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Page 1: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Ein Überblick über die repräsentativen Gesundheitsstudien in Bayern von 1973 bis heute

Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

I+GGESUNDHEITSFORSCHUNG

Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit,Ernährung und Verbraucherschutz

Page 2: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Impressum

Herausgeber:

Bayerisches Staatsministerium

für Gesundheit, Ernährung und

Verbraucherschutz

Schellingstraße 155

80797 München

Projektleitung und Text:

Anja Romaus

I+G Gesundheitsforschung

Landsberger Straße 338

80687 München

Konzept: folio gmbh

Horemansstraße 28

80636 München

Redaktion: B.Bruckmoser,

folio gmbh

Grafik Entwurf: R. Beisenherz

Layout, Satz, Tabellen:

B. Schwintek, folio gmbh

Druck: Diet, Buchenberg

Für fachliche Zwecke kann diese

Publikation bezogen werden bei:

Landeszentrale für Gesundheit in

Bayern e. V. (LZG)

Landwehrstraße 60-62

80336 München

Tel. 089 - 544 07 30

Fotos: Argum

Die meisten Fotos zeigen

Jugendliche in typischen

Alltagssituationen. Die

Abgebildeten sind weder

drogenkrank noch als

drogengefährdet bekannt.Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit,

Ernährung und Verbraucherschutz

I+GGESUNDHEITSFORSCHUNG

Page 3: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

04 Studien zur Jugendgesundheit in Bayern von 1973 bis 2000

05 Weniger Alkohol - mehr Zigaretten

06 Alkoholkonsum weiter rückläufig

09 Es wird wieder mehr geraucht

12 Drogenkonsum nimmt weiter zu

15 Verwendung und Missbrauch von Arzneimitteln

17 Stress – in Schule und Beruf

18 Risikotypen in Freizeit und Familie

22 Blick in die Zukunft und persönliche Sorgen

23 Verhalten und Wissen rund um die Gesundheit

25 Gestörtes Essverhalten

29 Methodik

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Inhalt

Page 4: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Für die vorliegende Untersuchung "Jugend inBayern 2000" wurden zahlreiche Fragen so-wie Erhebungs- und Auswertungsmethodikaus den früheren von Infratest Gesundheits-forschung durchgeführten Studien, über-nommen. Hierdurch können die Ergebnissedieser Studie mit denen vorausgegangenerErhebungszeitpunkte verglichen werden.

Gesundheitsschädigende Verhaltensweisenwurden in den vergangenen Jugendstudienzusammen mit den Einflüssen von sozialemHintergrund, normativen Faktoren, Kennt-nissen/Einstellungen/Meinungen und Selbst-bild beschrieben. Um die anstehende Erhe-bung zu aktualisieren, wurde der Fragebogenanhand der jüngsten Literatur ergänzt.

Der komplexe Untersuchungsansatz derbayerischen Jugendstudien ermöglicht es, dasGesundheitsverhalten der Jugendlichen nichtnur zu beschreiben, sondern auch den Ursa-chen auf die Spur zu kommen, indem die so-ziale, psychische und ökonomische Lage ein-bezogen wird.

Seit fast 30 Jahren führt I+G Gesundheitsfor-schung (ehemals: Infratest Epidemiologieund Gesundheitsforschung) im Auftrag ein-zelner Länderministerien und des damaligenBundesministers für Jugend, Familie, Frauenund Gesundheit repräsentative Studien zuSuchtmittelmissbrauch, Gesundheitszustandund Lebensweise junger Menschen in derBundesrepublik Deutschland durch.

Das Bayerische Staatsministerium des Innernbeauftragte Infratest 1972 erstmals mit einerRepräsentativerhebung über das Ausmaßund die Erscheinungsformen des Suchtmit-telmissbrauchs junger Menschen in Bayern.Entsprechende Repräsentativerhebungen fürden Freistaat Bayern folgten 1976, 1980 und1984.

1986/87 und 1990 wurden die Jugendstudienüber den Suchtmittelkonsum als bundeswei-te Erhebung in der Bundesrepublik Deutsch-land (West) durchgeführt. Der Freistaat Bay-ern beteiligte sich an diesen Bundesstudiendurch eine Erweiterung der Anzahl der Be-fragten, um auf diese Weise die Zeitreihenfrüherer Erhebungen fortzuschreiben. 1995erfolge eine erneute Umfrage.

Im Jahr 2000 wurde das Projekt im Auftragdes Bayerischen Staatsministeriums für Ar-beit und Sozialordnung, Familie, Frauen undGesundheit (heute: Bayerisches Staatsmini-sterium für Gesundheit, Ernährung und Ver-braucherschutz) fortgeführt.

Diese Untersuchungen in Bayern, die zwi-schen 1973 und 2000 durchgeführt wurden,beobachten die Veränderung des Suchtmit-telkonsums junger Menschen im Alter von12 bis 24 Jahren über diesen Zeitraum.

AUFBAU DES FRAGEBOGENS:

Der Jugendliche

8 Gesundheit

8 Psychische Belastungen/ Probleme

8 Risikoverhalten: Rauchen, Alkohol, Medikamente, Drogen, Ernährung

8 Einstellungen/Einflüsse zu: Rauchen, Alkohol,Medikamen-te, Drogen, Gesundheit

8 Soziodemografische Daten

Familie

8 Intaktheit

8 Emotionales Klima

8 Materielle Ressourcen

8 Modellfunktion

8 Struktur

Schule/Beruf

8 Schulische und berufliche Qualifikation

8 Berufliche Tätigkeit/ Ausbildung

8 Diskontinuitäten im Bildungs-,Erwerbsverlauf

8 Schulische/berufliche Belastung

Freizeit/Peer Group

8 Mitgliedschaft in Cliquen/ Gruppen/Vereinen

8 Soziales Freizeitverhalten

8 Gesprächspartner bei Problemen

8 Häufige Freizeitbetätigungen

8 Kommunikation: Kanäle/ Medium/Inhalte/Sender

Die Jugendgesundheitsforschung beschreibt einerseits Veränderungen im Gesund-heitsverhalten und charakterisiert Jugendliche mit niedrigen oder höheren Risiken.Auf der anderen Seite werden Ursachen für ein bestimmtes Gesundheitsverhaltenund dessen Veränderungen analysiert. Auf Basis dieser Untersuchungen können ge-eignete Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention konzipiert und be-stehende Ansätze weiterentwickelt werden.

J U G E N D G E S U N D H E I T S F O R S C H U N G

Studien zur Jugendgesundheit in Bayern von 1973 bis 2000

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Page 5: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Der Anteil regelmäßiger Alkoholkonsumen-ten unter den Jugendlichen in Bayern ist demTrend der vergangenen Jahrzehnte folgendrückläufig. Konsumierten 1995 noch 23%der 12- bis 24-Jährigen regelmäßig (mehr-mals wöchentlich) Alkohol, sind es im Jahr2000 "nur" noch 18%.

Hingegen zeichnete sich Mitte der 90er Jahreeine Trendwende im Rauchverhalten der jun-gen Bevölkerung Deutschlands ab, wie letztebundesweite Untersuchungen belegen. Dasspiegelt sich auch bei den Jugendlichen inBayern wider: Es wird mehr geraucht. Fielder Anteil der Raucher von 50% im Jahr 1973auf 28% im Jahr 1995, so greifen 2000 wieder35% der jungen Leute zur Zigarette.

Seit Mitte der 80er Jahre steigt der Konsum il-legaler Drogen unter den Jugendlichen inBayern an. Diese Entwicklung ist bis heuteungebrochen. Waren 1995 11% der 12- bis24-Jährigen zu den aktuellen Drogenkonsu-menten (Personen, die innerhalb der letztenfünf Monate illegale Suchtmittel verwendethaben) zu rechnen, so sind es 2000 bereits14%.

Der Anteil der 12- bis 24-Jährigen, die regel-mäßig Medikamente mit Suchtpotential neh-men, hat sich zwischen 1995 und 2000 ge-ringfügig, aber nicht signifikant, erhöht(1995: 3%, 2000: 4%).

Die im Jahr 2000 durchgeführteUntersuchung unter den Jugendli-chen in Bayern steht in einer fast30-jährigen Tradition vergleichba-rer Jugendstudien. Als einzigesBundesland ist Bayern dadurch inder Lage, längerfristige Trends imGesundheitsverhalten von Jugend-lichen zu beobachten und bei derPlanung von Gesundheitsförde-rungsmaßnahmen zu berücksichti-gen.

Profil der Jugendlichenin Bayern 1995 und 2000

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%

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1995 2000

Weniger Alkohol - mehr Zigaretten

D I E W I C H T I G S T E N E R G E B N I S S E

Der Alkoholkonsum der Jugendlichen in Bayern ist - wie schon in den Jahren zuvor- deutlich rückläufig. Um fünf Prozentpunkte ist der Anteil der regelmäßigen Alko-holkonsumenten zurückgegangen.Geraucht hingegen wird wieder mehr - das ergaben die Untersuchungen für dasJahr 2000. Gestiegen ist auch der Anteil der Jugendlichen, die illegale Drogen kon-sumieren. Medikamentenmissbrauch spielt eine eher untergeordnete Rolle.

Page 6: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

sonders starke Abnahme des Anteils der re-gelmäßigen Alkoholkonsumenten. Unter den12- bis 14-jährigen und 18- bis 20-jährigenmännlichen Jugendlichen finden sich in etwagleichbleibende Anteile. Bei den 15- bis 17-Jährigen wird hingegen dem Trend entgegen-laufend wieder verstärkt zu Alkohol gegrif-fen.

Weniger Bier, mehr SprituosenWeniger Jugendliche neigen zu regelmäßi-gem Alkoholgenuss in hohen Mengen. Sankder Anteil der Jugendlichen, die sehr viel Al-kohol trinken ("hoher und übermäßiger" Al-koholkonsum), zwischen 1976 und 1995 be-reits von rund 20% auf 10%, hat er sich 2000nochmals leicht verringert (auf 8%). Auchhier fällt bei den männlichen Jugendlichenauf, dass die 21- bis 24-Jährigen besonders zurAbnahme des Alkoholkonsums beitragenund die 15- bis 17-Jährigen mehr trinken alsfrüher.

