Bist du am richtigen Platz?
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I M P U L S E F Ü R E I N E R F Ü L LT E S L E B E N
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Schule und dann?Gerald Hüther
VisionssucheSylvia Koch-Weser
Erkenne deine BestimmungEckart Tolle
Wie Arbeit glücklich machtVeit Lindau
Veränderung ist jetzt dranrobert Betz
Erfolgreich seinIrina Dittert
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Beruf Berufung
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2 | maaS
| 3 maaS
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich hatte fast ein Jahr Auszeit hinter mir, als mir eine Freundin das kleine Buch
„Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecki als Urlaubslektüre auslieh.
Eingebettet in eine harmlose Road Trip Story geht es darin um die zentrale Frage
„Warum bin ich hier?“ Danach war es endgültig vorbei mit der scheinbaren Ruhe.
Mir war klar: Wenn ich auf diese Frage eine Antwort fi nde, gibt das meinem
Leben einen neuen Inhalt und einen ganz anderen Sinn!
Da ich schon einmal einen Verlag aufgebaut hatte, wusste ich, dass das Schreiben
mir Freude macht. Aber dieses Mal sollte es ein Magazin sein mit Themen, die
faszinieren und bewegen – mich genauso wie die LeserInnen. Deswegen ist es für
mich logisch, die erste Ausgabe dem Thema Beruf und Berufung zu widmen.
Auf meinem Weg habe ich wundervolle Menschen getroffen, die zu mir gesagt
haben: Du schaffst das! Das habe ich wohl auch ausgestrahlt, denn meine Be-
geisterung brannte Tag und Nacht. Mit jedem Gespräch habe ich ein Stückchen
besser begriffen, was es heißt, seine Berufung zu leben. Am Anfang folgst du der
zarten Spur, wo dein Herz zu singen beginnt. Dann kommt die Frage auf: Oder
stürze ich mich ins Hobby, weil ich vor meiner ureigenen Lebensaufgabe davon
laufe? Eine gute Freundin sagte mir einmal, wie es für sie war: „Deiner Berufung
kannst du nicht entkommen. Sie klopft solange an deine Tür, bis du öffnest.“
Beruhigend, oder? Oder beunruhigend? Du wirst kein erfülltes Leben haben,
solange du deine Berufung nicht gefunden hast.
Wenn du endlich weißt, was deine Berufung ist, brauchst du eine gehörige Portion
Mut. Du brauchst Mut, um im entscheidenden Moment auch zu springen und
das Alte hinter dir zu lassen. Du brauchst Mut, um dich deinen Zweifeln zu stellen
und dennoch weiterzumachen. Ich habe zwischendurch immer wieder gezweifelt,
ob das funktionieren kann und ob ich das schaffe. Zum Glück waren die Samen,
die ich in meinem Umfeld gestreut hatte, bereits aufgegangen. Der Glaube der
anderen an mich hat mich über schwache Phasen hinweg getragen. Und das
ganze Universum hilft mit! Es stimmt wirklich, was Goethe gesagt hat: „Wenn das
Innere bereit ist, kann das Äußere folgen. Es geschieht dann wie von selbst.“
Mein größter Wunsch ist es, dass du beim Lesen feststellst: So geht das also mit
der Berufung, das probiere ich aus. Wenn der oder die das geschafft hat, dann
schaffe ich das auch. Wenn ich Unterstützung brauche, weiß ich, wo ich sie fi nde.
Und dann springe ich auch!
Anita Maas
P.S.: Ach ja, was meine Berufung ist? Das ist mir erst auf meinem Weg klar gewor-
den: Ich bringe Menschen zusammen und setze Impulse, die andere inspirieren
und ermutigen, ihr Denken neu auszurichten und ihr Handeln zu verändern.
AN FANG
Coaching und Beratung
14 Eigentlich wollte ich ja Geiger werdenTipps zum Weg ins Eigene.
28 Wie deine Arbeit dich glücklich machtWie du deine Talente und Motivatoren herausfi ndest.
20 Was fesselt dich?Deine Prägungen hindern dich daran, das zu tun, was du liebst, bis du sie loslässt.
38 Veränderung ist jetzt dranWer selbst nicht anhält, um nach innen zu gehen, wird vom Leben durch Krisen angehalten.
104 Den roten faden fi ndenWelche Neigungen ziehen sich von Kind-heitstagen an durch mein Leben?
64 Zuviel Stress bei der Arbeit?Achtsamkeit ist der Schlüssel zu einer voll-kommen anderen Handlungsebene.
Besondere Biografi en
6 Loslassen und lebenNach einem Nervenzusammenbruch alles zurücklassen, auf Reisen gehen und sich selbst fi nden.
90 Gib nicht aufDie Entscheidung vollkommen authentisch zu sein, hat nach 17 Jahren zum Durch-bruch verholfen.
68 Ein außergewöhnlicher Bank-VorstandVom durchorganisierten Funktionieren umschwenken und sich auf das Nicht-Wissen einlassen.
78 Wege zur BerufungBeispiele für Lebenswege, die selten geradlinig, aber immer einzigartig sind.
94 Die Ozeane vom Plastikmüll befreienDer 21-jährige Boyan Slat sammelte mehrere Millionen US-Dollar bei einer Crowdfunding–Kampagne.
