Katrin Etzrodt, Rebecca Renatus, Franziska Uhlmann
INFORMATIONSBEZOGENE MEDIENNUTZUNG JUGENDLICHER UND SENIOREN IN (ONLINE-)COMMUNITIES
NEUE INFORMATIONSUMGEBUNGEN
Vielfältige Informationsumgebungen, die jedoch
unterschiedlich genutzt werden
Ausgangspunkt
Internet-
nutzung
100% vs. 45%
Mobiles
Internet
64% vs. 14%
Infosuche im
Internet
92% vs. 73%
Online-
Communities
74% vs.16%
ARD/ZDF-Onilinestudie 2014
FOKUS: ALTERSUNTERSCHIEDE BEI DER INFORMATIONSBEZOGENEN MEDIENNUTZUNG?
1. Wie informieren sich jüngere und ältere Menschen
heutzutage?
2. Welche wahrgenommenen Faktoren spielen bei der Wahl
konkreter Angebote eine Rolle und welche Stellung nehmen
dabei v.a. Online-Communities ein?
Forschungsfragen
MODI DES INFORMIERENS
Integrated Model of information seeking an searching (Bates, 2002)
Theorie
Bates 2002
INFORMATIONSBEZOGENE MEDIENNUTZUNG
Uses and Gratifications Ansatz
Information-Utility-Ansatz (Atkin, 1973)
Mediennutzung
zur Bedürfnis-
befriedigung
Instrumenteller
Nutzen
Informations-
bedürfnis
Merkmale
des Medien-
angebots
Kosten
Alter
Theorie
Vgl. Atkin 1973
Leitfadeninterviews (Gruppendiskussionen)
Ø 21 Jugendliche (12 bis 18 Jahre)
Ø 17 Senioren (63 bis 81 Jahre)
Ø Frühjahr 2013, jeweils 1 ½ Stunden
Charaktiersierung der Befragten
Ø Von sehr technikaffin bis sehr unaffin
Ø Hauptsächlich höhere Bildungsschicht
Ø Jugendliche = Mittelschule/Gymnasium,
Ø Senioren = Seniorenakademie (Studierte, Promovierte)
Auswertung
Ø Inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring 2010
und Kuckartz 2012; MAXQDA 11
METHODE
Methode
Kuckartz 2012; Mayring 2010
Jugendliche
"Du hast doch vorhin gesagt, du nutzt das Internet." (Moderatorin) – "Ja, für die
Schule zum Hausaufgaben machen." – "Was machst du da?" – "Wikipedia,
Google." (männlich)
Ø Stationäre & mobile Endgeräte
Ø Teilw. Freundes- & Bekanntenkreis mit Expertenfunktion
Senioren
“Und dann weiß ich aber natürlich auch dort ganz genau, ich interessiere mich
jetzt für den Aktienkurs meinetwegen nur von Siemens und dann finde ich das
dort sehr aktuell, während in dem gedruckten Angebot ich das vielleicht finde,
wie es vor 14 Tagen war." (männlich)
Ø Online-Medien bevorzugt
Ø Verfolgen spezifischer Rubriken, Newsticker, ausgewählte Pressartikel
MODI DES INFORMIERENS Searching
Ergebnisse
Jugendliche
"Wenn man aufsteht, auf das Smartphone guckt oder bei Facebook, weiß man,
dass es draußen schneit, [...] obwohl man selbst noch nicht mal raus geguckt
hat." (weiblich,)
Ø Abos (E-Mail-Newsletter, Push-Nachrichten auf Smartphone
Ø Regelmäßiges und zeitnahes Monitoring
Senioren
”[…] ich habe mehrere Newsletter, das geht bei den fachlichen los von
Wordpress angefangen, wo ich dann immer, wenn neue Dinge kommen, dort
in die Tiefe schaufele." (männlich)
Ø Betrifft ausschließlich die Technikaffinen. Wurde sonst kaum erwähnt.
