Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
JENS PETER LAUT Höllische Fehler Originalbeitrag erschienen in: Michael Hahn (Hrsg.): Suhrllekhah : Festgabe für Helmut Eimer. Swisttal-Odendorf: Indica et Tibetica Verlag, 1996, S. [121] - 136
Höllische Fehler
Jens Peter LAUT
Helmut EIMER, dessen Kollegialität und Hilfsbereitschaft ich seit mehr als fünfzehn
Jahren zu schätzen weiß, hat den Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit auf die
Erforschung tibetischer Handschriften und Blockdrucke gelegt. Wenngleich ich zu
diesem Bereich nichts beitragen kann, das vor seinen Augen bestehen könnte, hoffe ich
doch, sein Interesse mit einigen Bemerkungen zu uigurischen Handschriften eines bud-
dhistischen Textes zu finden, der ihm durch eine gemeinschaftliche Arbeit aus der
Mitte der 80er Jahre gut bekannt ist.' Die akribische textkritische Arbeit des Geehrten
hat ihn ein besonderes Auge für handschriftliche Errata entwickeln lassen, und deshalb
soll hier ein ungewöhnliches Beispiel für Fehlleistungen eines zentralasiatisch-türki-
schen Abschreibers vorgestellt werden.
Die 1959 in Hami (= Qomul, Xinjiang, VR China) gefundene Abschrift des be-
rühmten alttürkischen Maitreya-Werkes Maitrisimit Skt. Maitreyasamiti) ermöglicht
es, die beiden anderen Manuskripte aus Sänim und Murtuk, deren Blätter bislang oft
nur unzutreffend angeordnet werden konnten, in weiten Teilen in eine neue Ordnung zu
bringen.' Die vorliegenden falschen Zuordnungen durch A. VON GABAIN, 3 denen sich
Ş. TEKIN4 weitgehend angeschlossen hat, sind hauptsächlich auf den fragmentarischenZustand vieler Blätter - und damit auch der Paginierungen - zurückzuführen: Fehllei-stungen der uigurischen Schreiber, wie z. B. unzutreffende Blattzählungen etc., sindhingegen sehr selten der Grund für Irrtümer der späteren Bearbeiten'
1 Vgl. Maitrisimit (Hami).
2 Vgl. LAUT 1986, 1990 und 1994.
3 Vgl. Maitrisimit (atü.) I und II .
4 Vgl. BT IX. Der grundsätzliche Wert der Maitrisimit-Arbeiten der Neiden Gelehrten bleibt natürlichunbestritten.
5 Ein Beispiel hierfür ist die falsche Kapitelangabe in Taf. 118, was A. VON GABAIN in Beil' II, S.16, eine Phantom-Hs. vermuten ließ; vgl. LAUT 1986, S. 20-21. Meine Vermutung einer falschen Pagi-nierung von Taf. 153 (vgl. LAUT 1986, S. 31) hat siclı bald als Irrtum meinerseits herausgestellt: Eshandelt sich um das Blatt 9 des 15. Kapitels (vgl. LAUT 1994, S. 89). Zu Manuskriptfehlern im alttürki-schen Schrifttum allgemein s. LAUT
Suhrllekhah. Festgahe für Helmut Eimer. Swisttal-Odendorf 1996 (IeT. 28.), S. 121-136.
122 Jens Peter LAUT
Die Maitrisimit-Abschrift aus Hami stammt sehr wahrscheinlich aus dem Jahre 1067'
und wäre damit die jüngste der drei bisher bekannten. Dennoch kann sie sich, was die
Überlieferungsqualität anbelangt, durchaus mit dem Sänimer Manuskript (9./10. ih.)
messen. Häufiger als in der Sänimer Abschrift sind jedoch orthographische Flüchtig-
keitsfehler wie Dittographien, fehlende bzw. überflüssige L-Haken etc., die in unserem
Zusammenhang allerdings keine Rolle spielen.'
Eine ungewöhnliche Häufung von schwerwiegenden Fehlern eines Abschreibers des
Hami-Manuskripts findet sich jedoch innerhalb der Kapitel, die die buddhistischen
Höllen (Kap. 20-25) bzw. Himmel (Kap. 26-27) beschreiben.' Im Verlauf meiner Tran-
skription des 25. Kapitels, das mir in Photos von GENG Shimin vorliegt, wurde allmäh-
lich deutlich, daß dieses Kapitel z. T. falsche Paginierungen sowie Vertauschungen von
Textblöcken ganz verschiedener Kapitel enthält. Sind die Blätter 2-3' noch völlig un-
problematisch, so beginnt auf der Rückseite von Blatt 4 ein textliches Chaos, das durch
eine fehlerhafte Paginierung auch nicht an Transparenz gewinnt. Mit den Zeilen 1-8
verso liegt zunächst ein Paralleltext zur Sänimer Handschrift vor,11 und auch das erste
Wort der 9. Zeile ("VD') ist noch hierher zu stellen: Beginnend mit dem weiteren Text
in Zeile 9 (sözläyür .. bo y(e)mä törtünc ik/i/)'' bis hin zur letzten Zeile (Z. 25) befin-
den wir uns jedoch unmotiviert auf dem Blatt *5 verso (Z. 15-31) des 25. Kapitels.
6 Dieses Datum schlägt J. HAM11;ı'oN in einem Brief an H. -J. KI,IMKı rr vonı 27. Mai 1989 vor:,,... the date gi yen in the IZ. 3: koy(u)n yıl zün ı ı nc7 ay; Zusatz JPLI of a 3rd intercalary
moon in a sheep year would correspond to 1067 in the Chinese calendar. The oııly other sheep yearswith 3rd intercalary moon being 551 and 1727."
7 Wegen der geringen Anzahl der Blätter kaıın die älteste Abschrift aus Murtuk leider kaum zunı Ver-gleich herangezogen werden. Zu einem ersten textkritischen Vergleiclı der Manuskripte aus Sänim undHami vgl. LAUT 1986, S. 49-58.
