Hydraulik I
W. Kinzelbach
1. Einführung und Eigenschaften des Wassers
Wasserdisziplinen
• Grundlagenfächer– Hydromechanik (Hydraulik = technische
Hydromechanik)– Hydrologie
• Anwendung– Wasserwirtschaft– Wasserbau– Siedlungswasserwirtschaft
Wo wird Hydromechanik benötigt? (1)
• Wasserversorgung– Grundwasserfassungen und Brunnen– Trinkwassertalsperren– Rohrleitungsnetze und Behälter
• Siedlungswasserbau– Kanalisation – Kläranlagen
Wo wird Hydromechanik benötigt? (2)• Energiewirtschaft
– Wasserkraftwerke– Kühlwasser für Wärme-
kraftwerke– Pumpspeicherung
• Hochwasserschutz– Hochwasserrückhaltebecken, – Retentionsräume– Dämme und Schutzmauern
Wo wird Hydromechanik benötigt? (3)• Seebau und Küstenschutz
– Neulandgewinnung und
Uferschutz
– Deiche, Sperrwerke und
Häfen
– Offshore-Technik
• Binnenschiffahrt und Flussbau– Staustufen und Schleusen
– Kanäle und Hafenanlagen
– Sediment- und Geschiebetransport
Wo wird Hydromechanik benötigt? (4)
• Konstruktiver Ingenieurbau– Belastung von Bauwerken
durch Wind und Wasser– Bodenmechanik
• Umweltschutz– Altlastensanierung– Gewässerrenaturierung– Schadstoffausbreitung
Wo wird Hydromechanik benötigt? (5)
• Landwirtschaftlicher Wasserbau– Bewässerung und Beregnung– Entwässerung und Dränage– Wasserfassungen
Gliederung der Vorlesung• Einführung, Eigenschaften des Wassers• Hydrostatik• Hydrodynamik idealer Fluide• Hydrodynamik realer Fluide• Strömungskräfte• Verlustfreie Rohrströmung• Rohrströmung mit Verlusten• Verlustfreie Gerinneströmung• Gerinneströmung mit Verlusten• Grundwasserströmung
Alle Strömungenstationär undeindimensional
Instationäre und 2D-Strömungen inHydraulik II
Tätigkeiten
• Berechnung von Strömungen (Verteilung von Druck und Fliessgeschwindigkeiten)
• Berechnung von Kräften, die durch Strömungen verursacht werden
• Ziel: Verstehen von Strömungen, Dimensionierung
Empfohlene Bücher
• ...• ...• G. Bollrich, G. Preissler, Technische
Hydromechanik, Bd. 1, Grundlagen, 5. Auflage 2000, 456 S., ISBN: 3-345-00744-4, Verlag für Bauwesen
• …• ….
HydrostatikFliessgeschwindigkeit = 0
HydrodynamikFliessgeschwindigkeit >0
Ideale FluideZähigkeit = 0
Reale FluideZähigkeit > 0
Was ist ein Fluid?
• Fluide (Gase und Flüssigkeiten) und Festkörper
• Unterschied– Fluidpartikel können sich frei gegeneinander bewegen und fliessen
unter der kleinsten tangentialen (Scher-) Kraft. Sie reagieren auf Scherspannungen mit einer Verformungsgeschwindigkeit
– Festkörper reagieren auf Scherspannungen mit einer endlichen Verformung
FluidFestkörper
Scherspannung
dt
d
Arten von Fluiden
– Flüssigkeit: grosse Dichte, starke Anziehungskräfte, behält Volumen bei, bildet freie Oberfläche aus
• Flüssigkeiten und Gase – Was ist der Unterschied?
Flüssigkeit
Freie Oberfläche
Gas
Expandiert
– Gas: Schwache Anziehungskräfte, füllt den ganzen zur Verfügung stehenden Raum aus, bildet keine Oberfläche aus
Im Folgenden interessiert das Fluid Wasser
Eigenschaften des Wassers
• Dichte• Viskosität• Oberflächenspannung• Wärmeausdehnung• Kompressibilität• Dampfdruck• Spezifische Wärme• Löslichkeit von Gasen
Dichte (1)
Wichtig für: Hydrostatischen Druck, Trägheitskräfte, Dichteschichtung in Gewässern
• Definition: Masse pro Volumeneinheit
• Anomalie des Wassers
dV
dmbesser
V
m :
Dichte (2)• Masse pro Volumen
– Wasser (4°C) Wasser = 1000 kg/m3
– Quecksilber Hg = 13500 kg/m3
– Luft (20 oC, 1 atm) Luft= 1.22 kg/m3
• Dichte von Gasen nimmt mit Druck zu (Kompressibilität)
• Dichte von Flüssigkeiten ist nahezu konstant (inkompressibel) bei konstanter Temperatur
Stoff Dichte [kg/m3]
reines Wasser 0°C4°C30°C
999,8999.9995.7
Eis 0°C 917
Salzwasser 3.5% Salzgehalt (Nordsee)
1026
Salzwasser 0.94% Salzgehalt (Ostsee)
1007
Quecksilber 20°C 13546
Heizöl 800 - 900
Benzin 700
Trichlorethen 1300
Luft (bei 1013 Pa und 10°C) 1.25
Dichte (3): Anomalie des Wassers
• Grösste Dichte bei 4°C
• Funktionaler Zusammenhang (näherungsweise)
3 2max( ) 7 10 ( 4)T T
T in °Cmax in kg/m3
992
993
994
995
996
997
998
999
1000
1001
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31
Temperatur (C)
Dic
hte
(kg/
m3)
Gilt für Süsswasser. Meerwasser hat keine Anomalie!!