86 Das macht MutWie man trotz eines schweren Schicksals ein ganz normales Leben führen kann.
96 Eine reise zur WeisheitWie es auf einer Reise zu den Weisen Asiens zur Begegnung mit dem wahren Selbst kommt.
100 Kochen und backen für QuerdenkerDie Idee mit dem Café ist in einer Krise geboren...
4 | maaS
Juliane WotheLoslassen und leben 6
Gerald HütherSchule und dann? 42
Veit LindauWie Arbeit glücklich macht 28
Petra NeumüllerMehr Glück am Arbeitsplatz 46
Robert BetzVeränderung ist jetzt dran 38
Sylvia Koch-WeserVisionssuche 50
INH
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l Wir freuen uns auf euer Feedback und
Anregungen für die nächsten Ausgaben an
| 5 maaS
Gut zu wissen
42 Schule und dann?Was Eltern tun können, um die Begabungen ihrer Kinder zu fördern.
46 Bist du glücklich?Glück ist erlernbar. Die Glücksministerin zeigt uns wie.
56 Vision BoardSo machst du dir eine Collage, die deine Vision Wirklichkeit werden lässt.
58 Ich bin dann mal wegEin „Sabbatical“ schont die Gesundheit und fördert die Kreativität.
113 Keine Angst vorm ScheiternBei den Fuckup Nights kann man von den Fehlern anderer lernen.
114 Akademie zur PotentialentfaltungWenn man sich gegenseitig ermutigt und inspiriert, erreicht man mehr als alleine.
60 Entdecke deine Bestimmung Wir müssen das Denken durchbrechen, um den Zweck unseres Daseins zu erkennen.
80 Davon kann man doch nicht leben!Geld ist der Spiegel unserer Beziehung zu uns selbst.
84 Startgeld für dein ProjektWie du dein Projekt mit Crowdfunding fi nanzieren kannst.
Aus der „Werkzeugkiste“
50 100 Stunden allein in der WildnisIm Spiegel der Natur erfährst du, was wirk-lich wichtig für dich ist.
70 Ziele erreichen mit der Kunst des BogenschießensWorauf es ankommt – auf dem Bogen-schießgelände wie in Unternehmen
74 Wenn der Berg mit dir sprichtBei Meditationen in der Natur kommen Antworten, nach denen man schon lange gesucht hat.
106 Einfach erfolgreich seinWie du von deinem bisherigen Leben Schritt für Schritt zu einem neuen Lebens-inhalt wechselst.
110 ökonomie nach den naturgesetzenWie Unternehmen die Jahreszeitqualitäten durchlaufen und dabei von den Kräften der Natur profi tieren.
Neuanfang
24 AufbruchstimmungDen Energieschwung des frühen Morgens in Zeiten des Neubeginns nutzen.
34 Etwas muss sterben, damit etwas neues geboren werden kannIm Gespräch mit dem Weltmusiker Estas Tonné.
In jedem Heft
128 Poesie wie Brot: Gedicht von Jan Wagner
125 Kommt Zeit, kommt raum: As time goes by
122 Heilpfl anzen: Mutpfl anze Engelwurz
126 Kunst: Werke von GABO
124 Musik: Patrick Watson
117 Herzensprojekt: Mon Coeur
118 reise: Das Ende der Welt liegt in der Bretagne
120 Besondere Erfahrungen: Begegnung mit einem Baum
45 Schwarzes Brett
130 Impressum
Eckhard TolleErkenne deine Bestimmung 60
Irina DittertEinfach erfolgreich sein 104
Harald HasseDein Ziel erreichen 70
Gerald HütherPotentialentfaltung 114
Bernd KolbAtmann Experience 96
6 | maaS
Ein Schiff
liegt im Hafen
am sichersten.
Doch dafür
wurde es
nicht gebaut.
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8 | maaS
Wenn ich mich frage, ob ich erfolgreich bin, erinnere ich mich daran, wie oft ich gelacht habe.
| 9 maaS
Wenn ich mich frage, ob ich erfolgreich bin, erinnere ich mich daran, wie oft ich gelacht habe.
Juliane, 35 Jahre, ist Filmproduzentin aus
Leidenschaft. Nach einem Nervenzusammenbruch lässt
sie ihre Ehe, ihre Firma und ihre Rentenversicherung
zurück und fl iegt auf die Galápagos-Inseln.
Aus der Distanz stellt sie ihr bisheriges Leben vollkom-
men in Frage und entdeckt, dass ihr das eigene Leben das
Allerwichtigste ist. Auf Bali fi ndet sie Zufriedenheit und
Erfüllung. An sich selbst hat sie in einem jahrelangen
Prozess erfahren wie Heilung funktioniert.
Ein Bericht voller tiefgehender Lebensweisheiten.
Ein Aufbruch ins Ungewisse
loslassen und leben
10 | maaS
niemals Ruhe gibt. Zufriedenheit
und Erfüllung sind reine Entschei-
dungssache. Welche Rolle möchte
ich im Leben spielen? Für wen tue
ich das eigentlich? Wer möchte
ich sein? Von wem stammen denn
die ganzen Träume, von denen wir
glauben, sie seien die unseren und
es gilt, sie um alles in der Welt zu
erreichen? Ein Haus, ein Kind, ein
Auto, ein solides Einkommen - das
alles gehört zur Basisausstattung
für Glück und Zufriedenheit? Oder
fi ndet man Glück wirklich nur in
sich selbst und ist damit frei von
allen externen Faktoren?
