Feiern im Rhythmus der Zeit II: Feste in Woche und Jahr
Einleitung
•
Phänomenologie und Theologie liturgischer Zeit-
Zeiterfahrung
und Zeitkonzepte
zyklisch (kosmische und kulturelle Rhythmen)linear (Geschichte und Geschichtsmodelle)καιρός und χρόνοςindividuelle Erfahrung und soziale Organisation von ZeitFest als Intensivierung und Transzendierung von Zeit
-
Christliche InterpretamenteSchöpfung„Heilsgeschichte“Das Paschamyssterium als fundamentale Kategorie der Liturgietheologie des II. Vatikanischen Konzils
Einleitung
•
Gegenstand und Einordnung der Vorlesung-
Feiern im dreifachen Rhythmus der Zeit
TagWocheJahr
-
österliche MitteSonntag als „Ur-Feiertag“OsterfeierWeihnachtsfestkreisAusblick: weitere Feste
-
Einordnung in den Vorlesungszyklus
1 Sabbat, Sonntag und Woche
Die Ruhe Gottes am SchöpfungssabbatPalermo, Cappella Palatina (Mitte 12. Jh.)
Aus den „Apostolischen Konstitutionen“ (Ende 4. Jh.)
„Den Sabbat aber und den Herrentag begeht als Fest, denn dieser ist das Gedächtnis der Schöpfung, jener das der Auferstehung.“
(AK 7, 28)
„Jeden Sabbat aber …
und jeden Herrentag begeht in Freude und mit Versammlungen; wer nämlich am Herrentag fastet, macht sich einer Sünde schuldig, da er der Tag der Auferstehung ist …“
(AK 5, 20)
„Wenn man einen Kleriker findet, der am Herrentag oder am Sabbat fastet …, soll er abgesetzt werden; wenn es ein Laie ist, soll er ausgeschlossen werden“
(AK 8, 47,64)
1.1 Der Sabbat: Biblische Grundlegung
•
ursprünglich vielleicht zu unterscheiden-
„7. Tag“
als wöchentlicher Ruhetag
-
„Šabbat“
als regelmäßiger (monatlicher?) Kulttag?-
Ableitung des Namens „Šabbat“
vom Verb √šbt
(„ruhen“) ist umstritten (Volksetymologie?)•
Verbindung von „7. Tag“
und „Šabbat“
spätestens im Dekalog-
2 Fassungen: Ex 20 und Dtn
5
-
Hauptunterschied: Sabbatgebot-
Verhältnis im Detail umstritten
Das Sabbatgebot im Dekalog•
Ex 20,8–12-
Akzent auf der „Heiligung“
des Sabbats-
schöpfungstheologische und theozentrische Begründung
-
„Ruhen“
YHWHs
nach dem Sechstagewerk der Schöpfung = „Segnung“
des Sabbats
-
vgl. Gen 2,3 (P): „Und Gott segnete den 7. Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.“
•
Dtn
5,12–15-
Sabbatgebot im Zentrum des ganzen Dekalogs
-
heilsgeschichtliche Begründung mit Herausführung aus Ägypten (Exodus) –
ausdrückliche
Verklammerung mit dem Prolog des Dekalogs
-
soziale Spitze: Betonung des Ruherechtes auch des Sklaven
-
zugleich moralischer Akzent („denk daran“
statt „denn“);
Betonung der Verpflichtung-
selbst heilsgeschichtlich erfahrene Befreiung als gesellschaftlicher Auftrag
Zur Sabbatheiligung im Judentum
•
ältestes Element: Ruhepflicht und -recht-
zunächst kein kultisches Element
-
dafür soziale Spitze
•
seit dem Exil: der Feiertag schlechthin-
kultisch hervorgehoben
-
Element der Versammlung-
Sabbat wird zur zentralen Bekenntnisfrage (Makkabäer)
•
um die Zeitenwende: vielfältige Sabbatpraxis-
z. T. Radikalisierung
-
Relativierung durch Jesus aber durchaus in der Bandbreite
Die frühen Christen und der Sabbat
•
Momente der Kontinuität?-
von der judenchristlichen Urgemeinde nicht einfach sofort aufgegeben
-
mit der theologischen und praktischen Loslösung vom Judentum im 2. Jh. sukzessive verdrängt
-
im 4. Jh. Hervorhebung breit belegt„judenchristliche“ Kontinuität oder biblizistische Renaissance?in den orientalischen Kirchen – in ausdrücklicher Ablehnung der entsprechenden römischen Praxis – bis heute kein Fasten und keine Kniebeugen beim Gebetv.a. bei Äthiopiern bis heute liturgisch hervorgehoben
•
nachhaltiger: theologische Übernahme des Sabbat- Motivs (spiritualisiert und eschatologisiert)
1.2 Der Sonntag Biblische Grundlegung
•
Name und Anlaß-
„erster Tag nach dem Sabbat“
als Tag der Auferstehung (Mk 16,2)
vgl. slaw. Sprachen voskresenije …
-
„Herrentag“
(κυριακή
/ dominica):
Bezug zum
erhöhten Herrnvgl. roman. Sprachen domenica, dimanche …sprachliche und sachliche Verbindung mit dem „Herrenmahl“ (1 Kor 11,20) – Realität des Leibes Christi
-
später: „8. Tag“
(Barn
15,8f)
•
Sonntagsfeier im NT?-
1 Kor 16,2: Kollekte
(keine
Rede von einem
Gottesdienst)-
Apg
20,1: Predigt und
Brotbrechen (Eucharistie)aber: genaue Interpretation der Stelle umstrittenanlaßbezogen oder bereitsinstitutionalisiert?
-
Offb
1,10unklare Deutung
Sonntag?eschatologisch?Ostern?
keine liturgischen Elemente
Eckdaten altkirchlicher Sonntagspraxis
•
ab Anfang des 2. Jhs. (Didache
14, 1–3 ) selbstverständlich und breit belegt-
wöchentliche Versammlung (= Gottesdienst)
-
eucharistische Mahlfeier als Gottesdienst der Getauften und Versöhnten („Symposiumstyp“)
•
Mitte des 2. Jhs. (Justin, Apologie 1, 67): Grundstrukturen und Inhalte-
Ausbildung von Grundstrukturen des Wortgottesdienstes („Meßtyp“
der Eucharistiefeier)
-
erstmals Name „Sonntag“
bezeugt-
zentraler Inhalt: Bezug zur Auferstehung Christi; daneben Schöpfung der Welt (1. Tag! –
sekundär)
Justin von Rom (um 150) über den Sonntag (Apol. 1, 67)
Und an dem nach dem Helios benannten Tag findet eine Zusammenkunft aller, die in den Städten oder auf dem Land wohnen, an einem bestimmten Ort statt, und die Denkwürdigkeiten der Apostel oder die Schriften der Propheten werden vorgelesen, solange die Zeit reicht. Sobald der Vorleser aufgehört hat, gibt der Vorsteher in einer Rede die Ermahnung und Aufforderung zur Nachahmung dieser guten Lehren. Hierauf stehen wir alle gemeinsam auf und sprechen Gebete. Und nach Beendigung unserer Gebete wird Brot herbeigebracht und Wein und Wasser …
(Fortsetzung mit Eucharistiefeier)
Justin von Rom (um 150) über den Sonntag (Apol. 1, 67)
Am Tag des Helios
halten wir alle gemeinsam die Zusammenkunft, weil es der erste Tag ist, an dem Gott die Finsternis und die Materie wandelte und den Kosmos schuf, und unser Erlöser am Jesus Christus gleichen Tag von den Toten auferstanden ist. Denn an dem Tag vor dem Kronos-Tag
kreuzigten sie ihn, und an dem
Tag nach dem Kronos-Tag, das ist der Tag des Helios, erschien er seinen Aposteln und Jüngern und lehrte sie das, was wir zur Betrachtung auch euch übergeben haben.
Aus der syrischen Didaskalie c. 13 (3. Jh.?)
Da ihr Glieder Christi seid, dürft ihr euch also nicht selbst von der Kirche zerstreuen, indem ihr nicht zusammenkommt; weil ihr ja Christus zum Haupte habt, der gemäß
seiner eigenen
Verheißung gegenwärtig ist und mit euch Gemeinschaft hat, dürft ihr nicht euch selbst vernachlässigen und zerstreuen, noch die Notwendigkeiten des zeitlichen Lebens über das Wort Gottes setzen, sondern am Herrentag legt alles beiseite und eilt zur Kirche herbei.
Aus den Akten der heiligen Saturninus, Dativus und anderer Märtyrer (304)
Als nämlich der Prokonsul sagte: „Du hast gegen die Verordnung der kaiserlichen Gebieter gehandelt, um alle diese zu versammeln“, da antwortete der Presbyter Saturninus auf Eingabe des Geistes des Herrn: „Wir haben unbekümmert das Herren(mahl
[dominicum]) gefeiert.“
Der Prokonsul fragte: „Warum?“
Er antwortete: „Weil das Herren(mahl)
nicht unterbleiben kann.“
„…
weil wir ohne Herren(mahl/tag) nicht (sein)
können (quia sine dominico non possumus) …“
Aus den staatlichen Ruhetagsgesetzen Kaiser Konstantins († 337)
•
„Alle Richter, die Stadtbevölkerung und die gesamte Gewerbetätigkeit sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne ruhen. Nichtsdestoweniger sollen die Landleute den Anbau der Felder frei und ungehindert betreiben …“
(Codex Iustinianus
3, 12, 2)
•
Beurlaubung christlicher Soldaten für den Kirchbesuch am Sonntag; zugleich auch Verpflichtung aller anderen zu einem Gebet (Eusebius, Vita Constantini
4, 18–20)
Gallische Konzilien des 6. Jhs.•
2. Konzil von Mâcon
585: „Hat jemand von euch eine
Kirche in der Nähe, so eile er zu ihr und gebe sich dort am Herrentag dem Gebet und den Tränen hin. Eure Augen und Hände seien jenen ganzen Tag über zu Gott erhoben. Dieser ist ja der ewige Ruhetag; er ist uns im Schattenbild des siebenten Tages durch Gesetz und Propheten angedeutet. …
Sollte einer
unter euch diese heilsame Ermahnung zu wenig beachten oder gar verächtlich behandeln, so wisse er, daß
er je nach Art seines Standes zuerst von Gott
bestraft wird und dann auch unbarmherzig dem priesterlichen Zorn anheimfällt. …
Ist es ein Bauer
oder Sklave, so wird er tüchtig verprügelt; ist es ein Kleriker oder Mönch, so wird er für sechs Monate vom Umgang mit den Brüdern ausgeschlossen. …“
Gallische Konzilien des 6. Jhs.
•
Konzil von Narbonne
589: „Kein Freier und kein Höriger, ob Gote, Römer, Syrer, Grieche oder Jude (!), darf am Herrentag irgendwelche Arbeit verrichten. Die Ochsen dürfen nicht eingespannt werden, außer im Notfall für eine Reise. Untersteht sich jemand, dies zu tun, so bezahle der Freie dem Schultheiß
(comes
ciuitatis) sechs Goldstücke; der Hörige erhalte hundert Geißelhiebe.“
Pfarrzwang und Sonntagspflicht
•
Karolingerzeit-
Einheit von Kirche und Reich
-
Bindung der Sakramente an die Pfarre wie an die Scholle
-
Durchsetzung mit staatlichen Mitteln
•
Hoch-
und Spätmittelalter-
Untermauerung der Gottesdienstverpflichtung mit dem 3. Gebot erstmals im 13. Jh.
