Prof. Dr. Günter Daniel Rey
Professur Psychologie digitaler LernmedienInstitut für Medienforschung Philosophische Fakultät
Lehren und Lernen mit Medien II
Eye-Tracking
223. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Einführung• Arten von Eye-Trackern• Auswertung von Eye-Tracking-Daten• Signalisierungseffekt• Signalisierungsarten• Split-Attention Effekt• Vorübungseffekt• Eye-Tracking: Bewertung
Überblick
323. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Eye-Tracking als Aufzeichnung von Blickbewegungen einer Person mittels technischer Hilfsmittel
• „Eye-mind assumption“ (Just & Carpenter, 1980)
• Arten von Blickbewegungen• Fixationen: Bestimmter Punkt
im Raum (Fixationspunkt) wird mit dem Blick fokussiert
• Sakkaden: Sprung von einer Fixation zur nächsten („Blickwechsel“)
Einführung (z. B. Rey, 2009)
Quelle: SMI
523. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Beispiel: Blickbewegungen in Abhängigkeit der Aufgabenstellung
Eye-Tracking (Yarbus, Haigh, & Rigss, 1967)
Quelle: Wikipedia
623. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Aufzeichnungsgeräte• Überkopfsysteme• Ferngesteuerte Systeme
• Aufzeichnungsverfahren• Retinal-Nachbilder• Elektrookulogramme• Kontaktlinsenmethode• Search coil• Cornea Reflex Methode
Arten von Eye-Trackern (z. B. Rey, 2009)
Quelle: SMI
723. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Ausrichtung eines schwachen Infrarot-Lichtstrahls auf das Auge und anschließende Kalibrierung
• Videoaufzeichnung der Augen, insbesondere des Reflexpunktes des infraroten Lichtes auf der Hornhaut (Cornealer Reflex)
Cornea Reflex Methode (z. B. Rey, 2009)
www.uxmatters.com/MT/archives/000040.php
823. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Rohdaten, aggregierte Werte und graphische Aufbereitung• Gaze plots und gaze spots
Auswertung von Eye-Tracking-Daten (z. B. Rey, 2009)
Gaze spotsGaze plots
Quelle: http://www.mrmediatraining.com/2012/10/24/three-ways-to-control-the-audience-with-your-eyes
923. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Auftreten tieferer Verständnisprozesse beim multimedialen Lernen, wenn Hinweiszeichen die Lerneraufmerksamkeit auf relevante Infos lenken oder die Organisationsstruktur des Kerninhaltes hervorheben
• Beispiele: Unterstreichungen, Fettdruck oder farbliche Hervorhebungen von Texten
• Beispiel für Signalisierungen in einem Schaubild
Signalisierungseffekt (z. B. Mayer & Fiorella, 2014; van Gog, 2014)
Quelle: Angelehnt an Mayer (2014)
Wörter
Bilder
Ohren
Augen
Töne
Bilder
Verbales Modell
Bildhaftes Modell
Vorwissen
Auswahl von
Wörtern
Auswahl von
Bildern
Integration
Organisa-tion von Wörtern
Organisa-tion von Bildern
1023. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• N = 32; 69% ♀; Ø 22.4 Jahre (SD = 2.1)
• Lernmaterial: CTML• Einfaktorielles,
zweifachgestuftes Design• Ohne Signalisierungen• Mit Signalisierungen
• Abhängige Variablen• Vier verschiedene
Lerntests• Blickbewegungen
Signalisierungseffekt (Jamet, 2014)
Quelle: Jamet (2014)
Ohne Signalisierungen
Mit Signalisierungen
1123. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
4,4
2,00
2
4
6
8
10
Ohne Signalisierungen Mit Signalisierungen
20,2
11,2
0
5
10
15
20
25
30
35
Ohne Signalisierungen Mit Signalisierungen
31,4
16,9
0
10
20
30
40
50
60
Ohne Signalisierungen Mit Signalisierungen
351,1382,3
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
Ohne Signalisierungen Mit Signalisierungen
• Ergebnisse der Blickbewegung-en
• Mittelwerte und Standardab-weichungen der Fixationszeiten für die vier Bild-schirmbereiche
Signalisierungseffekt (Jamet, 2014)
Inhaltsbereich
Fortschrittsbalken
Inhaltsverzeichnis
Leere Bildbereiche
p = .01; ηp² = .18
p = .01; ηp² = .19
p = .008; ηp² = .21
p = .05; ηp² = .12
1223. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
Rey.participoll.com
Welche Aussagen zur Studie von Jamet (2014) sind zutreffend? A: Mit Signalisierungen erzielen die Versuchs-
personen signifikant höhere Transferleistungen. B: Ohne Signalisierungen erreichen die Proban-
den signifikant niedrigere Behaltensleistungenbezüglich der nicht signalisierten Informationen.
C: Mit Signalisierungen erzielen die Versuchs-personen signifikant höhere Leistungen hinsichtlich der Diagrammvervollständigung.