Es gibt gute Tage und es gibt
schlechte, aber wenn ich die
Bilanz ziehe, bin ich doch schon
verdammt glücklich. In den guten
Zeiten versuche ich, so viel Glück in
meinen Körper zu stopfen, wie nur
irgend möglich. Und in schlechten
Zeiten gilt es anzusehen, was gera-
de geklärt oder bearbeitet werden
will. Der Schlüssel ist immer:
akzeptieren was ist.
Glück und Erfolg in Karriere und
Geld zu suchen, das hat man mich
in der Welt, aus der ich komme, ge-
lehrt. Ich bin Filmemacherin. Filme
herzustellen gehört auch zu meiner
Berufung, meiner Leidenschaft und
das wusste ich schon sehr früh.
Mit diesem Medium kann man
wunderbare Geschichten erzählen
und Brücken bauen, die zu mehr
Verständnis in der Welt führen.
Dieses wunderbare Idealbild von
Kreativität und Schaffenskraft gibt
es aber nur selten in der deutschen
Medienlandschaft, denn hier regie-
ren meist Geld, Quoten, Effi zienz
und Gewinnstrategien. Es hat nicht
lange gedauert und ich war des-
illusioniert und Filmemachen in
Deutschland wurde für mich nichts
weiter als ein Job.
Seit meiner Kindheit wandere
ich auch schamanische Wege und
erfuhr in der Meditation die Trans-
zendenz und den totalen Frieden.
Diese Stimmen aus einer anderen
Welt, fern von roten Teppichen und
Kameras haben mich schon immer
parallel gerufen. Jedoch hatten
Spiritualität und die Suche nach
dem wer ich bin und wohin ich
gehen möchte, was meine eigentli-
chen Wünsche und Träume waren,
in meiner normalen Realität wenig
für mich ist Erfüllung ein Zu-
stand, den man sich immer wieder
in Erinnerung rufen muss, an dem
man arbeitet und der in jedem
Moment neu defi niert und ausge-
richtet werden kann. In dem Wort
selbst steckt das Wort „Fülle”, also
„voll sein”. Ich kann mich mit klei-
nen Dingen „füllen”: mit schönen
Worten, mit Schreiben oder einem
schönen Buch, mit Affi rmationen,
Yoga, Meditation oder Gartenarbeit,
Musik, einem guten Gespräch, einer
liebevollen Geste oder einem ein-
fachen Lächeln. Erfüllung heißt für
mich, wirklich die Schönheit in den
Dingen zu sehen, die mich umge-
ben. Wir glauben Zufriedenheit ist
ein Zustand, den es zu erreichen gilt.
Damit projizieren wir unsere Zufrie-
denheit oder auch unser Glück an
einen unbestimmten Zeitpunkt in
die Zukunft und können es im Hier
und Jetzt quasi niemals erreichen.
„Ich bin glücklich, wenn...”
Es ist unser Verstand, der uns
gedanklich in die Erwartungen
der Zukunft oder auch in die
Erinnerungen der Vergangenheit
verfrachtet, der bewertet und
beurteilt und der vor allen Dingen
Sitze ich tagein,
tagaus am Meer, ist das
für die anderen Urlaub,
und nicht Leben.
| 11 maaS
Wir fahren ans Meer in den Urlaub
und machen es zu etwas Beson-
derem, weil wir unsere Leben in
grauen Kästen verbringen und
glauben, alles andere sei ein
Traum, den wir nicht verdient
haben? Nach meinem Nervenzu-
sammenbruch war mein Bedürfnis
nach Ruhe immens.
Ich buchte einen flug nach
Galápagos. Mein bester Freund
hatte dort begonnen zu arbeiten.
Immer noch gefangen in alten
Denkstrukturen plante ich eine
Recherchereise auf die Inseln am
anderen Ende der Welt, um einen
Film darüber zu machen. Doch das
Leben, was ich dort fand, war ganz
und gar anders als mein gewohn-
tes: langsamer, weitaus unzuver-
lässiger, spontaner, wilder, wirk-
licher und unmittelbarer, ohne
viele Medien, die unser Bewusst-
sein tagtäglich mit Schreckens-
meldungen überhäufen. Ich
begann, mich wieder selbst zu
spüren, doch damit kam auch eine
große Angst. Kann ich das hier
leben, fragte ich mich?
Ich blieb 2 Monate statt 3 Wochen
und verliebte mich in alles und
jeden. Mein Herz war plötzlich
wieder wach und leidenschaft-
lich, doch was tun? Niemand darf
einfach auf Galápagos bleiben und
das bekam ich auch von allen Sei-
ten zu hören. Außerdem rief mich
mein altes Leben zurück. Doch ich
wusste tief in mir drin, dass ich
nicht mehr zurück konnte. Und so
erfand ich ein Projekt, für das ich in
Deutschland fi nanzielle Förderung
bekam, in Ecuador das Visum und
in Galápagos eine Arbeitserlaubnis.