-
im Spätmittelalter insgesamt Tendenz zur Individualisierung der Frömmigkeit
-
Reduktion auf eine individuelle Verpflichtung
Der Codex Iuris Canonici 1917
•
can. 1248: „An Festen hat man aufgrund Gebotes eine Messe zu hören und sich von knechtlichen Arbeiten und Gerichtsverhandlungen zu enthalten“
…
•
can. 1249: „Dem Gesetz, das Heilige zu hören, tut Genüge, wer einer Messe beiwohnt, wo auch immer sie nach katholischem Ritus gefeiert wird und in welcher Kirche oder welchem öffentlichen oder halb-
öffentlichen Oratorium auch immer…, nicht aber in anderen privaten Oratorien, wenn nicht dieses Privileg vom Apostolischen Stuhl zugestanden wurde.“
Zwischenbilanz•
Entscheidend für die Sonntagspraxis ist von Anfang an die gottesdienstliche Versammlung der Christen-
Bezug zur Auferstehung Christi
-
Eucharistiefeier als „Herrenmahl“
am „Herrentag“-
„Leib Christi“
theologisch doppelt vertieft
•
Der Charakter eines Ruhetages ist sekundär -
zunächst (4. Jh.) für bestimmte Gruppen
-
allgemeine Durchsetzung erst ab dem 6. Jh.-
Begründung mit dem Sabbatgebot
relativ spät und zunächst nur vereinzeltnoch lange vor allem rein allegorisch ausgelegt
•
Als Folge der mittelalterlichen Entwicklung der Frömmigkeit wird auch die „Sonntagspflicht“
individualisiert
Zur liturgischen Feier des Sonntags
•
Eucharistiefeier-
„Herrenmahl“
der So-
Gottesdienst
par excellence
im Osten bis heute am So nur eine EucharistieWochentagsmessen sind eine späte und sekundäre Erscheinung
-
deswegen in der Messe kaum spezifisch sonntägliche Elemente
vgl. aber Taufgedächtnis
•
Tagzeitenliturgie-
von den ältesten greifbaren Anfängen an (4. Jh.) besondere Ausgestaltung
-
v. a. Sonntagsvigil in Analogie zur Osternacht
Verkündigung eines Auferstehungs-evangeliumsauch und gerade in der benediktinischenTradition und in der nachkonziliar erneuerten Liturgie
Zur liturgischen Feier des Sonntags
•
Sonntagsfeier absente presbytero-
sachlich und pastoral eine Notlösung
-
wechselnde und umstrittene Prioritätennichteucharistische Versammlung der Ortsgemeinde oder individuelle Erfüllung der „Sonntagspflicht“ durch Teilnahme an einer anderswo gefeierten EucharistiefeierSinnhaftigkeit und Gestalt einer Kommunionfeier
-
neue Gebetsform des „Lob-
und Dankgebets“
in der sonntäglichen Wort-Gottes-Feier
Zum Verhältnis von Sabbat und Sonntag
•
wenig Gemeinsamkeiten-
Verankerung im Wochenrhythmus
-
allgemeiner Festcharakter
•
grundsätzliche Unterschiede-
Sabbat ist zunächst Ruhetag; erst sekundär Gottesdiensttag
-
Sonntag ist primär Gottesdiensttag; erst als öffentlicher Feiertag wird er in christentümlichen Gesellschaften sekundär auch zum Ruhetag
-
völlig unterschiedlicher theologischer Inhalt
Zur theologischen Bestimmung von Sabbat und Sonntag
•
Die Begründung der sonntäglichen Arbeitsruhe mit dem Sabbatgebot ist ein sekundäres Phänomen („Reichskirche“), die atl. Untermauerung der Sonntagspflicht überhaupt eine mittelalterliche Entwicklung
•
Der Sabbat wird in der Alten Kirche nicht wörtlich, sondern metaphorisch rezipiert-
Spiritualisierung durch „geistige Auslegung“: Motiv der Ruhe
-
Moralisierung (Enthaltung von Sünden statt von knechtlichen
Werken)-
Eschatologisierung: endzeitliche Symbolik des 7. Tages und seiner Ruhe (manchmal chiliastisch
interpretiert: Weltzeitalterspekulationen)
•
seit dem 2. Jh.: Sonntag als „Erster“
und „Achter Tag“-
Transzendierung
der Zeit mit ihrem 7-Tage-Rhythmus
-
Symbol des neuen Äons (zugleich Endzeit und Ewigkeit)-
Aneignung der Erlösung durch die Christen als Eintritt in die Endzeit: vgl. 8-eckige Baptisterien
Augustinus, Über den Gottesstaat, Schluß (Civ. Dei 22,30)
Dieses siebte Weltalter aber wird unser Sabbat sein, dessen Ende nicht ein Abend sein wird, sondern als der ewige achte Tag der Tag des Herrn, der durch Christi Auferstehung geheiligt ist und das Ruhen nicht nur des Geistes, sondern auch des Leibes vorausbildet. Da werden wir feiern und schauen, schauen und lieben, lieben und preisen. Ja wahrhaftig, so wird es sein ohne Ende am Endziel (in fine sine fine).
1.3 Die Woche•
Zur Feier der Woche-
christologisches
„Wochenpascha“
Sonntagsfeier (Eucharistie und Tagzeitenliturgie)Fasttage: Mittwoch und Freitagin der erneuerten Tagzeitenliturgie: Wochenpascha von Do/Fr bis So
-
Schöpfungswochein Hymnen und Texten der Tagzeitenliturgiein der erneuerten Liturgie vereinzelt auch in der Psalmenauswahl
•
eucharistische Wochentagsformulare-
tägliche Eucharistiefeier jenseits von Festkreisen sekundär
-
mittelalterliche Formulare: Votivmessen (v. a. Alkuin †
804)-
erst nach dem 2. Vatikanum: Schaffung einer Leseordnung
2 Die Osterfeier
Vorbemerkungen
2.1 Biblische Grundlegung und das Paschazur Zeit des Zweiten Tempels
2.1.1 Pesach
und Mazzot
im Alten Testament
2.1.2 Außerbiblische Nachrichten über das Paschazur Zeit des Zweiten Tempels
2.1.3 Neutestamentliche
Angaben
Vorbemerkungen: „Was ist das Pascha“
•
Melito
von Sardes, Paschahomilie
§
46:„Was ist das Pascha“
•
Pesachhaggada, textus
receptus: Frage des jüngsten Teilnehmers: „Wodurch unterscheidet sich diese Nacht von allen anderen Nächten?“
•
Ex 12: „Und es wird vorkommen, daß
eure Kinder euch Fragen: Was habt ihr da für einen Brauch ( עבודה/‛avoda)? Dann sollt ihr sagen: Das Pesach-Opfer für YHWH ist das …!“
Vorbemerkungen: Worterklärung: A) Ostern
•
zahlreiche westeuropäische Sprachen: „Pascha“-
romanische Sprachen: it. pasqua; span. & port. pascua; frz. pâques …
-
germanische Sprachen: niederl. pasen; dän. paaske; norweg. paskit
•
deutsch „Ostern“
/ englisch „Easter“-
etymologisch unabhängig von der biblischen Terminologie
-
Herkunft ist unklar-
klar ist nur
Zusammenhang mit einem germanischen Monatsnamen (ostarmanoth)Pluralform (vgl. auch Pfingsten)
mittelalterliche Erklärungen•
Beda Venerabilis
(8. Jh.), De
temporum ratione
liber
c. 15:Eosturmonath, qui nunc paschalis mensis interpretatur, quondam a dea illorum (sc. Anglorum) quae Eostre uocabatur et cui in illo festa celebrabant nomen habuit. A cuius nomine nunc paschale tempus cognominant, consueto antiquae obseruationis uocabulo gaudia nouae solemnitatis uocantes.
•
Honorius von Autun
(12. Jh.), Sacramentarium
c. 42:
Osterum dicitur ab oriente, quia sicut ibi sol surgit, in occasu quasi moritur; ita hic sol justitiae, qui est Christus, qui in morte occasum subiit, hic resurrexit.
mittelalterliche Erklärungen
•
Beda Venerabilis
(Anfang 8. Jh.): Ableitung vom Namen einer altenglischen Frühlingsgöttin Eostra, deren Fest zur Osterzeit gefeiert worden sei-
sprachlich ist die Etymologie unsicher
-
die entsprechende Göttin ist sonst nicht belegt-
Theorien über ihren Charakter und Kult werden sämtlich aus christlichen oder christianisierten Osterbräuchen abgeleitet –
Zirkelschluß!
•
Honorius von Autun
(12. Jh.): Ableitung von „Osten“ / Sonnenaufgang (oriens) –
möglicherweise ein
theologisches Konstrukt (Auferstehungssymbolik)
moderne Erklärungsversuche
•
Fehlübersetzung des liturgischen Fachbegriffs hebomada in albis: Plural von „Morgenröte“
(alba) statt Taufgewand?•
Zusammenhang mit altnordisch ausa (schöpfen) / austr (Schöpfwasser)?
•
historisch und philologisch unbewiesen•
Gefahr von Zirkelschlüssen und petitiones principii
•
Fazit: alle historischen und modernen Erklärungsversuche bleiben rein hypothetisch
B) Pesach/Pascha
•
Hebräische Bibel: Nomen פ סח („Pesach“)-
nur für das entsprechende Fest, den damit verbundenen Kultbrauch und das dabei geschlachtete Opfertier
-
sagt darum nichts über das Fest aus, was man nicht sonst (= aus dem Kontext) darüber weiß
•
unsicher: etymologischer Zusammenhang mit dem Verb aus denselben Wurzelkonsonanten
Pesach/Pascha: Nomen
•
Septuaginta:-
übersetzen das Nomen Pesach
nie
statt dessen ausschließlich die Transkriptionen πασχα, φασεκ oder φασεχdagegen wird das entsprechende Verb immer übersetzt
-
ursprüngliche Bedeutung des Nomens war wohl schon den Übersetzern der LXX nicht bekannt
•
später belegte Übersetzungen:-
können altes philologisches Wissen bewahren
-
oder: unverstandene oder schwierige Wörter als Anknüpfungspunkt von Interpretation
Pesach/Pascha: Nomen
•
Philo von Alexandrien (1. Jh.)-
Übersetzung διάβασις
-
Erklärung als διαβατήριαOpfer bei der Überschreitung von GrenzenVorsicht: Zirkel von Etymologie und Allegorie (Wort- und Sacherklärung)
•
Josephus Flavius (1. Jh.): Übersetzung ὑπερβασία
•
Aquila
und Symmachus: ὑπέρβασις, ὑπερμάχησις
•
gemeinsamer Nenner: „Hindurch-
oder
Hinübergang“
– Bezeichnung einer
Bewegung
Pesach/Pascha: Nomen
•
Alte Kirche: 3 Etymologien-
Volksetymologie πάσχα
< πάθος/passio
ab 2. Jh. breit belegtchristologische Passionstypologie des Pascha
-
Alexandriner (Clemens, Origenes; 3. Jh.):πάσχα = διάβασις, ὑπέρβασις, διαβατήριαdurch Hieronymus (4. Jh.) in lateinische Tradition eingeführt: phase, id est transitus Domini – wird als Glosse Teil der Vulgata (Ex 12,11)
-
vereinzelt (Irenäus; 2. Jh. / onomastische
Quellen): „Befreiung/Freiheit“
Pesach/Pascha: Nomen
•
Fazit-
Bedeutung des Nomens „Pesach“
für Fest und
Opfer bleibt unklar-
ernstzunehmende antike Erklärungen konvergieren in der Vorstellung einer Bewegung („Hindurch-
/
Hinübergang“)-
altes philologisches Wissen oder sekundäre Interpretation?
