
elementare Sprachverwendung
selbstständige Sprachverwendung
kompetente Sprachverwendung
11
Ehrenamtliche Lesehelfer bieten ein ergänzendes Angebot zur Unterstützung der
Lesekompetenz von Grundschülern. Schulartübergreifend gibt es sogenannte
Sprachlernklassen. Sie dienen der sprachlichen Vorbereitung und Eingewöhnung von
zugewanderten Kindern mit geringen Sprachkenntnissen auf beziehungsweise in eine
Regelklasse, die ihrem individuellem Lern- und Leistungsstand entspricht 4.8).
Weiterhin findet Förderunterricht für Deutsch als Zweitsprache an den verschiedenen
Schulformen statt.
Die berufsbildenden Schulen im Landkreis Gifhorn bieten zusätzlich
Sprachintensivförderung durch die Sprachförderklassen der BBS II, mit der
Möglichkeit zum Erwerb des deutschen Sprachdiploms Pro (DSD1Pro) auf Niveau B1,
sowie sogenannte SPRINT-Klassen, der BBS1, an. In beiden Formen erfolgt eine
Vertiefung in der Mathematik sowie eine Einführung in das Berufs- und Arbeitsleben,
wobei die Sprachlernklasse im Schwerpunkt eine berufliche Auslegung hat, die im
fachpraktischen Unterricht auf den Erwerb der jeweiligen Fachsprache ausgelegt ist4.9).
Für Erwachsene bieten verschiedene Bildungsträger im Landkreis unterschiedliche
Formate von institutionalisierten Sprachkursen an. Zu unterscheiden sind dabei
insbesondere die vom Land Niedersachsen geförderten, sogenannten Landesmittel-
Kurse über die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB) von den vom
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanzierten Integrationskursen.
Landesmittelkurse verstehen sich als erste Sprachvermittlung und sind dabei für alle
Gruppen von neuzugewanderten Asylantragstellern, unabhängig von
Bleibeperspektiven, offen. Mit 300 Unterrichtsstunden beträgt die Dauer des
Sprachkurses circa die Hälfte eines allgemeinen Integrationskurses. Daher sind in
diesem Rahmen nur anfängliche Sprachfortschritte zu erwarten. Anschließend können
jedoch aufbauende Kurse besucht werden, die höhere Sprachqualifikationen schulen.
Integrationskurse werden in verschiedenen Variationen der Zielgruppe angeboten.
Teilnehmer müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen
Antrag auf Zulassung und Kostenübernahme stellen. Grundsätzlich steht die
Integrationskursteilnahme allen zuwandernden Menschen, Spätaussiedler/-innen und
Deutschen mit Migrationshintergrund offen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann
das Jobcenter zudem eine Verpflichtung zum Besuch eines Integrationskurses
aussprechen. Beim klassischen Integrationskurs erfolgt zunächst eine
Sprachstandsfeststellung, in welcher die Teilnehmer/-innen in einem Einzelgespräch
auf ihre bis dato erlangten Sprachfähigkeiten von geschultem Personal getestet
werden. Je nach Sprachstand werden sie in ein Modul eingeteilt und in einen
Integrationskurs vermittelt, welcher entweder mit diesem Modul beginnt oder im
Kursverlauf beim entsprechenden Modul angelangt ist und noch Teilnehmer/-innen
aufnehmen kann. Beginnt ein Teilnehmer ohne Sprachkenntnisse, kann er 600
Unterrichtsstunden durchlaufen. Dabei werden in Integrationskursen Sprachlehrer
eingesetzt, die besondere Qualifizierungsauflagen zu erfüllen haben, welche durch das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auferlegt und kontrolliert werden.
Ziel des Integrationskurses ist das erfolgreiche Bestehen der abschließenden
Sprachprüfung (DTZ- Deutsch-Test für Zuwanderer), welche die annähernd
selbständige Sprachverwendung (B1) anstrebt. Wird dieses Sprachziel nicht erreicht,
können unter bestimmten Voraussetzungen Wiederholungsstunden beantragt werden.
12
Der Integrationskurs endet bei erfolgreichem Bestehen mit einem Sprachzertifikat.
Neben dem klassischen (allgemeinen) Kursformat gibt es folgende spezielle
Integrationskursarten, die in der Dauer (UE= Unterrichtseinheiten) variieren: 4.10)
Im Landkreis Gifhorn werden aktuell folgende Formate durchgeführt:
Zusätzlich werden landkreisweit ehrenamtliche Deutschlernangebote für Erwachsene
organisiert. Diese haben keine Zugangsbeschränkungen, basieren auf Freiwilligkeit
und orientieren sich an den aktuellen Bedürfnissen der Teilnehmer/-innen. Sie dienen
der Überbrückung von Wartezeiten auf institutionelle Sprachkurse von
Bildungsträgern. Abschlusszertifikate können in diesem Rahmen nicht ausgestellt
werden. Zusätzlich dienen sie aber auch zur Ergänzung des institutionellen
Sprachunterrichts, der Kontaktaufnahme und Vernetzung sowie der Vermittlung zu
weiteren ehrenamtlichen Hilfsangeboten.
Alphabetisierungskurse
• für Menschen mit Alphabetisierungsbedarf
Zweitschriftlernerkurse
• für Menschen mit besonderen Förderungsbedarf im Erlernen der lateinischen Schrift
Frauenkurse
• thematisch auf Frauen, Familie und Erziehung ausgelegt
Elternkurse
• thematisch auf Eltern, Familie und Erziehung ausgelegt
Jugendkurse
•für junge Erwachse bis zum 27. Lebensjahr – thematisch auf Jugend, Familie und Arbeit ausgelegt
Förderkurse
•für Menschen, die schon länger in Deutschland leben
Intensivkurse
•kompakter Integrationskurs mit dem Ziel Alltagsverständigung
1000 UE + 300 UE bei Wiederholungsbedarf
430 UE
1000 UE + 300 UE bei Wiederholungsbedarf
1000 UE
1000 UE
1000 UE
900 UE
Alphabetisierungskurs
Allgemeiner Integrationskurs
Zweitschriftlernerkurs
13
1.3.2 Angebote zur Übersetzung/ Dolmetschen - Sprachmittlung
Interkulturelle Kundenkontakte stellen auch hauptamtliche Beschäftigte in der
Verwaltung und in Institutionen zunehmend vor sprachliche Herausforderungen. Die
Amtssprache Deutsch stellt für Neuzugewanderte in den ersten Monaten eine
besonders große Hürde dar. Abläufe erschweren sich durch die fehlende
Kommunikationsbasis und stressbelastete Situationen resultieren daraus. An
Sprechtagen wird daher in der Ausländerbehörde ein sogenannter Sprachmittlerdienst
beschäftigt. Dabei übersetzen Muttersprachler für die Kunden, um die Mitarbeiter/-
innen der Verwaltung zu entlasten und eventuelle sprachliche Verständnisprobleme
auszuhebeln. Aktuell werden die Sprachen Arabisch, Französisch, Spanisch,
Portugiesisch, Türkisch und Russisch angeboten.
Darüber hinaus ist der Bedarf von ehrenamtlichen Übersetzungen groß. Über das
Gemeindedolmetscherprojekt des Ethnomedizinischen Zentrums wurden bereits
Muttersprachler/-innen zu ehrenamtlichen Sprachmittler/-innen ausgebildet. Auch
ehrenamtliche Integrationslots/-innen hatten die Gelegenheit, an Schulungen im
Rahmen des Integrationslotsenprojektes teilzunehmen und setzen ihre
Sprachkenntnisse ein, um Angelegenheiten von betreuten Zugewanderten zu regeln.
Sprachmittler/-innen zeichnen sich durch eine besondere Qualifizierung aus.
Einheitliche Standards für die Auswahl und Vergütung der verschiedenen
Sprachmittlerdienste gibt es in der Landkreisverwaltung bisher nicht. Hieran wird
aktuell fachbereichsübergreifend gearbeitet.
Problematisch ist der Einsatz von Familienangehörigen und Kindern in der
Übersetzungsarbeit. Es ist als Belastungspotential, gerade für minderjährige Kinder,
zu verstehen. Zudem kann keine optimale Neutralität gewährleistet werden, wenn
Belange von Angehörigen zu regeln sind. In manchen Kulturkreisen werden
unangenehme Dinge nicht direkt angesprochen. Scham oder der Respekt vor den
Eltern verhindert dann beispielsweise, dass wichtige Informationen weitergegeben und
die richtigen Entscheidungen getroffen werden können. Deshalb hat sich der Einsatz
von qualifizierten und zur Neutralität verpflichteten Sprachmittler/-innen bewährt.
Diese werden durch Schulungen vorbereitet und durch ein entsprechendes Honorar
bezahlt.
Dolmetscherleistungen unterscheiden sich in ehrenamtlich und in von Gerichten
vereidigt. Ehrenamtliche Dolmetscher/-innen bedürfen keiner gesonderten
Qualifizierung. Entsprechende Sprachkenntnisse sind jedoch Voraussetzung. Folglich
unterscheidet sich die Bezahlung von Sprachmittler/-innen und Dolmetscher/-innen.
14
Auch Einrichtungen, wie Kindertagestätten und Schulen bedürfen der sprachlichen
Unterstützung, beispielsweise bei Elterngesprächen. Für Arztbesuche und
Krankenhausaufenthalte werden ebenfalls Dolmetscher/-innen nachgefragt. Für
derartige Anliegen stellt die Landkreisverwaltung keine allgemeinen Finanzmittel zur
Bezahlung von Übersetzungsleistungen zur Verfügung. Bezieher/-innen von
Krankenhilfeleistungen können nach vorheriger Genehmigung über den Fachbereich
Soziales der Landkreisverwaltung eine Kostenübernahme bekommen. Schulen können
sich für eine mögliche Kostenübernahme an den Fachbereich Schule der
Landkreisverwaltung wenden. Eine Kostenübernahme für Dolmetschertätigkeiten in
Kindertagesstätten und andere Institutionen ist durch die Landkreisverwaltung nicht
möglich. Entstehende Kosten müssen daher vom Träger bezahlt werden.
Eine zentrale Vermittlung von Sprachmitteler/-innen und Dolmetscher/-innen
unterschiedlicher Qualifikation findet über die Stabsstelle Integration der
Landkreisverwaltung bereits statt. Jedoch stehen nicht alle nachgefragten Sprachen
zur Verfügung. Derzeit wird daher eine Ausweitung des Angebots durch den Einsatz
von Telefondolmetschern geprüft. Auch das Land Niedersachsen bietet seit dem Jahr
2018 eine Weiterqualifizierung von Ehrenamtlichen mit dem Schwerpunkt
Telefondolmetschen an, die genutzt werden kann.
1.3.3 Angebote zur Arbeitsmarktintegration
Die Arbeitsmarktintegration ist als wichtiger Baustein einer langfristig
erfolgsversprechende Integration zu verstehen. Den Lebensunterhalt eigenständig mit
der Arbeit sichern zu können, eröffnet neue Möglichkeiten auf vielen Ebenen des
täglichen Lebens und fördert die Integration.
Die wirtschaftlich starke Situation des Landkreises Gifhorn ist dabei vorteilhaft.
Im Fokus stehen im Rahmen der Arbeitsmarktintegration zunächst der allgemeine und
berufsspezifische Spracherwerb sowie die Heranführung an den deutschen
Arbeitsmarkt, der je nach kulturellem Hintergrund der Neuzugewanderten von
bekannten Arbeitsstandards abweichen kann. Dabei kommen insbesondere im Kontext
der Ausbildungsförderung Formate zur Anwendung, die auf die Vermittlung
berufsspezifischer- oder berufsübergreifender Sprachkenntnisse bauen. Nicht selten
wird in diesen Formaten auch auf den Ausbau von Qualifikationen und Grundbildung
gesetzt, die für die Ausübung einer spezifischen Arbeit notwendig oder
gewinnbringend sind. Die Heranführung an den Arbeitsmarkt kann ebenfalls durch
unterschiedliche Formate stattfinden. Neben Praktika und Probearbeiten gibt es
ebenfalls Angebote, die auf die Zielgruppe neuzugewanderter Menschen und ihren
besonderen Unterstützungsbedarf zugeschnitten sind. Exemplarisch und
stellvertretend wird an dieser Stelle eines dieser Angebote aufgeführt:
15
Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM):
Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) sind ein befristetes Arbeitsmarktprogramm
des Bundes. Asylantragstellende können mithilfe dieses Programmes während des
Asylverfahrens einer sinnvollen und gemeinwohlorientierten Beschäftigung nachgehen.
Es findet auf freiwilliger Basis statt und versteht sich als niedrigschwelliges Angebot
zur Heranführung an den deutschen Arbeitsmarkt. Der sechsmonatige Kurs bietet eine
feste Tagesstruktur und eine Begleitung. Die Verknüpfung mit Sprachlernangeboten
und Kinderbetreuung ist dabei wünschenswert. Eine Teilnahme am Integrationskurs
hat jedoch Vorrang, sodass es bei Zuweisung in einen freien Integrationskursplatz zu
Abbrüchen der Flüchtlingsintegrationsmaßnahme (FIM) kommen kann. Da es nur
wenige Standorte im Landkreis Gifhorn mit begrenzter Platzanzahl gibt, kann nicht
jedem Interessenten ein Platz angeboten werden. Die Maßnahme konkurriert mit der
Möglichkeit eine geringfügige Beschäftigung anzunehmen. Hier überwiegt der
finanzielle Anreiz. Zusätzliche Hilfestellungen im Kurs stehen nur bei aktiver
Teilnahme zur Verfügung.