Was sich hier einfach in einem Satz
zusammen schreiben lässt, ist ein
Prozess von mehreren Monaten
Zweifeln, Hoffnungen, Kämpfen,
Überzeugungen, Kapitulieren,
Weitermachen und vor allem daran
glauben.
Mir passieren so viele gute Dinge,
weil ich sie systematisch in mein
Leben ziehe. Ich WILL glücklich sein
und bin bereit, dafür alles zu tun,
was mir dabei hilft. Ich habe meine
Arbeit gehasst und mich davon
krank machen lassen. Jeden Tag
Platz. Und so habe ich jahrelang
das tiefste in mir wohnende Be-
dürfnis ignoriert und auf „morgen”
verschoben.
Als ich einen nervenzusammen-
bruch hatte, wurde mir bewusst,
wie fragil unser Nervenkostüm
wirklich sein kann, vor allem,
wenn wir uns immer weiter
von dem wegbewegen, was uns
wirklich glücklich macht, wenn
wir verlernt haben, mutig zu sein
und der Stimme unseres laut
pochenden Herzens zu folgen. Die
Sehnsucht wird Tag für Tag immer
lauter. Und um sie nicht hören zu
müssen, weil es irgendwann weh
tut, finden wir immer mehr Dinge,
um uns abzulenken und uns zu
beschäftigen und entfernen uns
immer weiter von uns selbst. Bis
es nicht mehr geht.
Aus Angst vor unseren ungelebten
Träumen und der daraus resul-
tierenden Traurigkeit und Leere
in uns verschanzen wir uns in
großen Städten voller Reizüberflu-
tung, obwohl wir in der Natur eher
Ruhe und Frieden finden.
Sitze ich tagein,
tagaus am Meer, ist das
für die anderen Urlaub,
und nicht Leben.
Das Leben auf Galápagos
war weitaus
unzuverlässiger, spontaner,
wilder ...
Renten- und Pfl egeversicherung
und den Plan für den nächsten Tag.
Die wichtigste Hürde war, sie als
solche zu realisieren und nicht
länger von Problemen oder Hin-
dernissen zu sprechen. Das allein
hat meinen Fokus grundlegend
verändert. Auch ich war (und bin
es teilweise noch immer) in dem
Glauben verfangen, jemand sein
zu müssen, um meine Existenzbe-
rechtigung in dieser Gesellschaft
zu erwirken. Funktionieren und
Bestleistungen standen immer an
der Tagesordnung und so hatte
ich lange Jahre (!) große Probleme
damit, mir einzugestehen, dass
nicht alles gut ist und nicht alles so
funktioniert, dass ich dabei glück-
lich werde, eher im Gegenteil.
Als ich beschlossen habe zu gehen,
war das fast wie innerlich zu
zerreißen. Ich wusste, ich muss-
te meine Komfortzone verlassen
und erst einmal etwas komplett
anderes machen, um aus der Dis-
tanz meine Muster zu verstehen,
meine Ängste kennenzulernen
und überhaupt auch neue Pers-
pektiven zu gewinnen. Meine Ehe
ist an der Entscheidung zu gehen,
zerbrochen, was vielleicht eine der
größten Hürden war - sich gegen
die Beziehung und nur für mich
zu entscheiden und damit gleich-
zeitig, viele Brücken hinter mir
abzureißen und auch Sicherheiten.
Wenn wir Sicherheit wollen, fürch-
ten wir das Unbekannte. Dich dem
aber mit Neugier und Offenheit
zu öffnen, kann dich viel Schönes
erfahren lassen, dich auf deinem
persönlichen Weg weiter führen,
Neues lehren oder auch ganz über-
raschend positive Wendungen in
dein Leben bringen.
Die größte Hilfe war zu wissen,
dass ich ein Ziel hatte und die
innere Überzeugung, dass ich
etwas ändern musste und nicht
so weiter machen konnte wie
bisher. Diesem Weg zu folgen, hat
sich plötzlich ehrlich und richtig
angefühlt, trotz aller Zweifel, das
haben auch die Menschen um mich
herum spüren können. Ich fand
in mir den kraftvollen Glauben an
meine Träume und meine Fähig-
keiten und die Realisierbarkeit all
dessen. Auf einer tieferen Ebene
ist dieser Glaube nichts anderes
als die innere Überzeugung, dass
du verdient hast, glücklich zu sein.
In mir wohnt eine tief verankerte
Selbstliebe, die mir immer wieder
geholfen hat, aufzustehen und
weiter zu machen. Selbstliebe,
Respekt und Achtung für mich als
Person sind und waren für mich die
Schlüssel zum Erfolg.
Wenn ich mich frage, ob ich
erfolgreich bin, erinnere ich mich
daran, wie oft ich gelacht habe und
wie oft ich wirklich und wahr-
haftig im Inneren tief zufrieden
und glücklich war. Es gibt immer
wieder Momente in meinem Leben,
da spüre ich tief in mir drin eine
Zufriedenheit, die so groß ist, dass
ich weiß, ich könnte auf der Stelle
sterben und hätte nicht das Gefühl,
noch irgendetwas tun oder sehen
zu müssen, um mein Leben erfüll-
ter erscheinen zu lassen.