MODI DES INFORMIERENS Monitoring
Ergebnisse
Jugendliche
"Und es ist ja auch so bei den ganzen Email-Programmen, wenn man sich da
ein- loggt, kommen ja auch immer […] da klickt man ja auch immer mal durch
und wird dann ... wird man von dem Artikel zu dem geleitet." (weiblich)
Also ich würde jetzt nicht suchen […], aber wenn's da steht, dann guckt man
sich schon ab und zu mal an." (weiblich)
Senioren
“[…] normale Informationen, da lese ich auch die Zeitung und höre mir die
Nachrichten im Fernsehen oder im Radio an, also da bin ich nicht so sehr auf
die neuen Medien fixiert." (männlich)
"Also ich finde eine Zeitung […] macht mich neugierig. Ich schaue da rein […]
ich lese sie wahrscheinlich nicht von der ersten bis zur letzten Seite, aber es
sind gewisse Dinge da publiziert, wo ich im Internet wahrscheinlich nicht
nachschauen würde, sondern nur weil ich es eben vor mir habe lese ich das
dann auch." (weiblich)
MODI DES INFORMIERENS Browsing
Ergebnisse
Jugendliche
"Also Unterhaltungen mit anderen Leuten, da kriegt man ja auch Dinge übermit-
telt. Wenn man sich unterhält und der irgendwie so: "Ja, ich hab' das und das
gelesen, dass das und das da und da passiert ist." Und so eignet man sich ja
auch Wissen an." (weiblich)
"Und Werbung halt, die überall hängt." (weiblich (1)) [...] "Aber wenn sie dann
hängt, bleibt man dann doch mit dem Blick hängen, guckt sie sich an, denkt
kurz drüber nach und geht weiter. " (weiblich (2))
Senioren
Ø Keine Aussagen zum ungezielten passiven Informieren
MODI DES INFORMIERENS Being Aware
Ergebnisse
Jugendliche Senioren
–
MODI DES INFORMIERENS Zusammenfassung
Ergebnisse
Searching online
Monitoring online
Browsing offline
Being Aware offline
Jugendliche
"Und - - dann lasse ich mir einmal pro Woche eine E-Mail zuschicken, was [...]
das neueste in der Handywelt ist. [...] Also da sieht man dann, was kommt als
nächstes so raus, immer auf dem aktuellen Stand." (m)
"Ich gucke gerne die Heute-Show [...] aber nie live immer Fernsehen, die
schaue ich mir immer danach an." (m)
"Ja, und das ist dann auch immer aktuell zeigt. Das informiert mich […]." (m)
Ø Angebote: Digitale Inhalte klassischer Angebote (Fernsehen, Radio,
Mediatheken, Podcasts…)
Ø Motive: Zeit- und Ortsunabhängigkeit & Aktualität der Informationen
Ø Optimal weil: keine Sanktionierung seitens der Lehrer & Aspekte teilw. besser
erklärt
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Spezifische Webseiten, Blogs und Podcasts
Ergebnisse
Senioren
„Ich habe so bestimmte Favoriten ((lachend)) mir angelegt, da kann ich immer
wieder solche Gesundheitsforen z. B. o d e r Tipps und Tricks fürs Internet oder
Tipps und Tricks für Excel oder Tipps für dieses und jenes, wo ich schnell dort
bin, weil ich mir das nicht aufschreiben will, das geht sowieso dann verloren
und merken erst recht nicht." (m)
"[...] wenn ich beim Recherchieren bin, kaufe ich mir nicht den Spiegel, sondern
gehe auf Spiegel online." (m)
Ø Angebote: Gesundheitsforen, -webseiten, Webseiten für Internettipps,
renommierte Institutswebseiten (z.B. MaxPlanck))
Ø Bewertung: sehr positiv
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Spezifische Webseiten, Blogs und Podcasts
Ergebnisse
Jugendliche
"Meistens habe ich schon eine konkrete Idee, was ich suche. Und dann gebe
ich das halt ein und da ist dann meistens Wikipedia." (m, Kl. 7))
"Also wenn ich was wissen will, dann guck ich meistens bei Wikipedia. ((lacht))
Weil alles andere auch auf meinem Handy nicht funktioniert." (m, Kl. 9)
“[…] Hausaufgaben eher nicht, aber wenn ich mit meinem besten Freund ir-
gendwie in der Stadt bin und dann passiert es oft, dass wir irgendwie auf
irgendein Thema kommen. Und dann sagt der was und ich sag was
Verschiedenes [...] Und dann guck ich meistens eben bei Wikipedia." (m, Kl. 9)
"Morgens, wenn man eine Hausaufgabe nicht hat, mal noch schnell bei
Wikipedia schnell den obersten Abschnitt herunterkopiert [...] und den dann im
Bus auf- schreiben." (m, Kl. 10)
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Wikipedia
Ergebnisse
Jugendliche
"Weil das, wie ich denke von Wissenschaftlern aufgeschrieben oder von intelli-
genten Leuten und dass das dann auch stimmen sollte. [...] und keiner aus dem
Internet kann da irgendwas dran rumfuhrwerken, weil das geschützt ist. [...]