Die Stabsstelle Integration verfügt aktuell (Stand Juni 2018) über 26 Plätze für die
Projektträger Kirchenkreis Gifhorn (20) und Jugendwerkstatt Gifhorn (6). Neben der
persönlichen Betreuung und Anleitung stehen die Erprobung in verschiedenen
Tätigkeitsbereichen, die Stärkung und der Ausbau vorhandener Kompetenzen sowie
die Überleitung in den Arbeitsmarkt im Fokus. Aufgabenfelder sind unter anderem im
Handwerk (Malern, Fahrradwerkstatt, Stoff- und Holzverarbeitung) oder in der
Garten- und Landschaftspflege verortet. Der Projektträger zahlt dem Teilnehmer als
Aufwandsentschädigung 80 Cent pro Stunde beziehungsweise, bei Bedarf, einen
Fahrtkostenersatz aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit.
1.3.4 Ehrenamtliche Angebote
In der Flüchtlingshilfe haben sich Helferkreise und Vereine gebildet, die sich entgegen
dem allgemeinen Trend weiter engagiert einsetzen.
Die Betreuung vor Ort findet häufig durch Ehrenamtliche statt. Schon bei der Ankunft
helfen Nachbarn oder Helferteams, die einen ersten Besuch organisieren und über die
örtlichen Gegebenheiten informieren. Flüchtlingscafés, Fahrradwerkstätten und
Kleiderkammern, die oft auch Haushaltsgegenstände anbieten, werden ehrenamtlich
und in Vereinen geführt. Auch Umzüge werden vielfach mit Hilfe von Ehrenamtlichen
ermöglicht. Da es sich um freiwillige Angebote handelt, kann die Versorgung nicht für
alle Neuankömmlinge in gleicher Weise garantiert werden.
16
Manche Helfer/-innen sind schon viele Jahre im Einsatz und ziehen sich aus
unterschiedlichen Gründen aus dem Ehrenamt zurück. Oft wurden in der
Vergangenheit fehlende Unterstützung und mangelhafte Vernetzung als Gründe
benannt. Ein Psychologe bietet deshalb präventiv entlastende Gespräche an, um
frühzeitig Auswege aus belastenden Situationen zu finden. Die Stabsstelle Integration
der Landkreisverwaltung bietet zudem seit Anfang des Jahres 2018 „Runde Tische“ für
Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe an, bei denen neben dem Austausch mit anderen
Helfer/-innen und hauptamtlichen Sozialarbeiter/-innen auch Fragen an die
Verwaltung beantwortet werden können. Zur weiterführenden Unterstützung werden
Fortbildungen und Vorträge, beispielsweise zum Thema Verbraucherschutz,
angeboten. Über ein Landesprojekt können darüber hinaus Fahrtkosten und Auslagen
der Ehrenamtlichen erstattet werden 4.11). Weiterhin qualifizierte die Stabsstelle
Integration der Landkreisverwaltung Ende des Jahres 2017 ehrenamtliche
Formularhelfer/-innen. Diese sind geschulte Ehrenamtliche, die bei Bedarf unabhängig
und kostenlos beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen unterstützen sowie sich
mit Ihrem Einsatz zu Vertraulichkeit und der Einhaltung des Datenschutzes
verpflichten. Besonders geschult sind sie in den Bereichen Arbeitslosengeld II,
Elterngeld, KiTa-Beiträge, Bildung- und Teilhabeleistungen sowie Wohngeld. Eine
Rechtsberatung ist in diesem Rahmen jedoch nicht vorgesehen. Weiterhin kann
Unterstützung beim Verstehen von amtlicher Post angeboten werden. Für ihren
Einsatz erhalten sie eine Aufwandsentschädigung. Das Angebot richtet sich
gleichermaßen an Hilfesuchende mit und ohne Migrationshintergrund. In der
Pilotphase werden an sechs Standorten im Landkreis regelmäßig Sprechzeiten ohne
Terminvereinbarung angeboten:
Stadt Gifhorn
Stadt Wittingen
Samtgemeinde Brome
Samtgemeinde Papenteich
Samtgemeinde Isenbüttel
Café Aller,
Cardenap 5, 38518 Gifhorn
Gifhorner Integrationsprojekt (GIP),
Ludwig-Jahn-Str. 10, 38518 Gifhorn
Rathaus der Samtgemeinde Isenbüttel Gutsstraße 11, 38550 Isenbüttel
Rathaus der Samtgemeinde Brome,
Bahnhofstr. 36, 38465 Brome
Rathaus der Samtgemeinde Papenteich
Hauptstr. 15, 38527 Meine
Integrationswerkstatt Nordkreis Gifhorn,
Spittastraße 50, 29378 Wittingen
17
Im Rahmen eines Landesmittelprojektes nach der Richtlinie „Integrationslotsinnen und
Integrationslotsen“ 4.12) werden seit dem Jahr 2006 in Zusammenarbeit mit der
Kreisvolkshochschule ehrenamtliche Integrationslots/-innen qualifiziert, die Familien
unabhängig ihrer Herkunft bei Behördengängen und im Alltag begleiten. Viele
Integrationslos/-innen bringen dabei eigene Migrationserfahrungen und
Mehrsprachigkeit ein. Das ist hilfreich bei der Vermittlung zwischen unterschiedlichen
Kulturen und bei der Bewältigung von Problemen während des Ankommens im
Landkreis. Für diese Gruppe werden regelmäßige Reflexionstreffen und Fortbildungen
angeboten. Durch Weiterbildungskurse wurden Sprachmittler/-innen und Elternlots/-
innen, die in Familien eingesetzt werden, qualifiziert. Die Migrationsberatung und die
Einrichtung L!FE CONCEPTS Erziehungshilfen unterstützen dieses Projekt als
Kooperationspartner der Landkreisverwaltung.
Im Gesundheitsprojekt des Landes Niedersachsen „Mit Migranten für Migranten
(MIMI)“ 4.13) werden Muttersprachler ausgebildet, die Zugewanderte kultursensibel und
in deren Heimatsprache über Themen der Gesundheitsförderung und Prävention sowie
über das deutsche Gesundheitssystem aufklären. Für die Vorträge werden
Landesmitteln über das Ethnomedizinische Zentrum zur Verfügung gestellt. Im Jahr
2018 wurden 12 zusätzliche Mediator/-innen qualifiziert. Damit können die Themen,
das deutsche Gesundheitssystem, Diabetes, Impfschutz, Brustkrebs, Schwangerschaft
und Familienplanung, Kindergesundheit und Seelische Gesundheit, in 23
verschiedenen Sprachen angeboten werden.
Weiterhin finden sich landkreisweit zahlreiche diverse ehrenamtlich organisierte
Angebote, dessen Aufführung sich in einem anderen Format empfiehlt, an dem bereits
gearbeitet wird.
1.3.5 Angebote zur Beratung und sozialen Betreuung
Zugewanderte sollten grundsätzlich ebenso wie einheimische Bürger/-innen in den
Regeldiensten versorgt werden können. Die ausländische Herkunft schafft aber einen
besonderen Beratungsbedarf, den ansässige Bürger/-innen nicht haben,
beispielsweise Fragen zum Aufenthalt, spezifisch der Staatsangehörigkeit, zur
Arbeitsgenehmigung, zum Familiennachzug.
Eine soziale Betreuung in den ersten Jahren des Aufenthaltes in Deutschland ist daher
notwendig. Es muss den sprachlichen Hemmnissen Rechnung getragen werden.
Kulturelle Diversität verlangt eine ausführliche Kommunikation, das Finden von
Antworten auf Fragen und Unterstützung, um Integration positiv gestalten zu können.
Nicht zuletzt sind die Ermutigung und Forderung zur Eigeninitiative und
Selbstverantwortung wichtige Schritte in der sozialen Betreuung.
Der Ortswechsel in ein anderes Land stellt für jeden Einzelnen und jede Familie einen
hohen Stressfaktor auf allen Ebenen des Alltags dar.
18
Stressfaktoren finden sich in jedem Behördengespräch, in der Terminorganisation des
Alltags, in der erforderlichen Mobilität sowie im Umgang mit Briefen und Formularen.
Überforderungen erzeugen nicht selten einen Rückzug und Depression und folgen
häufig einer anfänglichen Euphorie. In dieser Phase unterstützende Hilfestellungen in
den notwendigen Anpassungsanforderungen zu geben, ist für den Integrationsprozess
von enormer Bedeutung.
Neben Beratungs- und Betreuungseinrichtungen wird ein Großteil dieser
Unterstützung durch Ehrenamtliche vor Ort geleistet.
Spezifische Beratungs- und Betreuungsangebote für Menschen mit
ausländischen Wurzeln im Landkreis Gifhorn:
Mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes Anfang des Jahres 2005 wurden erstmals
Integrationsmaßnahmen gesetzlich verankert. Neben den Integrationskursen sollen
Neuzugewanderten sozialpädagogische und migrationsspezifische Beratungsangebote
zur Verfügung gestellt werden.
Institutionelle Beratungsangebote für verschiedene Migrationsgruppen werden im
Landkreis Gifhorn überwiegend in der Stadt Gifhorn angeboten.
Zum einen bietet der Caritasverband für Stadt und Landkreis Gifhorn in der Stadt
Gifhorn die Beratungsformate Migrationsberatung, Jugendmigrationsberatung und
Integrationsberatung an. Dabei konzentriert sich die Migrationsberatung, gefördert
durch das Bundesministerium für Inneres (BMI), auf Erwachsene ab dem 27.
Lebensjahr. Die Beratung steht allen Neuzugewanderten mit dauerhaftem
Aufenthaltstitel zur Verfügung. Dazu zählen im Speziellen Spätaussiedler/-innen, EU-
Migrant/-innen, nachziehende Familienangehörige, bleibeberechtigte Geflüchtete und
Asylantragstellende mit guter Bleibeperspektive. Der Jugendmigrationsdienst wird
durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
gefördert und berät Jugendliche und junge Erwachsene von 12 bis 27 Jahren sowie
Eltern, insbesondere in schulischen und beruflichen Fragen. Der Zugang besteht für
alle jungen Menschen mit Migrationshintergrund, unabhängig ihres Aufenthaltsstatus,
sofern sie sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die Integrationsberatung ist ein
ergänzendes Beratungsangebot und richtet sich an Zugewanderte, die durch die
bundesgeförderten Programme Migrationsberatung und Jugendmigrationsberatung
nicht erfasst werden. Sie wird nach der Richtlinie Integration des Landes
Niedersachsen gefördert.
Bei Beratungsbedarf im familiären Kontext, zu Elterngesprächen mit Schulen sowie
zum Thema Zwangsehen können sich Menschen mit ausländischen Wurzeln ebenfalls
an die Beratung der Landkreisverwaltung im Fachbereich Jugend wenden.
19
Weiterhin werden Geflüchtete im laufenden Asylverfahren durch die Flüchtlings-
sozialarbeit sowie durch den allgemeinen sozialen Dienst betreut und beraten.
Im Jahr 2013 wurde mit finanzieller Unterstützung der Landkreisverwaltung ein erstes
spezielles Betreuungsangebot mit der Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft auf dem
Gelände der Dachstiftung Diakonie im Gifhorner Stadtteil Kästorf geschaffen. Das
Konzept sieht neben der Betreuung in der Unterkunft auch die Begleitung der
Asylantragstellenden durch Sozialarbeiter/-innen bis zu sechs Monate nach Umzug in
die eigene Wohnung vor.
Alle Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis Gifhorn, in denen in der Regel die neu
zugewiesenen Asylantragstellenden aufgenommen werden, wurden mit einer
sozialpädagogischen Betreuung ausgestattet.
Die soziale Betreuung der sich im laufenden Asylverfahren befindenden Geflüchteten
in den dezentralen Wohnungen der Landkreisverwaltung findet durch Sozialarbeiter/-
innen der Ausländerbehörde statt. Dabei teilen sich vier Mitarbeiter/-innen die
Zuständigkeit. Ihre Aufgaben sind vielfältig und orientieren sich an allen Fragen des
täglichen Lebens, beispielsweise der Beschulung, dem Kita-Besuch, der
Wohnungssuche, Umzügen oder Arztbesuchen. Die sozialpädagogische Betreuung im
Nordkreis wird zusätzlich durch vier Mitarbeiter/-innen des Diakonischen Werkes im
Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen, unter Teilfinanzierung der Landkreisverwaltung,
abgedeckt. In diesem Rahmen findet in der Kirchengemeinde Ehra eine
sozialpädagogische Beratung statt.
Die Stadt Gifhorn und die Samtgemeinde Meinersen haben eine eigenständige
Sozialbetreuung, die sich mit den Aufgaben der Flüchtlingsbetreuung und der
Koordination des Ehrenamtes innerhalb ihrer Kommune befassen.
Im November 2016 eröffnete zudem das Begegnungs-Café Aller, ein gemeinsames
Projekt der Dachstiftung Diakonie und der katholischen und evangelischen Kirche.
Neben dem Eine-Welt-Laden und kulturellen Veranstaltungen finden hier auch offene
Beratungsangebote durch die Dachstiftung Diakonie sowie durch die
Beratungsangebote des Caritasverbandes statt.
Abstimmungsgespräche zum Zweck der Vernetzung und gegenseitigen Information
zwischen der Ausländerbehörde und allen in der Beratung tätigen Akteuren fanden
bereits statt.
Die Nutzung der Beratungs- und Betreuungsangebote nimmt seitens der Menschen
mit ausländischen Wurzeln nicht ab, lediglich die Themenschwerpunkte verschieben
sich.