ärgern, jeden Tag aufs Neue aus
dem Bett quälen. Warum? Für
wen? Ich habe nur ein Leben und
das ist für mich das Allerwert-
vollste auf der Welt. Also habe ich
beschlossen, mir meine Träume
zu erfüllen. Jetzt lebe ich auf Bali,
einem zauberhaften Ort und alles
fühlt sich richtig an, weil ich so
viele Geschenke bekomme und
sich scheinbar alles fügt.
Ich trage auch Angst, Wut und
Traurigkeit in mir und meine Ver-
gangenheit steht mir oft im Weg.
Aber ich bin mir dessen gewahr
und akzeptiere diese Eigenschaf-
ten. Sie blockieren mich, aber
weil ich sie kenne, kann ich diese
Blockaden aufheben und einfach
den Schritt in die andere Welt
wagen. Ich sage, „Komm, Angst,
wir schaffen das gemeinsam!”
und manchmal rede ich mit Gott,
der für mich überall gegenwärtig
ist, in jedem Ding auf dieser Welt.
Vielleicht heißt er nicht Gott im
christlichen Sinne, aber dennoch
ist es etwas, das mich begleitet, das
mich nicht im Stich lässt und mich
immer wissen lässt, dass ich nicht
allein bin, auch wenn ich manch-
mal morgens aufwache und mich
einsam fühle.
Ich habe Sicherheit und Garantien
aufgegeben oder zumindest das,
was ich als Sicherheit empfand. Ein
regelmäßiges Einkommen, meine
12 | maaS
| 13 maaS
Es gibt auch Phasen, da frage ich mich, ob das alles richtig ist, was ich tue.
In diesen Phasen mischt sich die
Sehnsucht nach Ankommen und
Stetigkeit mit der Sehnsucht nach
neuen Abenteuern, der großen
Welt, neuen Menschen und
Geschichten.
Ich wünsche mir mehr Einfachheit.
Noch mehr gelebte Augenblicke,
noch mehr Mut und vor allem
weniger Gedanken. Mehr Balance
und Disziplin! Manchmal denke
ich, es wäre schön, jemanden zu
haben, mit dem ich dieses Leben
teilen kann, der auch aktiv seinem
Herzen folgen möchte und Träume
lebt. Eigene Kinder und eine feste
Gemeinschaft von Freunden, die
miteinander lebt und sich gegen-
seitig unterstützt.
wahre berufungerkennst du an dem Gefühl, das dich durchströmt,
wenn du dir einer Sache
plötzlich ganz und gar sicher bist,
eine unbeschreibliche Energie,
als ob man plötzlich fl iegen könnte.
In meinem Herzen geht dann ein Licht auf
und ich weiß, ich schöpfe meine Energie und
meine Kraft aus einer Quelle,
die fernab von meinen eigenen Ressourcen liegt.
Diese Energie erfüllt mich
mit Stetigkeit und Motivation;
sie lässt mich Lebendigkeit spüren und Kraft.
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14 | maaS
eigentlich wollte ich ja Geiger werdenEr fahrungen und Reflexionen eines Biografie-Coachs
❞Das Leben ist zu kurz für lange
Gesichter. Das (selbst)kritische
Bewusstsein macht Rabatz.
Die innere Unruhe verlangt
nach Aktivität, nicht nach
Anpassung und Stagnation. ❝
Zwischen „Beruf“ und „Berufung“ klafft für viele
Menschen eine schmerzliche Lücke. Oft wird sie mit
dem Wörtchen „eigentlich“ notdürftig überbrückt:
„Eigentlich wollte ich ja Geiger werden“ oder „Ei-
gentlich bin ich gar kein Schreibtisch-Typ“ oder
„Wenn wir damals nicht umgezogen wären, dann ...“
oder „In Wirklichkeit bin ich ganz anders. Ich wollte
immer Landschaftsgärtner werden ...“
„Eigentlich“ – „Wenn, dann ...“ – „Unter anderen
Umständen“ ... so lauten die Mantras der unerfüll-
ten Träume, der brachliegenden Potenziale, der
veruntreuten Biografi en. Wunsch und Wirklichkeit
werden nicht als kongruent erlebt, der Alltag besteht
aus entfremdeter Arbeit und wird mithilfe raffi nier-
ter Anpassungsstrategien bewältigt. Der feierabend
als notausstieg aus dem Alltag.
Immer mehr Menschen wird die Unmöglichkeit
bewusst, im falschen Leben glücklich zu werden. Sie
hinterfragen ihre Arbeits- und Lebensrealität. Sie
stellen sich den notwendigen, die not wendenden
Entscheidungen: change it – take it – leave it. change
heißt: die Dinge aktiv verändern und gestalten. Take
heißt: akzeptieren, was der fall ist – ohne Zorn. Und
Leave bedeutet: die Situation beenden, sich trennen,
kündigen. Denn die vierte Möglichkeit – verharren
und weiter leiden – ist keine echte Option.
Beruf, Berufung und der Weg ins „Eigene“
Wernfried Hübschmann
Text
: | F
otos
:
| 15 maaS
Wie fallen Berufsentscheidungen?