8 Eine endgültige Beurteilung der Hami-Handschrift kann natürlich erst nach einer Edition aller Text-
teile erfolgen, doch meine Durchsicht der unedierten Teile des Manuskripts hat gezeigt, daß sich der bis-
her vorliegende Eindruck kaum ändern wird. - An typischen orthographischen Fehlern der Hami-Hand-
schrift ist hei LAUT 1995, S. 115, Z. 4 und 6, nachzutragen: yarayur-lar (inı Manuskript: Y'L "YWR-
L'R) und köz/ü/nıüzni (inı Manuskript: KWYYZI IMWZNY).
9 Das 26. Kapitel der Hami-Handschrift ist leider nicht erhalten. Eine Edition der Höllen- und Him-
melskapitel durch GENG Shimin, H.-J. KLIMKEIT und J. P. LAUT unter dem Arbeitstitel „Eine buddhisti-
sche Apokalypse" ist in Vorbereitung (vgl. LAUT 1995, S. 1 13, Anm. 16).
10 Das erste Blatt des 25. Kapitels der Hami-Handschrift ist nicht erhalten.
11 Der Sänimer Paralleltext findet sich auf dem „verlorenen Fragment" Nr. 51/116/174, Z. 8-16
(Beih II, S. 61).
12 Sänimer Parallele auf Taf. 82 v. 31 / Taf. 83 r. 1 (BT IX, S. 206). Vgl. auch Anm. 23!
Höllische Fehler 123
Den gesamten merkwürdigen Textbefund soll die folgende Übersicht darstellen:13
Blatt 4 verso: Z. 1-9 = 25. Kap., Blatt 4 verso, Z. 1-9,
Z. 9-25 = 25. Kap., Blatt *5 verso, Z. 15-31.
Blatt A recto: Paginierung: 24. Kap., Blatt 7
Z. 1-30 = 27. Kap., Blatt *7 recto, Z. 1-30.
Blatt A verso: Z. 1-17 = 27. Kap., Blatt *7 verso, Z. 1-17,
Z. 17-30 = 25. Kap., Blatt 4 verso, Z. 9-22.
Blatt B recto: Paginierung: 24. Kap., Blatt 8
Z. 1-30 = 25. Kap., Blatt *5 recto, Z. 1-30.
Blatt B verso: Z. 1-14 = 25. Kap., Blatt *5 verso, Z. 1-14,
Z. 15-30 = 24. Kap., Endblatt, Z. 1-15.
Nach diesem unorthodoxen Textblock schließen sich die folgenden Blätter des 25.
Kapitels (6-11 [Endblatt]), deren Paginierungen leider nicht erhalten sind, ohne jede
weitere Unregelmäßigkeit an.
Die auffälligsten Unregelmäßigkeiten unseres genannten Textblocks bestehen 1. in
der fehlerhaften Paginierung (24. Kap.) und 2. im Erscheinen des 27. Kapitels. Es bot
sich also ein Blick in dieses letzte Kapitel der Maitrisimit an: Dort findet sich tatsäch-
lich, soweit die Paginierungen erhalten sind, 14 stets die gleiche unzutreffende Angabe
tört otuzunc ülüs „24. Kapitel". Vom eigentlichen 24. Kapitel der Hami-Handschrift ist
jedoch, bis auf die oben genannten fünfzehn Zeilen auf Blatt B verso, nichts erhalten.
Wie könnte diese merkwürdige Fehlerhäufung, die meines Wissens in uigurischen
Handschriften erstmals bezeugt ist, zu erklären sein? Ich vermute, daß die Gründe 1.
in einer fehlerhaften Vorlage, die der Schreiber zur Verfügung hatte, und 2. in dessen
kaum zu überbietender Unaufmerksamkeit zu suchen sind: Eine bewußte Irreführung,
die allen buddhistischen Anschauungen über das religiöse Verdienst des Abschreibens
widerspräche, dürfte hingegen auszuschließen sein.
Wie könnte man sich die fehlerhafte Vorlage vorstellen? Zunächst ist davon auszuge-
hen, daß bereits diverse Blätter der betreffenden Maitrisimit-Handschrift, aus welchen
Gründen auch immer, nicht in der richtigen Reihenfolge lagen. Des weiteren möchte
13 Mit „Blatt A" und „Blatt B" werden die beiden Blätter bezeichnet, die sowohl eine unzutreffende
Paginierung als auch divergierende Textblöcke verschiedener Kapitel aufweisen.14 Es handelt sich dabei um die Blätter 3-7. Die Paginierung von Blatt 1 ist zerstört, Blatt 2 ist nicht
erhalten, und mit dem 7. Blatt, das, wie oben gezeigt, auch einen Textteil von Blatt 4 verso des 25. Ka-
pitels enthält, bricht der Text ab. Der durchschnittliche Umfang eines Kapitels beträgt 10-15 Blätter.