Ein spezielles Beratungsangebot für Menschen mit ausländischen Wurzeln ist weiterhin
empfehlenswert, da die Komplexität einzelner betreffender Inhalte Expertenwissen
erfordert, welches in Regelangeboten der Beratung und Betreuung nicht gefordert
oder dauerhaft gewährleistet werden kann.
20
Weitere Beratungs- und Betreuungsangebote durch Regelangebote
Neben spezifischen Angeboten für die Zielgruppe Menschen mit ausländischen
Wurzeln ist eine Nutzung von und ein Übergang in Regelangebote zu empfehlen. Diese
sind vielfältig und behandeln umfassend Themen des Alltages, die nicht in
Abhängigkeit der Herkunft eines Menschen stehen.
Eine qualitativ hochwertige Beratung arbeitet im Kontext ihrer Expertise, leitet den zu
beratenden Teilnehmer aber auch an andere Angebote weiter, die ihn im Sachverhalt
mit ihrer Expertise unterstützen können.
Die Vielfalt solcher Angebote bedingt, dass sie an dieser Stelle nur exemplarisch
benannt werden können.
Familienangelegenheiten können beispielsweise im Familienbüro der Stadt und des
Landkreises Gifhorn, eine Kooperation des deutschen roten Kreuzes, der Stadt- und
Landkreisverwaltung, sowie im Sozialdienst des Jugendamtes und ihren Außenstellen
angesprochen werden. Weitere aktive Träger im Bereich Familie und Erziehung sind
neben den Kommunalverwaltungen und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), welches
ebenfalls die Familienzentren im Landkreis Gifhorn betreibt, nicht zuletzt der Deutsche
Kinderschutzbund, die Bundesvereinigung Lebenshilfe, die Arbeiterwohlfahrt (AWO),
das diakonische Werk des Kirchenkreises Gifhorn sowie des Kirchenkreises Wolfsburg-
Wittingen, der Caritasverband für Stadt und Landkreis Gifhorn, L!FE CONCEPTS
Kirchröder Turm, die Erziehungsberatungsstelle Gifhorn und der Christlich-
Psychologische Beratungsdienst Gifhorn.
Eine aktuelle Auflistung von weiteren Beratungsangeboten empfiehlt sich in einem
anderen Format, an dem seitens der Stabsstelle Integration gearbeitet wird.
21
1.3.6 Angebote zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe
Die gesellschaftliche Integration kann für Neuzugezogene, unabhängig ihrer Herkunft,
herausfordernd sein. Kulturelle Unterschiede in der Kontaktaufnahme, Hilfesuche und
Freundschaftsbildung führen bei Unkenntnis zu Irritationen.
Durch entsprechende Beratungsangebote kann die gleichberechtigte Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben aller Bürger/-innen unterstützt werden. Auch an dieser Stelle
gilt, die Nutzung von alters- und themenübergreifenden Regelangeboten ist als
empfehlenswert zu sehen und kann den Integrationsprozess beschleunigen und
erleichtern. Der Kontakt zu Menschen im örtlichen Umfeld erleichtert das Ankommen
in der Nachbarschaft. Es können weiterhin Freundschaften entstehen, die für die
Person individuell bereichernd sind.
Die aktive gesellschaftliche Teilhabe ist ein beidseitiger Gewinn, da es sowohl im
Interesse der Person ist, nicht zu vereinsamen als auch im Interesse der
Gemeinschaft, die durch höhere Mitbeteiligung erstarkt.
Die Kontaktaufnahme zur einheimischen Bevölkerung kann Menschen anderer
kultureller Hintergründe nicht immer sofort gelingen. Ein Schlüssel zum Erfolg kann
dabei die aktive Beteiligung in Vereinen sein. Sie bieten die Möglichkeit,
gleichgesinnte Menschen kennenzulernen und seine Interessen mit ihnen zu teilen.
Selbst vielen Einheimischen ist nicht bewusst, welchen Stellenwert die vielfältigen
Vereine einnehmen, wenn es um das Kennenlernen neuer Menschen und die
Gemeinschaft geht. Dabei ist statistisch nahezu ein Drittel der deutschen Bevölkerung
in mindestens einem Verein aktiv. Sich mit gleichgesinnten Menschen über ein
Interesse oder Hobby zu verknüpfen kann daher ein einfacher, aber pragmatischer
Weg sein, schneller am neuen Wohnort anzukommen. Die Möglichkeiten sind dabei
vielfältig und bedienen örtlich viele Interessen von Sport über Musik, lokaler Tradition
bis hin zu Wohlfahrtsverbänden, Rettungs- und Hilfsdiensten sowie politischen
Interessen, wie unter anderem Umwelt- und Tierschutz. Es besteht daher der Vorteil,
die Freizeit aktiv für die individuellen Interessen nutzen zu können und dabei Kontakte
zu knüpfen.
Eine aktuelle Auflistung der im Landkreis befindlichen Vereine ist im Sinne der
Herstellung von Transparenz zu empfehlen und in Bearbeitung.
22
1.4 Netzwerkaufbau und Entwicklung
Die Stabsstelle Integration des Landkreises Gifhorn legt großen Wert auf die
Vernetzung mit lokalen und überregionalen Akteuren in der Flüchtlings- und
Migrationsarbeit. Sie ist in verschiedene Netzwerke und Facharbeitskreise
eingebunden. Dabei soll die Arbeit mit allen ausländischen Zugewanderten in den Blick
genommen werden. So sollen neben der Fluchtmigration auch EU-Bürger/-innen oder
Immigrant/-innen, die aus beruflichen oder familiären Gründen nach Deutschland
gekommen sind, Berücksichtigung finden.
Zum Wiederauftakt des Netzwerkes Integration lud der Landkreis Gifhorn am 16.
Januar 2018 Vertreter/-innen aus Politik, Verwaltung, Vereinen, Verbänden und
Wirtschaft zu einem ersten Austausch ein. Ziel des Netzwerkes ist es, konkrete
Handlungsempfehlungen für die Integration zugewanderter Menschen mit
ausländischen Wurzeln abzuleiten und auf den Weg zu bringen. Hier sollen
Erfahrungen in der Integrationsarbeit gebündelt werden, um miteinander Lösungen
zur Verbesserung der Integration aller im Landkreis lebender Menschen mit
ausländischen Wurzeln zu entwickeln. Um sich weiterführend über Themenbereiche
der Integration austauschen und an ihnen arbeiten zu können, wurden Arbeitskreise
gebildet, die sich seither kontinuierlich treffen. Thematisch finden sich die
Arbeitskreise in den Bereichen Teilhabe und Interkulturelle Öffnung, Flüchtlingshilfen,
Integration in Ausbildung und Arbeit, sowie Integration im Themenfeld Bildung wieder.
Teilnehmer dieser Arbeitskreise sind Ehrenamtliche mit und ohne
Migrationshintergrund, Fachkräfte aus Betreuung und Beratung, Vereinen und
Initiativen, sowie Vertreter politischer Parteien.
In den Arbeitskreisen des Netzwerkes wurden Schwerpunktthemen für dieses Konzept
benannt. Nachfolgend wurden daraus Empfehlungen erarbeitet. Teilweise wird bereits
an Lösungsmöglichkeiten sowie an der Umsetzung von Handlungsempfehlungen
gearbeitet. Ziel ist es, dass Experten aus diesem Kreis auch den Umsetzungsprozess
für das Integrationskonzept begleiten. Dabei ist die Stabsstelle Integration zugleich
Ansprechpartner und Koordination für die zu bearbeitenden Aufgaben und Ziele. Es
wird eine Steuerungsgruppe unter der Leitung der Stabsstelle Integration gebildet, die
Prozesse anstoßen und begleiten wird. Mitglieder sind Vertreter/-innen der
Landkreisverwaltung (Stabsstelle Integration, Fachbereiche Jugend und Ordnung), der
Arbeitsverwaltung (Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter), der Kommunen sowie
Vertreter/-innen der Arbeitskreise.
Jährliche Plenumsveranstaltungen sollen dem Austausch der Arbeitsgruppen
untereinander und der Öffentlichkeitsarbeit dienen.
24
2 Handlungsfelder
Im nachfolgenden Abschnitt werden Handlungsbedarfe, Empfehlungen und
Maßnahmen beschrieben, die als Resultat des Netzwerkes Integration zu verstehen
sind. Die Empfehlungen richten sich an verschiedene Akteure und
Entscheidungsebenen. Der Beeinflussungsgrad auf kommunaler Ebene bedingt dabei
die Mittelbarkeit der Umsetzungsmöglichkeiten. Ziel soll die Optimierung der
Integrationsbemühungen im Landkreis Gifhorn sein. Wünschenswert wäre damit
einhergehend eine gemeinsame Umsetzung der Empfehlungen und Maßnahmen.
Darüber hinaus können auch weitere, dazukommende Maßnahmen realisiert werden,
die in diesem Konzept noch nicht vermerkt sind.
2.1 Interkulturelle Öffnung der Landkreisverwaltung
Manche Bürger/-innen fühlen sich im Umgang mit Behörden überfordert, verstehen
Zusammenhänge nicht, können teilweise berechtigte Anliegen nicht vorbringen oder
Ansprüche nicht ohne Hilfestellung durchsetzen. Wechselnde Ansprechpartner/-innen
sind eine zusätzliche Hürde. Diese Überforderung trifft in besonderer Weise für
Neuzugewanderte zu, die sich erst orientieren müssen und der deutschen
Amtssprache nicht gewachsen sind. Die Verwaltung steht damit einhergehend vor
Herausforderungen, welche Maßnahmen zur Stärkung vorhandener Kompetenzen der
Beschäftigten und die interkulturelle Öffnung der Verwaltung erfordern. Der
Behördenalltag trifft auf Sprachbarrieren oder kulturelle Missverständnisse, was bei
allen Beteiligten zu stressbelasteten Situationen führt. Die Landkreisverwaltung setzt
in der Ausländerbehörde und der Asylbewerberleistungsstelle an Sprechtagen bereits
regelmäßig Sprachmittler/-innen ein. Andere Fachbereiche nutzen ehrenamtliche
Dolmetscher/-innen. Ein Dolmetscherpool für Ehrenamtliche wird von der Stabsstelle
Integration betreut und weiter ausgebaut. Manche Verwaltungsverfahren erfordern die
Hinzuziehung von amtlich vereidigten Dolmetschern. Vereinzelt wurden zu
Informationszwecken Merkblätter und Übersichten zur Abfalltrennung, Hausordnungen
für die Gemeinschaftsunterkünfte oder Dokumente für die Wittinger- und Gifhorner
Tafeln übersetzt. Von solchen Übersetzungen profitieren alle Beteiligten.
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
3. Die Kundenfreundlichkeit der Verwaltung wird durch Förderung der Interkulturellen Kompetenz
und gezielte Einstellung von Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund sichergestellt.
10. Über Integrationsangebote wird in geeigneter Weise und unter Berücksichtigung kultureller
Besonderheiten informiert.
Sprache
& Bildung Teilhabe
Arbeits-
markt Ehrenamt
25
Auflistung von resultierenden Empfehlungen und Maßnahmen:
Nr. Ausgangssituation Empfehlung (E)/ Maßnahme (M)
Beeinflussungs-
grad auf
kommunaler
Ebene
1. Zunehmende
Interkulturalität der
Kunden stellt
Beschäftigte der
Verwaltung vor neue
Herausforderungen.
Prozesse verzögern sich
– Wartezeiten können
entstehen.
E:/M:
Optimierung von Abläufen der
Kommunalverwaltung zur Bündelung
von Anfragen und
Ressourcenschonung:
o Einrichtung einer zentralen
telefonischen Servicestelle
o Einrichtung eines Online-
Kontaktformulars
Angebote zur Supervision
(Problemlösung) schaffen
Angebot von interkulturellen
Fortbildungen für Nachwuchskräfte &
Neueinsteiger in der Verwaltung
hoch
2. Sprachbarrieren
erschweren die
Kommunikation und
verzögern Arbeitsabläufe
in der hauptamtlichen
Arbeit
E:/M:
Ausbau des Dolmetscherpools der
Landkreisverwaltung
+ Prüfung zusätzlicher Nutzung von
Angeboten externer Anbieter z.B. Video-
oder Telefondolmetschern
hoch
3. Verständnisprobleme des
amtlichen
Sprachgebrauches
seitens der Bürgerschaft
E:/M:
Angebot zur Fortbildung für
Mitarbeiter der Landkreisverwaltung
zur Erklärung der Amtssprache in
leichter Sprache
Erarbeitung einer Broschüre
Amtssprache in leichter Sprache
mittel
4. In vielen Gemeinden des
Landkreises fehlen
direkte Ansprechpartner
vor Ort für verschiedene
operative Anliegen der
Bürger/-innen im
sozialen Umfeld der
Neuzugewanderten
E:
Landkreisweiter Einsatz von
„Gemeindesozialarbeiter/-innen“ für alle
operativen Fragen vor Ort mittel
26
2.2 Teilhabe—Beteiligung und Zusammenleben
Während Maßnahmen zur Unterbringung, Versorgung, Bildung und zur Arbeitsmarkt-
integration von staatlicher Seite geregelt werden können, entzieht sich die Einbindung
der Zugewanderten in die Zivilgesellschaft der direkten Einflussnahme. Kulturelle
Identifikation lässt sich nicht erzwingen. Obwohl Mitwirkung und Mitbestimmung zu
den demokratischen Grundprinzipien gehören, fühlen sich Menschen ausgegrenzt und
übergangen. Das trifft gleichermaßen auf Einheimische wie auf Zugewanderte zu und
bestimmt die politische Auseinandersetzung.