Pesach/Pascha: Verb
•
Verb √
פ סח im Nif‛al und Pi‛el, Adj. pisseach-
in der Regel: „lahm sein“
-
ferner: 1 Kön
18,26terminologische Verwendung: „Hink-“ oder „Hüpftanz“der Baalspriester um den Altar sehr fraglichpolemische Anspielung auf behinderte Bewegungsweise der Baalspriester?
Pesach/Pascha: Verb
•
Grundstamm: Belege in 3 Kontexten-
1 Kön
18,21: „Wie lange schwankt ihr noch nach
zwei Seiten“Wortspiel aus dem Zusammenhang (vgl. V. 26) zu erklären?kein Zeugnis einer ursprünglichen Bedeutung
-
Jes
31,5 „Wie ein Vogel mit seinen Flügeln wird der Herr der Heere Jerusalem schützen, beschirmen, befreien, verschonen (פסח) und retten“– gleiche Bedeutung wie in
-
Ex 12,13.23.27: פסח על „schonend vorübergehen“(?) – eine Volksetymologie?
Pesach/Pascha: Verb•
Übersetzung der Belege im GrundstammJes
31,5 LXX übersetzt die 4 synonymen Verben nur durch 3
–
trägt nichts zum Verständnis von פסח beiEx 12,13: „ich werde das Blut sehen und euch schonen /
beschützen (? ו פסח תי עלכם / σκεπάσω ὑμᾶς)“ (abhängig von Ex 12,23)
Ex 12,23: „Er wird das Blut
… sehen und an der Tür (schonend) vorübergehen (? ו פסח על הפת ח / παρελεύσεται)
Ex 12,27: „Das ist das Pesach-Opfer
für YHWH, der an den Häusern der Kinder Israels in Ägypten schützend / schonend (vorüberging) (? פס ח / ἐσκέπασεν)
Hieronymus (Vulgata)übersetzt σκεπᾶν in Ex 12,13.27; Jes 31,5 durch transireist von der pascha-transitus-Etymologie abhängig
Pesach/Pascha: Verb
•
Fazit-
Die Belege des Verbs sind nicht auf gemeinsame Grundbedeutung zurückzuführen, sondern aus dem Kontext zu erklären
-
Subjekt von פסח (Grundstamm):immer YHWHaußer in 1 Kön 18,26 (sekundäre Ausnahme?)
-
Bedeutung in Jes
31,5 und Ex 12,13.23.27 konvergiert vielleicht im semantischen Feld „schützen, schonend vorübergehen“
ursprüngliche Bedeutung oder Volksetymologie?Zirkelschluß zwischen Nomen (Fest) und Verb?
Pesach/Pascha: Verb
•
Fazit:-
Verb und Nomen bleiben philologisch dunkel
-
gemeinsame Grundbedeutung ist unsicher-
kein Schlüssel zur Interpretation der Pesachtexte
-
eher ein zentraler Aspekt der Wirkungsgeschichte
2.1 Biblische Grundlegung und das Pascha zur Zeit des Zweiten
Tempels
2.1.1 Pesach und Mazzot im Alten Testament2.1.2 Außerbiblische Nachrichten über das Pascha
zur Zeit des Zweiten Tempels2.1.3 Neutestamentliche Angaben
2.1.1 Pesach und Mazzot im AT
A) Synchroner ÜberblickB) Diachrone Rückfrage
Dura
Europos, Synagoge (1. Hfte. 3. Jh.): Durchzug
Synchroner Durchblick: Pentateuch
•
Ex 12: Urpesach
in Ägypten im Kontext der 10. Plage und der Herausführung Israels aus Ägypten-
Ex 11: Ankündigung des Todes der Erstgeburt
-
Ex 12–13: Pesach, Mazzot, Widmung und Tod der Erstgeburt, Aufbruch der Israeliten (komplex geschichtet; zahlreiche Doppelungen)
-
Ex 14: Schilfmeererzählung-
Ex 15: Siegeslied am Schilfmeer, Beginn der Wüstenwanderung
-
Ex 16: Manna und Sabbat
Synchroner Durchblick: Pentateuch
•
Ex 34,25 Pesach
im Kontext der Wallfahrtsfeste•
Lev 23,5: Pesach
am 14., Mazzot
am 15. des ersten
Monats + 7 Tage•
Num
9,1–14: Pesach
in der Wüste (2. Jahr des
Auszugs); Institution eines 2. Pesach
im 2. Monat für die, die zum Termin des 1. Pesach
unrein sind
•
Num
28,16–25: Opfer für Pesach
und die Festwoche (Mazzot
nicht wörtlich genannt)
•
Dtn
16,1–8: Pesach, verbunden mit der Festwoche von Mazzot
Synchroner Durchblick: Geschichte
•
Jos 5,10–12: Pesach
in Gilgal
nach dem
Jordandurchzug; Essen vom Getreide des Landes –
Ausbleiben
des Manna•
2 Kön
23,21–23:
Restitution des Pesach unter Joschija
•
2 Chr
30: Pesach
und Mazzot
unter Hiskija
(gefeiert im 2. Monat)•
2 Chr
35: Pesach
und
Mazzot
unter Joschija•
Esra 6,19–22: Pesach
und Mazzot
der Heimkehrer
•
weiters: Ez
45,21: Bestimmungen für Pesach
und Mazzot
(Sühnegedanke)
Synchroner Durchblick: Fazit
•
Strukturierung der Geschichte Israels(Auszug aus Ägypten –
Wüste –
Einzug ins
Land –
Kultreform des Joschija –
Heimkehr aus dem Exil)
•
Probleme:-
Verhältnis Pesach-Mazzot
-
Ursprung der beiden Feste-
Ritus: ägyptisches Ur-Pascha / spätere Feiern
-
Wandel der Feiergestalt (vordtn
/ dtn
/ weitere Geschichte)
Diachrone Rückfrage
•
Mazzot
als eines der drei Wallfahrtsfeste ursprünglich unabhängig vom Pesach?
-
Ex 23,14–17 („Bundesbuch“)3 Wallfahrtsfeste (חג)Begründung mit dem Exodus
sekundär mit agrarischem Fest verbundenoder ursprüngliches Kerygma?
-
Ex 34,18–25 („kultischer Dekalog“)Bestimmung über die drei Wallfahrtsfeste (חג)verbunden (sekundär?) mit Bestimmung über das Pesach(V. 25): „Das Opfer des Pesach-Festes soll die Nacht nicht überdauern.“
Diachrone Rückfrage•
Dtn
16
-
Kultzentralisation (Bindung an den Tempel)-
Entmythisierung: Schlachtopfer für YHWH (זבח) statt Blutritus gegen Verderber
-
Großvieh (Rind) und Kleinvieh (Schaf/Ziege)-
Begründung mit dem Exodus –
Pesach
als Gedächtnis (√זכ ר
= memoria, anamnesis)Nacht des Exodus (V. 1: Tun YHWHs)Vergegenwärtigung im kollektiven „Du“ („Du bist ausgezogen“)liturgische Symbole
Zeitpunkt der SchlachtungMazzen als „Brot der Erniedrigung“ und des hastigen Auszugs
-
Nachtfeier, mündet in ein Mahl-
Verbindung mit Mazzot, aber kein Fest (חג)
-
Unterscheidung von den anderen „Festen“
Diachrone Rückfrage
•
Ex 12-
Terminisierung
auf den 14. des 1. Monats
-
deutliche Unterscheidung von Pesach
und Mazzot-
keine Bindung an den Tempel
-
Familienfeier, aber eingebunden in Gesamtgemeinde (V. 6)-
Blutritus
-
kein Opfer (שחט, nicht זבח)-
Abhaltung des Verderbers / YHWHs
-
„Wachenacht für YHWH“
(V. 24)für YHWH bei der Herausführungfür die Israeliten für (zu Ehren von) YHWH in allen Generationen
Diachrone Rückfrage
•
nachexilische
Texte (incl. Chr)-
Terminbindung an den 14. Nisan
-
fixe Verbindung mit der Festwoche von Mazzot-
zentrales Opferfest
zentralisiert am TempelUnmengen von OpfernKlein- und GroßviehRolle von Leviten (schlachten) und Priestern (Blutausschüttung am Altar) hervorgehoben
-
Motiv von Reinheit und Sühne-
Blutritus nur in Ez
45,18f (als Sühne) erwähnt
Diachrone Rückfrage•
Zusammenfassung-
Pesachliturgie
wandelt sich –
und reagiert auf gewandelte
historische Herausforderungen-
immer „Volksliturgie“
-
zentraler Haftpunkt der Exodus-AnamneseFest als ganzes: „Erinnerungszeichen“ ז יכר ון ) [Ex 12,14; 13,9 = Mazzot]; vgl. aber Ex 12,26f etc)einzelne Elemente mimetisch und anamnetisch gedeutet (Opfertermin, Mazzen)Theologoumenon: „Wachenacht für YHWH / die Israeliten“
-
Kristallisationspunkt von Befreiungshoffnungrealpolitisch und eschatologischvgl. schon Jer 38 (31) 8b LXX: eschatologische Sammlung ἐνἑορτῇ φασεκ
2.1 Biblische Grundlegung und das Pascha zur Zeit des Zweiten Tempels
2.1.2 Außerbiblische Nachrichten über das Pascha zur Zeit des Zweiten Tempels
samaritanisches
Pesach(Photo aus 1991)
A) Der Pascha-Papyrus von Elephantine
•
Elephantine
(„Yeb“) bei Assuan-
in persischer Zeit jüdische Militärkolonie
-
Archiv: Ostraka
und Papyri-
Yahu-
(= YHWH-) Tempel
-
um 410 zerstört: Konflikt mit Khnum-Priesterschaft
•
Papyrus-
Pesach
(nur auf Ostraka
erwähnt) und Mazzot
verbunden,
aber sachlich und terminlich unterschieden-
keine Spur von Kultzentralisation
-
Betonung von Reinheit und Enthaltung von Gesäuertem
B) Qumran und Jubiläenbuch
•
Qumran-
kalendarische Notizen (fiktiv?!)
364-Tage-KalenderPesach fällt immer auf Dienstag, nie auf einen Sabbat
-
Tempelrolle 17-
fragmentarische Festgebete für Pesach
•
Jubiläenbuch §
49-
Original hebräisch, 2. Jh.
