Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Die Perspektive der Verwaltung
Christian Fornoff, BG Chemie, Bezirksverwaltung Heidelberg
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 2
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Gliederung
- Rechtsgrundlagen
- Ausgangssituation
- Asbestoserehabilitation
- Ambulante Klimatherapie
- Erfolge
- Ausblick
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Rechtsgrundlagen
- Nach § 26 SGB VII haben wir mit allen geeigneten Mitteln den...verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mindern.
Art, Umfang und Durchführung bestimmt der UV-Träger.
- Nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung hat der UV-Träger auch der Gefahr des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit mit allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken.
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Berufskrankheit BK-Nr Anzahl
Isocyanate 1315 97
Silikose 4101 1.360
Siliko-Tuberkulose 4102 37
Asbestose 4103 3.679
Lungen-/Kehlkopfkrebs, Asbest 4104 3.524
Mesotheliom, Asbest 4105 1.365
Lungenfibrose 4107 61
Bronchitis/Emphysem (Bergleute) 4111 798
Lungenkrebs, Quarz 4112 150
Alveolitis 4201 99
Holzstaub 4203 68
Atemwegserkrankung allergisch 4301 2.099
Atemwegserkrankung toxisch 4302 1.471
Gesamt 14.808
BK- Meldungen DGUV 2007
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Berufskrankheit BK-Nr. Anzahl
Isocyanate 1315 41
Silikose 4101 613
Siliko-Tuberkulose 4102 22
Asbestose 4103 2.050
Lungen-/Kehlkopfkrebs, Asbest 4104 828
Mesotheliom, Asbest 4105 948
Lungenfibrose 4107 3
Bronchitis/Emphysem (Berfleute) 4111 318
Lungenkrebs, Quarz 4112 46
Alveolitis 4201 16
Holzstaub 4203 43
Atemwegserkrankung allergisch 4301 648
Atemwegserkrankung toxisch 4302 192
Gesamt 5.768
BK – Verdacht bestätigt DGUV 2007
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Berufskrankheit BK-Nr. Anzahl
Silikose 4101 215
Asbestose 4103 406
Lungen-/Kehlkopfkrebs, Asbest 4104 749
Mesotheliom, Asbest 4105 877
Bronchitis/Emphysem 4111 253
Atemwegserkrankung allergisch 4301 96
Atemwegserkrankung toxisch 4302 87
Gesamt 2.683
Neue BK-Renten DGUV 2007
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
0
10
20
30
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100
1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007
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Entwicklung der MdE bei Asbestosen; BG Chemie
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
0
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1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
020
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060
100
Entwicklung der MdE bei Asbestosen; BG Chemie; BV Heidelberg
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Goldstandard in der Rehabilitation
Stationäre Heilverfahren in den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken für Berufskrankheiten
Bad Reichenhall und
Falkenstein
Gründe:
Jahrzehnte Spezialisierung in der erfolgreichen Behandlung von Staublungenerkrankungen und obstruktiven Atemwegserkrankungen!
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Indikation zum stationären Heilverfahren bei Asbestosen:
- Schwere Verläufe
- Entschädigte Fälle
- Ansteigende MdE-Entwicklung
- Begleiterkrankungen, die einen stationären Aufenthalt erfordern
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Problemlage
nur ein geringer Teil der an einer Asbestose Erkrankten konnte in den Genuss einer Rehabilitation kommen!
Welche Möglichkeiten gibt es, Versicherter mit noch keiner entschädigungspflichtigen Lungenfunktionsstörung oder geringer MdE eine „Frührehabilitation“ anzubieten?
Haben solche Heilverfahren einen günstigen Einfluss auf den Gesundheitszustand und die MdE-Entwicklung?
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
J. Kiesel, R.H. Woitowitz und H.-J. Woitowitz 1997
in „Asbestoserehabilitation“:
„... bei Personen mit Asbestosen ohne Heilverfahren wird ein Auftreten hoher MdE-Stufen beobachtet...
...eine MdE von 50 % oder mehr tritt in der erstgenannten Gruppe nahezu doppelt so häufig auf. Versicherte mit nicht entschädigungspflichtiger MdE unter 20 % sind in der Untergruppe mit mindestens einem Heilverfahren
trendmäßig häufiger vertreten.“
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Widerspruch?
mit allen geeigneten Mitteln...
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit...