Integration fordert Einsatz von allen Beteiligten und im Rahmen der individuellen
Möglichkeiten stetige Bemühung. Integrationskurse gehören zu den Maßnahmen, die
vom Staat bereitgestellt werden, um Mindeststandards unseres Wertesystems und der
deutschen Sprache zu vermitteln, damit das Zusammenleben gelingen kann. Sofern
Menschen mit ausländischen Wurzeln auf Sozialleistungen, zur Deckung ihres
Lebensunterhaltes, angewiesen sind, kann das Jobcenter zur Teilnahme am
Integrationskurs verpflichten und eine Verweigerung sanktionieren. Der gewünschte
Integrationserfolg lässt sich jedoch nicht erzwingen und hängt ferner davon ab, ob die
neu erworbenen Fähigkeiten auch eingesetzt werden können. Das persönliche Umfeld,
die Wohnsituation und die Nachbarschaft spielen ebenso eine wichtige Rolle, wie die
Erreichbarkeit von Beratungs- und Bildungsangeboten sowie des Arbeitsortes.
Langwierige Asylverfahren und zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnisse, teilweise
ohne Chance auf Familiennachzug, führen zu Perspektivlosigkeit und können
Integration behindern. Darum sind niederschwellige Angebote, die eine
gemeinschaftsstiftende und verbindende Wirkung entfalten unerlässlich. Häufig dienen
solche unkomplizierten und freiwilligen Treffen auch dazu, für die Teilnahme an
Integrationsmaßnahmen zu werben und mögliche Hürden abzubauen. Ehrenamtliche
Helfer können diese ersten Schritte begleiten.
In Vereinsaktivitäten stehen gemeinsame Interessen im Vordergrund. Besondere
Fähigkeiten einzelner Vereinsmitglieder bereichern die Gemeinschaft. Das Potenzial
von Sport, als Instrument für die soziale Integration, ist mittlerweile vielfach belegt.
Gerade Mannschaftssportarten haben ein hohes Integrationspotential und fördern das
„Wir-Gefühl“. Ähnliche Effekte können aber auch in Vereinen außerhalb des Sports,
wie beispielsweise dem Gesangsverein, dem Schützenverein, der Feuerwehr oder dem
Landfrauenverein genutzt werden. Auch offene Angebote zur Begegnung mit
Einheimischen, wie Feste oder Begegnungsstätten, können Berührungsängste
abbauen und helfen, als Teil einer Gemeinschaft weitere Integrationsfortschritte zu
machen. Das persönliche Miteinander hilft zudem Vorurteile abzubauen und den
sozialen Frieden zu sichern.
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
6. Zugewanderte sollen in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens gleichberechtigt teilhaben.
Dies geschieht u.a. durch Beteiligung an wichtigen Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen und
Förderung bürgerschaftlichen Engagements von, für und mit Migrantinnen und Migranten.
7. Durch gemeinschaftsfördernde, soziale und kulturelle Angebote wird das Zusammenleben
zwischen den Bevölkerungsgruppen verbessert und die Lebensqualität in den Wohngebieten
erhöht.
27
Auflistung von resultierenden Empfehlungen und Maßnahmen:
Nr. Ausgangssituation Empfehlung (E) /
Maßnahme (M)
Beeinflussungs-
grad auf
kommunaler
Ebene
1. Es fehlen Ansprechpartner
für den Austausch über
Problemlagen. Für die
Installation
bedarfsgerechter Angebote
ist zudem eine
Mitbeteiligung von
Migranten
empfehlenswert.
E:/M:
Beteiligung von
Migrantenvertretern im Netzwerk
Integration hoch
2. Ehrenamtliche sind oft
erste Ansprechpartner der
Neuzugewanderten.
Sie benötigen
professionelle
Unterstützungsstrukturen.
Fehlt eine konstruktive
Vernetzung, leidet die
Betreuung darunter.
E:/ M:
Förderung des Ehrenamtes als
Integrationsbegleitung für Migranten:
Qualifizierung von
Gesundheitsmediatoren und
Integrationslosten
Fortbildung zu Elternlotsen
oder Arbeitsmarktlotsen
hoch
3. Distanz zur einheimischen
Bevölkerung behindern die
Integration
E:/M:
Angebote zur Verminderung von
Distanz bzw. Stärkung des
Zusammenlebens fördern/ erhalten
und schaffen
Bspw: Nachbarschaftstreffpunkte,
unterschiedliche Vereinsangebote,
offene Sportangebote,
Elterntreffpunkte etc.
mittel
4. Informationslücken und
Unkenntnis über kulturelle
Unterschiede bzw.
Standards im deutschen
System führen zu
Konfliktpotential im
Zusammenleben
E:/M:
Sensibilisierung von Menschen mit
ausländischen Wurzeln für
verschiedene Systeme & Strukturen in
Deutschland unterstützen, bspw.
Gleichberechtigung, Kinderbetreuung,
Arbeitsbeteiligung von Frauen etc.
mittel
5. Fehlende Nachhaltigkeit in
der Darstellung
integrativer Bemühungen
verschiedener Akteure im
Landkreis Gifhorn
E:/M:
Transparente Darstellung von
integrativen Bemühungen aller
Akteure im Landkreis Gifhorn
mittel
28
2.3 Flüchtlingshilfen
Die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten ist seit 2015 im Landkreis Gifhorn
besonders in den Fokus gerückt. Bis zum Jahr 2012 erhielten im Landkreis Gifhorn
weniger als 300 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die
Einreise von Geflüchteten mit Asylwunsch stieg im Laufe der darauf folgenden Jahre
an, nicht zuletzt aufgrund der Migrationsbewegung 2015. So waren im Jahr 2013 468
Personen, im Jahr 2014 734 Personen und im Jahr 2015 1.151 Personen im
Asylbewerberleistungsbezug4.14). Die Versorgung und Unterbringung wurde bis dato
durch eine beim Landkreis angesiedelte Sozialarbeiter/-in geregelt. Diese war
ebenfalls Ansprechpartner/-in für Spätaussiedler/-innen und Geflüchtete.
Unterstützungsangebote gab es über kirchliche Einrichtungen, beim Deutschen Roten
Kreuz (DRK) sowie dem Bund der Vertriebenen (BdV). Mit den zunehmenden
Zuweisungen von Geflüchteten, wurden neue Gemeinschaftsunterkünfte geschaffen
und Betreuungsangebote bereitgehalten. Als ehemaliger Träger der durch das Land
Niedersachsen betriebenen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ehra-Lessien
erfasste das Deutsche Rote Kreuz (DRK) erstmals ehrenamtliche Helfer und setzte sie
für verschiedene Aufgaben ein. Die Bevölkerung im Umfeld des Ortes Ehra-Lessien
engagiert sich seitdem in besonderer Weise für die Bewohner/-innen. In der
Unterkunft „Clausmoorhof“ in Gifhorn wurde auf Initiative von Kirchengemeinden die
Website der „Gifhorner Flüchtlingshilfe“ eingerichtet und erste ehrenamtliche
Angebote initiiert. In den nachfolgend eingerichteten Unterkünften in Wittingen und
Brome meldeten sich ebenfalls schnell ehrenamtliche Unterstützer/-innen. Aktuell gibt
es mehrere unterstützende Vereine und Gruppen im gesamten Landkreis. Für die
Betreuung der Geflüchteten bedarf es trotz Aufstockung des Personals in den
Behörden und in der Sozialarbeit zusätzlich den Einsatz zahlreicher Ehrenamtlicher.
Diese brauchen jedoch verlässliche Ansprechpartner/-innen, transparente Strukturen
sowie eine gute Vernetzung untereinander und mit den hauptamtlichen Beratungs-
und Betreuungskräften. Mehrfachbetreuungen führen zu Irritationen bei den
Beteiligten und sind häufige Integrationshemmnisse. Auch im Landkreis Gifhorn lässt
die Hilfsbereitschaft insgesamt aufgrund verschiedener Faktoren nach und langjährige
Ehrenamtliche geben ihre Tätigkeit auf. Die Koordinierungsstelle für Ehrenamtliche in
der Flüchtlingshilfe, die in der Stabsstelle Integration eingerichtet wurde, hat sich zum
Ziel gesetzt dem entgegenzuwirken und unterstützt präventiv. Es werden entlastende
Gespräche und Schulungen, beispielsweise in Erster Hilfe und Interkultureller
Kompetenz angeboten. Darüber hinaus können die Dolmetschervermittlung und Hilfe
beim Ausfüllen von Formularen durch Formularhelfer/-innen genutzt werden.
Regelmäßig werden mehrsprachige Vorträge zu verschiedenen Themen, wie
beispielsweise dem Verbraucherrecht oder der Baderegeln angeboten.
29
Auflistung von resultierenden Empfehlungen und Maßnahmen:
Nr.
Ausgangssituation
Empfehlung (E)/
Maßnahme (M)
Beeinflussungs-
grad auf
kommunaler
Ebene
1. Soziale Betreuung von
Asylantragstellenden
reißt im Übergang durch
Leistungswechsel vom
Asylbewerberleistungs-
gesetz (AsylbLG)
(Landkreisverwaltung)
zum Sozialgesetzbuch
(SGB) II (Jobcenter) ab.
E:/M:
Ausweitung der sozialpädagogischen
Betreuung über Abschluss des
Asylverfahrens hinaus
mittel
2. Unklare/ fehlerhafte
Übersichten von
Angeboten + fehlende
Kenntnis über
Ansprechpartner/-innen
E:/M:
Aktualisierung und Veröffentlichung von
Übersichten zu Angeboten in der
Flüchtlingshilfe
hoch
3. Verbesserungswürdige
Kommunikationswege -
teilweise durch
unübersichtliche
Organigramme/
Unkenntnis der
Zuständigkeiten
E:/M:
Einrichtung einer zentralen Rufnummer
+ Einrichtung eines Online-
Kontaktformulars für die
Kommunalverwaltung
hoch
4. Fehlende Vernetzung
führt zu Verlust von
(zeitlichen) Ressourcen
E:/M:
Entwicklung eines „Begleitheftes“ für
Asylantragstellende
hoch
5. Fehlende (digitale,
mehrsprachige)
Übersichten über und
Informationen zu
Integration für
Geflüchtete
Prüfung der Möglichkeiten einer
Einrichtung einer „Willkommensapp“,
angepasst auf den Landkreis Gifhorn für
Smartphones mittel
30
2.4 Integration durch Bildung
Bildung ist für die Integration in unsere Gesellschaft von herausragender Bedeutung.
Sie kann ein Schlüsselfaktor für die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen
Leben sein.
Schon frühzeitig erfolgt die Weichenstellung für gelingende Bildungsverläufe. Kinder
lernen anders als Erwachsene und können durch den Besuch einer Kindertagesstätte
(Kita) optimal auf den Schulbesuch vorbereitet werden. Das gemeinsame Spielen hilft
durch den sozialen Kontakt mit anderen Kindern beim Erlernen der deutschen
Sprache. Die pädagogische Begleitung durch geschultes Fachpersonal eröffnet die
Möglichkeit der individuellen Förderung. Entscheidende Charaktermerkmale, die das
Lernen im weiteren Lebensverlauf positiv beeinflussen, können durch den Besuch
einer Kindertagesstätte gefördert und gestärkt werden. Dabei werden der
vertrauensvolle Kontakt zu den Eltern und die Zusammenarbeit mit ihnen als
besonders wichtig und wertvoll für die Entwicklung des Kindes empfunden. Erzieher/-
innen in Kindertagesstätten stehen den Eltern als Ansprechpartner/-innen bei
Erziehungsfragen zur Verfügung. Aus der professionellen Betreuung durch Erzieher/-
innen kann eine Empfehlung für besondere Förderangebote entstehen, die dem Kind
helfen können, sich weiterzuentwickeln. Die Integration von Eltern ist maßgeblich über
die Kinder beeinflusst. Nutzen Kinder das Angebot der Kindertagesstätten, können
sich für die Eltern Kontaktmöglichkeiten in ihrem näheren Umfeld ergeben, die den
Integrationsprozess unterstützen. Die Einrichtung kann zudem diverse Informationen
vermitteln, die auch für Erwachsene von Bedeutung sind. Aktuell ergibt sich
Optimierungsbedarf aus der Anzahl verfügbarer Plätze sowie aus den
Betreuungszeiten.
Beim darauf folgenden Schulbesuch steht der Spracherwerb in Wort und Schrift nicht
nur für Kinder mit ausländischen Wurzeln oder interkultureller Familiengeschichte im
Vordergrund. In der Grundschule lernen alle Kinder gemeinsam lesen und schreiben.
Neben dem Regelunterricht profitieren Kinder vom Ganztagsangebot der
Grundschulen. Dort haben sie z.B. die Möglichkeit ihre Hausaufgaben zu erledigen und
sich in vielen anderen Bereichen zu probieren und zu entwickeln; wie beim Sport oder
bei musischen oder technischen Angeboten. In der Einrichtung Schule kann das
Erlernte im sozialen Kontakt mit Mitschülern erprobt und gefestigt werden. Von
Aktivitäten mit diesem Personenkreis können Kinder daher auch außerhalb des
Unterrichts der Schule profitieren. Soziale Kontakte zu Kindern der gleichen
Altersgruppe über die Schule hinaus gelten zudem als förderlich für die individuelle
Entwicklung. Neben dem Schulbesuch kann daher auch die Freizeitgestaltung
(gesellschaftliche Teilhabe) maßgeblich für Erfolge in der Schule sein.
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
5. Umfassender Spracherwerb und gleiche Bildungschancen werden durch gezielte Information und
Beratung gefördert.
