global & liberal Das Auslandsmagazin der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit
Europa
whlt!
Themen:
Europawahl 2014
Ukraine: Eine dritte Chance fr die Demokratie
Auf dem Weg in eine transatlantische Renaissance?
Bridging the Gap: Mittelmeerdialog in gypten und der Trkei
Von der neuen Chinoserie zur europischen
Hinwendung nach Asien?
Demokratiedefizite in Lateinamerika
Menschenrechtsarbeit in Mali
Wirtschaftliche Freiheit als Werkzeug der
Armutsbekmpfung in Indien
1-2014
Editorial
Inhalt
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Liebe Leserin, lieber Leser,
vom 22. bis 25. Mai sind 400 Mio. Europerinnen und Eu-
roper aufgerufen, ein neues Europisches Parlament zu
whlen - und sie nehmen dabei so viel Einfluss auf die Ge-
schicke der Europischen Union wie nie zuvor in ihrer Ge-
schichte. Grund genug fr uns, diese erste Ausgabe unseres
neu aufgelegten Auslandsmagazins global & liberal dem Titelthema Europa whlt! zu widmen und einen Blick nach Brssel als auch in die europischen Projektlnder der
Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit zu werfen.
Die transatlantischen Beziehungen sind traditionell ein
Eckpfeiler der EU-Auenpolitik, stehen aktuell jedoch vor
groen Herausforderungen (S. 25). Dies gilt ebenfalls fr
die Verbindungen nach Asien, fr die unser Autor die Vor-
teile eines ganzheitlichen, nicht nur auf China bezogenen
Ansatzes erlutert (S. 31).
Auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Europi-
schen Union gibt es fr unsere Projektleiterinnen und Pro-
jektleiter viel zu berichten. Lesen Sie u.a. ber den neuen
Konfliktherd Ukraine (ab S. 21) und ber erfolgreiche Dia-
logprojekte der Stiftung unter schwierigen Rahmenbedin-
gungen in gypten und der Trkei (S. 27).
Darber hinaus berichten unsere Kolleginnen und Kollegen
ber den Stand der Demokratisierung in Lateinamerika (S.
37), Menschenrechtsarbeit im mittlerweile aus den Schlag-
zeilen verschwundenen Mali (S. 43) und wirtschaftliche
Freiheit als das wesentliche Instrument zur Bekmpfung
von Armut in Indien (S. 47).
Ich danke Ihnen fr Ihr Interesse an unserer Arbeit und
wnsche Ihnen eine anregende Lektre!
Ulrich Niemann
Bereichsleiter Internationale Politik
Titelthema Europawahl 2014
Europa whlt - whlt Europa!
Interview mit Sir Graham
Watson MdEP
Griechenland - die nchste Krise
wartet schon
Sdosteuropa - zwischen Ernchte-
rung und Desinteresse
Mitteleuropa und Baltische Staaten
zehn Jahre nach dem EU-Beitritt
Krisenherd Ukraine
Eine dritte Chance fr die Demo-
kratie
Interview mit Julius von Freytag-
Loringhoven
Transatlantische Beziehungen
Auf dem Weg in eine
transatlantische Renaissance?
Mittelmeer-Dialog
Facetten erfolgreicher Projekt-
arbeit in gypten und Trkei
EU-Asien-Beziehungen
Von der neuen Chinoserie zur
Hinwendung nach Asien
Demokratie in Lateinamerika
ein leicht verbessertes Bild fr
die Demokratie, aber nicht fr libe-
rale Freiheitsrechte
Menschenrechtsarbeit in Afrika
Mali und noch kein Ende
Wirtschaftsfreiheit in Sdasien
Wirtschaftsfreiheit als Werkzeug
der Armutsbekmpfung in Indien
S. 3
S. 9
S. 10
S. 12
S. 16
S. 21
S. 24
S. 25
S. 27
S. 31
S. 37
S. 43
S. 47
3
global & liberal 1-2014
Titelthema: Europa whlt - whlt Europa! Warum diese Europawahlen so richtungsweisend sind wie nie
Titelthema Europawahl 2014
Vom 22. bis 25. Mai 2014 knnen 400 Millionen Euro-
per ein neues Europaparlament whlen. Die achte
Direktwahl des Europischen Parlaments ist die erste
nach dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags.
Durch die neu eingefhrte Hchstzahl von 750 Abge-
ordneten zuzglich des Prsidenten erfolgt eine Neu-
verteilung der Sitzzahl pro Land. Deutschland gibt drei
Sitze ab, bleibt mit 96 Abgeordneten jedoch weiterhin
die grte Delegation im Europischen Parlament.
Zudem muss der Europische Rat erstmals das Ergeb-
nis der Europawahl bei der Nominierung des nchsten
Kommissionsprsidenten bercksichtigen.1 Daher tre-
ten die meisten europischen Parteifamilien mit ei-
nem Spitzenkandidaten fr das Amt
des Kommissionsprsidenten an.
Seit 1979 wird das Europische Parlament alle fnf
Jahre direkt gewhlt. Die Wahlbeteiligung ist seither
sukzessive gesunken und hat seit der Wahl 1999 die
50%-Hrde nicht mehr bertroffen, obwohl in Belgien
und Luxemburg Wahlpflicht gilt. In vielen Mitglieds-
staaten Mittel- und Osteuropas sank die Wahlbeteili-
gung sogar auf unter 20%. Viele hinterfragen daher
die demokratisch-reprsentative Legitimitt des Euro-
paparlaments.
Nun soll durch eine europaweite Debatte und die Auf-
stellung von Spitzenkandidaten aus jeder Parteifamilie
neuer Schwung in den europaweiten Wahlkampf ge-
bracht werden. Die Europawahl knnte erstmals so die Hoffnung - keine rein nationale Wahl oder ein
Plebiszit gegen die amtierende Regierung werden. Zum ersten Mal werden Debatten zwischen Spitzen-
1 vgl. Vertrag von Lissabon, Art. 17 Abs. 7 (EUV)
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global & liberal 1-2014
kandidaten ber ihre grundstzlichen Visionen fr Eu-
ropa stattfinden. Brgerinnen und Brger knnen sich
ein klares Bild von den Parteien und ihren Wahlpro-
grammen machen. Die Wahl von Spitzenkandidaten
knnte damit eine wichtige Etappe auf dem Weg zu
einer wahrhaft europischen Wahl sein. Auch Guy
Verhofstadt, Spitzenkandidat der Allianz der Liberalen
und Demokraten fr Europa (ALDE), gibt sich zuver-
sichtlich: Diese Wahlen werden zeigen, dass die Eu-
ropawahl kein Test fr die jeweilige Regierung ist,
sondern dass es um Europa und seine Brger geht.
Wahlen in Zeiten der Krise
Die anhaltende Finanz- und Staatsschuldenkrise wird
in vielen EU-Mitgliedsstaaten von einer tiefgreifenden
politischen und institutionellen Krise begleitet. Harte
Sparmanahmen und strukturelle Reformen wurden
notwendig, um den Euro zu retten und Krisenlnder
zu stabilisieren. Die Kehrseite der Medaille ist, dass
die ffentliche Zustimmung zur EU zurckgegangen
ist. Beispielsweise sank der Anteil der griechischen
Befrworter der europischen Integration in 2013 auf
ein Rekordtief von 19%. In Spanien stimmten im Jahr
2013 nur noch 27% der Bevlkerung der von Europa verordneten Sparpolitik zu. Besonders besorgniserre-
gend ist, dass nur noch in vier der 28 Mitgliedsstaaten
die Mehrheit der Bevlkerung der EU vertraut.
Die Unzufriedenheit ber die eingeschlagene Sparpoli-
tik wird verstrkt durch ein Unbehagen gegenber der
EU. Fehlende demokratische Legitimitt, Intransparenz
und Brokratisierung fhren dazu, dass sich Brger
entweder von der EU abwenden oder ihr stets kriti-
scher gegenber stehen. Dass die EU-Mitgliedsstaaten
den Europischen Institutionen oft den Schwarzen
Peter fr unbeliebte Entscheidungen zuschieben, wirkt
als Katalysator fr diese Entwicklung und wird sich
auch auf den Erfolg etablierter, europabejahender
Parteien auswirken.
Gleichzeitig hat in den letzten Jahren die Debatte
ber Sinn und Zweck der Europischen Union stark
zugenommen. Die Frage "Brauchen wir mehr oder we-
niger Europa?" wird in immer mehr Mitgliedstaaten
immer hufiger gestellt. Besonders die Kompetenzver-
teilung zwischen den Institutionen in Brssel und den
Mitgliedslndern wird derzeitig hei debattiert. So
haben die britische und niederlndische Regierung
eine berprfung der Zustndigkeiten zwischen Brs-
sel und den EU-Mitgliedern angestoen. Politiker,
Parteien und Think Tanks publizieren ihre Positionen
ber die Zukunft der EU; so auch die Friedrich
Naumann Stiftung fr die Freiheit mit ihrem Europa-
manifest Fr ein Europa der Freiheit und der Br-
ger!.2 Auch Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, regt eine Reform der EU Institutionen an. Die
Vermischung der Zustndigkeiten von EU, Bund, Ln-
dern und Gemeinden habe dazu gefhrt, dass die EU
einem Marmorkuchen gleiche. Um mehr Transparenz und Brgernhe zu gewhrleisten, pldiert Lindner
fr eine Kompetenzaufteilung nach dem Prinzip der Schichttorte: damit Brgerinnen und Brger wissen,
wer fr was Verantwortung trgt3.
Neuverteilung der Sitzzahl pro Land
(Quelle: Bundeszentrale fr politische Bildung)
2 http://www.freiheit.org/files/62/Europa-
Manifest_Beschluss_Kuratorium_Endversion_22032013.pdf 3 Christian Lindners Rede anlsslich des Dreiknigstreffens der FDP am 6. Januar 2014
Titelthema Europawahl 2014
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global & liberal 1-2014
Liberales Spitzenduo fr ein selective Europe
Die ALDE-Partei whlte am 1. Februar den frheren
belgischen Premierminister und heutigen Vorsitzenden
der ALDE-Fraktion im EP, Guy Verhofstadt, und dem
finnischen EU-Wirtschafts- und Whrungskommissar,
Olli Rehn, als ihre Spitzenkandidaten. Guy Verhofstadt
strebt das Amt des Kommissionsprsidenten an. Olli
Rehn ist der liberale Vorschlag fr einen Spitzenpos-
ten im Bereich der Wirtschafts- oder Auenpolitik.
Beide gehen als berzeugte Europer in die Wahl und
ergnzen sich. Der Finne Olli Rehn wirkt als klassisch
Liberaler eher nchtern-berlegt: Als berzeugte Eu-roper mssen wir fr das Projekt Europa werben,
nicht auf naive Art, sondern kritisch und konstruktiv. Demgegenber wirbt Guy Verhofstadt, Grnder der
pro-europischen Spinelli Gruppe, eher emotional fr eine fderalistische Position: Ich biete eine Alter-native fr ein Europa, das nur dann aktiv wird, wenn
es einen Mehrwert zu nationalen Lsungen schafft.
Niemand will einen europischen Superstaat. Beide
sprechen sich fr ein selective Europe aus, bei dem Subsidiaritt nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Olli
Rehn tritt fr eine regelmige berprfung der Ge-
setzgebung ein: "Wir brauchen eine jhrliche instituti-
onalisierte berprfung, ob die EU-Gesetzgebung not-
wendig ist und ob sie sensibel genug ist." Probleme,
die auf regionaler oder nationaler Ebene entschieden
werden knnen, sollten nicht in Brssel gelst werden.
Aber gleichzeitig ist auch mehr Zusammenarbeit und
Harmonisierung gefragt, wenn es um entscheidende
globale Herausforderungen geht.
