Individuell bedeutsames Schreibenals Grundlage von
Schreibkompetenzentwicklung
24.9.2010 Beate Leßmann (IQSH Kiel)
Neue Entwicklungen im Deutschunterricht: Eine veränderte Aufgabenkultur
Fachtagung Deutsch in Hamburg
Übersicht für einen Beitrag aus der Unterrichtspraxis
- Individuell bedeutsames Schreiben
- Schreibkompetenz – Produkt und Prozess
- Entwicklung von Schreibkompetenz
- Förderung von Schreibkompetenz im Unterricht - Säulenmodell
- Implizites explizieren – Reflexion von Texten als Motor derSchreibkompetenzentwicklung
- Von der intuitiven zur zielorientierten Textentwicklung
- „Text-Hand“ – Medium zur Reflexion, Überarbeitung und Planung von Texten
- Grundlage: Text als Gewebe
- Perspektiven für eine „neue Aufgabenkultur“
- Zusammenfassung, Ausblick
Ich wünsche allen einen ertragreichen Nachmittag! Beate Leßmann (IQSH)
Individuell bedeutsames Schreiben – Begriffliche Annäherung
„Individuell“ im Kontext „Lernen“ bzw. „Schreiben“
1.) Themen, Gedanken, Erfahrungen der Kinder stehen im Mittelpunkt (inhaltliche Dimension)
„Individuelles Schreiben“ umfasst jenes Schreiben,
bei dem die Kinder Zeit und Raum erhalten,persönlich Bedeutsames – verstanden im weitesten Sinn von „individueller Sinnkonstruktion“ (Piaget) – schriftlich auszudrücken.
- v.a. ohne thematische Vorgabe
- ergänzend mit thematischer Vorgabe (z.B. Phantasiereise, Buch),sofern eigene Erfahrungen oder die individuelle Auseinandersetzungmit dem Inhalt im Sinn von individueller Sinnkonstruktion initiiert wird
Beate Leßmann (IQSH)
2.) Lernvoraussetzungen der einzelnen Kinder werden geachtet (formale Dimension)
„Individuelles Schreiben“ erlaubt dem Kind, gemäß der eigenen Voraussetzungen zu schreiben, was ihm wichtig (bedeutsam) ist – von Anfang an.
Individuell bedeutsames Schreiben – Begriffliche Annäherung
Beate Leßmann (IQSH)
„Zeit und Raum“ zum Schreiben im Unterricht
Zeit:
Feste Schreibzeiten: an einem bestimmten Wochentag zu einer festgelegten Zeit
Freie Schreibzeiten: wählbar innerhalb offener Lernphasen
Raum:
Schreibecke Papierangebot, Wörterbücher, Raum für Beratung und Überarbeitung
Papier als „Raum“ Beispiel: „Tagebuch“, „Schreibbuch“ (Ideenbuch, Ich-und-die-Welt-Buch…)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Textbeispiele aus Tage- bzw. Schreibbüchern – Individuell bedeutsames Schreiben
2. Schuljahr (Junge)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
3. Schuljahr (Mädchen)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
4. Schuljahr (Mädchen)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
5. Schuljahr (Mädchen)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
5. Schuljahr (Junge, Gesamtschule)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
5. Schuljahr (Mädchen, Gesamtschule)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
6. Schuljahr (Junge, Gesamtschule)
Individuell bedeutsames Schreiben – Blick in die Praxis
Beate Leßmann (IQSH)
Schreiben – Schreibkompetenz – begriffliche Annäherung
Individuell bedeutsames Schreiben als Grundlage von Schreibkompetenzentwicklung
S
Schreiben(„Bildung“)
Schreibkompetenz(pragmatische Bestimmung)
Beate Leßmann (IQSH)
Schreiben – Schreibkompetenz – begriffliche Annäherung
Individuell bedeutsames Schreiben als Grundlage von Schreibkompetenzentwicklung
S
Schreiben(„Bildung“)
Schreibkompetenz(pragmatische Bestimmung)
Unterricht
Beate Leßmann (IQSH)
Kompetenz:
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001, S. 27 f.)
