$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�GLH
5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWURVNRSLH�]XU�%HVWLPPXQJ
GHU�6SH]LDWLRQ�YRQ�8UDQ�LQ�/|VXQJHQ
DISSERTATION
zur Erlangung des akademischen Grades
Doctor rerum naturalium
(Dr. rer. nat.)
vorgelegt
der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften
der Technischen Universität Dresden
von
Diplomchemiker André Roßberg
geboren am 6. März 1971 in Rodewisch
Gutachter: Professor Th. Fanghänel
Professor T. Reich
Professor J. Einax
Eingereicht am: 30.09.2001
Tag der Verteidigung: 06.09.2002
D
,QKDOWVYHU]HLFKQLV
9HU]HLFKQLV�GHU�YHUZHQGHWHQ�$EN�U]XQJHQ�XQG�6\PEROH
��� (LQOHLWXQJ�XQG�=LHOVWHOOXQJ �
��� 'LH�)DNWRUHQDQDO\VH �
2.1. Die Aufgabe und das Ziel der Faktorenanalyse, mathematische Beschreibung 7
2.1.1. Mathematische Symbolik 9
2.1.2. Die Analyse der Varianz 11
2.1.3. Die Transformation der abstrakten Faktorenlösung 45
2.2. Die Faktorenanalyse in der Spektroskopie 58
��� 'LH�5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWURVNRSLH ��
3.1. Theoretische Grundlagen 62
3.2. Die Messung von Röntgenabsorptionsspektren 69
3.2.1. Die Aufarbeitung der Röntgenabsorptionsspektren zur Analyse 70
3.3. Statistische Analyse der Meßdaten 75
3.4. Die Anwendung der Faktorenanalyse auf Röntgenabsorptionspektren 82
��� 'LH�$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�;$1(6�6SHNWUHQ ��
4.1. Untersuchungen am System Arsen(III,V) im wäßrigen Medium 85
4.2. Untersuchungen zur Reduktion von Uran(VI) durch Bakterien 99
4.3. Untersuchung einer Konzentrationsserie von Uran(IV,VI)-Mischungen 116
��� 'LH�$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�(;$)6�6SHNWUHQ ���
5.1. Uran(VI) und Essigsäure 128
5.2. Uran(VI) und Protocatechusäure 142
��� =XVDPPHQIDVVXQJ�GHU�(UJHEQLVVH ���
��� $XVEOLFN ���
��� /LWHUDWXU ���
D
9HU]HLFKQLV�GHU�KlXILJ�YHUZHQGHWHQ�$EN�U]XQJHQ�XQG�6\PEROH
c(N) normierte Modulation des Röntgenabsorptionskoeffizienten
( Energie der Röntgenstrahlung
ESRF (XURSHDQ�6\QFKURWURQ�5DGLDWLRQ�)DFLOLW\
EXAFS ([WHQGHG�;�5D\�$EVRUSWLRQ�)LQH�6WUXFWXUH
HASYLAB Hamburger Synchrotronstrahlungslabor
HPLC +LJK�3HUIRUPDQFH�/LTXLG�&KURPDWRJUDSK\
I0, I1, I2 Signale der Ionisationskammern
ICP-MS ,QGXFWLY�FRXSOHG�PDVV�VSHFWURVFRS\
,( LPEHGGHG�HUURU
,1' LQGLFDWRU�IXQFWLRQ
N Betrag des Wellenzahlvektors in [Å-1]
l � Eigenwert des Faktors Q
0�l sekundärer Eigenwert des Faktors Q
MOSTAB Monochromator Stabilisierung
PCS Protocatechusäure
35 prozentuale Restvarianz
R radialer Abstand in [Å]
5( UHDO�HUURU
ROBL Rossendorf Beamline
67' Standardabweichung, statistischer Fehler
TRLFS Zeitaugelöste laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie
UV-VIS 8OWUDYLROHW�YLVLEOH
;( H[WUDFWHG�HUURU
XANES ;�5D\�$EVRUSWLRQ�1HDU�(GJH�6WUXFWXUH
XAS ;�5D\�$EVRUSWLRQ�6SHFWURVFRS\
XRD ;�5D\�'LIIUDFWLRQ
\ � Konzentrationstestvektor des Faktors Q
a
1
��� (LQOHLWXQJ�XQG�=LHOVWHOOXQJ
Die dauerhafte Isolierung radioaktiver Stoffe vom Lebensraum der Bevölkerung ist
eine der großen wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Radioaktive
Stoffe fallen bei der friedlichen und militärischen Nutzung der Kernenergie, d.h. bei
der Uranerzgewinnung und –aufarbeitung, bei der Erzeugung und Verarbeitung von
Brennelementen und bei der Produktion und dem Test von Kernwaffen an. Dabei
und auch durch nukleare Störfälle kam es zu teilweise großflächigen Konta-
minationen, besonders in den USA und der ehemaligen Sowjetunion [1].
In den Gebieten Sachsens und Thüringens wurden in der Zeit von 1946 bis 1990
insgesamt 220 000 Tonnen Uran durch die Wismut AG gewonnen [2]. In dieser Zeit
war die ehemalige DDR der viertgrößte Uranerzeuger der Welt. Die Hinter-
lassenschaften der in den relativ dicht besiedelten Gebieten betriebenen
Uranerzgewinnung sind neben den weitverzweigten Grubensystemen die
Aufarbeitungsanlagen, die zur Verarbeitung des Uranerzes notwendig waren und die
Abraumhalden. Von diesen Hinterlassenschaften, welche noch nennenswerte
Mengen an Uran und anderen Schwermetallen enthalten, geht die Gefahr der
Freisetzung und Ausbreitung radioaktiver Stoffe aus. Um die Gefahr einer
Ausbreitung von Uran und dessen Zerfallsprodukte in der Geosphäre abschätzen zu
können sind umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen zur Wechselwirkung
dieser Elemente mit umweltrelevanten Stoffen erforderlich. Jede Maßnahme zur
Stillegung und der Rückbau der Anlagen der Uranerzgewinnung muß durch eine
wissenschaftlich gesicherte Risikoabschätzung zum Ausbreitungsverhalten der
Radionuklide begründet sein, weil damit ein Eingriff in die bestehende Chemie
zwischen den Radionukliden und ihrer geochemischen Umgebung erfolgt. Die
geochemische Umgebung der Radionuklide wird von den vorliegenden
physikochemischen Parametern (Temperatur, Druck, pH- und Eh-Wert, Ionenstärke)
und den vorliegenden anorganischen und organischen Verbindungen bestimmt.
Damit wird deutlich, daß eine geeignete Risikoabschätzung der bei der Ausbreitung
von Radionukliden eintretenden makroskopischen Effekte, nur durch die gezielte
Untersuchung der auf mikroskopischer bzw. molekularer Ebene stattfindenden
Wechselwirkungsmechanismen zwischen den Radionukliden und ihrer geo-
chemischen Umgebung ermöglicht werden kann. So ist die Erforschung der
2
Wechselwirkungsmechanismen zwischen den Radionukliden mit Kolloiden,
wasserlöslichen Verbindungen und der Sorption gelöster und partikulärer
Radionuklidspezies an mineralischen Oberflächen, sowie Untersuchungen zur
Löslichkeit der gebildeten Radionuklidspezies die Aufgabe radioökologischer
Untersuchungen [3]. Außerdem sind die Wechselwirkungen zwischen den
Radionukliden und den in der Geosphäre vorkommenden lebenden Organismen, wie
Pflanzen und Bakterien, zu berücksichtigen.
Die Flutung der Uranbergwerke ist eine wesentliche Maßnahme zur deren Stillegung
und bedeutet einen Eingriff in die bestehenden Stoffkreisläufe. Eine der ergiebigsten
Lagerstätten, Schlema/Alberoda, umfaßt beispielsweise ein weit verzweigtes
Grubensystem mit einem bergmännischen Gesamtvortrieb von mehr als 4 000 km in
einer Teufe bis zu 1 800 m [4]. Zur Stabilisierung der Schächte wurden
4 Millionen m3 Holz verwendet. Der entstandene Hohlraum hat ein Gesamtvolumen
von 36 Millionen m3. Aufgrund der großen Teufe treten in den gefluteten Bergwerken
Temperaturen bis zu 65o C und Drücke bis zu 20 MPa auf. Diese geochemischen
Vorortbedingungen sorgen für den hydrothermalen und bakteriellen Abbau des
Grubenholzes und führen zur Freisetzung seiner Degradationsprodukte
(Holzabbauprodukte) [5]. Die phenolischen Degradationsprodukte können mit Uran
im wäßrigen Medium Komplexe bilden und dabei wesentlich auf das
Migrationsverhalten von Uran Einfluß nehmen. Der vorliegende pH-Wert hat einen
entscheidenden Einfluß auf die Wechselwirkung zwischen Uran und den
Degradationsprodukten. Protocatechusäure stellt ein Degradationsprodukt dar und
bildet mit Uran sehr stabile wasserlösliche Komplexe [6]. Die Untersuchung der
pH-abhängigen Komplexierung von Uran durch Protocatechusäure nimmt damit eine
besondere Bedeutung zur Abschätzung des Migrationsverhaltens des Urans, im
Falle einer Flutung der Uranbergwerke ein.
Bakterien sind die am häufigsten in der Biosphäre vorkommenden Organismen.
Einige Bodenbakterienarten besitzten eine enorme Anpassungsfähigkeit an die
vorliegenden Umweltbedingungen. Zum Beispiel haben die mit Schwermetallen
kontaminierten Böden von Abraumhalden der Uranerzgewinnung auf die biologische
Aktivität bestimmter Bakterienarten keinen negativen Einfluß. So konnte beispiels-
weise eine Bakterienart, 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP, aus uranhaltigen Abfällen
3
einer Abraumhalde isoliert werden, welche aufgrund ihres Metabolismus die
Fähigkeit besitzt U(VI) zu U(IV) zu reduzieren [7, 8]. Da im wäßrigen Medium U(IV)
eine geringere Löslichkeit als U(VI) besitzt, ist dieses Bakterium in der Lage, die
Mobilität des Urans durch Bildung wasserunlöslicher U(IV)-Verbindungen zu
reduzieren. Die Untersuchung der Effektivität der Reduktion von U(VI) zu U(IV) durch
spezielle Bakterienarten ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil radioökologischer
Forschungen, da diese speziellen Bakterienarten ein großes Potential für die
Bioremediation der mit Uran kontaminierten Hinterlassenschaften des Uranerzberg-
baues darstellen.
Neben den im Erzgebirge vorkommenden Uranmineralien liegt Arsen vor. Die
Grubenabwässer einiger stillgelegter Uranbergwerke enthalten Arsen in einer
Konzentration von bis zu 10 mg/l. In den Absetzbecken der stillgelegten
Uranerzaubereitungsanlagen ist die zehnfache Arsenkonzentration nachweisbar.
Von den vorliegenden Oxidationszuständen des Arsens und deren Konzentrations-
verteilung können Rückschlüsse auf das Redoxpotential der Abwässer gezogen
werden. Die Kenntnis des Redoxpotentials der Abwässer ist für die Bestimmung der
vorliegenden chemischen Spezies von Radionukliden, wie Thorium und Radium, und
damit zur Planung und Effektivitätssteigerung von Wasseraufbereitungssystemen
von großer Bedeutung [9].
Zur Aufklärung der Wechselwirkung zwischen den Radionukliden und ihrer
umweltrelevanten chemischen Umgebung werden spektroskopische Verfahren
eingesetzt. Neben der Bestimmung des Redoxzustandes der Metalle kommt der
Aufklärung der Struktur der Metallspezies eine zentrale Bedeutung zu [10]. Die seit
den siebziger Jahren auf vielen Gebieten der Physik, Chemie, Biologie,
Materialwissenschaften eingesetzte Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) ist die
einzige Methode, mit der die Struktur, d.h. die Bindungsabstände, die Art und Anzahl
der Nachbaratome der unmittelbaren Umgebung eines Metallatoms in amorphen
Feststoffen und flüssigen Proben direkt bestimmt werden kann [11-14]. Wie bei
anderen spektroskopischen Verfahren bildet sich bei der EXAFS-Strukturanalyse
(EXAFS - Extended X-ray Absorption Fine Structure) das gemessene EXAFS-Signal
aus der Summe der spektroskopischen Beiträge aller in der Mischung vorliegenden
Komplexe des Metallions. Die von diesem EXAFS-Spektrum mit Hilfe von
4
konventionellen, standardisierten Auswertealgorithmen erhaltenen Strukturparameter
sind daher ein Mittelwert über alle vorhandenen Komplexe des betreffenden
Metallions. Da in umweltrelevanten Proben das zu untersuchende Metall in
Abhängigkeit von den geochemischen Bedingungen und physikochemischen
Parametern häufig verschiedene chemische Spezies gleichzeitig bildet, war es das
Ziel dieser Arbeit, ein Verfahren für die EXAFS-Analyse von Mischungen
verschiedener Metallspezies zu entwickeln. Mit Hilfe dieses Verfahrens sollte es
möglich werden, den Anteil und die Struktur der verschiedenen Spezies in einer
Mischung mit Hilfe der EXAFS-Spektroskopie zu bestimmen.
Ausgangspunkt für das zu entwickelnde Verfahren ist die bereits für ähnliche
Problemstellungen in der Chromatographie, IR- und UV-VIS-Spektroskopie
eingesetzte statistische multivariate Methode der Faktorenanalyse [15-22]. Falls es
innerhalb einer Probenserie zu einer Variation in den Röntgenabsorptionsspektren
kommt, kann mit Hilfe der Faktorenanalyse die Zahl der reinen spektroskopischen
Komponenten (Metallkomplexe) ermittelt werden. Anschließend können die
EXAFS-Spektren der reinen Metallkomplexe isoliert und ihre Molekülstrukturen mit
den herkömmlichen EXAFS-Auswerteverfahren bestimmt werden. Die Konzen-
trationsverteilung der Metallkomplexe kann als Funktion des variierten
physikochemischen Parameter berechnet werden, ohne das die Spektren der reinen
Metallkomplexe gegeben sein müssen.
In der Literatur ist die Anwendung der Faktorenanalyse auf die kantennahe
Feinstruktur des Röntgenabsorptionsspektrums (XANES - X-ray Absorption Near-
Edge Structure) beschrieben [23-29]. Derzeit wird mit Hilfe der Faktorenanalyse der
EXAFS-Bereich von Röntgenabsorptionsspektren nur qualitativ untersucht [30, 31].
Deshalb war es das Hauptanliegen dieser Arbeit, die Anwendung der Faktorenanlyse
auf die Röntgenabsorptionsspektroskopie zu verallgemeinern und als quantitative
Analysemethode auf den EXAFS-Bereich zu erweitern. Diese Zielstellung ist unter
Berücksichtigung der dargelegten aktuellen Schwerpunkte radioökologischer
Forschungen untergliedert in:
1. Auswahl eines geeigneten Algorithmus zur Faktorenanlyse von XANES- und
EXAFS-Spektren. Entwicklung einer entsprechenden Computer-Software und ihre
Überprüfung bzw. Testung.
5
2. Anwendung der Faktorenanlyse auf XANES-Spektren von wäßrigen Lösungen,
die Uran bzw. Arsen in zwei verschiedenen Oxidationszuständen enthalten.
Vergleich der Ergebnisse mit denen der Auswertemethode der Linearkombination
von Referenzspektren. Anwendung der Faktorenanalyse auf die Bestimmung des
Oxidationszustandes von Uran nach dem Metabolismus durch das Bakterium
'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP.
3. Anwendung der Faktorenanalyse auf EXAFS-Spektren von wäßrigen
Uranyllösungen. Überprüfung der verwendeten Algorithmen anhand des
chemisch gut charakterisierten Systems Uran(VI)/Essigsäure. Erstmalige Be-
stimmung der pH-abhängigen Komplexierung für Komplexe von Uran(VI) mit dem
Holzabbauprokukt Protocatechusäure.
6
��� 'LH�)DNWRUHQDQDO\VH
Die Faktorenanalyse zählt in der modernen Analytik zu den 3DWWHUQ� 5HFRJQLWLRQ
(PARC) Methoden und dient wie die Clusteranalyse und die Diskriminanzanalyse zur
explorativen Untersuchung multivariater Systeme [32, 33]. Das Potential der
Faktorenanalyse ist in naturwissenschaftlichen Bereichen noch nicht ausgeschöpft.
Innerhalb der Grundlagenforschung und umweltrelevanter Forschungen kommt der
Analyse von komplexen Multikomponentensystemen eine besondere Bedeutung zu.
Das Ziel des analytischen Prozesses ist die Charakterisierung der Komponenten.
Durch den multivariaten Charakter der Beobachtungsgrößen ist die Anwendbarkeit
konventioneller Analyseverfahren begrenzt.
Inspiriert von diesem Problem beschreibt PEARSON in einem Artikel �EHU�Ä2Q�/LQHV
DQG� 3ODQHV� RI� &ORVHVW� )LW� WR� 6\VWHPV� RI� 3RLQWV� LQ� 6SDFH“ bereits 1901 eine
allgemeine Prozedur zur Lösung solcher multivariater Probleme [34]. Dieser Artikel
wird in der Literatur oft als maßgeblicher Beitrag zur Begründung der
Faktorenanalyse für die Naturwissenschaften gewürdigt. Bis zum Beginn der 70er
Jahre, der Formulierung der Chemometrie, stand die Faktorenanalyse noch im
Hintergrund [35]. Einige Varianten der Faktorenanalyse lieferten bis dahin
inkonsistente Ergebnisse. Der Grund dieser Tatsache resultierte auf die zur Zeit der
SUHFRPSXWHU� HUD zur Verfügung stehenden beschränkten Rechenkapazitäten [35].
Individuelle Vereinfachungen mußten zur Lösung spezieller Probleme getroffen
werden, um den Rechenaufwand überschaubar zu gestalten. Die fortschreitende
Entwicklung der Rechnerarchitektur gewährleistet in der heutigen Zeit die Möglichkeit
einer schnelleren problemorientierten Adaption der Faktorenanalyse an speziellen
Aufgaben.
7
����� 'LH� $XIJDEH� XQG� GDV� =LHO� GHU� )DNWRUHQDQDO\VH�� PDWKHPDWLVFKH
%HVFKUHLEXQJ
Im allgemeinen können komplexe Phänomene durch Faktoren beschrieben werden.
Faktoren sind latent und meist nicht direkt meßbar. Hinter einer relativ komplexen
Variation von Beobachtungsgrößen verbirgt sich meist eine relativ geringe Anzahl
von Faktoren, deren Einfluß in Abhängigkeit zu den gewählten Meßbedingungen
steht. Die Intensität des Einflusses eines Faktors auf die Beobachtungsgrößen kann
quantisiert werden. Die Beobachtungsgrößen sind Variablen, deren Varianz aus dem
gemeinsamen Wirken von Faktoren resultiert. Ein einfaches Modell soll dies
verdeutlichen [36]. Wenn die Beobachtungsgrößen bzw. Variablen ; von den
Intensitäten bzw. Faktorladungen $ der Faktoren ) linear abhängig und die
Eineindeutigkeiten 8 der zugeordneten ; untereinander mit den ) unkorreliert sind,
dann kann ; als Linearkombination der ) modelliert werden, Gl. (2.1).
; � = $ � 1)1 + $ � 2)2 +...+ $ � � ) � + 8 � mit L = 1,...,S (2.1)
Sind die gemeinsamen Faktoren ) voneinander linear unabhängig, dann gilt das
Fundamentaltheorem der Faktorenanalyse, Gl. (2.2) (; sei standardisiert) [36]:
5� = $$' (2.2)
Die Matrix 5 ist die Korrelationsmatrix der ; und berechnet sich aus dem Produkt der
Faktorladungsmatrix $ und ihrer Transponierten. Wenn die Faktoren und deren
Anzahl sowie deren Faktorladungen unbekannt sind, so beschränkt sich die Analyse
auf die Korrelationsmatrix der ;,� oder auch auf die Kovarianzmatrix der nicht
standardisierten ;.
In der Spektroskopie umfaßt die Analyse von Multikomponentensystemen die
Identifizierung der einzelnen Komponenten und deren Konzentrationen. Die
einzelnen Komponenten sind meist nicht direkt analytisch zugänglich und können
somit nicht voneinander separiert werden. In vielen Fällen ist auch die Anzahl der
enthaltenen Komponenten unbekannt. Falls sich unter diesen Bedingungen das
Meßsignal aus der Linearkombination der Beiträge der einzelnen Komponenten
8
bildet, dann ergibt sich, ähnlich zu Gl. (2.1), ein Modellansatz für die Faktoren-
analyse. Ein Beispiel aus der Flüssigchromatographie soll diese Zusammenhänge
verdeutlichen.
Eine Mischung einer unbekannten Anzahl Q verschiedener chemischer Komponenten
wird einer Trennsäule zugegeben. Ein nach der Trennsäule angebrachtes UV-VIS
Spektrometer soll während der Eluierung zu verschiedenen Zeiten simultan die
Absorption innerhalb eines gegebenen Wellenlängenbereiches aufnehmen. Falls die
Rf-Werte der Komponenten dicht beieinander liegen, kommt es zur unvollständigen
Trennung und dadurch zu Überlappungsgebieten der chromatographischen Maxima.
Die Anzahl der aufgenommenen Spektren soll N betragen. Die totale Absorption, $ � � ,bei der Wellenlänge l � des Spektrums N kann durch das Lambert-Beersche Gesetz
wie folgt beschrieben werden:
�=�� � �� ��� � FHG$
1
)(l (2.3)
Hier ist G die Schichtdicke, H � die unbekannte Extinktion der Komponente M bei der
Wellenlänge l � und F � die Konzentration� der Komponente M� In diesen Multi-
komponentensystemen kann die Konzentrationsverteilung der Komponenten als eine
Funktion der Meßbedingungen aufgefaßt werden. Eine infinitesimale Änderung der
Meßbedingungen, die hier durch die Probennahme bei verschiedenen
Eluierungszeiten gewährleistet ist, wird eine infinitesimale Variation der
Konzentrationsverteilung der Komponenten hervorrufen. Durch diese Untersuchung
entstehen Spektren, deren Varianz allein durch die Variation der Anteile der
Komponenten, als Funktion der Eluierungszeit, beeinflußt wird. Gesucht sind die
Anzahl, die Spektren und die Konzentrationsverteilung der reinen Komponenten bei
den verschiedenen Eluierungszeiten. Da nur die Spektren der Mischungen und die
Eluierungszeiten gegeben sind, beschränkt sich die weitere Untersuchung auf die
Varianz der Spektren.