Spezifisches Gewicht
• Gewicht pro Volumen (z. B. bei 20 oC, 1 atm)
Wasser = (998 kg/m3)(9.807 m/s2)
= 9790 N/m3
Luft = (1.205 kg/m3)(9.807 m/s2)
= 11.8 N/m3
]/[ 3mNg
Viskosität (1)Wichtig für: Strömungszustand (laminar-turbulent), Fliesswiderstände
dA
dF Definition der Schubspannung
Schubspannung hängt von Geschwindigkeitsgradienten ab
Newton‘sche Flüssigkeitdz
dvxxz
Allgemein
n
xfxz dz
dv
Dynamische Viskosität (Ns/m2)
Viskosität (2)Kinematische Viskosität
Stoff (20) 10-6 m2/s
Wasser 1.0
Glycerin 971
Trichlorethen 0.15
(m2/s)
Einheiten einer Diffusionskonstanten. Beschreibt Diffusion von Impuls in Geschwindigkeitsgradient
Viskosität (3)Viskosimeter
FeststehenderZylinder
RotierenderZylinder
v0 Bahngeschwindigkeit
)//(/ 0 dvdz
dv
d
DrehmomentM
aus M
Oberflächenspannung (1)• Wichtig für: Höhe des Kapillarsaums im Grundwasser,
Massstabseffekte im wasserbaulichen Versuchsmodell, Messwehre bei kleinen Überfallhöhen, Mehrphasenströmung
Pro Flächenzuwachs zu verrichtende Arbeit:
dA
dE (N/m)
wasser= 0.073 N/m (bei 20oC)
Wasser
Luft
Keine Nettokraft
Nettokraftnach innen
Phasengrenze
Oberflächenspannung (2)
Kapillarspannung )11
(21 rr
pkap
)cos(4 d
pkap In kreisrunder Kapillaremit Benetzungswinkel
r1, r2, Krümmungsradien
Bei Wasser - Glas: 0
Oberflächenspannung (3)
Benetzungwinkel
Flüssigkeit istnicht benetzend
Flüssigkeit istbenetzend
Beispiele (1)Kapillarer Anstieg zwischen zwei Platten und in Rohr
Unterschied: Bei Platten ist ein Krümmungsradius ∞Bei Rohr sind beide Krümmungsradien gleich
Anstieg aus Gleichgewichtsbedingung: Gewicht=OS-Kraft
Beispiele (2)Druck in einer SeifenblaseVorsicht, zwei Oberflächen bei Seifenfilm
Druck aus Gleichgewichtsbedingung: Druckkraft = OS-Kraft
Druckkraft
OS-Kraft
OS-Kraft
Halbe SeifenblaseSchnittprinzip
Löslichkeit von Gasen (Sauerstoff)
• Wichtig für: künstliche Belüftung (Kläranlagen, Seen, Wehre), Leitungen mit Unterdruck, Wasseraufbereitung, aquatische Fauna
Temperatur [°C]
0 5 10 15 20 30
Sauerstofflöslichkeit[mg/l]
10.2 8.9 7.9 7.0 6.4 5.2
Kompressibilität (1)
• Wichtig für: Schallausbreitung in der Flüssigkeit, Druckstossvorgänge, Grundwasserspeicherung in gespanntem Aquifer
Definition von Kompressibilität dpV
dV
Für Wasser bei 10°C: = 4.73 10-10 m2/N
1
0 d
dpaSchallgeschwindigkeit
In Wasserbei 20°C ca. 1490 m/s
Relative Deformation pro Druckänderung
Kompressibilität (2)• E-Modul (Inverses der Kompressibilität)
für Wasser E = 2.2 GPa
1 MPa Druckänderung entspricht = 0.05% Volumenänderung
Wasser ist relativ inkompressibel
// d
dp
VdV
dpE
Wärmeausdehnung
• Wichtig für Behälterauslegung
dTV
dVDefinition
3( ) 14 10 ( 4) /T T Wärmeausdehnungskoeffizient
= 1000 kg/m3, T in oC
Dampfdruck• Wichtig für Heber und Siphon, Ansaugseite von
Pumpe, Kavitation
mbpCinTT
pps9
00 100213.2,273
5411exp
0 20 40 60 80 1000
200
400
600
800
1000 Dampfdruckkurvep
s = f(T)
Dam
pfdr
uck
[mba
r]
Temperatur [°C]
Wasser kocht,wenn Aussendruck=Dampfdruck