-
vollständig nur äthiopisch erhalten-
relativ gut belegt in Qumran
-
fiktive Gottesrede an Mose
von der Urgeschichte bis zur Gesetzesgabe
B) Qumran und Jubiläenbuch
•
Jubiläenbuch §
49-
Pesach
kumulative Nacherzählung der biblischen Texte (Ex 12; Dtn 16)Präzisierung der biblischen VorschriftenErgänzung der biblischen Vorschriften – Akzentverscheibung
Mahl in FreudeErwähnung von Lob- und Dankgesängen schon vor dem AuszugWeingenußkeine Erwähnung von Mazzen oder Bitterkräutern
Betonung des anamnetischen Charakters (Gedächtnis Israels / Gott soll auch künftig schonen)indirekte Datierung der Bindung Isaaks auf Pesach (Jub 17f)exegetische Konstruktion der Kumulation von Heilsereignissen –Pesach als Kristallisationspunkt von Befreiungserfahrung
C) Weish 18•
spätestes deuterokanonisches
Buch des AT (um die
Zeitenwende?)•
Kap. 10–19: Wirken der Weisheit in der Geschichte, v. a. in den Plagen und im Exodus
•
Weish
18,5–19: Gegenüberstellung der Nacht des Verderbens und der Nacht der Befreiung
„Jene Nacht wurde unseren Vätern im voraus angekündigt … Während du die Gegner straftest, hast du uns zu dir gerufen und verherrlicht. Denn im Verborgenen opferten die frommen Söhne der Guten; sie verpflichteten sich einmütig auf das göttliche Gesetz …
und sangen schon im
voraus die Loblieder der Väter“
D) Philo von Alexandrien•
Einleitung* Alexandria, 20/10a–nach 40p-
Vertreter des griechisch gebildeten Judentums
-
versucht, traditionell jüdische Auffassungen mit hellenistisch-philosophischer Bildung zu vereinen
-
allegorische BibelauslegungGrundprinzip: Trennung der sinnlich wahrnehmbaren (κόσμοςαἰσθητός) von der intellegiblen (νοητός) WeltDie Schrift, ihre Begebenheiten und Anordnungen haben einen tieferen SinnDieser löst den Wortsinn nicht auf, sondern übersteigt ihn
-
Etymologien und Zahlensymbolikfundamental für philonische ExegeseGrenzen zwischen Philologie/Wissenschaft und Allegorie verschwimmen
D) Philo von Alexandrien
•
historische Information-
Schlachtung am Nachmittag des 14. Nisan
unzählige OpfertiereTun des gewöhnlichen Israeliten
-
im Anschluß: Festmahlausdrücklich kein Gelage (Symposion) – diesem äußerlich zum Verwechseln ähnlich?Wortelemente: Gebete und Hymnen (εὐχαὶ καὶ ὕμνοι)
-
Charakter: Gedächtnis und Dank für den Exodus (ὑπόμνημα
καὶ
χαριστήριον)
-
Bedingung: Reinigung mit Sprengwasser
D) Philo von Alexandrien
•
Allegorisierung und inhaltliche Motive-
„Überschreitungsopfer“
(διαβατήρια) /
„Übergang“
(διάβασις)Subjekt = die Seele / der Mensch (nicht Gott)narrativer Haftpunkt: Exodus, nicht 10. Plage
-
erstmals Assoziation von (Pesach-) Mazzot
mit der Schöpfung
apologetisches Anliegen: universale Geltung und Übereinstimmung des Gesetzes mit dem NaturgesetzAkkumulation von Heilsinhalten am Pesach?
E) Josephus Flavius: Einleitungsfragen und Überblick
•
Leben* 37/38p als Sproß
einer
angesehen Familie des Priesteradels
-
ab 66 Gouverneur und Militärbefehlshaber von Galiläa
-
nach dem Fall der Festung Iotapata
(67p)
Überlauf zu den Römern; Klient des Vespasian
(→„Flavius“)
•
Hauptwerke:-
Der Jüdische Krieg (als Augenzeuge und aus zeitgenössischen Dokumenten)
-
Die Jüdischen Altertümer (von der Schöpfung bis zu seiner Gegenwart; aus Bibel und zahlreichen Quellen der hellenistisch-
römischen Zeit)
E) Josephus Flavius Texte über das Pascha
3 Kategorien von Texten über das Pascha(1)
Paraphrasen biblischer Texte
teils im Licht späterer oder zeitgenössischer PraxisJosephus harmonisiert alle biblischen Angaben
(2)
historische Nachrichten aus nachbiblischer ZeitAufstand des Archelaos (ant 17, 213ff) am Pesach(blutig niedergeschlagen)Pesach als Exodusgedächtnis = Kristallisationspunkt für Befreiungshoffnung
(3)
zeitgenössische Schilderungen
E) Josephus Flavius Zusammenfassung
•
Etymologie: ὑπερβασία•
Exodusgedächtnis-
Haftpunkt von Befreiungshoffnung
-
eschatologische
und politische Brisanz
•
enge Verbindung, meist sogar Identifikation mit der Festwoche von Mazzot
•
Wallfahrtsfest in Jerusalem; Teilnahme von Nichtjuden am Gottesdienst, nicht aber am Opfer
•
zentrales Opferfest -
Unmenge der Opfer
-
Zeitpunkt: 9.–11. Stunde-
Blutritus nur in der ätiologischen
Paraphrase von Ex 12 genannt-
Motiv von Reinheit und Sühne
•
Opfermahl in Mahlgemeinschaften (φατρίαι)
•
Essen von Ungesäuertem für 7 Tage
•
Betonung der Freude
2.1.3 Neutestamentliche Angaben
2.1.3.1 Historische Auskünfte über das Pesach zur Zeit des Zweiten Tempels
2.1.3.2 Das Pascha als Theologoumenon
Lammsarkophag (Ravenna, 4./5. Jh.)
A) Die Texte und ihre Probleme: Überblick
•
Lk
2,41–43: Teilnahme der Sippe Jesu an der Wallfahrt
•
Synoptiker: sonst nur eine einzige Wallfahrt Jesu nach Jerusalem (Letztes Abendmahl samt Vorbereitung)
•
Joh: gegliedert durch Aufenthalte in Jerusalem-
wichtige Ereignisse an jüdischen Festen
-
Rückgriff auf messianische und eschatologische
Erwartungen?
•
theologisch wird das Pascha zum Interpretament
des
Christusereignisses (1 Kor 5,7; Joh
19) und christlicher
Befreiungserfahrung
(Apg 12?)
•
nur nebenbei: Hebr
11,28 („im Glauben vollzog er [Mose] das Pascha …“)
A) Die Texte und ihre Probleme: Elemente der Paschafeier
(1)
Pesachopfer
werden selbstverständlich vorausgesetzt, aber nirgends beschrieben
(2)
Die Synoptiker
beschreiben das Letzte Abendmahl als Paschamahl, geben über dieses aber keine neuen Informationen
(3)
Joh
18,28: Reinheit als Voraussetzung(4)
1 Kor 5,7 setzt den Brauch einer Ausfegung des Gesäuerten voraus –
einer der ältesten
Belege für dessen Ritualisierung (vgl. sonst erst Mischna
Pesachim)?
A) Die Texte und ihre Probleme: Das Verhältnis von Pesach und Mazzot
•
Pascha und Festwoche von Mazzot
identifiziert
-
wie explizit bei Josephus-
vgl. Lk
22,1: „Das Fest
der Mazzot, das Pascha genannt wird, war nahe“
(:: Mk
14,1: „Es war das Pascha und die Mazzot
…“)-
vgl. Apg
12,3 („in den
Tagen von Mazzot“) / V.4 („nach dem Pascha“)
•
Problem: Redeweise von Mk
14,12par: „am
ersten Tag der Mazzot, als man das Pascha schlachtete“-
gemeint ist eindeutig der 14. Nisan
-
die Festwoche (7 Tage) von Mazzot
reicht vom
15. bis zum 21. Nisan-
vgl. aber Ex 12,18: „beginnend mit dem Abend des Vierzehnten“
A) Die Texte und ihre Probleme: Letztes Abendmahl und Paschamahl•
Synoptiker: Letztes Abendmahl als Paschamahl-
Historizität
muß
offenbleibenJoh: abweichende PassionschronologiePaulus: schweigt über paschalen Charakter
-
jedenfalls FestmahlPolster (Mk 14,15par)Weingenuß
•
methodisches Problem-
Auffüllung der in den Evangelien gebotenen Informationen aus späteren jüdischen Quellen ist unzulässig
-
spätere Quellen können auch Informationen über 2. Tempel enthalten
-
aber: NT ist Quelle für Geschichte des jüdischen Pesach, nicht umgekehrt
A) Die Texte und ihre Probleme: Letztes Abendmahl und Paschamahl
•
Abendmahl: rituelle Elemente-
Brot-
und Becherhandlung
kein Proprium des PesachBrotwort nicht vor dem Hintergrund des „Dies ist das Brot des Elends“(Pesachhaggada) zu verstehen – spät belegt!
-
„Lobgesänge“vgl. zeitgenössische Quellen (Jub, Weish, Philo)noch keineswegs sicher das Hallel (Ps 113–118)nicht spezifisch paschal(Nachtischgesänge beim Symposium)
•
spezifische Elemente der jüdischen Paschafeier (zeitgenössisch und später) bleiben unerwähnt-
Opfer im Tempel (:: Joh)
-
Essen von Lamm, Mazzot
und Bitterkräutern
•
Fazit:-
keine Information über zeitgenössische jüdische Quellen hinaus
-
Angaben späterer Quellen nicht zurückprojizieren
B) Zwischenbilanz: Ursprünge
•
Die historische Rückfrage kommt nicht hinter die Zeit Joschijas zurück-
„Neueinführung“
-
alle Berichte über frühere Begängnisse des Pesach
sind historisch unzuverlässig
•
Sobald Pesach
und Mazzot
historisch greifbar werden, sind sie mit dem Exodus (Mazzot) und der Verschonung der Israeliten (Pesach) verknüpft
•
Sämtliche Theorien über „vorisraelitische“
Ursprünge müssen hypothetisch bleiben
B) Zwischenbilanz: Entwicklung
•
Die deuteronomische
Kultreform-
bindet das Pesach
an den Jerusalemer Tempel
-
verbindet Pesach
und Mazzot, dessen Elemente vom Pesach
aufgesogen werden
-
zentrale Elemente: Opfer und Mahl-
anamnetisches
Ritual mit dem Ziel der Vergegenwärtigung
der Heilserfahrung•
Die Zentralisierung scheint sich nur langsam durchgesetzt zu haben (vgl. Elephantine)
•
Die –
mehr oder weniger enge; vgl. Ex 12f – Verbindung von Pesach
und Mazzot
und deren
Terminisierung
erweisen sich generell als konstant
B) Zwischenbilanz: Das Pascha zur Zeit des 2. Tempels•
Wallfahrtsfest
•
Opfer-
Betonung der Unzahl von Opfern
-
zunehmende Bedeutung der kultischen Reinheit der Teilnehmer und der Sühnethematik
-
Privileg der Israeliten (priesterliches Tun; „demokratischer“
Grundzug des Pascha)
•
Festmahl (Symposion)-
deutliche Akzentverschiebung gegenüber den atl. Texten („Brot der Erniedrigung“; Bitterkräuter; Eile)
-
Weingenuß
(Jub
49,6; NT; Philo [?])
-
„Gebete“ (Benediktionen?) und
„Lobgesänge“
(vgl. Weish 18,9; Mk
14,26 par; Jub
49,6)
B) Zwischenbilanz: Exodusgedächtnis
•
Seit den biblischen Texten ist das Pascha immer Gedächtnis (Anamnese) des Exodus-
Pesach
als ganzes = Gedächtnis (ז כרון)
-
konkretisiert in Wort-
und Rituselementen der Feier (anamnetisches
Ritual)
•
Ziel des anamnetischen
Tuns
der Menschen: „Gedenken“
(= Heilshandeln) Gottes
•
Implikation: Kristallisationspunkt von Befreiungserfahrung
drängt zu Aktualisierung in
konkreter Befreiungshoffnung-
eschatologisch
-
politisch
1.3.2 Das Pascha als Theologoumenon
A) Das Pascha als Interpretamentdes Christusereignisses
B) Das Pascha als Interpretamentchristlicher Befreiungserfahrung?
A) Das Pascha als Interpretament des Christusereignisses
•
interpretatorisches Wechselverhältnis von Pascha und Christusereignis-
zentrale theologische Bedeutung des Pascha
-
zeitliche Nähe des Todes Jesu zum Pascha•
in verschiedenen Traditionen belegt-
1 Kor 5,7f: Christus als „unser Pascha“
-
Synoptiker: Abendmahl als Paschamahl-
Joh
19: Tod Jesu paschatypologisch gedeutet
•
aber: differenzierte Lamm-Symbolik des NT (Joh 1,29; 1 Petr 2,19, Offb
5 etc.) nicht pauschal auf das
Pascha zu beziehen
A) Das Pascha als Interpretament des Christusereignisses
•
1 Kor 5,7: Christus als „unser Pascha“-
ethische Metaphorik von Sauerteig und Mazzot
-
begründet durch Rekurs auf die Deutung des Christusereignisses als Opferung des Pascha
•
Synoptiker: Abendmahl als Paschamahl-
Tod Jesu, Eucharistie und Pascha in wechselseitigem Interpretationszusammenhang
-
Lk
22,16: Abendmahl und Paschamahl im Horizont der eschatologischen
Erfüllung „im Reich Gottes“
-
aber: Einzelelemente nicht paschal
zu interpretieren•
Joh
19: Tod Jesu paschatypologisch gedeutet
-
implizit: Termin (Nachmittag des 14. Nisan)-
explizit: Erfüllungszitat Ex 12,10.46 / Joh
19,31–36
B) Das Pascha als Interpertament christlicher Befreiungserfahrung?