Das aufgezeigte Beispiel stellt eine der praktischen Aufgaben dar, die mit Hilfe der
Faktorenanalyse lösbar ist. Um zu einer allgemeinen mathematischen Beschreibung
9
der Aufgabenstellung und der Faktorenanalyse zu gelangen, wird im folgenden eine
in der vorliegenden Arbeit konsistent benutzte mathematische Symbolik eingeführt.
������� 0DWKHPDWLVFKH�6\PEROLN
In der relevanten Literatur tritt häufig eine inkonsistente mathematische Symbolik auf.
Die von MALINOWSKI verwendete Symbolik wird in der vorliegenden Arbeit
benutzt [35]. Aus der Literatur übernommene mathematische Formulierungen
werden, wenn nötig, auf die hier dargestellte Symbolik angepaßt.
Die mathematische Beschreibung der Faktorenanalyse umfaßt das Gebiet der
Linearen Algebra und beinhaltet somit Skalare, Vektoren und Matrizen.
Der Skalar
Skalare werden in Kleinbuchstaben dargestellt. Tiefgestellte Kleinbuchstaben
charakterisieren den Skalar.
Beispiel:
E � � �ist ein Skalar bzw. eine Zahl.
Der Vektor
Vektoren werden mit fettgedruckten Kleinbuchstaben dargestellt. Ein tiefgestellter
Kleinbuchstabe charakterisiert den Vektor als eindimensionales Feld. Die am
häufigsten verwendeten Vektoren sind sogenannte Spaltenvektoren. Deshalb wird
bei der Verwendung eines Zeilenvektors mit einem hochgestellten Anstrich
besonders darauf hingewiesen.
Beispiel:
ßßß
à
Þ
ÏÏÏ
Ð
Î
=
E
E
E
3
2
1
E ist der N’te Spaltenvektor.
[ ]� �� �� �� EEE K=’E ist der i’te Zeilenvektor.
10
Die Matrix
Fettgedruckte Großbuchstaben in eckigen Klammern eingerahmt oder ohne
Klammern symbolisieren Matrizen. Für Matrixtransformationen gelten die in der
Mathematik gebräuchlichen Bezeichnungen.
Beispiel:
[ ]ßßß
à
Þ
ÏÏÏ
Ð
Î
==
3231
2221
1211
EE
EE
EE
%% ist eine Matrix mit dem Format (3,2).
[ ] ßà
ÞÏÐ
Î==
322212
312111’’EEE
EEE%% ist die Transponierte Matrix mit dem Format (2,3).
Im folgenden werden häufig verwendete Matrizen eingeführt, die in der Faktoren-
analyse eine besondere Bedeutung haben.
' ist die sogenannte Datenmatrix und enthält die Meßdaten G � � .' and '
~repräsentieren aus mathematischen Operationen hervorgegangene
Näherungen für '.
Die Datenmatrix' ist das Ergebnis der Reproduktion von ' unter Verwendung
des reduzierten Faktorraumes.
Weitere im Text konsistent benutzte Formulierungen sind:
( ) 2/12/12 )( UUU == Ê U ist die Norm des Vektors U.
L ist eine Diagonalmatrix und beinhaltet die Eigenwerte in ihrer Diagonalen.
11
������� 'LH�$QDO\VH�GHU�9DULDQ]
Die aufgeführten mathematischen Formulierungen folgen im wesentlichen [35]. Das
o.g. Beispiel aus der Flüssigchromatographie soll nun näher untersucht werden.
Gleichung (2.3) kann entsprechend der eingeführten mathematischen Symbolik in
Gl. (2.4) überführt werden. Mit � �� � GHU = (G ist die Schichtdicke) ist:
FN
QM
UL
FUG
�� � �� �� �
,,1
,,1
,,1
mit 1
K
K
K
=
=
=
= � (2.4)
Auf der linken Seite der Gleichung (2.4) befinden sich die experimentellen Meßwerte
G � � , welche sich aus den Summen der Faktoren bzw. Produktterme der Kofaktoren r � �und c��� ergeben. Die Anzahl der Produktterme, Q, wird als Anzahl der Faktoren
bezeichnet. Die Gesamtzahl der Spektren beträgt F. Jedes Spektrum besteht aus U
Meßpunkten.
In Matrixschreibweise kann Gl. (2.4) wie folgt formuliert werden:
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
=
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
�����
��
� ���
��
� ���
��
FFF
FFF
FFF
UUU
UUU
UUU
GGG
GGG
GGG
L
MMM
L
L
L
MMM
L
L
L
MMM
L
L
21
22221
11211
21
22221
11211
21
22221
11211
(2.5)
bzw.
' = 5&� (2.6)
Die Matrix ' wird als Datenmatrix bezeichnet und enthält die experimentellen
Spektren in ihren Spalten. Das Format der Datenmatrix ist (U,F). Die Matrix 5 enthält
in ihren Spalten die Spektren der reinen Komponenten und hat das Format (U,Q). Die
Konzentrationensverteilung der reinen Komponenten in den Spektren wird in der
Matrix & zusammengefaßt. Das Format der Matrix & ist (Q,F). Da die Spaltenanzahl
von & mit der Spaltenanzahl der Datenmatrix gleich ist, wird diese Matrix auch als
12
Spaltenmatrix bezeichnet. Die Matrix 5 wird dementsprechend als Zeilenmatrix
bezeichnet, weil die Datenmatrix eine identische Anzahl von Zeilen hat. Es ist
möglich, eine einfache Beziehung zwischen der mathematischen und der
physikalischen Betrachtungsweise herzustellen. In den Spalten der Zeilenmatrix 5
befinden sich die Spektren der Hauptkomponenten oder auch einfach Faktoren. Die
zugeordnete Spaltenmatrix & enthält folglich die Faktorladungen bzw. Konzen-
trationen und kann als Faktorladungsmatrix bezeichnet werden.
Mit der Voraussetzung des in Abschnitt 2.1. aufgezeigten Beispiels aus der
Flüssigchromatographie besteht für die Faktorenanalyse das Ziel der Ermittlung der
Zeilenmatrix und der Spaltenmatrix unter Verwendung der Datenmatrix. Von
grundlegender Bedeutung ist die Bestimmung des Ranges der gegebenen
Datenmatrix. Der Rang ist gleich der Anzahl der Hauptkomponenten des Systems.
Bevor näher auf die konkrete Vorgehensweise zur Ermittlung des Ranges und von 5
und & eingegangen wird, soll zunächst Gl. (2.4) näher untersucht werden.
Wenn angenommen wird, daß die Datenmatrix und die Zeilenmatrix bekannt sind,
dann stellt Gl. (2.4) ein inhomogenes Gleichungssystem [37] dar, weil für jedes N, mit
N = 1,...,F, mindestens ein Element der Datenmatrix G � � , mit L = 1,...,U, verschieden
von Null ist. Zwischen den Meßwerten G � � und den Faktorladungen F��� besteht ein
linearer Zusammenhang. Es handelt sich deshalb unter diesen Voraussetzungen bei
Gl. (2.4) um ein inhomogenes lineares Gleichungssystem. Ein solches
Gleichungssystem besteht aus einer Koeffizientenmatrix, 5, und den Lösungs-
vektoren F � . Die Linearkombination der Koeffizientenmatrix mit den Lösungsvektoren
ergibt den linearen Vektorraum, in dem das Gleichungssystem existiert. Wenn dieses
Gleichungssystem für einen speziellen Spaltenvektor der Matrix ', G � , konstruiert
wird, so ergibt sich unter der Annahme, daß 5 eine Matrix des Formates (U,�) ist:
5F � = G � (2.7)
13
In ausführlicher Form ist:
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
=
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
��
��
� �
��
�
��
��� G
G
G
F
F
F
UUU
UUU
UUU
MM
L
MMM
L
L
2
1
2
1
21
22221
11211
(2.8)
Wenn die Basis des linearen Vektorraumes des Gleichungssystemes von Q linear
unabhängigen Basisvektoren gebildet wird, so befinden sich in der Matrix 5 genau
��Q linear abhängige Spaltenvektoren U. Unter diesen Bedingungen kann das Format
der Matrix 5 auf (U,Q) und die Anzahl der Zeilen von F � auf Q beschränkt werden. Der
Rang von 5 ist somit Q und man bezeichnet den von den linear unabhängigen
Spaltenvektoren U aufgespannten Raum auch als Q-dimensionalen Faktorraum [37].
Zur Bildung des gegebenen Spaltenvektors G � gibt es dann genau einen
Lösungsvektor F � mit der Zeilenanzahl Q. Das bedeutet, daß innerhalb eines Systems
ein experimentell gemessenes Spektrum G � einer beliebigen Mischung eindeutig aus
den Q linear unabhängigen Spektren der Hauptkomponenten reproduziert werden
kann, da diese die Basis des Faktorraumes darstellen, in der das Gleichungssystem
existiert. Unter der Annahme, daß in den gemessenen Proben die Haupt-
komponenten auch in reiner Form auftreten können, gelangt man zu folgender
Formulierung:
Wenn die Spaltenvektoren von 5 eine Anzahl von F Spektren der Mischungen aller
möglichen Konzentrationenverteilungen der Hauptkomponenten eines Systemes
enthalten, dann gibt es eine definierte Anzahl Q von linear unabhängigen
Spaltenvektoren in 5, aus denen sich alle Spektren der Mischungen mit den
entsprechenden Lösungsvektoren F � bilden lassen. Diese linear unabhängigen
Spektren bzw. Faktoren sind aber gerade die Hauptkomponenten des Systems und
stellen dessen Basisvektoren dar. Der Faktorraum hat jetzt die Dimension Q. Die
Lösungsvektoren F � haben folglich Q Zeilen und können in eine Matrix, &,
zusammengefaßt werden. Das Format von 5 ist entspechend des Ranges Q
gleich (U,Q).
14
Wenn nur die experimentellen Spektren gegeben sind, dann folgt aus diesen
Überlegungen, daß die Aufgabe darin besteht, den Rang der Datenmatrix zu
bestimmen und eine geeignete Basis des Faktorraumes zu finden. Mittels univariater
Methoden ist es z.B. möglich, den Rang der Datenmatrix abzuschätzen, indem die
Spektren gesucht werden, welche sich von allen verbleibenden Spektren am
stärksten unterscheiden. Dazu können im vereinfachten Fall die Varianzen, ] � � , der
Spektren herangezogen werden, Gl (2.9).
Ê!="# # $$%$ G]
1
2 mit FN
UL
,...,1
,...,1
=
=(2.9)
Unter Verwendung der Spektren mit der größten oder stark unterschiedlicher Varianz
gelingt meist der Versuch, die Spektren der Serie durch eine Linearkombination zu
reproduzieren. Diese Spektren stellen innerhalb einer Meßserie gewissermaßen
linear unabhängige Vektoren dar, weil sie nicht unter Zuhilfenahme der
verbleibenden Spektren reproduziert werden können. Die mit der Methode der
Linearkombination erhaltene Konzentrationsverteilung wird jedoch nicht der wahren
Konzentrationsverteilung der gewählten linear unabhängigen Spektren in den
Spektren der Meßserie entsprechen, wenn diese selbst Spektren von Mischungen
darstellen oder eine nicht berücksichtigte Komponente enthalten. Nur durch die
Analyse der gesamten Varianz und Kovarianz der Meßdaten gelingt die
Charakterisierung der tatsächlichen Hauptkomponenten des untersuchten Systems
[33]. Die Faktorenanalyse berücksichtigt in diesem Zusammenhang, als eine
multivariate Analysemethode nicht nur die einzelnen Varianzen, sondern die
gesamte Kovarianzmatrix der experimentellen Daten, Gl. (2.10).
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
==
&%&&&
&&
]]]
]]]
]]]
K
MMM
K
K
21
22221
11211
’''= (2.10)
Das Format der so erzeugten Kovarianzmatrix ist (F,F). Es ist auch möglich, die
Kovarianzmatrix nach Gl. (2.11) zu bilden, wobei die Ergebnisse der nachfolgenden
Schritte sich nicht unterscheiden würden [35].
15
= = ''’ (2.11)
Es ist ersichtlich, daß das Format von =, unter Verwendung von Gl. (2.11), (U,U) ist.
Da jedoch bei den meisten Messungen die Anzahl der Datenpunkte pro Spektrum
größer als die Anzahl der vorhanden Spektren ist, und die Optimierung des
Rechenzeitaufwandes an dieser Stelle eine große Bedeutung hat, wird in der
vorliegenden Arbeit ausschließlich von der mittels Gl. (2.10) berechneten
Kovarianzmatrix Gebrauch gemacht.
Um zunächst eine anschauliche Verbindung zwischen Faktorraum, Kovarianzmatrix
und Datenmatrix zu vermitteln, wird im folgenden statt der Kovarianzmatrix die
Korrelationsmatrix der Meßdaten verwendet. Die Korrelationsmatrix wird analog zu
Gleichung (2.10) berechnet jedoch mit vorheriger Normierung von '. Die Elemente
jeder einzelnen Spalte (Spektrum) von ' werden durch die Norm, 'G , der jeweiligen
Spalte geteilt und damit normiert, Gl. (2.12). Die Multiplikation der normierten Matrix
' ( mit ihrer Transponierten, entsprechend Gl. (2.13) und analog zu Gl. (2.10), liefert
die Korrelationsmatrix = ( .
2/1’
2/1
1
2 )( ))*+ + )) G GGG =ÜÜ
Ý
ÛÌÌÍ
Ë= Ê, mit N = 1,...,F (2.12)
= ( = ' ( '' ( (2.13)
Ausgehend von z.B. zwei Gaußfunktionen, die als Hauptkomponenten eines
Systems betrachtet werden sollen, kann mit einem vorgegebenen Konzentrations-
profil, durch entsprechende Linearkombinationen mittels Gl. (2.4) bis Gl. (2.6) und
Gl. (2.12), eine Datenmatrix, ' ( , konstruiert werden. Das Konzentrationsprofil der
Hauptkomponenten ist in Tab. 2.1 und die Linearkombinationen sind in Abb. 2.1
enthalten.
16
7DE�����: Prozentuale Anteile der Hauptkomponente I und der Hauptkomponente II in
den Spektren. N entspricht dem Index des Spaltenvektors G � .N Hauptkomponente I [%] Hauptkomponente II [%]
1 100 0
2 75 25
3 50 50
4 25 75
5 0 100
$EE�� ���: Linearkombinationen von zwei Gaußfunktionen entsprechend des in
Tab. 2.1 gegebenen Konzentrationsprofiles. Die Nummern an den Funktionen
entsprechen den Indizes der Spaltenvektoren G � .
In den Spalten von ' ( befinden sich die zum jeweiligen Argument [ zugehörigen
Amplituden der Linearkombinationen. Die Kovarianzmatrix, = ( , hat entsprechend Gl.
(2.13) folgende Form:
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.50.00
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40
�
�
�
�
� Hauptkomponenten
Linearkombinationen
Am
plitu
de
[
17
1.00000
0.95660
0.77769
0.48546
0.20961
0.95660
1.00000
0.92714
0.71916
0.48546
0.77769
0.92714
1.00000
0.92714
0.77769
0.48546
0.71916
0.92714
1.00000
0.95660
0.20961
0.48546
0.77769
0.95660
1.00000
=-= (2.14)
Nach Gleichung (2.13) enthält = ( das Skalarprodukt aller Paare der Spaltenvektoren
G � der Datenmatrix. Da die Datenmatrix normiert wurde, entsprechen die Elemente
von = ( dem Kosinus des Winkels zwischen den jeweiligen Spaltenvektoren G � . Weil
die Datenmatrix aus zwei linear unabhängigen Hauptkomponenten gebildet wurde,
werden alle linear abhängigen Spaltenvektoren von ' ( innerhalb der von den
Spaltenvektoren der Hauptkomponenten aufgespannten Ebene liegen. Das gilt
strenggenommen nur, wenn im Konzentrationsprofil keine negativen Werte
zugelassen sind und die Funktionswerte der Hauptkomponenten im Positiven liegen.
Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß unter diesen Bedingungen die
Hauptkomponenten jene sein werden, die den größten Winkel aufspannen. In
diesem Fall bilden Spektum 1 und Spektrum 5 eine Basis des zweidimensionalen
Faktorraumes. Eine graphische Darstellung zur vektoriellen Interpretation des
Zusammenhanges zwischen Korrelationsmatrix und Datenmatrix ist durch Abb. 2.2
gegeben.
18
$EE�����: Vektorielle Beziehungen zwischen Datenmatrix und Korrelationsmatrix.
Beispielsweise ergibt sich der Winkel zwischen dem Vektor G1 und dem Vektor G3 mit
]1,3 zu 38.9504�. Da die Korrelationsmatrix gleich ihrer Transponierten ist, ergibt sich
für ]3,1 der gleiche Winkel. Die Diagonalelemente von =n ergeben einen Winkel von
0�, da das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst Eins ergeben muß. Mit dem
Diagramm von Abb. 2.2 ist es mit Hilfe der linear unabhängigen Spaltenvektoren der
Hauptkomponenten möglich, zu einer gegebenen Zeile der Datenmatrix alle
Elemente der linear abhängigen Spaltenvektoren abzulesen [35]. Hierzu wird das Lot
auf dem Spaltenvektor G1 und G5 gefällt. Der Abstand zur Basis ist gleich dem Wert
der Elemente von G � ,1und G � ,5 und somit der Amplitude der Hauptkomponenten. Der
Schnittpunkt der beiden Geraden sei P. Wenn von P aus das Lot zu den
Spaltenvektoren G� gefällt wird, dann entsprechen die Abstände der Schnittpunkte
auf G� zur Basis den Amplituden der Linearkombinationen G � in der L’ten Zeile. Für die
3. Linearkombination G3 ergibt sich in der Zeile L = 23 eine Amplitude von 0.2458. Die
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0°
30°
60°
90°
120°
150°
180°
210°
240°
270°
300°
330°
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
P
G5
G. / 0
G4
G3
G2
G1
Am
plitu
de
19
Zeile 23, der Linearkombination G3, entspricht dem Argument [ = 1.1. Eine be-
merkenswerte Eigenschaft dieser graphischen Darstellung ist, daß Vorhersagen zu
fehlenden Elementen der Datenmatrix getroffen werden können. Zu einem
Datenpunkt der Hauptkomponenten läßt sich mittels der o.g. Prozedur graphisch ein
Punkt finden, der auf den von den Linearkombinationen gebildeten Vektoren liegt.
Auf diese Tatsache wird später im Zusammenhang mit der sogenannten Target-
transformation eingegangen. Es wurde bereits erwähnt, daß in diesem Beispiel die
Spaltenvektoren der Hauptkomponenten den größten Winkel aufspannen, weil diese
Komponenten linear unabhängig sind. Es muß in diesem Zusammenhang darauf
hingewiesen werden, daß diese Komponenten nur innerhalb der vorliegenden
Datenmatrix die Rolle der Hauptkomponenten einnehmen. Es ist z.B. möglich, daß
sich die hier genutzten Funktionen der Hauptkomponenten wiederum aus den
Linearkombinationen zweier Funktionen bilden lassen, welche nicht in der
Datenmatrix enthalten sind. Wenn die Funktionen der Hauptkomponenten aus den
Linearkombinationen von zwei anderen Funktionen gebildet werden können, dann
werden diese wieder innerhalb der von den neuen Hauptkomponenten
aufgespannten Ebene des Faktorraumes liegen. Generell sollten demnach
Meßserien so gestaltet werden, daß die Spektren das Maximum der Varianz
erreichen [38].
Das aufgezeigte Beispiel beinhaltet zwei Haupkomponenten. Wenn ein Spalten-
vektor von ' nicht in der Ebene liegt, so ist der Faktorraum dreidimensional. Es sind
dann drei Faktoren notwendig, um die Datenmatrix beschreiben zu können. In vielen
Fällen beschreiben mehr als zwei Hauptkomponenten die Meßdaten. Der Faktorraum
ist dann graphisch nicht mehr sinnvoll darstellbar. Außerdem wird es mit
zunehmender Anzahl von Faktoren schwieriger, eine geeignete Basis zur Be-
schreibung des Faktorraumes zu finden.
Wenn es gelingt, Vektoren zu finden, welche nach einer linearen Transformation des
Faktorraumes unverändert bleiben, oder in ein Vielfaches (l) ihrer selbst übergehen,
so können diese als eine geeignete Basis des Faktorraumes definiert werden. Die zu
lösende Aufgabe besteht darin, die Vektoren T zu finden, für die gilt:
= ( T = lT (2.15)
20
Gleichung (2.15) stellt eine Eigenwertaufgabe dar und l wird folglich als Eigenwert
bezeichnet [37].
Der linke Term von Gl. (2.15) kann als Skalarprodukt aufgefaßt werden. Der Kosinus
des Winkels zwischen dem Vektor T und einem Zeilen- oder Spaltenvektor ] 1entspricht dem Produkt aus l und dem Element den N’ten Zeile von T. Die
Korrelationsmatrix kann somit durch die Vektoren, welche Gl. (2.15) erfüllen,
unverändert dargestellt werden Gl. (2.16) und (2.17).
= ( �= l1T1T1'+ l2T2T2' +...+ l 2 T 2 T 2 ' (2.16)
Die einzelnen Vektoren T bilden die Spalten einer Matrix 4. Da jetzt eine Basis der
Eigenvektoren T existiert, können die Spaltenvektoren von ' ( auch in relativen
Winkeln zu den Basisvektoren T, ähnlich zu Abb. 2.2, dargestellt werden. Es ist
somit:
µ (] 1 ,T3 ) = cos-1( 4 55 Tl ) mit N = 1,...,F und M = 1,...,F (2.17)
Der im rechten Term von Gl. (3.17) stehende Ausdruck, 4 55 Tl , repräsentiert die
Faktorenladungen der Eigenvektoren [35]. Maximal können so viele Eigenwerte l
und dazugehörige Eigenvektoren T gefunden werden wie die Korrelationsmatrix
Spalten bzw. Zeilen hat. Es kann gezeigt werden, daß die Eigenvektoren orthogonal
zueinander sind. Wie später anhand von Gl. (2.36) dargestellt wird, beziehen sich die
Basisvektoren T3 auf die Spaltenvektoren der Hauptkomponenten U3 �von 5, denn die
Elemente der Basisvektoren können als Werte eines Skalarproduktes zwischen den
normierten G1 und den Vektoren U3 �aufgefaßt werden. Außerdem ist ersichtlich, daß
die Anzahl der notwendigen Basisvektoren zur Beschreibung des Faktorraumes
gleich dem Rang der Datenmatrix sein muß. Für das o.g. Beispiel ergibt sich, daß die
Anzahl der neuen Basisvektoren gleich zwei ist, denn mit zwei Hauptkomponenten ist
die gesamte Varianz der Daten zu erklären. Für dieses Beispiel ergibt sich ein zu
Abb. 2.2 ähnliches Diagramm für die Darstellung des zweidimensionalen
Faktorraumes, Abb. 2.3.