Der Alkoholkonsum der Jugendlichen inBayern ist dem Trend der vergangenen Jahr-zehnte folgend rückläufig. Konsumierten1995 noch 23% der 12- bis 24-Jährigen re-gelmäßig Alkohol, sind es im Jahr 2000 "nur"18%.

Junge Frauen trinken seltener als Männer30% der männlichen Jugendlichen trinkenregelmäßig Alkohol (1995: 34%), bei denjungen Frauen sind es 7% (1995: 12%).Während der Anteil der regelmäßigen Alko-holkonsumentinnen um 45% gesunken ist,ist er bei den jungen Männern nur um 13%zurückgegangen. Interessant ist in diesemZusammenhang, dass bei den jungen Frau-en der Anteil regelmäßiger Konsumentin-nen zwischen 1990 und 1995 noch steigendwar.

15- bis 17-jährige Jungen trinken wieder mehrBei den 21- bis 24-jährigen jungen Männernzeigt sich zwischen 1995 und 2000 eine be-

DEFINITIONEN ZUM KONSUMVON ALKOHOL

Regelmäßiger Alkoholkonsum:

Täglicher oder mehrmalswöchentlicher Konsum von Bier,Wein/Sekt oder Spirituosen.

Hoher oder übermäßiger Alkoholkonsum:

Regelmäßiger Alkoholkonsum inder Größenordnung von 5 bis 19(hoch) bzw. 20 bis 30 Gläsern Bier,Wein oder Spirituosen pro Woche(übermäßig).

Entwicklung der Anteileregelmäßiger Alkohol-konsumenten seit 1973

Die meisten Jugendlichen trinken zu bestimmten Gelegenheiten Alkohol. Nur 20%sagen, dass sie völlig abstinent leben. Es gibt allerdings große Unterschiede in derHäufigkeit des Konsums, bei den Trinkmengen und bei den Präferenzen für die ver-schiedenen Getränke. Bier ist nach wie vor das beliebteste Getränk unter den Ju-gendlichen, Parties und festliche Anlässe die bevorzugten Trinkgelegenheiten.

K O N S U M V O N A L K O H O L

Alkoholkonsum weiter rückläufig

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21 - 24 Jahre

18 - 20 Jahre

15 - 17 Jahre

12 - 14 Jahre

% Männer

1973 1976 1980 1984 1986 1990 1995 2000

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Page 7: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Es wird insgesamt weniger regelmäßig Bierund Wein getrunken, aber der Spirituosenkon-sum ist leicht gestiegen.

Kaum Stadt-Land-UnterschiedeBier ist das von Jugendlichen bevorzugte al-koholische Getränk. Besonders in kleinerenOrtschaften (unter 2.000 Einwohner) trinkenviele der jungen Leute regelmäßig Bier. Hierist der höchste Anteil der regelmäßigen Alko-holkonsumenten zu beobachten (24%). An-sonsten gibt es in Bezug auf die Gemeinde-größe wenig Unterschiede im Trinkverhalten.

Wo am liebsten getrunken wirdAlkohol wird meist bei Parties, festlichen An-lässen oder in der Disco getrunken, also in ei-nem gesellschaftlich akzeptierten Umfeld.Die Zahl der Jugendlichen, die sagen, dass siebei keiner dieser (und anderer abgefragter)Gelegenheiten Alkohol trinken, ist etwa sohoch wie 1995. Auf Parties, (Volks-)Festenund im Urlaub wird öfter getrunken.

Trinken bei ProblemenBedenklich ist nicht nur die Tatsache hohenAlkoholkonsums, sondern auch dessen per-sönliche Motivation. Der verstärkte Griff zualkoholischen Getränken in schwierigen per-sönlichen Situationen oder zu unpassendenGelegenheiten verdient ein besonderes Au-genmerk. So ist beispielsweise der Anteil derJugendlichen, die "bei Problemen" trinken, inder Gruppe der regelmäßigen Alkoholkonsu-menten im Vergleich zu allen Jugendlichenstark erhöht.

14% der regelmäßigen Alkoholkonsumententrinken, wenn sie allein zu Hause sind (1995:12%), 7% wenn sie "durchhängen", 6% beiStress und 3% während der Arbeitszeit (1995:7%). Auch das zeigt ein problematischesTrinkverhalten bei einer bestimmten Gruppevon Jugendlichen.

Das Image nannten Jugendliche1995 als Hauptgrund für den weit-gehenden Verzicht auf Alkohol.Viele antworteten, sie sähen kei-nen Sinn in exzessivem Alkohol-konsum. Immerhin knapp ein Vier-tel hatte sich durch eine Unter-richtseinheit in der Schule über-zeugen lassen.

Entwicklung der Anteileregelmäßiger Alkohol-konsumentinnen seit1973

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21 - 24 Jahre18 - 20 Jahre15 - 17 Jahre12 - 14 Jahre

% Frauen

1973 1976 1980 1984 1986 1990 1995 2000

Page 8: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

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auch Alkohol" (1990: 27%, 2000: 36%)spricht für eine gestiegene soziale Akzeptanzdes Alkoholkonsums bei den Jugendlichen.

Hinweise in eine ähnliche Richtung findensich bei den verschiedenen Einstellungenzum Thema Alkohol. Regelmäßige Alkohol-konsumenten meinen häufiger "Ein kleinerSchwips ist etwas sehr Angenehmes" und "Al-kohol macht sicherer und selbstbewusster".Auch stimmen sie eher der Aussage "Schlech-te Laune und Probleme lassen sich durch Al-kohol vertreiben" zu.

Soziale Akzeptanz gestiegenDie seit 1990 gestiegene Zustimmung der Ju-gendlichen zu den Aussagen "Jeder sollte ir-gendwann einmal die Erfahrung des Betrun-kenseins gemacht haben" (1990: 32%, 2000:38%) und "Zu einer gelungenen Fete gehört

Schon bei den 12- bis 14-jährigen Jugendlichen geben22% an, dass alle oder diemeisten in ihrem Bekannten-kreis Alkohol trinken. Bei den21- bis 24-Jährigen trifft diesauf knapp drei Viertel zu.

Zu welcher Gelegenheit trinken Sie Alkohol undwas fällt Ihnen zum The-ma Alkohol ein? (Item-auswahl)

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Situationendes Alkoholkonsums Meinungenzum Thema Alkohol

Gesamtgruppe allerJugendlichen

RegelmäßigeAlkoholkonsumenten

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%

Page 9: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Die Trendwende im Rauchverhalten der Ju-gendlichen in Deutschland spiegelt sich auchin Bayern wider: Es wird mehr geraucht. Fielder Anteil der jugendlichen Raucher seit 1973von rund 50% auf 28% 1995, so greifen heutewieder 35% der jungen Leute zur Zigarette.

Immer jünger, immer früherDiese Entwicklung ist sowohl bei den weibli-chen als auch bei den männlichen Jugendli-chen zu beobachten, wobei nach wie vor diejungen Männer in fast allen Altersgruppenmehr rauchen als die jungen Frauen.

Insbesondere die Verdreifachung der Rau-cherraten bei den 12- bis 14-jährigen Jungenund Mädchen sticht hervor. Auch bei den 15-bis 17-Jährigen und 18- bis 20-Jährigen istder Anstieg überproportional hoch, wohin-gegen die Anteile der Raucher bei den 21- bis24-Jährigen nahezu konstant geblieben sind.Die 18- bis 20-Jährigen haben die 21- bis 24-

Jährigen sogar "überholt". In dieser Gruppeliegt im Gegensatz zu 1995 auch als einzigedie Raucherrate bei den Frauen über der derMänner.

Zwei Drittel fangen unter Sechzehn anBereits 1995 haben 55% der Jugendlichen vordem 16. Lebensjahr mit dem Rauchen be-gonnen, jetzt sind es fast zwei Drittel. Dies istvor allem auf den sprunghaften Anstieg der-jenigen zurückzuführen, die im Alter von 12bis 13 Jahren das Rauchen angefangen haben(1995: 15%, 2000: 23%).

Schule, Beruf und RauchenJunge Menschen, die noch zur Schule gehenoder eine Hochschule besuchen, rauchen sel-tener (25% bzw. 34%) als die in einer beruf-lichen Ausbildung stehenden (47%). Dabeiist das Rauchverhalten deutlich schichtab-hängig. Arbeiter rauchen wesentlich häufiger(52%) als Angestellte (45%) und unter den

DEFINITIONEN ZUM TABAKKONSUM

Raucher:

Jugendliche, die angeben, zumZeitpunkt der Erhebung Zigaret-ten oder andere Tabakwaren zurauchen.

Nicht-/Nieraucher:

Jugendliche, die angeben, zumZeitpunkt der Erhebung nicht zurauchen bzw. nie geraucht zu ha-ben.

Ehemalige Raucher:

Jugendliche, die angeben, zumZeitpunkt der Erhebung nicht zurauchen aber früher geraucht ha-ben.

Entwicklung der Rau-cheranteile bei Män-nern seit 1973

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Es wird wieder mehr geraucht

Zwischen 1993 und 1997 ist die Raucherquote der Jugendlichen in Westdeutschlandangestiegen und hält seither ihr Niveau. Der Anteil der starken Raucher (20 Ziga-retten am Tag und mehr) zeigt dabei rückläufige Tendenzen. In Ostdeutschlandwar die Entwicklung von 1993 bis 2001 vor allem dadurch gekennzeichnet, dasssich das Rauchverhalten der Jugendlichen an das der Westdeutschen weitgehendangeglichen hat.

T A B A K K O N S U M

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18 - 20 Jahre

21 - 24 Jahre

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12 - 14 Jahre

% Männer

1973 1976 1980 1984 1986 1990 1995 2000

Page 10: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Seit 1995 greifen immer mehr

Mädchen und junge Frauen

zur Zigarette.

Entwicklung der Rau-cheranteile bei Frauenseit 1973

Vergleich zu 1995 eine eindeutig verstärkteZustimmung zu Aussagen wie Rauchen "istin", "sieht cool aus" oder "ist Freiheit".