Auch wenn mit Guy Verhofstadt und Olli Rehn zwei
profilierte liberale Politiker als Spitzenkandidaten an-
treten, werden sie nicht bewirken, dass die ALDE zur
strksten Kraft im nchsten Parlament wird. Nur so
knnte das Amt des Kommissionsprsidenten fr ei-
nen Liberalen reklamiert werden. Angesichts der vo-
raussichtlich niedrigen Wahlbeteiligung und der zu
erwartenden Strkung populistischer und nationalisti-
scher Bewegungen, werden die Liberalen wohl eher
Mhe haben, ihre Position als drittstrkste Kraft im
Parlament zu halten. Die ALDE-Fraktion setzt sich ge-
genwrtig aus 85 Abgeordneten zusammen. Umfragen
zufolge knnten es in der nchsten Wahlperiode nur
zwischen 61 und 75 werden. Die ALDE knnte im
schlimmsten Fall sogar knapp hinter der Linken Euro-
pischen Partei (EUL/NGL) auf die vierte Position zu-
rck fallen. Doch lassen sich auch einige Erfolge vo-
raussehen. In Dnemark fhrt die oppositionelle libe-
rale Partei Venstre die Umfragen mit 25% der Stim-
men an.
ALDE-Spitzenkandidaten Guy Verhofstadt und Olli Rehn
(Foto: ALDE Party)
Titelthema Europawahl 2014
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global & liberal 1-2014
Aber nicht nur die Wahl zum Europischen Parlament,
auch die derzeit schwierige Position liberaler Parteien
in vielen Mitgliedsstaaten werden einen Einfluss auf
die knftige Zusammensetzung der Europischen
Kommission haben. In der gegenwrtigen Barroso II
Kommission gehren acht Kommissare ALDE-
Mitgliedsparteien an. Derzeit sind die Liberalen jedoch
nur in drei Mitgliedsstaaten entweder alleinregierend
oder der grere Koalitionspartner, womit wohl auch
nur drei Kommissare in der nchsten Kommission auf
die ALDE-Familie entfallen drften.
Populismus Aufstieg von Europaskeptikern
Pro-europische Krfte haben es gegenwrtig schwer,
ihre Argumente zu Gehr zu bringen. Jngsten Umfra-
gen zufolge wird der Anteil der Mainstream-Parteien
- EVP, S&D und der ALDE - wahrscheinlich von derzeit
72% auf 63% sinken. Linke und rechte Europaskepti-
ker und gegner finden dagegen groen Zulauf. Sie sind mittlerweile selbst zu Mainstream-Parteien ge-
worden, so Guy Verhofstadt. Wie hoch der Anteil von Europaskeptikern im neuen Europaparlament sein
wird, variiert von Umfrage zu Umfrage. Aber eines
steht fest: Parteien am linken und rechten Ende des
politischen Spektrums werden bei der Europawahl er-
starken. Derzeit besetzen Anti-EU-Parteien 12% der
Sitze im Europischen Parlament und konnten sich
bisher nie auf eine gemeinsame Linie geschweige
denn Bildung einer Fraktion einigen. Dies knnte sich
mit der Europawahl jedoch ndern. Unterschiedlichen
Umfragen und Schtzungen zufolge knnten den eu-
ropaskeptischen Parteien zwischen 16% und 25% der
Sitze zukommen. Die Rechte in Europa will nach den
Europawahlen ihre Krfte in einer Fraktion bndeln.
Den Takt vorgegeben haben bereits die Franzsin Ma-
rine Le Pen und der Niederlnder Geert Wilders, die
sich auf Initiative von Wilders im November 2013 zur
Abstimmung ihrer Strategien trafen.
Ob europaskeptische, nationalistische Parteien aber
tatschlich zu einer einflussreichen politischen Kraft
im nchsten Europaparlament werden, ist offen. Wer-
den Anti-Europismus und Xenophobie, Nationalismus
und Protektionismus als Bindeglied fr eine gemeinsa-
me Politik ausreichen? Oder werden hierdurch nicht
gerade Konflikte zwischen den vermeintlichen Part-
nern aufbrechen?
Animate Europe!
Um zum kreativen Nachdenken ber Europa anzuregen, hat das FNF-Europabro in Brssel den Comicwettbe-werb Animate Europe organisiert. Anstatt traditionel-len Europaexperten wurden Comiczeichner aufgerufen,
ihre Perspektive von Europa zu zeichnen.
Aus aller Welt gingen Einsendungen ein, die jngste Teil-nehmerin war eine elfjhrige Schlerin, die eine Ge-schichte ber Krieg und Frieden erzhlte. Eine sechs-kpfige internationale Jury hat die fnf besten Comics ausgewhlt von einem Niederlnder, einer Indonesie-rin, zwei Brdern aus Deutschland, einem Amerikaner und einem in Hamburg lebenden Italiener. Ihre Ge-
schichten sind so ideenreich und unterschiedlich in Stil
und Form, so faszinierend wie die Europische Union und ihre 28 Mitgliedstaaten. Was sie alle verbindet: Sie
erwecken Europa zum Leben!
Titelthema Europawahl 2014
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global & liberal 1-2014
Guy Verhofstadt stellte auf dem ALDE-Parteitag in
Brssel fest: die Krise ist nicht vorbei [] sie nhrt
den Nationalismus und Populismus in Europa. Doch auch wenn die Zustimmung fr populistische Argu-
mente durchaus ein Gradmesser des Unbehagens der
Menschen sein kann, zeigt diese keine konstruktiven
Handlungsalternativen auf. Die Abschottung Europas
oder gar die Wiedereinfhrung nationaler Grenzen
werden uns nicht vor illegaler Einwanderung, Klima-
wandel und Arbeitslosigkeit schtzen. In einer globa-
len Welt knnen globale Probleme nicht durch 28 Na-
tionalstaaten mit 28 unterschiedlichen Politiken ge-
lst werden. Fr den belgischen Liberalen Verhofstadt
sind populistische Lsungen deshalb nur Lgen, in
denen die Leute sich verfangen. Demgegenber stn-den die Liberalen fr eine weltoffene, moderne, pro-
gressive Politik. Der populistischen Angstrhetorik setz-
ten Liberale eine mutige, zukunftsorientierte Politik
entgegen - oder mit den Worten des liberalen briti-
schen Vizepremiers Nick Clegg: Hope, not fear.
In einem haben viele Populisten und Euroskeptiker
aber sicher recht: die Europische Union zeichnet sich
nicht gerade durch Brgernhe, transparente Ent-
scheidungsfindung und ein effizientes Management
aus. Guy Verhofstadt rumt ein: Die EU wird schlecht gefhrt. Aber durch einfache Schuldzuweisung auf
Brssel gehen wir den Populisten auf den Leim. Kritik
ist richtig, sie muss jedoch an der richtigen Stelle an-
setzen. Guy Verhofstadt wird nicht mde zu wieder-
holen: Ich selbst bin so kritisch wie die Euroskeptiker,
aber ich habe bessere Lsungen. Denn nationale Al-leingnge als Alternative bieten zum einen keine
berzeugenden Antworten fr die heutigen Herausfor-
derungen. Zum anderen tragen gerade die von den
Populisten als Allheilmittel gepriesenen Nationalstaa-
ten bereits heute magebliche Verantwortung bei al-
len Entscheidungen, die in Brssel getroffen werden:
Die Regierungen der 28 Mitgliedsstaaten sind immer
ber den europischen Rat eingebunden.4
Die wichtigsten Europakritiker
In mehreren Lndern fhren Anti-Europa-Parteien, dank ihres populistischen Kurses und einer Unzufrie-
denheit der Brgerinnen und Brger mit den regieren-den Parteien, die Umfragen an, so etwa der Front Nati-
onal in Frankreich, die Partei fr die Freiheit in den Nie-derlanden, die Volkspartei in Dnemark, die FP in s-terreich und Syriza in Griechenland.
In Grobritannien fhrt die, von Nigel Farage gesteuer-te, United Kingdom Independence Party, mit der einfa-
chen Devise Grobritannien raus aus der EU!, mit 30% der Stimmen die Wahlprognosen an. In Frankreich
knnte der Front National mit Marine le Pen bis zu 24%
der Stimmen gewinnen und somit die strkste Kraft Frankreichs werden. Auch in den Niederlanden fhren die Populisten mit Geert Wilders in den Umfragen. Sei-
ne Partei fr die Freiheit knnte laut Demoskopen mit 17% der Stimmen die strkste Kraft sein. Auch aus Ita-lien knnten neben der nationalistischen Lega Nord,
neue Gesichter aus der Cinque Stelle Bewegung ins Par-
lament einziehen. Die Bewegung des Komikers Beppe
Grillo mag zerstritten sein, Europa bietet seiner Anti-
Establishment-Plattform aber reichlich Angriffsflche. Grillo kann mit mehr als 20% der Stimmen, daher mit
16 Sitzen im Europischen Parlament rechnen. In Grie-chenland fhrt Alexis Tsipras die Linksradikale Koalition Syriza, die mit mehr als 30% der Stimmen die strkste
Kraft Griechenlands in den Europawahlen sein knnten. Rechtsauen dominiert die Goldene Morgenrte. Aber auch aus nordeuropischen Mitgliedsstaaten werden europakritische Stimmen immer lauter. In Finnland
knnten die Wahren Finnen den Einzug ins Europapar-
lament diesmal schaffen. Mit ber 17% der Stimmen wren sie in Finnland die drittstrkste Kraft: In Schwe-den rechnen sich die rechtsextremen Schwedendemo-
kraten gute Chancen auf einen Einzug ins EP aus. Auch
wenn die Prognosen fr die Alternative fr Deutschland vergleichsweise niedrig liegen, knnte mit zwischen 4% und 7% der Stimmen zum ersten Mal eine europakriti-
sche Partei aus Deutschland ins Europaparlament ein-
ziehen. Die sterreichische Freiheitliche Partei ster-
reichs kann wohl mit ber 20% der Stimmen rechnen. 4 Das Verhalten nationaler Politiker mit Blick auf Europa greift aus-
fhrlicher der liberale Zwischenruf Moloch Europa? Moment mal! auf. http://www.freiheit.org/EU-Moloch-Europa-Moment-mal-Ein-
liberaler-Zwischenruf/1804c29022i/index.html
Titelthema Europawahl 2014
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Fr ein Europa, das funktioniert
Genau deshalb setzen sich die Liberalen fr eine klare
Kompetenzaufteilung zwischen der europischen und
den nationalen Regierungsebenen ein (Schichttorte
statt Marmorkuchen). "Wir brauchen ein Europa, das funktioniert. Europa muss aber nicht alles Mgliche
bis ins Detail regeln, bringt es Olli Rehn auf den Punkt. Die Umsetzung dieser Vorhaben wird eine der
wichtigsten Aufgaben in der kommenden Legislatur-
periode sein. Nur wenn es gelingt Monnets Europa
durch die Hintertr (Lord Ralf Dahrendorf) zu einem Gemeinwesen weiterzuentwickeln, mit dem die Euro-
perinnen und Europer sich identifizieren, auf das sie
stolz sein knnen, wird das gemeinsame europische
Projekt eine positive Zukunft haben.
Autorin: Julie Cantalou
Mgliche Sitzverteilung (Quelle: Umfrage von PollWatch.eu vom 19.03.2014)
Grafik: Gerd Altmann/Pixelio
Titelthema Europawahl 2014
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Sir Graham Watson ist seit 1994 Abgeordneter im Euro-
pischen Parlament und war von 2002 bis 2009 Frakti-onsvorsitzender der Europischen Liberalen und Demo-kraten im Europischen Parlament.
Die Europawahl steht vor der Tr, doch viele Brgerin-nen und Brger haben keine genaue Vorstellung, was sie mit ihrer Stimme eigentlich whlen - wie erklren Sie Ihren Whlerinnen und Whlern, warum die Euro-pawahl wichtig ist? Mit welcher Botschaft gehen Sie
und Ihre liberalen Kollegen, die als Europaabgeordnete
kandidieren, ins Rennen?