Wenn junge Menschen die Weichen für ihre Berufs-
wahl stellen, spüren sie ein Dilemma: Einerseits
steht vor ihnen eine scheinbar unbegrenzte Fülle von
Berufsbildern, Schul- und Studienwegen und offenen
Wegen in einer offenen Gesellschaft. Mobilität und
Mehrsprachigkeit schaffen Chancen ohne Zahl.
Andererseits wird die Unüberschaubarkeit der Mög-
lichkeiten auch als Entscheidungsstress erlebt. Die
Tatsache, dass jährlich hunderte neue Berufsbilder
entstehen, wirkt eher beängstigend. Nur ein kleiner
Teil der befragten 16-Jährigen weiß, was er/sie später
mal werden will, und bleibt später bei dieser Wahl
aus freien Stücken und aufgrund klarer Präferen-
zen und Talente. Viele junge Menschen lassen sich
treiben. Nicht alle haben später die Kraft, das Ruder
herumzureißen.
Tatsächlich ergeben sich folgende Entscheidungs-
varianten:
1 Systemische Nachfolge innerhalb einer
Familie oder Dynastie (Landwirte,
Handwerker, Lehrer, Unternehmer)
2. Entscheidungsdruck und Abhängigkeit
zweiter Ordnung, zum Beispiel:
„Natürlich darfst du frei entscheiden –
Hauptsache, du wirst Lehrer!“
3. Prinzip „trial and error“:
„Fang erst mal was an, umsatteln
kannst du dann immer noch!“
(Berufs- oder Studienfachwechsel)
4. Entscheidungen anhand von (pseudo)
rationalen Argumenten, zum Beispiel:
„Als Zahnarzt verdienst du wenigstens
gut!“
(Was auch längst nicht mehr zutrifft.)
5. Freie BerufsWAHL, die individuell und
frei getroffen wird, weil die innere
Richtung klar ist und keine äußeren
Hindernisse im Weg stehen.
Hinzu kommen der immense Leistungs- und Erwar-
tungsdruck im Arbeitsleben und die Frage: Was denn
dann? Wo sind die Handlungsalternativen? Woher
den Mut nehmen, die einmal eingeschlagene Spur –
vielleicht mehrfach – zu wechseln? Die letzte Grenze
des modernen Menschen ist seine Angst vor der
Zukunft.
Schluss mit Work-Life-Balance!
Solange work und life zusammengeführt und in
Balance gebracht werden müssen, stimmt etwas
nicht! Denn sie waren lange nicht getrennt. Erst das
industrielle Zeitalter ab circa 1830 führte zu den
Natur und Mensch bedrohenden Auswüchsen des Ka-
pitalismus, die wir kennen. Freizeit als Kompensation,
als Entschädigung für die Fron der Arbeit. Und ab der
Mitte des 20. Jahrhunderts die gesellschaftliche Ge-
genbewegung im Konzept der Selbstverwirklichung
und Selbstoptimierung.
Der ideologische Furor der Protestbewegungen läuft –
wie so oft ins Leere. Die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter müssen nicht mehr ausgebeutet werden – sie
beuten sich selbst aus, freiwillig. Die Idee der Freiheit
wird verkauft, um dabei zu sein, um gut dazustehen,
um sich kaufen zu können, was angeboten wird. Wir
leben nicht in einer offenen Gesellschaft (wie Anders
und Popper sie beschrieben haben). Wir leben in einer
Pluralität von Zielgruppen. Wir kaufen nicht – wir
werden gekauft. Wir sind nicht die Kunden, sondern
die Ware, wie der Neoliberalismus- und Globalisie-
rungskritiker Evgeny Morozov zutreffend konstatiert.
Das ist, für sehr viele Menschen, die Lage. Zwischen
Burnout (Überforderung) und Boreout (Unterforde-
rung) schwankt und schaukelt unser Schiffchen. Wo
ist der rettende Hafen? Die Antwort klingt einfach: In
einem – oder mehreren – Berufen, die zugleich Beru-
fung sind, Erfüllung, persönliche Heimat. Die beides
sind: Sicherheit und Sinn! Stabilität und Entfaltung!
Balanceakt Berufswahl:
Wie man Entscheidungen
sinnvoll trifft,
damit Beruf auch Berufung
werden kann.
Text
: | F
otos
:
16 | maaS
Die eigene Berufung finden
Aber wie findet man die eigene „Berufung“, den ei-
genen Weg? Zunächst, indem man sich auf die Suche
macht, den eigenen Wünschen Raum gibt, den Mut
hat, das eigene Leben anders zu denken, als es im
Moment ist. Dieser Weg ins „Eigene“ kann holperig
sein, umwegig und auch schmerzhaft. Hindernisse,
Rückschläge und Zweifel eingerechnet.
Sechs Phasen lassen sich benennen:
Phase Was geschieht? Wie lautet der Impuls?
1 AufbruchSo geht es nicht weiter!
Ich muss/will etwas ändern!
Ich mache mich auf den Weg!
2 KompassWas will ich wirklich?
Was ist „mein Ding“?
Wohin geht die Reise?
3 Durchbruch
Ich weiß, was ich will!
Ich plane und gestalte.
Ich stelle mich Hindernissen
und überwinde sie!
4 Abschied
Ich lasse Vergangenes los.