man kann ja bei Google irgendeinen Mist reinschreiben eigentlich. Und das
kann man bei Wikipedia nicht. [...] Ja und, da ist man sich dann eigentlich
sicher, dass das auch richtig ist."(m, Kl. 7)
"Manchmal muss man auch sagen, da steht manchmal ein bisschen Blödsinn
da, bei Wikipedia. Weil das eben manchmal nicht so stimmt, was da steht." (m,
Kl. 9)
"[...] wenn man jetzt bei Wikipedia oder so guckt, ist das auch nicht besonders
toll, wenn man das für einen Vortrag oder so verwendet, weil das ist dann doch
immer so – vielleicht auch gelogen oder so und dann vergleicht man’s immer.
Und man kommt viel leichter in Versuchung, finde ich, etwas rauszukopieren o-
der nur umzuschreiben." (w, Kl. 11))
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Wikipedia
Ergebnisse
Senioren
"Es kommt zwar ein bisschen drauf an, wo ich bin. Wenn ich unten im Wohn-
zimmer bin, da gucke ich erstmal im Lexikon nach, wenn ich etwas suchen will.
Wenn ich das nicht finde und es ist mir wichtig, dann gehe ich vielleicht an den
Computer." (w)
"Wenn ich also etwas Bestimmteres, etwas Definiertes haben will, dann gehe
ich über Wikipedia. [...] Wenn man also etwas wissen will: 'Was ist denn das
über- haupt?', z. B. habe ich jetzt gesucht, was sind Meme? [...] Naja, gut, da
habe ich gesagt: 'Da gehst du mal bei Wikipedia'." (m)
Ø Bewertung:
Ø Negativ (bei negativen Erfahrungen)
Ø Positiv (bei positiven Erfahrungen; Plausibilität; positive Entwicklung der
Plattform an sich; kollektives Wissen positiv besetzt
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Wikipedia
Ergebnisse
Jugendliche
„Kommt drauf an, was ich suche. Wenn ich jetzt zum Beispiel bei irgendwas
Hilfe brauche, irgendwie sei es jetzt halt nur als Beispiel irgendwas am PC oder
so, dann guck ich halt bei YouTube auch mal ein Video an oder so.“ (m, Kl.9)
Ø Funktionen:
Ø Erklärung
Ø Beschreibung von Vorgängen
Ø Konkrete Hilfestellung zu spezif. Problemen
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES YouTube
Ergebnisse
Jugendliche
"Gibt's genug. YouTube-Videos, zu Hauf [...] Das wird richtig gut erklärt,
ja.“ (w1) – „[...] Da gibt's doch sogar diesen Einen, der sogar dazu -- Lieder
rappt. [...] Zu irgendwelchen Mathe-Formeln und sonst was.“ (w2) – „Die sind
dann wie so ein Ohrwurm, der singt das halt oder der hat auch so 200 Stellen
von Pi auswendig gelernt und sagt die dann halt. Also ganze Mathe-Formeln
macht der dann in Lieder oder irgendwas.“ (w1) – „Und reimt die so, dass man
die sich besser merken kann." (w2, Kl.11)
Ø Bewertung: Ausschließlich positiv bei der Informationsaneignung
Ø Unkonventionelle Inhaltspräsentation
Ø Abonnement möglich - Aktualität
Ø Vertrauenswürdigkeit (Legalität von Videoinhalten)
Ø Höheres Verständnis durch Visualisierung
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES YouTube
Ergebnisse
Jugendliche
Ø Funktion (z.B. Gute-Frage.net)
Ø Tipps
Ø Erfahrungsaustausch
Ø Hilfestellung
Ø Bewertung: persönlicher als Wikipedia oder sachliche Webseiten
Senioren
Ø Funktion:
Ø Meinungsaustausch
Ø Bewertung: negativ (minderwertige Qualität der Inhalte/Kommentare)
"Ein Großteil der Foren, die es gibt sind nicht unbedingt immer hilfreich. Da wird
auch viel Geschwafel verbreitet.“ (m)
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Foren
Ergebnisse
Jugendliche
"... oder auch, zum Beispiel in Geschichte ist es ja auch immer noch so eine Sa-
che, dass man mal Oma und Opa entweder hin fährt oder anruft. [...] Ja Eltern,
fragt man auch oftmals. Oder den Bruder irgendwie. Der hilft mir zumindest im-
mer sehr." (m, Kl. 10)
Ø Peers: konkrete Probleme und Schulangelegenheiten
Ø (ältere) Familienangehörige: (historische) Erfahrungen