21
$EE�����: Darstellung des Faktorraumes mittels der neuen Basisvektoren T1 und T2.
Bei einem Vergleich der Abbildung 2.2 und 2.3 kann leicht überprüft werden, daß die
Winkel zwischen den Spaltenvektoren G 1 unverändert bleiben. Der Vektor G3 liegt auf
dem Basisvektor T1. Die Ursache hierfür ist, daß der erste Eigenvektor gleich zu dem
Vektor ist, der aus der Mittelung aller Linearkombinationen entsteht. Die Linear-
kombination 3 stellt einen solchen Vektor dar. Es kann somit geschlußfolgert werden,
daß der dem ersten Eigenvektor T1 entsprechende Spaltenvektor U1 der Matrix 5
ähnlich zum dritten Spaltenvektor der Datenmatrix sein muß. Der Winkel zwischen
diesen Vektoren ist 0�. Sämtliche Linearkombinationen bzw. Spaltenvektoren der
Datenmatrix können entsprechend der o.g. graphischen Auswertung unter
Verwendung der Abb. 2.3 aus den Basisvektoren T1 und T2 bzw. U1 und U2 gebildet
werden. Die nach der linearen Transformation durch Gl. (2.15) hervorgegangenen
Eigenvektoren T müssen nicht den realen Basisvektoren der Datenmatrix
entsprechen. Sie stellen gewissermaßen eine rein mathematische Basis des
Faktorraumes dar und werden deshalb auch als abstrakte Hauptkomponenten oder
abstrakte Faktoren bezeichnet. Bevor auf den Zusammenhang zwischen der neuen
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0°
30°
60°
90°
120°
150°
180°
210°
240°
270°
300°
330°
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
T2
T1
G5
G4
G3 G2
G1
Am
plitu
de
22
Basis des Faktorraumes und der Darstellung der Gl. (2.6) eingegangen wird, kann
zusammenfassend Folgendes festgestellt werden:
1. Die Datenmatrix, welche mittels Gl. (2.6) erzeugt wurde, kann unter Zuhilfenahme
der Korrelationsmatrix, Gl. (2.13), im Faktorraum vektoriell dargestellt und
interpretiert werden, Abb. 2.2.
2. Die Lösung der Eigenwertaufgabe liefert eine orthogonale Basis von
Eigenvektoren. Die Eigenvektoren verkörpern die abstrakten, latenten Haupt-
komponenten, welche in der Datenmatrix enthalten sind.
3. Der gesamte Faktorraum und damit die Datenmatrix können mittels ihrer
Eigenvektoren dargestellt werden, Abb. 2.3.
4. Es werden nicht alle Eigenvektoren benötigt, um die Spaltenvektoren der
Datenmatrix zu reproduzieren.
Die für das Beispiel verwendete Datenmatrix entstand durch Anwendung von
Gl. (2.6). Die aus der Korrelationsmatrix, durch lineare Transformation, hervor-
gegangenen orthogonalen Basisvektoren T ermöglichen mit den dazugehörigen
Eigenwerten l eine Rekonstruktion der Datenmatrix. Somit kann der Faktorraum mit
dem auf der rechten Seite von Gl. (2.15) stehenden Term dargestellt werden. Wenn
die Eigenwerte und die Eigenvektoren in Matrixform dargestellt werden, und
unnormierte Daten benutzt werden, dann ergibt sich analog zu Gl. (2.15) die
Gleichung (2.18). Bei Verwendung normierter Daten, ist = durch = ( zu erstetzen.
=4 = L4 (2.18)
mit
L = [l3 d3�1 ] (2.19)
ÓÒÑ
=
�=
NM
NM6 7 n wen1
n wen0d
(d3�1 - „Kronecker Delta“)
23
Die Lösung der Eigenwertaufgabe nach den Gleichungen (2.18) und (2.19) bedeutet
eine Transformation der Matrix = auf die Matrix L. Da = eine symmetrische Matrix ist,
kann dies durch eine Ähnlichkeitstransformation erreicht werden. Eine symmetrische
Matrix kann damit zu einer sehr einfach strukturierten Diagonalmatrix L� überführt
werden.
Die Kovarianzmatrix kann innerhalb einer Ähnlichkeitstransformation [37] als eine
diagonalähnliche Matix betrachtet werden. Eine diagonalähnliche Matrix ist der
Diagonalmatrix ähnlich, das bedeutet, daß beide Matrizen zu den gleichen
Eigenwerten auch die gleiche Anzahl linear unabhängiger Eigenvektoren besitzen.
Für jede diagonalähnliche Matrix = gibt es eine nichtsinguläre Matrix 4, so daß
L = 4-1 =4� (2.20)
eine Diagonalmatrix ist. Da die Diagonalelemente von L gleichzeitig die Eigenwerte
von L sind, müssen sie wegen der Invarianz der Eigenwerte gegenüber einer
Ähnlichkeitstransformation mit den Eigenwerten l1,l2,...,l 2 von = übereinstimmen.
Die linear unabhängigen Eigenvektoren von L sind z.B. H1, H2,...,H 2 . Die linear
unabhängigen Eigenvektoren von = sind 4H1, 4H2,...,4H 2 - das sind aber gerade die
F linear unabhängigen Spaltenvektoren T3 von 4. Diese Transformation entspricht
einer Koordinatentransformation der von der Matrix = vermittelten linearen Abbildung
im Q-dimensionalen Faktorraum mit den Basisvektoren H3 auf das neue von 4
erzeugte Koordinatensystem von L mit den Basisvektoren T3 . Die Ähnlichkeits-
transformation stellt damit gleichzeitig eine Streckung bzw. Stauchung der
Koordinatenachsen bzw. Hauptachsen dar. Deshalb wird diese Art der linearen
Transformation auch als Hauptachsentransformation oder Diagonalisierung von =
bezeichnet [39].
Die Matrix L hat als Diagonalmatrix nun die Form:
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
=
8l
l
l
L
MMM
L
L
00
00
00
2
1
L (2.21)
24
Die Eigenvektoren von 4 sind orthogonal, es gilt demnach:
4-1 = 4’ (2.22)
Die Eigenvektoren in 4 bilden die nach der Hauptachsentransformation hervorge-
gangene linear unabhängige Basis des neuen Koordinatensystemes [35, 40].
Die folgenden Schritte werden zeigen, daß 4 identisch zu & in Gl. (2.6) ist [35].
Wenn es gelingt, auch die Zeilenmatrix 5 ausschließlich unter Verwendung der
Datenmatrix ' zu ermitteln, dann kann ' mit Gl. (2.6) reproduziert werden.
Die Gl. (2.20) kann mit Hilfe von Gl. (2.10) zu Gl. (2.23) umformuliert werden:
4-1=4 = 4-1'''4 (2.23)
Eine Matrix 3 wird eingeführt mit:
3�= '4 (2.24)
Mit Gl. (2.22) und Gl. (2.24) ist:
4-1=4 = 4''''4 (2.25)
= 3'3
Durch Umstellen der Gl. (2.24) nach ' ergibt sich:
'� �34' (2.26)
Bei einem Vergleich der Gl. (2.26) mit Gl. (2.6) kann gefolgert werden, daß:
4' = & (2.27)
und 3 = 5 ist.
25
Unter Verwendung von Gl. (2.27) und Gl. (2.22) ist:
&-1 = &’ (2.28)
Gleichung Gl. (2.6) kann nach 5 aufgelöst werden, Gl. (2.29).
5 = '&-1 (2.29)
Unter Berücksichtigung der Orthogonalität der Spaltenvektoren von &, entsprechend
Gl. (2.28) ist:
5 = '&' (2.30)
Daraus ergibt sich, daß die Datenmatrix ' in Gl. (2.6) durch die Zerlegung der
Kovarianzmatrix in ihre Eigenvektoren mit 5& = ' reproduzierbar ist.
Die Winkel µ (] 1 ,T3 ), Gl. (2.17), können auch mittels den Spaltenvektoren U3 und G 1ausgedrückt werden. Die Gl. (2.6) kann mit Hilfe von Gl. (2.30) in der Form
' = U1T1 + U2T2 +...+ UcTc (2.31)
formuliert werden.
Die Multiplikation von Gl. (2.31) mit U3 ' unter Berücksichtigung der Orthogonalität der
Vektoren U3 liefert:
U3 '' = U3 ' U3 T3 mit M�=1,...,F (2.32)
Es kann gezeigt werden, daß
l3 = U3 ' U3 = Ê9:; ; <
1
2U ist. (2.33)
26
Mit Gl. (2.32) ist
U3 ’' = l3 T3 (2.34)
und
U3 ’'�=�=T3 (2.35)
Eine Kombination von Gl. (2.34) und (2.35) ist äquivalent zu Gl. (2.16). Die Gleichung
(2.34) bringt zum Ausdruck, daß die Elemente von T3 den Winkeln zwischen den
Spaltenvektoren U3 und den Spaltenvektoren der Datenmatrix G 1 entsprechen. Es ist
somit:
µ (] 1 ,T3 ) = µ (G 1 ,U3 ) = cos-1( << Tl ) mit N = 1,...,F und M = 1,...,F (2.36)
Gl. (2.36) zeigt, daß die Spaltenvektoren von 5 sich auf die gefundenen
orthogonalen Basisvektoren T beziehen. Die Spaltenvektoren von 5 entsprechen
den Funktionen der Hauptkomponenten, welche den Q-dimensionalen Faktorraum
definieren.
Durch die Änderung des Koordinatensystemes bzw. der Basis zur Beschreibung des
Faktorraumes werden Vektoren als auch Matrizen einer Transformation unterworfen.
Deshalb enthalten 5 und &�keine physikalisch sinnvollen Werte. Die Matrix 5 enthält
abstrakte Spektren der Hauptkomponenten und die Matrix & ein abstraktes
Konzentrationsprofil der Hauptkomponenten in den experimentellen Spektren. Die
Matrizen 5 und & werden unter diesen Bedingungen auch als abstrakte Zeilen- und
abstrakte Spaltenmatrix bezeichnet. Mit der Ähnlichkeitstransformation gelingt die
Isolierung einer abstrakten Beschreibung von ' unter Verwendung einer auf rein
mathematischem Weg isolierten orthogonalen Basis des Faktorraumes.
Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die Lösung der Eigenwertaufgabe bzw. die
Ähnlichkeitstransformation eine Basis des Faktorraumes liefert, die aus F Eigen-
vektoren gebildet wird. Die Kovarianzmatrix hat das Format (F,F) und demzufolge F
Eigenwerte. Jedem Eigenwert l3 ist der jeweilige Eigenvektor T3 bzw. F3 ' und
27
Spaltenvektor U3 von 5 zugeordnet. In Abb. 2.4 sind für das Beispiel die Elemente
aller fünf Spaltenvektoren mit den dazugehörigen Eigenwerten der abstrakten
Lösung für 5 dargestellt.
$EE�� ���: Darstellung der Spaltenvektoren der abstrakten Zeilenmatrix 5. l ist der
zugeordnete Eigenwert. (Darstellung mit Offset.)
Aus Abb. 2.4 wird deutlich, daß die Funktion des ersten Spaltenvektors von 5
identisch zur Funktion der dritten Linearkombination im aufgeführten Beispiel ist. Dies
stimmt mit der graphischen Darstellung des Faktorraumes in Abb. 2.3 überein. Der
Winkel zwischen den Vektoren G3 und U1 ist entsprechend Gl. (2.36) null Grad.
Die Datenmatrix kann mit den gefundenen Matrizen 5 und & vollständig reproduziert
werden. Wenn die Matrizen 5 und & die abstrakte Lösung für ' enthalten, dann
bezeichnet man die Reproduktion von ' auch als abstrakte Reproduktion. Wie leicht
gezeigt werden kann, sind nicht alle Eigenvektoren zur abstrakten Reproduktion von
' notwendig. Die Eigenwerte der Faktoren drei bis fünf sind gleich null, deshalb ist
auch die Amplitude der Spaltenvektoren U3 bis U5 gleich Null, Abb. 2.4. Diese
abstrakten Komponenten bzw. Faktoren liefern keinen Beitrag zur abstrakten
Reproduktion der Datenmatrix. Die Datenmatrix kann durch Multiplikation von 5, mit
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.50.0
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
l= = 0.00000
l4 = 0.00000
l3 = 0.00000
l2 = 1.07122
l1 = 3.92878
Am
plitu
de
[
28
dem Format (U,2), mit der abstrakten Konzentrationsmatrix &, mit dem Format (2,5),
vollständig reproduziert werden. Es gibt demnach zwei Faktoren bzw. Haupt-
komponenten in diesem System. Der Rang der Datenmatrix ist gleich zwei. Diese Art
der abstrakten Reproduktion, der eine Beschränkung der Faktorenanzahl
vorausgeht, wird als Faktorenkompression bezeichnet [35]. In Gleichung (2.37)
werden die auf die Anzahl der Hauptkomponenten reduzierten Matrizen &5 und zur
Reproduktion von ' verwendet.
&5'' =@ (2.37)
Wenn die Spektren frei von experimentellen Fehlern sind, dann ist '' = . Im Beispiel
gestaltet sich die Aufgabe die Anzahl der Faktoren zu ermitteln einfach, weil die
Linearkombinationen keinen experimentellen Fehler enthalten. Den beiden ersten
primären Hauptkomponenten bzw. Faktoren sind die sogenannten primären
Eigenwerte zugeordnet. Den Eigenwerten, der für die Reproduktion von ' nicht
erforderlichen sekundären Faktoren, wird demzufolge die Bezeichnung sekundäre
Eigenwerte zugewiesen. In der Realität enthalten die zu analysierenden Spektren
einer Meßserie statistische (Rauschen) und evtl. variierende systematische Fehler.
Die Elemente der den sekundären Eigenwerten zugeordneten Spaltenvektoren von
5 sind dann verschieden von Null und eine präzise Angabe der Anzahl der primären
Faktoren ist nicht mehr trivial. Eine statistische Analyse der abstrakten
Faktorenlösung wird notwendig. Die nächsten Schritte werden zeigen, daß die
sekundären Faktoren, welche zur abstrakten Reproduktion von ' nicht erforderlich
sind, unmittelbar mit dem experimentellen Fehler der Daten in Verbindung stehen
und die Anzahl der primären Faktoren mathematisch analysiert werden kann. Der
Vergleich der Intensitäten des Einflusses der Faktoren auf die Faktorenlösung
machen eine Klassifizierung der Faktoren in primäre und sekundäre Faktoren
möglich. Ein Faktor ist sekundär, wenn sein Einfluß auf die Faktorenlösung der
Größe des experimentellen Fehlers der Daten gleicht. Große Eigenwerte deuten
darauf hin, daß der Einfluß der entsprechenden Faktoren groß ist und es sich damit
um primäre Faktoren handelt. Die sekundären Faktoren beinhalten nur noch den
Anteil des experimentellen Fehlers der Daten. Bei der numerischen Berechnung der
Faktorenlösung entstehen die Faktoren in der Reihenfolge ihrer Intensität. Der erste
Faktor reproduziert die größte Varianz der Daten, der zweite die verbleibende
29
Restvarianz usw., bis schließlich der geringe Einfluß des experimentellen Fehlers,
durch die letzten sekundären Faktoren reproduziert werden kann.
Zunächst soll näher auf die in der vorliegenden Arbeit verwendete Verfahrensweise
zur Gewinnung einer abstrakten Lösung für die Datenmatrix eingegangen werden.
Zur numerischen Berechnung der Eigenwerte und Eigenvektoren kann von
verschiedenen in der Literatur behandelten Prozeduren Gebrauch gemacht werden.
Die wichtigsten und am häufigsten verwendeten Algorithmen sind:
��� 6LQJXOlUZHUW]HUOHJXQJ�±�69' [21, 41-44]
��� 1RQOLQHDU�,WHUDWLYH�3DUWLDO�/HDVW�6TXDUHV - 1,3$/6 [44-46]
��� QR/QL – Algorithmus [41-44, 47]
��� 6XFFHVVLYH�DYHUDJH�RUWKRJRQDOL]DWLRQ [22]
��� Schrittweise Zerlegung der Kovarianzmatrix [46]
In der vorliegenden Arbeit wird von �� Gebrauch gemacht. Dieser Algorithmus liefert
sämtliche Eigenwerte und Eigenvektoren zur vollständigen abstrakten Reproduktion
der Datenmatrix, Gl. (2.6). Die Zeilenmatrix 5 hat das Format (U,F) und die
Spaltenmatrix & hat das Format (F,F). Die Eigenvektoren (Zeilenvektoren von &)
bilden ein orthogonales Koordinatensystem des Faktorraumes und beschreiben
damit die „maximal mögliche“ Varianz der Spektren. Um diese „maximal“ linear
unabhängigen Vektoren zu finden, wird der „maximal“ mögliche Beitrag des Faktors
zur Reproduktion der Datenmatrix berechnet. Dieser Zusammenhang stellt sich wie
folgt dar [35]:
Die gesamte Faktorenlösung besteht aus F Eigenwerten und den zugeordneten
Spaltenvektoren von 5�und den Zeilenvektoren von &. In Gl. (2.4) wird Q durch F
ersetzt, Gl. (2.38).
FN
FM
UL
FUG
>? ? @A ?A @
,,1
,,1
,,1
mit 1
K
K
K
=
=
=
= ÊB (2.38)
30
Aus Gl. (2.38) folgt, daß der Ausdruck für die Datenmatrix mit
' = U1F1' +�U2F2' + ... + U C F C ' (2.39)
gegeben ist. Um den ersten Faktor U1F1' zu finden, werden die Elemente der
verbleibenden Restfehlermatrix ( D in der Gestalt:
' = U1F1' +�( D (2.40)
und damit
( D = ' - U1F1' (2.41)
minimiert. Der zweite Faktor U2F2' ergibt sich analog aus der Minimierung der
Elemente der zweiten Restfehlermatrix ( E von Gl. (2.42)
( E = ( D – U2F2' (2.42)
Dieser Algorithmus endet mit N = F, Gl. (2.43).
( F = ( FHG�D – U I F I ' (2.43)
Für die Zugrundelegung der Kovarianzmatrix ergibt sich ein ähnlicher Formalismus.
Die Multiplikation von Gl. (2.39) mit '' liefert:
'''�= (U1F1') ' (U1F1') +�(U2F2') ' (U2F2') + ... + (U C F C ') ' (U C F C ') (2.44)
und unter Berücksichtigung von Gl. (2.40) ist:
= = (U1F1') ' (U1F1') + ( D '( D (2.45)
Der Ausdruck (U1F1')'(U1F1') in Gl. (2.45) läßt sich wegen Gl. (2.33) zu l1F1F1'
zusammenfassen. Mit ( D '( D = 5 D ist:
31
= = l1F1F1’ + 5 D (2.46)
Analog zu Gl. (2.41) kann für den verbleibenden Rest 5 D der Reproduktion von = mit
dem ersten Faktor
5 D = = - l1F1F1' (2.47)
gefunden werden. Die Elemente der Matrix 5 D werden minimiert. Der zweite Faktor
ergibt sich entsprechend aus der Minimierung der Elemente der Matrix 5 E von
Gl. (2.49).
5 E = 5 D - l2F2F2' (2.49)
Der Algorithmus endet mit N = F, Gl. (2.50).
5 F = 5 FHG�D - l I F I F I ' (2.50)
Unter Voraussetzung der Orthogonalität der Eigenvektoren, FJ 'F I = dJ�I , Gl. (2.51), ist
durch Multiplikation von Gl. (2.50) mit F ILKNM
ÓÒÑ
=
�=
NM
NMO P n wen1
n wen0d (2.51)
5 F F IHKNM = l I +1F I +1 (2.52)
Der Ausdruck (2.52) stellt die numerische Basis der schrittweisen Zerlegung der
Kovarianzmatrix dar. Für die Berechnung der abstrakten Faktoren kann somit
folgende Prozedur vermittelt werden [46]:
Die Anzahl der Spektren beträgt F.
Start mit N = 0.
32
6FKULWW��
Berechnung der Kovarianzmatrix mittels Gl. (2.10).
6FKULWW��
Für die Elemente des Vektors F I +1 werden als Startwerte Zufallszahlen benutzt.
6FKULWW��
Wenn der erste Faktor berechnet wird, erfolgt Multiplikation der Kovarianzmatrix mit
dem Vektor F1. Wenn der nächste Faktor berechnet wird, erfolgt Multiplikation der
Matrix 5 F mit dem Vektor F I +1, Gl. (2.52).
6FKULWW��
Berechnung des Eigenwertes mit:
( ) 2/1
1’
11 QQQ = RRR FFl .
Der so ermittelte Eigenwert stellt die Normierungskonstante von F I +1 dar.
6FKULWW��
Normierung des Vektors F I +1 durch Division mit l I +1.
Wenn F I +1 konvergiert, wird mit 6FKULWW�� fortgesetzt, sonst mit 6FKULWW��.
6FKULWW��
N�= N+1
Berechnung von 5 F mit Gl. (2.50).
Falls N = 2 ist dann ist 5 F = = - l1F1F1'.
Wenn N+1 = F ist, werden in 6FKULWW�� die Zeilenvektoren von 5 berechnet.
Wenn N+1 < F ist, wird mit 6FKULWW�� fortgesetzt.
6FKULWW��
Die Zeilenvektoren von 5 werden nun mit Gl. (2.30) berechnet.
6FKULWW��
Die berechneten Vektoren F I +1 werden in der Matrix & zusammengefaßt.
Die Datenmatrix kann mit ' = 5& vollständig abstrakt reproduziert werden.