Ich verabschiede alte Muster
und Denkgewohnheiten.
Ich würdige zugleich die
Vergangenheit als Stück von
mir.
5 Korrektur
Ich erlaube mir, nachzusteu-
ern und zu korrigieren.
Ich integriere die neuen
Erfahrungen. Ich lerne.
Das Neue fühlt sich gut an.
6 AnkunftIch bin angekommen.
Ich genieße das Neue.
Ich bin unstoppable.
Natürlich sind diese Phasen nicht immer trennscharf.
Doch sie folgen immer der Logik von Veränderungs-
prozessen. Der Weg zur eigenen Berufung verläuft
nicht linear, sondern spiralig, mit Auf und Ab. Wie ein
Wanderweg im Gebirge, nicht wie eine Autobahn.
Alle Phasen können durch professionelles Coaching
unterstützt und begleitet werden. Oft hat Biografie-
Coaching katalytischen Charakter und entspricht der
Hebammenkunst, von der Sokrates gesprochen hat.
Denn jeder von uns hat ein tiefes, oft halbbewusstes
Wissen davon, was gut für ihn ist, was wirklich passt.
Das Coaching beschäftigt sich dann mit den Lebens-
themen, mit familiären Prägungen, mit restriktiven
Glaubenssätzen und Saboteuren des Glücks: „Darf
ich erfolgreich/glücklich sein?“, „Bin ich noch loyal
meinen Eltern/Geschwistern gegenüber, wenn ich es
weiter bringe als sie?“, „Werde ich es schaffen?“
Wichtig ist, das Alte, was immer es gewesen ist, zu
würdigen und als Teil des eigenen Wegs zu akzep-
tieren. Mit der eigenen Vergangenheit ins Reine zu
kommen ist Voraussetzung dafür, alle Kräfte fürs
Vorwärtsgehen zur Verfügung zu haben.
Immer ist dieser Weg auch mit Loslassen, Zurücklas-
sen und Abschiednehmen verbunden. Abschied von
alten Selbstkonzepten, Verlassen alter Muster und
Pfade erlernter Unfähigkeit.
Das Glück, die eigene Berufung gefunden zu haben,
ist eine Belohnung, eine Prämie, die das Leben dem
zahlt, der mutig ist.
Text
: | F
otos
:
| 17 maaS
Das Dilemma der Mehrfachbegabung
Alles wäre einfacher, wenn es eine klare Begabung
gäbe, die in einen möglichst auch noch zukunftssi-
cheren Beruf mündet. Wenn die Welt übersichtlicher
wäre, als sie ist. Wenn das Leben einfacher zu leben
wäre. Doch das ist nicht der Fall: Die Arbeitswelt wird
komplexer und schneller, die Herausforderungen
wachsen. Und: Mehr und mehr Menschen entdecken
in sich Mehrfachbegabungen, Fähigkeiten und Inte-
ressen, die den Status „Hobby“ weit hinter sich lassen.
Die gesellschaftliche Akzeptanz für multiple Begabun-
gen und Hochbegabungen ist immer noch brüchig.
Ein Schreiner, der Aquarelle malt? Ein Journalist, der
neue Motorenkonzepte erforscht? Ein Lehrer, der sein
Gehalt durch die Jazzband aufbessert?
Inzwischen hat sich die Intelligenz- und Bega-
bungsforschung rasant weiterentwickelt, die Ge-
hirnforschung hat die Rolle der Leitwissenschaft
übernommen. Die bestens versorgte individualistisch-
hedonistische „Generation Y“ (geboren nach 1985)
drängt auf den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig werden die
Fragen nach persönlichem Sinn und eigener Lebens-
aufgabe in einer medial überfluteten Welt immer
dringlicher. „Glück schlägt Geld“, behauptet Kerstin
Bund in ihrem gleichnamigen Buch. Doch zugleich
haben 23 Prozent der jungen Menschen einen Zeit-
vertrag. Bei den Arbeitnehmern zwischen 25 und 35
Jahren sind es 13,8 Prozent. (Quelle: Spiegel)
Umso wichtiger sind die frühen Entscheidungen:
Im Coaching lauten die drei wichtigsten Fragen:
1 Was erfüllt mich wirklich mit Freude
und Befriedigung?
2 Was kann ich wirklich gut? Wo bin ich
einzigartig?
3 Wo werde ich gebraucht? Wo kann ich
wirksam werden?
Die Betonung liegt auf „wirklich“, denn es ist oft span-
nend zu beobachten, wie viele Schichten aus Konven-
tion, Gewohnheit und Sorge abgetragen werden müs-
sen, bis das Eigene zum Vorschein kommt. Ob dieses
Eigene dann auch sofort einen Arbeitsplatz- oder gar
Berufswechsel bedeutet, ist eine nachrangige Frage.
Entscheidend ist, Klarheit zu gewinnen: Wer bin ich?
Was will ich? Bin ich dort, wo ich sein möchte? Wie
soll es in meinem Leben weitergehen? Im Coaching
gibt es zahlreiche Methoden, Tools und Arbeitspro-
gramme, die zur Beantwortung dieser Fragen hilfreich
sind.