Die Europawahlen sind, angesichts der neuen Kompe-
tenzen die dem Europischen Parlament und der EU allgemein durch den Lissabonner Vertrag bertragen wurden, wichtiger geworden. Daher mssen wir enga-giert werben, damit die Wahlbeteiligung nicht weiter
sinkt. Ich versuche meine Whlerinnen und Whler ber den Einfluss, den die EU ber ihr Leben hat, zu infor-mieren. Ich mchte sie von der Wichtigkeit ihres Ein-flusses auf die Entscheidungen berzeugen, die in ih-rem Namen getroffen werden. Dabei betone ich, dass
globale Herausforderungen wie der weltweite Bevlke-rungszuwachs, der Klimawandel und internationale Kri-
minalitt auch Antworten brauchen, die einzelne Natio-nalstaaten nicht lnger alleine liefern knnen.
Grobritannien arbeitet derzeit an einer berprfung der europischen Verantwortungsbereiche und ber-legt, manche Kompetenzen wieder zurck zu holen. Ist das der Anfang eines sukzessiven Rckzugs aus der EU?
Ich hoffe sehr, dass dem nicht so ist. Die Prsenz der Liberal Democrats (LibDems) in der britischen Regie-rung ist eine Garantie gegen einen Rckzug. Wrden die Konservativen eine absolute Mehrheit der Sitze im
Parlament erzielen, wrden sie ein Referendum abhal-ten, welches zum Rckzug Grobritanniens fhren knnte.
Deutschland wurde v.a. in Griechenland fr den rigiden Sparkurs und den deutschen Einfluss bei der Bewlti-gung der Krise beschimpft - haben Sie den Eindruck,
dass Deutschland auch in anderen Mitgliedslndern als zu dominant empfunden wird?
Die neuste Umfrage des Pew Institute zeigt, dass die
ffentliche Meinung in allen Mitgliedsstaaten -einschlielich Zypern, Griechenland, Portugal und Irland- Sparmanahmen und die Verringerung der Staats-schulden weiter befrwortet. Der Respekt fr Angela Merkel ist in ganz Europa auffallend gro. Demonstrati-onen der Linksradikalen sind eine Minderheit. Dennoch
ist eine grere EU-Integration notwendig, um zu zei-gen, dass die verfolgten Manahmen gegen die Krise von der EU und nicht nur von der deutschen Regierung
gefrdert werden.
Zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft: Wie wird
die Europische Union im Jahr 2020 aussehen und wird es die europische Einheitswhrung dann noch geben?
Ich glaube, dass wir die Phase der Rezession und des
schwachen Wachstums, die durch den finanziellen
Tsunami im Jahr 2008 entstanden ist, berwunden ha-ben werden. Die EU wird vereinter und der Euro erfolg-
reich sein. Aber ich denke auch, dass uns eine schwieri-
ge Zeit bis 2018 bevorsteht, in der es wichtig ist, einen
khlen Kopf zu bewahren.
Die EU wird vereinter und der Euro erfolgreich sein Interview mit Sir Graham Watson MdEPs, Prsident der
Allianz der Liberalen und Demokraten fr Europa Partei (ALDE Party)
Foto: ALDE Party
Titelthema Europawahl 2014
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Die Verunsicherung ob der Ergebnisse der Europawahl
ist derzeit gro in Griechenland. Die in Deutschland ge-legentlich geuerte Vermutung, dass Meinungsumfra-gen zu Gunsten des Auftraggebers geschnt sein knn-ten, ist in der Hellenischen Republik gang und gbe. Traue keiner Umfrage, die du nicht selbst geflscht hast, scheint bei der politischen Elite in Athen ein Cre-do zu sein, das die den Parteien nahestehenden Medi-
enkonzerne gerne bernehmen.
Vieles liegt momentan noch im Vagen. Klar ist jedoch,
dass die etablierten Parteien abermals verlieren werden
jedoch nicht zu Gunsten der Mitte, sondern zu Guns-ten der Rnder des politischen Spektrums. Der konser-vativen Regierungspartei Nea Dimokratia werden in
fast allen Umfragen hchstens zwanzig Prozent voraus-gesagt, die einst so stolze PASOK ist nur noch ein
Schatten ihrer selbst (ca. 5%) und das trotz der Profi-lierungsmglichkeiten der EU-Ratsprsidentschaft.
Die offen faschistische Goldene Morgenrte, die bei der Parlamentswahl im Juni 2012 bereits sieben Prozent
der Stimmen erhielt und mit 18 Sitzen im griechischen
Parlament vertreten ist, kann bei der Europawahl mit
bis zu 15 Prozentpunkten rechnen. Die Tatsache, dass
fhrende Mitglieder der Partei darunter allein drei Parlamentsabgeordnete wegen des Vorwurfs der Bil-dung einer kriminellen Vereinigung in Beugehaft sitzen,
tat der Popularitt der Rechtsextremisten indes keinen Abbruch.
Weniger extremistisch, dafr jedoch nicht minder anti-europisch, ist das linksradikale Bndnis SYRIZA, das als
strkste Kraft aus der Wahl hervorgehen kann viele Beobachter sagen mittlerweile wird. Ihr charismati-scher Vorsitzender Alexis Tsipras wurde von der Europ-ischen Linken als Spitzenkandidat fr die Europawahl und damit fr die Kommissionsprsidentschaft aufge-stellt. Dies drfte seiner Partei einen zustzlichen Schub verleihen. Das Linksbndnis, das in seinem politischen Gebaren der frheren PASOK nicht unhnlich ist, sich
jedoch einer stark anti-europischen Rhetorik bedient, werden Werte zwischen 25 bis 30 Prozent vorausge-
sagt.
Wie volatil das griechische Parteienspektrum ist, zeigte
jngst die Grndung einer neuen Partei, die laut ihrem Vorsitzenden linke Positionen mit neo-liberalen Ideen verbinden soll was auch immer sich der bekannte Journalist und Grnder Stavros Theodorakis darunter vorstellt. Obwohl To Potami (Der Fluss) erst Anfang
Mrz ins Leben gerufen wurde, verzeichnete die Bewe-
Europawahl in Griechenland - die nchste Krise wartet schon
Auch wenn auf europischer Ebene alle Anstrengungen unternommen werden, die Europawahl nicht als Denkzettel fr nationale Politiken zu sehen, knnen die Ergebnisse groe Rckwirkungen auf Regierungen der Mitgliedstaaten
haben. Insbesondere zeigt sich dies im krisengeschttelten Griechenland.
Viele Griechen werden ihrer Regierung einen Denkzettel verpassen
(Foto: Eric Vernier/Flickr)
Titelthema Europawahl 2014
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gung nur drei Wochen spter bereits Umfragewerte von bis zu 15 Prozent Tendenz steigend.
All diese Beispiele zeigen die Sehnsucht einer Mehrheit
der griechischen Bevlkerung nach Vernderung. So unterschiedlich sich dieser Wunsch auch manifestiert,
klar ist, dass die Regierungsparteien Nea Dimokratia
und PASOK weit davon entfernt sind, eine Mehrheit der
Bevlkerung hinter sich zu bringen. Ganz im Gegenteil knnen beide Parteien froh sein, sollten sie zusammen noch ein Viertel der griechischen Stimmen auf sich ver-
einen.
Und so knnte die nchste Regierungskrise in Griechen-land bereits ihre Schatten vorauswerfen. Eine Koalition,
die hauptschlich aufgrund ihrer aus liberaler Sicht unzureichenden Reformpolitik nach zwei Jahren Re-gierungsverantwortung abgestraft wird, knnte durch diese Wahlschlappe innenpolitisch stark unter Druck
geraten. Bis vor kurzem rechneten nur Pessimisten mit
einem Auseinanderbrechen der griechischen Regie-
rungskoalition vor Mrz 2015, wenn das Parlament ei-nen neuen griechischen Staatsprsidenten whlen muss. Nun knnte unmittelbar im Nachgang der Euro-pawahl und der griechischen Ratsprsidentschaft die nchste Regierungskrise drohen. Das neu formierte Eu-ropaparlament und mit ihm die EU-Kommission knn-ten sich unversehens einem erneuten Krisenmanage-
ment in Hellas gegenbersehen obwohl sich zuvor alle Akteure Mhe gegeben hatten, die Europawahl ge-rade nicht als nationales Plebiszit zu verbrmen.
Autor: Markus Kaiser
Der griechischen Regierung weht der Wind ins Gesicht
(Foto: FNF-Europe)
Titelthema Europawahl 2014
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Von den alten Mitgliedsstaaten der Europischen Uni-
on aus betrachtet, erscheinen die Lnder der letzten
Beitrittsrunden Bulgarien und Rumnien 2007 und Kroatien 2013 derzeit hauptschlich mit negativen
Schlagzeilen in der Presse. Die sogenannte Armuts-
migration, aber auch das Defizitverfahren gegen Kroa-
tien bestimmen das westliche Medienbild. Dass
gleichzeitig die EU ihre Attraktivitt durch diese
wahrgenommene Ablehnung einerseits und das Aus-
bleiben des erwarteten Wohlstandes andererseits in
genau diesen Lndern zunehmend zu verlieren droht,
ist die andere Seite der Medaille.
Die Probleme bleiben
Trotz eines positiven Starts zu Beginn der Mitglied-
schaft 2007 zeichnen die Fortschrittsberichte der EU-
Kommission (CVM Mechanism for Cooperation and Verification) ein durchwachsenes bis dsteres Bild der
neuen Beitrittsstaaten. ber Bulgarien wird das Fazit
gezogen: Seit dem letzten Bericht der Kommission
vom Juli 2012 hat Bulgarien einige begrenzte Fort-
schritte erzielt. [] Der Gesamtfortschritt ist jedoch
noch nicht ausreichend und bleibt unsicher. In der diplomatischen Sprache der EU ist dies eine deutliche
politische Warnung. Kritikpunkte bleiben neben der
weitverbreiteten Korruption die organisierte Kriminali-
tt mit ihrer starken Beziehung zu Parteien und Re-
gierungen, Justiz und Behrden.
Mit diesem Votum wird deutlich, dass sich die Erwar-
tungen der Bevlkerung, die EU wrde das gesell-
schaftspolitische und wirtschaftliche Leben im Land
regeln, schon sieben Jahre nach dem Beitritt nicht
erfllt haben. Gleiches gilt fr die Hoffnungen auf ein
besseres Leben. Nach Ansicht von 73 % der Bevlke-
rung ist es in Bulgarien seit der EU-Mitgliedschaft zu
keinen wesentlichen nderungen gekommen; die Frei-
zgigkeit erscheint als grter Vorteil der Mitglied-
schaft.
Die wahrgenommene Erosion des Vertrauens gegen-
ber der politischen Klasse, das Gefhl eines Stillstan-
des, gepaart mit dem Wunsch nach einer nderung
Europawahlen in Sdosteuropa
zwischen Ernchterung und Desinteresse
Anti-Regierungsproteste in Sofia (Foto: D. Kaddik)
Titelthema Europawahl 2014
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global & liberal 1-2014
des Status quo im Land, wird durch die letzten Mei-
nungsumfragen in Bulgarien besttigt. Die Unzufrie-
denheit mit der Arbeit der Regierung ist derzeit auf
53 % gestiegen und erstreckt sich auf fast alle Bevl-kerungsschichten. Dies wird verstrkt durch eine
Schattenwirtschaft, die mit 31,2 % des BIP mit Ab-
stand die hchste in der EU ist. So ist es auch nicht
verwunderlich, dass auch nach dem Rcktritt von Pre-
mierminister Borissov und den Neuwahlen vom Mai
2013 bereits seit mehr als 270 Tagen tglich Proteste vor dem Parlament stattfinden und nationalistische
und populistische Krfte im Aufwind sind.