33
Die berechneten Eigenvektoren können nachträglich auf ihre Orthogonalität überprüft
werden. Der dargelegte Algorithmus und insbesondere Gl. (2.43) und Gl. (2.50)
machen deutlich, daß die Eigenwerte in der Reihenfolge ihrer Größe bzw. ihres
Beitrages zur Varianz der Daten entstehen. Jedem Zeilenvektor FJ ' von & ist der
Spaltenvektor UJ von 5 zugeordnet. Mit Gl. (2.31) ist
' = ' D + ' E + ... + 'S + ... + ' T (2.53)
und 'S = UJ FJ '. Jedem 'S ist ein entsprechender Eigenvektor FJ zugeordnet und ein
Eigenwert lJ = UJ '�UJ , Gl. (2.33). Der assozierte Eigenwert lJ repräsentiert damit nach
Gl. (2.10) den Beitrag der Komponente M zur Varianz der Datenmatrix '. In der
Diagonalmatrix L befindet sich danach der größte Eigenwert in der linken oberen
Ecke. Die zum ersten Eigenwert l1 zugeordneten Vektoren F1 und U1 liefern den
größten Beitrag zur Reproduktion der Datenmatrix. Der zum Eigenwert l1 zu-
geordnete Faktor UJ FJ ist somit immer primärer Faktor der abstrakten Faktorenlösung.
Die prozentualen Beiträge der Faktoren zur Varianz können deshalb mit:
ÊU= V
W WW
M
1
)var(l
l (2.54)
ausgedrückt werden [35]. Wie bereits erwähnt, kommt es bei verrauschten Spektren
zu Eigenwerten, die allesamt verschieden von Null sind. In solchen Fällen kann die
Anzahl der „wichtigen“ bzw. primären Faktoren näherungsweise durch Gl. (2.54)
abgeschätzt werden. Nach dem ersten sekundären Eigenwert kommt es zu einem
drastischen Abfall von var(M). Eine genauere Methode zum Auffinden der primären
Faktoren ergibt sich aus den folgenden Überlegungen [35].
Die komplette Faktorenlösung ergibt sich unter Verwendung aller F Faktoren. Mit
Gl. (2.6) und Einführung der Fehlermatrix ( ist [35, 40, 48]:
' = 5 & + ( (2.55)
34
Der Term 5 & entspricht der Datenmatrix, welche frei vom experimentellen Fehler
ist. In der Matrix ( befinden sich die Beiträge der Fehler der primären (m ) und
sekundären (0) Faktoren zur Reproduktion von '. In ausführlicher Form ist:
(2.56)
&&
ßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏ
Ð
Î
+
ßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏ
Ð
Î
=
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
X
XX
001,1
02
01,2221
01
01,1111
*
**1
*2
*21
*1
*11
21
22221
11211
00
00
00
Y Z[YY [Y
Z[[Z[[
Y [Y
[[
Y ZYY
ZZ
UU
UU
UU
GGG
GGG
GGG
ssss
ssss
ssss
LL
MMMM
LL
LL
LL
MMMM
LL
LL
L
MMM
L
L
\\
\\\\
Für ein Element der Datenmatrix, G ] I gilt entsprechend Gl. (2.56):
( )Ê Ê Ê^ ^ _^ ÜÜÝ
ÛÌÌÍ
Ë+++=
`a
ba
`ba a cd aa cd aa cd ad c FFFUG
1 1 1
0** 0 sse
(2.57)
Gleichung (2.57) kann zu Gl. (2.58) umgestellt werden.
( )Ê Êf gf++=hi
jhi i kl ii kl ii kl il k FFFUG
1 1
0** ssm
(2.58)
Der Term ( )Ên +op p qr pp qr p FFU
1
** ss beinhaltet entsprechend der Einteilung der Faktoren die
primären Faktoren und der Term p qtop r p FÊun
1
0s die Anteile der sekundären Faktoren. Die
Gleichung (2.58) macht deutlich, daß sich ein Anteil des experimentellen Fehlers mit
den primären Faktoren „mischt“. Die sekundären Faktoren beinhalten ausschließlich
den experimentellen Fehler bzw. die Eineindeutigkeiten der Spaltenvektoren von '.
Durch Einsetzten von v wx vv wx vv wx v FFUFUy
s+= ** in Gl. (2.58) ergibt sich:
Ê Êz {z+=|}
~|} } �� }} �� }� � FFUG
1 1
0s (2.59)
35
In Matrixform kann Gl. (2.59) innerhalb der gesamten Faktorenlösung durch
' = 5�& + 5
�& (2.60)
mit
ßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏ
Ð
Î
�
00
00
00
1
221
111
#
LL
MMMM
LL
LL
� ��
��
UU
UU
UU
5 (2.61)
und
ßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏ
Ð
Î
�
�
��
001,
02
01,2
01
01,1
0
00
00
00
� ���
����
ss
ss
ss
LL
MMMM
LL
LL
5 (2.62)
formuliert werden. Bei der Faktorenkompression werden die sekundären Faktoren
nicht berücksichtigt. Die nach der Faktorenkompression hervorgegangene Daten-
matrix �
' kann nun mittels Gleichung (2.63) dargestellt werden.
�' = 5#&
= ��
&5 (2.63)
Die Matrix �
& enthält nur die primären Eigenvektoren und die Matrix �
5 die
zugeordneten Spaltenvektoren. Die Differenz zwischen der mit den Q primären
Faktoren abstrakt reproduzierten Datenmatrix �
' und der Datenmatrix ' ist laut
Gl. (2.60) und Gl. (2.63) 5�&. Der Term 5
�& wird zu einer Fehlermatrix (
�
zusammengefaßt. In (� befinden sich ausschließlich die Beiträge des experi-
mentellen Fehlers der Datenmatrix. Durch Gl. (2.10), Gl. (2.44) und Gl. (2.33) kann
die Kovarianzmatrix in
36
ÊÊ {zz +=+= ��
1
’0
1
’ FFFF=== � llss (2.64)
zerlegt werden mit:
QMU
�� � �� ,...,1 mit
1
2 == ��
l (2.65)
( ) FQM
�� � �� ,...,1 mit
1
200 +== � sl (2.66)
Hieraus wird deutlich, daß die sekundären Eigenwerte nach Gl. (2.9) gleich der
Varianz der sekundären Spaltenvektoren von 5� sind. An dieser Stelle wird ein
Zusammenhang zwischen der bekannten Standardabweichung der Spektren und
den sekundären Eigenwerten erkennbar. Ein quantitativer Zusammenhang zwischen
den Eigenwerten und der Standardabweichung kann unter der Berücksichtigung, daß
die Spur der Kovarianzmatrix invariant zur Ähnlichkeitstransformation nach Gl. (2.20)
ist, gefunden werden. Für die Spaltenvektoren der Datenmatrix ' ergibt sich:
( )Ê ÊÊz zz ==�
6SXUG1 11
2 l= (2.67)
Unter Verwendung der primären und sekundären Eigenwerte ist:
Ê Ê Êz z {z+=�
�1 1 1
0lll�
(2.68)
Für die Spaltenvektoren � �
G der reproduzierten Datenmatrix �
' ist
( )Ê ÊÊz�z ==� �
6SXUG1 1
2���
l= (2.69)
Bei der Subtraktion der Gleichung (2.69) von Gl. (2.67) ergibt sich mit Anwendung
von Gl. (2.68) und Gl. (2.66) die Gleichung (2.70).
37
( ) ( )Ê Ê Ê ÊÊ� �� � ��� ==-��
���
��
��� � ��
�� � �� � GG
1 1 1 1
200
1
22 sl
(2.70)
Durch den Vergleich von Gleichung (2.70) mit Gl. (2.71) und Gl. (2.71a) und der
Darstellung von ( in Gl. (2.56)
' - �
' = (� = Ê¡¢
£¤¥ ¥¥
1
’0Fs (2.71)
( = �
( + (¦
= ÊÊ §¨¨ +©ª« ««
ª« ««
1
’0
1
’ FF ss¬
(2.71a)
kann erkannt werden, daß sich der Term auf der rechten Seite von Gl. (2.70) mit dem
Ausdruck ( )Êʨ¨ª« «
1 1
2¬s und Anwendung der Definition der Standardabweichung (67')
zu Gl. (2.72) zusammenfassen läßt.
( ) ( ) ( )Ê Ê ÊÊÊʨ ¨ §¨¨¨¨ +==©ª« «
ª« «
©H67'UF
1 1 1
20
1 1
2
1
22ss
¬ (2.72)
Die Elemente H ® ¯ beziehen sich auf die Elemente der Fehlermatrix (. Die Terme in
Gl. (2.72) lassen sich mit vorheriger Division durch die Gesamtzahl der Elemente UF
vereinfacht mit Gl. (2.74) und Gl. (2.75) darstellen.
Mit
( ) ( ) ( ) ( )2222 )(67'
UF
QFU67'
UF
UQ5(
UF
UF67'
-+== (2.73)
ist
( ) ( ) ( ) ( )222267'
F
QF67'
F
Q5(67'
-+== (2.74)
und
38
(67')2 = (5()2 = (,()2 + (;()2 (2.75)
Die Gleichungen (2.74) und (2.75) sind für die Faktorenanalyse von fundamentaler
Bedeutung. Entsprechend dieser Gleichungen setzt sich der reale experimentelle
Meßfehler (5(� ±� UHDO� (UURU) aus der Summe der Quadrate des zurückbehaltenen
Fehlers (,(�� LPEHGGHG� (UURU) der abstrakten Faktorenlösung und dem durch die
Faktorenkompression extrahierten Fehler (;(� ±� H[WUDFWHG� (UURU) zusammen. Die
Gl. (2.74) zeigt, daß der in der abstrakten Reproduktion zurückbehaltene Fehler (,()
kleiner als der reale experimentelle Meßfehler (5() ist, da nur die primären Faktoren
zur abstrakten Reproduktion benutzt werden und damit Q<F gilt. Die mit der richtig
gewählten Anzahl von Faktoren reproduzierten Spektren sind somit den unbe-
kannten, fehlerfreien Spektren ähnlicher als die zugrundeliegenden Meßdaten. Der
Zusammenhang in Gl. (2.75) kann unter Verwendung des Satzes von Pythagoras
grafisch dargestellt werden, Abb. 2.5 [40, 48].
$EE������ Beziehungen zwischen den Fehlerarten 5(, ,( und ;(.
Die theoretischen Fehlerarten lassen sich mit Verwendung der sekundären
Eigenwerte berechnen. Mit den jeweils auf der rechten Seite von Gl. (2.72) und
(2.73) stehenden Terme ist:
( ) ( )Ê Ê° ±°=ÜÝ
ÛÌÍ
Ë - ²³
´µ¶ ³ ¶67'
F
QFUF
1 1
202s (2.76)
' Datenmatrix
' reine Datenmatrix
Reproduzierte ·
'Datenmatrix
5(
;(
,(
39
Mit Auflösen von Gl. (2.76) nach 67'� und Anwendung der Gl. (2.70) folgt ein
elementarer Zusammenhang zur Berechnung des realen experimentellen Meßfehlers
(5(), Gl. (2.77).
2/1
1
0
)(ÜÜÜÜÜ
Ý
Û
ÌÌÌÌÌ
Í
Ë
-==
ʹQFU
5(67'
º»¼ ¼l
(2.77)
In ähnlicher Weise kann für den zurückbehaltenen Fehler (,() Gl. (2.78) angegeben
werden.
2/1
1
0
)(ÜÜÜÜÜ
Ý
Û
ÌÌÌÌÌ
Í
Ë
-=
ʽ¾QFUF
Q
,(
¿ÀÁ Ál
(2.78)
Für den extrahierten Fehler (;() ergibt sich Gl. (2.79).
F
QF5(;(
-= (2.79)
Durch den Vergleich von 5( mit dem bekannten experimentellen Fehler der
Meßdaten kann festgestellt werden, wieviele primäre Faktoren zur Beschreibung des
Faktorraumes notwendig sind. Wenn 5( gleich dem Fehler der Meßdaten mit
Verwendung von M Faktoren zur abstrakten Reproduktion ist, dann ist der Rang der
Datenmatrix M. Anhand des o.g. Beispieles soll das Verhalten der theoretischen
Fehlerarten verdeutlicht werden. Für diesen Zweck wird den Daten der „reinen“
Linearkombinationen ein Rauschen addiert. Das Rauschen soll Werte von +.25 bis
–.25 haben. Die Anzahl der Punkte pro Linearkombination beträgt 50. Das addierte
Rauschen kann mit Hilfe der Standardabweichung 67'( ÂLÃLÃ )�quantisiert werden.
40
Es ergibt sich:
14524.0250
1 50
1
5
1
2)()( == ÊÊÄÅÄÆÈÇ Æ ÇÉËÊËÊÉËÊËÊ H67' (2.80)
Die Elemente H2( ÂLÃLÃ ) ® ¯ stellen die Elemente der oben eingeführten Fehlermatrix ( dar,
welche mit der reinen Datenmatrix 'Ì durch Addition die Datenmatrix ' ergibt. Durch
die Diagonalisierung von = entstehen sämtliche Eigenwerte und Eigenvektoren. Die
Eigenwerte und die theoretischen Fehlerfunktionen sind in Tab. 2.2 wiedergegeben.
7DE�����: Die Eigenwerte und die Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q�a)l Í 5( Í ,( Í ;( Í ,1'*103 [(,( Í )2 + (;( Í )2]1/2
1 85.39325 0.39929 0.17857 0.35714 24.956 0.39929
2 28.90471 0.14101 0.08918 0.10922 15.668 0.14101
3 1.34346 0.12803 0.09917 0.08097 32.006 0.12803
4 0.85484 0.12524 0.11201 0.05601 125.236 0.12524
5 0.78421 - - - -
a) Nummer des Faktors
Zu jedem Faktor Q ist der jeweilige Eigenwert und somit eine Spalte von 5 und eine
Reihe von & zugeordnet. Der erste Eigenwert bezieht sich auf den ersten primären
abstrakten Faktor, der für den Hauptteil der Varianz in den Spektren verantwortlich
ist. Dieser Eigenwert hat demnach den größten Wert. Wie die Tab. 2.2 zeigt, ist der
extrahierte Fehler (;(1) nach der abstrakten Reproduktion der Datenmatrix mit dem
ersten abstrakten Faktor am größten. Es bleibt jedoch noch ein großer Fehlerrest
zwischen reproduzierter und reiner Datenmatrix übrig – der zurückbehaltene Fehler
(,(1) mit einem Wert von 0.17857. Mit der abstrakten Reproduktion der Datenmatrix
durch die zusätzliche Anwendung des zweiten abstrakten Faktors wird deutlich, daß
der extrahierte Fehler (;(2) mit einem Wert von 0.10922 deutlich abnimmt. Der
zurückbehaltene Fehler (,() hat den kleinsten Wert erreicht. Das bedeutet, daß die
Differenz zwischen der abstrakt reproduzierten Datenmatrix und der reinen
Datenmatrix am geringsten ist (s. auch Fig. 2.5). Eine weitere Einbeziehung von
zusätzlichen Faktoren bewirkt eine Vergrößerung der Differenz zwischen der abstrakt
reproduzierten Datenmatrix und der reinen Datenmatrix. Das ist einleuchtend, da mit
41
der weiteren Einbeziehung sekundärer Faktoren bekanntlich auch die abstrakte
Reproduktion des Rauschens eintritt. Bei Anwendung aller fünf möglichen Faktoren
wird auch noch das letzte Glied der „Restvarianz“ 5 4 mit l5F5F5' (Gl. 2.50) abstrakt
reproduziert und die abstrakt reproduzierte Datenmatrix stimmt vollständig mit der
Datenmatrix überein. Um den realen Fehler der Datenmatrix (5() deuten zu können,
müssen die folgenden Überlegungen durchgeführt werden. Die reine Datenmatrix ist
an keiner Stelle der Faktorenanalyse zugänglich. Deshalb beruht die Angabe der
Abweichung der Datenmatrix von der reinen Datenmatrix und damit die Angabe des
theoretischen realen Fehlers (5() der Datenmatrix auf der Annahme, daß die
Faktoren zum Rauschen in der Datenmatrix gleiche Beiträge liefern. Zum Beispiel
ergibt sich für die abstrakte Reproduktion mit zwei Faktoren, daß der Anteil des
extrahierten Fehlers ;(2 = 0.10922 dem Beitrag des Fehlers der drei „extrahierten“
sekundären Faktoren zum realen Fehler der Datenmatrix entspricht. Die sekundären
Faktoren beinhalten nur noch das Rauschen. Damit ergibt sich pro Faktor ein Beitrag
zur Standardabweichung der Datenmatrix von 06306.03
)10922.0( 2
=ÜÜÝ
ÛÌÌÍ
Ë. Auf die
beiden primären Faktoren entfällt somit ein Anteil der Standardabweichung der
Datenmatrix von 08918.0)06306.0(2 2 = . Dieser Wert entspricht theoretisch dem
nicht extrahierbaren Fehleranteil bzw. dem zurückbehaltenen Fehler (,(2). Der reale
Fehler der Datenmatrix ergibt sich folgerichtig aus dem extrahierten Fehler (Beitrag
der sekundären Faktoren) und dem Beitrag des Fehlers der beiden primären
Faktoren. Es wurde vorausgesetzt, daß die Anzahl der sekundären bzw. primären
Faktoren bekannt ist. Wenn die Anzahl der primären Faktoren nicht bekannt ist,
ergibt sich mit dem o.g., daß der reale Fehler (5() genau dann mit der tatsächlichen
Standardabweichung der Datenmatrix übereinstimmt, wenn die richtige Anzahl von
primären Faktoren zur abstrakten Reproduktion verwendet wird. Im Beispiel ergibt
sich für die Einbeziehung des zweiten Faktors ein Wert für 5(2 von 0.14101, der mit
dem Wert von 67'( ÎLÏLÏ )�= 0.14524 - innerhalb der Toleranz - gut übereinstimmt. Die
abstrakte Reproduktion von ' mit zwei primären Faktoren ist in Abb. 2.6 dargestellt.
Abbildung 2.7 enthält die zu den jeweiligen Faktoren zugehörigen Spaltenvektoren
von 5.
42
$EE�������Abstrakte Reproduktion von ' mit Verwendung der ersten zwei primären
abstrakten Faktoren. Darstellung mit Offset.
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5
0
2
4
6
8
10
verrauschte Linarkombinationen reproduzierte Linarkombinationen
Am
plitu
de
[
43
$EE�����: Darstellung der Spaltenvektoren der abstrakten Zeilenmatrix 5. l ist
zugeordneter Eigenwert. Darstellung mit Offset.
Wenn der reale Fehler der Datenmatrix nicht bekannt ist, kann der zurückgehaltene
Fehler (,() zur Ermittlung der Anzahl der primären Faktoren benutzt werden. Wie
bereits oben erwähnt, durchläuft ,( ein Minimum. Das Minimum befindet sich an der
Stelle der korrekt gewählten Anzahl von primären Faktoren. Eine weitere Funktion
zur Bestimmung der Anzahl primärer Faktoren ist die durch MALINOWSKI empirisch
gefundene Indikatorfunktion (,1'), Gl. (2.81) [49].
( )2QF
5(,1'
-= (2.81)
Wie aus Tab. 2.2 hervorgeht, hat die Indikatorfunktion gegenüber der Werte von (,()
einen ausgeprägteren Verlauf. Das Minimum von 15.668, bei Q=2, ist mit Anwendung
der Indikatorfunktion besser lokalisiert.
Die genannten Fehlerfunktionen zur Bestimmung der Faktorenanzahl können
versagen, wenn in den zugrundeliegenden experimentellen Daten systematische
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5
0
5
10
15
20
l5 = 0.78421
l4 = 0.85484
l3 = 1.34346
l2 = 28.90471
l1 = 85.39325
Am
plitu
de
x
44
oder auch innerhalb der Meßserie stark variierende Fehler auftreten. Wenn beispiels-
weise die Spektren eine stark unterschiedliche Statistik (z.B. Rauschen) haben, dann
beinhalten die ersten Faktoren der abstrakten Lösung für ' den größten Anteil des
Rauschens und bei einer weiteren Einbeziehung von folgenden Faktoren nimmt der
zurückbehaltene Fehler (,() ab, wobei dieser kein Minimum durchläuft. Die
Ermittlung der exakten Faktorenanzahl, auf der Basis der theoretischen
Fehlerfunktionen, ist an dieser Stelle nicht mehr möglich. Der Idealfall ist, wenn die
Statistik der einzelnen Spektren einer Meßserie nur von einem konstanten weißen
Rauschen beeinflußt wird. Falls der statistische Fehler der Spektren bekannt ist,
kann durch eine definierte Addition von zusätzlichem Rauschen oder durch Glättung
die Statistik der Spektren kompatibel gemacht werden. Die so modifizierte
Datenmatrix kann die Anwendung der genannten Fehlerfunktionen zur Analyse der
Faktoren ermöglichen.
Die folgenden Schritte der Faktorenanalyse setzten die genaue Kenntnis der Anzahl
primärer Faktoren zur abstrakten Reproduktion von ' voraus. Die gefundene
abstrakte Faktorenlösung im reduzierten Faktorraum wird im Fortgang der Analyse in
die physikalisch sinnvolle, reale Faktorenlösung transformiert.
45
������� 'LH�7UDQVIRUPDWLRQ�GHU�DEVWUDNWHQ�)DNWRUHQO|VXQJ
Die mit der Eigenanalyse gefundene abstrakte Lösung für ' , beschreibt den
reduzierten Faktorraum, Gl. (2.37). Entsprechend von Abbildung 2.2 und 2.3 können
die Werte der Elemente der jeweiligen Spaltenvektoren von ' im zweidimensionalen
Faktorraum mit Hilfe der unter Abschnitt 2.1.2. genannten Prozedur graphisch
ermittelt werden. Für die graphische Konstruktion wird die von den Eigenvektoren
gebildete Basis benutzt. Auch nach einer Rotation der Basisvektoren des
Koordinatensystemes können die Elemente der Spaltenvektoren von ' ermittelt
werden. Die neuen Elemente der Eigenvektoren T� mit T = F', ergeben sich ent-
sprechend der relativen Winkeländerung zwischen den Spaltenvektoren von 5 und
den Spaltenvektoren der Datenmatrix, Gl. (2.36). Unter Berücksichtigung des
Zusammenhanges von Gl. (2.36) ist ersichtlich, daß sich bei einer Rotation der Basis
des Faktorraumes auch die Elemente der den entsprechenden Eigenvektoren
zugeordneten Spaltenvektoren von 5 ändern. Diese Art der Transformation kann mit
Hilfe von Gl. (2.82) formuliert werden [35].
