Institut für Plasmaphysik
KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH
des Landes Nordrhein-Westfalen - e. V.
ASSOZIATION EURATOM - KFA
Dielektrische Leiter und Antennen
für 2mm-Mikrowelleninterferometer hoher räumlicher
Auflösung zur Dichtemessung an Plasmen
von
Jül - 473 - PP April 1967
Als Manuskript gedruckt
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Berichte der Kern forsch u n g s an 1 a g e J ü 1 ich - Nr. 473
1 n s t i t u t f ü r P 1 a s m a p h y s i k J ü 1 - 473 - PP
Dok.: Microwave Interferometers Plasma - Density Measurement
DK: 535.417: 535.33 : 621.37.029.6 533.9.12: 531.75: 53.08
Zu beziehen durch: ZENTRALBIBLIOTHEK der Kernforschungsanlage JOlich, JOlich, Bundesrepublik Deutschland
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Dielektrische Leiter und Antennen
für 2mm-Mikrowelleninterferometer hoher räumlicher
Auflösung zur Dichtemessung an Plasmen
von
H. Hartwig
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Technische Ausführung
3. Ergebnisse
Literatur
1
2
3
7
1
1. Einleitung:
Bei zahlreichen Experimenten in der Plasmaphysik wird die Auf
gabe gestellt, die räumliche Verteilung der Elektronendichte
in Plasmen zu bestimmen, die einen starken Dichtegradienten
aufweisen. Dazu kann eine direkte, lokale Messung der Elek
tronendichte notwendig sein. Die Bestimmung von n aus der
Phasenverschiebung elektromagnetischer Wellen ist ein geeigne
tes Verfahren.
Nachdem man Mikrowellengeneratoren hoher Leistung bis herab zu
Wellenlängen von 1 mm - entsprechend "cut-off "-Dichten von 15 -3 10 cm - herstellen kann, erschien es sinnvoll, diese Aufgabe
mit Hilfe eines Mikrowelleninterferometers zu lösen.
Werden bei einem Mikrowelleninterf erometer Sende- und Empfangs
antenne außerhalb eines Plasmas angeordnet, dessen Dichtever
teilung sehr ungleichförmig ist, so wird die erzielbare räum
liche Auflösung durch zwei Umstände begrenzt:
1. Es wird über den gesamten Weg der Welle durch das Plasma
integriert. Falls die Durchstrahlungsrichtung .mit dem Dichte
gradienten zusammenfällt, ist eine räumliche Auflösung in
dieser Richtung nur schwer möglich.
2. Die Querabmessungen des Strahlungsbündels werden bei Mikro
wellen häufig durch die Beugung beherrscht /1/ (Bild 1).
Brauchbar sind Antennen, die am Meßort entweder viele
(N > 10) oder sehr wenige (N < 1) Fresnelzonen N exponieren.
Die Bedingung N > 10 bringt Verhältnisse wie in der geome
trischen Optik, führt aber zu sehr großen Bündelabmessungen
CA >> A). Das Einhalten der Bedingung N < 1, d.h. das Ar
beiten im Antennenfernfeld, führt bei kleiner Antennen
fläche (A ~ A) zu sehr guter räumlicher Auflösung, bedingt
aber bei den erforderlichen großen Antennenabständen
(R >> A) eine außerordentlich hohe Dämpfung der zu übertra
genden Welle. Die Breite des Fraunhofer'schen Beugungsmaxi
mums wird nämlich um so größer, je kleiner A/A wird.
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Diese Schwierigkeiten kann man leicht umgehen, wenn man Mikro
wellenleitungen durch das Plasma unmittelbar bis zum inter
essierenden Volumenelement hinführt. Um die Querabmessung des
Wellenleiters zu verkleinern, kann es sinnvoll sein, strecken
weise dielektrische Wellenleiter zu verwenden. Besonders geeig
net für diesen Zweck sind wegen der elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften Quarzstäbe. Bei geeigneter Dimen
sionierung kann man damit sowohl eine weitestgehende Leistungs
konzentration im Stab als auch Dämpfungswerte erzielen, die
denen der Hohlleitungen für kurze Millimeterwellen vergleich
bar sind. Die Verwendung möglichst kleiner Wellenlängen
empfiehlt sich wegen der damit erzielbaren hohen cut-off-Dichte
und der guten räumlichen Auflösung.
2. Technische Ausführung:
Es wurde ein System dielektrischer Antennen für ein 2mm-Mikro
welleninterf erometer gebaut. Als Wellenleiter wurden runde
Quarzstäbe von 3 mm Durchmesser verwandt. Der Übergang von der
Normhohlleitung WR 7 auf die dielektrische Leitung wurde als
Konuspassung ausgeführt, wodurch sowohl die mechanischen und
vakuumtechnischen Probleme, als auch die der elektrischen An
passung gemeistert werden können. Die als Übergänge vorgesehe
nen Enden der Quarzstäbe wurden zu einem Kegel geschliffen.