Im Lichte dieser Umstnde und bei einer Arbeitslosig-
keit von 12,7 % sowie einer Jugendarbeitslosigkeit
von offiziell 25,4 % erklrt sich, warum fr dieses
Jahr erwartet wird, dass weitere 200.000 Menschen
das Land verlassen werden. Damit setzt sich nicht nur
ein Brain Drain, sondern vor allem ein Productivity
Drain fort nicht nur Hochschulabsolventen, auch Handwerker, Krankenschwestern usw. emigrieren.
Dass in Bulgarien das Einkommen pro Kopf seit dem
EU-Beitritt von 28 % auf 44 % des europischen
Durchschnitts gestiegen ist, ndert nichts an diesem
Trend.
Dagegen ist Rumnien nach Aussage des Fortschritts-
berichtes auf einem deutlich besseren Weg und hat in
vielen Bereichen Fortschritte erzielt. Im Zuge der Jus-
tizreformen wurden von 2006 bis 2012 4.738 Perso-
nen wegen Korruption strafrechtlich verfolgt, 1.496
auch endgltig verurteilt, wobei mehr als die Hlfte
aus der Politik stammt, darunter auch ein ehemaliger
Premierminister. Zudem sind die aktuellen Indikatoren
fr das Land sehr positiv. Mit einer geringen Au-
enverschuldung (22 % des BIP) und einem Rekord-
wirtschaftswachstum von 3,5 % hat es im letzten Jahr
wieder deutlich aufgeholt. Dies spiegelt sich jedoch
noch nicht in den Geldbeuteln der Rumnen wieder.
Bei einem Durchschnittslohn von ca. 360 Euro bleiben
fr die Rumnen nach Umfragen die grten Proble-
me die schlechte Wirtschaftslage, die Preiserhhun-
gen und die Arbeitslosigkeit. Desgleichen bezeichne-
ten 58 % ihre finanzielle Lage als prekr.
Schuld daran sind die eigenen Politiker, glauben die
Rumnen: Mehr als zwei Drittel (69 %) der Befragten
gaben an, kein Vertrauen in die eigene Regierung zu
haben. Noch schlechter schnitt das Parlament ab, dem
drei Viertel der Rumnen misstrauen. Hingegen nimmt
der Europa-Optimismus der Rumnen wieder leicht
zu: Laut Eurobarometer sprachen 45 % der Befragten
der EU und ihren Einrichtungen das Vertrauen aus um 2 % mehr als im Herbst des vergangenen Jahres.
Dabei bedeutet die EU fr die Rumnen vor allen Din-
gen Demokratie (37 %), Frieden (32 %) und wirt-
schaftlichen Wohlstand (25 %).
Obwohl Rumnien nach Aussage von Komissionsprsi-
dent Barroso alle technischen Kriterien erfllt hat,
wurde gerade die Korruption von Staaten wie den
Niederlanden oder Deutschland als Grund angefhrt,
um Rumnien den Beitritt zum Schengenraum zu ver-
weigern. Dies wrde fr die Rumnen den letzten, fast
schon rein formalen Schritt zur vollen Freizgigkeit
bedeuten, zumal die Liberalisierung des Arbeitsmark-
tes ab dem ersten Januar 2014 gezeigt hat, dass
dadurch keine zustzlich relevanten Arbeitsmigrati-
onsbewegungen verursacht wurden. Auch fr dieses
Jahr wird die Zahl der Arbeitsmigranten ca. 100.000
betragen, so die ersten Schtzungen. Die ppige Me-
dienberichterstattung zeigt, dass sich die Menschen
von der fremdenfeindlichen Rhetorik nicht abschre-
cken lassen und gerade Grobritannien und Deutsch-
land wegen der hheren Einkommensstruktur und So-
zialleistungen fr die Rumnen uerst attraktiv blei-
ben werden. Dennoch hat die Debatte in den westli-
chen Lndern dem Ansehen der EU in Rumnien,
ebenso wie in Bulgarien, geschadet.
Mit Blick auf Kroatien zeigt sich, dass auch das jngs-
te EU-Mitglied im ersten Jahr nach seinem Beitritt
noch nicht die wirtschaftliche Talsohle durchschritten
hat: Am 28. Januar leitete die EU ein Defizitverfahren
gegen den 28. Mitgliedsstaat der Union ein. Das Land
Der Parlamentspalast in Bukarest (Foto: J. Issmer)
Titelthema Europawahl 2014
14
global & liberal 1-2014
ist geprgt von hoher Arbeitslosigkeit von rund 22 %,
Korruption und Brain bzw. Productivity Drain.
Wahl ohne Bedeutung?
Whrend die Reise- und Arbeitsfreizgigkeit fr die
Rumnen eine groe Rolle spielen, widmen sie fast
gar keine Aufmerksamkeit denjenigen, die sie nach
den Wahlen am 25. Mai auf europischer Ebene ver-
treten sollen. Dies zeigte eine Umfrage von PES Acti-vists in Rumnien im Januar 2014: So wussten etwa
90 % nicht, wann die EU-Wahlen stattfinden, 63 %
wussten nicht, wie man whlt, und ein Drittel konnte
keinen einzigen rumnischen EU-Parlamentarier an-
geben. 42 % konnten dagegen einen einzigen Namen
nennen: Elena Basescu, die Tochter des Staatsprsi-
denten, die mit massiver Untersttzung der PDL als
unabhngige Kandidatin ins EU-Parlament eingezogen
war. Sie bleibt die bekannteste Vertreterin der Rum-
nen in Brssel, gefolgt von Daciana Sarbu, der Frau
des amtierenden Premierministers Victor Ponta. Somit
hat das Europische Parlament in der ffentlichen
Wahrnehmung die Stellung einer Versorgungsinstitu-
tion fr Ehefrauen und Tchter von Politikern.
Die schwache Wahlbeteiligung von 29,71 % aus dem
Jahr 2009 drfte sich angesichts der allgemein herr-
schenden Politikverdrossenheit wiederholen. Aller-
dings wird sich den Prognosen zufolge die parlamen-
tarische Konstellation ndern: Die Sozialdemokraten
(PSD) rechnen mit 13 Sitzen, die konservative PDL und
die liberale PNL mit je acht Sitzen, der ebenfalls kon-
servative Ungarnverband (UDMR) erneut mit drei. Un-
klar bleibt, wie viel Erfolg die vom Staatschef Basescu
gegrndete Partei der Volksbewegung erhalten wird
und ob die populistische Dan-Diaconescu-Partei
(PPDD) den Einzug ins EU-Parlament schafft. Die nati-
onalistische Grorumnienpartei PRM wird laut Um-
fragen den Einzug ins Europische Parlament nicht
mehr schaffen.
Die erwartete Wahlbeteiligung fr Bulgarien ist mit
42,3 % signifikant hher und wrde damit auch ber
der von 2009 mit 37,49 % liegen. Nach Umfragen
wrden die Sozialisten (BSP) mit einer Zustimmung
von 18,8 % aller Wahlberechtigten (in bulgarischen
Umfragen wird der Block der Nichtwhler bzw. Unent-
schiedenen prozentual mit bercksichtigt) strkste
Kraft werden, gefolgt von der konservativ-
populistischen GERB (Brger fr eine europische Ent-
wicklung Bulgariens) mit 18 %, whrend die liberale
Bewegung fr Rechte und Freiheiten (DPS) mit 4,3 %
rechnen kann. Unklar ist, ob der sogenannte Reform-
block oder die Bewegung ABV des ehemaligen bulga-
rischen Prsidenten Georgi Parvanov den Einzug ins
Parlament schafft. Zudem buhlen in Bulgarien drei
nationalistische Parteien um die Gunst der Whler:
einerseits die populistische Partei Bulgarien ohne Zensur, die zusammen mit der nationalistischen
VMRO und der Nationalen Agrarunion (ZNS) antritt
und bei 8 % gesehen wird, anderseits die extrem nati-
onalistischen Parteien Ataka und die Nationale Front
zur Rettung Bulgariens (NFSB).
In Kroatien hatte ein erster Lackmustest fr die anste-
hende Wahlbeteiligung dagegen bereits im April ver-
gangenen Jahres zu einem verheerenden Ergebnis ge-
fhrt. Aufgrund der Wahlordnung waren mit dem Bei-
tritt zur EU 3,75 Millionen Wahlberechtigte aufgeru-
fen, ihre Stimmen abzugeben. Die Beteiligung lag da-
Der Siderov Plan gegen die Kolonialherrschaft" -
Wahlplakat in Bulgarien (Foto: D. Kaddik)
Titelthema Europawahl 2014
15
global & liberal 1-2014
mals bei knapp 20 %. Die zwei liberalen Partner der
Stiftung, die Istrische Demokratische Versammlung
(IDS-DDI) und die Kroatische Volkspartei (HNS), regie-
ren derzeit in einer Koalition mit den Sozialdemokra-
ten. Entsprechend einigten sich die drei Parteien auf
eine gemeinsame Liste fr die jetzt erneut anstehen-
den Wahlen. Nach jngsten Meinungsumfragen liegen
Regierungsbndnis und die konservativ-
nationalistische Opposition um die Kroatische Demo-
kratische Union (HDZ) mit jeweils drei Mandaten
gleichauf. Die brigen fnf Stimmen entfallen voraus-
sichtlich auf die EU-skeptische, linkspopulistische
Laburisti, die den Grnen nahestehende Koalition
Walnuss sowie eine rechtspopulistische Regional-partei.
Fazit
Nach der Euphorie der Anfangsjahre hat sich in den
Lndern der Region teilweise Ernchterung breitge-
macht. Dabei zeigt sich klar, dass die EU zwar ein re-
lativ hohes Vertrauen im Vergleich zu den nationalen
Regierungen geniet, dies sich aber paradoxerweise
nicht in der Wahlbeteiligung ausdrckt. Wahlen wer-
den weiterhin als nationaler Prozess verstanden, die
EU bleibt ein abstraktes Gebilde. Europapolitiker tau-
chen relativ wenig im nationalen Kontext auf, wh-
rend die Themen selbst im Europawahlkampf haupt-
schlich nationaler Natur sind.
Hier sind Institutionen und Mitgliedsstaaten der EU in
der Pflicht einen Paradigmenwechsel anzustoen. Mit
der wachsenden Macht der Populisten kommt die EU
zunehmend unter Rechtfertigungsdruck, besonders
wenn Reformen und Verbesserungen der Lebenssitua-
tionen ausbleiben. Eine Diskussion wie unlngst zur
sogenannten Armutsmigration oder die bestehende
Weigerung, Rumnien und Bulgarien in den Schen-
genraum aufzunehmen, spielt eben solchen Krften
zustzlich in die Hnde.
Autoren: Daniel Kaddik, Charles du Vinage
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Titelthema Europawahl 2014
16
global & liberal 1-2014
Nach dem Anfangsjubel kommt die Ernchterung
Am 1. Mai 2004 war der Jubel in Polen, Tschechien,
Ungarn, Slowenien, der Slowakei und den drei balti-
schen Staaten gro. Mit der Aufnahme in die Europi-
sche Union gelangten diese jungen Demokratien nicht
nur endgltig aus dem Einflussbereich Moskaus, son-
dern wurden auch Teil einer Gemeinschaft, in der die
gemeinsamen europischen Werte sowie die persnli-
che und wirtschaftliche Freiheit im Vordergrund stan-
den. Und nicht zuletzt drfte der Blick auf den allge-
meinen Wohlstand in den alten EU-Staaten zu dem
breiten gesellschaftlichen Konsens in den ehemals
kommunistischen Lndern hinsichtlich der Mitglied-
schaft in der Union beigetragen haben. Der EU-Betritt
machte sich anfangs auch in allen acht Staaten durch
ein krftiges Wirtschaftswachstum bemerkbar, mit
positiven Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft.
Dieses wurde durch die globale Krise und die nachfol-
gende Euro-Krise vielfach zunichte gemacht. Die mit
Krzungen im Sozialbereich verbundene harte Sparpo-
litik der Regierungen fhrte in weiten Teilen der Be-
vlkerung nicht nur zur Verarmung, sondern auch zur
Ernchterung hinsichtlich der erlangten Freiheit.