Fast alle finden Rauchen ungesundDie meisten Raucher und Nichtraucher be-zeichnen Rauchen als gesundheitsschädi-gend. Das deutet zwar auf den Erfolg ent-sprechender Kampagnen hin. Allerdings soll-te dabei nicht außer Acht gelassen werden,dass das Nichtrauchen - im Gegensatz zufrüheren Erhebungen - mittlerweile als weni-ger wichtig für den Erhalt der persönlichenGesundheit angesehen wird (siehe Seite 23).Auch sehen jugendliche Raucher die Gefahrder Abhängigkeit etwas seltener als diejeni-gen, die nie geraucht haben. Die deutlich un-terschiedliche Verteilung abwehrender Argu-mente wie "Rauchen – nein danke" oder"Rauchen ist ekelig" erscheint hingegen nichtweiter erstaunlich.

Jugendlichen mit Hauptschulabschluss fin-den sich mehr Raucher (54%) als bei denje-nigen mit mittlerer Reife oder Abitur (32%).

Befragt nach den Attributen des Rauchens,geben Raucher sehr häufig "Abbau von Ner-vosität und Stress", "Gemütlichkeit", "Ablen-kung", "Geschmack" und "Befriedigung" an.Verglichen mit 1995 fällt besonders auf, dassdie Reduktion von Stress als Argument an Be-deutung gewonnen hat. Die dargestellten Be-funde zum Zusammenhang von Stress undRauchen werden hier gleichsam subjektiv un-termauert.

Was macht Rauchen attraktiv?Für Raucher stehen die Aspekte des Genussesund der Spannungsreduktion im Vergleichzu anderen Argumenten, wie dem Folgen vonTrends oder den durch die Werbung mit demRauchen verbundenen Freiheitsversprechen,stark im Vordergrund. Dennoch zeigt sich im

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12 - 14 Jahre

% Frauen

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18 - 20 Jahre

15 - 17 Jahre21 - 24 Jahre

Page 11: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Verbote nicht mehr so gefragtIm Jahr 2000 stimmen mehr Jugendliche als1995 der Aussage zu "Zu viele Verbote för-dern das Rauchen" (60% vs. 52%). WenigerJugendliche befürworten beispielsweise, dasRauchen auf Schulgeländen zu verbieten.Diese Tendenz zeigt sich auch für das Rau-chen am Arbeitsplatz. Hingegen steigt die Ak-zeptanz der Raucher, Rücksicht auf Nicht-raucher zu nehmen und Kompromisslösun-gen wie "Raucher- und Nichtraucherzonenin Gaststätten" zu akzeptieren (1995: 63%,2000: 69%).

Werbeeinschränkung stößt auf positive ResonanzDie Einschränkung von Zigarettenwerbungfindet nach wie vor bei gut zwei Dritteln derJugendlichen Zustimmung.

Allerdings glauben weniger junge Menschenals früher, die Zigarettenwerbung sei mitent-scheidend für das Rauchen (1995: 64%, 2000:60%). Interessanterweise sind es auch weni-ger Raucher, die dem zustimmen (1995: 58%,2000: 52%).

Einstellungen und Meinungen rund um dasRauchen

Raucher sind häufig mit anderenRauchern zusammen. Fast jederDritte der jugendlichen Rauchersagt, dass die meisten seiner engeren Freunde und Bekanntenebenfalls rauchen. Bei den Nicht-rauchern trifft das "nur" auf je-den Fünften zu.

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... baut Nervosität u. Stress ab

... ist gemütlich

... schmeckt

... lenkt ab

... ist Befriedigung

... hält schlank

... ist in

... ist Freiheit

... sieht cool aus

... macht sicher

... ist Sucht

... macht schlechte Haut

... ist eklig

...“Nein danke”

... schadet der Gesundheit

positiveStatements

negativeStatements

NieraucherRaucher

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61%76%

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11%94%

Page 12: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Eine Hauptrolle spielt CannabisIm Vordergrund des Drogenkonsums stehenCannabisprodukte. 1995 haben 19% der Ju-gendlichen mindestens einmal Marihua-na/Haschisch etc. probiert, 2000 sind es 24%.Beim aktuellen Drogenkonsum fielen 199579% auf Cannabisprodukte, heute sind es83%. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigenJugendlichen, die aktuell andere Drogen kon-sumieren eher stagnierend.

Dennoch werden beispielsweise Kokain, LSDoder Heroin häufiger als früher zum Experi-mentieren verwendet. Dies gilt nicht nur fürdie Gruppe der aktuellen Drogenverwender,sondern auch für die Drogenerfahrenen ins-gesamt. 1995 haben 57% der Drogenerfahre-nen ausschließlich Cannabis probiert, 2000waren es etwas weniger. Umgekehrt haben1995 12% der Drogenerfahrenen ausschließ-lich andere Drogen (wie Ecstasy, Kokain und

Seit Mitte der 80er Jahre steigt der Anteil derDrogenkonsumenten unter den Jugendli-chen an. Diese Entwicklung ist bis heute un-gebrochen. Waren 1995 11% der 12- bis 24-Jährigen der Gruppe der aktuellen Drogen-konsumenten zuzurechnen, so sind es 2000bereits 14%. Cannabisprodukte wie Mari-huana und Haschisch spielen die Hauptrolle.

Erwartungsgemäß ist auch der Anteil derDrogenerfahrenen gestiegen. Heute hat jederdritte Jugendliche mindestens einmal Dro-gen probiert, 1995 war es "nur" jeder Fünfte.

Auch die Intensität des Konsums ist gestie-gen. Gab es unter den drogenerfahrenen Ju-gendlichen 1995 etwa 18% "starke User", sindes 2000 23%, was einer Zunahme um einViertel entspricht. Bei den aktuellen Drogen-konsumenten liegt die Zuwachsrate der in-tensiven Verwender sogar bei 40%.

DEFINITIONEN ZUM KONSUMILLEGALER SUCHTMITTEL

Erfahrene:

Personen, die jemals illegaleSuchtmittel probiert haben (Le-benszeitprävalenz).

Aktuelle Konsumenten:

Als aktueller Konsument zählt,wer innerhalb der letzten fünf Mo-nate illegale Suchtmittel verwen-det hat.

Ehemalige Konsumenten:

Als ehemaliger Konsument zähltder, bei dem der letzte Konsumsechs Monate oder länger zurück-liegt.

Probierer:

Als Probierer gilt, wer mindestenseinmal und maximal fünfmal ille-gale Suchtmittel verwendet hat.

Starke Konsumenten:

Starker Konsument ist, wer häufi-ger als fünfzigmal illegale Sucht-mittel verwendet hat.

Aktuelle Drogenkonsu-menten nach Alters-gruppen 1995 und 2000im Vergleich

Auf der Suche nach neuen Möglichkeitsräumen werden von einem wachsendenTeil der Jugendlichen auch illegale Drogen getestet – allen voran Cannabispro-dukte. Häufig bleibt es beim Experimentieren, denn für viele der "Probierer"unter den Jugendlichen werden die Hoffnungen und Erwartungen nicht erfüllt.Haschisch scheint einerseits als Ausgleich gegen Belastungen des Schul- undArbeitsalltags genommen zu werden. Auf der anderen Seite ist der Konsum Be-standteil eines selbstbestimmten Lebensstils.

I L L E G A L E S U C H T M I T T E L

Drogenkonsum nimmt weiter zu

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%

12 - 14 Jahre 21 - 24 Jahre Insgesamt15 - 17 Jahre 18 - 20 Jahre

20001995

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Page 13: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

andere der abgefragten illegalen Suchtmittel)probiert, während es 2000 16% waren.

Junge Frauen holen aufDie Entwicklung des Drogenkonsums, ge-messen am Anteil aktueller Konsumenten, istin den Altersgruppen sehr unterschiedlich.Ein besonders starker Anstieg ist bei den 12-bis 14-Jährigen zu beobachten. So kristalli-sieren sich ähnlich wie beim Rauchen dieganz Jungen als besonders gefährdete Grup-pe heraus.

Auf der anderen Seite ist der Drogenkonsumin der Gruppe der 18- bis 20-Jährigensprunghaft gestiegen, was besonders auf dieüberproportionale Steigerungsrate bei denjungen Frauen diesen Alters zurückzuführenist. Hier ziehen sie inzwischen mit ihrenmännlichen Altersgenossen gleich. Auch infast allen anderen Altersgruppen liegt die Zu-wachsrate bei den weiblichen Jugendlichenüber der der jungen Männer.

Was an Drogen fasziniertEine schriftliche Umfrage erlaubt zwar keinepsychologisch differenzierte Analyse der viel-fältigen Motive für den Drogenkonsum, siekann aber durchaus dominante Gründe inihrer quantitativen Bedeutung erfassen.

Neugier auf die WirkungNeugier – der Wunsch, die Wirkung der Dro-gen kennen zu lernen – steht an erster Stelleder Gründe für den früheren Drogenkon-sum. Beim aktuellen Drogenkonsum ist sienur noch von nachrangiger Bedeutung. Ex-perimentierfreude ist vor allem die Motiva-tion der Probierer.

Flucht in eine andere WeltDer Wunsch, dem täglichen Leben mit seinenunlustbetonten Anforderungen (zumindestzeitweise) zu entfliehen, spiegelt sich in derZustimmung zu den Aussagen "um mal wasNeues, Aufregendes zu erleben", den "Alltag

Gründe für den früherenund/oder heutigen Ge-brauch illegaler Drogen(Mehrfachantworten,Auswahl)

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Alltag vergessen

Aufregung/Neues erleben wollen

Wahrnehmungsfähigkeit

Gutes körperliches Feeling

Glücksgefühl

Geselligkeit, weil Freunde Rauschmittel nehmen

Gutes Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe

Neugier

57%

31%

30%

27%

25%

24%

16%

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Drogenerfahrene

Page 14: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Haschisch konsumieren Ju-

gendliche auch, um neue Di-

mensionen der Wahrnehmung

auszuloten.

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zu vergessen", ein "tolles Glücksgefühl zu er-leben" oder "mit Problemen besser klar zukommen" (8%) wider. Dieses allgemeine Be-dürfnis nach neuen Erlebnissen oder Aufre-gung ist ähnlich der Neugier vor allem einMotiv für den ersten Drogenkonsum.