Zur Herstellung der entsprechenden Konushülsen an den Hohl
leiterenden wurde ein Spezialbohrer verwandt. Die konischen
Stabenden können dann ähnlich wie ein Glasschliff eingesetzt
werden. Zur unverrückbaren Fixierung und vollkommenen Ab
dichtung werden sie beim endgültigen Aufbau mit Epoxydharz
eingeklebt.
Da die Durchführung der Mikrowellen-Leitungen in das Entla
dungsgefäß nicht an jeder beliebigen Stelle möglich ist und im
Falle der geforderten Verschiebbarkeit der Antennen zweck
mäßigerweise nur an einer Stelle erfolgt, müssen die dielek
trischen Leiter relativ eng nebeneinander geführt und gegebe
nenfalls gekrümmt werden können. Daher wurden der erforderliche
3
Mindestabstand der Leiter und verschiedene Typen von Krümmungen
experimentell untersucht. Die Strahlunp,sdiagramme verschiedener
Formen der freien Leitungsenden wurden ebenfalls ausgemessen.
In einem Interferometer-Versuchsaufbau mit dielektrischen Lei
tern und Antennen im Meßarm wurde die Funktion mit einer
dielektrischen Stufenplatte überprüft. Schließlich wurden
Dichtemessungen in einem Plasmaexperiment durchgeführt.
3. Ergebnisse:
A) Bestimmung des Mindestabstandes zweier parallel geführter
Quarzleiter.
Auf die Ermittlung der Koppeldämpfung als Funktion des
Achsenabstandes der Quarzstäbe wurde verzichtet, Die Messung
beschränkte sich darauf, den Abstand zu bestimmen, bei dem
die Koppeldämpfung pro Zentimeter parallel geführter Leitung
um 50 DB größer ist als die Dämpfung einer gleichlangen
dielektrischen Leitung. Dieser Abstand betrug 1 mm.
B) Messung der Strahlungsdiagramme verschiedener Antennen
formen. Verwendet wurde als Empfangsantenne ein Philips-Hornstrahler
mit einer Halbwertsbreite von etwa 10°. Die Messung erfolgte
im Fernfeld der Sendeantenne.
Folgende Formen wurden untersucht:
a) Gerade abgeschnittener Quarzstab. Bild 2. Das Strahlungsdiagramm zeigt keine Nebenmaxima.
Die Richtwirkung ist mit einer Halbwertsbreite von
44 Grad gering. Sie stimmt mit der näherungsweisen
Rechnung als Breite des Hauptmaximums bei Fraunhofer'scher
Beugung gut überein.
b) Unter 45 Grad abgeschnittener Quarzstab. Bild 3. Das Strahlungsdiagramm ist etwas breiter als bei
B)a) und enthält schwache Nebenmaxima.
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C) Untersuchung verschiedener Formen gekrümmter Antennen.
Die Strahlungsdiagramme folgender Stabformen wurden ausge
messen:
a) Quarzstab am Ende mit einem Krümmungsradius von 20 mm um
90° abgewinkelt. Ende gerade abgeschnitten. Das Strah
lungsdiagramm in Achsenrichtung am Stabende entspricht
dem des geraden Stabes.
b) Quarzstab am Ende mit einem Krümmungsradius von 3 mm um
90° abgewinkelt. Ende gerade abgeschnitten. Das Strah
lungsdiagramm weicht von dem der Anordnung C)a) sehr
stark ab. Die Abstrahlung erfolgt nahezu gleichstark im
Quadranten zwischen der geknickten Stabachse und der Ver
längerung der ungeknickten Stabachse mit einem schwachen
Maximum bei 50°. Diese Form ist zur Führung der Welle
bei Richtungsänderung unbrauchbar.
c) Quarzstab am Ende mit einem Krümmungsradius von 3 mm ab
gewinkel t und Knie bis zum Schnittpunkt der Stabachsen
unter 45 Grad zur Stabachse plangeschliffen. Das Strah
lungsdiagramm entspricht etwa dem der Form B)b).
Die besten Wellenführungseigenschaften hat offenbar eine
Krümmung, deren Radius groß gegen den Stabdurchmesser
ist.
D) Überprüfung der Interferometerfunktion.