Heute steht das Projekt der europischen Integration
am Scheideweg: Die Diskussion ber die weitere Aus-
richtung der EU wird auch die Wahlen zum Europi-
schen Parlament beherrschen. Neben den Fderalis-
ten, die eine weitere Zentralisierung und Verlagerung
von Kompetenzen nach Brssel fordern, und den Eu-
roskeptikern, die Europa auf eine Wirtschaftsunion
reduzieren mchten, meldet sich nun eine neue, weit-
aus gefhrlichere Allianz zu Wort: Populisten und Na-
tionalisten stellen die EU als Zukunftsprojekt insge-
samt in Frage. Die entsprechenden politischen Partei-
en in fast allen neuen Mitgliedsstaaten sprechen sich
zwar zumeist nicht grundstzlich gegen die EU aus,
schren aber mit populistischen Tnen Misstrauen
und Vorbehalte gegen Brssel und versprechen, natio-
nale Interessen unnachgiebig zu verteidigen.
Erschwerend kommt in den ehemals kommunistischen
Staaten hinzu, dass dort heute die EU nicht mehr
berwiegend als Wertegemeinschaft angesehen wird,
sondern faktisch als Geldbeschaffungsquelle. Die Fr-
dermittel aus den Kohsionsfonds sind wiederum hu-
fig eine Quelle der Korruption. Kritik wird an der aus-
ufernden Administrative in Brssel und den zahlrei-
chen Direktiven geuert, die oftmals realittsfremd
seien. Viele Brger, vor allem ltere Menschen, haben
zudem den Wegfall des allfrsorgenden Staates nicht
verkraftet. Damit einher geht die Unfhigkeit zur Ei-
geninitiative und zu mehr Eigenverantwortung, oft
verbunden mit sozialem Abstieg, fehlender Leistungs-
orientierung und berechtigter Frustration ber die
neuen politischen Eliten.
Zehn Jahre nach dem EU-Beitritt Mitteleuropa und
Baltikum kmpfen mit Populismus und zunehmender Armut
Titelthema Europawahl 2014
17
global & liberal 1-2014
Die neue EU kein monolithisches Gebilde
Trotz vieler gemeinsamer Probleme und Entwicklun-
gen stellen die Lnder der Subregion kein homogenes
Gebilde dar, wobei die globale Wirtschafts- und Fi-
nanzkrise diese Unterschiede eher verstrkt hat. Wh-
rend die drei baltischen Staaten und mit Abstrichen
auch Polen, Tschechien und die Slowakei nach an-
fnglichen Problemen mittlerweile zu den politisch
relativ stabilen und wirtschaftlich wieder aufstreben-
den Lndern gezhlt werden knnen, wurden Slowe-
nien und vor allem Ungarn von den Krisenauswirkun-
gen wirtschaftlich schwer erschttert und politisch
destabilisiert.
Ungarn war das erste
Land unter den neuen
EU-Mitgliedsstaaten,
das gegen die enorme
Staatsverschuldung und
den Rckgang der
Volkswirtschaft anzu-
kmpfen hatte und kurz vor dem Bankrott stand. Die
frhere sozialistische Regierung vermochte es nicht,
das Land aus der tiefen Krise herauszufhren, was
aber auch der seit Mai 2010 allein und mit Verfas-
sungsmehrheit regierenden nationalkonservativen
Partei FIDESZ von Ministerprsident Viktor Orban
nicht gelungen ist. Im Gegenteil: Der zunehmend nati-
onalistische, zentralistische und autokratische Cha-
rakter der Politik der Regierung in Budapest geht mit
dem Abbau einer offenen Brgergesellschaft und einer
Gleichschaltung der Medien einher. Eine gesellschaft-
liche Opposition gegen die demokratiefeindliche Poli-
tik von FIDESZ begann sich erst im Herbst 2012 unter
Leitung des ehemaligen sozial-liberalen Ministerprsi-
denten Gordon Bajnai zu formieren. Die in Ungarn im
April stattgefundenen Parlamentswahlen stellten al-
lerdings bislang die wenige Wochen spter stattfin-
denden Wahlen zum EP und zum Teil auch die Kom-
munalwahlen im Herbst vollkommen in den Schatten.
Obwohl Ungarn dringend liberale Lsungen und Ant-
worten auf die aktuellen politischen Probleme
braucht, konnte sich nach dem Niedergang des lang-
jhrigen FNF-Partners SZDSZ bislang keine ernstzu-
nehmende liberale Partei etablieren. Die liberal ge-
sinnten Whler werden ihre Stimme notgedrungen
dem oppositionellen Zweckbndnis aus Sozialisten
(Mesterhazy und dessen Vorgnger Gyurcsani), Sozi-
alliberalen (Bajnai), Liberalen (Fodor) und Grnen ge-
ben mssen. Die unter dem Namen Einheit aufge-
stellte gemeinsame Wahlliste konnte wegen ihrer pro-
grammatischen Heterogenitt sowie mehrerer vorbe-
lasteter Kandidaten die nach wie vor starke Position
von FIDESZ-Chef Viktor Orban nicht ernsthaft gefhr-
den, knnte sie aber perspektivisch zumindest sichtbar
schwchen.
Im Unterschied zu Ungarn
ist die Politik der liberalkon-
servativen Regierung Tusk in
Polen nach wie vor ausge-
sprochen proeuropisch. All-
gemein ist die groe Mehr-
heit der Polen froh, dass das
Land Mitglied der EU ist, in
der es gern eine strkere
Rolle spielen wrde. Mit einem Beitritt Polens zur Eu-
ro-Zone ist dagegen vorerst nicht zu rechnen, weil die
Einfhrung des Euro neben der Erfllung der Maas-
tricht-Kriterien einer Verfassungsnderung bedarf, die
im Parlament in Warschau derzeit nicht durchsetzbar
ist. Dazu kmpft der seit November 2007 regierende
Ministerprsident Tusk in seiner seit Ende 2011 lau-
fenden zweiten Amtszeit zunehmend mit Schwierig-
keiten: Diese resultieren zum einen aus dem Erstarken
der nationalkonservativen Partei Recht und Gerech-
tigkeit von Oppositionsfhrer Jaroslaw Kaczynski, zum anderen aber auch aus internen Flgelkmpfen in
Tusks Brgerplattform (PO), die sich immer deutlicher
in einen liberalen und einen in etwa gleichstarken
konservativen Flgel teilt, die nur mhsam einen Kon-
sens finden. Zudem legte Tusk laut Kritikern seit 2011
keine berzeugenden Reformen und Politikkonzepte
mehr vor. Die erst jetzt in Polen sichtbar werdende
und mit einem rapiden Anstieg des Staatsdefizits auf
knapp 90 Prozent einhergehende globale Krise hat
berdies die Armut vertieft, was der Groteil der Be-
vlkerung wiederum Tusk anlastet.
Das gilt auch fr
Tschechien, das
wegen seines
engmaschigen
sozialen Netzes
in der Armutsfra-
ge bislang eine
Titelthema Europawahl 2014
18
global & liberal 1-2014
Sonderstellung unter den Lndern der Region ein-
nahm. Dennoch sind auch hier mehr als 15 Prozent
der Bevlkerung von Armut und sozialer Ausgrenzung
bedroht. Was das Verhltnis zur EU betrifft, drfte
Tschechien aber mit dem Antritt der neuen Mitte-
Links-Regierung unter dem sozialdemokratischen Mi-
nisterprsidenten Bohuslav Sobotka Ende Januar 2014
wieder zu einer proeuropischen Politik zurckfinden,
nachdem der frhere Regierungs- und sptere Staats-
chef Vaclav Klaus das Land lange Zeit mit seinem Eu-
roskeptizismus infiziert und verunsichert hatte. Tsche-
chien ist das einzige unter den acht Lndern der Regi-
on Mitteleuropa und baltische Staaten, das sich bis-
lang nicht dem ESM angeschlossen hat. Das knnte
sich bald ndern. Bereits im Vorfeld seiner Ernennung
hatte der neue Auenminister Lubomir Zaoralek fr
die uneingeschrnkte und aktive Beteiligung Prags am
Ausbau der europischen Integration pldiert. Der seit
Mrz 2013 amtierende und erstmals per Direktwahl
gewhlte Staatsprsident Milos Zeman gilt zwar als
Populist, vertritt jedoch im Unterschied zu seinem
Amtsvorgnger Klaus eine europafreundliche Linie.
Und die mitregierende brgerlich-liberale Protestpar-
tei ANO hat den frheren EU-Kommissar Pavel Telicka
als Spitzenkandidaten fr die EP-Wahl nominiert. Je-
doch rechnet ANO-Chef Andrej Babis, Finanzminister
in der neuen Regierung, mit der Einfhrung des Euro
nicht vor 2020, obwohl die tschechische Wirtschaft
schon lnger danach ruft.
Der seit Mrz 2012
in der Slowakei mit
seiner linksorien-
tierten Partei Smer
-SD (Richtung-
Sozialdemokraten)
allein regierende
Ministerprsident Robert Fico konnte sich von Beginn
an auf die erfolgreichen Reformen seiner liberalkon-
servativen Vorgnger sttzen, die dem Land am 1. Ja-
nuar 2009 die Einfhrung des Euro ermglichten.
Selbst Fico rumte ein, dass die gemeinsame europi-
sche Whrung und die Mitgliedschaft in der EU sich
fr die Slowakei besonders in der Krisenzeit als stabi-
lisierender Faktor erwiesen haben. Von der globalen
Wirtschaftskrise wurde die Slowakei denn auch nur
partiell betroffen. Allerdings hat sich in der ra Fico
die Qualitt der Demokratie verschlechtert. Die gr-
ten Einbuen wurden im Bereich der demokratischen
Institutionen und des Rechtsstaates sowie beim
Schutz und der Einhaltung der Menschen- und Min-
derheitsrechte verzeichnet. Letztere Verschlechterung
betraf vor allem die Bevlkerungsgruppe der Roma,
die aktuellen Schtzungen zufolge mit 402.000 Ange-
hrigen nach den Magyaren die strkste Minderheit
darstellen. Die in den Ghettos hauptschlich in der
Ost- und Mittelslowakei lebenden rmsten Roma-
Familien haben dabei die meisten Kinder. Trotz Schul-
pflicht sind die Roma die Einwohnergruppe mit dem
niedrigsten Bildungsgrad geblieben. Dieses Thema
wird von Rechtsextremisten weidlich ausgeschlachtet.
So siegte bei der Regionalwahl im mittelslowakischen
Banska Bystrica (Neusohl) Ende 2013 der Rechtsradi-
kale Marian Kotleba, dessen gegen kriminelle Zigeu-
ner hetzende Volkspartei Unsere Slowakei (LSNS) sich am Rande der Legalitt bewegt.
Slowenien ist wiede-
rum ein gutes Beispiel
dafr, wie ein ehe-
mals bejubelter Mus-
terschler heute um
die Versetzung ban-
gen muss. Das erste
der neuen EU-Mitgliedslnder, das 2007 den Euro ein-
gefhrt hatte, gilt weiter als Kandidat fr den Euro-
Rettungsschirm. Und dies, obwohl die im Mrz 2013
angetretene Mitte-Links-Regierung unter Ministerpr-
sidentin Alenka Bratusek dem schuldengeplagten Land
nicht nur ein Reform- und Sparprogramm verordnet,
sondern auch die Privatisierung von 15 Staatsunter-
nehmen durchgesetzt hat. Das galt lange Jahre als
Ding der Unmglichkeit, weil Slowenien nach der Er-
langung der Unabhngigkeit vor der Einfhrung klarer
marktwirtschaftlicher Prinzipien zurckgeschreckt
war. Seit dem Antritt der Regierung Bratusek sind
auch die politischen Spannungen im Land abgeflaut,
die sich zuvor in monatelangen Protestwellen gegen
die vorhergehende Regierung Jansa geuert hatten.