31
Der Schulbesuch ist durch die Schulpflicht gegeben. In Niedersachsen endet die
Schulpflicht 12 Jahre nach ihrem Beginn.
Grundsätzlich besuchen Schüler/-innen vier Jahre lang die Grundschule. Anschließend besuchen sie eine weiterführende Schule. Hier besteht die Wahl zwischen der
Hauptschule, der Realschule, der Oberschule oder dem Gymnasium. Als weitere ergänzende Schulform gibt es die Integrierte Gesamtschule. Zusätzlich besteht die
Möglichkeit, sich an den Berufsbildenden Schulen ausbilden zu lassen.
Das niedersächsische Schulgesetz regelt sowohl den Schulbesuch aller Kinder als auch die Modalitäten für Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen nicht deutscher Herkunft. Auch sieht es vor, dass mit der Begründung eines Wohnsitzes in
Niedersachsen die Schulpflicht beginnt.
Unterstützend zum schulischen Alltag betätigen sich viele Träger in der Region, indem sie Nachhilfe beim Erwerb der deutschen Sprache, soziale und sozialtherapeutische Unterstützung leisten. Hier besteht immer Bedarf nach zusätzlichen, geeigneten
Maßnahmen.
Zusätzliche Herausforderungen bestehen für Kinder und Jugendliche, die traumatisiert sind oder aus bildungsfernen Familien stammen. Damit auch diese dem Unterricht folgen können und eine Möglichkeit auf die Erreichung eines Schulabschlusses
bekommen, müssen besondere Förderungen greifen.
Die Vermittlung von Bildungssprache braucht zudem viel Zeit. Alltagssprachlicher
Gebrauch reicht in weiterführenden Schulen zum Bestehen der Klassenstufe nicht aus.
Aufgaben und Arbeitsanweisungen müssen verstanden und bearbeitet werden können.
Besonders herausfordernd kann das in naturwissenschaftlich-technischen Fächern
sein, ebenso beim Erlernen einer weiteren Fremdsprache zusätzlich zu Deutsch. Die
fehlende Sozialisation im deutschen Sprachraum erschwert zudem das Schreiben von
Texten, Aufsätzen und Interpretationen. Fächerübergreifend ist daher mit
Schwierigkeiten zu rechnen, wenn Kinder und Jugendliche die Sprache noch nicht im
bildungssprachlichen Kontext beherrschen. Im Schulalltag ist das für Schüler/-innen
gleichermaßen herausfordernd, wie für Mitschüler/-innen und Lehrkräfte.
Das Erfüllen der Schulpflicht ist zudem nicht gleichzusetzen mit dem gleichzeitigen
Erwerb eines Schulabschlusses 4.15). Schul- und Berufsabschlüsse sowie gute
Sprachkenntnisse beeinflussen jedoch maßgeblich den Integrationserfolg. Daher sollte
auch nach Austritt aus der Institution Schule der Übergang zu Maßnahmen
gewährleistet sein, die einen nachträglichen Schulabschluss herbeiführen können.
Nach dem erfolgreichen Erwerb eines Schulabschlusses, sollten zudem Übergänge zu
Maßnahmen gegeben sein, die beruflich vorbereiten oder qualifizieren.
32
Ziehen Menschen mit ausländischen Wurzeln im Laufe ihres Erwachsenenlebens in den
Landkreis, stehen sie vor der Herausforderung, Arbeit zu finden. Dabei sind im
Ausland erworbene Schulabschlüsse, Ausbildungen und Berufserfahrung zum Teil in
Deutschland anerkennbar. Schwierigkeiten gibt es an dieser Stelle mit der
Vergleichbarkeit der Ausbildung sowie mit den Sprachkenntnissen. Wie auch in der
weiterführenden Schule, reichen zum Erlenen eines Berufes in Deutschland
alltagssprachliche Fähigkeiten nicht aus, die Berufsschule erfolgreich zu bestehen.
Niedersachsenweit hat man sich daher auf einen Empfehlungsrichtwert geeinigt, der
fortgeschrittene Sprachkenntnisse im Bereich B2 4.6) als Voraussetzung für das
Beginnen einer Ausbildung kennzeichnen 4.16). Dabei können die Voraussetzungen
einzelner Betriebe von diesem empfohlenen Richtwert abweichen. Es ergibt sich
daraus jedoch ein besonderer Bedarf an Sprachförderung für Erwachsene, um von
dem Bildungsbereich erfolgreich in den Bereich der Arbeitsaufnahme zu kommen.
Dabei sind Sprachlernangebote nicht für alle Zugewanderten in gleichem Maße
zugänglich. Zusätzliche Herausforderungen sind die Entfernung von Lernort und
Wohnort und damit teilweise einhergehende eingeschränkte Mobilität, sowie die
Versorgung von Kindern, was die Teilnahme an Sprachkursen, in besonderem Maße
für Frauen, beeinflusst. Ein temporärer Ausgleich kann durch online-Lernprogramme
und mobile Applikationen erfolgen. Jedoch ersetzen diese Angebote kein
Sprachzertifikat.
33
Auflistung von resultierenden Empfehlungen und Maßnahmen:
K
ind
erta
gesstä
tte (
0-7
Jah
re)
Nr.
Ausgangssituation
Empfehlung (E)/
Maßnahme (M)
Beeinflussungs-
grad auf
kommunaler
Ebene
1. Verständnislücken über
Systeme Kinderkrippe &
Kindergarten seitens
einheimischer und
zugewanderter Eltern
E:/M:
Entwicklung einer
niederschwelligen,
zielgruppenübergreifenden
Informationsbroschüre zur
Sensibilisierung für den Besuch
von Kinderkrippe & Kindergarten
2. Zentrale Anlaufstellen
mit niedrigschwelligen
Angeboten für die
Unterstützung von
Familien mit
Kleinkindern befinden
sich in unterschiedlicher
Entfernung zum
Wohnort. Teile des
Landkreises bleiben
daher unterversorgt und
unter ihren
Möglichkeiten
E:/M:
Unterstützung, beispielsweise
beim Ausbau von Familienzentren
landkreisweit
3. Halbtagsplätze reichen,
in besonderem Maße für
Kinder mit
ausländischen Wurzeln,
nicht aus, um
sprachliche Fähigkeiten
ausreichend zu fördern
E:/M:
Realisierungsbedingungen für eine
flächendeckende
Ganztagsbetreuung von Kindern
mit besonderem sprachlichen
Förderungsbedarf prüfen
4. Fachkräftemangel
erschwert die
Integration von
Kleinkindern
E:
Überregionale Anwerbung von
Fachkräften notwendig
34
Sch
ule
(6
-18
+ J
ah
re)
5. Besonderer
Förderbedarf von
Schülern mit
ausländischen Wurzeln
bringt die Einrichtung
Schule an
Handlungsgrenzen. Um
Lernziele zu erreichen,
ist eine Förderung in
besonderem Maß
notwendig. Vorhandene
Ressourcen können in
der Regel nur für den
Regelunterricht genutzt
werden. Eine
gesonderte Förderung
kann aufgrund enger
Lehrpläne am besten
außerhalb des
Regelunterrichts- in
gesonderten
Nachhilfeformaten
geleistet werden. Die
Möglichkeit auf
Nachhilfeleistungen
hängt vom Zugang zu
finanziellen Ressourcen
ab.
E:
Nachhilfeangebote ausweiten
finanzielle Unterstützung prüfen –
im besonderen Maß außerhalb der
Möglichkeiten des vorhandenen
„Bildung und Teilhabe“-Pakets
(BuT)
6. Schulkinder mit
Sprachförderbedarf
werden durch lange
Pausen, wie
Sommerferien,
sprachlich
zurückgeworfen, da
während dieser Zeit
selten eine
entsprechende
Förderung stattfindet
bzw. der Kontakt zum
deutschen
Sprachgebrauch durch
verschiedene Faktoren
eingeschränkt ist
E:/M:
Planung eines unterstützenden
Sprachförderangebotes in den
Sommerferien durch die
Stabsstelle Integration und
Kooperationspartnern.
35
In
sti
tuti
on
sü
berg
reif
en
d/
Zie
lgru
pp
en
üb
erg
reif
en
d
7. Ausländische Familien
mit und ohne Kinder
konzentrieren sich
zunehmend an
wohnortnahen Bildungs-
und Betreuungs-einrichtungen
Versorgungsengpässe +
Schwierigkeiten bei
pädagogischer
Betreuung neben
Ausgleich des
besonderen
Förderbedarfs der
Kinder bei Mehrsprachigkeit
unzureichende
Integration & Förderung
erfolgt
E:/M:
Strategische Verteilung von
Familien mit und ohne Kinder
anhand von besonderen Bedarfen Sozialraumorientierung
(Vermeidung von Inselbildung und
Versorgungsengpässen)
8. Fehlende
Sprachlernangebote für
Eltern mit integrierter
Kinderbetreuung
+
Integrationsmaßnahmen
in den Bereichen
Sprache und Arbeit sind
selten in Zeitrahmen
verfügbar und sinnvoll,
in denen eine
Halbtagsbetreuung des
Kindes ausreichen
würde, um derartige
Angebote wahrnehmen
zu können. Diese sind
jedoch notwendig, um
sich ein eigenständiges
Leben aufbauen zu
können.
E:
Sprachlernangebote mit
integrierter Kinderbetreuung
können und sollten lediglich eine
Übergangslösung darstellen, da
ihre Dauer begrenzt ist und die
betreffenden Kinder bereits
während oder kurz nach der
Eingewöhnungszeit wieder
herausgerissen würden
aus nachhaltig integrativem
Gedanken empfiehlt es sich,
Kleinkinder möglichst
wohnortnah und regulär in
einer Kindertagesstätte
unterzubringen, damit soziale
Kontakte wohnortnah
aufgebaut und gepflegt
werden können soziale Integration
Zur Wahrnehmung derartiger
Integrationsmaßnahmen ist eine
Ganztagsbetreuung des Kindes
notwendig. Zudem empfiehlt sich
eine Ganztagesbetreuung für die
sprachliche Entwicklung des
Kindes mit nachhaltigem Erfolg
Übergangslösungen müssten
durch die Politik geschaffen
werden, solange finanzielle-
und räumliche Möglichkeiten
eine flächendeckende
Umsetzung behindern
36
9. Aufgrund des neuen
Kindertagesstätten-
gesetzes (KiTaG)
verlagert sich zukünftig
die Sprachförderung im
Kindesalter von der
Grundschule in den
Kindergarten die
bisherige Schnittstelle
ginge damit verloren
und gefährdet einen
zukünftig reibungslosen
Übergang von der Kita
in die Grundschule
E:/M:
Verlässliche und durchgängige
Vernetzung zwischen
Grundschulen & Kitas
unterstützen, um Übergänge nicht
zu verlieren. Beteiligung aller
Schulen und Kitas ist dafür
erforderlich.
10. Ein gebündelter und auf
die Zielgruppe
Menschen mit
ausländischen Wurzeln
fokussierter Überblick
von Angeboten für den
Landkreis fehlt
E:/M:
Entwicklung einer aktuellen
Akteursübersicht für die
Zielgruppe (Migrationswegweiser)
11. Verschiedene Bereiche
des Bildungssektors und
ihre Zusammenhänge
sind für Außenstehende
schwer zu überblicken
E:/M:
Erstellung und Bereitstellung von
Übersichten zu verschiedenen
Bereichen des Bildungssektors
12. Informationslücken über
Systeme im Bereich
Bildung sowie
Notwendigkeiten und
Möglichkeiten der
Bildungsbeteiligung.
Informationen werden
wenig gesteuert verteilt
und weisen inhaltlich
fehlende Bezüge
zueinander auf, sind in
schwer verständlicher
Sprache geschrieben
und erreichen aufgrund
dessen in nicht
ausreichendem Maß
zum richtigen Zeitpunkt
die betroffenen
Personengruppen, die
Informationsbedarf
haben.
E:/M:
Prüfung einer Entwicklung von
Willkommenstaschen für
Neuzugewanderte mit
Informationsmaterial zum Zweck
der frühzeitigen Information und
Sensibilisierung zum Thema
Bildung und Bildungsbeteiligung
im deutschen System
37
13. Es erfolgt keine
ausreichend gezielte
Ansprache von Familien
Neugeborener mit
ausländischen Wurzeln
im Landkreisgebiet.
Ausschlaggebende
Möglichkeiten der
Prävention und
frühzeitigen Information
bzw. Sensibilisierung
werden daher noch nicht
genutzt.
E:/M:
Entwicklung eines
Willkommenspaketes für
Neugeborene im Landkreis mit
zielgruppengerechten
Informationen zur Sensibilisierung
u.a. für Themen der Bildung,
Teilhabe & Gesundheit
14. Verschiedene Wege der
Hilfestellung und
Inanspruchnahme von
Angeboten können für
die Zielgruppe
Asylanrtagstellende nur
bedingt nachvollzogen
werden. Absprachen
erschweren sich.
Doppelungen und
Mehrarbeit entstehen.
E:/M:
Gestaltung eines „Begleitheftes“
für Asylantragstellende mit dem
Ziel der Schaffung einer
verbesserten Absprache und der
Bündelung von Ressourcen durch
Strukturschaffung
38
2.5 Integration in Ausbildung und Arbeit
2.5.1 Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen
Die rechtliche Grundlage für den Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt bilden das
Asylgesetz (AsylG), das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sowie die Verordnung über die
Beschäftigung von Ausländer/-innen (BeschV) und das Freizügigkeitsgesetz für EU-
Arbeitnehmer/-innen.