Neue EmpfindungsdimensionenDie Veränderung der Wahrnehmungsfähig-keit gegenüber der Umwelt und dem eigenenKörper sind weitere häufig genannte Gründefür den Drogenkonsum. In den Statements"Weil ich dann Musik ganz anders höre undDinge anders wahrnehme" (27%) sowie"Weil ich dann ein gutes körperliches Feelinghabe" (25%) wird ebenfalls eine gewisse Rea-litätsflucht erkennbar. Sie manifestiert sichhier allerdings weniger defensiv, sonderneher als scheinbare Öffnung für sonst ver-schüttete Erlebnisbereiche.

Im Vergleich zu 1995 treten diese Motive fürden jetzigen Drogenkonsum etwas in denHintergrund. Sie sind innerhalb der Gruppeder aktuellen Konsumenten neben dem"mal den Alltag vergessen und total abschal-ten" aber immer noch die meistgenanntenGründe.

Spaß an GeselligkeitWeiterhin spielen das "gute Gemeinschafts-gefühl in der Gruppe" und die Anpassung anFreunde, die Rauschmittel nehmen, eine Rol-le für den Drogenkonsum. Jedoch ist diesesDazugehören oder "kein Spielverderber seinwollen" von vergleichsweise geringerer Be-deutung.

Drogen, nein danke: Gründe für die AblehnungIst der Wunsch nach Veränderung der Realitätund neuen Erlebniswelten eines der wichtig-sten Motive für den Drogenkonsum, scheintbei den Jugendlichen, die aufgehört haben,gerade diese Wirkung der Drogen nicht ein-getreten zu sein. 70% der Probierer sagen,dass es ihnen nichts gebracht habe. 1995 wa-ren es mit 75% sogar noch etwas mehr.

Immerhin 32% sagen, dass sie Angst vor ge-sundheitlichen Schäden hatten, 30% nennendie Angst vor Sucht als Grund für das Auf-hören. Obwohl diese Angaben 1995 ein nochstärkeres Gewicht hatten, sind damit für Pro-bierer geeignete Aufklärungskampagnennicht unwichtig.

Page 15: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Medikamentengebrauch relativ stabilDer Konsum von Arzneimitteln mit Sucht-potential ist relativ stabil geblieben. Der An-teil der 12- bis 24-Jährigen in Bayern, die re-gelmäßig Medikamente nehmen, hat sichzwischen 1995 und 2000 nur geringfügig er-höht (1995: 3%, 2000: 4%), wobei der Unter-schied nicht signifikant ist.

Junge Frauen verwenden häufiger regelmäßigMedikamente als ihre männlichen Altersge-nossen – die 18- bis 24-Jährigen zeigen diehöchsten Anteile.

Gegen Stress und ÄrgerBesorgniserregend sind die Motive für denKonsum. Die regelmäßigen Medikamenten-konsumenten sagen wesentlich häufiger alsdie Verwender insgesamt, dass ihnen die Me-dikamente ("sehr gut" oder "gut") helfen, um"gut drauf zu sein" oder "fit zu bleiben". Auchnützen ihnen die Medikamente besser bei"Problemen/Stress in der Schule oder Beruf "und "Zoff " mit anderen Leuten. Der Aspekt

"um wieder gesund" zu werden bzw. zu blei-ben wird von den regelmäßigen Medikamen-tenkonsumenten hingegen seltener als "sehrgut" oder "gut" beurteilt .

Auffällig ist, dass der Anteil der Jugendlichen,die die Meinung vertreten, Medikamenteschafften Abhilfe bei "Problemen/Stress inSchule oder Beruf " nahezu auf das Doppeltegestiegen ist.

Jugendliche, die regelmäßig Medikamentekonsumieren, geben öfter an, dass sie ohneSchlaf- und Beruhigungsmittel nicht mehrauskommen können. Es sind dreizehnmalmehr als bei denen, die nur selten Arzneimit-tel nehmen (13% vs.1%). 1995 waren es"nur" fünfmal so viel (5% vs. 1%), die dies-von sich sagten.

Medikamente ohne RezeptViele Jugendliche nehmen Arzneimittel län-ger ein als vom Arzt verordnet. Bei Jugendli-chen, die ohnehin regelmäßig dazu greifen,

DEFINITIONEN ZUR EINNAH-ME VON ARZNEIMITTELN

Arzneimittel mit Suchtpotential:

Hierzu zählen Schmerzmittel,Schlafmittel, Beruhigungsmittel,stimmungsbeeinflussende Mittelund Anregungsmittel.

Regelmäßige Arzneimitteleinnahme:

Die tägliche oder 1- bis 2-malwöchentliche Einnahme der ge-nannten Medikamente mit Sucht-potential.

Regelmäßige Einnahmevon Medikamenten mitSuchtpotential

_15

Verwendung und Missbrauchvon Arzneimitteln

Heute greifen - nach dem Vorbild der Erwachsenen - schon Kinder und Jugendliche zupsychoaktiven Medikamenten, um in unangenehmen Lebenssituationen Entlastung,Ablenkung, Anregung und Leistungssteigerung zu erfahren. Dies geschieht häufig inEigeninitiative und ohne zwingenden medizinischen Grund. Bei Jugendlichen, die aufdiese Art und Weise versäumen, sich produktiv mit Spannungszuständen, Frust undStress auseinander zu setzen, findet man somit eine ähnliche Problemsituation wiebeim Missbrauch anderer psychoaktiver Substanzen.

M I S S B R A U C H V O N A R Z N E I M I T T E L N

8

6

4

2

0

MännlicheJugendliche%

18 - 20 Jahre15 - 17 Jahre12 - 14 Jahre 21 - 24 Jahre Insgesamt

WeiblicheJugendliche

2%

3%

1%

5%

4%

7%

4%

8%

3%

5%

Page 16: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Jahr häufig unter Kopfschmerzen (zweiein-halbmal so viel wie in der Gesamtgruppe) ge-litten zu haben. Es folgen "Unruhe, Erregbar-keit, Nervosität" mit 47% (dreimal so viel wiein der Gesamtgruppe) und Rücken- sowieNackenschmerzen (47% bzw. 45%; ca. dop-pelt so viel wie in der Gesamtgruppe).Rückenprobleme sind zwischen 1995 und2000 nicht nur bei den regelmäßigen Arznei-mittelkonsumenten stark gestiegen.

Probleme mit dem KreislaufAuffallend ist auch der hohe Anteil von Be-schwerden wie "Benommenheit, Schwindel,Kreislaufstörungen" (mit 38% zweieinhalb-mal so hoch wie in der Gesamtgruppe) unterden regelmäßigen Medikamentenverwen-dern. Menstruationsbeschwerden, Hustenund Heiserkeit haben (bei gleichbleibendemGesamtniveau) in dieser Gruppe hingegen ih-re herausragende Bedeutung eingebüßt.

ist der Anteil doppelt so hoch wie bei denen,die selten Medikamente verwenden (14% vs.7%).

Der Anteil der Jugendlichen, die Medika-mente grundsätzlich nur auf Verordnung desArztes nehmen, hat sich von 1995 bis 2000nicht verändert (71%). Er liegt in der Grup-pe der regelmäßigen Verwender mit 48%aber deutlich unter dem Gesamtdurch-schnitt.

Sowohl 1995 als auch 2000 beziehen gut zweiDrittel der Jugendlichen Medikamente ausder Apotheke mit ärztlichem Rezept. Die re-gelmäßigen Konsumenten von Arzneimittelnmit Suchtpotential beziehen sie doppelt sohäufig ohne Rezept wie Jugendliche, die nurselten Medikamente nehmen.

Kopf- und Rückenschmerzen64% der Jugendlichen, die regelmäßig Medi-kamente einnehmen, geben an, im letzten

Mehr Jugendliche als in denVorjahren kaufen mittler-weile ihre Medikamente ohneRezept selbst oder erhaltensie von ihren Eltern.

Wirkung von Medika-menten (Anteile für“sehr gut” und “gut”)

_16

100

80

60

40

20

0Regelmäßige MedikamentenkonsumentenMedikamentenverwerter insgesamt

Um

wie

der g

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d zu

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Part

ner

%

Page 17: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Jugendliche, die sich durch die schulischenAnforderungen belastet fühlen, greifen häu-figer zur Zigarette. Der Zusammenhang zwi-schen dem anhand einer 10-er Skala abge-fragten subjektiv empfundenen Belastungs-grad und dem Rauchen ist signifikant. Dasgilt auch für den regelmäßigen Alkohol- undden aktuellen Drogenkonsum – nicht jedochfür den regelmäßigen Medikamentenkonsum,was allerdings auf die kleinen Fallzahlenzurückzuführen sein könnte.

Probleme in der SchuleWerden die Schulleistungen subjektiv als "eingroßes Problem" empfunden, liegt die Rau-cherrate bei den 15- bis 17-Jährigen knapp15 Prozentpunkte über dem Durchschnittder Altersgruppe. Bei den 12- bis 14-Jährigenist sie mehr als doppelt so hoch. Beim Dro-gen- und regelmäßigen Medikamentenkon-sum zeigen sich ebenfalls erhöhte Anteile,wenn Schulleistungen generell als Problemempfunden werden.

Druck durch hohe Erwartungen der ElternDurchschlagend ist der Effekt des Leistungs-drucks in der Schule, wenn er von hohen Er-wartungen der Eltern begleitet wird. 46% derJugendlichen, die den Wünschen ihrer Elternnicht gerecht werden/geworden sind, rau-chen, 22% trinken regelmäßig und 20%zählen zu den aktuellen Drogenkonsumen-ten. 34% der Schüler, deren Leistungen denelterlichen Erwartungen nicht entsprechen,rauchen, wobei im Durchschnitt nur 25%der Schüler zur Zigarette greifen.