Bratusek gelang es sogar, einen Deal mit den streitba-
ren slowenischen Gewerkschaften auszuhandeln, die
dem Abbau von Arbeitspltzen im ffentlichen Dienst
zustimmten. Dabei hat sich die Arbeitslosigkeit in Slo-
wenien mit 12,8 Prozent (August 2013) seit Beginn
der Krise fast verdreifacht. Besonders junge Leute sind
davon betroffen, und viele wollen das Land verlassen.
Deutschkurse sind heute gefragt wie nie zuvor.
Titelthema Europawahl 2014
19
global & liberal 1-2014
Die drei baltischen
Staaten Lettland, Est-
land und Litauen ha-
ben das Jahr 2013
nach Einschtzung
der Ratingagenturen
mit stabilen Aussich-
ten beendet, doch das Problem der Abwanderung jun-
ger hochqualifizierter Brger ins Ausland bleibt vor
allem in Lettland und Litauen ungelst. Lettland, das
seit dem ersten Januar 2014 der Euro-Zone angehrt,
ist trotz der erfolgreichen Wirtschaftspolitik und des
eisernen Sparkurses der Regierung ein armes Land ge-
blieben und nimmt im europischen Armutsvergleich
vor Bulgarien und Rumnien den drittletzten Platz ein.
Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 hat sich in
Lettland die Bevlkerung um ca. zehn Prozent verrin-
gert. Die Notwendigkeit von Sozial- und Steuerrefor-
men wird deshalb von Riga auch mit dem Ziel der Ver-
ringerung von Armut und Ungleichheit begrndet.
Denn in Lettland ist nicht nur die Arbeitslosigkeit an
sich ein Problem, sondern auch die geringe Bezah-
lung, die vor allem junge Fachkrfte ins Ausland
treibt. ber 70 Prozent der Brger sind einer Umfrage
des lettischen Meinungsforschungsinstituts DNB zu-
folge der Ansicht, dass sie im eigenen Land keinen
angemessen bezahlten Job bekommen.
In Litauen konnte
2013 die Arbeitslosen-
quote weiter gesenkt
werden, ist mit 11,5
Prozent aber immer
noch hoch. Obwohl die
Regierung in Vilnius
Anfang 2013 den Min-
destlohn von 850 auf
1.000 Litas erhht hat, hlt die Abwanderung junger Leute in Staaten mit hheren Lhnen weiter an. Seit
2008 hat das Land 400.000 Menschen verloren, das
sind mehr als die Zahl der litauischen Toten und Ver-
missten im Zweiten Weltkrieg. Die Armut unter der
Bevlkerung hat nach den Krzungen im Sozialbereich
massiv zugenommen: 33 Prozent der Litauer leben mit
einem Armuts- und Ausgrenzungsrisiko. Litauen gilt
als Land mit der hchsten Selbstmordrate der Welt:
34 von 100.000 Litauern whlten laut Weltgesund-
heitsorganisation allein 2009 den Freitod, vor allem in
lndlichen Gegenden. Mit der litauischen Wirtschaft
geht es seit 2013 jedoch wieder aufwrts. Das BIP ist
Schtzungen nach um 3,1 Prozent gestiegen. Ende
Juni 2013 stellte die Europische Kommission ein De-
fizitverfahren gegen Litauen ein, weil das Land 2012
nur noch eine Neuverschuldung von 3,2 Prozent aus-
gewiesen hatte. Erklrtes Ziel der Regierung ist die
Einfhrung des Euro, die 2015 erfolgen soll. Die ge-
meinsame europische Whrung gilt in Litauen als
sicherheitspolitisches Kernprojekt.
Im Unterschied zu Litau-
en und Lettland galt Est-
land politisch in den letz-
ten Jahren als Hort der
Stabilitt. Doch seit Mit-
te 2012 regt sich auch
hier die Unzufriedenheit
der Brger mit der politischen Elite, die sich im Ergeb-
nis der Kommunalwahlen von Ende Oktober 2013 wi-
derspiegelte: Vor dem Hintergrund des weiterhin rigo-
rosen Sparkurses der liberalen Reformpartei von Mi-
nisterprsident Andrus Ansip wurde die linkspopulisti-
sche Zentrumspartei Sieger des Urnengangs. Die est-
nische Wirtschaft befindet sich jedoch wieder auf
Wachstumskurs, die Staatsverschuldung bleibt mit die
niedrigste in der EU. Auch die Armutsquote ist bei
weitem nicht so hoch wie die der Nachbarlnder Lett-
land und Litauen. Offen geblieben ist in Estland dage-
gen bislang die Frage der Integration der russischen
Minderheit, die landesweit 26 Prozent und in der
Hauptstadt Tallinn sogar 36 Prozent der Einwohner-
schaft stellt. Rund 95.000 ethnische Russen sind offi-
ziell staatenlos, weil sie weder die estnische noch die
russische Staatsbrgerschaft annehmen wollen. Ein
Thema, das von Populisten aus beiden Sprachlagern
sicher auch vor den EP-Wahlen ausgiebig errtert
werden drfte.
EU neu versus EU alt ist lngst berholt
Whrend der letzten zehn Jahre und insbesondere seit
der Euro-Krise hat sich die bliche Unterscheidung
zwischen den alten und den neuen EU-
Mitgliedslndern vollkommen berlebt. Manche Neu-
linge wie z.B. Lettland oder Litauen haben die Folgen
der Krise wesentlich schneller, besser und ohne diri-
gistische Eingriffe bewltigt. Estland und Polen beug-
Titelthema Europawahl 2014
20
global & liberal 1-2014
ten durch eine konsequente und markt-liberal orien-
tierte Politik einem greren wirtschaftlichen Ab-
schwung vor. Diese Lnder sind mit ihren konsequen-
ten Reformanstrengungen heute weiter als einige in
der sogenannten alten EU. Das ist Best Practice wie
aus dem Lehrbuch und muss gerade von einer libera-
len Stiftung gefrdert werden. Auch die sozialen und
gesellschaftlichen Probleme unterscheiden sich in den
Beitrittslndern bis auf wenige Extreme (ungarische
Nationalgarde, Lage der Roma in der Slowakei) nicht
wesentlich von denen im westlichen Teil der EU. Der
Populismus blht europaweit in der Slowakei wie in Italien, in Griechenland wie in Ungarn. Rechtsextreme
und auslnderfeindliche Parteien haben nicht nur an
der Moldau oder Donau Zulauf, sondern auch an der
Themse, an der Seine und an der Maas. So gesehen
haben uns die zehn Jahre erweiterte EU ein Stck
Normalitt gebracht im positiven wie im negativen Sinne.
Autor: Dr. Borek Severa
Impressionen aus der Arbeit des FNF-Projektbros Mitteleuropa
(Fotos: FNF)
Titelthema Europawahl 2014
21
global & liberal 1-2014
In der Nacht auf den 22. November 2013 begann in
der Ukraine eine Protestbewegung, die als
EuroMajdan Europa beeindrucken sollte. Auf den
Facebook-Aufruf des ukrainischen Journalisten Mus-
tafa Nayyem reagierten unerwartet viele Gleichge-
sinnte. Wer vom Scheitern des Assoziierungsabkom-
mens zwischen der Ukraine und der EU ebenso ent-
tuscht war wie der Journalist, kam zum Kiewer Un-
abhngigkeitsplatz Majdan Nesaleshnosti.
Europa als Anker fr Reformen
Das Abkommen mit der EU verstanden viele Ukrainer
als Rettungsanker. Der sollte sie vor dem autoritren
Staat bewahren, in dem Prsident Janukowytsch und
seine Prsidialverwaltung seit Anfang 2010 demokra-
tische Institutionen und Verfahren ausgehhlt oder
manipuliert hatten. Die Venedig-Kommission des Eu-
roparats urteilte, der Prsident habe viel mehr Macht, als von den Whlern erteilt. Von Integration in das
EU-Gefge und Angleichung an europische Gesetz-
gebung erhofften sich viele Ukrainer eine demokrati-
sche Perspektive.
In das "Proteststdtchen" am Majdan in Kiews Zent-
rum kamen jeden Sonntag, an sog. Volkstagen (ukr.:
Narodne Witsche), bis zu einige Hunderttausend De-
monstranten. Dennoch war die Staatsmacht wochen-
lang nicht zum Gesprch bereit. Allerdings konnten
weder das Spielen auf Zeit noch Gewalt die Dauer-
kundgebung beenden. Im Gegenteil brachte jedes bru-
tale Vorgehen der Sicherheitskrfte mehr Demonst-
ranten auf die Strae: Aktivisten aus ukrainischen
Nichtregierungsorganisationen und Oppositionspartei-
en, aber auch Brger aller Schichten aus dem ganzen
Land.
Warum Europa? Prsident, Regierung und Staats-
macht diskreditierten sich in den Augen vieler Brger
immer mehr. So war das Ziel der Protestler bald nicht
mehr allein die Annherung an die EU, sondern ein
grundlegender Wandel des politischen Systems. Die
Menschen verlangten ein Ende des Autoritarismus und
der Korruption sowie Freiheit und Achtung der Men-
schenwrde.
Neustart in die europische Integration
Die bergangsregierung hat den Prozess der politi-
schen Assoziierung mit Europa zgig wieder aufge-
nommen. Neben Rechtsstaatlichkeit, zollfreiem
Marktzugang und Auslandsinvestitionen wnschen
sich viele Ukrainer die Beitrittsperspektive, also die explizite Bereitschaft, ihr Land eines Tages in die EU
aufzunehmen. Aber so eindeutig will sich die EU nicht
festlegen. Auf polnische Initiative hat der Rat der Au-
enminister immerhin formuliert, die Assoziierung sei
nicht das Endziel in den Beziehungen der EU zur Uk-
raine.
... unter der Kontrolle des EuroMajdan
Bislang hat die Politik in der Ukraine keine tiefgreifen-
den Reformen vorgenommen, weil sie Geisel ber-
mchtiger Finanzgruppen und regionaler Clans war.
Politisch ttig zu sein, bedeutete in erster Linie, eige-
ne Interessen durchzusetzen, nicht, fr das Gemein-
wohl zu handeln.
Eine neue Regierung arbeitet seit dem Untertauchen
von Ex-Prsident Janukowytsch am 22. Februar auf
Hochtouren. Die Herausforderungen sind immens: Es
gilt, landesweit die Regierungsfhrung zu reformie-
ren, der Korruption nachhaltig entgegenzutreten, den
Staatsbankrott abzuwenden und ein Machtvakuum
Ukraine: Eine dritte Chance fr die Demokratie
Krisenherd Ukraine
22
global & liberal 1-2014
zu verhindern. Entscheidungen in dieser schwierigen
bergangsphase werden sich vielfach erst im Nach-
hinein als umsichtig und integrativ oder diskreditie-
rend und inkompetent herausstellen. Als Gefahr sehen
viele ukrainische Brger in erster Linie, dass jene, die
mter bernehmen, das alte System nicht abschaffen
wollen oder knnen, und dass Politik, Wirtschaft und
Korruption verflochten bleiben.
Die Orangene Revolution war von Politikern die
EuroMajdan-Bewegung ist jene der Brger
Ermutigend ist die in den letzten Wochen demons-
trierte Strke der Zivilgesellschaft. Die EuroMajdan-
Bewegung will die Kontrolle nicht aufgeben und Re-
gierung, Parlamentarier, Gouverneure und Oligarchen
weiter beobachten, gerade wegen der schlechten Er-
fahrungen nach 2004, im ukrainischen Volksmund
die Revolution der Millionre gegen die Milliardre
genannt. Einige Analysten warnen deswegen vor Po-
pulismus; andere sehen darin optimistischer eine
Chance fr die Politik, den Anschluss an die Gesell-
schaft zu finden, die reifer sei als die politische Klasse
und das politische System.