124 Jens Peter LAUT
ich vermuten, daß die Vorlage des Hami-Schreibers ein anderes Format hatte als die
darauf beruhende breitformatige und meist dreißigzeilige Hami-Handschrift. 15 Allem
Anschein nach ist, wie ich zu zeigen hoffe, von einem wesentlich kleineren Manuskript
auszugehen, vielleicht von ca. sechs Zeilen umfassenden hochformatigen Blättern, ähn-
lich denen, die z. B. aus Abschriften des uigurischen Suvarnaprabhâsasütra16 oder des
uigurischen Ksanti kılguluk nom bitig17 bekannt sind. Ein Blick auf die oben gegebene
Übersicht zeigt nämlich, daß, wenn zwei nicht zusammengehörige Textteile auf einer
Seite der Hami-Handschrift erscheinen, diese jeweils etwa die Hälfte einnehmen, also
im Durchschnitt 15 Zeilen. Diese ca. 15 Zeilen müssen den Textbestand von zwei
Blättern (recto und verso) der Vorlage wiedergeben, denn nur so läßt sich eine Ratio
hinter der Fehlleistung ausmachen: Das Minimum der Abschreibekunst, nämlich das
Blatt-für-Blatt-Übertragen einer Vorlage, darf m. E. vorausgesetzt werden. Auch die
merkwürdige Trennung von zusammengehörigen Textteilen kann mit der Annahme
einer kleinblättrigen Vorlage erklärt werden: Dem Schreiber müssen z. B. für das
Hami-Blatt *5 verso, das sich über zwei Blätter verteilt findet,18 vier Blätter der Vorla-
ge, und diese in falscher Reihenfolge, als Grundlage gedient haben. Anhand des auf
Blatt B verso befindlichen Textes von *Blatt 5 des 25. Kapitels (Z. 1-14) bzw. vom
Endblatt des 24. Kapitels (Z. 15-30) (s. Abb. 1) sei der Sachverhalt plastisch darge-
stellt: Fette Zeilen markieren den ungefähren Umfang der jeweiligen Vorderseite, un-
terlegte fette Zeilen den der jeweiligen Rückseite der postulierten vier Blätter der Vor-
lage:19
15 Das durchschnittliche Format der Hami-Handschrift beträgt - bei nunmehr anzusetzender senkrech-
ter Leserichtung - 21,7 cm (h) x 47,5 cm (br); vgl. LAUT 1990, S. 259, Anm. 9 (dort wird noch von
waagerechter Leserichtung ausgegangen).16 Vgl. VOHD, S. 8-13 und Tafel 2-9. Der damaligen waagerechten Leserichtung entsprechend, wer-
den diese Fragmente noch als „breitformatig" bezeichnet.17 Vgl. WARNKE 1983, S. 259-268 (Abb. 1-20).18 Blatt 4 verso und Blatt B verso; s. oben, Ubersicht.19 Zur Transkription s. Anm. 37! Die Angaben rechts weisen auf die Parallelen der Sänimer Hand-
schrift hin; der unterbrochene Strich zeigt den geschätzten Umfang eines Blattes (r. + v.) des Manu-
skripts der Vorlage, die doppelt punktierte Linie zeigt den Beginn der gestörten Reihenfolge der Blätter
an.
Höllische Fehler 125
( 25. Kap., Blatt *5 verso, Z. 1-14)
1 bädük käkdälig okaklar icintä sokar-
2 lar .. antada basa ulug bädük bazkan-
3 ların tokıyurlar örtlüg tämirlig4 torlar icintä yörgäyürlär , . ä.mgäkkä
5 fılürlär 20.. yä.nä: y(e)mä tirilürlär körtio-6 lär sagät tarnum9 korkmbg,,
7 in kim bo muntag 0 törlüg tsuylug
8 yazoklug tınlag larıg kın kızgut9 tägintürür yeg u bolgay bilgä10 kisi kurıp katıp turu ölzün näg
11 sanat tamuda tug<g)uluk arg 'ahne12 kılmazun yä><xü ok purne arbant13 küü Käfig äıdrämin kamag e (a) mbudvip uIug-
14 takı trnlüglärka estitirü incä tep
(24. Kap., Endblatt, Z. 1-16)
15 (*1) az almır sakın kögül(1}üg ärdi-lär ol
16 (*2) tıltagın amtı bo cadar suvlug ögüztä17 (*3) tugmıs ärür-lär . , ilkidä yal(a)guk azunınta18 (*4) [ärkän] kılmıs tsuyların irincülärin19 (*5) Mit] kganti krinıadı«lar. . ^ik'ı^ı^ir köeäl20 (*6) [ıîritmäd.lj-läar ol antag ııgırä^ - 1 ügrätig21 (*7) [nıejün'auıti meni körüp y(e)aıä artok22 (*8) [kälmäd]i«lar . . bir y(e)ınä ärtıl;aktin tıznıatnn
23 ( *9) [ikilä] yerkä kirdilär . . amarıları kada-24 (*10) [sudur sa]gat rurap maharurap tapan
25 (*11) [pratapan avis] ulatı säkiz ulug örtlüg26 (*12) [tamularka bardı]lar .. anı esidip ärüs27 (*13) [Ufa kut] bulmaduk toyin-lar kop ilig
28 (*14) Ctutug az]lannıak kölgül(a}ä.rırı tarkarıp29 (*15) [alkul üızvani-tarıg arhaı.rıt kutın30 (*16) bulur-lar , , rnaytri-simit nom bitigud
2'' Inı Manuskript: 'WLYYWRL'R.
Taf. 82 v. 15-16
Taf. 82 v. 31
Taf. 221 r. 6
Mz 1083 r. 1
U 3781d r. 2
Taf. 221 r.15
Taf. 219 r. 1
Taf. 175 v. 2
Taf. 219 r. 7 /Taf. 175 v. 11
126 Jens Peter LAUT
Wenn meine Vermutung zutrifft, läge erstmals ein indirekter Beweis dafür vor, daßes zumindest eine Handschrift der Maitrisimit in einem gänzlich anderen Format alsdem der drei bisher bekannten Manuskripte gegeben hat. Dies wäre bei einem seinerzeitweit verbreiteten türkischen Text auch nichts Ungewöhnliches, wie z. B. divergierendeFormate bei den gut zwanzig verschiedenen Abschriften des Altun yarok sudur21 oderbei den zwölf bisher bekannten Manuskripten des Ksanti kılguluk nom bitig 22 zeigen.