Schreibkompetenz: „Fähigkeiten und Fertigkeiten“ beziehen sich auf
Schreibprozess und Schreibprodukt
vgl. Schreibprozessmodelle vgl. Textlinguistik
z.B. Hayes/Flower (1980)Planen, Formulieren, Überarbeiten
z.B. Spitta (1998)Motivation, Schreiben, Überarbeiten
- Abhängigkeit von Schreibprozess und Schreibprodukt
- Motivation als wichtigste Basis von Schreibkompetenzentwicklung
Schreibkompetenz – Prozess und Produkt
Weinert, F. E. (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel 2001, S. 17-31.
z.B. Morris (1938)Syntax, Semantik, Pragmatik
z.B. Ehlig (1984)zerdehnte Kommunikation
Beate Leßmann (IQSH)
Förderung von Schreibkompetenz - Säulenmodell
- Motivation als wesentliche Grundlage für Schreibkompetenzentwicklung- Textintegration als motivationstragender Teil des Schreibprozesses- persönlich bedeutsame Texte anstelle von „Auftragstexten“- Förderung von Schreibkompetenz berücksichtigt Abhängigkeit von Prozess und Produkt, auch die Beschreibung von Schreibkompetenzentwicklungen berücksichtigt diese
- Bedeutung des Unterrichts für Schreibkompetenzentwicklung (bezogen auf Prozess und Produkt)
Säulenmodell ©Leßmann 2009
Säule C Beate Leßmann (IQSH)
Implizites explizieren – Reflexion als Motorder Schreibkompetenzentwicklung
- auf der sprachlichen Ebene- Syntax- Semantik- Pragmatik
Schreibkompetenzentwicklung durch Integration
- der personalen Ebene (persönliches, wertschätzendes Feedbackals Basis der fachlichen Auseinandersetzung)
Implizites explizieren – Wege für den Unterricht
Implizites explizieren:Könnenserfahrungen werden zur Grundlage des Lernens
Implizites explizieren - Säulenmodell (C)
Schreibkompetenzentwicklung durch Reflexion von Schreibprodukten
- auf der inhaltlichen Ebene (Konstruktion, Deutung von Wirklichkeit)
Beate Leßmann (IQSH)
Implizites explizieren –Von der intuitiven zur zielorientierten Textentwicklung
Implizites explizieren
- schreiben, schreiben, schreiben - spontan, geleitet…- vortragen, präsentieren, Textwirkung erfahren
- Autorenrunden mit der ganzen Klasse
- Schreibberatung in der kleinen Gruppe (selbstständig)- Schreibkonferenzen
- reflektieren und evaluieren (ab Klasse 2)- intuitiv verwendete „Textsorten“ / „Textformen“ entdecken- implizit enthaltene „Schreibgeheimnisse“ suchen (Textwirkungerfahren und Ursache benennen), später „Schreibstrategien“
- auf dieser Basis planen lernen- den Adressaten im Kopf haben (z.B. die Klasse)- eine (zunächst vage) Textabsicht entwickeln (Textwirkung)- eine bestimmte Textform wählen, sprachliche Mittel wählen- Kohärenz anstreben (den „roten Faden“)
Fotos: „Schreibzeit“ – Einblicke in den Unterricht verschiedener JahrgängeBeate Leßmann (IQSH)
Schreibzeit: vortragen und reflektieren
AutorenrundeBeate Leßmann (IQSH)
TextsortenKlasse 2
Schreibzeit: Textsorten sammeln
Beate Leßmann (IQSH)
In Autorenrunden entdeckte Schreibgeheimnisse,den Textsorten zugeordnet
„Roter Faden“ als besonderes Schreibgeheimnis(für alle Textsorten)
Schreibzeit: Schreibgeheimnisse entdecken
Beate Leßmann (IQSH)
Der „rote Faden“
Schreibzeit: Entdeckungen nutzen
Beate Leßmann (IQSH)
Schreibzeit: Schreibberatung organisieren
Beate Leßmann (IQSH)
Schreibberatung – Autorenrunden in Eigenverantwortung
Schreibzeit: vortragen, reflektieren, evaluieren