Für Arbeitnehmer/-innen aus Ländern außerhalb der EU gilt: Die Genehmigung zur
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (selbstständige und nichtselbstständige
Beschäftigung) wird mit dem Aufenthaltstitel von der Ausländerbehörde erteilt, wenn
die Bundesagentur für Arbeit (BA) der Arbeitsaufnahme zugestimmt hat. Diese
Zustimmung wird in einem behördeninternen Verfahren eingeholt. Die Berechtigung
zur Arbeitsaufnahme wird auf dem Aufenthaltstitel festgehalten. Jedoch setzt nicht
jede Beschäftigung (z.B. bestimmte Formen von Praktika, Berufsausbildungen)
grundsätzlich eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) voraus.
Des Weiteren benötigen Personengruppen, die aufgrund ihres Aufenthaltstitels einen
freien Zugang zum Arbeitsmarkt haben, kein Genehmigungsverfahren. Ihnen wird mit
der Erteilung ihres Aufenthaltstitels auch die Erwerbstätigkeit erlaubt.
Mit der Einführung des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung
im Ausland erworbener Berufsqualifikationen im November 2012 besteht für Menschen
mit einer qualifizierten Ausbildung die Möglichkeit, ihre Berufs- und Studienabschlüsse
auf ihre Gleichwertigkeit prüfen zu lassen. Im Landkreis Gifhorn unterstützt das IQ-
Netzwerk, im Jobcenter Wolfsburg ansässig, die ausländischen Arbeitnehmer bei den
Antragstellungen, informiert über die zuständige Prüfungsstelle und berät bei
notwendigen Ausgleichsmaßnahmen. Das IQ-Netzwerk – Integration durch
Qualifizierung - bietet auch Sprechstunden im Jobcenter Gifhorn an.
2.5.2 Zuwanderung in den Arbeitsmarkt aus einem Drittstaat (Länder außerhalb der EU, Island, Norwegen und Liechtenstein und der Schweiz)
Die Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt hat viele Facetten:
Zuwanderung von Fachkräften und Hochqualifizierten,
vorübergehend in Deutschland Beschäftigten, wie z.B. Au Pairs und Saisonarbeiter,
entsandte Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber,
Beschäftigte, die aufgrund von zwischenstaatlichen Vereinbarungen
länderübergreifend tätig sind (z.B. Werkvertragsarbeitnehmer),
besondere Berufsgruppen, wie z.B. Sportler oder Künstler.
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
6. Zuwandernde werden durch flankierende Maßnahmen darin unterstützt, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit sicher zu stellen. 8. Individuelle Ressourcen der Zugewanderten sowie die Potentiale der ethnischen Ökonomie stellen
für den Wirtschaftsstandort – Landkreis Gifhorn – eine Bereicherung dar
39
Die Arbeitssuchenden beantragen bereits in der deutschen Auslandvertretung ihres
Herkunftslandes ein Visum zur Arbeitsaufnahme. Es wird geprüft, ob die
Bundesagentur für Arbeit über die zuständige Ausländerbehörde zwecks
Zustimmungserteilung beteiligt werden muss, da es in jeder genannten Form der
Arbeitsmigration sowohl zustimmungspflichtige- als auch zustimmungsfreie Zugänge
gibt. Dieses Visum wird bei der zuständigen Ausländerbehörde bei Verlängerung unter
Erfüllung der Voraussetzungen in einen befristeten Aufenthaltstitel umgewandelt.
Dieser Personenkreis befindet sich bereits bei der Einreise in einem Arbeitsverhältnis
und steht nicht im Fokus der beruflichen Integrationsbemühungen des Landkreises
Gifhorn. Hier stehen eher die soziale und gesellschaftliche Integration im Vordergrund.
Die Gruppe der vorübergehend Beschäftigten suchen feste Ausbildungs- und
Arbeitsperspektiven in Deutschland und nehmen daher entsprechende
Beratungsangebote wahr.
2.5.3 EU-Zuwanderung
Als einzige Zuwanderergruppe unterliegen die EU-Bürger/-innen keines Arbeits- und
Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens. Sie genießen die Personenfreizügigkeit, die
Reisefreiheit, die Arbeitnehmerfreizügigkeit und können ihren Wohnort frei wählen,
sofern sie die Voraussetzungen des Freizügigkeitsgesetzes erfüllen (u.a.
Arbeitnehmereigenschaft, Krankenversicherung). Nach Ablauf von drei Monaten kann
eine Überprüfung der Freizügigkeitsvoraussetzungen vorgenommen werden.
Die Bürger/-innen Norwegens, Liechtensteins, Islands und der Schweiz sind EU-
Bürger/-innen gleichgestellt.
EU-Arbeitnehmer/-innen kommen oftmals ohne oder mit nicht ausreichenden
Sprachkenntnissen nach Deutschland und nehmen daher häufig niedrigqualifizierte
Beschäftigungen an. Das entspricht nicht zwangsläufig ihrem Bildungsstand, denn
unter ihnen befinden sich Menschen mit einem hohen schulischen Bildungsniveau
sowie anerkannten Berufs- bzw. Studienabschlüssen. Die Notwendigkeit der
aufenthaltssichernden Berufstätigkeit verhindert einen gezielten Spracherwerb und
damit die Möglichkeit einer qualifizierten Arbeitsaufnahme. Es sind häufig die
Familienangehörigen, die das Angebot der Sprachkurse annehmen und versuchen, die
beruflichen Vorbildungen aus dem Heimatland mit Hilfe der Anerkennungsverfahren in
Deutschland einzusetzen.
40
2.5.4 Integration in Arbeit verschiedener Personenkreise
Unter diesem Punkt sind die Zuwanderergruppen zusammengefasst, die bereits bei
Einreise nach Deutschland über ein Visum verfügen, welches ihnen den Aufenthalt in
Deutschland sichert und eine Erwerbstätigkeit grundsätzlich erlaubt. Darunter zählen
beispielsweise der Zuzug aus familiären Gründen zu einem deutschen oder
ausländischen Familienmitglied, die Aufnahme von Personenkreisen aus humanitären
Gründen aufgrund von Bundes- oder Landesentscheidungen, die Rückkehrer aus dem
Ausland sowie der Zuzug von Spätaussiedler/-innen und ihren Angehörigen.
Sie durchlaufen die Integrationskurse, nehmen an berufsbezogener Sprachförderung
teil, nutzen bei Bedarf das Beratungsangebot des IQ-Netzwerkes (Anerkennung von
Berufsqualifikationen aus dem Ausland) und werden durch das Jobcenter begleitet.
Die Integration in den Arbeitsmarkt steht in direktem Zusammenhang mit der
vorhandenen Sprachkompetenz, den vorhandenen Qualifikationen, aber auch den
vorhandenen Handlungskompetenzen im Alltag.
Folgende Hemmnisse sind bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche von Menschen
aller Migrationsgruppen zu beobachten:
fehlende Sprach- und PC-Kenntnisse erschweren das Finden von Arbeitsangeboten
im Internet,
fehlende Kenntnisse über das Erstellen von Bewerbungsunterlagen,
vom persönlichen Kontakt abgekoppelte Bewerbungsverfahren sind unbekannt,
zunehmende online-Bewerbungsverfahren erschweren die Bewerbung,
unklare Vorstellung von Arbeitsangeboten auf Seiten der Bewerber/-innen,
Arbeitgeber können die Kompetenzen des Bewerbers schlecht einschätzen,
Einarbeitung ausländischer Arbeitnehmer/-innen ist für Arbeitgeber aufwändiger,
Verdichtung der Arbeitsinhalte erfordert hohe organisatorische Fähigkeiten
41
2.5.5 Integration in Ausbildung und Arbeit von Geflüchteten
Das dominanteste Thema im Arbeitskreis Ausbildung und Arbeit des Netzwerkes
Integration war die Qualifizierung und berufliche Integration junger Geflüchteter,
unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Hierbei lag ein besonderes Augenmerk auf
den ausbildungsvorbereitenden und -begleitenden Maßnahmen.
Vorweg sollen einige Zahlen aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit
„Sonderauswertung zu den Auswirkungen der Migration auf den deutschen
Arbeitsmarkt“ von Mai 2018 einen Überblick über die Personengruppe geben.
Auswirkungen der Migration auf den niedersächsischen Arbeitsmarkt 4.17
Bestand der Arbeitssuchenden oder der Arbeitslosen im Kontext der Fluchtmigration
Im Ausbildungsjahr Oktober 2017 bis Mai 2018 bewarben sich 3600 Geflüchtete für
eine Ausbildung. Davon erhielten 1.300 Personen aus der Personengruppe der Top 8
Asylzugangsländer (Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Somalia, Eritrea, Nigeria,
Pakistan) eine Ausbildungsstelle oder erhielten ein Alternativangebot. 2.300 Personen
blieben mit Stand Mai 2018 unversorgt. Seit Januar 2015 kam es damit bei 14.800
Geflüchteten zur Arbeitsaufnahme im ersten Arbeitsmarkt. Die Zahlen geben jedoch
keinen Hinweis auf die Dauer beziehungsweise einen Abbruch der Arbeits- und
Ausbildungsverhältnisse 4.17.
Im Landkreis Gifhorn bewarben sich mit Stand Juli 2018 48 Geflüchtete um einen
Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Davon konnten 30 Personen eine Arbeit aufnehmen.
18 Personen blieben unversorgt 4.18.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Personen aus den TOP 8
Asylzugangsländern entwickelte sich im Jahr 2017 ausgesprochen positiv 4.17.
49.700 Arbeitssuchende im Kontext von Fluchtmigration waren im Mai 2018 bei der
Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter gemeldet. Davon befanden sich 30.000
Personen in Integrationskursen, berufsbezogener Sprachförderung (DeuFöV) oder in
einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme 4.17.
Die Wohnbevölkerung Niedersachsens weist je 10.000 Einwohner 62,4 geflüchtete
Arbeitssuchende auf. Im Landkreis Gifhorn sind es je 10.000 Einwohner 36,8
geflüchtete Arbeitssuchende, also insgesamt 645 Personen 4.17.
Folgende Statistik gibt Auskunft über Alter und Geschlecht der Geflüchteten sowie
über deren Bildungsabschluss und Anforderungsniveau des Zielberufes 4.17:
42
Aspekte der Integration von Geflüchteten in den Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt
Seit 2015 wurden von allen beteiligten Institutionen, sowohl von kommunaler- als
auch auf Landes- oder Bundesebene, enorme Anstrengungen unternommen, um
Maßnahmen und Programme zur schnellen Arbeitsmarktintegration auf den Weg zu
bringen.
Asylantragstellende im nationalen Asylverfahren:
Für Menschen im laufenden Asylverfahren ist die Bundesagentur für Arbeit für die
Arbeitsmarktförderung, die Beratung und die erste Vermittlung in Praktika zuständig.
Die Beratung ist freiwillig und kommt nur durch aktive Vorstellung des Geflüchteten
zustande. Qualifikationen werden erfasst, erste Anerkennungsverfahren eingeleitet,
soweit es die Sprachkenntnisse zulassen. Nach positivem Abschluss des
Asylverfahrens übernimmt die Beratung und Betreuung das Jobcenter.
43
Einer Erwerbstätigkeit kann nachgegangen werden, wenn sich Asylantragstellende seit
mindestens drei Monaten in Deutschland aufhalten und nicht aus den sicheren
Herkunftsstaaten Serbien, Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana,
Montenegro und Senegal kommen (wenige Altfälle aus sicheren Herkunftsstaaten
bedürfen gesonderter Betrachtung). Das Arbeitserlaubnisverfahren erfolgt unter
Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit federführend durch die Ausländerbehörde.
Bei der Aufnahme einer Ausbildung bestehen dieselben Voraussetzungen. Einer
Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf es in diesem Fall nicht, jedoch ist
eine Zustimmung der Industrie- und Handelskammer notwendig, die das Vorliegen
einer qualifizierten Ausbildung bestätigt. Bei sogenannten Dublin-Fällen unterliegt eine
mögliche Arbeitsaufnahme einer Betrachtung und Überprüfung des Einzelfalls durch
die Ausländerbehörde.
Einem Antrag auf eine Ausbildungs- oder Arbeitsgenehmigung erfolgt eine
einzelfallbezogene Prüfung durch die Ausländerbehörde.
Mit den im Jahr 2015 neu initiierten Arbeitsförderungsmaßnahmen deutete sich jedoch
an, dass eine Vermittlung in Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisse ohne
ausreichende Sprachkenntnisse der Arbeitsuchenden nicht erfolgversprechend sein
kann. Integrative Maßnahmen, die speziell auf den Bereich der Asylantragstellenden
ausgerichtet sind, werden mit Stand 7/2018 nicht durchgeführt.
In Gifhorn bildete sich frühzeitig ein Team von Mitarbeiter/-innen der Bundesagentur
für Arbeit, das die Gemeinschaftsunterkünfte besuchte und über die Strukturen der
deutschen Arbeitsverwaltung informierte.
Noch Ende des Jahres 2015 wurden mit Landesmitteln Sprachkurse, insbesondere für
Asylantragstellende, angeboten, um Geflüchteten eine Verständigungsperspektive auf
niedrigem Niveau anzubieten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
erweiterte den Zugang zu Integrationskursen von Personen mit einem dauerhaften
Aufenthalt zu Asylantragstellenden mit einer hohen Bleibeperspektive (Syrien, Iran,
Irak, Somalia und Eritrea). Geflüchtete wurden dadurch faktisch in eine weniger und
eine stärker privilegierte Gruppe geteilt. Unter den Geflüchteten selbst führte dies
mitunter zu Spannungen. Besonders die Gruppe der afghanischen
Asylantragstellenden bleibt damit trotz faktisch hoher Schutzquote vom Zugang zu
Integrationskursen ausgeschlossen. Die im Juli 2017 durch das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales (BMAS) erfolgte Zulassung zu berufsbezogenen Deutschkursen
(DeuFöV) und Gewährung der Leistungen zur Ausbildungsförderung wurden zum
01.01.2018 wieder eingestellt.