Es bleibt die Frage offen, wie die fehlerhafte Paginierung „24. Kapitel" zu erklärenist, der der Schreiber, wie dargestellt, lediglich einen Teil des Endblattes dieses Kapi-tels, aber vor allem Textteile des 27. (und 25.) Kapitels subsumiert hat. Lag wiederumein Fehler in der Vorlage vor, deren möglicherweise nur blattzählende Paginierung derAbschreiber rein mechanisch (und damit falsch) in seine Zählung nach Kapitel und Blattumgesetzt hat? Nicht auszuschließen wäre auch, daß der Schreiber, dem ja bereits dieunzutreffende Blattordnung seiner Vorlage nicht aufgefallen ist, das 24. Kapitel über-blättert hat u. dgl. mehr. Wie dem auch sei: Keine der möglichen Theorien könnteeinen mehr als hypothetischen Gehalt für sich in Anspruch nehmen, nicht zuletzt des-wegen, weil das 26. Kapitel nicht erhalten ist und der Text der Hami-Handschrift derMaitrisimit nach dem oben genannten Blatt B verso nicht mehr erhalten ist. Leider istauch keine Paginierung des 25. Kapitels erhalten, die weitere Schlüsse erlauben könnte.Sicher ist nur, daß der Abschreiber unserer betreffenden Textteile seine Arbeit äußerstunkonzentriert verrichtet haben muß: Der Zusammenprall von inhaltlich und gramma-tisch nicht kompatiblen Syntagmen 23 ist so evident, daß nur ein rein mechanisches Ab-schreiben ohne jede Reflexion als Erklärung für das Nichtbemerken der Fehler zu su-chen ist. Ebenso dürfte es sich im Fall der falschen Paginierungen verhalten haben:Dem Schreiber hätte sonst auffallen müssen, daß er ausgerechnet ein Himmelskapitel(Kap. 27) mit einer höllischen Paginierung (Kap. 24) belegt. Oder könnte man sogarvermuten, daß der Abschreiber der betreffenden Kapitel gar kein Türke war, sondernals bezahlter „Profi-Schreiber" lediglich die uigurische Schrift beherrschte? Die Art derFehler macht in jedem Fall deutlich, daß zumindest Teile der Hami-Handschrift derMaitrisimit nicht etwa nach Diktat eines Mitmönchs geschrieben wurden, sondern daßdiese auf dem Abschreiben einer Vorlage beruhen.'4
21 Freundliche Mitteilung von Frau Dr. S.-Ch. RASCHMANN (Berlin), die z. Zt. einen Katalog aller
alttürkischen Handschriftenreste des Goldglanz-Sütra aus den Berliner Beständen erstellt.22 Vgl. WARNKE 1983, S. 243. Eine Gesamtedition aller Manuskripte des Textes durch Frau Dr. I.
WARNKE (Berlin) ist in Vorbereitung.23 Vgl. z. B. Blatt 4 verso, Z. 7-11 (Text 1 fett, Text 2 unterlegt): [ilkidä] k[ı]ImıA ayıg kılınelarnıg
t[ü intä] ayda snzläyür + ha y(e)mi tortune *Ui mııl yetıi yUi artokt sakiz an bera ulug rurap adetamu ärür.
24 Dies habe ich bereits für die Sänimer Handschrift der Maitrisimit vermutet; vgl. LAUT 1992, S.136-137: „Es ist schwer vorstellbar, daß zwei Mönchen, also dem Vorleser und dem Schreiber einesTextes, gleichzeitig Fehler dieser Art unterlaufen sollten."
Höllische Fehler 127
Anhang:Edition des Schlußteils des 24. Kapitels der Maitrisimitnach den Handschriften aus S gim, Murtuk und Hami
Unser „bummliger Abschreiber", 25 der, wie ich gerne gestehe, meine Arbeit am
Text zunächst vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt hat, die ohne Kenntnis der Säni-
mer und Murtuker Parallelen wohl kaum zu lösen gewesen wären, hat mit dem oben in
Transkription vorgelegten Teil des Endblatts des 24. Kapitels immerhin wesentlich dazu
beigetragen, unsere Kenntnis dieses Kapitels zu bereichern. Im Verlauf meiner Arbeit
an der Katalogisierung der Berliner Manuskripte der Maitrisimit im Rahmen der KOHD
hatte sich bereits gezeigt, daß über die wenigen von A. VON GABAIN26 und Ş. TEKIN27
in dieses Kapitel gestellten Fragmente hinaus noch mehr Bruchstücke hier einzuordnen
sind.28 Durch die Kenntnis des Hami-Schlußblattes war es nunmehr auch möglich, das
Endblatt der Sänimer Handschrift zu identifizieren und zu rekonstruieren sowie den Pa-
ralleltext der Handschrift aus Murtuk zu bestimmen. Erstmals in der Erforschung der
Textgeschichte der Maitrisimit kann also auf drei Handschriften für einen Textpassus
rekurriert werden.
Zunächst hat sich gezeigt, daß Taf. 175 nicht das Endblatt des 21. Kapitels, 29 son-
dern das des 24. Kapitels ist: Zudem kann die Tafel durch die beiden zusammengehöri-
gen, bisher unpublizierten Bruchstücke Mz 1083 und U 3781d ergänzt werden (s.
Abb. 2).30 Des weiteren war es nunmehr möglich, die Tafeln 219 und 221 (Murtuker
25 So die Charakteristik anderer türkisch-buddhistischer Abschreiber, die wohl auf W. BANG persön-
lich zurückgeht (TT VI, S. 93).26 Vgl. Beih II, S. 34.27 Vgl. BT IX, S. 199-202.28 Zum 24. Kapitel der Sänimer Handschrift gehören die Tafeln 179 (Blatt 1), 180 (4?), 79 (5),
80+59 (6), 105 (8) und 175 (+ Mz 1083 + U 3781d = Endblatt). Von den lediglich zwölf erhaltenen
Blättern des Manuskripts aus Murtuk gehören acht Blätter in das 24. Kapitel: Vgl. hierzu meinen Kata-
logband der Berliner Maitrisimit-Handschriften (in Vorbereitung für den Druck).29 So BT IX, S. 181; in Beih I, S. 59, und Beih II, S. 33, wird noch vermutet, daß Taf. 175 auch in
das 24. Kapitel gehören könnte.30 Die beiden Fragmente befinden sich z. Zt. im Depositum der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften in der Staatsbibliothek Berlin PK. Für die Erstellung der Photos bin ich Frau
HAMANN (Berlin) sowie der Staatsbibliothek Berlin PK verbunden.