Apg
12: Befreiung nach dem Vorbild des Pascha?
•
Gefangennahme des Petrus „in den Tagen der Mazzot“
= „das
Pascha“•
nächtliches Türöffnungswunder und Herausführung durch einen Engel (mit Lichterscheinung)
•
Paschatypologie?-
Nacht
-
Gürtung und Sandalen (vgl. Ex 12,11)
•
Interpretation als „Herausführung“
/
Herodes als Pharao?•
abschließend: Hinzustoßen zu einer Versammlung vieler zum Gebet
2.2 Das Erbe biblischer Traditionen im jüdischen Pesach
2.2.1 Der Pesach-Seder
2.2.2 Der palästinische Targum zu Ex 12,42: Akkumulation von Feierinhalten?
2.2.1 Der Pesach-Seder
2.2.1.1 Die Quellen2.2.1.2 Zur Liturgie des Sederabends
PesachhaggadaDarmstadt 1769
A) Kontinuität und Diskontinuität zur Zeit des Zweiten Tempels
•
enorme Bedeutung der Zerstörung des Tempels im Jahr 70p für das Judentum
•
Ende aller an den Tempel gebundenen religiösen Vollzüge (Opfer etc., darunter auch Pesach)
•
Notwendigkeit der totalen Neuorientierung und -
konstituierung u. a. im rabbinischen Judentum-
prinzipiell kein Ersatz für Vollzüge des Tempels
-
gelegentlich aber Elemente einer bewußten Substitution
•
methodische Konsequenz: keine unkritische Projektion von Angaben rabbinischer Quellen in die Zeit des Tempels (= „Zeit Jesu“)-
alte (auch priesterliche?) Überlieferung?
-
oder Entwürfe eines Idealbilds-
Die Historizität
von Angaben
über die Zeit des Tempels ist im Einzelfall zu prüfen
-
Vorsicht gegenüber Strack / Billerbeck und Nachfolgern!
B) Die wichtigsten Quellen für den Sederabend
•
Mischna: erste rabbinische Kodifikation des jüdischen Religionsgesetzes in 6 Ordnungen-
traditionelle Datierung der Redaktion: Ende 2. Jh.
-
danach noch eine einige Zeit gewisse Offenheit-
mPes
10: Ablauf und einige Rituselemente des
Pesachabends•
Talmudim: Kommentare zur Mischna-
Jerusalemer/palästinischer T.: Redaktion 5. Jh. (?)
-
Babylonischer T.: Redaktion 7. Jh. (?)-
dokumentieren den vielfältigen weiteren Fortgang der Liturgieentwicklung
B) Die wichtigsten Quellen für den Sederabend
•
früheste liturgische Quellen im engen Sinn-
Gebetbücher (ältestes erhaltenes: Sa’adja
Ga‛on, 10. Jh.)
-
Fragmente liturgischer Texte (u. a. Haggadot) aus der Geniza
(Ort zur religiös ordnungsgemäßen Ablage alter
Texte) von Kairo (ab 10. Jh.)u. a. „Ms. Greenstone“ (nach dem ersten Herausgeber) oder „Dropsie-Ms.“ nach dem Aufbewahrungsortdaneben weitere Manuskripte
•
weiteres Wachstum bis zur heutigen Gestalt-
Eindringen synagogaler
Lyrik
-
Zusätze aus Kreuzfahrer-
und Neuzeit
Dokumente und Belege zur Entstehung und Überlieferung der Pesachhaggada
70 n. Chr
Mischna
Talmudim
Gebetsordnungen
der Geonim
Genizafragm
ente
Liturgische Dichtung
1482 / 1512ff. Drucke der H
aggada
Buchm
alerei
Haggadaähnliche
Neuschöpfungen
Folie nach VO “Jüdische
Liturgie”
SS 2000 ©
Clemens Leonhard
2.1.2 Zur Liturgie des Sederabends
A)
Zum kulturellen Hintergrund:Das hellenistische Symposion
B)
Überblick über die GesamtstrukturC)
Kommentar zu ausgewählten Einzelelementen
D)
Jüdische und christliche LiturgieE)
Theologische Momente
A) Zum kulturellen Hintergrund: Das hellenistische Symposium
•
Speisesaal:-
Sofas mit Polstern zum Anlehnen (vgl. Mk
14,15par)
-
liegendes Essen = elitär, Kennzeichen des gehobenen Mahles (oder des Mahles gehobener Leute)
•
Abfolge: Vorspeise – Hauptspeise –
Nachspeise
-
Tische (= Tabletts) werden jeweils hinausgetragen
-
die Deutung aufgetragener Speisen ist üblich
•
Händewaschungen vor und nach dem Mahl
•
religiöse Dimension ist selbstverständlich-
allgemein: jeder Becher (gewöhnlich 3) wird einer Gottheit gewidmet (Gebet + Libation)
-
jüdischVor- und Nachtischgebet über Brot und (Segens-) Becheran Festtagen ferner Qiddusch(Berakha über den Festtag) über 1. Becher
-
v. a. im anschließenden eigentlichen Symposion Möglichkeit der Entfaltung
A) Zum kulturellen Hintergrund: Das hellenistische Symposium
•
das eigentliche Symposium folgt nach der Mahlzeit-
Trinkgelage
-
Nachtischunterhaltung; je nach Anlaß
und Trägerkreis fließender Übergang von
Dramen, GesangUnterhaltungDiskussionreligiöse Riten / Liturgie
-
in antiken Kultvereinen wird das Symposium zum Haftpunkt gruppenspezifischer Riten
•
Nachtischunterhaltung als ursprünglicher Rahmen der Haggada?
2.1.2 Zur Liturgie des Sederabends
A)
Zum kulturellen Hintergrund:Das hellenistische Symposion
B)
Überblick über die GesamtstrukturC)
Kommentar zu ausgewählten Einzelelementen
D)
Jüdische und christliche LiturgieE)
Theologische Momente
B) Überblick über die Gesamtstruktur
•
Beginn wie jedes jüdische Festmahl-
Wein-Berakha
-
Fest-Qiddusch
(1. Becher –
gehört zu
jedem Festmahl)•
Vorspeisen-
Dips
-
Brot mit Zuspeisenursprünglich weiter entfaltet? (vgl. mehrere Berakhot)Händewaschung selbstverständlich
•
danach Einschub der eigentlichen Haggada-
verbunden mit 2. Becher
-
ausgelöst durch Frage des Sohnes
-
Struktur: „von der Schande zum Ruhm“
-
Inhalt: Auslegung von Dtn
26,5ff
-
Kommentar zu Pesach
– Mazza
–
Maror
-
Überleitung zum Lob•
Hallel
1. Teil (Ps
113f)
B) Überblick über die Gesamtstruktur
•
anamnetische
Riten-
Mazzot
+ Maror
-
Hillel-Sandwich
als „Erinnerung an den Tempel“
•
eigentliches Festmahl-
beginnt mit Brothandlung (seit dem Mittelalter symbolisch gedeutet)
-
endet mit dem generell üblichen Nachtischgebet
verbunden mit (3.) Becher4 Benediktionenfestspezifisch erweitert
•
Hallel
2. Teil (Ps
115-118, später + Ps
136)
-
mit Berakha
über das Lied-
verbunden mit (4.) Becher
•
weitere Lieder, darunter Nacht-Hymnus des Jannaj
Pesachhaggada: Hauptetappen der Entwicklung
Zusätze d. Juden Frankreichs/Deutschlands im MA: messian. Zus. n. d. Mahl (teilw. Reaktion 1. Kreuzzug)
Mahl
Tischgespräch
Mahl
Seder Mahl
Seder
Mahl
Seder
1 2 3
Erste Textfixierungen
Interpretationsfilter in der Buchmalerei
marginale Zusätze zu den ersten Drucken
(Lieder am Ende)
Folie nach VO “Jüdische
Liturgie”
SS 2000 ©
Clemens Leonhard
Das Problem des „Afiqomin“•
mPes
10,8 bereitet
syntaktische und semantische Probleme-
die genaue Bedeutung von אפיקומ י ן ist unklar
-
worauf bezieht sich die Negation (auf das Entlassen oder auf Afiqomin)?
•
klar ist ein etymologischer und wohl auch sachlicher Bezug zum griechischen ἐπικώμιον-
festlicher Gesang oder
-
Umzug im Anschluß
an ein Symposion
•
spätere rabbinische Quellen erklären verschieden-
bestimmte Nachspeise
-
fröhliche Lieder-
Umzüge
•
seit dem Mittelalter: ein Stück der ersten Mazza, das aufgehoben und als letztes gegessen wird
C) Kommentar zu ausgewählten Einzelelementen
•
„Dies ist das Brot des Elends …“-
Deutewort
über die Mazza
Mazza selbst (ohne Deutewort) in der Mischna Teil der Vorspeisein den ältesten Haggadot nicht eigens erwähntim Mittelalter symbolisch beladen (als „Afiqoman“)
-
spätes Elementfehlt in den ältesten Haggadoterst im Mittelalter hinzugefügtTextwachstum läßt sich in Handschriften verfolgen
zuerst: „dieses Jahr hier …“dann: Einladung an die Bedürftigenzuletzt: „Das ist das Brot des Elends …“
sicher kein Hintergrund für das Brotwort Jesu beim Letzten Abendmahl
C) Kommentar zu ausgewählten Einzelelementen
•
„Wodurch unterscheidet sich diese Nacht …?“-
Fragen als Auslöser der Haggada
-
Ex 12,26: „Wenn euch eure Söhne fragen: ,Was (soll) euch dieser (Gottes-) Dienst?‘
…“
-
Haggada
= Aktualisierung des ExodusStruktur: „von der Schande zum Ruhm“Kerntext: Dtn 26,5fferweitert durch Midraschimmer umfangreichere Reflexion über die Plagenweitergeführt im „Dayenu“
-
entscheidend ist nicht der Ritus, sondern die Intention(vgl. bPes
115b)
D) Jüdische und christliche Liturgie
•
Die Pesachhaggada
kann nicht als Hintergrund für die Interpretation der Abendmahlsberichte herangezogen werden
•
Neben dem Rückgriff auf gemeinsame Wurzeln ist in der späteren Liturgiegeschichte mit Beeinflussung in beide Richtungen zu rechnen
•
mögliche jüdische Reaktion auf christliche Liturgie und Theologie:-
„Ha Lachma“
–
Reaktion auf
Eucharistie?-
Dtn
26,5ff als Grundtext –
wegen christlicher Vereinnahmung von Ex 12?
-
„nicht durch einen Engel … nicht durch das Wort [in alten
Mss., später entfallen]“
etc. – gegen Mittlerschaft
Christi?
-
„Dayenu“
(erstmals bei Saadja) –
als Reaktion auf
Vorwürfe der Undankbarkeit (ab 2. Jh. [Melito
etc.])?