Mit der Zulassung neuer Sprachkursträger, der Aufstockung des Personals und der
Inkaufnahme von Wartezeiten konnte der Andrang auf Sprachkurse aller Art bis Ende
des Jahres 2017 abgebaut werden. Dennoch sind die Wartezeiten vom Einstufungstest
bis zum Kursbeginn, vom Ende eines Kurses bis zu den zusätzlichen Modulen sowie
die Wartezeit für Quereinsteiger, subjektiv sehr lang, was der Berücksichtigung
wirtschaftlicher Vorgaben und einer differenzierten Sprachförderung seitens der
Sprachkursträger, aber auch der mangelnden Verbindlichkeit der Anmeldung
geschuldet ist.
44
Inzwischen sind auch die Sprachkurse für Asylantragstellende aus Mitteln des Landes
Niedersachsen erweitert worden und bieten ebenfalls die Möglichkeit einer Prüfung bis
zum Sprachniveau B1 des Europäischen Referenzrahmens.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Maßnahmen der Förderung wurde für
Asylantragstellende seit dem Jahr 2015 erheblich vereinfacht. Nur noch in den ersten
drei Monaten besteht ein absolutes Arbeitsverbot. Die Vorrangprüfung, die die
Arbeitsaufnahme in den ersten 15 Monaten des Aufenthaltes nur nach einem
langwierigen Antrags- und Prüfungsverfahren unter Beteiligung von Ausländerbehörde
und Bundesagentur für Arbeit sowie einer Ausschlussprüfung von bevorrechtigten
Personengruppen möglich machte, wurde im August 2016 in 133
Arbeitsagenturbezirken für drei Jahre ausgesetzt. Die Beschäftigungsmöglichkeiten
wurden etappenweise erweitert, beispielsweise um den Zugang zu einem Studium,
einer Berufsausbildung, dem Bundesfreiwilligendienst oder einem Praktikum. Ebenso
wurde der Zugang zu verschiedenen Ausbildungsförderungen sowie zum BaföG
ermöglicht. Der Abbau von Einschränkungen erleichterte sowohl den
Asylantragstellenden als auch den haupt- und ehrenamtlichen Helfer/-innen die
Integration in Fördermaßnahmen, Ausbildungen und Arbeit.
Der Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist eine sehr komplexe Thematik und
im Wesentlichen abhängig von dem variablen Aufenthaltstitel, dem
Sozialleistungsrecht, der Dauer des Aufenthalts in Deutschland, der
Staatsangehörigkeit, der beabsichtigten Ausbildung- bzw. Arbeitsaufnahme und der
Frage einer eventuell notwendigen Arbeitsgenehmigung.
Mit der Entscheidung im Asylverfahren, welches sich in den vergangenen Jahren
aufgrund des Antragsvolumens ein bis zwei Jahre hinziehen konnte, stellen sich
wesentliche Weichen für den Geflüchteten, sowohl für seine Aufenthaltssicherung als
auch für seine persönliche und familiäre Zukunft.
Abgelehnte Asylantragstellende:
Abgelehnte Asylantragstellende und Menschen aus Ländern mit einer unsicheren
Bleibeperspektive schöpfen ihre Sprachlernangebote weniger aus als Menschen mit
einer guten Bleibeperspektive. Sie versuchen möglichst schnell mit der Aufnahme
einer Arbeit oder einer Ausbildung ihren Aufenthalt zu sichern. Die fehlenden
Sprachkenntnisse und die damit einhergehende Überforderung im schulischen Teil
einer Ausbildung führen nicht selten zum Ausbildungsabbruch oder fordern einen
hohen und kontinuierlichen Unterstützungsgrad von Helfer/-innen.
Abgelehnten Asylantragstellende mit Besitz einer Duldung kann eine Genehmigung
zur Aufnahme einer Beschäftigung im Rahmen einer einzelfallbezogenen Prüfung nur
erteilt werden, wenn sie ihrer Mitwirkung zur Identitätsklärung nachweislich
nachkommen, nicht straffällig geworden und abschiebende Maßnahmen noch nicht
eingeleitet worden sind. Für die Aufnahme einer Ausbildung gelten die gleichen
Voraussetzungen, jedoch ist eine Genehmigung der Agentur für Arbeit nicht
erforderlich.
45
Geflüchtete mit der Zuerkennung eines Schutzstatus:
(nach GG Art. 16a, GFK-Flüchtlinge, subsidiärer Schutz, Bestehen von Abschiebungs-
hindernissen)
Bei Gewährung eines Schutzstatus durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) beantragt der anerkannte Schutzsuchende einen elektronischen
Aufenthaltstitel in der Ausländerbehörde und wechselt von der Zuständigkeit der
Ausländerbehörde aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in die
Zuständigkeit des Jobcenters in das Sozialgesetzbuches (SGB) II. Neue Anträge zur
Existenzsicherung sind durch den anerkannten Schutzsuchenden zu stellen. Sollte er
noch in einer kommunalen Unterkunft wohnen, so muss er sich nun eigenen
Wohnraum suchen.
Während der Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit noch auf Freiwilligkeit
basierte, wird der arbeitssuchende Geflüchtete nun vom Arbeitsvermittler im
Jobcenter in regelmäßigen Abständen zur Berufsorientierung und
Arbeitsmarktberatung eingeladen. Das Jobcenter profitiert von den Informationen der
Bundesagentur für Arbeit, sofern der Geflüchtete hier während des Asylverfahrens
vorgesprochen hat. Mit einer Eingliederungsvereinbarung im Jobcenter werden die
nächsten Ziele zur individuellen beruflichen Integration festgelegt.
In den vergangenen Jahren wurden die Instrumente der Arbeitsförderung erweitert
und auch das Angebot der Sprachkurse oberhalb des B1-Sprachniveaus ausgeweitet.
Damit sind wichtige Bausteine für die Ausübung von qualifizierten Berufen gelegt. Je
höher die Qualifizierung des Berufes, desto höher sind die sprachlichen
Anforderungen.
Das Anerkennungsverfahren von bereits im Ausland erworbenen Berufen oder
Studienabschlüssen sollte frühzeitig in Gang gesetzt werden. Sowohl die Beschaffung
von fehlenden Dokumenten aus dem Ausland als auch die Bearbeitung nimmt einige
Monate in Anspruch. Der Geflüchtete benötigt für die Durchführung des Verfahrens in
vielen Fällen Unterstützung durch Dritte.
Die Praxis zeigt, dass dieser Personenkreis, unabhängig vom Status, Schwierigkeiten
mit der mehrjährigen Planung ihrer beruflichen Zukunft haben. Unklare
Aufenthaltsperspektiven in Deutschland, die finanzielle Unterstützung der Familie im
Ausland, Verpflichtungen gegenüber Schleusern und das Bezahlen von Anwält/-innen
sind einige Gründe für eine schnelle Arbeitsaufnahme. Auch das Bildungsniveau spielt
eine Rolle für die Bereitschaft zum schulischen Erlernen einer Sprache.
Nicht zu unterschätzen sind die Stressfaktoren, die den Geflüchteten neben dem
Spracherwerb und der beruflichen Vorbereitung beschäftigen. Die Sorge, Deutschland
langfristig wieder verlassen zu müssen, Sorgen um die Familie im Kriegsgebiet, auf
die lange gewartet wurde oder deren Nachzug, wie im Falle der subsidiär
Schutzberechtigten, trotz Neuregelung seit August 2018 nur bedingt möglich ist, die
vielen unbekannten Aufgaben und Anforderungen im behördlichen Kontext (SGB II-
Bezieher sind unverhältnismäßig stärker mit Anträgen und Formularen konfrontiert),
die Bewältigung des ganz normalen Alltags, in dem erlernte Handlungsstrategien nicht
zwangsläufig zielführend sind, und die Sprachbarriere, die sich nur langsam auflöst,
wirken sich auch auf die Integration in den Arbeitsmarkt aus.
46
Häufig wollen Geflüchtete nur schnellstmöglich arbeiten und suchen sich dabei
Unterstützung von Ehrenamtlichen. Dennoch bleibt insbesondere bei
Bildungsinstitutionen die Forderung nach Einhaltung sinnvoller Bildungsketten, um
eine langfristige Integration zu ermöglichen.
Junge Geflüchtete:
Besondere Beachtung benötigt die Gruppe der jungen Geflüchteten. Sie sind oftmals
zu alt für die Regelschule, haben keinen belegbaren Schulabschluss und wünschen
sich eine Ausbildung. Erste Bildungsmaßnahmen sind für sie häufig die
ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen. Die sehr heterogene Gruppe weist sowohl
Schulbiografien auf, die unserem Standard ähneln, aber auch Laufbahnen mit einer
Schulbesuchsdauer von 4-5 Jahren. Die große Herausforderung dabei ist, diese jungen
Menschen auf ein Bildungsniveau zu bringen, das die Arbeitsfähigkeit oder
Ausbildungsfähigkeit im deutschen System herstellt. Beteiligte Bildungsträger sehen
sich mit einem komplexen Maßnahmen- und Fördersystem und einer fehlenden
Vernetzung untereinander konfrontiert. Jugendliche zeitnah, sinnvoll an Institutionen
mit aufbauenden Fördermaßnahmen weiterzuleiten erschwert sich dadurch.
Auch auf die Gruppe junger Geflüchteter ohne familiären Hintergrund, die in einem
kulturell fremden Land aufwächst, wie unbegleitete Minderjährige, muss ein
besonderes Augenmerk gelegt werden. Bei Erreichen der Volljährigkeit und nach der
Begleitung durch die Jugendhilfe sind sie sich weitestgehend selbst überlassen. Die
frühzeitige Einbindung in Beschäftigungs- und Bildungsprozesse ist daher besonders
wichtig.
Auch in dieser Altersgruppe besteht der Wunsch nach schneller Einmündung in eine
Ausbildung. Erste Erfahrungen zeigen aber, dass die Sprachkenntnisse zur
Bewältigung des theoretischen Teils einer Ausbildung in der Regel nicht ausreichen.
Abbrüche führen häufig zu Frust und sollten vermieden werden. Es besteht die
Forderung nach einer qualifizierten Sprachkenntnis, möglichst auf B2-Sprachniveau,
damit eine Ausbildung eine Chance auf erfolgreiches Bestehen hat.
Die im Rahmen der aktuellen Migrationsbewegung eingestellten Willkommenslotsen in
der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer, der Landwirtschafts-
kammer und dem Verband für Landschafts- und Gartenbau, die den Betrieben den
behördlichen Aufwand (Genehmigungsverfahren etc.) abnehmen sollen und geeignete
Bewerber/-innen für Betriebe suchen, machen die Erfahrung, dass neben den
sprachlichen Vorkenntnissen auch ausreichendes Verständnis der Arbeitsanleitungen
notwendig sind, da der Arbeitsalltag fremd sein kann (z.B. Arbeitsschutz, Pausen,
Verbindlichkeit der Arbeitszeiten).
umfänglicher Spracherwerb
arbeitsfördernde Maßnahmen
Qualifizierung Arbeitsaufnahme
47
Betrieben wird hier ein großer Einsatz abverlangt. Ein gesondertes Coaching der
Auszubildenden ist sinnvoll, auch um die Anforderungen in der Berufsschule
bewältigen zu können, beispielsweise zum Erlernen der Fachsprache und beim
Umgang mit Berichtsheften.
Auch in der Gruppe der jungen Geflüchteten sind Menschen vorzufinden, denen es an
Geduld und Ausdauer bei der Erreichung langfristiger beruflicher Ziele mangelt. Es gilt
auch hier der Appell an die beteiligten Helfer/-innen und Institutionen, der
sprachlichen Förderung Priorität einzuräumen und den Geflüchteten Mut und Geduld
für den eingeschlagenen Weg zuzusprechen.
Die aktuelle wirtschaftliche Ausgangssituation ist für arbeitssuchende Fachkräfte
vorteilhaft. Die Auswirkungen des demografischen Wandels und des
Fachkräftemangels können eine Chance für junge Menschen darstellen. Diese
Möglichkeiten trotz bestehender Hürden zu nutzen ist im besonderen Interesse junger
Geflüchteter. Unterstützungsmaßnahmen können präventiv Abbrüche und
Enttäuschungen vorbeugen, aber auch Arbeitgeber für den hohen Nutzen trotz eines
eventuellen Mehraufwands sensibilisieren.
Auflistung von resultierenden Empfehlungen und Maßnahmen:
Nr. Ausgangssituation Empfehlung (E) /
Maßnahme (M)
Beeinflussungs-
grad auf
kommunaler
Ebene
1. Übergänge vom schulischen
System in das berufliche
System Arbeitsmarkt sind
erschwert durch
ausbaufähige Vernetzung
und gegenseitige
Verständnisschwierigkeiten
E:/M:
Förderung der Vernetzung zwischen
schulischen und beruflichen
Akteuren zu Zwecken der
Berufsorientierung und Optimierung
von fließenden Übergängen
2. Vermittlung und Begleitung
in Ausbildung und Arbeit
erschwert durch fehlende
Übersichtlichkeit
E:/M:
Erstellung und Bereitstellung einer
Übersicht über Maßnahmen der
Ausbildungs- und
Arbeitsmarktintegration
hoch
3. Maßnahme- und
Ausbildungsabbrüche
E:
Coachingangebot während des
Ausbildungs- und
Qualifizierungsprozesses
niedrig
4. E:
Zusätzliche Sprachangebote im
beruflichen Bereich – berufs- und
ausbildungsbegleitend
niedrig
48
5. Es kommt zu Wartezeiten
zwischen Maßnahmen der
Arbeitsmarktintegration.