Nimmt man als weiteren Indikator für Pro-bleme in der Schule das Wiederholen einerKlasse, zeigt sich dieselbe Tendenz. 44%, diemindestens einmal "durchgefallen" sind, rau-chen. Bei denen, die nie eine Klasse wieder-

holt haben, finden sich hingegen "nur" 31%Raucher. Dies lässt sich nicht durch den Al-terseffekt erklären, denn ab 15 Jahren sind inallen Altersgruppen die Raucheranteile in derKategorie "Ja, Klasse wiederholt" stark er-höht. (15 bis 17 Jahre: 47%, 18 bis 20 Jahre:52%, 21 bis 24 Jahre: 48%). 36% der Schüler,die einmal eine Klasse wiederholt haben, rau-chen, bei den anderen Schülern sind es 21%.Von den durchgefallenen Schülern konsu-mieren außerdem 21% illegale Drogen, 23%trinken regelmäßig Alkohol und 7% nehmenregelmäßig Medikamente ein.

Wo mehr geraucht und getrunken wirdAm häufigsten rauchen die Jugendlichen mitHauptschulabschluss (54%), bei den Abituri-enten liegt die Quote mit nur 32% unter demDurchschnitt. Beim Drogen- und Alkohol-konsum kehrt sich diese Relation um – hiersind die Anteile derjenigen, die Abitur habenoder dieses anstreben, höher.

Dass Schüler weniger rauchen, trinken oderzu Drogen greifen, ist aufgrund des Altersnicht anders zu erwarten. Interessant ist aber,dass Studenten unterdurchschnittlich rau-chen, jedoch signifikant mehr Drogen- undAlkohol konsumieren als ihre Altersgenos-sen. Bei den Berufstätigen fallen die Arbeitermit einem Raucheranteil von 52% deutlichaus dem Rahmen (Berufstätige insgesamt:47%). Auch beim regelmäßigen Alkoholkon-sum und beim aktuellen Drogenkonsum lie-gen die Arbeiter über dem Durchschnitt derBerufstätigen.

46% der Jugendlichen, die in denletzten 12 Monaten häufig unter"Unruhe, Erregbarkeit, Nervo-sität" gelitten haben, rauchen;ebenso wie 44% der oft "ange-spannten". Beide Gruppen liegendamit deutlich über dem Mittelvon 35%.

_17

Stress – in Schule und Beruf

In einer Wettbewerbsgesellschaft mit hoher Arbeitslosigkeit kommt Schule, Be-ruf und Arbeitswelt eine hoher Stellenwert zu. Wie zahlreiche Studien zeigen,greifen Jugendliche, um den Anforderungen gerecht zu werden, nicht nur zu lei-stungssteigernden Medikamenten. Auch intensiver Zigaretten- und Alkoholkon-sum hängt mit negativen Leistungsbiografien während der Schullaufbahn zu-sammen. Der Gebrauch von Cannabis ist häufig mit der Ablehnung der schuli-schen Leistungskultur verknüpft.

S T R E S S

Page 18: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Gleichzeitige Verwendung mehrerer Suchtmittel nimmt zuWährend 1995 62% der Jugendlichen als ri-sikolos bezeichnet werden konnten, sind es2000 "nur" noch 53%. Die gering Gefährde-ten stellen mit knapp einem Drittel zu beidenZeitpunkten einen relativ stabilen Anteil, dieGruppe mit mittlerem Risiko hat sich hinge-gen verdoppelt. Der Anteil der "Hochriskan-ten" ist von 1% auf 5% gestiegen.

Unterschiedlich starke GruppenorientierungZiellose, zweckfreie Freizeitbeschäftigungenwie beispielsweise "einfach nichts tun, her-umgammeln", haben für die Risikogruppeneine größere Bedeutung (siehe Grafik Seite21). Oft ist das der Ausgleich zu hier stärkerempfundenen Belastungen in Schule und Ar-beit.

Vor die Entscheidung gestellt, Freizeitakti-vitäten mit einer Gruppe oder alleine zu pla-nen, wählen die Risikogruppen eher die

Im Hinblick auf die Konzeption von Präven-tionsmaßnahmen ist es sinnvoll, die Verwen-dung verschiedener Suchtmittel nicht nurisoliert zu betrachten. Durch die Bildung ei-nes "Mehrfachgefährdungsindex" wird diemehrfache Belastung mit einbezogen.

Es gibt vier verschiedene Risikotypen Zwei Drittel von Typ 1* rauchen, ein Viertelkonsumiert regelmäßig Alkohol. Drogen-und Medikamentenkonsum spielen eine eheruntergeordnete Rolle. Auch in der Gruppemittleren Risikos (Typ 2) dominiert das Rau-chen, gefolgt vom Alkoholkonsum. Knappdie Hälfte dieser Gruppe konsumiert aller-dings auch illegale Drogen. Die meist gefähr-dete Gruppe junger Menschen ist diejenige,die raucht, gleichzeitig Drogen konsumiertund größtenteils auch trinkt. Gut ein Drittelvon diesen Jugendlichen verwendet darüberhinaus regelmäßig Medikamente.

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Unter Mehrfachgefährdung wirdhier die gleichzeitige Verwendungvon mehreren Suchtmitteln – Al-kohol, Drogen, Medikamente, Ta-bakwaren - durch eine Person ver-standen. Die Gruppierung der Ju-gendlichen erfolgte anhand fol-gender Konsumkriterien: Alkohol:regelmäßiger Alkoholkonsum,Drogen: aktueller Drogenkonsum,Medikamente: regelmäßige Ver-wendung mindestens eines abge-fragten Medikaments, Tabakwa-ren: heutige Raucher.

*Im folgenden wird zwischen vierRisikotypen unterschieden:

Typ 0: "risikolos" = keine Ver-wendung von Suchtmitteln

Typ 1: "geringes Risiko" = Ver-wendung eines Suchtmittels (Pro-zentsumme = 100)

Typ 2: "mittleres Risiko" = Ver-wendung von zwei Suchtmitteln(Prozentsumme = 200)

Typ 3: "hochriskant" = Verwen-dung von drei bis vier Suchtmit-teln (Prozentsumme = 302)

Suchtmittelverwendungnach Risikotypen

Der Griff zu Zigaretten und Alkohol ist für viele Jugendliche mit dem symbolischenHineinwachsen in die Erwachsenenwelt verbunden. Oft geht er mit hohem Gruppen-druck einher. Jugendliche, die ihre Freizeit überwiegend auf eine informelle Cliqueausrichten, neigen zu intensiverem Drogenkonsum. Häufig werden persönliche Kon-taktstörungen durch eine enge Cliquenorientierung kompensiert. Die Familie ist nachwie vor eine zentrale Sozialisationsinstanz. Ihr kommt eine hohe Bedeutung als Risi-ko- bzw. Schutzfaktor für das Gesundheitsverhalten zu.

M E H R F A C H G E F Ä H R D U N G

Risikotypen in Freizeit und Familie

100

80

60

40

20

0

Alkohol

Illegale Drogen

Medikamente

Zigaretten%

Geringes RisikoTyp 1

Mittleres RisikoTyp 2

Hohes RisikoTyp 3

_18

Page 19: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Gruppe oder Clique. Sie treffen sich häufiger"mit Freunden/Leuten", gehen öfter "inKneipen", Discos und auf Feten. Dasselbegilt, wenn man die Gruppen der Drogener-fahrenen sowie der Alkohol- und Tabakkon-sumenten gesondert betrachtet.

Risikogruppen ziehen passive Tätigkeiten vorAnders stellt sich das Bild dar, wenn man das"Mitmachen" in einem Verein, einer Organi-sation einbezieht, das für riskant lebende Ju-gendliche unattraktiv ist - wobei der Fuß-ballverein eine Ausnahme bildet. Hier zeigtsich ein weiterer differenzierender Aspekt inRichtung "aktives – passives, rezeptives" Frei-zeitverhalten. Risikogruppen fühlen sich ehervon passiv-rezeptiven Aktivitäten wie z.B."Musikveranstaltungen, Rockkonzerten" an-gezogen und schätzen weniger jugendtypi-sche aktive Beschäftigungen wie "Sport trei-ben".

Interessanterweise haben zwischen 1995 und2000 Aktivitäten mit sozialem Bezug wie "inKneipen gehen" zugenommen - dies insbe-sondere in den jüngeren Altersgruppen. DasEngagement in Vereinen hingegen hat leicht

abgenommen und Aktivitäten wie "Radfah-ren, Wandern, Joggen" haben an Relevanzverloren. Insgesamt betrachtet verbringen dieJugendlichen wesentlich häufiger ihre Frei-zeit mit der Clique/dem Freundeskreis – hiersticht insbesondere die überproportional ho-he Zunahme der 12- bis 17-Jährigen hervor,die ihre Freizeit "immer" mit ihren Freundenverbringen.

Einfluss der Familie ungebrochenJugendliche, die ihre Eltern schätzen, sich vonihnen geachtet fühlen und ein kooperativesFamilienklima erleben, sind weniger anfälligfür Rauchen, Alkoholgenuss und illegaleDrogen. Hingegen wirken sich mangelndesVerständnis, Stress und Konflikte zu Hausenegativ auf das Gesundheitsverhalten aus.

Scheidung und Trennung der Eltern können- verstärkt durch den Wechsel der Wohnum-gebung und den Verlust von Freunden - zuProblemen für die Kinder führen. Kommenfinanzielle Belastungen hinzu - wenn z.B. dieMutter nach der Trennung auf niedrige Un-terhaltszahlungen oder Sozialhilfe angewie-sen ist - steigt die Gefahr, vermehrt zu Sucht-mitteln zu greifen.

Unter Ravern finden sich mehr Ju-gendliche mit riskantem Gesund-heitsverhalten. Der hier über-durchschnittlich verbreitete Ecsta-sykonsum dient vor allem dem sich"Ausleben" am Wochenende nacheinem stressigen Schul- oder Aus-bildungsalltag und ist wenigerAusdruck von Protest oder Rea-litätsflucht.

Mehrfachgefährdung1995 und 2000

_19

Keine Gefährdung

1 Gefährdung: überwie-gend Raucher

2 Gefährdungen:mehrheitlich Raucher +Alkohol + Drogen

3-4 Gefährdungen:Rauchen + Alkohol +Drogen (+ Medikamente)

1995 2000

62 % 53 %27 %

15 %5%

30 %

8 %

Page 20: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

lien" hingegen liegt der Raucheranteil unterden Jugendlichen bei 47%. Der Anteil der ak-tuellen Drogenkonsumenten ist doppelt sohoch wie beim Durchschnitt, wenn die Elterngeschieden sind. Beim Alkoholkonsum je-doch lässt sich dieser offenkundige Einflussvon "Broken-home"-Situationen auf riskan-tes Gesundheitsverhalten nicht belegen.