Signalisierungseffekt
0A B C
1323. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Beispiel: Signalisierungsarten in einer Animation zur Funktionsweise eines Klaviers
Signalisierungsarten (Boucheix & Lowe, 2010, Exp. 1)
Quelle: www.youtube.com/watch?v=xr21z1CZ54I
1423. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• N = 57; 91% ♀; Ø 20.7 Jahre (SD = 3.3)• Einfaktorielles, dreifachgestuftes Design
• Ohne Hinweiszeichen • Dynamische Pfeile• Kontinuierliche Farbausbreitung
Signalisierungsarten (Boucheix & Lowe, 2010, Exp. 1)
Quellen: Boucheix und Lowe (2010)
Kontinuierliche
Farbausbreitung
Dynamische Pfeile
1523. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Abhängige Variablen• Blickbewegungen der
Probanden mittels Cornea Reflex Methode in neun Bildbereichen (areas ofinterest, AOIs) aufgezeichnet und zu drei Gruppen zusammengefasst
• Verständnistest
Signalisierungsarten (Boucheix & Lowe, 2010, Exp. 1)
Quelle: Boucheix und Lowe (2010)
1623. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Ergebnisse: In der Bedingung mit kontinuierlicher Farbausbreitung signifikant mehr Fixationen auf thematisch relevante Bildbereiche
Signalisierungsarten (Boucheix & Lowe, 2010, Exp. 1)
32,4 33,7
56,5
0
20
40
60
80
100
OhneHinweiszeichen
DynamischePfeile
KontinuierlicheFarbausbreitung
Anzahl an Fixationen für das zweite AOI („Whippen“)
1723. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
Rey.participoll.com
Welche weiteren signifikanten Ergebnisse vermuten Sie für das erste Experiment von Boucheix und Lowe (2010)? A: In der Bedingung mit kontinuierlicher
Farbausbreitung werden teilweise bessere Verständnisleistungen erzielt als in den anderen beiden Bedingungen.
B: Die beiden Bedingungen mit Signalisierungen verbessern die Verständnisleistungen im Vergleich zur Bedingung ohne Hinweiszeichen.
C: Bezüglich der Verständnisleistungen zeigen sich keine Unterschiede zwischen den drei Bedingungen.
Signalisierungsarten
0A B C
1823. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Problem: Trennung von aufein-ander bezogenen Informations-quellen (z. B. Text und Bild) erfordert mentale Vereinigung und beeinträchtigt so die Lernleistungen
• Lösung: Mehrere Informations-quellen integrieren, z. B. durch Beschriftungen in unmittelbarer Nähe relevanter Bildelemente
Split-Attention Effekt (z. B. Sweller & Chandler, 1994)
Quelle: Angelehnt an Renkl (2004)
1923. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Drei Experimente• Exp. 1: N = 44;
52% ♀; Ø 19 Jahre• Exp. 2: N = 58• Exp. 3: N = 50
• Lernmaterial: Bild zum Bremssystem eines Kraftfahrzeuges
• Jeweils zwei Versuchsbedingungen• Exp. 1: A vs. B• Exp. 2: A vs. C• Exp. 3: D vs. B
Split-Attention Effekt (Johnson & Mayer, 2012)
Quelle: Johnson und Mayer (2012)
2023. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
14,5
24,6
05
101520253035
Legende Integriert
10,5
21,8
05
101520253035
Separiert Integriert
11,3
17,0
0
5
10
15
20
25
Separiert Integriert
• Blickbewegungen und Lernleistungen (Behalten und Transfer) als AVs• Ergebnisse der Blickbewegungen zwischen Text und Bild (sog.
„integrative transitions”)
Split-Attention Effekt (Johnson & Mayer, 2012)
Exp. 1 Exp. 2 Exp. 3p < .05; d = 1.65 p < .05; d = 0.85 p < .05; d = 1.44
2123. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
Rey.participoll.com
Welche weiteren Ergebnisse vermuten Sie bei den Experimenten von Johnson und Mayer (2012)? A: Bei den Behaltensleistungen zeigen sich
teilweise signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen.
B: Die integrierte Bedingung schneidet in den ersten beiden, nicht aber im dritten Experiment signifikant besser bei den Transferleistungen ab als die Kontrollbedingung.
C: Es treten bei den Lernleistungen nur kleine bis mittlere Effektgrößen in allen drei Experimenten auf.
Split-Attention Effekt
0A B C
2223. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Auftreten tieferer Verständnisprozesse, wenn Lernende Namen und Charakteristika der zentralen Konzepte der Lerninhalte kennen
• Beispiele zur Unterscheidung von:• Strategic scaffolding: Benennung einzelner Teilelemente einer
komplexen Animation und Erläuterung des möglichen Verhaltens dieser Elemente
• Pictorial scaffolding: Bereitstellung unterstützender Illustrationen im Vorfeld einer komplexen Animation
• Vorübungseffekt auch mittels Trainings der Blickbewegungen möglich?
