Wohnmedizinfür Fortgeschrittene
Darstellung und Aufarbeitung von wohnmedizinisch interessanten Fällen
M. Pilgramm, P. Ohnsorge
Hochschule OstwestfalenLippe
2. Vorlesung WinSem 2013 / 14M. Pilgramm
2M. Pilgramm, Detmold
M. Pilgramm, Detmold
Fall 119 jähriger Abiturient (männlich)
Großmutter seit kurzem in Seniorenresidenz
besucht Oma regelmäßig samstags/sonntags
gegen 16.00 h
nach dem Besuch immer Übelkeit, Schwindel
und Erbrechen
sonst werden diese Symptome nie beobachtet
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M. Pilgramm, Detmold
Fall 1
die Beobachtungen werden der
Residenzleitung mitgeteilt
das Appartement wird baubiologisch
untersucht
eine kleine „Schimmelecke“ gefunden
das Appartement wird aufwändig saniert
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M. Pilgramm, Detmold
Fall 1
Nach Sanierung hält die Symptomatik an
Nach einem halben Jahr - Lösung des Falles
durch den Hausarzt
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M. Pilgramm, Detmold
Fall 1
LÖSUNG ?
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bei der Oma gibt es grundsätzlich
„Schwarzwälder Kirschtorte“
der Enkel "muss" immer zwei Stück essen
M. Pilgramm, Detmold
Fall 1
LÖSUNG ?
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Im Rahmen von laborchemischen
Untersuchungen wird eine jugendliche
Zuckererkrankung nachgewiesen !
8M. Pilgramm, Detmold
Wohnmedizin erklärt
Stoffwechselerkrankung
M. Pilgramm, Detmold
Fall 2
jugendlicher Patient mit Blutkrebs
Zytostatika Therapie erfolgreich überstanden
befindet sich steil auf dem Weg der Besserung
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M. Pilgramm, Detmold
Fall 2
Krankenzimmer mit höchstem hygienischen
Anspruch
Patient ernährt sich im Rahmen seiner
Lebensphilosophie nach Vorgaben der TCM
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M. Pilgramm, Detmold
Fall 2
es werden immer wieder Pilze im Nasenabstrich
nachgewiesen
das Krankheitsbild fluktuiert
Ärzteschaft und Pfleger verzweifeln
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M. Pilgramm, Detmold
LÖSUNG ?
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die Lösung findet eine erfahrene ältere
Krankenschwester
Fall 2
M. Pilgramm, Detmold
LÖSUNG ?
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In vielen Teeaufbrühungen der TCM-
Mischungen finden sich Pilzsporen,
die inhaliert werden!
Fall 2
Ein Kindergartenkind litt unter chronischenInfekten der oberen Atemwege
Haus- und kinderärztlicheBemühungen vergeblich, trotz extremhäufiger Antibiotikagaben
Eine Rachenmandeloperation zurBefreiung der oberen Atemwegestand bevor
Fall 3
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Schleimhautinspektion undumweltmedizinische Anamnese ließen einetoxisch inhalative Belastung vermuten
Untersuchung im Kinderzimmer zeigte eineerhebliche Formaldehydbelastung
Sanierung machte Operation überflüssig Chronische Infekte verschwanden Gleichzeitig gesundeten Mutter und
Schwester
Fall 3
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Leila, seit dem 18. Lebensmonat einen chronischen Husten
Sensibilisierung auf Hausstaubmilben und Katzenepithelien, Therapie ohne Erfolg
allergologische Hauttestungen auf Schimmelpilze sowie Testung spezifischer Immunglobuline ebenfalls unauffällig
mit der Einschulung kam es zur Verschlechterung
kurz vorher war ein Wasserschaden in der Wohnung „fachgerecht“ beseitigt anschließend „desinfiziert“
Fall 4
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Heilpraktikerin machte auf Schimmelpilzeaufmerksam
umweltmedizinische Anamnese undUntersuchung bestätigte das
eindeutige immunologische Sofort- undauch Spätreaktionen auf Schimmelpilze im WohnzimmerSchlafzimmer in der Waschmaschine
Fall 4