8 Persönliches Verhältnis zu den Eltern

Nicht nur die formale Familienstruktur, son-dern auch das familiale Klima spielt eine be-deutsame Rolle. Die Bilanz der Beziehung zuihren Eltern konnten die Jugendlichen an-hand der Frage ziehen "Wie verstehen oderhaben Sie sich alles in allem mit Ihrem Vaterverstanden? Und wie mit Ihrer Mutter?"(AlsAntwortmöglichkeit stand eine fünfstelligeSkala von "sehr gut" bis "sehr schlecht" zurVerfügung.)

Die Antworten zeigen eine deutliche Abnah-me guter Beziehungen zu den Eltern in Ab-hängigkeit vom Risikoverhalten. Besonderssticht der Einfluss des Familienklimas auf dasRauchen hervor. Während 28% der Jugend-lichen, die ihr Verhältnis zum Vater als "sehrgut" beurteilen, rauchen, sind es bei denenmit einer "schlechten" Beziehung 45%.

Das Verhältnis zur Mutter wirkt sich in glei-cher Weise auf das Rauchverhalten aus. Einähnliches Bild zeigt sich bei den aktuellenDrogenkonsumenten und den regelmäßigenAlkoholkonsumenten – wobei die Unter-schiede bei Letzteren wesentlich geringerausgeprägt sind.

Noch deutlicher wird der geschilderte Zu-sammenhang, wenn man die Jugendlichendanach fragt, mit wem sie am besten über ih-

8 Broken home

Die Familienstruktur steht in engem Zusam-menhang mit dem Risikoverhalten der Ju-gendlichen. Knapp ein Drittel der Jugendli-chen, deren Eltern verheiratet sind und zu-sammenleben, rauchen. In "Scheidungsfami-

Familiäre Einflüsse aufdas Rauchverhalten derJugendlichen

Lassen die Eltern ihre Kinder nichtselbständig werden, wenden siesich – oft in bewusster Abgren-zung von den elterlichen Normenund Werten – verstärkt Gruppenvon Gleichaltrigen oder Älterenzu. Häufig werden auch deren ris-kante Verhaltensweisen wie Dro-genkonsum übernommen.

_20

Eltern zusammen lebend, verheiratet 33%

Eltern geschieden 47%

Verhältnis zum Vater “sehr gut” 28%

Verhältnis zum Vater “schlecht” 45%

Verhältnis zur Mutter “sehr gut” 31%

Verhältnis zur Mutter “schlecht” 42%

Vater hat nie geraucht 27%

Vater raucht zur Zeit 45%

Mutter hat nie geraucht 29%

Mutter raucht zur Zeit 47%

Raucheranteile

Page 21: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Freizeitpräferenzen nach Risikogruppen:“mehrmals pro Woche”

Jugendliche, die sich sportlich

oder in Vereinen engagieren,

sind weniger gefährdet, als

jene, die sich in ihrer Freizeit

vor allem ”mit Leuten treffen”.

_21

Sich mit Leuten treffen

Sport und Fitnesstraining

Im Verein mitmachen

In die Disco gehen

Nichts tun, herumgammeln

In Kneipen gehen

Musikveranst./Rockkonzerte

Zu Parties/Feten gehen

Keine Gefährdung (0)

Hohe Gefährdung (3-4)

re Probleme reden können. Risikolos leben-de junge Menschen haben ein besseres Ver-trauensverhältnis zu ihren Eltern als dieSuchtgefährdeten. Die Differenzen sind beider Mutter – die grundsätzlich eine wichtige-re Rolle spielt – noch größer als beim Vater.Ein positiver Kontakt mit den Eltern zeigtsich somit als wichtiger protektiver Faktor fürdas Suchtverhalten.

8 Vorbildfunktion der Eltern

Den Eltern kommt auch eine wichtige Vor-bildfunktion für das Gesundheitsverhaltender jungen Menschen zu. Wenn der VaterNichtraucher ist, rauchen auch die Jugendli-chen seltener. Raucht der Vater, dann liegt derRaucheranteil der Jugendlichen mit 45%deutlich über dem Durchschnitt - raucht dieMutter, sind es sogar 47%. Dieses Ergebnisdeutet an, dass Präventionsmaßnahmen beiErwachsenen eine erhebliche indirekte Be-deutung für die Verbesserung des Gesund-heitsverhaltens der Kinder haben können.

Interessant ist in diesem Kontext, dass dienicht riskant lebenden Jugendlichen ihre ei-genen Kinder zu einem höheren Anteil "ge-nauso erziehen" würden wie sie erzogen wor-den sind. Die Risikogruppen hingegen dis-tanzierten sich eher vom Erziehungsstil ihrerEltern.

66%93%

58%47%

50%30%

29%62%

39%54%

11%51%

9%31%

5%21%

Page 22: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

gemäß haben die Älteren eine pessimisti-schere Einschätzung der Gesellschaft, wobeisich die Gruppe der 18- bis 20-Jährigen miteiner besonders negativen Haltung abhebt.Die Altersgruppenunterschiede können al-lerdings das riskantere Gesundheitsverhaltender Jugendlichen mit "eher düsteren" Zu-kunftseinschätzungen nicht allein erklären.43% von ihnen rauchen, 22% trinken regel-mäßig und sie greifen häufiger als die ande-ren Jugendlichen zu illegalen Drogen undMedikamenten mit Suchtpotential.

Negative Stimmung und persönliche Sorgen Machen sich die Jugendlichen "große" oder"einige" Sorgen um die "eigene wirtschaftli-che Situation", greifen sie eher zur Zigaretteund konsumieren häufiger regelmäßig Alko-hol und Medikamente sowie Drogen. Wirddie "Sicherheit des Arbeitsplatzes /Ausbil-dungsplatzes" als besorgniserregend betrach-tet, ist der Raucheranteil sehr hoch. Doppeltso viele hochriskant lebende Jugendliche ge-ben zudem an, "Probleme mit dem Geld" zuhaben.

Interessanterweise ist zwar eine "düstere"Einschätzung der gesellschaftlichen Zukunftmit einem riskanteren Gesundheitsverhaltenverbunden, die Sorge um ein ganz bestimm-tes Thema (Umweltschutz, Frieden) alleinzeigt hingegen weniger Einfluss. Wie nichtanders zu erwarten war, wirken sich die di-rekten persönlichen Sorgen und Problemeam stärksten auf das Risikoverhalten aus.

Knapp die Hälfte aller Jugendlichen in Bayernschätzt ihre persönliche Zukunft "eher zuver-sichtlich" ein, fast genauso viele sehen sie "ge-mischt, mal so mal so" und nur 3% als "eherdüster" – wobei die Jungen und die jungenMänner besonders pessimistisch sind.

Die aktuelle Shell-Jugendstudie interpretiertähnliche Ergebnisse als steigenden Optimis-mus der Jugendlichen. Pessimisten, obwohl essich um eine relativ kleine Gruppe handelt,haben die Tendenz, riskanter als der Durch-schnitt zu leben: 58% rauchen, ein Drittelkonsumiert aktuell Drogen, ein Viertel trinktregelmäßig und 20% zählen zur Gruppe derzweifach Gefährdeten.

Beurteilung der gesellschaftlichen Zukunft22% der Jugendlichen beurteilen die Zukunftder Gesellschaft "eher zuversichtlich", einViertel hingegen "eher düster". Erwartungs-

Jugendliche, die Schwierigkeitenhaben, "im Leben einen Sinn" zusehen, neigen zu einem riskante-ren Gesundheitsverhalten als ihrelebensbejahenden Altersgenossen.

Einschätzung der persönlichen und dergesellschaftlichen Zukunft

Fast die Hälfte aller Jugendlichen in Bayern blickt im Jahr 2000 zuversichtlichin die Zukunft. Die gesellschaftliche Entwicklung wird hingegen eher ambiva-lent eingeschätzt. Optimisten und Pessimisten unterscheiden sich deutlich inihrem Risikoverhalten.

Z U K U N F T

Blick in die Zukunftund persönliche Sorgen

Eher düster

Gemischt

Eher zuversichtlich

Keine Angabe

persönlich

gesellschaftlich

25,4%

3%

51,2%

48,5%

47,5%

22,4%

0,9%

1%

_22

Page 23: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Was ist Ihrer Meinungnach überhaupt wichtig,um gesund zu bleiben(Auswahl)?

45% der Jugendlichen sagen, siemachen sich "einige Sorgen" umihre Gesundheit. Bei den Rauchernliegt der Anteil über dem Durch-schnitt, bei den Alkohol- und Dro-genkonsumenten hingegen nicht.

_23

Vor allem Raucher und Verwender illegaler Drogen sind mit ihrem Gesundheitszu-stand unzufrieden. Sie glauben genauso häufig wie die anderen Jugendlichen, dassman viel für seine Gesundheit tun kann. Trotzdem sind sie eher passiv und achtenweniger auf ihre Gesundheit.

I N F O R M A T I O N S B E D Ü R F N I S

Verhalten und Wissen rund um die Gesundheit

1995 2000

Sicherer Geschlechtsverkehr

Verlässlicher Freundeskreis

Hygienische Lebensverhältnisse

Körperliche Bewegung

Ausreichend Ruhe/Schlaf

Wirksame Medikamente

Abwechlungsreiche Ernährung

Nicht rauchen

Gute Zweierbeziehung, gute Partnerschaft

Saubere Luft, wenig Abgase

Sicherer Arbeitsplatz/ausreichend Einkommen

Schutz und Geborgenheit in der Familie

Die Jugendlichen fühlen sich heute zwar fastgenauso gesund (oder krank) wie früher, ach-ten aber weniger auf ihre eigene Gesundheit.1995 gaben noch 18% an, "sehr" auf ihre Ge-sundheit zu achten, heute sind es 10%. Dabeisind die Zusammenhänge zwischen derNichtbeachtung der eigenen Gesundheit undTabak-, Alkohol-, Drogen- sowie Medika-mentenkonsum jeweils signifikant.