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Projekt 1999
Ambulante Klimatherapie für Versicherte
- mit nicht entschädigungspflichtiger oder geringer MdE
- mit BK-unabhängigen Begleiterkrankungen (Nikotin, Übergewicht)
- mit Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit und progredientem Verlauf
- Neuer Auskultationsbefund, der eine klinische Verschlechterung wahrscheinlich macht
- Leichte obstruktive Begleitkomponente
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Kontraindikationen
- Herzinsuffiziens NYHA II oder höher
- Mittelgradige Obstruktion
- Latente oder ausgeprägte Insuffizienz
- Bestimmte orthopädische Erkrankungsbilder
- Begleiterkrankungen, die ein Leistungsvermögen auf dem Ergometer liegend über 100 Watt nicht mehr zulassen
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Therapieform (1)
- Körperliches Training
- Gezielter Einsatz von Klima-
faktoren
- Erholung
- Physikalisch – therapeutische Maßnahmen
- Indikationsbezogene Gesundheitserziehung
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Therapieform (2)
- Terrainkur: dosiertes Gehen in ansteigendem Gelände mit vorgegebener Geschwindigkeit
- planmäßige Steigerung der körperlichen Ausdauerleistungsfähigkeit
- Beeinflussung des
cardiozirkulatorischen Systems
Muskelstoffwechsels
Bewegungsapparats
respiratorischen Systems
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Therapieansatz
- Körperliche Inaktivität
durchbrechen
- Passivität vermeiden
- Mangelhaften Trainingszustand
verbessern
- Übergewicht reduzieren
- Aufklärung und Motivation
- Raucherentwöhnung
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Therapieform (3)
- Wanderungen im Hochschwarzwald an 9 Tagen
- Unterschiedliche Dauer und
Kreislaufbeanspruchung
- Individuelle Überwachung
von Blutdruck und Puls (Pulsomat)
- Belastung im Bereich der aeroben
Stoffwechsellage
- Belastungsintensität zwischen 50% und
75% der max. Sauerstofftransportkapazität des HKS
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Therapieform (4)
- Zusätzlich:
- Physikalische Therapien
- Ernährungsberatung
- Raucherentwöhnung
- Aufklärungsvortrag „Asbestose“
- Unterbringung im Gästehaus (HP)
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 21
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
0
18
64
18
Ergebnisse 2002; Belastbarkeit, Trainingszustand nach der Therapie; Einschätzung des Gutachters n= 100;(n.v)
Verschlechterungkeine Verbesserung
leichte Verbesserungdeutliche Verbesserung
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Ergebnisse 2002; Einschätzung d. Klimatherapie (Selbstbewertung) durch Versicherten n= 100 (n.v.)
8
56
36
bringt nichts gut sehr gut
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
19
57
24
keine Änderung leichteVerbesserung
deutlicheVerbesserung
Ergebnisse 2002; Lungenfunktion, nach der Klimatherapie, im Vergleich zum Vorgutachten, n= 100 (n.v.)
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Ergebnisse 2002, Lungenfunktion (VC) n= 100 (n.v.)
3,96
4,36
zu Beginn am Ende
Differenz
+ 0,4 l
Schlechtester Wert: keine Änderungbester Wert: + 1,1 l
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Vor der Reha Nach der Reha 6 M. n. d. Reha0
20
40
60
80
100KlimatherapieStationärSonstige Maßnahmen
VC [%
]
Ergebnisse 2009 , Vitalkapazität (VC) n=389 (Quelle: BGFA)
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Ergebnisse 2009, Sauerstoffpartialdruck (pO2 vor der Belastung) n=389 (Quelle: BGFA)
Vor der Reha Nach der Reha 6 M. n. d. Reha0
20
40
60
80
100KlimatherapieStationärSonstige Maßnahmen
po2
vor B
elas
tung
[mm
Hg]
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Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Vor der Reha Nach der Reha 6 M. n. d. Reha0
20
40
60
80
100KlimatherapieStationärSonstige Maßnahmen
po2
na
ch d
er
Be
last
ung
[mm
Hg]
Ergebnisse 2009, Sauerstoffpartialdruck (pO2 nach der Belastung) n=389 (Quelle: BGFA)
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 28
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Vor der Reha Nach der Reha 6 M. n. d. Reha-100
-50
0
50
100
150KlimatherapieStationärSonstige Maßnahmen
PW
C11
0 [W
att]
Ergebnisse 2009:Belastungstest PWC 110; n=389 (Quelle: BGFA)
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 29
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Vor der Reha Nach der Reha 6 M. n. d. Reha-1.0
-0.5
0.0
0.5
1.0
1.5
gP
WC
11
0 [
Wa
tt/k
g]
Ergebnisse 2009: gewichteter Belastungstest gPWC 110, n=389 (Quelle: BGFA)
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 30
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Ein Vergleich der Klimatherapie zur stationären Heilbehandlung und anderen Maßnahmen ist nur begrenzt möglich!
Die Teilnehmer an der Klimatherapie sind „jünger und gesünder“
Die Atemkapazität nimmt mit dem Alter ab!
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 31
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Fazit nach der vorläufigen Auswertung
- Die Parameter zeigen auch bei der Klimatherapie einen positiven Trend
- Nach Abschluss der Maßnahme ist eine leichte Besserung der Lungenfunktion messbar
- 6 Monate nach der Therapie ist ein Rückgang feststellbar
- Insgesamt wird eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 32
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Diese Erkenntnisse korrelieren auch mit Erfahrungen der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd, Hamburg, die ein ähnliches ambulantes Rehabilitationsverfahren entwickelt hat.
„... nach den jetzigen Befunden kann man aber davon ausgehen, dass die durchgeführten Maßnahmen sehr gut dazu geeignet sind, durch eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität eine Minderung der Auswirkungen der Asbestose auf die Betroffenen zu erreichen...“
(Jeremie et. al, ASU 41, 9, 2006)
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 33
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Die BG Chemie wird die ambulante Klimatherapie als Rehabilitationsinstrument weiter bei leichten Asbestoseformen nutzen, da positive Effekte dokumentiert sind.
Die Zufriedenheit der Betroffenen über diese Therapieform ist durch vielfache Dankschreiben bewiesen.
Die statistische Aussagekraft ist weiter problematisch, da Kontrollgruppen fehlen und das Alter der Betroffenen, die Ausprägung der Asbestose und die Begleiterkrankungen zu uneinheitlich sind.
Es gilt die Motivation zu steigern, damit die Betroffenen auch zu Hause aktiv bleiben, um den Erfolg der Therapie zu stabilisieren
Dritte Bad Hersfelder Rehabilitationstage; Christian Fornoff, 16.06.2009 Seite 34
Rehabilitation bei Atemwegserkrankungen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!