75; =ˆ (2.82)
Die Matrix 7 ist die Transformationsmatrix und die Matrix ; ist die Zeilenmatrix 5 im
neuen Koordinatensystem. Für die Spaltenmatrix & im neuen Koordinatensystem
ergibt sich nach Gl. (2.83):
&7<ÐÑ
=ˆ (2.83)
Mit Gl. (2.37) ist somit
<;' ˆˆ= (2.84)
Das Ziel dieser Transformation bzw. der Rotation der Koordinatenachsen des
Faktorraumes ist die Ermittlung einer physikalisch sinnvollen Lösung für ' unter
Zuhilfenahme der abstrakten Faktorenlösung. Wenn die Transformation erfolgreich
ist, dann entsprechen die Spaltenvektoren von ; den Spektren realer Komponenten
46
und die Zeilenvektoren von < enthalten das Konzentrationsprofil der realen Kom-
ponenten in den Spektren der Meßserie. Es ist dann
75;; Ò ÓËÔ Õ == ˆ (2.85)
und
&7<<Ö× ØËÙ Ú Û== ˆ (2.86)
Als reale Komponenten werden hierbei physikalisch relevante Spektren (;real) bzw.
Konzentrationsprofile (<real) bezeichnet.
In der Literatur werden verschiedene Arten der Rotation beschrieben. Die wichtigsten
Arten der Rotation sind die abstrakte Rotation und der sogenannte Targettest.
Bei einer abstrakten Rotation entsteht aus der abstrakten Faktorenlösung, Gl. (2.37),
nach speziellen mathematischen Kriterien eine neue abstrakte Faktorenlösung.
Hierzu gibt es eine Vielzahl von Rotationsmethoden (VARIMAX, QUARTIMAX,
QUARTIMIN, EQUIMAX, PROMAX, COVARIMIN, OBLIMAX, OBLIMIN) [35, 44]. Die
erhaltene rotierte Faktorenlösung besteht wiederum aus einer Linearkombination
abstrakter Faktoren, welche einfacher als die ursprünglichen abstrakten Faktoren zu
interpretieren sind. Beispielsweise liefert die VARIMAX-Methode leicht zu inter-
pretierende Faktorenladungen, Gl. (2.17) [50]. Die Faktorenladungen entsprechen
noch nicht dem realen Konzentrationsprofil der Hauptkomponenten, zeigen jedoch
schon deren prinzipielle Verteilung in den Spektren. Die VARIMAX-Methode ist
derzeit die am meisten genutzte Variante zur Identifizierung der physikalisch
relevanten Hauptkomponenten mit einem rein mathematischen Konzept. Da sich die
VARIMAX-Methode in der Anwendung auf EXAFS-Spektren als günstig erwies, wird
in der vorliegenden Arbeit von ihr Gebrauch gemacht.
Die in der Faktorenanalyse bedeutendste Methode der Rotation ist der Targettest
[35]. Mit dem Targettest ist es möglich, Testvektoren bzw. Targetvektoren zu über-
prüfen, ob sie als eine geeignete Basis des Faktorraumes genutzt werden können
und damit reale bzw. physikalisch relevante Faktoren darstellen. Als Testvektoren
47
können Spektren und Konzentrationsprofile dienen. Je nach Herkunft der
Testvektoren wird zwischen typischen und fundamentalen Faktoren unterschieden
[35]. Wenn es gelingt, Spaltenvektoren der Datenmatrix zu finden, mit denen der
Faktorraum beschrieben werden kann, so sind diese den typischen Faktoren
zugeordnet. In Abb. 2.2 ist es z.B. möglich, die Datenmatrix mit Hilfe der Vektoren G1
und G5 zu beschreiben. Die Linearkombinationen der Spaltenvektoren G1 und G5
repräsentieren die Spaltenvektoren G2 bis G4 der Datenmatrix und stellen damit eine
physikalisch relevante Basis des Faktorraumes dar. Wenn die Testvektoren gleich
den Spektren oder Konzentrationsprofilen der dem untersuchten System zugrunde-
liegenden Haupkomponenten sind, dann werden diese den fundamentalen Faktoren
zugeordnet.
Die folgenden Schritte zeigen, daß ein wesentlicher Vorteil des Targettests in der
Möglichkeit besteht, ausgewählte Testvektoren unabhängig voneinander überprüfen
zu können, ob sie reale Faktoren darstellen. Dieser Sachverhalt ist ein weiterer
grundlegender Unterschied zu anderen Methoden, wie die Regressionsanalyse,
welche die Faktoren nur auf simultanem Wege analysieren kann [35].
Die Gleichung (2.82) kann bei Verwendung einzelner Spalten von ; bzw. von 7 zu
Gl. (2.87) umformuliert werden [35].
ÜÜ W5[ =ˆ (2.87)
Der Vektor Ý[ entspricht dem Spektrum des O‘ten realen Faktors und ist unbekannt.
Es kann gezeigt werden, daß sich der Transformationsvektor W Þ aus
ßß [5W ’1à= L (2.88)
ergibt.
Die Eigenwertmatrix L enthält in ihrer Diagonalen nur die Eigenwerte der primären
Faktoren. Wenn der Testvektor [ Þ gleich dem Vektor Ý[ ist, dann ist der Testvektor
ein realer Faktor und kann zur Beschreibung des Faktorraumes einbezogen werden.
48
Der Targettest kann auch mit einem Konzentrationsprofil durchgeführt werden [35].
Der Testvektor \á enthält als Elemente die Konzentrationen einer Komponente
innerhalb der Meßserie. Es ist
’&\W ââ = (2.89)
und
&W\ ãã =ˆ (2.90)
Der Testvektor \á entspricht dann dem Konzentrationsprofil des realen L’ten Faktors,
wenn er mit dem Vektor ä\ übereinstimmt.
Die verwendeten Testvektoren werden nach physikalisch bzw. chemisch sinnvollen
Kriterien gewählt. Meist dienen Referenzspektren bzw. sogenannte Kalibrierspektren
zur Bestimmung der Transformationsmatrix. Die Referenzspektren werden separat
gemessen und einem Targettest unterworfen. Wenn die Referenzspektren durch den
Targettest als reale Faktoren des untersuchten Systems identifiziert wurden, dann
können die mit Gl. (2.88) ermittelten Transformationsvektoren W Þ zur Transformations-
matrix 7 kombiniert, und mit Gl. (2.91) die unbekannte Konzentrationsverteilung der
Hauptkomponenten in den Spektren berechnet werden.
&7<åæ
=ˆ (2.91)
Wenn das Konzentrationsprofil der Hauptkomponenten aus anderen Meßmethoden
bekannt ist, und der Targettest nach Gl. (2.89) und Gl. (2.90) erfüllt wird, dann
können die unbekannten Spektren der realen Faktoren mit Anwendung von Gl. (2.92)
berechnet werden.
å75;
æ=ˆ (2.92)
Eine weitere wichtige Eigenschaft der Targettransformation ist die Möglichkeit der
Vorhersage neuer Daten. Die unter dem Abschnitt 2.1.2. dargestellte Prozedur zur
49
graphischen Ermittlung von Elementen der Datenmatrix läßt eine Vorhersage
fehlender Meßpunkte einzelner Spektren zu. Ist beispielsweise das Element der
Datenmatrix G á ç 3 entsprechend Abb. 2.2 nicht bekannt, so kann der Wert für G á ç 3 mit
Hilfe der bekannten Werte der Elemente G á ç 1 und G á ç 5 graphisch ermittelt werden. Dies
gilt analog für alle beliebigen unbekannten Elemente der Datenmatrix, sofern die
zugeordneten Elemente der Basisvektoren bekannt sind. Rechnerisch kann eine
Vorhersage unbekannter bzw. nicht gemessener Daten mit Hilfe von Gl. (2.88)
erfolgen. Hierzu werden geeignete Spektren, G è , der Datenmatrix ausgewählt, deren
Anzahl gleich der Anzahl der notwendigen Faktoren ist. Diese Spektren werden in
Gl. (2.88) als Testvektoren eingesetzt, wobei sich die Transformationsvektoren
ergeben. Wenn nach Gl. (2.87) die Vektoren [ mit den Testvektoren [ Þ überein-
stimmen, so ist der Targettest erfolgreich und die gewählten Testvektoren verkörpern
typische Faktoren, aus deren Linearkombinationen die Datenmatrix reproduziert
werden kann. Die erhaltenen Transformationsvektoren werden anschließend zur
Transformationsmatrix 7 kombiniert. Mit Gl. (2.91) wird das Konzentrationsprofil der
gewählten Testvektoren berechnet. Mit Anwendung von Gl. (2.93) ist es möglich, zu
jeder beliebigen Zeile der Matrix 'key, welche in ihren Spalten die Testvektoren
enthält, die zugehörigen Elemente der Datenmatrix zu berechnen [35].
<'' éëêëì ˆ= (2.93)
Wenn die den Testvektoren entsprechenden Spektren in einem größeren Intervall als
die verbleibenden Spektren gemessen wurden, dann ist es möglich die Elemente der
fehlenden Zeilen der Datenmatrix zu berechnen bzw. vorherzusagen.
In den meisten Fällen sind die Spektren der Hauptkomponenten unbekannt und nicht
direkt meßbar. Auch in diesem Fall besteht die Möglichkeit der Identifizierung der
Hauptkomponenten mit Hilfe der Faktorenanalyse. Die Methode des sogenannten
iterativen Targettests kann an dieser Stelle benutzt werden. Mit dieser Methode
gelingt eine Identifizierung der Hauptkomponenten des untersuchten Systems mit nur
wenigen Annahmen, welche im Ermessen des Analytikers liegen. Die VARIMAX-
Methode liefert dabei wesentliche Informationen. Der Formalismus des iterativen
Targettests beinhaltet alle wesentlichen Gleichungen des o.g. Targettests. Deshalb
soll der für diese Arbeit programmierte Targettest im folgenden an einem Beispiel
50
von MALINOWSKI [35] dargestellt und überprüft werden, bevor näher auf das
Zusammenwirken der VARIMAX-Methode und des iterativen Targettests einge-
gangen wird.
Gegeben sei eine Datenmatrix ', welche sich aus einer Zeilenmatrix ; und einer
Spaltenmatrix < zusammensetzt, Gl. (2.94).
Es ist:
ßà
ÞÏÐ
Î
-
ßßßßßßßßßßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏ
Ð
Î
-
-
-
-
=
ßßßßßßßßßßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏ
Ð
Î
-
-
-
-
-
-
-
5101
252 x
59
28
87
56
45
34
03
02
11
40
43513
262014
2611522
138017
30156
75011
6156
4104
751
20404
(2.94)
' = ; <
Die Matrizen ; und < enthalten die Spektren und die Konzentrationsverteilung der
fundamentalen Faktoren. Die Eigenanalyse der unnormierten Datenmatrix liefert die
abstrakte Faktorenlösung bzw. 5�und &. Die den abstrakten Faktoren zugeordneten
Eigenwerte sind:
l1 = 26868.88
l2 = 4040.12
l3 = 0.00
Es ist sofort erkennbar, daß nur zwei Faktoren zur Beschreibung der Datenmatrix
notwendig sind, da der dritte Eigenwert Null ist. Daraus ergeben sich die auf zwei
primäre abstrakte Faktoren reduzierten Matrizen &5 und , Gl. (2.95).
51
ßà
ÞÏÐ
Î
ßßßßßßßßßßßßßß
à
Þ
ÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏÏ
Ð
Î
-
-
-
-
=0.9247810.1520390.348804
.0225378-0.9574620.180197 x
5398.431360.12
9683.318122.15
1140.19323.119
0671.65902.82
5557.270421.20
9653.44329.51
9221.90909.14
6147.63939.9
0621.61848.6
0189.115268.43
' (2.95)
&5' =
Mit Anwendung der in der vorliegenden Arbeit benutzten schrittweisen Zerlegung der
Kovarianzmatrix stimmen die Elemente der mit den zwei abstrakten Faktoren
reproduzierten Datenmatrix ' bis auf die 15. Nachkommastelle mit den Elementen
der Datenmatrix ' überein. Der Targettest soll nun mit zwei Spaltenvektoren der
Matrix ; durchgeführt werden. Die beiden Testvektoren seien [1 und [2. Nach
Einsetzen der Testvektoren in Gl. (2.88) ergeben sich zwei Transformationsvektoren
W1 und W2.
ßà
ÞÏÐ
Î=
0.2224001
0.0563008íW
ßà
ÞÏÐ
Î=
0.0959962-
0.06759582W
Die Transformationsvektoren werden in Gl. (2.87) eingesetzt, um zu überprüfen, ob
die Testvektoren [1 und [2 mit den Vektoren î[ und 2[ übereinstimmen, und der
Targettest erfolgreich ist. In Tab. 2.3 sind die Ergebnisse der Targettransformation
zusammengefaßt.
52
7DE�����: Ergebnis der Targettransformation.
Zeile des
Vektors
[1 î[ [2 2[ [ èðïòñòóòô õ .ˆ öë÷ùøËúëû[
1 0 0.0000 4 4.0000 1 0.1376
2 1 1.0000 -1 -1.0000 1 0.1216
3 2 2.0000 0 0.0000 1 0.3119
4 3 3.0000 0 0.0000 1 0.4678
5 4 4.0000 3 3.0000 1 0.7271
6 5 5.0000 -4 -4.0000 1 0.6422
7 6 6.0000 5 5.0000 1 1.1078
8 7 7.0000 8 8.0000 1 1.3670
9 8 8.0000 -2 -2.0000 1 1.1789
10 9 9.0000 -5 -5.0000 1 1.2317
Ein weiterer Testvektor [ è ïòñLóðô ., der einen konstanten Wert von Eins enthält, soll außer-
dem getestet werden, ob er ein realer Faktor ist. Der Vergleich der Testvektoren [1
und [2 mit den Vektoren î[ und 2[ zeigt Übereinstimmung, Tab. 2.3. Das bedeutet,
daß die eingesetzten Testvektoren reale Faktoren darstellen, mit deren Linear-
kombination die Datenmatrix reproduzierbar ist. Der Testvektor [ üðýòþòÿ�� . ist kein realer
Faktor, weil sich die Werte der Elemente der Vektoren [ üðýòþòÿ�� . und .ˆ öë÷ùøËúëû[ stark
unterscheiden und demnach der Targettest nicht erfolgreich ist, Tab. 2.3. Der
Testvektor [ üðýòþòÿ�� . liegt nicht in der Ebene des durch die fundamentalen Faktoren
aufgespannten Faktorraumes. Die eingesetzten Testvektoren [1 und [2 sollen in
dieser Betrachtung als fundamentale Faktoren dienen. Es ist leicht festzustellen, daß
bei Unkenntnis der fundamentalen Faktoren Targettests mit Testvektoren
durchgeführt werden können, die den vermuteten Hauptkomponenten des Systems
entsprechen. Bei einem erfolgreichen Targettest können die gewählten Testvektoren
den Hauptkomponenten des untersuchten Systems entsprechen. Wenn die
Testvektoren fundamentale Faktoren darstellen, kann deren Konzentrations-
verteilung in den Spektren berechnet werden. Hierzu werden die entsprechenden
Transformationsvektoren in die Transformationsmatrix T zusammengefaßt.
53
Die Transformationsmatrix ergibt sich zu:
ßà
ÞÏÐ
Î
-=
0959962.02224001.0
0675958.00563008.07
Mit Gl. (2.91) ergibt sich die Spaltenmatrix < , welche die unbekannten
Konzentrationsprofile der Hauptkomponenten enthält.
Die Spaltenmatrix < ergibt sich zu:
ßà
ÞÏÐ
Î
-=
0000.50000.100000.1
0000.20000.50000.2<
Die Werte der Elemente der berechneten Matrix < zeigen Übereinstimmung mit den
Werten der Elemente der eingesetzten Matrix <� die zur Konstruktion der
Datenmatrix verwendet wurde.
Analog zum Targettest von einzelnen Spektren ergeben sich mit dem Targettest von
Konzentrationsprofilen unter Anwendung von Gl. (2.89) und Gl. (2.90) Trans-
formationsvektoren W � . Wenn als Testvektoren die Zeilenvektoren \� von Gl. (2.94)
verwendet werden, ergibt sich mit \� = �\ die Transformationsmatrix 7 zu:
ßà
ÞÏÐ
Î=
2.7547125-10.8817075
3.30736444.6969502 7
die Inverse von 7 ist:
ßà
ÞÏÐ
Î=
�0.0959963-0.2224000
0.06759580.0563008�7
Die unbekannten Spektren, der den entsprechenden Konzentrationsprofilen
assoziierten realen Faktoren, können nun mit Gl. (2.92) berechnet werden. Ein
Vergleich der Werte der Elemente der berechneten Matrix ; zeigt Übereinstimmung
mit den Werten der Elemente der eingesetzten Matrix ;� die zur Konstruktion der
54
Datenmatrix verwendet wurde. Die Testvektoren entsprechen somit den
fundamentalen Faktoren des untersuchten Systems.
Schwierigkeiten treten auf, wenn die Testvektoren unvollständig sind. Im Falle
unvollständiger Spektren, welche als Testvektoren genutzt werden, kann die
Ermittlung der Konzentrationsverteilung auf Kosten einer entsprechenden Redu-
zierung der Zeilenanzahl, der durch die Eigenanalyse ermittelten Matrix 5 , erfolgen.
Die Reduzierung der Zeilenanzahl hat jedoch eine merkliche Auswirkung auf die
Genauigkeit der ermittelten Konzentrationsprofile der Faktoren. Wenn unvollständige
Konzentrationsprofile als Testvektoren benutzt werden, kann eine entsprechende
Reduzierung der Spaltenanzahl der Matrix & vorgenommen werden, um die
Spektren der Faktoren zu erhalten. Auch hier kommt es zu einer Vergrößerung der
Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Spektren der Faktoren.
Jeder Testvektor [ � bzw. \� ergibt nach Gl. (2.87) bis Gl. (2.90) die Vektoren �[ bzw.
\ . Wenn die Testvektoren unvollständig sind, und für die fehlenden Elemente der
Vektoren willkürliche Werte eingesetzt werden, dann kann durch einen iterativen
Zyklus zwischen den Gleichungen (2.87) und Gl. (2.88), oder Gl. (2.89) und Gl. (2.90)
eine Konvergenz von [ � und �[ bzw. \� und \ erreicht werden. Bei jedem Schritt der
Iteration wird der aus dem Testvektor berechnete Vektor �[ oder \ als neuer
Testvektor eingesetzt. BRAYDEN et al. konnten zeigen, daß bei einem
Konstanthalten bekannter Werte eines Testvektors nach dem Erreichen der
Konvergenz alle übrigen Elemente des Testvektors den wahren Wert annehmen [51].
Wenn beispielsweise die Konzentration einer Komponente in einem oder auch in
mehreren Spektren der Meßserie bekannt ist, so wird diese im Testvektor \� konstant
gehalten, während alle übrigen Elemente mit Anwendung von Gl. (2.89) und
Gl. (2.90) iterativ berechnet werden können. Wenn die Konvergenz zwischen \� und
\ erreicht ist, enthält \ das Konzentrationsprofil der realen Komponente L in den
Spektren der Meßserie. Nachdem alle Testvektoren einzeln iterativ bestimmt wurden,
können diese zur Transformationsmatrix zusammengesetzt werden, und die unbe-
kannten Spektren bzw. unbekannten Konzentrationsprofile der realen Komponenten
berechnet werden. Diese selbstmodellierende Methode [52], welche als iterativer
Targettest bezeichnet wird, stellt eine nichtorthogonale Rotation der Basis des
55
Faktorraumes dar. Die Transformation liefert nach Gl. (2.85) bzw. Gl. (2.86) die
Matrizen ;real und <real, mit denen die Datenmatrix reproduziert werden kann.
Es ist jedoch zu erwähnen, daß bei der Bearbeitung physikalischer Problem-
stellungen Iterationsgrenzen für den iterativen Targettest verwendet werden
sollten [15]. Zum Beispiel ist es sinnvoll, insbesondere wenn relative Konzentrations-
verteilungen gesucht werden, die Werte in den Vektoren \ innerhalb des Intervalls
0 � \ � 1 zu beschränken. Dies wird erreicht, wenn bei dem iterativen Zyklus
zwischen den Gleichungen (2.89) und (2.90) auftretende Vektorelemente, die größer
als Eins sind, auf Eins und Vektorelemente, die negativ sind auf Null, während der
Iteration zurückgesetzt werden. In dieser Arbeit wurde meist das Intervall mit
0 � \ � 1 festgelegt. An dieser Stelle könnte noch auf weitere getestete
Einschränkungsmöglichkeiten der Iteration eingegangen werden, welche unter
Beachtung von physikalischen Gegebenheiten entwickelt werden. Dies ist jedoch
innerhalb des Rahmens dieser Arbeit nicht möglich.
Oft genügt es in den Testvektoren der Konzentrationsprofile die Konzentrations-
maxima der jeweiligen Hauptkomponenten während der Iteration konstant zu halten.
Wenn sich die Summe der Konzentrationen der Hauptkomponenten aus
physikalischer Sicht zu Eins ergeben muß, dann kann die Wahl des Wertes eines
Konzentrationsmaximum einer Hauptkomponente meist willkürlich erfolgen. Die
Testvektoren für das in Abschnitt 2.1.2. genannte Beispiel könnten wie folgt kreiert
werden:
[ ]00000.9944311 =\
[ ]0.99443100002 =\
Der Wert 0.994431 ergibt sich aus der VARIMAX-Rotation und stellt einen Wert für
das Maximum der Konzentration der jeweiligen Hauptkomponente dar. In Tab. 2.4 ist
das Ergebnis der iterativen Targettransformation wiedergegeben.
56
7DE�����: Die Lösung des iterativen Targettests.
Linearkom-
bination
\1 1\ \2 2\ )norm.(1\ norm.)(2\
1 0.994431 * 0.994431 0.000000 0.000000 1.000000 0.000000
2 0.745823 0.745823 0.248608 0.248608 0.750000 0.250000
3 0.497215 0.497215 0.497215 0.497215 0.500000 0.500000
4 0.248608 0.248608 0.745823 0.745823 0.250000 0.750000
5 0.000000 0.000000 0.994431 * 0.994431 0.000000 1.000000
* Konstant während der Iteration.