128 Jens Peter LAUT
Handschrift), die dem Endblatt des 24. Kapitels' der anderen Manuskripte korrespon-
dieren, zu einem Blatt zusammenzufügen: Bisher waren weder diese Zusammengehörig-
keit noch die Position der Fragmente im Text erkannt worden. 32 Auch der nur in Teilen
erhaltene Name des 24. Kapitels 33 kann nunmehr mit ziemlicher Sicherheit rekonstruiert
werden: Wie bereits der Inhalt nahelegt, 34 dürfte zu „Das Zeigen von [Klein-Höllenwe]-
sen mit [Gier]-Maya" o. ä. 35 zu ergänzen sein: Dies wird auch durch die Passage in
Taf. 226 v. 2-6, dem Blatt 328 der Murtuker Handschrift, bestätigt: kop kamag ayıgy(a)vlak törülärig b(ä)lgürtdäci bütürdäci artamıs köqül kögüz ärür .. köıül /kö/güzügartatdacı az almır kögül ärür „Es ist der mißratene Maya 2 , der alle, schlechten, Dhar-
mas erscheinen läßt und vollbringt, und das, was den Maya 2 mißraten läßt, ist die
Gier," . 36
Oben ist bereits das Endblatt des 24. Kapitels der Hami-Handschrift in Umschrift
vorgelegt worden: Im folgenden seien die betreffenden Blätter der Handschriften aus
Sänim und Murtuk in Transkription gegeben:3'
31 Bekanntlich zählt die Handschrift aus Murtuk nicht nach Kapiteln, sondern weist eine reine Blatt-
zählung auf; in unserem Fall kann die Blattzahl *329 rekonstruiert werden.
32 Vgl. BT IX, S. 260-262. In Beih II, S. 40, wird für Taf. 219 eine Zugehörigkeit zum 24. Kapitel
immerhin nicht ausgeschlossen.33 Taf. 175 v. 12-13.34 Vgl. insbes. LAUT 1986, S. 204-207.35 So verlockend die einfache Ergänzung laz ulmı/r kögüzlü/g/ „mit [Gier2 i-Maya" in Taf. 175 v. 12
auch wäre, so scheitert sie doch am Graphem vor kögüzlüg, das ich guten Gewissens nur als K lesen
kann: Sollte zu /az bili/g kögüzlüg zu ergänzen sein?36 Korrigiere die Übersetzung in BT IX, S. 263. Zur alttürkischen Interpretation von Skt. ûsa_ya s.
LAUT 1986, S. 207.
37 Die Transkription bzw. Transliteration folgt den Regeln des UigWb. In [ 1 stehen Ergänzungen bei
zerstörtem Text, mit ( ) wird Defektivschreibung angezeigt und < ) bezeichnen eine Ergänzung gegen das
Manuskript. Ein 0 zeigt den Schnürlochkreis an, Kursivschrift weist auf unsichere Lesungen hin und
zwei Punkte stehen für die Interpunktionen der Handschriften. Die Angaben rechts neben dem Text wei-
sen auf die Parallelstellen der anderen Manuskripte hin.
Höllische Fehler 129
1. Sänimer Handschrift (Taf. 175 + Mz 1083 + U 3781d):
Vorderseite:
1 101 är ol] münüg kadag [arıtu]
Taf. 226 v. 232 lulmaz . . 'ärl kenintä [kisisi körk]-
3 [lüg] tisi yäk ol 'äri[g yemä]
4[ yeyür y]okadturur anc( u] l[ ayu yemär
5[ az almır nizvlani 0 bulun a[lınc]6 [körkin kill] 0 nı[p] tınl(ı)g-l[ar]-7 Inn] künl 0 küninä
8 [ädgülüg tözl 0 y(ı)ltız [ 1
Taf. 226 v. 289 [ yok kılu]r .. ol tıltalgın 110 [ ]L[' ]RY artatıp 1 111 [ ]R . . anın ädgü [ ]12 1 1 tep küsägl i-lär [ 1
13 [az]lanmak nizvani- lar-ka [ ]
14 [ ] agulug yılan-ka [ ]15 [ ä]t'özüg küyü küzäd[ü 116 [ k u m ol kasip b[ur]han [sazin]- Taf. 221 r. 2
17 [ınta ]QY [ 1
(Lücke von ca. 9 Zeilen, anschließend Mz 1083 + U 3781d):
1 (*28) y(e)mä [artok kälmädilär bir yemä] Taf. 221 r. 13 / Hami 24 Ende, Z.
2 (*29) bo ämg[ä]ktin ozmat[ın ikilä]3 (*30) yerkä kirdi-lär am[arıları sanĞipl4 (*31) tamuka bardı-l[ar amarıları(?)]
Rückseite:
1 [kadasudur sanat rurap maharurap]
2 [tapan prata]pan avis ulatı s[akiz ulug]
3 [ör]tlüg tamu- lar-ka bard[ılar anı eğik4 [dip] ärüs üküs kut [bulma]-
5 [duk] toyin-lar kop ilig [tutug]39
6 azlanmak kön 0 gü[ l lärin ]
7 [tarka]rıp [ 1' o [alku]8 [ nizvani ]lar 0 [ ıg ]
Taf. 221 r. 17 / Taf. 219 r. 1
38 Die Zeilen 4-6 recto befinden sich z. T. auf einem Fragment, das auf Taf. 175 falsch positioniert
ist (verso Z. 10-12).39 Die Zeilen 5-7 verso befinden sich z. T. auf einem Fragment, das auf Taf. 175 falsch positioniert
ist (recto Z. 9-11).
*7
130 Jens Peter LAUT
9[ öc ] ürüp arha 0 ritt kutı n]10 [bulur]lar . . . .