Aktuelle Umfragen geben der zweiten Gruppe Recht.
Von der Politik hufig instrumentalisierte Themen wie
die Fderalisierung des Landes oder die Sprache haben
nach Ansicht vieler ukrainischer Brger nicht die Be-
deutung, die Politiker oder machtorientierte Industrie-
magnaten ihnen beimessen und populistisch nutzen.
So favorisierte etwa zu keinem Zeitpunkt eine Mehr-
heit die Abspaltung ostukrainischer Oblaste (Gebiete):
Selbst vor dem die nationale Identitt noch festigen-
den Schock ber die Toten des Majdan, getauft die
himmlische Hundertschaft, gab es weder auf der
Krim (41%) noch in Donezk (33%), im Einflussgebiet
des Regionalfrsten Akhmetow, eine Mehrheit fr den
Alleingang.
Der russische Faktor
Die Kremlfhrung setzt die Begriffe Radikalismus, Fa-
schismus und Nationalismus gezielt ein, um den Eu-
roMajdan zu diskreditieren, in Westeuropa und der
Ukraine. Dabei gibt es in Russland mehr neofaschisti-
sche Gruppen als in der Ukraine, und sie treten ag-
gressiver auf. Zum Rechten Sektor, Teil der 20.000
Mann umfassenden Selbstverteidigung des Majdan, gehrten im Februar etwa 2.000 Personen. Eine anti-
semitische Erklrung hat dort niemand abgegeben.
Dafr beteiligen sich nachweislich russische Nationa-
listen an den anhaltenden Unruhen in den Ost-
Oblasten Luhansk, Donezk und Charkiw. Entgegen al-
ler Vernunft leugnete die Kremlfhrung in Zusammen-
hang mit dem Referendum, auf der Krim eigene Trup-
pen (auer der permanent anwesenden Schwarzmeer-
flotte) einzusetzen.
Im heutigen Russland suchen viele Menschen Trost in
traditionellen Werten wie Nationalstolz, Respekt vor
Autoritt und Religion. Im eigenen Land ist die Popu-
laritt von Prsident Putin so hoch wie nie seit seiner
Rckkehr ins Prsidentenamt 2012. Der Wertewandel,
der viel damit zu tun hat, dass die neunziger Jahre fr
die Mehrheit der Menschen kein positiver Umbruch
waren, lsst sich gut nutzen, wenn es darum geht,
nationale Strke zu demonstrieren. Allerdings ist frag-
Studenten auf dem Maidan
(Foto: Taisia Stezenko, Korrespondent.net)
Foto: Free University of Maidan
Krisenherd Ukraine
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global & liberal 1-2014
lich, ob das auch fr eine offene Invasion in der bri-
gen Ukraine gilt. Lew Gudkow vom Levada-Zentrum
stellt fest, dass zwar eine absolute Mehrheit der Rus-
sen fr den Beitritt der Krim zu Russland sei, aber
mehr als 70 Prozent gegen den Einsatz von Gewalt in
der Ukraine.
Eine sich auf der Basis demokratischer Grundstze gut
entwickelnde Ukraine bedroht Prsident Putins Herr-
schaftssystem einer autoritr regierten ostslawischen
Zivilisation als wertkonservativen Gegenpol zur EU.
Um die Einbeziehung der Ukraine in den eigenen,
staatskapitalistisch geprgten Einheitlichen Wirt-
schaftsraum (EWR) mit Belarus und Kasachstan be-mht sich der Kreml schon seit vor der Orangenen Re-
volution. Deshalb wird die Kremlfhrung auch fortfah-
ren, das Nachbarland unter Druck zu setzen, Geheim-
dienste und Provokateure einsetzen und weiter Propa-
ganda betreiben. Innerukrainische Differenzen, etwa
wenn nationalistische ukrainische Krfte kulturell rus-
sisch geprgte Ukrainer ausgrenzen, wird der Kreml
nutzen, um eigenes Intervenieren zu rechtfertigen zum Schutz russischsprachiger Bevlkerungsteile. Und
wenn die ukrainische bergangsregierung im Gegen-
zug Oligarchen einbindet, auf deren Mittel zur Ein-
flussnahme sie etwa in den Ost-Oblasten setzt, dann
ist das eine Gratwanderung, die auch den angestreb-
ten Systemwechsel bedroht.
Die Verantwortung Europas Perspektiven und
Chancen
Freilich mssen die Ukrainer ihre Regierungsfhrung
und ihre Institutionen selbst reformieren. Aber Europa
ist gegenber der Ukraine in der Verantwortung,
schon aus ureigenem Interesse. Es ist richtig, wenn
jene, die jetzt ernsthaft und transparent arbeiten, z-
gig und effektiv untersttzt werden, politisch und
wirtschaftlich, und dass Kredite ausgezahlt werden,
wenn Reformen vorankommen (prior action). Auch die Beitrittsperspektive muss der Ukraine keine Vor-
schusslorbeeren gewhren, wenn sie klar mit Reform-
erfolgen verknpft ist. So sah es schon Lord Dahren-
dorf: Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum
man [] nicht prfen sollte, ob die Ukraine die 'Kopenhagener Kriterien' erfllt, die die EU fr Bei-
trittskandidaten festgelegt hat. Die Beitrittsperspek-
tive kann in einer uerst schwierigen Phase ein zent-
rales Signal fr eine selbstbestimmbare Zukunft am
Ende des Tunnels senden.
Die ukrainische Krise stellt Europa vor die Herausfor-
derung, nationale Interessen nicht gegeneinander
auszuspielen, sondern sich stattdessen gemeinsam auf
Strken zu besinnen. Dabei geht es um einzelne Poli-
tikfelder wie Handel, Wettbewerb oder Energiepolitik,
die zentral fr die eigene Entwicklung sind.
Die Ukraine hat nun ihre nach 1991 dritte Chance.
Keiner kann vorhersagen, ob der grundlegende Wan-
del gelingen wird, ob bewaffnete Konflikte oder ihre
Macht rettende Oligarchen Reformen verhindern wer-
den oder ob es gar zur Spaltung des Landes kommt. Aber nach der Erfahrung des EuroMajdan scheint Re-
formerfolg eine Sache der Ehre und der nationalen
Integritt zu sein.
Autorin: Miriam Kosmehl
Lemberg und Donezk heit Freundschaft
(Foto: Facebook-Community NZMaidan)
Krisenherd Ukraine
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global & liberal 1-2014
Julius von Freytag-
Loringhoven, Projekt-
leiter der Friedrich-
Naumann-Stiftung
fr die Freiheit in
Moskau, beurteilt fr
global&liberal die
Krim-Krise aus der
Perspektive der Russ-
land-Arbeit:
Ist die Euphorie zur Aufnahme der Krim in Russland
echt?
von Freytag-Loringhoven: Die Euphorie ist echt. Darin
spiegelt sich auch das Trauma des Macht- und Bedeu-
tungsverlustes der einstigen Supermacht wider. Der
russische Prsident Putin hat in seiner Rede im Kreml
am 19. Mrz relativ emotional von einem historischen
Moment gesprochen, worauf der versammelte Saal in
lautes Klatschen ausbrach. Er hat betont, wie sehr
Russland und die Krim historisch zusammengehren,
als Sitz der Schwarzmeerflotte und der berwiegend
russischen Bevlkerung. Gleichzeitig griff er den Wes-
ten scharf fr seinen Zynismus an und bemhte sich
gleichzeitig, die Legitimitt des Referendums und rus-
sischen Handelns deutlich zu machen. Dazu betonte
er, dass es drei Amtssprachen geben werde, Russisch,
Ukrainisch und Krim-Tatarisch, sowie eine besondere
Rehabilitation der in der Stalinzeit unterdrckten Krim
-Tataren. Zum Hintergrund sollte man wissen, dass die
Krim-Tataren im Vorfeld besonders kritisch gegenber
einem Beitritt zu Russland gewesen waren.
Glauben Sie, dass sich Putin wirklich um eine Legi-
timation seiner Handlung sorgt?
von Freytag-Loringhoven: Putins Argumentation luft
letztlich immer darauf hinaus, internationale Aner-
kennung zu erhalten. Dass er diese im Westen dann
wiederum selten erfhrt, hngt natrlich auch we-
sentlich von seinem Handeln ab. Der Westen kann
nicht tatenlos zusehen, wenn ein solches Referendum
unter Verletzung des Vlkerrechts, ohne ausreichende
internationale Beobachtung und im Angesicht russi-
scher Militrprsenz stattfindet. Dass Putin in seiner
Rede erwhnen musste, dass ber 96% fr eine In-
tegration in die Russische Fderation gestimmt haben,
macht natrlich jeden westlichen Beobachter stutzig.
Die Zahl erinnert an die Wahlergebnisse zu Sowjetzei-
ten. Nach unabhngigen Umfragen war aktuell tat-
schlich die Mehrheit auf der Krim fr diese Integrati-
on. Die prorussische Medienpropaganda der letzten
Wochen war allerdings immens.
Was sollte der Westen jetzt tun?
von Freytag-Loringhoven: Putin sagte deutlich, dass er
die territoriale Integritt der Ukraine anerkenne und
wiederholte mehrfach, wie wichtig fr Russland gute
Beziehungen mit der Ukraine seien. Kurz danach ver-
sprach er allerdings den Russen in der Ukraine, dass
Russland sich vehement fr deren Interessen einset-
zen wrde das klang dann schon wieder anders. Der
neuen Fhrung in Kiew spricht Putin jede Legitimation
ab. Die Rationalitt hinter Putins Zielen und Handlun-
gen mag von auen schwer zu erkennen sein jeden-falls sollte der Westen Sanktionen mit klaren Forde-
rungen und Angeboten verbinden. Putin wei um den
wirtschaftlichen Schaden von Sanktionen und auen-
politischer Isolation. Deswegen sollte der Westen eine
Sicherheitsgarantie fr die brige Ukraine und andere
Regionen mit russischer Bevlkerung in Osteuropa
einfordern und sich gleichzeitig darum bemhen,
Russland in eine gesamteuropische Sicherheits- und
Wirtschaftsarchitektur zu integrieren. Es hilft nicht,
Putin und Russland jetzt in einer Auge um Auge Zahn um Zahn-Logik Schaden zuzufgen, sondern es
geht vor allem darum, alles dafr zu tun, um auch aus
dieser Situation heraus wieder am gemeinsamen Haus
Europa weiter zu bauen.
Putin wei um den wirtschaftlichen Schaden von
Sanktionen und auenpolitischer Isolation Interview mit Julius von Freytag-Loringhoven, Projektleiter der FNF in Moskau
Krisenherd Ukraine
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global & liberal 1-2014
Gerade besuchte Prsident Barack Obama zum ersten
Mal in seiner Amtszeit die EU-Institutionen in Brssel.
Angesichts der russischen Intervention auf der Krim
bekam der Besuch eine besondere Bedeutung. Gegen-
ber Vladimir Putin demonstrierten die USA und Euro-
pa groen Schulterschluss. Bietet diese internationale
Krise einen Neustart fr die transatlantischen Bezie-
hungen oder werden Spannungen nur berdeckt?
Auch beim Staatsdinner zu Ehren des franzsischen
Prsidenten Hollande im Februar wurde transatlanti-
sche Harmonie versprht. Zu Zeiten von Prsident
George W. Bush und der Irak-Krise wurde franzsi-
scher Rotwein noch ffentlichkeitswirksam ins Ab-
wasser gekippt. Vor ein paar Wochen hingegen wurde
mit einem Glas Rotwein freundschaftlich angestoen.
Dieses Bild und ein gemeinsamer Meinungsartikel der
Prsidenten Obama und Hollande in der Washington
Post symbolisieren am besten die neue, groe Harmo-
nie zwischen den USA und Frankreich. Doch was
steckt hinter dieser pltzlichen Harmonie zwischen
den USA und Frankreich? Handelt es sich um einen
Versuch Obamas, die frheren Wogen zu gltten?