Es wurde ein Mach-Zehnder-Interferometer aufgebaut, bei dem
die Transmission im Meßarm zwischen zwei im Abstand von 10mm
parallel geführten, am Ende unter 45 Grad abgeschnittenen
Quarzstäben erfolgte (Antennenform B)b)). Eine Stufenplatte
aus Polystyrol mit den Stärken 1 mm, 1,5 mm, 2 mm, 2,5 mm
wurde zwischen die Antennen eingeführt und die zur Kompen
sation der Änderung der optischen Weglänge durch die Stufen
platte gehörige Verstellung des Phasenverschiebers abgele
sen. Es ergab sich im Rahmen der Toleranzen von Stufen
scheibe und Phasenschieber eine lineare Abhängigkeit zwischen
Stärke des Dielektrikums und Phasenschiebung,
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E) Einsatz an einem Plasmaexperiment.
Für ein Plasmaexperiment wurde ein Interferometer mit ver
stellbarer Antennensonde im Meßzweig gebaut. Es diente zu
Dichtemessungen im "Afterglow-Plasma" einer elektrodenlosen
Gasentladung. Das zylindrische Entladungsgefäß von 20 cm
Durchmesser und 130 cm Länge wird von einer 45 cm langen
Magnetfeldspule umschlossen. Die Antennenleitungen wurden
achsenparallel durch die Endverschlußplatte des zylindri
schen Entladungsrohres geführt. Die flexible Abdichtung ge
währleistet ein Tombakrohr (Bild 4). Im Bereich der Kom
pressionsspule bestehen die Mikrowellenleiter aus Quarz
stäben, die so geformt sind, daß der Transmissionswe~
zwischen den Antennenspitzen etwa 2 mm beträgt. In diesem
Bereich verläuft der Vektor der elektrischen Feldstärke
parallel zur Feldlinienrichtung des komprimierenden Magnet
feldes. Die Sondenverstellung ermöglicht eine radiale Ab
tastung des Entladungsrohres.
Die Messungen dienten zur Ermittlung des zeitlichen Verlau
fes der Elektronendichte als Funktion des Radius im nach
leuchtenden Plasma.
Bild 5 zeigt den Vergleich eines gemessenen Interferometer
signals mit einem errechneten Interferogramm unter der Be
dingung d/~ = 1,5. Zwei der bei verschiedenen Radien gemesse
nen Interferometersignale sind in Bild 6 dargestellt und
zeigen die räumliche Abhängigkeit des Verlaufs der Elektro-
nendichte.
Im Augenblick wird versucht, das beschriebene Verfahren für
die Ausmessung des ~ektronendichteprof ils der Stoßwellen
front einer magnetohydrodynamischen Stoßwelle einzusetzen.
Erst dann würde das große räumliche Auflösungsvermögen der
Sonde ausgenutzt.
Das zeitliche Auflösungsvermögen des Interferometers wird
bei hochohmiger Belastung durch den Innenwiderstand des
Gleichrichters und die schädliche Kapazität des Detektor
meßkopfes bestimmt. Da der Innenwiderstand des Gleichrichters
mit wachsender HF-Leistung fällt, muß man auf geringe
6
Dämpfung im Meßzweig des Interferometers besonderen Wert
legen. Im vorliegenden Fall betrug die Dämpfung der Antennen
sonde 17 dB.
Der Autor möchte Herrn Dr. F. Waelbroeck, Herrn Dr. E. Hintz
und Herrn Dipl.-Phys. H. Beerwald für anregende Diskussionen
sowie Herrn Ing. E. Brandt und Herrn E. Noczinski für ihre Hilfe bei den Messungen danken.
7
Literatur:
/1/ Heald, Wharton: Plasma Diagnostic with Microwaves, p. 141,
John Wiley & Sons Inc.
/2/ Hintz, E.: First European Conference on Controlled Fusion
and Plasma Physics, München 1966
/3/ Hintz, E.: Conference on Turbulence and Collision Free
Shock Waves in Plasmas, Cleveland 1966
(wird veröffentlicht in Journal of Nuclear
Energy, Part C)
Hornantenne
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Bild 1: Zur Beugung an Mikrowellenantennen
D/dB
Bild 2: Strahlung sdiagramm eines gerade abgeschnittenen
Quarzstabes
Bild 3: Strahlungsdiagramm eines unter 45 Grad abgeschnittenen Quarzstabes
Antennenspitzen
Krümmung
Hohlleitung WR7
flexible Abdichtung
Anschlußflansche
Bild 4: Antennensystem mit vakuumdichter Durchführung
a) beobachtetes Sondensignal 50 µs/Skt Afterglow in Argon
b) gerechnetes Interferometersignal, d/~ • 2 (d ·Antennenabstand N -augenblickliche
Elektronendichte Nc•cut-off-Dichte)
Bild 5: Vergleich eines beobachteten Sondensignals mit einem
gerechneten Interferometersignal
20 µs/Skt Rohrdurchmesser 20 cm
a) Antennen 3 cm von der Rohrachse entfernt
b) Antennen 9,5 cm von der Rohrachse entfernt
Bild 6: Räumlich aufgelöste Interferometersignale eines ab
sterbenden Deuteriumplasmas