11 [maytrisimi]t nom [bitigdä]
12 [ ]K kögüzlü[g kiĞig]13 [tamulugl]arıg körkitmäk [atlıg]14 [tön] otuzunĞ ülüs15 tükädi . . . .
16
17 [namo bu]t . . [n]amo d(a)rm . . namo [sau'
Taf. 219 r. 7
Hami 24 Ende, Z. *16
2. Murtuker Handschrift (Taf. 221 + Taf. 219 = *Blatt 329)
Vorderseite:
1 • • • [ kas ip ] Taf. 221 r. 1 4"
2 burhan saz 0 [anınta toyin]-3 lar s(a)mnanc-lar 0 [ ]
4 buyrok-lar [ ]
5 -L'R artokta [artok az almır sakınc] Hami 24 Ende, Z. *16 körjüllüg [ärdilär ol tıltagın]7 amtı bo Ğad(i)r suvlug [ögüztä]8 tugmıs ärür-lär ilk[idä yala.rJuk az]-9 unınta ärkän kılm[ıs tsuyların]10 [ irincülärin] tezit ksanti [kılmadı ]-11 lar ökünĞ körjül öritmäd[ ilär]12 ol antag önräki ögrätig13 ücün amtı meni körüp y(e)mä arto[k] Mz 1083 r. 114 [ ] kälmädi-lär .. bir y(e)mä bo ämgäkd[ in ] U 3781d r. 2
15 [oz]madın ikilä yerkä kirdi-[lär amarı ]-16 [la]rı s(a)nĞip tamuka [bar]d[ılar aman(?)]Mz 1083 r. 4 / U 3781d r. 417 [ka]d[asudur sauat rura]p m(a)ha[rurap] Taf. 221 r. 17 / Taf. 219 r. 118 tap[an] p[rata]p(a)n [avi]s ulatı sä[kiz ulug] Taf. 175 v. 219 örtlüg tamularka bardılar . . an[ı]20 äsidip ärüs üküs kutbulmaduk toyin-
21 lar kop yilig tutug azlanmak
22 köljül-lärin tarkarıp alku nizvani-23 larag öcürüp arhant kutı -n bulur[lar] Taf. 175 v. 10 / Hami 24 Ende, Z. *16
40 Die fett gedruckten Angaben rechts zeigen, wie die Tafeln 219 und 221 zusammenzustellen sind.
H öllische Fehler 131
Rückseite:
1 0
2 [namo but namo darm] namosau
(Leerzeilen)
3[ ] yıl altın ay altı otu [ z]
4 [ ]WQ QWC [ ]YN T[ 1
5 [ s]am(a)ntapusp [särjräm(?) ]
6 [ ]"sY sitavan sın arıg -lar arakı7 (ta]vsaıj(?) aryadanta t(ä)r)ri KL"P'TRY k(ä)si8 a[ca]ri baslap kırk säli-lär b(a)kĞanka9 y(a)rl(ı)kamıs -ta m(ä)n vatsın sınkay k(ı)y -a10 tupalsi marlcor upasanĞ tugmıs ötüg-11 ( irlä] bo nom bitiyü tägint(i)m(i)z ksanti bolzun
Taf. 221 v. 1
Taf. 221 v. 4 / Taf. 219 v. 1
Taf. 219 v. 8
Übersetzung41
(Taf. 226 v. 18-23) 4 ' (Maitreya spricht:) „Und gierige Lebewesen können ihre selbst
begangenen Sünden nicht erkennen. Wenn (z.B.) eine Dämonin] die Gestalt der (Ehe)-
frau [eines (gierigen) Mannes] annimmt und Tag für Tag seinen Sohn auffrißt (und ver-
nichtet], (Taf. 175 r. 1-16) [Mann [dieser Mann diese] Sünde, nicht [beseitigen],43
(weil er sie aufgrund seiner Gier gar nicht als solche erkennt [?]). Letztendlich [frißt]
und vernichtet die Dämonin [ in Frauengestalt (dann) auch] diesen Mann. !Und) ebenso
nimmt der Klesa ,Gier t ` die Gestalt von] ,Profite ` an [und vernichtet die gute] Wurzel,
Skt. kusalamûla) 44 [der] Lebewesen [Tag] für Tag. [Aus] diesem Grund] ... wer-
den ihre ... zerstört ... Deswegen schützen, die, die ,Gutes ... ` wünschen, ... ihre
41 Die Übersetzung ist eklektisch und beruht auf den jeweils anı besten erhaltenen Teilen der dreiHandschriften aus Säılinı, Murtuk und Hami: Das jeweils zugruııdeliegende Blatt wird in Fettdruck ange-geben. Iıı 1 1 stehen ergänzte Passagen, in ( ) Zusätze zum kesseren Verständnis des Textes. Drei Punktebezeichnen Lücken im Text, und eine tiefgestellte, weist auf ein alttürkisches Wortpaar hiıı. Eine umfas-sende kritische Bearbeitung soll im Rahmen meiner Gesamtedition des Textes erfolgen.
42 Wir zitieren diese Zeilen des Blattes 328 v. der Murtuker Handschrift, das z. T. mit Taf. 175 pa-
rallel gelıt, weil sie für das Verständnis des weiteren Textes vonnöten siııd: 18 ine p _y(e)tnii az u1FF/ir kö-
ı7ü/llügl 19 /tın/l(ı)g-lar k(ri)ntü kılmıs ıırünlürin /kad/- 20 /a/gların ukunu umazlar . . kaltlı hirl 21
/ür/n(i)ı7 körkin kılınıp t/isi/ 22 /yök/ kün küniı7ü oglanın yeyür /yokad/- 23 /turur ürsür/. Vgl. BT
IX, S. 263; TEKINs Ergänzungen dürften auf eine alte Transkription (von ARAT oder L1. CoQ) eines jetzt
verlorenen Fragments zurückgehen.43 Oder ergänze in Taf. 175 r. 1-2 zu /arın ukunlmaz „kann (dieser Maıııı die Sünde) überhaupt ııiclıt
(als solche) erkennen"?