Aus Tab. 2.4 wird deutlich, daß die Testvektoren \1 und \2 mit den Vektoren
21 ˆ und ˆ \\ übereinstimmen und somit Konvergenz erreicht wurde. Da die Summe der
Konzentrationen der Hauptkomponenten sich für die jeweiligen Linearkombinationen
zu Eins ergänzen soll, können die Normierungskonstanten zu 1.0056 für beide
Konzentrationsprofile berechnet werden. Nach Multplikation der Normierungs-
konstanten mit den Konzentrationsprofilen von 21 ˆ und ˆ \\ ergeben sich die
unbekannten Konzentrationsprofile der fundamentalen Faktoren, welche zur
Generierung der Datenmatrix verwendet wurden, )norm.(1\ und norm.)(2\ . Die Funktionen
bzw. Spektren der unbekannten fundamentalen Hauptkomponenten ergeben sich mit
Gl. (2.89) und Gl. (2.92). Dieses Beispiel zeigt, daß selbst bei Unkenntnis der
Funktionen und der Konzentrationsverteilung der fundamentalen Faktoren eine
Identifizierung und Bestimmung durch den iterativen Targettest und Anwendung der
VARIMAX-Rotation möglich ist. Das gesamte Ergebnis der VARIMAX-Rotation ist in
Tab. 2.5 dargestellt. Zur Durchführung der VARIMAX-Rotation werden die
Eigenwerte und die abstrakten Konzentrationsprofile der primären Faktoren benötigt.
Die verwendete Datenmatrix sollte dabei stets normiert werden, Gl. (2.12).
57
7DE�����: Die rotierten (*) Faktorenladungen - das Ergebnis der VARIMAX-Rotation.
L1,1 Tl * 2,2 �Tl *
1 0.994431 0.105393
2 0.920554 0.390615
3 0.707107 0.707107
4 0.390615 0.920554
5 0.105393 0.994431
Für die VARIMAX-Rotation besteht das mathematische Kriterium zur orthogonalen
Rotation der abstrakten Faktorenladungen, Gl. (2.17), in der Maximierung ihrer
Varianz. Das von KAISER begründete Kriterium stellt eine Brücke zwischen der
Möglichkeit einer rein mathematischen und einer physikalischen Interpretation der
abstrakten Faktorenlösung dar. Die VARIMAX-Rotation wurde anhand der
Originalliteratur von KAISER unter Verwendung des VARIMAX-Kriteriums [50] als
Computerprogramm verwirklicht.
Testspektren, die mit mehr als zwei Faktoren konstruiert wurden, zeigen, daß auch
bei komplizierteren Zusammenhängen die VARIMAX-Methode die tatsächlichen
Positionen der Konzentrationsmaxima der realen Faktoren hervorbringt. Damit stellt
die VARIMAX-Methode für den Analytiker ein wichtiges physikalisch unabhängiges
Werkzeug dar, welches bei Unkenntnis von Elementen der Testvektoren deren
Generierung unterstützt.
Alle bisher in den Beispielen angewandten Verfahren sind in Form eines
Computerprogrammes implementiert worden und stellen eine Basis zur Analyse von
experimentellen Spektren dar, die im Abschnitt 4. bis 5. untersucht werden.
58
����� 'LH�)DNWRUHQDQDO\VH�LQ�GHU�6SHNWURVNRSLH
In Abhängigkeit zur spektroskopischen Methode kann eine Adaption von
grundlegenden Algorithmen der Faktorenanalyse auf das zu lösende analytische
Problem erfolgen. Die Eigenanalyse bzw. das Auffinden einer abstrakten Faktoren-
lösung ist jedoch Bestandteil der meisten modifizierten Algorithmen.
Ein Überblick relevanter Verfahren zur Analyse multivariater Probleme liefert eine
Arbeit von GEMERLINE et al. [38]. Daraus geht u.a. hervor, daß zur Analyse
multivariater Probleme die 7DUJHW 7UDQVIRUPDWLRQ� )DFWRU� $QDO\VLV (TTFA), die
(QYROYLQJ )DFWRU�$QDO\VLV (EFA) und die 5DQN�$QQLKLODWLRQ )DFWRU� DQDO\VLV (RAFA)
drei der bedeutendsten Algorithmen sind. Während die TTFA auf viele
unterschiedliche spektroskopische Methoden angewandt wird, ist die Anwendbarkeit
der EFA und RAFA an spezielle experimentelle Voraussetzungen gebunden [35].
Aus der Literatur wird deutlich, daß die Verfahren der Faktorenanalyse einer steten
Weiterentwicklung und Verfeinerung unterliegen. Die in der Literatur dargestellten
unterschiedlichen Vorgehensweisen beim Lösen ähnlicher analytischer Probleme
zeigen, daß sich der Einsatz der Faktorenanalyse in der Chemie noch im
Anfangsstadium befindet. An dieser Stelle wird auf einige ausgewählte Publikationen
aufmerksam gemacht, welche das Potential der Faktorenanalyse für wichtige
spektroskopische Methoden aufzeigen.
Die Anwendung der TTFA
Bei der massenspektroskopischen Untersuchung größerer organischer Moleküle
entstehen entsprechend der Fragmentationsmöglichkeiten eine Vielzahl von
Massenpeaks. Die Bruchstückbildung kann als eine komplizierte Reaktion unter
speziellen Bedingungen aufgefaßt werden. Das dabei entstehende
Fragmentierungsmuster ist stark von der Struktur der untersuchten Substanzen
abhängig und zeigt auch bei der Untersuchung strukturell ähnlicher Moleküle eine
große Varianz. ROZETT et al. untersuchten 22 benzoide Isomere mit der
Summenformel C10H14 [53]. Durch die Anwendung der TTFA gelang ROZETT die
Identifizierung von drei primären Faktoren, welche alle die erhaltenen
Fragmentierungsmuster quantitativ beschreiben. Er konnte von den 22 Isomeren drei
59
Isomere und zugeordnete Massenpeaks als typische Faktoren finden. Das Ergebnis
der VARIMAX-Rotation der Faktorladungen zeigt eine gute Übereinstimmung mit
den gefundenen typischen Faktoren. Der Vergleich der gefundenen Faktoren mit den
experimentellen Spektren der einzelnen Isomere ermöglicht Aussagen zum
Fragmentierungsmechanismus und zur strukturellen Beschaffenheit der Isomere.
WEINER et al. untersuchten die chemische Verschiebung von organischen
Lösungen gegen die Lage des Resonanzsignals von Tetramethylsilan unter dem
Einfluß verschiedener Lösungsmittel [54] mittels kernmagnetischer Resonanz-
spektroskopie. Die physikalische Beschreibung des Einflusses eines Lösungsmittels
auf die chemische Verschiebung beinhaltet viele Vereinfachungen, so daß eine
exakte quantitative Aussage oftmals nicht möglich ist. Mit Hilfe der TTFA werden drei
typische Faktoren gefunden, mit denen die chemischen Verschiebungen der binären
Mischungen reproduziert werden können. Die chemischen Verschiebungen von
Mischungen mit weiteren Lösungsmitteln konnten vorhergesagt werden. Unter
Einbeziehung der gefundenen Faktoren wurden bisher unbekannte, nicht direkt
meßbare Gasphasenverschiebungen chemischer Verbindungen berechnet.
In einer Arbeit von GEMPERLINE et al. wird gezeigt, daß der Iterative Targettest als
eine selbstmodellierende Prozedur benutzt werden kann, um überlappende
chromatographische Peaks aufzulösen, die bei HPLC Messungen auftreten können
[16]. Das Detektorsignal bzw. die UV-Absorption wird mit Gaußfunktionen simuliert.
Die Datenmatrix enthält in ihren Spalten die UV-Absorption bei verschiedenen
Elutionszeiten. Die Testvektoren enthalten als Elemente die Maxima der
UV-Absorption bei bestimmten Retentionszeiten. Mit den Testvektoren wird
entsprechend Gl. (2.89) und (2.90) ein iterativer Targettest durchgeführt. Mit jedem
durchlaufenen Zyklus der Iteration werden die Testvektoren verfeinert. Nach
Beendigung der Iteration werden mit Hilfe definierter Abbruchkriterien die
Retentionsprofile der Komponenten erhalten.
60
Die Anwendung der EFA
Die EFA nutzt den funktionalen Zusammenhang zwischen der schrittweisen
Änderung einer physikalischen Größe (*) und dem schrittweisen Entstehen einer
neuen Komponente [35]. Dazu wird die Datenmatrix mit dem Format (U,F) in
F Submatrizen ' �� � mit dem Format (U,1), (U,2),..., (U,c) zerlegt, welche in ihren Spalten
die Spektren nach der Reihenfolge der Messungen enthalten. Von den Submatrizen
' �� � werden die Eigenwerte lhin, � der primären Faktoren gebildet und gegen *
entsprechend der Aufnahmereihenfolge der Spektren graphisch aufgetragen. Ein
weiterer Satz von Submatrizen ' ������� wird entgegengesetzt zur Reihenfolge der
Messungen gebildet. Die primären Eigenwerte lrück, � der Submatrizen ' ������� werden
nun von rechts nach links im gleichen Diagramm gegen * aufgetragen. Da die Größe
eines Eigenwertes lhin, � und lrück, � abhängig vom Vorhandensein einer Komponente
ist, wird sich im Diagramm das Hinzukommen einer neuen Komponente durch einen
signifikanten Anstieg eines Eigenwertes als Funktion von G äußern. Wenn die
Gesamtzahl primärer Faktoren Q ist, ergeben sich unter den Graphen der Eigenwerte
lhin, � und lrück, � +1- � Flächen, welche die Existenzgebiete der Komponenten darstellen.
GEMPERLINE et al. benutzten die EFA um sieben Bismutkomplexe aus
FIA(IORZ�LQMHFWLRQ�$QDO\VLV)-Messungen zu identifizieren [17]. Durch die Injektion von
Bismutperchlorat in eine Salzsäure-Trägerlösung werden verschiedene Bismut-
chlorid-Spezies gebildet. Die Elution der gebildeten Bismutchlorid-Spezies wird mit
einem nach der Reaktionsstrecke angebrachten UV-VIS $UUD\-Detektor überwacht,
indem die UV-VIS Spektren in bestimmten Zeitintervallen registriert werden. Nach
dem o.g. werden die Submatrizen ' �� � und ' ������� gebildet. In den Spalten der
Submatrizen befinden sich die UV-VIS Spektren. Nach der Eigenanalyse ergeben
sich die Eigenwerte der primären Faktoren (Q = 7) lhin, � und lrück, � . Aus dem Profil, der
von lhin, � und lrück, � +1- � eingeschlossenen Fläche, kann auf das Konzentrationsprofil
der L‘ten Komponente geschlossen werden. Testvektoren der Konzentrationsprofile
der Komponenten werden kreiert und mit einer iterativen Prozedur verfeinert. Das
Ergebnis sind die chromatographischen Profile der reinen Bismutchlorid-Spezies und
deren UV-VIS Spektren.
61
Die Anwendung der RAFA
Mit Hilfe der RAFA kann eine einzelne Komponente in den gegebenen Spektren
einer Meßserie quantifiziert werden, indem deren bekanntes Referenzspektrum mit
einer geeigneten Wichtung t so von der Datenmatrix abgezogen wird, daß sich der
Rang der Datenmatrix um Eins vermindert [35, 55]. Dabei entsteht eine
Differenzmatrix, deren Eigenwerte ein Minimum durchlaufen, wenn die richtige
Wichtung t gewählt wurde. Wenn die Konzentration F0 der Komponente für das
Referenzspektrum bekannt ist, kann mit F�= tF0�deren unbekannte Konzentration F in
den Spektren berechnet werden.
Eine Weiterentwicklung der RAFA ist die 5DQN� $QQLKLODWLRQ� E\� (YROYLQJ� )DFWRU
$QDO\VLV (RAEFA) – eine Kombination von RAFA und EFA [35].
62
��� �'LH�5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWURVNRSLH
Die Röntgenabsorptionsspektroskpie kann zur Strukturaufklärung der Nahordnung
eines die Röntgenstrahlung absorbierenden Atoms (Absorberatom) verwendet
werden [56, 57]. Der prinzipielle Vorteil der Röntgenabsorptionsspektroskopie
gegenüber anderen strukturaufklärenden Methoden, wie z.B. Röntgen- und
Neutronenbeugung, besteht darin, daß nicht nur in kristallinen Verbindungen sondern
auch in nicht-kristallinen Systemen (Pulver, Oberflächen, Lösungen) lokale Struk-
turen selektiv bestimmt werden können. Damit ist die Röntgenabsorptions-
spektroskopie eine bedeutende Methode für die Aufklärung der Struktur und der
Wechselwirkungsmechanismen zwischen Metallen und vielfältigen umweltrelevanten
Stoffen auf atomarer Ebene [13, 14].
����� 7KHRUHWLVFKH�*UXQGODJHQ
Die Intensität , � der Röntgenstrahlung wird durch Streuung und Absorption
vermindert, wenn diese Materie durchdringt. Auf einer Wegstrecke G[ wird die
Intensität , � um G, � infolge der Wechselwirkung mit dem durchdrungenen Medium
vermindert Gl. (3.1) [58].
G[,G, 00 m-= (3.1)
Es gilt das Gesetz von Lambert und Beer, Gl. (3.2). Nach Integration von Gl. (3.1) ist:
�H
,
, ��=
0
(3.2)
,0 Intensität der einfallenden Röntgenstrahlung
, Intensität der austretenden Röntgenstrahlung
m linearer Absorptionskoeffizient
[ Schichtdicke
Die Prozesse, die bei der Wechselwirkung von Röntgenstrahlen mit Materie auftreten
sind die Absorption und die Streuung. Dadurch setzt sich der totale Absorptions-
63
koeffizient aus der Summe des wahren Absorptionskoeffizienten t und des
Streukoeffizienten s zusammen und ist eine energie- und materialabhängige Größe.
Die Prozesse, welche bei der Absorption auftreten können sind: diskrete Übergänge
von Elektonen und Photoionisation [58]. Als Folgeprozesse treten Fluoreszenz-
strahlung, Erzeugung von Auger Elektronen und Sekundärelektronen auf [58]. Bei
der Streuung kann elastische (Rayleightstreuung) und unelastische Streuung
(Comptonstreuung) auftreten [58]. Die Intensität der genannten Prozesse ist
energieabhängig. Der Beitrag der Streuung ist nur bei kurzwelliger Röntgenstrahlung
und bei leichten Absorberatomen relevant [58].
Ein Atom besitzt entsprechend des Aufbauprinzips die inneren Schalen (K, L, M...)
[58]. Ein Röntgenabsorptionsspektrum einer bestimmten Schale entsteht, wenn die
Photonenenergie (() ausreicht, den strahlungsinduzierten Übergang eines Elektrons
dieser Schale in das nächst höher liegende Energieniveau nach bestimmten
Auswahlregeln zu bewirken. An der Stelle der Absorptionskante einer angeregten
inneren Schale kommt es zum typischen sprunghaften Anstieg von m�(�. Die
Absorptionskanten werden folglich mit z.B. K-, L-, M-... Kante bezeichnet. Die
energetische Lage der Absorptionskante kann als das Maximum der ersten Ableitung
von m�(� nach der Energie definiert werden [12]. Wenn die Energie der
Röntgenstrahlung ausreicht, um ein Elektron einer inneren Schale über das
Ferminiveau zu heben, dann tritt die Photoionisation ein. Die Energie, die dabei
aufgebracht werden muß, ist gleich der Bindungsenergie ( � des Elektrons der
entsprechenden Schale [12, 58].
Die Absorptionskante befindet sich im sogenannten Kantenbereich [12]. Der Verlauf
von m(() wird im Kantenbereich von energieabhängigen Effekten bestimmt. Die
Struktur des Kantenbereichs wird durch diskrete strahlungsinduzierte Übergänge von
kernnahen Elektronen der entsprechenden Schale in Orbitale unterhalb der
Seriengrenze bzw. Fermienergie (( � ) bestimmt [59]. Der Kantenbereich läßt
Rückschlüsse zur lokalen geometrischen Struktur bzw. der Orbitalgeometrie zu [12,
59]. Für Übergangsmetalle ist besonders die sogenannte Weiße Linie im
Kantenbereich von Interesse, weil anhand ihrer energetischen Lage die effektive
Ladung des Absorberatoms bestimmt werden kann [12]. Die Weiße Linie wird z.B.
bei Anregung der LII- oder LIII-Kante durch den 2p � nd Übergang verursacht [12].
64
Die kantennahe Feinstruktur (XANES) liegt im Kantenbereich und endet ca. 40 eV
über (0 mit dem Beginn der kantenfernen Feinstruktur (EXFAS). Oberhalb von (0
wird die Struktur der XANES durch die Wechselwirkung der nun freien
Photoelektronen mit den Nachbaratomen bestimmt. Die kinetische Energie der
Photoelektronen ist noch niedrig und deren mittlere freie Weglänge sehr groß. Die
vom Absorberatom ausgehende Photoelektronenwelle wird deshalb mit mehreren
Nachbaratomen wechselwirken, bevor Anteile von ihr zum Ort des Absorberatoms
zurückkehren und mit der ausgehenden Photoelektronenwelle interferieren. Dadurch
wird die XANES hauptsächlich von Mehrfachstreuprozessen geprägt.
Wenn die Photonenenergie gleich oder größer als (0 ist (XANES, EXAFS), erfolgt
unter Absorption von Strahlung der Dipolübergang eines Elektrons einer inneren
Schale in das Kontinuum bzw. einen virtuellen unbesetzten Zustand. Bei der
Relaxation des angeregten Atomes kann die durch die Photoionisation gebildete
Elektronenlücke unter Emission von charakteristischer Röntgenfluoreszenzstrahlung
durch den Dipolübergang eines Elektrons eines energetisch höher liegenden
Energieniveaus aufgefüllt werden.
Für isolierte Absorberatome würde m(() bzw. )/ln( 0 ,, mit abnehmender Wellenlänge
(l) der Röntgenstrahlung nach der Absorptionskante monoton abfallen. Dieses
Verhalten kann mit der empirischen Victoreen-Funktion beschrieben werden,
Gl. (3.3) [58].
43. llm '&��� -= (3.3)
Die tabellierten Konstanten & und ' [60] sind abhängig von der Kernladungszahl =
und ändern sich sprunghaft an der Absorptionskante des Absorberatoms.
In der Gegenwart einer atomaren Nahordnung wird beobachtet, daß m(() mit einer
energieabhängigen Oszillation, c(()*, moduliert ist. Es ist:
m�(�x = c(()* + m0(()[ (3.4)
65
Die Intensität der Amplitude von c(()* und der Untergrundabsorption m0(()[ ist
proportional zur Anzahl der angeregten Absorberatome. Wenn c(()* auf den Beitrag
aller Absorberatome normiert wird, erhält man den oszillatorischen Teil c(() eines
Absorberatoms mit einer lokalen chemischen Umgebung, Gl. (3.5) [58].
[(
[([(
[(
((
)()()(
)()(
)(0
0
0
*
m
mm
m
cc
-== (3.5)
Das Zustandekommen der Oszillation von c(() kann mit Hilfe des Welle-Teilchen-
Dualismus erklärt werden. Das durch Absorption von Strahlung der Energie ( = Kn
erzeugte Photoelektron hat oberhalb des Ferminiveaus eine kinetische Energie
02
. 21
(KYP( !"$# % -== n . Mit der De-Broglie-Beziehung ergibt sich die Materiewellen-
länge des Photoelektrons als Quotient aus dem Plankschen Wirkungsquantum K und
dem Impuls S des Elektons der Masse Pe zu l = K/S. Das Photoelektron pflanzt sich
als eine sphärische Welle fort. Der Betrag des Wellenzahlvektors ergibt sich mit
p2/K=h und N = 2 p/l zu
( )0
2((
PN
&-=
h(3.6)
Die Gleichung (3.6) ermöglicht c(() in Gl. (3.5) als eine Funktion von N bzw. als c(N)
auszudrücken, wenn (0 bekannt ist. Das Photoelektron kann entsprechend des
Welle-Teilchen-Charakters an den Coulombpotentialen der Atome der Nahordnung
gestreut werden. Die vom Absorberatom ausgehende Elektronenwelle wird als
Funktion von N� bzw. der Energie der Röntgenstrahlung und in Abhängigkeit zur
Struktur der Nahordnung mit ihren einfallenden (rückgestreuten) Anteilen
interferieren. Dabei ändert sich die momentane Elektronendichte am Absorberatom.
Da die Elektronendichte entsprechend der Interferenz zwischen ausgehender und
einfallender Elektronenwelle oszilliert, ist auch die Wahrscheinlichkeit des Über-
ganges eines Elektrons in das Kontinuum bzw. die Absoprtion eines Photons eine
Funktion von der Photonenenergie. Dadurch kommt es zu einer Oszillation in m(()�
66
Die Wahrscheinlichkeit der Erzeugung von Photoelektronen bzw. der Absorption von
Photonen eines oszillierenden elektomagnetischen Feldes kann quantenmechanisch
berechnet werden [61, 62]. Wenn das Absorberatom im Anfangszustand mit der
Wellenfunktion j � (L für LQLWLDO) charakterisiert werden kann, vollständig relaxiert ist,
wird es sich nach dem Einwirken einer periodischen Störung z.B. durch ein
oszillierendes elektromagnetisches Feld nach der Absorption von Photonen in einem
durch die Wellenfunktion j ' (I für ILQDO) charakterisierten Endzustand befinden. Die
Wahrscheinlichkeit, das sich das System im Zustand j ' befindet, ist gleich zur
Wahrscheinlichkeit 3 ' � der Absorption eines Photons je Zeit und damit proportional zu
m. Mit der Hilfe der zeitabhängigen Störungsrechnung (Hamiltonoperator ist
zeitabhängig) kann diese Wahrscheinlichkeit und damit m� berechnet werden [62].