E) Theologische Momente•
Exodus-Anamnese-
Vergegenwärtigung (vgl. mPes
10,5b [sekundär]: „In
jeder Generation …“)-
Grundstruktur: „von –
zu“
-
verbal: Kern der Haggada: „Kleines Historisches Credo“
(Dtn
26,5ff)-
non-verbal: „Pesach
[nach 70
nicht mehr möglich] –
Maror –
Mazza“
(Gamliel)
•
daraus erwachsend: Lob und Dank (Hallel)-
(vgl. schon Philo: Gedächtnis und Dank als Gegenstand des Pascha)
•
offen für Erwartung neuer Befreiung (auch eschatologisch)
Überleitung: Der Pijjut des Jannaj
•
Einleitungsfragen-
7. Jh.
-
ursprünglich synagogale Poesie
-
erst im Mittelalter in die babylonische Rezension der Haggada
übernommen
•
Inhalt-
exegetische Assoziation von nächtlichen Heilsereignissen
-
Kumulation von Inhaltenvon Abrahambis zur messianischen Zeitfreilich nicht abhängig von der Erweiterung des Targums zu Ex 12,42
2.2.2 Der palästinische Targum zu Ex 12,42: Akkumulation von Feierinhalten?
2.2.2.1 Einleitungsfragen2.2.2.2 Lektüre und Kurzkommentar
Targum-Fragment
zu Ex 12,42 aus der Kairoer Geniza
Einleitungsfragen: Targume•
Targume: aramäische Bibelübersetzungen-
schon in Qumran
belegt (Ijob, Lev)
-
spätantiker Sitz im Leben: synagogale
Praxis?-
Datierung der erhaltenen Targume
umstritten
von „vorchristlich“bis „spätmittelalterlich“Das Alter bestimmter Überlieferungen ist im einzelnen zu diskutieren (weitere Belege der jeweiligen Traditionen)
•
v. a. bei schwierigen oder unverständlichen Stellen: Übersetzungen transportieren Theologie
•
zum Pentateuch 2 Traditionsstränge-
palästinisch: mehrfach bezeugt
Ms. Neofiti (Vatikan; geschrieben 1504)Fragmententargum (Fragmente aus der Geniza von Kairo)Targum Pseudo-Jonatan (späte Verarbeitung älterer Targume)
-
babylonisch: Targum
Onkelos
Targume zu Ex 12,42
•
Ex 12,42 (EÜ: „Eine Nacht des Wachens war es für den Herrn, als er sie aus Ägypten herausführte):- ליל שמורים = Hapaxlegomenon-
bedarf der Erklärung
•
Targum
Onkelos
übersetzt ohne weiteren Zusatz•
Palästinische Zeugen kennen einen Zusatz-
Der Text von Neofiti
wird im wesentlichen von einem
Geniza-Fragment
bestätigt-
Ps-Jonatan
ist vermutlich eine sekundäre Kürzung
Akkumulation von Inhalten?•
Einzelne Motive werden z. T. schon relativ früh kombiniert-
Pesach
+ Schöpfung:
Philofür Rabbinen von Anfang an selbstverständlich
-
Pesach
+ Aqeda:terminlich in Jub 49exegetisch in Mekhilta (Midrasch zu Ex; 3. Jh.?)in der Targumerweiterung nur indirekt
-
Pesach
und Wiederkunft ist erst spät bezeugtZitat bei Hieronymusspätes Zitat eines „Hebräerevangeliums“
•
Kombination aller 4 Motive: sonst nicht früh belegt•
Das Alter des Targums
muß
offenbleiben
•
Frappant bleiben Berührungen mit dem Grundbestand an Lesungen der Paschavigil
2.3 Osterfeier und -theologie in den ersten drei Jahrhunderten
2.3.1 Direkte und indirekte Quellen zur ältesten christlichen Paschafeier
2.3.2 Die ältesten Quellen christlicher Paschatheologie
Passionssarkophag (Rom, 4. Jh.?)
2.3.1 Direkte und indirekte Quellen zur ältesten christlichen Paschafeier
2.3.1.1 Der Osterfeststreit
2.3.1.2 Die Epistula
Apostolorum
2.3.1.3 Die syrische Didaskalie
Osterfeststreit: Ausgangslage•
Das jüdische Pesach wird am 14. Nisan
begangen –
unabhängig vom Wochentag (abgesehen vom Qumran-
Kalender, wo der 14. Nisan immer auf einen Dienstag
fällt)-
Problem 1: abhängig von Mondbeobachtung und von Frühjahrsäquinox
-
Problem 2: Mitteilung des Termins in die Diaspora
•
Einige Kirchen feierten das Pascha bis ins 4. Jh. zum selben Termin wie die Juden (14. Nisan, unabhängig vom Wochentag): quartodezimanisches Pascha (
Osterfeststreit: Hauptetappen•
Anfangs brachte das Nebeneinander von quartodezimanischer
und dominikaler
Praxis keinen
Streit –
man lebte in versöhnter Verschiedenheit•
Gegen Ende des 2. Jhs. unternahm die römische Kirche unter Bischof Viktor (189?–198?) erstmals den Versuch, quartodezimanischen
Kirchen mit
disziplinären Maßnahmen die dominikale
Praxis aufzuzwingen –
ohne nachhaltigen Erfolg
•
Die divergente Osterpraxis war schließlich ein Anlaß für die Einberufung des Konzils von Nicaea
(325)
•
Die Durchsetzung der dominikalen
Praxis dauerte danach freilich noch Jahrzehnte, in manchen Kirchen (z.B. Irland) Jahrhunderte
Osterfeststreit: Quellen•
Eusebius von Caesarea
(264/65–um 340)
-
berichtet in seiner Kirchengeschichte aus der dominikalen Perspektive vom über 1 Jh. früheren Geschehen
-
verarbeitet zugleich historische Dokumente-
daraus resultiert eine komplexe literarische Komposition –
divergierende Tendenzen und Parteilichkeiten •
spätere Quellen (Kirchenhistoriker, Theologen)-
haben kaum weiteres historisches Material verarbeitet
-
belegen bleibende Aktualität des Themas-
dokumentieren spätere theologische Tendenzen
•
Zitate und Exzerpte ältester Schriften (2. Jh.) in sehr späten Quellen (z. B. Chronikon
Paschale, 7. Jh.) sind
problematisch
Osterfeststreit: Die Streitfrage nach Eusebius
•
Die Kirche von Kleinasien verteidigt im 2. Jh. ihren Brauch, „aus ältester Überlieferung den 14. Tag des Mondes zum Fest des erlösenden Pascha zu beobachten, an welchem den Juden geboten war, das Schaf zu opfern …“
und
unabhängig vom Wochentag „an diesem (Tag) das Brechen der Fasten zu begehen.“
•
Die „anderen Kirchen auf dem ganzen Erdkreis“
halten „aus apostolischer Überlieferung den bis heute gültigen Brauch, daß
die
Fasten an keinem anderen Tag als dem der Auferstehung unseres Erlösers gebrochen werden dürften.“
Osterfeststreit: Die Streitfrage nach Eusebius
• Die Kirche von Kleinasien verteidigt im 2. Jh. ihren Brauch, „aus ältester Überlieferung den 14. Tag des Mondes zum Fest des erlösenden Pascha zu beobachten, an welchem den Juden geboten war, das Schaf zu opfern …“ und unabhängig vom Wochentag „an diesem (Tag) das Brechen der Fasten zu begehen.“
• Die „anderen Kirchen auf dem ganzen Erdkreis“ halten „aus apostolischer Überlieferung den bis heute gültigen Brauch, daß die Fasten an keinem anderen Tag als dem der Auferstehung unseres Erlösers gebrochen werden dürften.“
Osterfeststreit: Ansprüche
• Nach Synodalbriefen des späten 2. Jh.s sei es „kirchliche Auffassung (ἐκκλησιαστικὸν
δόγμα), daß das Mysterium der Auferstehung des Herrn von den Toten an keinem anderen als dem Herrentag gefeiert werden darf, und nur an diesem allein dürfen wir das Brechen des Paschafastens beobachten.“ – Zusammenhang von Auferstehung und Herrentag
Osterfeststreit: Ansprüche
• Die kleinasiatischen Kirchen- führen ihre quartodezimanische Praxis auf die
Apostel zurück- belegen dies u. a. mit der Sukzession
Johannes/Ephesus – Polykarp/Smyrna• Die römische und andere Kirchen (z. B.
Palästina)- erheben für ihre dominikale Praxis ebenfalls den
Anspruch apostolischer Überlieferung- bringen dafür aber keine Belege
Osterfeststreit: Historische Rückfrage
• Unter Anicet von Rom (zwischen 150 und 167) und Polykarp von Smyrna wurde in Rom die quartodezimanische Paschapraxis der kleinasiatischen Kirchen „nicht gehalten“
• Die Tradition dieses „Nichthaltens“ konnte in Rom über mehrere Generationen bis Xystus (Anfang des 2. Jhs.) zurückverfolgt werden
• Die divergente Praxis war aber bis Soter (166–174?) ausdrücklich kein Hindernis der Glaubenseinheit und der eucharistischen Gemeinschaft
Ostefeststreit: Offene Probleme• Was wird nach Irenäus in Kleinasien, nicht aber in
Rom „gehalten“?- der quartodezimanische Termin,- das Fasten, oder vielleicht überhaupt- das Fest als solches?
• Worin besteht der Unterschied zwischen quartodezimanischer und dominikaler Praxis?- nur im Termin, oder- auch in der Konzeption?
hier passionszentriertes Pascha – dort Ostern als Auferstehungsfest?erhaltene Quellen: kein unterschiedlicher theologischer Gehalt
beide Traditionen feiern das Christusmysterium als ganzes (Leiden –Tod – Auferstehung)eingebettet in die gesamte Heilsgeschichte (Schöpfung – Vollendung)
Osterfeststreit: Offene Probleme• Wo und wann ist der Ursprung des dominikalen Pascha zu
suchen?- ein ganz ursprüngliches (=apostolisches) Auferstehungsfest?
keine Belegedas dominikale Pascha ist kein reines Auferstehungsfest
- unabhängig vom quartodezimanischen Pascha Extrapolierung des Herrentags als wöchentlichen Auferstehungsgedächtnisses auf einen jährlichen „großen Herrentag“? – nicht beweisbar
- Verschiebung einer quartodezimanischen Paschafeier auf den folgenden Sonntag in heidenchristlichem Kontext
in der nach dem Ende des Bar Kochba-Aufstandes 135 nur mehr rein heidenchristlichen Gemeinde von Jerusalem (?)in Rom spätestens unter Soter (vgl. Irenäus) nach 165
vorher in Rom quartodezimanische Praxis (14. wird „nicht gehalten“)?oder vielleicht überhaupt kein Jahrespascha? (Pascha als solches wird „nicht gehalten“)
Osterfeststreit: Zwischenbilanz• Die quartodezimanische Praxis (Fasten am 14. Nisan,
anschließend Fastenbrechen) darf wohl als eine ursprüngliche Gestalt der christlichen Paschafeier gelten
• Ursprung und Geschichte der dominikalen Praxis muß offenbleiben- Gleichursprünglichkeit mit der quartodezimanischen Praxis
ist unwahrscheinlich- wahrscheinlicher ist eine Entstehung im 2. Jh.
als Verschiebung der quartodezimanischen Feier in der heidenchristlichen Kirche von Jerusalem?in Rom spätestens unter Soter (166–174?) übernommen –möglicherweise davor dort überhaupt kein Jahrespascha
Osterfeststreit: Die gewandelte Frage im 4. Jahrhundert
• 2. Jh.: Verhältnis Pascha – Herrentag als theologisches Problem- Im von Eusebius dokumentieren
Osterfeststreit spielt Antijudaismus keine Rolle bei der Argumentation für den dominikalen Paschatermin
- Hippolyt, Widerlegung aller Häresien (3. Jh.) problematisiert freilich das literalistische Gesetzesverständnis der Quartodezimaner
• 4. Jh: In der „reichskirchlichen Zeit“ zwei vergleichsweise neue Probleme1) disziplinäres Problem von
Vielfalt und Uneinigkeit2) verschärfte Opposition zu den
Juden Problem: nicht mehr die quartodezimanische Feier als solche, sondern die generelle Abhängigkeit des christlichen Pascha vom jüdischengilt indirekt auch für das dominikale Pascha
Die Anfänge christlicher Terminberechnung
• Sowohl das quartodezimanische als auch das dominikale Pascha waren direkt oder indirekt abhängig vom jüdischen Pesachtermin
• Seit dem 3. Jh. existieren eigenständige christliche Systeme für die Berechnung des Ostertermins- Hippolyt von Rom (1. Hälfte 3. Jh.)- Ps-Cyprian (Mitte 3. Jh.)- Anatolius von Laodicäa (Ende 3. Jh.)