44 Hiermit ist die „Freiheit von Gier, Hali/Zorıı und Verblendung" (atü. aısız, övkaisiz, hililı.tiiz
Skt. alohha, advesa, aııtoha) gemeint; vgl. LAU T ' 1986, S. 207, UigWh S. 323-324 (s. v. aısız).
132
Jens Peter LAUT
Körper vor den Gier-Klesas ... [wie 0)1 vor einer giftigen Schlange ... Diejenigen,
die (Taf. 221 r. 1) [ in der] Disziplin] des (Taf. 175 r. 16) Buddha Käsyapa (Taf. 221
r. 1-5) [Mönche], Nonnen, ... Würdenträger und ... waren und im Übermaß (Hami
24, Endblatt *1-9) den Gier,-Maya besaßen, wurden aus diesem Grund jetzt in diesem
Fluß aus Ätzlauge Skt. ksärodakä nadi) wiedergeboren. [ Als] sie einst in der Men-
schenexistenz waren, haben sie ihre Sünden, nicht gebeichtet, und keine Reue [entste-
hen lassen: Wegen dieses früheren Verhaltens sind sie überhaupt nicht zu mir gekom-
men, obwohl sie mich gesehen haben. Und ohne Erlösung vom Leid gelangten sie
(nach dem Aufenthalt im Ätzlaugenfluß) [von neuem] an (einen höllischen) Ort. (Taf.
221 r. 15-16) [Einige betraten] die Samjiva-Hölle, 45 (Hami 24, Endblatt *9-16) einige
[betra]ten (die anderen) großen, heißen [Höllen], nämlich Käla[sûtra, Sa]mghäta, Rau-
rava, Mahäraurava, Tapana, [ Pratäpana und Avici ] . " - Als sie dies hören, entfernen
viele, Mönche, die [das Heil] noch nicht erlangt haben, alle ihre Gesinnungen des , Haf-
tens ` (ilig), des ,Greifens` (tutug) und des , [ Be ]gehrens ` (azlanmak), löschen lalle] K le-
sas und erlangen die Arhat-Würde. - Im Dharma-Buch Maitrisimit (Taf. 175 v. 12-17)
ist das [vierlundzwanzigste Kapitel [namens] „Das Zeigen von ]Kleiıı-Höllenweisen mit[Gier ]-Maya" zu Ende.
[Verehrung dem Buddha, [Vierehrung dem Dharma, Verehrung [dem Samgha]!
(Kolophon der Murtuker Handschrift, Taf. 221/219 v. 1-11) :
„[Verehrung dem Buddha, Verehrung dem Dharma], Verehrung dem Samgha!
Im ... -Jahr, im 6. Monat, [am] 26. Tag ... 46 als sich die vierzig Acäryas47
mit dem Meister248 Täjri KL"-bhadra (?)49 an der Spitze im [Ta]vsatj(?)-Klo-
ster, 5" das in den Totenhainen, liegt und [dem Kloster(?)] [ S Jamantapuşpa51[gleicht?], zur Sommerresidenzpflicht niederließen, habe ich, Vatsın Sınkay
45 Iıı der Maitrisimit-Abschrift aus Hanıi fehlt dieser die Sarıy. va-Hölle betreffende Passus.
46 Ş. TEKIN möchte an dieser Stelle (Taf. 221/219 Z. 4 verso) zu /kutl/ug koc`/o/ „i iii denı l gesegne-ten Chotsehol-Reich]" ergänzen (BT IX, S. 9 und 260); so auch HAMil,'ı'ON 1984, S. 429.
47 Atü. säli < chin. she-li (me) Skt. cicaryu; vgl. HAMIL ON 1984.48 Atü. k(ä)si acari < toch. A/B kässi + Skt. ücclrya.49 Die Spekulationen von Ş. TEKIN, die sich um diesen Namen ranken (insbes. in BT IX, S. 9), sind
von P. ZIEME aus guten Gründen zurückgewiesen worden (ZIEME 1991, S. 23-24; 1992, S. 20-21; vgl.
auch LAUT 1986, S. 59-60).
50 Lies und ergänze so (atü. tavsaı7 < chin. tao eh'ang (0.l ) Skt. hodhimanda)? Nach den Aus-
führungen von MAUE/RöiIRnoRN 1978 wird in UigWb S. 176a (s. v. aranyadan) zu /ta/_ysay ergänzt,
ebenso in ZIEME 1981, S. 247, Anm. 55 ( < chiıı. ta chung Skt. ınahüsaıngha-), doch hat P.
ZIEME in BT XIII, S. 106, Anm. 15.5, auf die Problematik dieser Interpretation hiııgewiesen. Odersollte das Kloster Tai-san in der Nähe von KoĞo gemeint sein (vgl. HAMII,ToN 1984, S. 429, Anm. 10)?
Ş1 Ein Kloster Samantapuspa (in der Nähe der Stadt Ketumatf) ist in der Maitrisimit einer der häufi-
gen Aufenthaltsorte des Maitreya und ist auch Schauplatz des 19. Kapitels.
Höllische Fehler 133
K(ı)ya, 52 [auf] Bitten des [Laienbru]ders Man cor und der Laienschwester Tug-
mı g dieses Sütra ehrerbietig abgeschrieben. Es möge Sündentilgung (ksanti)sein!"
Bibliographie und Siglen
* markiert rekonstruierte Blatt- und Zeilenzahlen
Beih I Beiheft I von Maitrisimit (atü.) I
Beih II Beiheft Il von Maitrisimit (atü.) II
BT Berliner Turfantexte
BT IX Şinasi TEKIN: Maitrisimit nom bitig. Die uigurische Übersetzung eines Werkes der buddhi-
stischen Vaibhasika-Schule. 1. Transliteration, Übersetzung, Anmerkungen. Berlin [DDR]
1980. (BT. IX.)