Beate Leßmann (IQSH)
Fahrplan fürAutorenrunde und Schreibberatung,ab Klasse 2
Ähnlich: Schreibberater-Ausweis in Grundschule Deutsch 4/2008
Schreibzeit: Schreibberatung strukturieren
Beate Leßmann (IQSH)
Klasse 2
Schreibzeit: Schreibberatung
Beate Leßmann (IQSH)
Von der intuitiven zur zielorientierten Textentwicklung
Implizites explizieren: Von der intuitiven zur zielorientierten Textentwicklung
- schreiben:- zunehmend geplanter (Adressat, Textabsicht etc.),
- an einer Text-Vision ausgerichtet
- reflektieren, evaluieren, revidieren:- Text-Re-Vision in Schreibkonferenzen (und anderen Formen
der Textüberarbeitung)
- Nutzung bereits erarbeiteter Strukturen und Strategien
(Textformen/Textsorten, Schreibgeheimnisse, roter Faden bzw.„Text-Hand“…) zur Textüberarbeitung
- Überarbeitung von Texten für Präsentation/Veröffentlichung
- zunehmend geplantes, zielorientiertes Schreiben- Evaluation/Revision im Hinblick auf Adressaten, Ziel, Textform,
Sprache mental während des Schreibens bzw. Teil derSchreibvorbereitung/des Schreibplans
- spontanes, intuitives Schreiben als „Lust“, „Genuss“…
Fotos Beate Leßmann (IQSH)
Freie Schreibzeit: Einblicke in den Unterricht
Schreibkonferenz, Klasse 4Beate Leßmann (IQSH)
V
Schreibkonferenz, Klasse 4
Freie Schreibzeit: Einblicke in den Unterricht
Beate Leßmann (IQSH)
Schreibkonferenz, Klasse 8
Freie Schreibzeit: Einblicke in den Unterricht
Beate Leßmann (IQSH)
Veröffentlichung
Freie Schreibzeit: Einblicke in den Unterricht
Beate Leßmann (IQSH)
Präsentation eines überarbeiteten Textes
Einblicke in den Unterricht
Beate Leßmann (IQSH)
Leßmann (2007), Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben
Von der intuitiven zur zielorientierten Textentwicklung
Beschreibung von Textentwicklungsebenen: Pyramidenmodell
Beate Leßmann (IQSH)
Text-Hand
Grundlage: Text als „Gewebe“
- Schussfaden: roter Faden
- Kett- oder Haltefäden:- pragmatische Kompetenzen- grammatische Kompetenzen
Text-Hand – Medium zur Reflexion, Überarbeitung und Planung von Texten
- für die Hand der Lehrerin (ab Klasse 1)- für die Schüler/-innen (ab Klasse 3)
Beate Leßmann (IQSH)
Text als Gewebe
Roter FadenKohärenz
Adressat/Leser/-in
Intention,Funktion,Wirkung
TextmusterTextform, Textsorte
SemantikLexik
SyntaxKohäsion
Rechtschreibung
Vom roten Faden zum Textgewebe
Pragmatik Semantik Syntax (Morris)pragmatische Kompetenz grammatische Kompetenz (Fix)
Beate Leßmann (IQSH)
„Gewebemodell“ für die Hand der Schüler/-innen: TEXT-HAND
Syntax
Roter Faden
SemantikIntention, Funktion, Wirkung
Textmuster,Textsorte
Adressat/Leser/-in
Rechtschreibung
Beate Leßmann (IQSH)
Roter FadenKann man alles gut
verstehen?Passt alles zusammen?
Sind Textteile miteinander verbunden?
Adressat/Leser/-in
Für wen ist der Text?Wer soll den Text
lesen, hören?
Ziel, WirkungWelche Wirkung erzielt der
Text?Was will der Text erreichen?
Textmuster/-sorteWelche Textsorte
passt/hilft?Wie muss der Text
gegliedert und gestaltet sein?
WörterWelche Wörter passen zum Ziel und erreichen auch den Adressaten?
SätzeIst jeder Satz zu verstehen? Sind die Sätze so gebildet,
dass der Adressat sie versteht und dass das Ziel des Textes
erreicht wird?Sind die Sätze verbunden?
RechtschreibungIst der Text rechtschriftlich verständlich?
Ist er leicht lesbar?