Kurse können häufig
mangels Teilnehmer/-innen
nicht beginnen
E:/M:
Möglichkeiten der Verringerung von
Hindernissen zur Teilnahme und
Optimierung von Übergängen
(Verringerung von Wartezeiten)
prüfen
6. Fehlendes Verständnis für
und Wissen über
Notwendigkeiten und
Möglichkeiten im
Integrationsprozess bzw.
Gelingensbedingungen
langfristiger
Integrationsbemühung
E:/M:
Sensibilisierung von Migrant/-innen,
Ehrenamtlichen & Hauptamtlichen
für Sinnhaftigkeit von Bildungsketten
für langfristig integrativen Erfolg
fördern – in beruflicher, wie auch
übergeordneter Hinsicht
7. Mangelnde Vernetzung
beteiligter Akteure
erschwert Zusammenarbeit
und verzögert Prozesse der
Arbeitsmarktintegration
E:/M:
Vernetzung beteiligter Akteure und
Entscheidungsinstanzen im Bereich
Arbeits- und Ausbildungsförderung
von Menschen mit ausländischen
Wurzeln fördern
8. Teilweise nicht optimale und
zielführende
Teilnehmerbesetzung von
Maßnahmen
E:/M:
Vernetzung von beteiligten Akteuren
zur Anregung der Lösungsfindung
9. Erschwerte Übergänge
zwischen Akteuren
unterschiedlicher
institutioneller Systeme
durch mangelnde
Möglichkeiten des Wissenstransfers hoher
Arbeitsaufwand,
Doppelungen, Bindung von
Ressourcen
E:/M:
Förderung von Übergängen zwischen
verschiedenen Institutionen, wie z.B.
Schule, Beratungsinstitutionen,
Begleitung und Qualifizierung
u.a. durch Pilotprojekt
„Begleitheft“ für
Asylantragstellende
10. Optimierungsbedarf in der
Zusammenarbeit von
Arbeitsmarktbeteiligten und
strategischer
Integrationsarbeit
E:/M:
Ausbau der Kooperation mit
Arbeitsmarktbeteiligten der Region
11. Nutzung von Potential
interkultureller Vielfalt im
wirtschaftlichen Kontext ist
ausbaufähig
E:/M:
Sensibilisierung der Wirtschaft für
Chancen gelebter Vielfalt im
Arbeitsalltag
49
3 Ausblick
Der Prozess der Integration ist als lebenslange Aufgabe zu verstehen. Er ist für alle
Beteiligten herausfordernd, stetig und langwierig und hat daher kein zu definierendes
Enddatum.
Das vorliegende Konzept erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Abbildung von
Integrationswegen und ist nicht als vollständiger Leitfaden zu verstehen. Viel mehr
gibt es einen Impuls zur Erleichterung der Integrationswege durch gezielte
Maßnahmen und Projekte, bei der sich der Landkreis Gifhorn mit der Stabsstelle
Integration als Bindeglied und Koordinator des Netzwerkes Integration versteht.
Weiterhin bildet es eine Momentaufnahme sowie einen möglichen Zukunftsweg ab,
indem es besonders auf die Handlungsspielräume der Kreisverwaltung eingeht. Es
bleibt wichtig zu betonen, dass Integration keine alleinverantwortliche Aufgabe der
Verwaltung ist und sein kann. Die Verwaltung kann lediglich personelle und finanzielle
Ressourcen bereitstellen sowie Strategien entwickeln, um den Weg zu erleichtern.
Integration lebt jedoch von der Gesellschaft und dem ständigen Dialog. Die
kontinuierliche Beteiligung von Nachbarn, Vereinen, Politik und allen weiteren
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteure ist daher für eine erfolgreiche
Zusammenarbeit besonders gewinnbringend.
Es gilt für die Zukunft beherzte Entscheidungen zu treffen, die die Integration von
zugewanderten Menschen im Landkreis Gifhorn weiterhin fördern. Nur wenn
gemeinsam und in eine Richtung gearbeitet wird, lassen sich Integrationsfortschritte
erzielen und nachhaltig festigen. Zusammen stehen wir für einen weltoffenen,
toleranten und bunten Landkreis mit gelebter Vielfalt und geförderter
Chancengerechtigkeit.
Bezug zur Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn (2009) 5.2)
:
9. Extremistischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen wird entgegengetreten.
11. Ein Integrationsbericht wird durch die Verwaltung alle zwei Jahre fortgeschrieben und ausgewertet.
50
4 Quellen
4.1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - Ausländerzentralregister (2018): Ausländische Bevölkerung nach Zensus und Ausländerzentralregister
(AZR) zum Stichtag 31.05.2018.
4.2 Landesamt für Statistik (LSN) (2018): Regionalmonitoring Niedersachsen- Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung, [online] http://www.regionalmonitoring-statistik.niedersachsen.de/[30.07.2018]
4.3 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2016): Ablauf des deutschen
Asylverfahrens, [online] http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/schema-ablauf-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile [30.07.2018]
Weiterführende Informationen unter: http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/schutzfo
rmen-node.html & http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile
4.4 Landkreis Gifhorn, 3.2 Allg. Hoheitsangelegenheiten,
Asylbewerberleistungsstelle (2018): Zahlen-Daten-Fakten: Ausländische Mitbürger /Asylbewerber (Stand: 01.06.2018)
4.5 Landkreis Gifhorn, 3.2 Allg. Hoheitsangelegenheiten, Asylbewerberleistungsstelle (2018): Unterbringungskonzept des Landkreises
Gifhorn.
4.6 Trim, John; North, Brian & Coste, Daniel (2013): Gemeinsamer europäischer
Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. München: Klett-Langenscheidt. (sowie [online] http://www.europaeischer-referenzrahmen.de/
[30.07.2018]
4.7 Niedersächsischen Kultusministerium (2008): Kerncurriculums für den
Herkunftssprachlichen Unterricht in den Schuljahr-gängen 1 – 4 der Grundschule, [online]
http://db2.nibis.de/1db/cuvo/datei/kc_08_herk_unterr_nib.pdf [30.07.2018]
4.8 Niedersächsisches Kultusministerium (MK) (2017): Mitteilungen aus dem MK.
SVBl 9/2017. Die Beschulung von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern ohne ausreichende Deutschkenntnisse: Hinweise und Empfehlungen
für die Schulen, S.484-486. [online] https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/foerderung_von_fluechtli
ngskindern_niedersaechsischen_schulen/foerderung-von-fluechtlingskindern-136434.html [30.07.2018]
51
4.9 Niedersächsische Landesschulbehörde (2018): SPRINT-Projekt. Sprach- und
Integrationsprojekt für jugendliche Flüchtlinge Schulversuch zur Erprobung eines neuen pädagogischen und organisatorischen Konzeptes für zugewanderte
Jugendliche. [online] https://www.landesschulbehoerde-niedersachsen.de/themen/projekte/sprint [30.07.2018]
4.10 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2015): Konzept für einen
bundesweiten Integrationskurs. [online]
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Integrationskurse/Kurstraeger/KonzepteLeitfaeden/konz-f-bundesw-
integrationskurs.pdf?__blob=publicationFile [30.07.2018]
4.11 Landkreis Gifhorn, Stabsstelle Integration (2017): Richtlinie zur finanziellen
Förderung der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe 2018.
4.12 Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (2018):
Integrationslotsinnen und Integrationslotsen [online] https://www.soziales.niedersachsen.de/startseite/soziales_gesundheit/migration_und_teilhabe/intgrationslotsen/integrationslotsen-106702.html [30.07.2018]
4.13 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
(2018): Gesundheit und Migration. "Drei-Generationen-Projekt - Gesundheit mit Migranten für Migranten" (MiMi) [online]
https://www.ms.niedersachsen.de/themen/gesundheit/gesundheit_mit_migranten/gesundheit-und-migration--14091.html [30.07.2018]
4.14 Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) (2016): Empfänger(innen) von
AsylbLG-Regelleistungen der örtlichen Träger (Gebietsstand: 1.11.2016),
Tabelle K2601112
4.15 Niedersächsische Landesschulbehörde (2018): Schulpflicht. [online]
https://www.landesschulbehoerde-niedersachsen.de/themen/schueler/schulbesuch/schulpflicht [15.10.2018]
4.16 Niedersächsischer Landkreistag (NLT) (2017): Gemeinsame Empfehlungen zur
Koordinierung der Sprachförderung auf der regionalen Ebene des Niedersächsischen Landkreistages, des Niedersächsischen Städtetages, des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, der Regionaldirektion
Niedersachsen-Bremen, der Bundesagentur für Arbeit, des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und des Niedersächsischen
Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Stand: 16.01.2017 [online]https://www.nlt.de/pics/medien/1_1500967407/Gemeinsame_Empfehlungen_zur_Koordinierung_der_Sprachfoerderung_auf_der_regionalen_Ebene__S
tand_16-01-2017_.pdf [30.07.2018]
52
4.17 Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (2018): Auswirkung der Migration auf den niedersächsischen Arbeitsmarkt. Berichtsmonat Mai 2018. S.6-17 [online]
https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/auswirkung_migration_auf_den_niedersaechsischen_arbeitsmarkt/auswirkung-der-migration-auf-den-
niedersaechsischen-arbeitsmarkt-140560.html [30.07.2018]
4.18 Bundesagentur für Arbeit (2018): Statistik der Bundesagentur für Arbeit.
Bewerber für Berufsausbildungsstellen; Insgesamt und Personen im Kontext von Fluchtmigration. Hannover.
53
5 Anhang
5.1 Leitbild des Landkreises Gifhorn
5.2 Selbstverpflichtungserklärung des Landkreises Gifhorn – Erklärung zur
Verbesserung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund im
Landkreis Gifhorn
54
5.1
Integrationsleitbild für den Landkreis Gifhorn
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Mit dem zum 01.01.2005 in Kraft getretenen
Zuwanderungsgesetz wurde diese langjährige gesellschaftliche Realität anerkannt. Das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bildet den Rahmen für den Integrationsprozess
und schreibt Werte fest, die für Alle gleichermaßen verbindlich sind.
Der Landkreis betrachtet es als zukunftsweisende Aufgabe, diesen Prozess aktiv
mitzugestalten.
Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrifft alle Bereiche menschlichen Lebens und
fordert auch Institutionen, Verbände, Unternehmen, Vereine und jeden Einzelnen heraus. Die
Eingliederung von Menschen aus anderen Kulturkreisen stellt für Migrantinnen und Migranten
als auch für die einheimische Bevölkerung eine Herausforderung dar, um ein von
wechselseitiger Anerkennung geprägtes Miteinander zu ermöglichen und den sozialen Frieden
zu sichern.
Achtung voreinander und gegenseitige Wertschätzung sind Grundlage im gegenseitigen
Verständigungsprozess.
Der Erfolg von Integration entscheidet sich im alltäglichen Miteinander und im Dialog mit allen
Beteiligten.
Integration setzt Chancengleichheit voraus. Die zugewanderten Menschen im Landkreis Gifhorn
nehmen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teil. Dies wird u. a. erreicht durch
Verbesserung der Sprachkompetenz und der Bildungschancen, der Kenntnisse von Kultur und
Leben in Deutschland, Anerkennung und Förderung von persönlichen Ressourcen sowie
Arbeitsmarktintegration.
Beschlossen durch den Kreistag des Landkreises Gifhorn am 18.12.2008
55
5.2
Erklärung zur Verbesserung der Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund im Landkreis Gifhorn
1. Integration ist eine ressortübergreifende Querschnittsaufgabe mit hoher
kommunalpolitischer Bedeutung, die eines verbindlichen konzeptionellen Rahmens bedarf.
2. Der Landkreis übernimmt als zentraler Akteur die Koordinierung der verschiedenen
integrativen Maßnahmen. Die Bildung von lokalen und die Arbeit in überregionalen
Netzwerken werden unterstützt.
3. Die Kundenfreundlichkeit der Verwaltung wird durch Förderung der interkulturellen
Kompetenz und gezielte Einstellung von Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund
sichergestellt.
4. Zuwandernde sollen an allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens gleichberechtigt
teilhaben. Dies geschieht u. a. durch Beteiligung an wichtigen Entscheidungs- und
Gestaltungsprozessen und Förderung bürgerschaftlichen Engagements von, für und mit
Migrantinnen und Migranten.
5. Umfassender Spracherwerb und gleiche Bildungschancen werden durch gezielte
Information und Beratung gefördert.
6. Zuwandernde werden durch flankierende Maßnahmen darin unterstützt, ihren
Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit sicher zustellen.
7. Durch gemeinschaftsfördernde, soziale und kulturelle Angebote wird das Zusammenleben
zwischen den Bevölkerungsgruppen verbessert und die Lebensqualität in den
Wohngebieten erhöht.
8. Individuelle Ressourcen der Zugewanderten sowie die Potentiale der ethnischen Ökonomie
stellen für den Wirtschaftsstandort - Landkreis Gifhorn - eine Bereicherung dar.
9. Extremistischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen wird entgegengetreten.
10. Über Integrationsangebote wird in geeigneter Weise und unter Berücksichtigung kultureller
Besonderheiten informiert.
11. Ein Integrationsbericht wird durch die Verwaltung alle zwei Jahre
fortgeschrieben und ausgewertet.
Einstimmiger Beschluss des Kreistages vom 23.06.2009