Vorübungseffekt (z. B. Mayer, 2005; Skuballa, Fortunski & Renkl, 2015)
2323. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• N = 45; 82% ♀; Ø 22.7 Jahre (SD = 4.8)• Lernmaterial: Bild zur Funktionsweise von
Solaranlagen mit Audiokommentar• Einfaktorielles, zweifachgestuftes Design
• Mit Vorübung der Blickbewegungen• Ohne Vorübung der Blickbewegungen
• Abhängige Variablen• Lernleistungen (offene Fragen zu
Strukturen, Prozessen und Funktionen)
• Selbsteinschätzungen zur kognitiven Belastung, mentalen Anstrengung und zum Stresserleben
• Blickbewegungen
Vorübungseffekt (Skuballa, Fortunski & Renkl, 2015)
Quelle: Skuballa, Fortunski und Renkl (2015)
2423. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
32,142,4
0
20
40
60
80
100
Ohne Vorübung Mit Vorübung
39,2
55,1
0
20
40
60
80
100
Ohne Vorübung Mit Vorübung
• Ergebnisse der Lernleistungen in %
• Ansonsten keine weiteren signifikanten Effekte (weder für die Selbsteinschätzungen noch für die Blickbewegungen)
Vorübungseffekt (Skuballa, Fortunski & Renkl, 2015)
72,1 76,3
0
20
40
60
80
100
Ohne Vorübung Mit Vorübung
Strukturen Prozesse Funktionen
p = .40; ηp² = .02 p = .01; ηp² = .15 p = .04; ηp² = .10
2523. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Vorteile• Messung des Blickverlaufs• Rückschlüsse auf Aufmerksamkeitsprozesse• Vielfältige Anwendungsgebiete
• Nachteile• Kosten, Aufwand und erforderliche Expertise hoch• Blickbewegungen ≠ Informationsaufnahme ≠ kognitive
Verarbeitung• Beeinflussung des Verhaltens und Erlebens• Nutzerbedingte Einschränkungen (z.B. bei jüngeren Kindern)
Eye-Tracking: Bewertung (z. B. Rey, 2009)
2623. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
Erfassung der Aufmerksamkeit
Quelle: www.youtube.com/watch?v=ubNF9QNEQLA
2723. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Eye-Tracking als Aufzeichnung von Blickbewegungen in Form von Fixationen und Sakkaden einer Person mittels technischer Hilfsmittel
• Aufzeichnung meist mittels videobasierter Cornea Reflex Methode• Untersuchung zugrundeliegender Prozesse von Gestaltungseffekten
wie dem Signalisierungseffekt, dem Split-Attention Effekt oder dem Vorübungseffekt durch Eye-Tracking möglich
• Verschiedene Vor- und Nachteile beim Einsatz von Eye-Tracking in der Lehr-Lernforschung
Zusammenfassung
2823. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Rey, G. D. (2009). E-Learning. Theorien, Gestaltungsempfehlungen und Forschung. Bern: Huber.• Eyetracker (S. 152–156)
• Jamet, E. (2014). An eye-tracking study of cueing effects in multimedia learning. Computers in Human Behavior, 32, 47–53.
• Boucheix, J.-M., & Lowe, R. K. (2010). An eye tracking comparison of external pointing cues and internal continuous cues in learning with complex animations. Learning and Instruction, 20, 123–135.
• Johnson, C. I., & Mayer, R. E. (2012). An eye movement analysis of the spatial contiguity effect in multimedia learning. Journal of Experimental Psychology: Applied, 18, 178–191.
• Skuballa, I. T., Fortunski, C., & Renkl, A. (2015). An eye movement pre-training fosters the comprehension of processes and functions in technical systems. Frontiers in Psychology, 6.
Prüfungsliteratur
2923. Eye-TrackingProf. Dr. Günter Daniel Rey
• Just, M. A., & Carpenter, P. A. (1980). A theory of reading: From eye fixations to comprehension. Psychological Review, 87, 329–354.
• Yarbus, A. L., Haigh, B., & Rigss, L. A. (1967). Eye movements and vision (Vol. 2): New York: Plenum press.
• Mayer, R. E. (2014). Cognitive theory of multimedia learning. In R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge handbook of multimedia learning (2 ed., pp. 43–71). Cambridge, MA: Cambridge University Press.
• Sweller, J., & Chandler, P. (1994). Why some material is difficult to learn. Cognition and Instruction, 12, 185–233.
• Mayer, R. E. (2005). Principles for managing essential processing in multimedia learning: Segmenting, pretraining, and modality principles. In R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge handbook of multimedia learning (pp. 169–182). Cambridge, MA: Cambridge University Press.
• Alemdag, E., & Cagiltay, K. (2018). A systematic review of eye tracking research on multimedia learning. Computers & Education, 125, 413–428.
Weiterführende Literatur