Text-Hand für Reflexion, Planung und Überarbeitung von Texten
Perspektiven für eine „neue Aufgabenkultur“ Beate Leßmann (IQSH)
Perspektiven für eine „neue Aufgabenkultur“
Roter FadenKohärenz
Intention,Funktion,Wirkung
SemantikLexik
SyntaxKohäsion
RechtschreibungBeispiel:Rechtschreibunga) abrufbares Wissen
b) Strategien, Arbeits-
techniken
c) Strat./Arb. anwenden
d) Rechtschreibgespür
Ossner (2006): Kompetenzdimensionen
a) Deklaratives Wissen
b) Problemlösendes Wissen
c) Prozedurales Wissen
d) Metakognitives Wissen
Perspektiven für die Schreibkompetenzförderung: Lern- und Leistungskultur
Adressat/Leser/-in
Beispiel:
Adressat bzw.
Leser/-ina) Was ist ein Adressat?
Welche Adressaten?
b) Sich in den Adressaten
hineinversetzen
c) Adressaten erreichen
(Informations-/ Wortwahl,
Satzbau,Textaufbau)
d) Adressatenbezug über-
wachen/überprüfen
TextmusterTextform, Textsorte
Beate Leßmann (IQSH)
Schreibprofil: Schreibprozess, u.a. Schreibmotivation (v.a. Säulen A, E)
Textprofil: Produkt, vgl. Gewebemodell/Text-Hand Workshop
Zusammenfassung - Ausblick
„Veränderte Aufgabenkultur“- stellt das Können der Kinder in den Mittelpunkt- sieht Reflexion und Kooperation als Motor von Entwicklung- eröffnet neue Wege der punktuellen Leistungsüberprüfung Workshop
Schreib-/Textprofil: Textentwicklungsebenen (Pyramidenmodell)
Beispiele für Schreibkompetenzentwicklungen über zwei Schuljahre in:Leßmann (2007), Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben
Ausblick: Beschreibung von Schreibkompetenzentwicklungen
Beate Leßmann (IQSH)
wünsche ich Ihnen…
…beim „Galoppieren“ mit eigenen Texten
und
…beim „Loslassen“!
Beate Leßmann
Literatur
Baurmann, Jürgen/Pohl, Thorsten 2009: Schreiben – Texte verfassen. In: Bremerich-Voss, Albert/Granzer, Dietlinde/Behrens, Ulrike/Köller, Olaf (Hg.): Bildungsstandards für die Grundschule: Deutsch konkret, Berlin, S. 75 - 103
Fix, Martin 2006: Texte schreiben. Schreibprozess im Deutschunterricht, Paderborn
Leßmann, Beate 2007: Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben. Ein Handbuch für den Deutschunterricht, Teil I: Klassen 1 und 2, Dieck-Verlag HeinsbergTeil II: Klassen 3 bis 6 (in Vorb. ,darin: Säulenmodell, Gewebemodell, Text-Hand u.a.)
Leßmann, Beate 2008: „Schreibgeheimnisse“ in Texten entdecken und ergründen. In Grundschule Deutsch 2008, S. 14 – 17
Leßmann, Beate 2010: Individuell bedeutsames Schreiben als Grundlage von Schreibkompetenz-entwicklung. In: Jantzen, Christoph/Merklinger, Daniela (Hg.): Lesen und Schreiben: Lernerperspektiven und Könnenserfahrungen, Freiburg/Br. S. 81 – 113.
Ossner, Jakob 2006: Kompetenzen und Kompetenzmodelle im Deutschunterricht. In Didaktik Deutsch 21, S. 5 - 19
Pohl, Thorsten/Steinhoff, Torsten 2010: Textformen als Lernformen. In: Becker-Mrotzek, Michael/Bredel, Ursula/Günther, Hartmut (Hg.): Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik Reihe A, KöBeS (7), S. 5 – 26
Spitta, Gudrun 1998: Freies Schreiben – eigene Wege gehen. Libelle Verlag Lengwil am Bodensee/Schweiz
Spitta, Gudrun 1999: Wenn Kindertexte uns berühren – oder Gedanken zur (literarischen) Qualität von Kindertexten beim Freien Schreiben. In: Duderstadt, Matthias/Forytta, Claus (Hg.): Literarisches Lernen, Frankfurt am Main
Weinert, F. E., 2001: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Ders. (Hg.): Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim/Basel 2001, S. 17 - 31
Beate Leßmann (IQSH)