Danach befragt, mit welchen Verhaltenswei-sen sie ihre Gesundheit erhalten können, ge-ben Jugendliche heute weniger häufig als1995 "Nicht rauchen" und "Kein Alkohol-konsum" an.

Freunde und Arbeit für Gesundheit wichtigDie Bedeutung des "Freundeskreises, auf denman sich verlassen kann", um gesund zu blei-ben, ist gestiegen. Auch für die 12- bis 14-Jährigen ist die Aussicht auf einen "sicherenArbeitsplatz" bzw. ein "ausreichendes Ein-kommen" als Basis für Gesundheit wichtigergeworden.

Tendenz zu passivem GesundheitsverhaltenAuch "gute Ärzte und Krankenhäuser" sowie"wirksame Medikamente" schätzen die Ju-gendlichen höher als früher für die Gesund-erhaltung ein. Faktoren wie "ausreichend Ru-he und Schlaf ", "eigene Widerstandskraft"verlieren hingegen an Gewicht. Hier zeigtsich eine Tendenz zu passiverem Gesund-heitsverhalten.

Informationsbedarf rund um GesundheitNach wie vor stehen die Themen Krebs undAIDS an der Spitze des Informationsbedarfsder Jugendlichen. "Stress, Entspannung" istauf den dritten Rang der Bereiche, über diedie Jugendlichen gerne noch mehr wissenwollen, aufgerückt.

47%56%

53%54%

52%54%

52%48%

36%48%

45%46%

47%44%

46%41%

41%41%

49%40%

29%40%

Gute Ärzte/gute Krankenhäuser

41%52%

61%67%

Page 24: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Wunsch nach mehr bzw. besseren Informationen (Auswahl)

Das Interesse der Jugendlichenam Thema AIDS ist tendenziellzurückgegangen. Doch will nachwie vor ein Drittel mehr darübererfahren wie man sich gegenüberAIDS-Kranken verhalten soll.

_24

1995 2000

Krebs

AIDS

Drogen

Stress

Medikamente

Tod

Ernährung

Gesundheit

Umwelt

Sexualität

Übergewicht

Untergewicht

61%61 %

60 %50%

55 %47 %

51 %49 %

51 %47%

45 %44 %

46 %42 %

50 %40 %

55 %39 %

48 %39 %

31 %33 %

29 %32 %

Das Interesse am Thema "Illegale Drogen" istzwar nach wie vor groß, hat aber insgesamtabgenommen. Auch das Informationsbe-dürfnis zum "Rauchen" hat abgenommen.Mehr Jugendliche interessieren sich stattdes-sen für die Themen Über- und Untergewicht.

Infowünsche zu AIDSWeniger junge Menschen fühlen sich ausrei-chend über AIDS informiert. Trotzdem sinddie Wünsche nach allgemeinen Informatio-nen über AIDS geringer geworden. Damitübereinstimmend hat auch das Interesse anweitergehender Information zu verschiede-nen Aspekten zum Thema AIDS abgenom-men. Wollten 1995 noch 46% wissen, woranman eine Infektion mit dem HIV-Virus er-kennt, sind es heute nur noch 37 %. Aspektewie Infektionsmöglichkeiten, Schutz und In-formationsstellen liegen im Mittelfeld des In-teresses, haben aber im Durchschnitt Pro-zentpunkte bei den Angaben "möchte gernenoch mehr darüber wissen" verloren.

Rauchen

33%27 %

Page 25: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

In den letzten 30 Jahren sind Ess-Störungenzu einem ernst zu nehmenden Krankheits-bild geworden. Neben der Anorexia nervosaund der Bulimia nervosa ist heute auch dieBinge Eating Disorder als Ess-Störung aner-kannt. Diese drei Formen (siehe Seite 27)können fließend ineinander übergehen. Im-mer mehr junge Menschen leiden darunter.

In erster Linie sind junge Frauen zwischen 12und 25 Jahren betroffen. An Magersucht lei-den nach verschiedenen Schätzungen 0,5%bis 1%, die Häufigkeit von Bulimie liegt zwi-schen 2% und 5%.

Keine klaren Ursachen erkennbarEindeutige Ursachen von Ess-Störungen sindnoch nicht gefunden worden. Biologische, in-dividuelle und familiäre Einflüsse spielen da-bei nach heutigem wissenschaftlichem Er-kenntnisstand ebenso eine Rolle wie gesell-schaftliche Faktoren. So gelten - in unsererderzeitigen Kultur - hyperschlanke Models alsglücklich, Fitness ist "cool" und Verzicht einBeweis von Willenskraft.

Potentiell essgestörtes VerhaltenViele Jugendliche machen häufig Schlank-heitskuren oder greifen zu anderen Mittelnder Gewichtsregulierung. Dieses Verhaltenkann langfristig in eine manifeste Ess-Störungübergehen.

Im Jahr 2000 hat I+G Gesundheitsforschungeine repräsentative Telefonbefragung zur Häu-figkeit von Ess-Störungen in ganz Deutschlanddurchgeführt. Auf Basis der Umfrage wurdenFragen zu dieser Problematik in die Erhebung"Jugend in Bayern 2000" aufgenommen. Zielwar es, Hinweise auf möglicherweise gesund-heitsgefährdendes Essverhalten zu bekom-men.

Diätverhalten häufig vom Gewicht unabhängigStändige Diäten sind – insbesondere bei Nor-malgewichtigen - ein wichtiges Kriterium fürein gestörtes Essverhalten. 4% der jungenMänner und 20% der jungen Frauen in Bay-ern geben an, schon länger als drei Monate

"praktisch immer" oder häufig Diät zu hal-ten. Bei den 21- bis 24-jährigen Frauen ist essogar ein Drittel. Restriktives Essen steht oftnicht in Zusammenhang mit tatsächlichenGewichtsproblemen: 16% der untergewichti-gen, 20% der normalgewichtigen, 28% derübergewichtigen und 21% der stark überge-wichtigen (berechnet anhand des Body-Mass-Index) jungen Frauen machen dauerndSchlankheitskuren.

Auch die Anteile derjenigen, die noch nie ei-ne Diät zur Gewichtsabnahme gemacht ha-ben, lassen aufmerken. Waren dies 1995 noch68%, sind es 2000 nur noch 47 %.

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Das in den westlichen Industrienationen vermittelte Schlankheitsideal lässt vor allem jungeFrauen einer Traumfigur nacheifern. Führen all die Diäten nicht zum Erfolg, werden häufigzusätzliche Methoden wie abführende bzw. entwässernde Medikamente und willentlichesErbrechen eingesetzt. Nicht jedes Mädchen, das schon einmal ein paar Kilo abgenommenhat, ist magersüchtig, ebenso wenig ist jede Heißhungerattacke gleichzusetzen mit Bulimie(Stierhunger). Aber für einige Jugendliche ist es der Beginn einer schwerwiegenden Ess-Störung mit all ihren körperlichen und psychischen Konsequenzen.

E S S V E R H A L T E N

Gestörtes Essverhalten

Ein natürliches Verhältnis

zum Essen sollen Kinder so

früh wie möglich lernen.

Dazu gehört auch das Wissen

über den Wert von Nahrungs-

mitteln.

Page 26: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

die Einnahme von Medikamenten zur Ge-wichtsreduktion. 6% der weiblichen Jugend-lichen insgesamt haben in den letzten dreiMonaten absichtlich erbrochen. Die 15- bis17-jährigen jungen Frauen liegen dabei mit8% deutlich über dem Durchschnitt. Nachdem Verhalten über einen länger zurücklie-genden Zeitraum hin befragt, geben in die-ser Altersgruppe sogar 10% an, absichtlicherbrochen zu haben. Diese Zahlen sind alsWarnsignal zu deuten, da es sich um eine be-sonders drastische Maßnahme der Gewichts-kontrolle handelt.

Medikamente zur Gewichtskontrolle13% der 21- bis 24-jährigen jungen Frauenhaben schon einmal Abführmittel eingenom-men, um ihr Gewicht zu kontrollieren. Beiden 15- bis 17-Jährigen ist es ein Fünftel. ImMittel aller Jugendlichen sind es nur 3%, dieAbführmitteln zum Abnehmen nutzen.

Körperkult und Schlankheitswahn?Der Wunsch nach einer schlanken Figur istbei den jungen Frauen sehr ausgeprägt. 61%fühlen sich zu dick - gegenüber 24% bei denmännlichen Jugendlichen, obwohl real derAnteil der Übergewichtigen wesentlich ge-ringer ist. In der Altersgruppe der 21- bis 24-Jährigen gibt fast jede zweite Frau an, dass ihrSelbstwertgefühl stark von der Figur abhängt.

"Körperkult" und "fit for fun" scheinen ihreSpuren schon in jungen Jahren zu hinterlas-sen. 8% der 12- bis 14-jährigen Mädchenhätten Angst oder Panik bei einer Gewichts-zunahme von 3 bis 5 kg - bei den Jungenwären es "nur" 4%. Angstbesetzte Vorstellun-gen über die eigene Figur sind bei den weib-lichen Jugendlichen (16%) fünfmal so häufigwie bei den jungen Männern (3%).

Absichtliches Erbrechen ist ein WarnsignalEin Indiz für eine beginnende krankhafteEss-Störung ist absichtliches Erbrechen bzw.

Bedeutung der eigenen “Figur” undDiätverhalten

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Page 27: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Schlank zu sein ist gerade für jun-ge Mädchen und Frauen wichtigfür ein positives Selbstgefühl. Einewachsende Zahl von ihnen fühltsich zu dick und versucht, einemvon der Werbung vorgeführtenIdealtyp durch Hungern, Erbrechenoder andere gewichtsreduzierendeMaßnahmen nachzueifern.

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Wann liegt eine Ess-Störung vor?Ess-Störungen sind medizinisch gesehen seelische Krankheiten. Die Merkmale, die zurDiagnose einer bestimmten Ess-Störung führen, werden in den verschiedenen interna-tionalen Klassifikationssystemen ähnlich beschrieben.