Wenn über alle Anfangs- und Endzustände summiert wird, ist nach Fermi‘s Goldener
Regel und mit Anwendung der Ein-Elektronen Näherung, Gl. (3.7) [57, 63]:
( )Ê --=� ( )()(( ) ((3 wdjjm h2
)(US$ . (3.7)
S� Dipolmoment Operator
$(U) Vektorpotential des elektromagnetischen Feldes (Störung)
( * Energie der Endzustände
( + Energie der Anfangszustände
d Deltafunktion
w Kreisfrequenz
Für die Übergangswahrscheinlichkeit 3 * + , -/. 0 eines angeregten Elektrons in ein
energetisch tieferliegendes Niveau bzw. der Entstehung von Röntgenfluoreszenz-
strahlung einer diskreten Energie kann entsprechend Gl. (3.7) ein analoger
Zusammenhang gefunden werden [12, 62]. Da die Wellenlänge der Röntgen-
strahlung im Vergleich zur räumlichen Ausdehnung der Anfangszustände des
Absorberatoms groß ist, kann die räumliche Abhängigkeit des Vektorpotentiales des
elektromagnetischen Feldes, vernachlässigt werden und es ergibt sich für das
Matrixelement S$(U) in Gl. (3.7) der Ausdruck Ue ( e - Polarisationsvektor). Diese
Näherung wird als Dipolnäherung bezeichnet [57, 62, 63]. Das Matrixelement enthält
Auswahlregeln, welche die Drehimpulse von Anfangs- und Endzustand
67
verknüpfen [62]. Nur wenn das Matrixelement ungleich Null ist, erfolgt die Absorption
eines Photons. Die von den Nachbaratomen (Rückstreuer) zurückgestreute
Elektronenwelle interferiert am Ort des Absorberatoms mit der ausgehenden
Elektronenwelle. Da der Endzustand j * ein am Absorberatom lokalisierter Zustand
ist, wird dieser durch diese Interferenz modifiziert. Dies wirkt sich als eine Modulation
des Matrixelementes aus und äußert sich als eine Oszillation von m. Wenn die
chemische Umgebung des Absorberatoms mehrere Rückstreuer enthält, dann
werden Teile der Elektronenwelle auch zwischen den Potentialen der Rückstreuer
gestreut. Die Elektronenwelle wird somit nicht nur einfach zurückgestreut
(Einfachstreuung) sondern kann auch mehrfach an den Potentialen der Nahordnung
gestreut werden (Mehrfachstreuung) bevor sie am Absorberatom mit sich selbst
interferiert. Den Weg, den die Elektronenwelle aufgrund der Streuung zurücklegt,
wird als Streupfad bezeichnet. Die einzelnen Beiträge der Streupfade können mit
dem Einführen einer Einflußfunktion (Greenschen Funktion) in Gl. (3.7)
berücksichtigt werden [57, 63, 64]. Zur Lösung von Gl. (3.7) wird die
Variationsmethode des selbstkonsistenten Feldes (6&)) mit verschiedenen
Vereinfachungen verwendet [57, 61, 64, 65]. Computerprogramme, wie z.B. FEFF
können benutzt werden, um c(N) für ein Absorberatom mit einer chemisch definierten
Umgebung (Cluster) berechnen zu können [63]. Die Theorie ermöglicht die
Berechnung der Variation von m(() in der XANES-Region und in der EXAFS-Region.
Für die EXAFS-Region liefern diese�DE�LQLWLR Verfahren unter Berücksichtigung einer
atomaren Umgebung für den parameterisierten Ausdruck von c(N), Gl. (3.8),
theoretische energieabhängige Funktionen zur Beschreibung der einzelnen
Streupfade [58]. In der vorliegenden Arbeit werden die von FEFF6 [63] berechneten
theoretischen Funktionen zur Analyse der experimentellen EXAFS-Spektren (c(N))
verwendet . Die Gleichung (3.8) kann zur quantitativen Analyse des experimentellen
EXAFS-Signals herangezogen werden [58].
68
( ) ( )2
)(/2220
)(2),(2sin),(),(
22
12111343111 111
NU
NUNNUHHUN)UN616N
555 ffc
67 ++=
88Ê (3.8)
c(N): normierte Modulation des Röntgenabsorptionskoeffizienten; 206 :
Amplitudenreduktionsfaktor; M: Rückstreuatome der Sorte M; 19 : Anzahl der
Rückstreuatome; 6 + (N�U: ): totaler Absorberatomverlustfaktor; ): (N�U: ): effektive
Rückstreuamplitude; s9 : Debye-Waller Faktor; U9 : Abstand zwischen Absorberatom
und Rückstreuatom; l: (N�U: ): mittlere freie Weglänge des Photoelektrons; f: (N�U: ):Phasenverschiebung infolge der Wechselwirkung des Photoelektrons mit dem
Potential des Rückstreuatoms; f ; (N): Phasenverschiebung infolge der
Wechselwirkung des Photoelektrons mit dem Potential des Absorberatoms
Die Größen der fettgedruckten Parameter können zur Erfüllung von Gl. (3.8) mit
Verfahren, welche auf dem Prinzip der kleinsten Fehlerquadrate basieren, berechnet
bzw. angepaßt werden. Das Marquart-Verfahren des Programmes OPT [66] hat sich
bewährt und wird in der vorliegenden Arbeit benutzt. Die nicht fettgedruckten
energieabhängigen Funktionen werden von FEFF6 berechnet. Der Amplituden-
reduktionsfaktor 206 � bezieht die Verminderung der Amplitude durch VKDNH XS/RII
Prozessen am Absorberatom ein [58]. In dieser Arbeit wurde bei den Anpassungen
für 206 �ein konstanter Wert von 0.9 gewählt. Die effektive Rückstreuamplitude ): (N�U: )
ist von der Kernladungszahl des Rückstreuers abhängig. Schwere Elemente
bewirken eine größere Rückstreuamplitude als leichte Elemente. Zwei
Expontialterme sind für die Dämpfung in c(N) verantwortlich. Je größer z.B. der
Debye-Waller Faktor für einen Streupfad ist, desto größer sind thermische
Schwingungen und statische Unordnung der Rückstreuatome – die Dämpfung von
c(N) wird stärker. Die mittlere freie Weglänge l: (N�U: ) des Photoelektrons wird von
unelastischen Streuprozessen im Medium bestimmt. Die Elektronenwelle erfährt
aufgrund der Wechselwirkung mit den Coulombpotentialen der Rückstreuer und des
Absorberatoms eine totale Phasenverschiebung von f: (N�U: ) + 2f ; (N).
In Gleichung (3.8) setzt sich der Meßwert c(N) aus der Summe aller Beiträge der
Streupfade (spektroskopische Komponenten) zusammen. Wie im Abschnitt 2.1.2.
69
dargelegt wurde, können solche Zusammenhänge mit Hilfe der Faktorenanalyse
untersucht werden.
����� 'LH�0HVVXQJ�YRQ�5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWUHQ
Die Abbildung 3.1 zeigt in einer vereinfachten Darstellung den an der Rossendorf-
Beamline (ROBL) genutzten experimentellen Aufbau zur Messung von Röntgen-
absorptionsspektren [67, 68]. Der Meßplatz ROBL befindet sich an der European
Synchrotron Radiation Facility (ESRF), einer Synchrotronstrahlungsquelle der dritten
Generation.
Die Röntgenabsorptionspektren einer Probe können mit Hilfe der Ionisations-
kammern (I0 und I1) im Transmissionsmodus und mit der Ionisationskammer I0 und
z.B. einem 4-Element Germanium-Detektor (F) als Fluoreszenzdetektor im Fluores-
zenzmodus aufgenommen werden.
$EE�� ���: Der vereinfachte experimentelle Aufbau zur Messung von Röntgen-
absorptionsspektren. Der Strahl (gestrichelt) verläuft von rechts nach links. Erklärung
der Symbole im Text.
Die Synchrotronstrahlung wird von einem Speicherring zur Verfügung gestellt [12].
Zur Entfernung der höher harmonischen Strahlung werden als optische
Komponenten die Spiegel S1 und S2 verwendet. Je nach erforderlichen
Wellenlängenbereich können Siliziumspiegel oder mit Platin beschichtete Spiegel
eingesetzt werden. Der nicht monochromatisierte Synchrotronstrahl (Weißer Strahl)
gelangt nach der Reflektion an S1 zum Doppel-Kristall Monochromator (DCM,
F
I2I1
I0
S2
S1
DCM
Probe
70
wahlweise Si(111) oder Si (311)). Entsprechend der Braggschen Bedingung kann
durch Drehung des DCM der Weiße Strahl in einem begrenzten Wellenlängenbereich
auf beliebige Wellenlängen monochromatisiert werden. Eine energieabhängige
Messung kann durch Drehung des DCM durchgeführt werden. Nachdem der
monochromatische Synchrotronstrahl an S2 reflektiert wird, gelangt er zum
Experiment. Mit der Ionisationskammer I0 wird die Intensität ,0 des auf die Probe
treffenden Strahls registriert. Die Intensität ,1 des abgeschwächten Strahls wird mit
der Ionisations-kammer I1 gemessen. Das Signal der Absorption ergibt sich aus
ln(,0/,1). Zwischen der Ionisationskammer I1 und der Ionisationskammer I2 kann
simultan die Transmission einer Referenzprobe (Metallfolie) zur Energiekalibrierung
gemessen werden. Die Röntgenfluoreszenzstrahlung der Probe wird mit einem
4-Element Germanium-Detektor registriert. Mit einer entsprechenden Detektor-
elektronik ist es möglich, nur eine Fluoreszenzlinie des Absorberatoms zu
registrieren, und alle anderen energieabhängigen Beiträge zu diskriminieren (weitere
Röntgenfluoreszenzlinien, Comptonpeak usw.). Die Fluoreszenz ()) ergibt sich aus
dem Quotienten der gezählten Photonen 1 einer bestimmten Fluoreszenzlinie (Uran
La1,2) und dem ,0-Signal pro Zeiteinheit.
Jedes Signal (,0, ,1, ,2, Fluoreszenzdetektor) bzw. Ereignis wird pro Meßpunkt
(Energie) mit den Detektoren innerhalb eines Zeitintervalls registriert und von der
Elektonik gezählt.
������� 'LH�$XIDUEHLWXQJ�GHU�5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWUHQ�]XU�$QDO\VH
Das zur Analyse verwendete XANES- oder EXAFS-Spektrum kann nur unter
Berücksichtigung der physikalischen Gegebenheiten, wie z.B. den Strahlparametern,
Detektionsbedingungen und dem Zustand der Probe aus dem experimentellen
Röntgenabsorptionsspektrum m(() <>=>?�0 gewonnen werden. Die wichtigsten Effekte, die
bei der Vorbehandlung des Datenmaterials berücksichtigt werden müssen, sind z.B.
Dickeeffekt, Selbstabsorption und die Lochrate der Probe [12, 69-73]. Für das
Röntgenabsorptionsspektrum einer Probe, die unter optimalen Bedingungen
gemessen wurde, und dafür keine Korrekturen notwendig sind (außer der
Totzeitkorrektur im Falle von Fluoreszenzmessungen), ergibt sich für die Extraktion
71
der EXAFS-Region und der XANES-Region entsprechend physikalischer
Grundprinzipien der folgende Algorithmus:
Die folgenden Schritte dienen zur Isolierung der analysierbaren XANES- bzw.
EXAFS-Region aus der Fluoreszenz oder der Absorption der Probe. Diese Schritte
wurden in dieser Arbeit mit Verwendung des Programmpaketes EXAFSPAK zur
Berechnung der XANES- bzw. EXAFS-Region durchgeführt [66].
Wenn die Fluoreszenz der Probe mit einem Halbleiterdetektor mit Q-Elementen
gemessen wurde, müssen folgende Schritte durchgeführt werden:
a) Totzeitkorrektur der energieabhängigen Signale der einzelnen Detektorelemente
(Kanäle).
b) Auswertung des statistischen Fehlers der Kanäle.
c) Summierung der Signale der einzelnen Kanäle mit individuellen statistischen
Wichtungen.
d) Berechnung der Fluoreszenz: 1/,0
Wenn die Transmission der Probe mit Ionisationskammern gemessen wurde, muß
die Absorption berechnet werden: ln(,0/,1)
1. Energiekalibrierung des experimentellen Spektrums
Bei der Aufzeichnung eines Röntgenabsorptionsspektrums wird monochromatisierte
Synchrotronstrahlung verwendet. Die tatsächliche Wellenlänge der Röntgenstrahlung
kann ermittelt werden, wenn neben der Probe eine Referenzprobe mit bekannter
Energie [74] der Absorptionskante simultan mitgemessen wird. Dazu werden zum
Beispiel Metallfolien verwendet. Nach Bestimmung der Lage der Absorptionskante
(Maximum der ersten Ableitung der Transmission der Referenzprobe) wird die
Energieachse auf den tabellierten Wert der Absorptionkante verschoben. Dazu
können die experimentellen Werte der Transmission oder Fluoreszenz durch eine
Interpolation neu berechnet werden.
72
2. Entfernung der Absorption des Untergrundes, Abb. 3.2 a)
Die in der Probe enthaltene Matrix absorbiert einen Teil der Röntgenstrahlung. Vor
der Absorptionskante (Vorkante) kann der Beitrag der Absorption der Matrix durch
ein Polynom (Untergrundfunktion) beschrieben werden. Meist genügt ein Polynom
erster Ordnung. Da m(() <>=>?�0 sich ohne Absorberatom nach der Vorkante ent-
sprechend des gewählten Polynoms verhalten sollte, kann der Untergrund im
gesamten Energiebereich von m(() <>=>?�0 abgezogen werden, um m(()[ zu erhalten.
Andernfalls kann ein Spektrum der Matrix ohne Beisein eines Absorberatoms zur
Beseitigung des Beitrages des Untergrundes dienen, indem dies von dem
Röntgenabsorptionsspektrum mit einer geeigneten Wichtung abgezogen wird. Das
erhaltene Spektrum kann zur Auswertung des XANES herangezogen werden. Im
Falle einer Fluoreszenzmessung wird die Emission des Untergrundes (Streueffekte)
vom Spektrum subtrahiert.
3. Berechnung von m0(()[ für die isolierten Absorberatome, Abb. 3.2 b)
Die atomare Absorption m0(()[ kann theoretisch nicht so genau bestimmt werden,
daß durch Differenzbildung mit m(()[ nur der oszillatorische Teil des Spektrums
erhalten wird. Zur Bestimmung von m0(()[ dient eine B-Spline Funktion (m @/?�. + A$< ),welche den Abfall von m(()[ ohne Beisein einer chemischen Umgebung beschreibt
[58]. Diese Funktion wird mittels der Methode der kleinsten Fehlerquadrate an m(()[
angepasst und zur Berechnung von c(()* mit: c(()* = m(()[ - m @/?/. + A$< , verwendet. Aus
dieser Operation folgt der rein oszillatorische Teil von m(()[.
4. Normierung von c(()* auf die Absorption eines Absorberatoms, Abb 3.2 c), b)
Nach Gl. (3.3) kann die Absorption eines isolierten Absorberatoms empirisch
beschrieben werden. Die auf ein Absorberatom normierte Oszillation des
Absorptionskoeffizienten bzw. c(() wird mittels Gl. (3.9) erhalten [58].
))(/)(()(
)(’
..
*
’ ((
(( B�C DB�C DE mmm
cc = 3.9
Der Kantenhub ’Fm ist, nach Entfernung der Absorption des Untergundes (Schritt 2),
gleich der Absorption bei der Energie (. Die Energie ( sollte sich kurz oberhalb der
73
Absorptionskante befinden. Zur Ermittlung von c(() kann auch der Quotient aus
c(()* und m @/?�. + A$< gebildet werden, wenn der Verlauf von m G$+ ;>0 dem Verlauf der
ermittelten B-Spline Funktion entspricht. Das ist jedoch häufig nicht der Fall. Die
Differenz zwischen m @/?�. + A$< und m G$+ ;�0 wird hauptsächlich durch Effekte verursacht,
welche ihre Ursache in experimentellen Besonderheiten haben (Dickeeffekt,
Selbstabsorption, Lochrate usw.).
5. Konvertierung von c(() zu c(N), Abb. 3.2 c)
Die exakte Konvertierung von c(() zu c(N) kann nur erfolgen, wenn (0�bekannt ist.
Die theoretisch berechneten Funktionen in Gl. (3.8) werden in Äbhängigkeit einer
chemischen Umgebung als Funktion der kinetischen Energie der Photoelektronen
berechnet bzw. als Funktion von N. Zur Berechnung von N werden die absoluten
Energien des Anfangs- und Endzustandes sowie die theoretische Fermienergie
ermittelt. Es ist sofort zu erkennen, daß bei einer willkürlichen Wahl der chemischen
Umgebung der theoretisch berechnete Wert von (0 ( .0
H I�JLK( ) nicht realistisch sein
kann. Außerdem stimmt .0
H I�JLK( selbst bei der Vorgabe des korrekten Strukturmodells,
aufgrund von Vereinfachungen in der quantenmechanischen Berechnung, nicht
exakt mit dem realen Wert von (0 überein. Daraus resultieren zwei verschiedene
Energieachsen. Das theoretische EXAFS-Spektrum ist gegen das experimentelle
verschoben. Da (0 aus der Messung nicht direkt bestimmbar ist, wird
näherungsweise zur Berechnung von N, nach Gl. (3.6), (0 auf einem Wert von ca. 25
eV bis 30 eV über der Absorptionskante festgelegt ( .exp0( ). Zur Konvertierung von (
in N nach Gl. (3.6) kann eine Energieverschiebung mit 0(D eingeführt werden, die es
ermöglicht, die Energieverschiebung zwischen Theorie und Experiment
auszugleichen, Gl. (3.10) [58].
( ))(2
0.exp
0’ (((
PN M D+-=
h (3.10)
Der Wert von 0(D wird ermittelt, indem bei einer Anpassung von c(N) nach Gl. (3.8),
die durch eine Variation von 0(D neu berechneten Argumente N', berücksichtigt
werden. Die quantenmechanisch berechneten Funktionen in Gl. (3.8) werden dazu
durch eine Interpolation für die Argumente N'�neu berechnet.
74
Um optimale Bedingungen zur Bestimmung des globalen Minimums mit Verwendung
des Marquardt-Verfahrens zu erlangen, wird c(N) abhängig vom Strukturmodell der
untersuchten Substanz bzw. der energieabhänig gedämpften Rückstreuamplituden
der rückstreuenden Atome mit einer Potenz des Argumentes N gewichtet, Abb. 3.2 c).
6. Die radiale Verteilungsfunktion der Rückstreuer, Abb. 3.2 d).
Die Fouriertransformation (FT) von c(N) liefert eine modifizierte radiale
Verteilungsfunktion [58]. Die exaktere Formulierung der EXAFS-Funktion, Gl. (3.8),
ist eine Integralgleichung, welche die radiale Verteilungsfunktion der Rückstreuer
beinhaltet [75]. Die Inversion der integralen EXAFS-Funktion liefert die radiale
Verteilungsfunktion, dabei müßte jedoch über das N-Intervall von Null bis Unendlich
integriert werden. Die Inversion der integralen EXAFS-Funktion mit Hilfe der FT liefert
nur eine modifizierte radiale Verteilungsfunktion, weil die FT nicht die exakte Inverse
für den integralen Ausdruck darstellt und nur über ein begrenztes N-Intervall integriert
wird. Mit einer speziellen Regularisierungsmethode gelingt die Inversion der
integralen EXAFS-Funktion [75]. Die FT läßt dennoch eine Interpretation der
räumlichen Verteilung der Nahordnung des Absorberatoms zu. Jedem Rückstreu-
beitrag (Rückstreuatom, Mehrfachstreung) ist in der FT, entsprechend der effektiv
zurückglegten Strecke des Photoelektrons, ein Maximum zuzuordnen. Wenn die
totale Phasenfunktionen in der FT nicht berücksichtigt wird, dann sind die
gefundenen Abstände (R) um ca. 0.2 Å bis 0.5 Å (DÅ) zu den realen Abständen
verschoben [58]. Die Achsenbeschriftung lautet dann: R + DÅ. Mit Hilfe der
Rücktransformation der FT eines bestimmten R-Intervalls kann c(N) nur eines
Rückstreubeitrages berechnet und separat analysiert werden.
Die FT liefert wichtige Hinweise zur Entwicklung eines Strukturmodells für die
Berechnung der theoretischen Funktionen in Gl. (3.8).
75
$EE�� ���: Die Schritte zur Extraktion der XANES- und der EXAFS-Region am
Beispiel einer im Transmissionsmodus gemessenen Probe einer Mischung von
Uran(VI) und Wasser bei pH ~ 0.
����� 6WDWLVWLVFKH�$QDO\VH�GHU�0H�GDWHQ
Die statistische Analyse der Meßdaten ist für die Beurteilung der Datenqualität und
für die Abschätzung der erforderlichen Meßzeit notwendig. Um eine ausreichend
gute Datenqualität zu erhalten wird eine Probe mehrmals gemessen und die
erhaltenen Spektren mit einer statistischen Wichtung summiert. Wenn eine stark
verdünnte Probe im Fluoreszenzmodus gemessen wird, kann die erforderliche
Meßzeit bis zu 10 Stunden betragen. Aus Kostengründen ist es wichtig abschätzen
zu können, wie viele Messungen notwendig sind, bis keine signifikante Verbesserung
der Daten mehr eintritt. Die XANES- und EXAFS-Spektren beinhalten in
Abhängigkeit zu den Strahlparametern, den Detektionsbedingungen und der
17000 17500 18000 18500
0.0
0.5
1.0
1.5
NPO
XANES EXAFS
3.
2. 1.
b)a)
1. QSR NUT V2. Q�W X Y Z [ \3. Q�]�^ R QS_ Z ` a R NLT b QS_ Z ` a R NPOT T
ln(I
0/I)
(Abs
orpt
ion)
Energie [eV]
4 6 8 10 12 14 16
-4
-2
0
2
4
6
8
c)
a) Normierung von cdR NLT *b) Konvertierung von cdR NUT zu cSR e Tc) Wichtung: cdR e T * e 3
f (k)*k3
k [Å-1]
0 1 2 3 4 50.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
d)
Fouriertransformation
Fou
riert
rans
form
atio
n
R + g [Å]
17000 17500 18000 18500-0.5
0.0
0.5
1.0
1.5
3.
2.
1.
1. QSR NLT \ h X a2. Untergrundfunktion3. QSR NLT V = QSR NLT \ h X a - Untergrundfunktion
ln(I
0/I)
(Abs
orpt
ion)
Energie [eV]
76
Verarbeitung des Datenmaterials Zufallsfehler, variierende und konstante
systematische Fehler. Nach den Grundprinzipien der Faktorenanalyse sind
Zufallsfehler für die Analyse der relativen Konzentrationsverteilung der Faktoren
unerheblich, weil diese durch die Faktorenkompression minimiert werden. Für die
Anwendung der Faktorenanalyse ist jedoch eine genaue Kenntnis des statistischen
Fehlers der Spektren notwendig, insbesondere für die Abschätzung der Anzahl
primärer Faktoren in einer Serie von Spektren. Zur Anwendung der Faktorenanalyse
sollten die Spektren so gemessen werden, daß der statistische Fehler in den
Spektren ähnlich ist.