Ø Teilw. medialisiert: Telefon, Skype, Facebook
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Persönliche Netzwerke
Ergebnisse
Jugendliche
"Na das Geile ist bei Facebook halt in der Klassengruppe hat halt irgendjemand
eine Frage oder so. Eigentlich täglich immer irgendjemand, der da schreibt, hat
jemand einen Plan irgendwie in Mathe zum Beispiel zu der Aufgabe oder wie
man das rechnen soll [...] und dann erklärt man das halt." (m, Kl.10)
Ø Funktionen:
Ø Komplexe Erklärungen: mündliche Konversation (auch via Skype)
Ø Meinungsaustausch: schriftliche Konversation (FB-Chat, Skype)
Ø Bewertung: eher positiv
Ø Gemeinschaftsgefühl
Ø Wahrscheinlichkeit einer Lösung höher
Ø Experten, Exklusivität, Effektivität
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Persönliche Netzwerke
Ergebnisse
Senioren
"Und das Dritte bleibt immer auch noch das Gespräch, wer weiß und hat
Erfahrung damit [...] Wie gesagt, dann ist auch der persönliche Kontakt da, denn
das Internet hat noch nicht so ein langes Gedächtnis und erinnert sich nicht so
gut wie manch einer." (m)
„[…] wenn mich etwas interessiert: Ich rufe meine Freunde und Bekannte und
Leute an und sage: ‚Also das Thema interessiert mich, ((lachend)) interessiert
euch das auch?’ Und je nachdem kriege ich dann von denen, die ich anrufe
irgendwelche Informationen und kann dann weiterverfolgen. Und das sind für
mich oft die interessantesten Gespräche überhaupt." (w))
Ø Funktionen: Dialog, Erfahrungsaustausch, Anschlussinformationen
Ø Bewertung: Facebook & Co. stark negativ konnotiert
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Persönliche Netzwerke
Ergebnisse
Jugendliche Senioren Webseiten Größeres Repertoire, klassisch publizistische Angebote + Orts-, Zeitunabhängigkeit, Aktualität + nicht sanktioniert, gute Erklärungen
Webseiten Gezielte, eingeschränkte Auswahl v.a. renommierte Seiten + Aktualität + Qualität, Tiefgründigkeit
Wikipedia Häufig genutzt – auch für Schule Kognitiver, physischer Zugang, Effektivität +/- mit steigendem Alter kritischere Bewertung
Wikipedia Annäherung an unbekannte Themen Physischer Zugang, Effektivität +/- Erfahrung und Einstellung gegenüber kollektiven Angeboten
YouTube Vielfältige Themen – auch für Schule Prozess- und Handlungshilfen + unkonventionell, visuell, abonnierbar
--
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Zusammenfassung
Ergebnisse
Jugendliche Senioren
Foren Hilfestellungen, Erfahrungsaustausch + persönlichere Atmosphäre
Foren Meinungen - Minderwertige Qualität
Persönliche Netzwerke Sehr unterschiedliche, funktionsorientierte Nutzung (auch oft medial) + Gemeinschaftsgefühl + Effektivität + Experten, Exklusivität
Persönliche Netzwerke Nicht-mediale Netzwerke für Dialog, Erfahrung, Anschlussinformationen - Mediale Netzwerke (Facebook) nicht angesehen/benötigt
SEARCHING IN (ONLINE-)COMMUNITIES Zusammenfassung
Ergebnisse
" ARD/ZDF Online Studie 2014. Online unter
http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=506 [Stand: 31.09.2014]
" Atkin, C. (1973). Instrumental Utilities and Information Seeking. In P. Clarke (Ed.), New
Models in Mass Communication Research (pp. 205-242). Beverly Hills / London. Bates 2002
" Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (Beltz Pädagogik).
Basel: Beltz.
" Kuckartz, U. (2010). Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten. 3.
aktualisierte Auflage (3. Aufl. 2010 ed.). VS Verlag für Sozialwissenschaften.
" Für weitere Ausführungen und Literaturhinweise: Etzrodt, K., Renatus, R., & Uhlmann,
F. (2014). Informationsbezogene Mediennutzung Jugendlicher und Senioren in
(Online-)Communities. In T. Köhler & N. Kahnwald (Eds.), 17. Workshop GeNeMe ‚14 (pp.
63-78). Dresden: TUDpress.
LITERATUR