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Wohnzimmer, 25.10 2011 Schlafzimmer, 25.10 2011
Waschmaschine, 25.10 2011 18
sofortige Sanierung brachte Verminderung der Infektionshäufigkeit im folgenden Winter
Der nachfolgend zusätzlich eingesetzte Schimmelsuchhund führte noch zu so vielen weiteren Schimmelnestern,
dass schließlich die Wohnung aufgegeben werden musste
Fall 4
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Eine Patientin betrauerte den plötzlichen Tod ihres geliebten Vaters
Entwickelte dabei eine schwere Hepatitis, als nicht infektiös diagnostiziert
auch keiner anderen erkennbaren Ursache zuzuordnen
Stationäre Behandlungen Absinken der pathologischen Leberwerte
danach schossen diese aber wieder in die HöheLeberpunktionen ließen eine Pilzvergiftung vermuten
Vielfachbelastung mehrerer StressorenFall 5
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Die umweltmedizinische Anamnese zeigte, dass über Jahre typische Symptome von Umweltbelastungen zwar gehört und symptomatisch behandelt worden waren,
aber nicht einer Umweltbelastung zugeordnet wurden
Fehlende umweltmedizinische Ausbildung ließlangzeitige toxische Holzschutzmittelbelastung nicht wahrnehmen
baubiologische Abklärung und die nachfolgende Sanierung des Schlafzimmers führten rasch zur gesundheitlichen Rehabilitation.
Fall 5Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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19.03.79 Chir.: Unklare Oberbauchbeschwerdenbei Z. n. Appendektomie
17.03.80 HNO: Pharyngitis sicca, Septumdeviation04.12.85 Orth.: unklare Gelenkschmerzen13.07.87 HNO: Z. . Nasenseptumoperation,
behinderte Nasenatmung12.06.89 Kard.: Schmerzen in Herzregion,
kardiologisch ohne Befund11.12.89 Orth.: Kribbelgefühle in den Armen, kein
pathologischer Befund25.04.90 Intern.: funktionelle Herz- u.
Oberbauchbeschwerdenim Rahmen eines psychovegetativen Syndroms!!!!
Fall 5 Beschwerde-Kette
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09. – 31.07.90 KKH wegen: Übelkeit mit Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Durchfälle, Augen gelb, Stuhl grau, Urin braun
Hepatitis (non A, non B, non C) Anamnese bei Nachfrage leer auf:
Alkoholkonsum Medikamentenmissbrauch, Toxische Belastung
am Arbeitsplatz zu Haus
1. Akuter KrankenhausaufenthaltFall 5
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05.09.- 17.10.90 KKH zur REHA:
schlechter Allgemeinzustand Übelkeit u. Erbrechen Müdigkeit Gewichtsabnahme Leberwerte wieder angestiegen
Fall 52. Krankenhausaufenthalt
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16.04. – 11.05.91 KKH zur REHA:
Leberwerte zweimal wieder angestiegen Jeweils nach einem gastro-intestinalen Infekt bzw. nach einem Migräneanfall Druckgefühl im Oberbauch
Histologie: derzeit mäßig aktive, chronischaggressive Hepatitis …. auf dem Weg zur Zirrhose
Fall 53. Krankenhausaufenthalt
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24.09. – 01.10.91 KKH zur REHA: Beschwerden
Müdigkeit, chron. Schnupfen Gelegentliches Erbrechen
Diagnosen: chronisch aggressive Hepatitis non A, non B, gastrointestinale Dysmotorik
Haussanierung durchgeführt!
Fall 54. Krankenhausaufenthalt
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15.03. – 21.03. 92 KKH zur REHA: Beschwerden
Relativ beschwerdefrei Etwas Müdigkeit und Schwächegefühl, Ab und zu Ziehen im rechten Oberbauch Völlegefühl
Diagnose:Verdacht auf durchgemachte
toxische Hepatitis
Fall 55. Krankenhausaufenthalt
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Auslöser oder Anlass war der Tod des Vaters (psychischer Stressor)
Das Ganze auf der langzeitigen Basis der chemisch-toxischen Belastung mit Holzschutzmitteln aufgebaut
baubiologische Abklärung und die nachfolgende Sanierung des Schlafzimmers führten rasch zur gesundheitlichen Rehabilitation.