Die gebräuchlichsten sind die "International Classification of Diseases" (ICD) der Welt-gesundheitsorganisation und das "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders"(DSM) der US-amerikanischen Psychiatriegesellschaft. Die folgende Zusammenfassungder Diagnosekriterien für bestimmte Ess-Störungen folgt der vierten Fassung des DSM.

Magersucht (Anorexia nervosa):

8 Niedriges Körperge-wicht (weniger als 85% des zu erwarten-den Gewichts)

8 Große Angst vor Ge-wichtszunahme, ob-wohl Untergewicht besteht

8 Übertriebener Einfluss des Gewichts auf die Selbstbewertung und Kranheitsverleugnung

8 Ausbleiben von minde-stens drei aufeinander-folgenden Menstruationszyklen

8 Extrem gezügeltes Essverhalten, in man-chen Fällen unterbro-chen durch Heißhungeranfälle

Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa oder Bulimie)

8 Heißhungerattacken,hastiges Verschlingen größerer Nahrungs-mengen

8 Gegensteuernde Maßnahmen (absichtli-ches Erbrechen, Ab-führmittel etc.) zur Ver-meidung eines Gewichtsanstiegs

8 Heißhungerattacken und kompensatorische Maßnahmen mindes-tens zweimal pro Wo-che über drei Monate

8 Die Bewertung der eigenen Person wird durch Figur und Gewicht übermäßig beeinflusst

Ess-Sucht (Binge-Eating-Disorder):

8 Regelmäßige Essanfällein einer bestimmten Frequenz mit Verlust der Kontrolle über das Essen

8 Die Heißhungeranfälle treten zusammen mit mindestens drei weite-ren Symptomen auf,wie zu schnell, zu viel und bis zu einem unangenehmen Völle-gefühl essen sowie allei-ne essen und dem Verspüren von Depri-miertheit und Schuld-gefühlen

8 Merkliche Verzweiflunghinsichtlich der Essan-fälle

Page 28: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Knapp die Hälfte der jungen Frau-en sagt, dass ihre Gedanken häu-fig um Kalorien oder Essen krei-sen. Bei den männlichen Jugendli-chen triff das nur auf halb so vielezu.

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gen Frauen geben sogar an, dass sie die un-kontrollierten Essattacken schon länger alsdrei Monate haben.

Gefährdungspotential für Ess-Störungen hochInsgesamt zeigt sich, dass viele Jugendlicheein gestörtes Essverhalten aufweisen, das sichspäter zu einer krankhaften Ess-Störung ent-wickeln kann. Je nach Symptom liegen diePrävalenzen in einer Größenordnung von biszu 60%. Vor allem weibliche Jugendlichegreifen zu drastischen Mitteln und Maßnah-men, um ihr Gewicht zu regulieren.

Die Ergebnisse in Bayern weisen in die glei-che Richtung wie die gesamtdeutsche Erhe-bung.

Frauen sind häufiger betroffenAuffallend ist bei den weiblichen Jugendli-chen ab 15 Jahren auch die überproportiona-le Einnahme von Appetitzüglern (z.B. 14%bei den 21- bis 24-Jährigen gegenüber 4% beiallen Befragten). Gleiches gilt für Entwässe-rungsmittel.

Bei den männlichen Jugendlichen liegt dieEinnahme der Medikamente zur Gewichts-kontrolle in allen Altersgruppen deutlich un-ter 2%.

Heißhungeranfälle – gar nicht so seltenZwischen 6% und 12% der Jugendlichen – jenach Altersgruppe - hatten in der letzten ZeitHeißhungeranfälle, bei denen sie nicht mehrkontrollieren konnten, was sie aßen. Dieweiblichen Jugendlichen übertreffen erwar-tungsgemäß ihre männlichen Altersgenossenbei weitem. 7% der 18- bis 20-jährigen jun-

Page 29: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Befragt wurden Jugendliche im Alter zwi-schen 12 und 24 Jahren mit Wohnsitz in Bay-ern, die in Privathaushalten leben und diedeutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Aus dieser Grundgesamtheit wurden als Zu-fallsstichprobe 3.524 Personen aus denAdressen der bayerischen Einwohnermel-deämter ausgewählt.

Wie bei solchen Stichproben üblich, wurdeein zweistufiges Design gewählt: Auswahlein-heiten der ersten Stufe waren die Gemein-den, innerhalb derer dann eine Personen-stichprobe gebildet wurde.

Die Gemeinden wurden regional nach Regie-rungsbezirk, Größe und Strukturmerkmalengeschichtet. Jede Gemeinde hat ein "Bedeu-tungsgewicht", das der Anzahl der Einwohnermit den Merkmalen der Grundgesamtheitentspricht.

Proportional zur Summe der Bedeutungsge-wichte pro Schicht wurden 45 Sample Pointsverteilt. Ein Sample Point definiert die An-zahl der Adressen für die zweite Auswahl-stufe.

Die Gemeinden je Schicht wurden an-schließend in einer systematischen Ziehungausgewählt. Das Auswahlintervall bestimmtesich in jeder Schicht aus dem Quotient desBedeutungsgewichts und der Zahl der Sam-ple Points. Auf große Gemeinden konntenmehrere Sample Points fallen. Hier wurdendann entsprechend mehr Adressen angefor-dert.

In jeder Gemeinde wurden 78 Adressen proSample Point nach einem Zufallsverfahren,bei dem alle Adressen die gleiche Aus-

wahlchance hatten, aus den Melderegisternausgewählt.

Am Schluss stand die Bruttostichprobe derUntersuchung, die eine vollständig propor-tionale Abbildung der Grundgesamtheit bil-dete und keine Designgewichtung mehr er-forderte.

DatenerhebungDie Erhebung der Daten lag im Zeitraum vonSeptember 2000 bis Dezember 2000. Sie er-folgte in mehreren Schritten:

1. Ankündigungsschreiben2. Versand des Fragebogens3. Erinnerungsschreiben4. Zweitversand des Fragebogens5. Telefonisches Nachfassen

Alle Versandaktionen enthielten Hinweisezum Datenschutz. Personen unter 18 Jahrenerhielten zusätzlich ein Schreiben an die El-tern.

Ausschöpfung der StichprobeAn der Studie "Jugend in Bayern 2000" betei-ligten sich insgesamt 2.041 Personen mit ei-nem vollständig ausgefüllten Fragebogen.

Die Ausschöpfung betrug bezogen auf dieBruttostichprobe und nach Abzug derqualitätsneutralen Ausfälle 59%. Zu den qua-litätsneutralen Ausfällen zählen z.B. Perso-nen, die nicht mehr in Bayern leben, verstor-ben oder nicht unter der registrierten Adres-se anzutreffen sind.

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Die Umfrage "Jugend in Bayern 2000" erscheint seit fast 30 Jahren. Seit 1973werden hierbei vergleichbare Methoden und Erhebungsinstrumente einge-setzt, um Trends im Gesundheitsverhalten der Jugendlichen auszumachen.Als Adressmaterial werden repräsentative Stichproben aus den Dateien derEinwohnermeldeämter herangezogen.

M E T H O D I K

MethodikDie Vergleichbarkeit der Umfrage-ergebnisse von 1973 bis 2000wird durch eine hohe Ausschöp-fung, sowie identische Fragen undAuswertungsroutinen gewähr-leistet.

Page 30: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Programm sucht FehlerIn einem letzten Schritt wurden die Datenauf Plausibilität, Vollständigkeit, und Filter-beachtung hin geprüft. Hierfür wurde ein"Fehlersuchprogramm" entwickelt. Es gabunter folgenden Bedingungen Warnhinweiseaus:

8 Überschreitung zulässiger Werte-bereiche

8 Unplausible Wertekombinationen, z.B.Familienstand: "verwitwet" bei Perso-nen, die noch relativ jung sind

8 Inkonsistenz der Angaben

Bei Warnhinweisen durch das Programmwurde per Durchsicht der Originalfragebo-gen versucht, die Ursachen zu klären und dieDaten zu korrigieren.

GewichtungDie Gewichtung glich Abweichungen derStichprobe von der Grundgesamtheit aus. Siekonnten durch die unterschiedliche Beteili-gung verschiedener Personengruppen (z.B.mehr weibliche als männliche Jugendliche)an der Erhebung entstehen. In einem zwei-stufigen Gewichtungsverfahren wurde dieVerteilung der Merkmale Regierungsbezirk,Gemeindegröße und -struktur, Alter undGeschlecht korrigiert. Das Resultat war einerepräsentative Stichprobe der 12- bis 24-jährigen deutschen Staatsangehörigen inBayern.

DatenschutzMit dem Fragebogen erhielten alle ange-schriebenen Jugendlichen eine "Erklärungzum Datenschutz", in der sie über den Ablaufder Datenerhebung und -auswertung aus-führlich informiert wurden. Es wurde daraufhingewiesen, dass

8 die Teilnahme an der Befragung freiwil-lig ist,

8 alle Vorschriften des Bundesdaten-schutzgesetzes eingehalten wurden,

8 Name und Anschrift bei Infratest physi-kalisch getrennt vom Fragebogen aufbe-wahrt werden,

8 keine Ergebnisse veröffentlicht werden,die Rückschlüsse über Einzelpersonenzulassen,

8 Name und Adresse nicht an Dritte wei-tergegeben und nach Abschluss der Stu-die gelöscht werden.

Damit enthielt das Merkblatt alle Punkte, dieüblicherweise bei der mit der zuständigenLandesbehörde vereinbarten Vorgehensweiseberücksichtigt werden müssen.

Datenerfassung und -prüfungDie Datenerfassung und -prüfung erfolgte inmehreren Schritten: Zunächst wurden dievon den Jugendlichen zurück geschicktenFragebögen registriert und auf Vollständig-keit hin durchgesehen. Dann wurden die Da-ten doppelt erfasst, um so Eingabefehler aufein Minimum zu reduzieren.

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Page 31: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

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Literatur

Page 32: Gesundheitsverhalten von Jugendlichen in Bayern 2000

Motiv aus der Kampagne

“be hard drink soft” des

Bayerischen Staatsmini-

steriums für Gesundheit,

Ernährung und Verbrau-

cherschutz


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