Nichts dergleichen. Es reprsentierte vielmehr die
Frustration der USA mit der EU und im Besonderen
mit Deutschland. Denn die Enthaltung Deutschlands
bei der Intervention in Libyen, die unterschiedlichen
Auffassungen beim Kampf gegen die Wirtschaftskrise
und die anhaltende Kritik wegen der NSA-Affre, ha-
ben die deutsch-amerikanische Partnerschaft in letz-
ter Zeit belastet.
In den letzten Jahren hatte sich gezeigt, dass es einen
greren Riss im gemeinsamen Wertegerst der USA
und Europas gibt. Bei der Diskussion ber die NSA-
Enthllungen wird dies besonders deutlich. Whrend
die Affre in Europa hohe Wellen geschlagen hat, ist
die Reaktion in der amerikanischen ffentlichkeit ver-
halten. Die USA sind zwar bekannt als Land der per-
snlichen Freiheiten, doch seit den Anschlgen vom
11. September 2001 sind die Amerikaner bereit, ein
Stck Freiheit und Privatsphre aufzugeben, um vor
erneuten Anschlgen sicher zu sein. Natrlich gibt es
auch in den USA Gegner der NSA-Abhrmethoden,
doch das Thema wird lngst nicht so kontrovers disku-
tiert wie in Europa. Hoffnungen auf durchgreifende
Reformen der NSA-Methoden braucht man sich auf
europischer Seite vorerst nicht zu machen. Ein No-
Spy Abkommen wird es auch in Zukunft erst dann ge-
ben, wenn Einigkeit darber herrscht, was ein solches
Abkommen eigentlich erreichen soll. In Europa wird es
als Spionageverbot gegenber Vertragspartnern aus-
gelegt; die USA sehen dies nur als Instrument zur Re-
gulierung der Spionageaktivitten gegenber Ver-
tragspartnern.
Zwischenruf: Auf dem Weg in eine transatlantische Renaissance? Entfremdung oder Neustart eine Wasserstandsmessung der EU-US-Beziehungen
EU-Kommissionsprsident Barroso, US-Prsident Obama und
EU-Ratsprsident Van Rompuy (Foto: European Union/Flickr)
Transatlantische Beziehungen
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global & liberal 1-2014
Auch um das Transatlantische Investitions- und Han-
delsabkommen (TTIP) ist es in Washington, DC ruhig
geworden. Die transatlantischen Partner verhandeln
zwar fleiig weiter, innenpolitisch bewegt sich in den
USA diesbezglich jedoch im Moment nichts. Im Ge-
genteil: Prsident Obama hat vom Kongress die ber-
tragung einer sogenannten Trade Promotion Authority
(TPA) eingefordert. Diese zustzliche Handlungsbefug-nis wird als wesentlich betrachtet, um TTIP tatschlich
unter Dach und Fach bringen zu knnen. Doch Obama
wird vom Kongress auf jeden Fall bis zu den Midterm
Elections im November gebremst.
Diese Beispiele spiegeln die unterschiedlichen Inter-
pretationen dieser Beziehungen wider: Whrend die
Europer, allen voran die Deutschen, die transatlanti-
schen Beziehungen eher romantisch als enge Freund-
schaft sehen, versteht Amerika dieses Bndnis nch-
terner als eine freundliche Partnerschaft, die auf be-
stimmte Ziele ausgelegt ist. Doch auf Partner kann
nicht immer Rcksicht genommen werden. Nationen
verfolgen Interessen, die sie trotz aller Freundschaft
durchzusetzen versuchen. Ob die Interessen des engen
Partners dabei auf der Strecke bleiben, ist nicht immer
von Relevanz.
Vor diesem Hintergrund wird es auf dem Weg in eine
transatlantische Renaissance, von der US-
Auenminister Kerry auf der Mnchener Sicherheits-
konferenz gesprochen hat, in Zukunft weiterhin Miss-
verstndnisse und Meinungsverschiedenheiten geben.
Um das transatlantische Vertrauen wieder zu festigen,
mssen verschiedene Interessen, Prioritten und Wer-
teauslegungen erkannt und erklrt und in die politi-
sche Diskussion auf beiden Seiten des Atlantiks einge-
bracht werden.
Das Transatlantische Dialogprogramm der Friedrich-
Naumann-Stiftung fr die Freiheit wird genau hier
ansetzen: So etwa durch Gesprche und Veranstaltun-
gen beim nchsten Besuch des Vorstandsmitglieds
der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit,
Manfred Richter, oder bei der nchsten transatlanti-
schen Konferenz, die nordamerikanische Fhrungs-
krfte aus Politik und Wirtschaft mit europischen
Experten zusammenbringt.
Autor: Claus Gramckow
Der monatlich erscheinende Newsletter
"Washington brief" berichtet ber die neuesten
politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftspoli-
tischen Entwicklungen in den USA und bildet so-
mit einen wichtigen Teil des Transatlantischen Di-
alogs der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die
Freiheit.
E-Mail-Abo unter
www.fnf-northamerica.org
Transatlantische Beziehungen
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global & liberal 1-2014
Voneinander lernen Stiftung frdert europisch-
arabischen Dialog der Liberalen
Von Aufbruchstimmung ist wenig geblieben. Wo einst
der arabische Frhling gefeiert wurde, herrscht heu-
te Katerstimmung. Von einem arabischen Winter ist gar die Rede angesichts der vielen schlechten Nach-
richten. Bei all dem ist wichtig, dass der politische
Dialog zwischen Europa und der sdlichen Nachbarre-
gion nicht abreit. Dieses Ziel hat sich das Regional-
bro Mittelmeerlnder (MML) der Friedrich Naumann
Stiftung fr die Freiheit (FNF) auf die Fahnen ge-
schrieben. Das Projekt Bridging the Gap, das frei als
Die Kluft berbrcken bersetzt werden knnte, zielt darauf ab, Liberale aus Europa und der arabischen
Welt in einen strukturierten politischen Dialog einzu-
binden. Nach knapp einem Jahr kann sich die Zwi-
schenbilanz durchaus sehen lassen. Zu dem Erfolg hat
mageblich die enge Zusammenarbeit mit ELF, dem
European Liberal Forum in Brssel, beigetragen. Das
mit Mitteln des Europischen Parlamentes operieren-
de Forum leistet von Beginn an wichtige inhaltliche
und finanzielle Beitrge.
Seinen Anfang nahm das grenzbergreifende Projekt
im Mai des vergangenen Jahres, als Kairo Schauplatz
einer greren internationalen Versammlung wurde:
ber hundert liberale Persnlichkeiten Politiker, Publizisten und Wissenschaftler trafen sich zu einer Dialogveranstaltung, auf der es um die Gemeinsam-
keiten und die Differenzen zwischen Liberalen auf bei-
den Seiten des Mittelmeers ging. Die wichtigsten Pa-
piere des bisweilen tiefsinnigen Diskurses am Fue der
Pyramiden sind inzwischen in englischer und arabi-
scher Sprache publiziert.
Inspiration aus dem Orient
Es ist ein bemerkenswerter Lesestoff, der aufrumt
mit dem alten Klischee, es gebe keinen autochtonen
arabischen Liberalismus, und wenn es ihn dann doch
gbe, dann sei er ohnehin ein Plagiat westlicher Poli-
tik- und Lebensentwrfe. Mehrere Referenten prsen-
tierten die Wurzeln des arabischen liberalen Denkens,
und leugneten dabei nicht, dass die Freiheitsdenker
Arabiens natrlich auch von westlichen Einflssen
profitierten. Andererseits haben auch die Europer
immer wieder Inspiration im Orient gefunden. Der Bel-
gier Corentin de Salle vom Centre Jean Gol in Brssel
Mittelmeer-Dialoge: Facetten erfolgreicher
Projektarbeit in gypten und der Trkei
Mittelmeer-Dialog
gypten
Dimitris Katsoudas, Director of the "Forum for Greece", Dr.
Ronald Meinardus, FNF-Regionalbroleiter, Giulio Ercolessi,
Board member of The European Liberal Forum (ELF) (vlnr)
(Foto: FNF Cairo)
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global & liberal 1-2014
ging einen Schritt weiter: Der europische Liberalis-
mus hat seine Wurzeln in der arabischen Zivilisation. Heute ist die Distanz zwischen arabischem und euro-
pischem Denken gro. Gleichwohl stimmen die Libe-
ralen auf beiden Seiten des mare nostrum in vielen
Grundsatzfragen berein. Einigkeit besteht in dem
Punkt, dass politische Wahlen kein liberales Allheil-
mittel sein knnen. Es gibt keinen Liberalismus ohne Demokratie, es gibt aber viele sich Demokratie nen-
nende Staaten ohne Liberalismus, formulierte Prof. Aristides Hatzis von der Universitt Athen das Dilem-
ma, das den arabischen Liberalen heute zu schaffen
macht. Denn bei den Wahlen gewannen stets nicht
die Krfte des Liberalismus, sondern die Parteien des
illiberalen Islamismus. Arabiens Liberale wurden Zeu-
gen, wie ihre Revolution von den Feinden der Frei-heit auf formaldemokratisch einwandfreie Art und
Weise in Besitz genommen wurde. Das gilt in beson-
derem Mae fr gypten.
Die gyptischen Entwicklungen standen dann auch im
Mittelpunkt der Debatten anlsslich der Buchprsen-
tation in Brssel im Februar. Eingeladen war unter
anderem die gyptische Kolumnistin Dr. Hala Mostafa,
die die Gefahr der Islamisierung der Gesellschaft in
klarer Sprache beschrieb und dann erklrte, wieso
gyptens Liberale gar bereit seien, Menschenrechts-
verletzungen zu ertragen, wenn diese der Eindm-
mung der religisen Krfte dienen. Wenn ich die
Wahl habe zwischen politischen Freiheitsrechten fr
alle und meiner ganz persnlichen Freiheit, dann ent-
scheide ich mich fr letztere.
Keine Alternative zum Dialog
uerungen wie diese lsen bei europischen Libera-
len naturgem Verwunderung, wenn nicht gar Ab-
lehnung aus. In dieser schwierigen Situation sehe ich keine Alternative zum fortgesetzten Dialog, sagt
FNF-Regionalbroleiter Ronald Meinardus.
Diesen Dialog zwischen europischen und arabischen
Liberalen frdert die Stiftung auf unterschiedliche Art
und Weise. Das Projekt mit dem European Liberal Fo-
rum ist nur eines von mehreren. Seit Jahren frdert
die Stiftung das arabische Parteien-Netzwerk Arab
Alliance for Freedom and Democracy und ein regiona-
les Jugendnetzwerk. Eine wichtige Komponente bei
diesen Manahmen sind Dialog-Veranstaltungen, bei
denen Araber und Europer an einem Tisch sitzen und
ber liberale Lsungen fr die kleinen und groen
Herausforderungen der Zeit nachdenken. Ein strategi-
scher Partner auf europischer Seite ist das internati-
onale Programm der niederlndischen Regierungspar-
tei VVD, das die Stiftungsprojekte finanziell und in-
haltlich untersttzt.
Es ist eine klassische Win-Win-Situation, sagt Regi-
onalbroleiter Meinardus, der die Kooperation einge-
fdelt hat. Wir bringen unsere Infrastruktur und un-sere guten Kontakte ein, und unsere Freunde Ideen
und Geld. Ende April werden sich im marokkanischen Rabat Jungliberale aus Europa und Arabien zusam-
menfinden, um ber Bevlkerungspolitik und Migrati-
on zu diskutieren. Am Ende so die Absicht soll eine
gemeinsame Erklrung zu diesem so kontroversen
Thema stehen. Wenig spter ldt die Stiftung zum
zweiten europisch-arabischen liberalen Dialogforum
nach Kairo ein. Dieses Mal soll es um die Rolle des
organisierten Liberalismus be