Fall 5Resümee
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Hinter einer chronischen„fixed name“ Erkrankung steckt
häufig ein multifaktorielles Umwelt-Belastungsproblem als Ursache oder
Anlass.
Fall 5Resümee
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Eine 44 jährige Patientinakute Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit mit Brechreiz frieren trotz warmen Temperaturen, Muskelschmerzen Konzentrationsstörungenchemische Überempfindlichkeit
Fall 6Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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begann, nachdem die pubertierenden Kinder neue große Lautsprecherboxen inklusive einer neuen Stereoanlage im Wohnzimmer installiert hatten.
Sofort Netzfreischalter im Schlafbereich Erleichterung der Kopfschmerzenumfangreiche andere Symptomatik blieb,
besonders chemische Überempfindlichkeit (MCS), Arbeitsunfähigkeit
Fall 6Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Umweltmedizinische Anamneseerhebung undUntersuchung:
erhebliche toxische Belastung mit XyladecorPentachlorphenolFormaldehyd im Schlafzimmerschrank
Vielfache Nahrungsmittelintoleranzen
Fall 6Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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nach strenger Haussanierung, jahrelanger umweltmedizinischer Therapien Ökotrophologisch geführten Diät
Heilungsprozess stetig gebessert inklusive der Nahrungsmitteltoleranz Erträglichkeit unvermeidlicher
elektromagnetischer Felder
Fall 6Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Zurückblieb ein gewisses Maß an chemischer Überempfindlichkeit
Arbeitsfähigkeit wiedererlangt
Vigilanz soweit wieder hergestellt
Ausbildung zur Heilpraktikerin,heute arbeitet sie als solche selbstständig.
Fall 6Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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junge Frau bezog nach dem Stress derDiplomarbeit als Kommunikationsdesignerin mitihrem Freund zwei Zimmer einer neuenWohngemeinschaft Räume waren vorher restauriert sauberer und wohnlicher Eindruck alles lief bestens mit dem Freund und auch in der WG gute Anstellung an der Uni
Zwei Monate später begannen Kribbelgefühle anden Armen, gedeutet als Wirbelsäulenprobleme
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Zunehmend aufsteigendes Kribbeln auch anbeiden Beinen
Müdigkeit Schwindel
Neurologische Untersuchungen haben dann sehrschnell eine Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert,untermauert von typischen Befunden derKernspintomographie des Schädels und derRückenmarkspunktion
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Sofort umfangreiche Behandlung begonnen Hörsturzin dessen Folge wir in die Diagnostik und Therapie
eingebunden wurden
Zu diesem Zeitpunkt wurde schon geklagt übergestörte Motorik der HändeBenommenheit Konzentrationsstörung
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Umweltmedizinische Anamnese: potentielle, nicht mehr genau zu analysierende
Vorbelastung mit Holzschutzmitteln im Elternhaus Schwermetallbelastungen einschließlich
Quecksilber aus Zahnamalgamen bei bekannter Nickelallergie vor 10 Jahren feste
Zahnspangenversorgung
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Umweltmedizinische Anamnese: Im Studium hatte sie in einer Gärtnerei gearbeitet
Kontakt mit Bioziden Hautreaktionen Langandauernde Kontakte mit Klebern und
Kunststoffen im Studium mit Hautausschläge anHänden und um die Augen
Kontakte am Arbeitsplatz mit Tonern ausLaserdruckern
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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Umweltmedizinische Anamnese: In vorheriger Wohnung beim Auszug ein
großflächiger Schimmelbewuchs festgestellt
Wandschimmel hinter dem Kleiderschrank unter dem Bett unter der Matratze
Fall 7Vielfachbelastung mehrerer Stressoren
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noch akute Borrelioseerhebliche
SchwermetallbelastungBlei KupferNickelQuecksilberPalladiumZinn
im neuen Wohnbereich:PyrethroideLindanDichlofluanid
Fall 7umweltmedizinische akute Analytik
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Richtwerte:
Lindan1mg/kg
Permethrin1mg/Kg
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Vitamin D- und B2- sowie B12-Mangel Funktionsstörungen im Entgiftungsstoffwechsel
Genetik: Polymorphismen der EntgiftungsenzymeVerstoffwechselung von vielen Toxinen nicht schnell genug nicht in einem ausreichenden Umfang
nicht entgiftete Schadstoffe in Zwischendeponievornehmlich im FettgewebeNervengewebe
Hier schließt sich der Kreis!!!