BT XIII Peter ZIEME: Buddhistische Stabreimdichtungen der Uiguren. Berlin [DDR] 1985. (BT.
XIII.)
ERDAL, Marcel; Semih TEZCAN (Hrsg.)
1995 Beläk Bitig. Sprachstudien für Gerhard Doerfer zum 75. Geburtstag. Wiesbaden. (Turcolo-
gica. 23.)
HAMIL'I'ON, James
1984 „Les titres säli et tutung en ouigour", in: Journal Asiatique 272, S. 425-437.
KOHD Katalogisierung der orientalischen Handschriften in Deutschland
LAU'r, Jens Peter
1986 Der frühe türkische Buddhismus und seine literarischen Denkmäler. Wiesbaden. (Veröffent-
lichungen der Societas Uralo-Altaica. 21.)
1990 „Bemerkungen zu den jüngsten Editionen der Hami-Handschrift der Maitrisimit", in: Ural-
Altaische Jahrbücher, Neue Folge 9, S. 257-265.
1992 „Errata et Corrigenda in alttürkischen Handschriften in sogdo-uigurischer Schrift", in: Alt-
orientalische Forschungen 19, S. 133-154.
1994 „,Verloren` ist nicht verloren: Wiederentdeckte und neu identifizierte Fragmente der Mai-
trisimit", in: RÖIIRBORN/VEENKER 1994, S. 85-98.
1995 „Zur Darstellung von Abtreibungspraktiken bei den Alten Uiguren", in: ERDAL/TEZCAN
1995, S. 109-120.
52 Ein neuer Beleg, der den alttürkischen Namen Pusartu Sınkay K(ı)ya überliefert (SUK II, S. 4, Z.
18), legt es nahe, an unserer Textstelle ebenfalls eine Person zugrunde zu legen, wie dies P. ZIEME be-
reits vermutet hat (vgl. LAUT 1986, S. 159, Anm. 5). Zum Namen unseres Abschreibers s. auch HAMIL-
TON 1984, S. 430, Anm. 11. Ich führe den Namensteil KY' nicht auf kaya „Fels" zurück, sondern fasse
ihn als Hypokoristikum k(ı)ya auf: Sınkay K(ı)ya = „untertäniger Novize" 0. ä.
134 Jens Peter LAUT
Maitrisimit
(atü.) I Maitrisimit. Faksimile der alttürkischen Version eines Werkes der buddhistischen Vaibhûsi-
ka-Schule. [I]. In Faksimile herausgegeben von Annemarie VON GABAIN. Mit einer Einlei-
tung [in Beiheft I] von H. SCHEEL. Wiesbaden 1957.
(atü.) II Maitrisimit. Faksimile der alttürkischen Version eines Werkes der buddhistischen Vaibhasi-
ka-Schule. II. In Faksimile herausgegeben von Annemarie VON GABAIN mit einem Geleit-
wort [in Beiheft II] von R. HARTMANN. Berlin [DDR' 1961.
(Hami) Das Zusammentreffen mit Maitreya. Die ersten fünf Kapitel der Hami-Version der Maitrisi-
mit. In Zusammenarbeit mit Helmut EIMER und Jens Peter LAUT herausgegeben, übersetzt
und kommentiert von GENS Shimin und Hans-Joachim KLIMKEIT. 1. Text, Übersetzung
und Kommentar. Wiesbaden 1988. (Asiatische Forschungen. 103.) •
MAUE, Dieter; Klaus RÖHRBORN
1978 „Neue Einsichten zum ,Zweisprachigen Fragment aus Turfan`", in: Central Asiatic Journal
22, S. 134-135.
r. recto
ROHRBORN, Klaus; Wolfgang VEENKER (Hrsg.)
1994 Memoriae Munusculum. Gedenkband für Annemarie von Gahain. Wiesbaden. (Veröffentli-
chungen der Societas Uralo-Altaica. 39.)
SUK NOBUO YAMADA: Sammlung uigurischer Kontrakte. 1-111. Herausgegeben von J. ODA / P.
ZIEME / H. UMEMURA / T. MORIYASU. Osaka 1993.
Taf. Tafel (in Maitrisimit I und II)
TT VI Türkische Turfantexte. In Verbindung mit Dr. A. VON GABAIN und Dr. G.R. RACIIMA"IZ
herausgegeben von W. BANG. VI. Das buddhistische Sı)tra Sükiz Yükmük. (Aus: Sitzungs-
berichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Kl. 1934, 10, S. 93-
192 )
UigWb KLAUS ROHRBORN: Uigurisches Wörterbuch. Sprachmaterial der vorislamischen türkischen
Texte aus Zentralasien. Lfg. 1-5. Wiesbaden 1977-1994 (wird fortgesetzt).
v. verso
VOHD Gerhard EHLERS: Alttürkische Handschriften. Teil 2. Das Goldglanzsutra und der buddhi-
stische Legendenzyklus Dasakarmapathövadünamülü. Depositum der Preußischen Akade-
mie der Wissenschaften (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin). Stuttgart 1987.
(Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland. 13, 10.)
WARNKE, Ingrid
1983 „Fragmente des 25. und 26. Kapitels des Ksanti yılyuluq nom bitig", in: Altorientalische
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Z. Zeile(n)
ZIEME, Peter
1981 „Uigurische Steuerbefreiungsurkunden für buddhistische Klöster", in: Altorientalische For-
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1991 Die Stabreimtexte der Uiguren von Turfan und Dunhuang. Studien zur alttürkischen Dich-
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1992 Religion und Gesellschaft im Uigurischen Königreich von Qoco. Kolophone und Stifter des
alttürkischen buddhistischen Schrifttunis aus Zentralasien. Opladen. (Abhandlungen der
Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. 88.)
Höllische Fehler 135
136 Jens Peter LAUT
Abbildung 2: Kap. 24, Endblatt (Z. *28-*31) des Sänimer Ms.der Maitrisimit (Mz 1083 + U 3781d; Transkription s. S. 125)