• Allgemein durchgesetzt hat sich erst die Berechnung des Dionysius Exiguus (6. Jh.)
2.3.1.2 Die Epistula Apostolorum
A) EinleitungsfragenB) Überblick, Lektüre und Kommentar
C) Auswertung
A) Einleitungsfragen• apokryphe Schrift• stilisiert als Brief der
Apostel, in dem die Gespräche Jesu mit ihnen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt aufgezeichnet sind
• 2. Hälfte 2. Jh.• Lokalisierung umstritten
- Ägypten?- Syrien?- Kleinasien?
• Überlieferung- griechisches Original
verloren- erhalten: Übersetzungen
äthiopisch: vollständigkoptisch: weite Teilelateinische Fragmente
B) Überblick
• EpAp 15 (26) setzt Apg 12 voraus- „man wird einen von euch … in das Gefängnis werfen“- währenddessen: Paschafeier der übrigen Jünger- Herausführung, „um mit euch zu wachen und zu ruhen
[äthiop.] / eine Nacht des Wachens (Ex 12,42) zuzubringen [kopt.]“
- Beschreibung dieser Paschafeier- danach Rückkehr ins Gefängnis
• EpAp 16 (27)f: Parusieankündigung und Rückfrage nach dem Zeitpunkt
B) Überblick
• Textstruktur: 3 Ebenen des Textes:- narrative Ebene: Weiterführung von Apg 12- liturgische Ebene: dahinter liturgische Praxis einer
frühchristlichen Paschafeier – die älteste erhaltene Beschreibung einer christlichen Paschafeier
- metaliturgische Ebene: Frage nach Notwendigkeit und Bedeutung der christlichen Paschafeier
C) Auswertung• Die Paschafeier der Christen besteht aus einer
einzigen Nacht mit 2 Phasen- Nachtwache („wachen und ruhen“ / „Nacht des Wachens“)
– Gedächtnis des Todes Jesu (Typologie, nicht exklusiv!)- Umschwung gegen Morgen („beim Hahnenschrei“)- danach „Gedächtnis“ (= Eucharistie?) und „Agape“
• Die Paschafeier der Christen ist eine interimistische Institution- zwischen dem einmaligen „Trinken“ durch Christus
Bezug auf Abendmahlskelch (Mk 14,23parr // 1 Kor 11,25f)?Passionsmetaphorik (Mk 10,38–40par)
- und der Parusie Christi
C) Auswertung
• Pascha und Parusieerwartung- christliche Paschafeier (nur) „bis daß ich komme“ – breit
ausgeführt, aber nicht explizit „am Pascha“- Rückfrage nach dem Termin bleibt unklar
„wenn das 150. Jahr vollendet ist“ – Hinweis auf Datierung der Schrift vor 180 und auf intakte Naherwartung?„zwischen Pentekoste und Pascha [äthiop.] / dem Fest von Mazzot[kopt.] wird stattfinden die Ankunft meines Vaters“ – in der Pentekoste oder eben gerade nicht?!
• Gleichsetzung von „Pascha“ (äthiop.) und „Mazzot“ (kopt.) – ein vager Hinweis auf quartodezimanischen Termin?
C) Auswertung
• Gehalt der Paschafeier- neben dem anamnetischen Inhalt (Gedächtnis des
Todes Jesu) und dem- Bezug zur Parusieerwartung- erweist die narrative Gestaltung des Textes das
Pascha als Kristallisationskern von konkreter Befreiungserfahrung und Befreiungshoffnung
Befreiungstoposaber: unter Vorbehalt (narrativ: Rückführung ins Gefängnis)
2.3.1.3 Die syrische Didaskalie
A) EinleitungsfragenB) Überblick, Lektüre und Kommentar
C) Zusammenfassung
A) Einleitungsfragen• pseudapostolische
Kirchenordnung- Fiktion apostolischer
Verfasserschaft- ethisches, disziplinäres und
liturgisches Material (z. T. ältere Traditionen)
- c. 21: über das Pascha
• Entstehungszeit und -ort- Syrien- Grundstock: 3. Jh.- lebende Literatur –
Überarbeitungen und Ergänzungen
• Überlieferung- ursprünglich griechisch
bis auf Fragmente verlorenüberarbeitet in Buch 1-6 der Apostolischen Konstitutionen
- etwa 2/5 in lateinischer Übersetzung des 4./5. Jhs. (Verona-Palimpsest) – umfaßt nicht cap. 21
- vollständig nur in syrischer Übersetzung
4. Jh. oder später?in manchen Teilen mehrere Rezensionen
A) Einleitungsfragen
• Kirchenordnungen als „lebende Literatur“ – Konsequenzen- Deskription und Präskription: Spannung zwischen
normativer Idealvorstellung und Beschreibung tatsächlicher Praxis
- offene Datierung: Übersetzungen und Überarbeitungen tradieren nicht nur, sondern spiegeln die Anpassung an gewandelte Umstände
- divergente Überlieferungen als Niederschlag verschiedener Textschichten
B) Lektüre und Kommentar
• In Didasc 21 sind verschiedene Überlieferungsstränge komplex verwoben
• Entwirrung nach Gerard Rouwhorst- Methode: Beachtung der zwei handschriftlich bezeugten
Rezensionen („Typ A“ :: „Typ B“)keine Pauschalentscheidung über Priorität eines ÜberlieferungsstrangesDatierung der Stücke ist je im Einzelfall zu prüfen
- Ergebnis: literarkritische Scheidungmehrere Grundschichtensekundäre Ergänzungen
B) Lektüre und Kommentar• Abschnitt I
- verschiedene Anweisungen an die Christen- gehören inhaltlich noch nicht zur Auseinandersetzung um
das Pascha• Abschnitt II
- Inhalt: Paschafasten + BegründungProblem: welche genau sind „die Tage des Pascha“?vereinzelte Lesart des Codex Harrisianus (Typ B): „in den Tagen des Fastens und des heiligen Pascha“
- 1. Motiv: vgl. Mk 2,18f parr- 2. Motiv: Bitten und Flehen „für die Verlorenen“- zusätzliche Begründung mit Beispiel der Jünger = Tendenz
der gesamten Kirchenordnung
B) Lektüre und Kommentar- danach: längerer Einschub der Rezension A
nicht am Materialblattwohl sekundäre Erweiterung – sehr spätes StadiumChronologie der PassionswocheFasten und Gottesdienst von Montag bis SamstagMotiv: Beten und Flehen für die Juden
- nochmals: PaschafastenA: „beginnen, wenn eure Brüder aus dem Volk das Pascha halten“
Paschafasten bewußt in Absetzung vom Pascha der Judeneindeutig quartodezimanischer Termin für Paschafasten
B: vermutlich sekundär gekürzt (wie auch sonst häufig im Codex Harrisianus)
B) Lektüre und Kommentar
• Abschnitt III: Neueinsatz- Passionschronologie
seltsamer Widerspruch zu den EvangelienVerlegung des jüdischen Pascha
- Absicht und Tendenz der Darlegung zeigen sich erst am Schluß: Begründung der christlichen Praxis
Fasten vom Montag anganze Woche wird als „Tage des Pascha“ definiertHalbfasten bis zum Donnerstag
B) Lektüre und Kommentar• Abschnitt IV: Freitag und Samstag deutlich vom
Vorhergehenden abgehoben- Ganzfasten- Versammlung (= Gottesdienst)- Wachen + Vigilfeier
Gebet und FlehenLesungen (Propheten, Evangelium, Psalmen)Furcht und Zitternbis zur 3. Nachtstunde
- Fastenbrechen- doppelte Begründung des Fastens
Passionum Vergebung für die Judenabschließend noch einmal betont: Passion am Freitag
B) Lektüre und Kommentar• Abschnitt V: Rezension A und B differieren
- Rezension B:Fasten am FreitagVigilfeier und Wachen am Freitag (Nacht auf Sa)
Lesungen (Schriften, Psalmen) + Gebet für die Sünder
- Rezension A:Fasten am Freitag und SamstagVigilfeier und Wachen am Samstag (Nacht auf So)
Lesungen (Schriften, Psalmen) + Gebet für die Sünderzusätzlich begründet mit Warten auf die Auferstehung
Fastenbrechen zur 3. Stunde nach dem SaOblation (= Eucharistie)Festmahl in Freude über die Auferstehungnochmals Begründung des Fastens: Kreuzigung + Grabesruhe
B) Lektüre und Kommentar
• Abschnitt V- längerer Exkurs über Schuldverstrickung der Juden
(nicht im Textauszug)- gemeinsamer Schluß:
Begründung des dominikalen Paschafastens („am Samstag des Pascha“) mit Trauer über die Judenanschließend Freude über die AuferstehungFastenbrechen
B) Lektüre und Kommentar• Abschnitt VI:
Paschatermin- klar quartodezimanisch
in eklatantem Widerspruch zum Vorausgehenden
- Unabhängigkeit vom Wochentag
- antijüdischer AkzentFasten während des jüdischen PaschaFastenbrechen an Mazzot
• Abschnitt VII: Sonntagsfeier- kein Fasten am Sonntag- außer am Pascha- Verhältnis zum übrigen
cap. 21:entweder: Begründung, warum am Pascha auch am Sonntag gefastet wirdoder: ursprünglich nur vom Sonntag die Rede und Ausnahmeregelung für das Pascha sekundär eingefügt
C) Zusammenfassung• Einblick in den sukzessiven Wandel einer
quartodezimanischen Paschafeier in eine dominikale- älteste Schicht (II; VI [–VII?]): quartodezimanisch
Fasten und Beten für die JudenFestfolge in konsequentem Gegenüber zum jüdischen Pascha – die christliche Feier als „Anti-Pascha“aber: kein unversöhnlicher Gegensatz, sondern Fasten und Beten für die Juden und in Trauer über sie
- Übergangsphase (III und VB):zwar schon Konzept einer ganzen Passionswoche, aber nochVigil von Fr auf Sa (ohne Erwähnung von Eucharistie und Mahl) –Haftpunkt ist die Passionschronologie der EvangelienFastenbrechen, Eucharistie und Agape in der Nacht von Sa auf Soarg tendenziöse, mitunter phantastische Argumentation zur Begründung der Änderung (nicht im Textauszug)
C) Zusammenfassung- jüngste Schicht (IV–VA): rein dominikales Pascha
Passionswoche mit Halbfasten, aber noch ohne besondere LiturgieAusdehnung des Paschafastens auf Freitag und SamstagPaschavigil auf die Nacht von Sa auf So verschobenintegriert alle Reste der alten quartodezimanischen Feierdanach: Fastenbrechen, Eucharistie und Agape
• zur Datierung- Abschluß der Entwicklung: spätestens Ende des 4. Jhs.