Fall 7umweltmedizinische akute Analytik
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Nach fünf Monaten Therapie: Infusionen mit Mikronährstoffen zur Stabilisierung
des oxidativen und nitrosativen Stresses Therapie der Borreliose Physikalische Detoxifikations - Strategien Lipophile Toxine Schwermetalle
Optimierung des Fremdstoffmetabolismus
Fall 7Therapieerfolg
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Nach fünf Monaten Therapie:verschwunden:
aufsteigendes Kribbeln an den Beinen Beeinträchtigung der Motorik der Hände Hörstörung Müdigkeit Benommenheit Schwindel Konzentrationsstörung
Fall 7Therapieerfolg
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Achtung FalleOft übersehen!
Eine scheinbar reaktiv ausgelöste,psychosomatische Erkrankungen
ist oft nicht allein ausgelöst durchpsycho-sozialen Stressoren
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Hätte man sich im nachfolgenden Fall bei der Diagnostik und Therapie allein auf die Psychosomatik gestützt, wären
toxische und biologische Stressorenweiterhin gesundheitlich belastend gewesen,
Gesundungsprozess unmöglich geworden, Erkrankungsverschlimmerung gesichert.
Achtung FalleOft übersehen!
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unmittelbar mit der Konfrontation der lebensverändernden Diagnose „MS“ der Freundin eine erhebliche tiefgreifende DepressionArbeitsunfähigkeitKribbelgefühle der Peripherie,Konzentrationsstörungengestörter NachtschlafKopfschmerzen kontinuierliche starke Benommenheit
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Fall 7 + 1Partner der jungen Frau
Der betreuende Neurologe diagnostizierte auf Grund des Vorgeschehens ohne weitere Untersuchungen eine reaktive Depression
Er behandelte mit entsprechenden Antidepressiva
ohne durchgreifenden Erfolg
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Fall 7 + 1Partner der jungen Frau
Schimmel- und toxische Belastung in den WohnbereichenSchwermetallbelastungen aus beruflichen Bereich
Nickel Blei Arsen Quecksilber
toxische Belastungen Pyrethroiden Lindan Dicholfluanid
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umweltmedizinische Anamnese
Fall 7 + 1Partner der jungen Frau
Nach umweltmedizinischer umfangreicher Therapieklangen die Depressionen rasch abKopfschmerzen verschwandenKonzentrationsfähigkeit kam zurückdie Kribbelgefühle wurden nicht mehr wahrgenommenNachtschlaf normalisierte sichWas nur langsam abklang waren leichter Schwindel
und Benommenheit
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Fall 7 + 1Partner der jungen Frau
Aus der Arbeit der Klinischen Umweltmedizin erwachsen tägliche neue Erkenntnisse überSchädigung des Individuums durch Umwelt-Stressoren
und deren Bewältigung
Damit stellen die „Klinischen Umweltmediziner“ ein Frühwarnsystem dar fungieren quasi als Whistleblower
Mit der Chance eine primären Prävention zu starten
Klinische Umweltmedizin
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Dieses Wissen in die Wohnmedizin übertragen Häuser und Wohnungen von vornherein
gesundheitlich integer zu konzipieren primären gesundheitlichen Prävention Hilfe die exponentiell ausufernden Kosten
im Gesundheitswesen einzudämmen allgemeinen volkswirtschaftlichen Gewinn verbesserten Wettbewerbsfähigkeit im
globalen Vergleich.
Wohnmedizin integraler Bestandteil der Klinische Umweltmedizin
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Vielen Dank
56M. Pilgramm, Detmold
Vielen Dank
57M. Pilgramm, Detmold