Ja, es ist möglich, erfüllte und selbstbestimmte Arbeit
zu leisten. Es ist möglich, das zu verändern, was ver-
änderbar ist, und das zu akzeptieren, was nicht verän-
derbar ist. Das Träumen hilft nicht nur im Märchen,
sondern es ist der erste Schritt zur eigenen Berufung
und zur Erfüllung im Beruf – oder in mehreren Beru-
fen.
Wernfried Hübschmann
Jahrgang 1958, ist Lyriker, Essayist, Rezitator und
arbeitet als Business Coach und Berater für zahlreiche
Unternehmen und Einzelklienten.
Mit seiner Familie lebt er im Südschwarzwald.
www.wernfried-huebschmann.de
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VOM Entweder-oder ZUM Sowohl-als-auch
Erfahrungen aus dem Doppelleben eines Dichters und Geschäftsmannes
Dichter, der sich lange versteckte und sich immer
wieder selbst Steine in den Weg legte. Wenn ich Ge-
dichte schrieb und las, verdiente ich kein Geld. Wenn
ich meinem „Brotberuf“ nachging, glaubte ich, meine
Begabung zu verraten. Den Sprung in eine Schriftstel-
lerexistenz (als Beruf) wagte ich nicht. Seitdem sind
viele Jahre vergangen und nur allmählich lösten sich
die inneren Spannungen. Die (zweite) Familie wur-
de zum Fixpunkt, das Leben ordnete sich. Beruf und
Berufung sind kein Widerspruch mehr.
Und nun? Nun ist alles möglich. Ich führe die
Lebensthemen zusammen, komme vom „Entweder-
oder“ zum „Sowohl-als-auch“ und erkenne, wie sehr
die Sprache ein soziales Wesen ist und die sozialen
Strukturen in Unternehmen und Familien ihrerseits
kreative Prozesse abbilden. Die Leitfrage – auch für
meine Klienten – bleibt: Wer bin ich? Bin ich einver-
standen mit dem, was in meinem Leben passiert?
Lebe ich meine Möglichkeiten? Inzwischen kann ich
diese Frage mit einem klaren Ja! beantworten. Nicht
alles ist einfach, aber vieles viel leichter. Umwege?
Nicht wirklich. Lernwege – ja, zahllose. Besonders für
meine Fehler bin ich dankbar! Denn alles war nötig,
damit das möglich wurde, was jetzt der Fall ist.
Wie heißt es bei Rilke (Archaischer Torso Apollos):
❞Denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht: Du musst dein Leben ändern! ❝
Wernfried Hübschmann
Im Alter von 13 Jahren und ein paar Monaten,
während ich unsere Wälder durchstreifte,
hatte ich eine Art Initiationserlebnis, ich
wusste plötzlich, was ich zuvor schon gefühlt
hatte: Ich will schreiben, ich bin Dichter, das
ist meine Berufung!
In den folgenden Jahren beschäftigte ich mich
mit Klopstocks Oden, Schillers Dramen und Hölderlins
Gedichten, las Benn, Celan und Ingeborg Bachmann,
kaufte mir Gedichtbände und ging sogar (ich hatte
noch kein Abitur) an die Uni und hörte Vorlesungen.
Und schrieb fleißig Gedichte, keine Prosa, keine Essays.
Meine Schullaufbahn verlief eher holperig: Fünf Jahre
humanistisches Gymnasium, Pubertätskrise, Schul-
wechsel, mittlere Reife, kaufmännische Lehre, Abitur
auf dem zweiten Bildungsweg, Zivildienst. Dann Stu-
dium der Germanistik und Philosophie sowie parallel
der Sprechwissenschaft und Sprechpädagogik.
Nachdem ich im Alter von 20 einen Lyrikwett-
bewerb gewonnen hatte, riet mir eine namhafte
Schriftstellerin, eine Generation älter als ich: „Gehen
Sie zu einem Verlag. Lernen Sie das Verlagshandwerk
von der Pike auf!“ Diesem Rat bin ich nicht gefolgt.
Ich arbeitete als Journalist, Rezitator und Dramaturg,
ging in die berufliche Erwachsenenbildung und in die
Leitung eines Bildungsinstituts. Machte mich selbst-
ständig als Coach und Berater, gründete mehrfach
Kooperationen, bildete mich weiter, drehte biografi-
sche Pirouetten, zog mehrfach um. Wurde zu einem
Spezialisten für Anfänge.
Und die Dichtkunst, die Literatur?
Es gab sie immer, ich schrieb weiter, publizierte
auch in Zeitschriften und Anthologien. Aber meinen
Traum lebte ich halbherzig. Ich führte ein Doppel-
leben: als Geschäftsmann, Berater, Trainer. Und als
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So viele Menschen spüren den sehnlichen
Wunsch in sich, ihrer Berufung zu folgen.
Und doch tun es die meisten nicht. Warum
ist das so? Und noch entscheidender: Wenn
du dir dessen bewusst wirst, was dich daran
hindert, was kannst du tun, um die Barrieren
beiseite zu räumen oder zu überwinden?
I M P U L S E F Ü R E I N E R F Ü L LT E S L E B E N
Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei. Es bilden sich neue Strukturen des Zusammenwirkens und - lebens.
Aber starke Gemeinschaften brauchen starke Individuen mit Bewusstsein.
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