(Verarbeitung von Didasc. 21 in den Apostolischen Konstitutionen rein dominikal)
- Beginn der Durchsetzung der dominikalen Paschapraxis nach dem Konzil von Nicäa (325)
- davor (3. Jh.): quartodezimanisches Pascha
C) Zusammenfassung• nach Epistula Apostolorum älteste erhaltene Beschreibung einer
christlichen Paschavigil- 2 Phasen: Trauerphase – Freudenphase; Umschwung zur 3. Nachtstunde- Trauerphase
NachtwacheFastenLesungen aus allen Teilen der Schrift (AT+NT)Gebet und FlehenMotiv: Trauer über Passion und Fürbitte für die Juden; Erwartung der Auferstehung
- Freudenphase (nur in der dominikalen Schicht erwähnt)FastenbrechenMotiv: Freude über die Auferstehung Christi – zugleich soteriologischverstanden: „Angeld unserer Auferstehung“EucharistiefeierFestmahl (mit sozialer Dimension)
C) Zusammenfassung
• erstmals Ansätze der Entfaltung einer Passionswoche- Passionschronologie rein literarisch entfaltet- noch nicht in unhabhängigen liturgischen Feiern- zentraler Vollzug: Fasten
Grundsymbol der Trauerphase der Paschavigilgestuft nach vorne verlängert (vgl. schon Irenäus-Brief)
- zentrale (und einzige) Feier bleibt aber die Paschavigil mit ihren 2 Phasen
2.3.2 Die ältesten Quellen christlicher Paschatheologie
2.3.2.1 Melito von Sardes2.3.2.2 Origenes
2.3.2.3 Zusammenfassung im Licht weiterer Quellen
Rom, Via Latina-KatakombeMeeresdurchzug (4. Jh.?)
Vorbemerkung: Quellenlage
• erhaltene Quellen- Melito von Sardes (Mitte 2. Jh.; s. u. 2.3.2.1):
Homilie- (Pseudo-) Hippolyt
Lebensdaten und literarische Identität unklarein oder mehrere Autoren?wirkte Anfang des 3. Jahrhunderts?Rom?griechischer Osten?
verfaßte eine Schrift über das Pascha,deren ursprünglicher Text verloren ist,deren Material aber in eine zweiteilige Homilie des späten 4. Jahrhunderts eingegangen ist
Vorbemerkung: Quellenlage
- Origenes (1. Hälfte 3. Jh.; s. u. 2.3.2.2): Traktat- Weitere Traktate und Homilien der Frühzeit sind
zwar bezeugt, aber nur in spärlichen Fragmenten überliefert
- Die ältesten Schriften, die sich explizit mit dem Pascha befassen, stammen allesamt aus dem griechischen Osten des römischen Reiches
• erst ab dem 4. Jh. fließen die Quellen breiter
Vorbemerkung: Quellenlage
(1) Griechische Quellena) alexandrinische
TraditionOsterfestbriefeHomilien
b) syrisch-palästinischer Raum
c) Kappadokiend) …
(2) Syrische Quellen...
(3) Lateinische Quellena) norditalische Autorenb) afrikanische Autorenc) spanische Autorend) gallische Autorene) …
2.3.2.1 Melito von Sardes
A)
Einleitungsfragen und ÜberblickB)
Kursorische Lektüre und Kommentar
C)
Zusammenfassende Evaluation
A) Einleitungsfragen•
Melito
von Sardes
(nach Angaben des Eusebius)
-
erster bekannter Palästinapilger (h. e. 4, 26, 13)um sich über den alttestamentlichen Kanon zu erkundigenaber auch „an den Schauplatz der Verkündigung und der Taten gekommen“
-
lebte unter Mark Aurel (161–180)-
von der 17 Titel umfassenden Werkliste des Eusebius sind außer der Paschahomilie
nur spärliche Zitate erhalten
-
der Brief des Polykrates
von Ephesos an Victor von Rom (nach 189) erwähnt Melito
(h.e. 5, 24, 5)
bereits verstorbener eheloser Bischof von Sardesprominenter Vertreter der quartodezimanischen Praxis
A) Einleitungsfragen•
Paschahomilie-
Überlieferung
2 griechische Papyri des 4. Jhs.orientalische Übersetzungen (koptisch, georgisch etc.)weitere Fragmente
-
Gattung: HomilieBezugnahme auf vorausgehende Lesungdirekte Anrede der Hörerdramatische Elementedoxologischer Schlußaber: keine paränetischenElemente
-
Gliederung:Eusebius: „2 Bücher“überlieferter Text:
zwar 4 Doxologienaber 2 Hauptteile inhaltlich und z. T. auch in der Überlieferung unterschieden
Aufbau:PP 1–45: formal eine Auslegung von Ex 12PP 46–105: systematische Erörterung
-
Stil: hochrhetorische Kunstprosa –
Kennzeichen
der „asianischen
Rhetorik“
§ 1–10: Lesung des hebräischen Exodus und Erschließung des Mysteriums
•
„die Schrift des hebräischen Exodus wurde vorgelesen“
(ἡ
μὲν
γραφὴ
τῆς
ἑβραϊκῆς
ἐξόδου
ἀνέγνωσται)-
hebräische Lesung? –
wohl kaum
-
Verlesung der Exodus-Perikope? –
Ex 14 spielt nur eine marginale Rolle
-
eher: Verlesung der Schrift aus dem Buch Exodus der Hebräer (= Juden)
•
Begriff „Paschamysterium“
ermöglicht eine umfassende Gesamtschau-
Typologie als formal-methodisches Prinzip
-
Christologie
als inhaltliche Mitte der Erklärung-
biblischer Anknüpfungspunkt: Identifikation Christi mit dem Pascha(lamm) 1 Kor 5,7; Joh
19
§ 11–45: Auslegung von Ex 12 im Lichte des Pascha Christi
•
biblische Grundlegung (§
12–15)-
das alttestamentliche Geschehen (Schlachtung des Pascha und Tötung der Erstgeburt) als „Vollzug des Paschamysteriums“
(§
16)
-
relativ schlichte Paraphrase des Pesachgesetzes-
breite und dramatische Ausgestaltung der Schilderung der zehnten Plage
-
demgegenüber: Rettung Israels•
christologische
Erklärung der Rettung Israels
(§
31–33)
§ 11–45: Auslegung von Ex 12 im Lichte des Pascha Christi
•
hermeneutische Reflexion und Vertiefung: Erklärung der Typologie als Modell und Wirklichkeit (§
34–38)
-
§
35 kanonische Heilsgeschichte („was erzählt und geschehen ist“) als Gleichnis (παραβολή) und Vorausplan (προκέντημα)
-
§
36–38 Analogie: Modell und Werkstück des Handwerkers:
das Modell ist wertvoll,aber die Wirklichkeit macht das Modell wertlos
•
Anwendung auf das AT (§
39–45)-
Volk (= Hebräer) –
Kirche
-
Gesetz –
Evangelium-
Pascha –
Christusereignis
-
Tempel –
Christus-
unteres Jerusalem –
himmlisches Jerusalem
§ 46: „Was ist das Pascha?“
•
die Struktur (κατασκευή) des Mysteriums-
Ausgangspunkt: (rhetorische) Frage „Was ist das Pascha?“
-
philologische Erklärung: erster Beleg für die Volksetymologie πάσχα
< πάθος
-
Subjekt des Leidens:der Mensch als Leidender – umfassender soteriologischer HorizontChristus als „Mitleidender mit dem Leidenden“ –christozentrische Betrachtungumfassende Schau: Menschwerdung als „Annahme des Leidenden“ mit dem Ziel seiner Erhöhung
§ 47–65: Der leidende Mensch und der mitleidende Christus
•
ausführliche Schilderung der conditio humana-
Schöpfung (ausdrücklich: „durch den Logos“)
-
Sündenfall-
Folge der Sünde: Tod
-
§
56: „Aus diesem Grund also wurde das Paschamysterium im Leib des Herrn vollendet.“
•
Christus als das Paschamysterium in Person-
vorausgebildet durch alttestamentliche Typoi(Abel –
Isaak –
Joseph –
Mose
–
David –
Propheten –
Paschalamm)-
verkündet durch alttestamentliche Prophetien(Mose
–
David [Psalmen] –
Jeremia –
Jesaja)
§ 66–71: Erlösungswerk Christi
•
Struktur „von-zu“
(§
68):-
„Dieser ist es, der uns errettete
von Knechtschaft zu Freiheitaus Dunkelheit zu Lichtaus Tod zu Lebenaus Gewaltherrschaft zu ewigem Reich …“
-
indirekt Pascha als transitus?-
vgl. mPes
10,5 / Pesachhaggada?
§ 72–99 Tadelrede gegen Israel
•
pauschaler Vorwurf der Ermordung Christi durch Israel-
aus Undankbarkeit gegenüber den Wohltaten Jesu
-
in Nichtanerkennung seiner Gottheit und seines Wirkens in Schöpfung und atl. Heilsgeschichte
-
in Gegenüberstellung von Passion Christi und Fest der Juden (§
80: keine zeitgenössische Schilderung!)
-
Konsequenz: Ungesäuertes Brot und Bitterkräuter als Symbol der Bitterkeit der Passion für Israel (§
93)
-
Gipfel: Vorwurf des Gottesmordes „inmitten Jerusalems“ (§
93 und 96; vgl. Ps
116,19)
-
deswegen: Strafe und Vernichtung Israels (§
99)in polemischer Abwandlung der typologischen Methode:Israel rückt in die Rolle des geschlagenen Ägypten einimplizit Römer als Verderber (Zerstörung Jerusalems)
§ 100–105: Triumph und Erhöhung
•
umfassender Ausblick auf das Christusereignis-
Leiden –
Hadesfahrt –
Erhöhung
-
in universal-soteriologischer
Bedeutung-
christozentrisch
-
im Horizont der ganzen Heilsgeschichtevon der Schöpfungbis zur universalen Erlösung
C) Zusammenfassende Evaluation
•
Rückschlüsse auf die quartodezimanische
Paschafeier im Sardes
des späten 2. Jhs.?
-
Lesung von Ex 12 (–14?) mit anschließender Auslegung-
sonst keine eindeutigen Hinweise auf die Feiergestalt
Evangelienlesung nicht vorausgesetzttrotz tauftheologischer Elemente kein Zeugnis über Vollzug der Taufe in der Paschavigilweder Abendmahl noch Eucharistiefeier erwähnt
-
offensichtlich keine exklusiv quartodezimanischen
Inhalte –
spätere Überlieferung v. a. in dominikalen
Kontexten
(Ägypten ab 4. Jh.)
C) Zusammenfassende Evaluation
•
umfassende Gesamtschau des Paschamysteriums-
ganzes Christusereignis als dynamische Einheit von Leiden, Tod und Auferstehung/Erhöhung
-
im Horizont der gesamten Heilsgeschichteausgehend von Schöpfung und SündenfallZiel: Erhöhung des Menschen durch und mit Christus
-
vor dem Hintergrund einer elaborierten bibelhermeneutischen Theorie
TypologieKategorie des μυστήριον
C) Zusammenfassende Evaluation•
Melito
und die Pesachhaggada
-
auslösende Frage: „Was ist das Pascha“
(§
46)-
Grundstruktur: „von der Schande (Leiden, Sünde) zum Ruhm (Erhöhung)“
(vgl. schon §
46)
-
PP 46–105 enthält Bezüge zu allen in mPes
10,4 erwähnten Elementen: Pesach
–
Bitterkräuter –
Mazza
-
PP 68 zeigt wörtliche Berührungen mit mPes
10,5-
PP 66 „Dieser ist der Kommende (ἀφικόμενος)“
-