Zufallsfehler entstehen durch den statistischen Prozeß der Röntgenabsorption, da
die Absorption von einer Übergangswahrscheinlichkeit abhängig ist. Auch die
Registrierung von Photonen mittels Ionisationskammern und Fluoreszenzdetektoren
basiert auf statistischen Prozessen. Im Spektrum äußert sich dieser Zufallsfehler als
statistisches Rauschen (Statistik). Wenn 1 die mittlere Anzahl der pro Zeiteinheit
gemessenen Photonen ist (z.B. Fluoreszenzsignal), ergibt sich eine Schwankung
(Standardabweichung) von 1 um den Mittelwert 1. Das gemessene Signal 1
besteht aus den „wichtigen“ Photonen 1 i und den Photonen die z.B. aus
Streuprozessen hervorgehen 1 j . Das Rauschen bzw. der statistische Fehler ist somit
kl 11 + . Das Verhältnis zwischen Signal (6) und Rauschen (5) kann mit
6� / 5 = mnn 111 +/ berechnet werden [12]. Dabei sind 1 i + 1 j die Anzahl der
Photonen, die oberhalb der Absorptionskante gemessen werden, und 1 i ist die
Differenz zwischen den oberhalb und unterhalb der Absorptionskante gemessen
Photonen. Bei der Vorgabe eines gewünschten S/R-Verhältnisses kann die
erforderliche Anzahl von Photonen berechnet werden und damit die effektive Meßzeit
pro Datenpunkt um dieses Verhältnis zu erreichen. Das unter diesen Bedingungen
berechnete S/R-Verhältnis gilt für ideale Bedingungen. Hierbei werden die Einflüsse
der Detektoren, der Elektronik und der Strahlparameter vernachlässigt.
Um den tatsächlichen statistischen Fehler von Fluoreszenz- und Absorptionsspektren
genauer analysieren zu können, wurde ein neues Verfahren entwickelt. Die
Besonderheit dieses Verfahrens ist, daß der ermittelte Wert für den statistischen
Fehler der Meßpunkte unabhängig von der Form der Funktion (Grundfunktion) ist,
auf welcher sich das Rauschen befindet. Es kann gezeigt werden, daß die Ermittlung
77
des statistischen Fehlers von Meßpunten funktionsindifferent ist. Zur Analyse des
statistischen Fehlers sind keine Vorgabeparameter erforderlich. Konventionelle
Verfahren (Savitzky-Golay, Fouriertransformation, Splinefunktionen, Korrelations-
analyse) zur Analyse des statistischen Fehlers verlangen Vorgabeparameter, welche
in Abhängigkeit zur untersuchten Grundfunktion und verschiedener weiterer
Bedingungen gewählt werden müssen [44]. Das empirisch gefundene Verfahren wird
im folgenden kurz dargestellt.
Die Meßpunkte werden mit Linien verbunden. Die so erhaltenen Linien stellen die
Seiten von gleichseitigen Dreiecken dar. Die Spitzen der Dreiecke werden wieder
miteinander verbunden usw. Der Algorithmus wird mit der Ober- und Unterseite
durchgeführt, Abb. 3.3.
$EE�����: Schematische Darstellung zum Algorithmus der Analyse des statistischen
Fehlers. Die Punkte stellen Meßwerte dar.
Für die Oberseite ergeben sich die Höhen K und für die Unterseite die Höhen K . Die
Höhen sind in Abbildung 3.3 für alle Dreiecke konstant, da die Meßpunkte auf einer
Geraden liegen. Sobald eine Unstetigkeit zwischen den Meßpunkten auftritt, werden
die Höhen der Dreiecke mit steigender Anzahl von Ebenen expotentiell größer. In
Abbildung 3.4 ist eine Winkelfunktion abgebildet, welche an einer Stelle eine
a
Ebene
4
3
2
1
oa a
oqpa
2
3
4
78
Unstetigkeit besitzt. Dargestellt sind nur die Höhen der Dreiecke. Der Algorithmus
wurde in der 7. Ebene abgebrochen.
$EE�� ���: Die Anwendung des Algorithmus auf eine Winkelfunktion mit einer
Unstetigkeit.
Es sei angemerkt, daß die Lage der untersuchten Funktion in der zweidimensionalen
Ebene keinen Einfluß auf das Ergebnis der Analyse hat. Mit steigender Ebene wirkt
sich die Unstetigkeit immer stärker auf die benachbarten Höhen aus, Abb. 3.4. Die
Höhen K r und *sK einer bestimmten Ebene H der Ober- und Unterseite werden
summiert und auf ihre Anzahl normiert, Gl. (3.11). Die Anzahl der Höhen einer Seite
ergibt sich entsprechend des Algorithmus aus der Differenz zwischen der Anzahl der
Meßpunkte Q und der Ebene H. Für die Ebene H der Ober- und Unterseite ist:
Êtu +
-=
vwx xx KK
HQ=
1
* )()(2
1 (3.11)
Die Zahl = ist direkt proportional zum statistischen Fehler der Meßpunkte. Ein
künstlich erzeugtes Rauschen mit bekannter Standardabweichung (67' y z${}| .) kann
zur Kalibrierung des Verfahrens dienen. Die für verschiedenes Rauschen
berechneten Werte von = werden gegen 67' y z${}| . aufgetragen, Abb. 3.5 a).
79
$EE�� ���: a) Die ermittelten Werte für = von künstlich erzeugtem Rauschen mit
bekannter Standardabweichung (67' y z${}| .). b) Verschiedene Funktionen (jeweils aus
drei Winkelfunktionen zusammengesetzt) denen ein künstliches Rauschen mit
bekannter Standardabweichung addiert wurde.
Eine lineare Regression liefert die Parameter, welche die Berechnung des
statistischen Fehlers von Meßwerten aus = ermöglicht. In Abbildung 3.5 b) sind
verschieden zusammengesetzte Winkelfunktionen dargestellt, denen ein künstliches
Rauschen mit bekannter Standardabweichung (67' y z${}| .) addiert wurde. In Tabelle
3.1 ist der Vergleich zwischen 67' y z${}| . und der aus = ermittelten Standard-
abweichung (67' ~P���}��y � ) für die Funktionen in Abb. 3.5 b) enthalten. Die zur
Berechnung des Fluoreszenzsignals notwendigen statistischen Wichtungen könnten
auch mit diesem Verfahren berechnet werden. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch
dazu der standardisierte Algorithmus von EXAFSPAK verwendet [66].
0.0 1.0x10-6 2.0x10-6 3.0x10-60
100
200
300
� Regressionsgerade
�
������� � � � � 0 50 100 150 200 250 300
5
10
15
Funktion
9 8 7 6 5 4 3 2 1
b)a)
�
�
80
7DE�� ���: Vergleich der theoretischen Standardabweichung (67' y z${}|$� ) mit der
ermittelten Standardabweichung für eine Basislinie (67' ��r �}r { ) und verschiedenen
Funktionen (67' ~P������y � ).Funktion 67' y z${}|$� 67' ��r �}r { 67' ~P���}��y �
1 0 0.00000 0.00000
2 0.02852 0.02624 0.02624
3 0.05615 0.04808 0.04808
4 0.08804 0.08505 0.08505
5 0.11506 0.11031 0.11031
6 0.14623 0.14689 0.14689
7 0.16736 0.16419 0.16419
8 0.20976 0.20401 0.20401
9 0.23511 0.23208 0.23208
Einer Basislinie wurde das gleiche Rauschen addiert, welches für die Funktionen in
Abb. 3.5 b) benutzt wurde. Der Vergleich der ermittelten Standardabweichungen für
die Basislinie (67' ��r �}r { ) und der Funktionen (67' ~P���}��y � ) in Abb. 3.5 b) zeigt
vollkommene Übereinstimmung, Tab. 3.1. Die Untersuchung einer Vielzahl
verschiedener differenzierbarer Funktionen, denen das gleiche künstliche Rauschen
addiert wurde, zeigt, daß der mit dem dargestellten Algorithmus bestimmte
statistische Fehler der Meßpunkte nicht von der gewählten Funktion beeinflußt wird
und somit funktionsindifferent ist. Für alle Untersuchungen wurde die 30. Ebene
entsprechend des Algorithmus zur Berechnung der Statistik verwendet. Die
Abbildung 3.6 zeigt, wie sich der tatsächliche statistische Fehler während der
Messung an einer Probe durch Mittelung der Einzelspektren verbessert. Die
Röntgenfluoreszenzspektren der Uran LIII-Kante einer wäßrigen Mischung von
Uran(VI) und Protocatechusäure (PCS) wurden zur Darstellung benutzt. Die
Uran(VI)-Konzentration beträgt 1.0Â��-3 mol/l und die PCS-Konzentration
50.0��-3 mol/l.
81
$EE�� ���: Die Verbesserung des statistischen Fehlers der Meßpunkte (Standard-
abweichung - 67') eines Röntgenfluoreszenzspektrums durch Mittelung der
Einzelspektren.
Aus der Abbildung 3.6 kann entnommen werden, daß nach ca. 7 Spektren keine
signifikante statistische Verbesserung durch die Mittelung der Einzelspektren eintritt.
Die Abbruchbedingung der Messung kann damit festgelegt werden. Aus dem
abgebildeten Verlauf in Abb. 3.6 kann erfahrungsgemäß die zeitabhängige
Strahlqualität, Einstellungen der Detektorelektronik und die Probenbeschaffenheit
abgelesen werden. Das Verfahren hat sich bewährt und wird bei ROBL eingesetzt.
Die Spektren einer Probenserie können mit Anwendung des Verfahrens so
gemessen werden, daß ihr statistischer Fehler nahezu identisch ist. Dadurch kann
bei der Anwendung der Faktorenanalyse die Anzahl primärer Faktoren genauer
bestimmt werden.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß dieses Verfahren auch reversibel ist. Der
statistische Fehler eines Spektrums kann minimiert werden, indem ausgehend vom
aktuellen Wert von =, einer gewählten Ebene, die Meßpunkte der ersten Ebene so
verschoben werden, daß der Wert von = ein Minimum erreicht. Erstmalig wird
dadurch eine funtionsunabhängige Glättung von Spektren möglich.
1 2 3 4 5 6 7 8
0.0002
0.0003
0.0004
0.0005
6
7'
(in
Abs
orpt
ions
einh
eite
n)
Messung
82
Die dargestellte Analyse kann auf verschiedenste spektroskopische Methoden zur
Bewertung des statistischen Fehlers von Spektren angewendet werden.
����� 'LH�$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�5|QWJHQDEVRUSWLRQVVSHNWUHQ
In der Literatur wird die Anwendung der Faktorenanalyse zur qualitativen oder
quantitativen Analyse von Gemischen verschiedener chemischer Formen eines
Elementes bisher nur für die kantennahe Feinstruktur und für XAS-Spektren
beschrieben [23-28, 76]. Eine qualitative Betrachtung der abstrakten Faktorenlösung
unter Verwendung von Spektren der kantenfernen Feinstruktur wurde von
WASSERMAN und FAY et al. dargelegt [30, 31].
Die Anwendung der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren
Mit dem Targettest kann u.a. geprüft werden, ob eine spezielle chemische Form
eines Metalls im untersuchten System vorkommt. WASSERMAN untersuchte die
chemischen Formen von Eisen, welche in natürlichen Kohlen unterschiedlicher
Herkunft vorkommen können [28]. An Kohlen von acht Standorten wurde das XANES
an der Eisen K-Kante gemessen. Die erhaltenen Spektren zeigen eine starke
Variation. Es kann gezeigt werden, daß vier primäre Faktoren zur Beschreibung der
Spektren notwendig sind. Um einige Faktoren chemisch deuten zu können, werden
Referenzspektren möglicher chemischer Formen von Eisen als Testvektoren zum
Targettest herangezogen. Ein Referenzspektrum von Eisen(II)oxid zeigt, daß
Eisen(II)oxid keine Komponente des untersuchten Systems darstellt und damit in den
Kohlen nicht vorkommt. Ein weiterer Targettest wurde mit dem Spektrum von
Eisen(III)sulfid, Pyrit, durchgeführt. Der Targettest zeigt, daß Eisen(III)sulfid ein
Bestandteil der Kohlen ist. Die relative Konzentrationsverteilung kann nicht
angegeben werden, da nicht alle Komponenten des Systems identifiziert wurden und
somit die vollständige Transformationsmatrix, zur Transformation der abstrakten
Konzentrationsmatrix, nach Gl. (2.91) nicht zugänglich ist.
Ein Publikation von FERNÁNDEZ-GARCÍA et al. zeigt das Potential des iterativen
Targettests zur quantitativen Analyse von Gemischen verschiedener Formen von
83
Kupfer in bi-metallischen Kupfer-Palladium Katalysatoren [23]. Zwei verschiedene
Katalysatoren werden nach vorheriger Calcination durch temperaturprogrammierte
Reduktion im Wasserstoffstrom behandelt. Im Verlauf der Reduktion kommt es zur
Änderung des Oxidationszustandes von Cu und zu einer Änderung der chemischen
Umgebung. Das XANES wird mit der schrittweisen Erhöhung der
Reduktionstemperatur gemessen. Das Ergebnis der Eigenanalyse der XANES-
Spektren zeigt, daß die Spektren mit drei Komponenten reproduziert werden können.
Nach der VARIMAX-Rotation der Faktorenladungen ergeben sich die
Konzentrationsmaxima der chemischen Kupfer-Spezies als Funktion der Temperatur.
Aus den durch die VARIMAX-Rotation hervorgegangenen Konzentrationsprofilen
der Komponenten werden Testvektoren kreiert und ein Iterativer Tagettest
durchgeführt, Gl. (2.89) und (2.90). Der iterative Tagettest wird verfeinert, indem
jedes während der Iteration entstehende Element der Testvektoren, welches kleiner
Null ist, auf den Wert Null zurückgesetzt wird. Mit dieser Prozedur wird das reale
Konzentrationsprofil der fundamentalen Faktoren als Funktion der
Reduktionstemperatur erhalten. Mit Anwendung von Gl. (2.92) sind die XANES-
Spektren der fundamentalen Faktoren bestimmbar. Die XANES-Spektren der
fundamentalen Faktoren können den XANES-Spektren der reinen Kupferspezies
(CuO, Cu2O, Cu) des untersuchten Systems zugeordnet werden.
Die Anwendung der Faktorenanalyse auf EXAFS-Spektren
Das Ergebnis der Eigenanalyse von Spektren der kantenfernen Feinstruktur wird in
einer Arbeit von WASSERMAN zur qualitativen Analyse von Gemischen benutzt [31].
Durch eine Variation des Gehaltes von Chloridionen in einer wässrigen Uran(VI)-
Lösung werden strukturelle Veränderungen in der Koordinationssphäre des Uran(VI)
hervorgerufen. Mit steigender Konzentration der Chloridionen wird das am Uran(VI)
koordinativ gebundene Wasser schrittweise durch Chloridionen ersetzt. Die
gemessenen EXAFS-Spektren zeigen entsprechend der stukturellen Veränderung
eine Variation. Drei Komponenten sind notwendig, um die Variation der EXAFS-
Spektren zu beschreiben. Die Spektren der drei abstrakten Komponenten werden mit
standardisierten Auswerteverfahren der EXAFS-Spektroskopie analysiert. Die so
erhaltenen Koordinationsparameter werden mit bekannten Strukturdaten verglichen
und zeigen im Bezug auf die Abstände zwischen Uran(VI) und den Atomen der
84
Nahordnung Übereinstimmungen. Die Verwendung von abstrakten Faktoren zeigt
jedoch, daß sich negative Koordinationszahlen ergeben können.
Wie in Abschnitt 2.1.2. erwähnt, wird die orthogonale Basis der abstrakten
Faktorenlösung von den primären abstrakten Faktoren gebildet. Da die
Faktorenlösung gegenüber einer orthogonalen Rotation der Basis des abstrakten
Faktorraumes invariant ist, ergeben sich für die Spektren der abstrakten Faktoren
beliebig viele Lösungen. Daraus kann geschlußfolgert werden, daß die Spektren der
abstrakten Faktoren keinerlei physikalische Bedeutung haben können.
85
��� 'LH�$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�;$1(6�6SHNWUHQ
����� 8QWHUVXFKXQJHQ�DP�6\VWHP�$UVHQ�,,,�9��LP�Zl�ULJHQ�0HGLXP
In verschiedenen Uranerzen des Erzgebirges kommt Arsen vor. Die
Grubenabwässer der stillgelegten Bergwerke enthalten Arsen in einer Konzentration
von bis zu 10 mg/l. In den Absetzbecken von stillgelegten Uranerzaufbereitungs-
anlagen ist die zehnfache As-Konzentration festzustellen. Von den vorliegenden
Oxidationszuständen des Arsens und deren relativer Konzentrationsverteilung
können Rückschlüsse auf das Redoxpotential dieser Abwässer gezogen werden. Die
Kenntnis des Redoxpotentials der Abwässer ist u.a. wichtig für die Speziations-
bestimmung von enthaltenen Schwermetallen, wie z.B. Uran, Thorium und Radium.
Mit der Verwendung der Speziationsdaten von Arsen gelingt eine Adaption und
Effektivitätssteigerung von Wasseraufbereitungssystemen [9].
Die XANES-Spektroskopie bietet gegenüber klassischen Methoden zur Bestimmung
des Oxidationszustandes von Metallen den Vorteil, daß der Matrixeffekt keinen
wesentlichen Beitrag liefert und daß diese Methode elementspezifisch ist. Wie aus
Abschitt 3.1. hervorgeht, ist der Absorptionskoeffizient eine konzentrations-
äquivalente Größe. Damit kann die XANES-Spektroskopie zur Konzentrations-
bestimmung der vorliegenden Oxidationszustände eines Metalls in Mischungen
herangezogen werden [12]. In diesem Zusammenhang wurden von DENECKE et al.
XANES-Untersuchungen an der Arsen K-Kante von reinen As(0), As(III)- und As(V)-
Verbindungen, sowie von definierten As(III,V)-Mischungen durchgeführt [77]. Es
wurde gezeigt, daß die Konzentrationsverteilung von As(III) und As(V) in den
Mischungen mit Hilfe von Linearkombinationen der Spektren der reinen
Komponenten quantitativ bestimmt werden können [77]. Dazu wurden die
Fehlerquadrate zwischen den Linearkombinationen der Spektren der reinen
Komponenten und den Spektren der Mischungen minimiert. In den zur XANES-
Messung präparierten Mischungen wurde der Oxidationszustand des Arsen auch
polarographisch bestimmt [77]. Als Ausgangsstoff zur Präparation einer wäßrigen
AsO33-- und AsO4
3--Stammlösung diente As2O3 (Merck, p.A.). Die zur XANES-
Messung verwendeten As(III,V)-Mischungen wurden aus den AsO33-- und AsO4
3—
Stammlösungen hergestellt.
86
Die Gesamtkonzentration an Arsen der wäßrigen AsO33-- und AsO4
3--Lösungen und
für deren Mischungen betrug 0.019 mol/l. Eine Probe mit elementarem Arsen (Merk,
p.A.) wurde ebenfalls zur XANES-Messung präpariert.
Die von Denecke et al. aufgenommenen XANES-Spektren der reinen As(0,III,V)-
Verbindungen sowie deren Mischungen werden im folgenden mit Verwendung der
Faktorenanalyse untersucht und mit den Ergebnissen der Methode der
Linearkombination [77] verglichen.
Für die Anwendung der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren ergeben sich einige
spezielle Voraussetzungen, welche erfüllt werden müssen:
1. Die Meßbedingungen sollten für alle Proben weitgehend identisch sein.
2. Die Statistik der Spektren sollte weitgehend äquivalent sein.
3. Die XANES-Spektren sollten auf eine äquivalente, relative Energieachse kalibriert
werden.
4. Die Anzahl der Spektren muß größer sein als die Anzahl der Komponenten.
Diese Voraussetzungen gelten für alle weiteren XAS-Untersuchungen. Eine
Änderung von Meßbedingungen während der Messung der Probenserie kann einen
Einfluß auf die Güte der quantitativen Analyse der Spektren haben. Unter diesem
Aspekt wird darauf hingewiesen, daß die XANES-Spektren im HASYLAB, an der
Station RÖMO II Beamline X1.1, unter Verwendung eines Si(311) Doppel-Kristall
Monochromators aufgenommen wurden. Zur Reduzierung der höheren
harmonischen Oszillationen [12] wurde die Position des zweiten Kristalls des Doppel-
Kristall Monochromators so gewählt, daß die Hälfte der Intensität des
monochromatisierten Strahls am Experiment erreicht wurde. Zur Stabilisierung der
Strahlintensität wurde ein MOSTAB-Modul [78] (Monochromator Stabilisierungs
Modul) verwendet. Nach der Berechnung der Transmission aus dem , � -Signal und
dem , � -Signal haben die Spektren eine äquivalente Statistik. Die Datenpunkte
wurden an der Kante mit einer Abtastrate von 0.2 eV aufgenommen. Die
Monochromatorauflösung betrug 1 eV. Das jeweils simultan mitgemessene XANES-
Spektrum einer Referenzprobe, As(III)oxid, kann nur bedingt zur Energiekalibrierung
der Spektren benutzt werden, da es stark verrauscht ist. Es bestehen demnach
87
hinreichend identische Meßbedingungen für die XANES-Messungen. Mit Ausnahme
von 3. sind die o.g. Punkte erfüllt.
Zur weiteren Analyse werden die XANES-Spektren nach der Subtraktion der
Vorkante bei einer Energie von 11950 eV auf Eins normiert. Damit wird gewähr-
leistet, daß die absoluten As(0,III,V)-Konzentrationen keine Auswirkung auf die
Bestimmung der relativen As(0,III,V)-Konzentrationen haben. Der statistische Fehler
der Transmissionsspektren zeigt nach der Normierung eine mittlere Standard-
abweichung von 2.2·10-3 Absorptionseinheiten (statistisches Rauschen). In der
Abbildung 4.1 sind die aufbereiteten XANES-Spektren der wäßrigen Lösungen der
As(III,V)-Mischungen und der reinen Komponenten dargestellt. Das Verhältnis der
Konzentrationen der reinen Komponenten in den As(III):As(V) Mischungen ist 75:25,
50:50 und 25:75.
$EE�����: As K-Kante Spektren der reinen Komponenten As(0), As(III) und As(V) und
von As(III,V)-Mischungen. Die Verhältnisse beziehen sich auf As(III):As(V).
Wie in Abb. 4.1 zu erkennen ist, wird die Varianz der Spektren von der markanten
Weißen Linie des As(III) und des As(V) hervorgerufen. Die Weiße Linie entsteht
durch den dipolerlaubten Übergang vom 1s Grundzustand in den ungefüllten 4p
11750 11800 11850 119000
2
4
6
8
10
12
14
16
18
As(V)
As(III)
As(0)
75:25
50:50
25:75
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
88
Endzustand [79]. Die Intensität der Weißen Linie ist direkt proportional zum Quadrat
der Übergangswahrscheinlichkeit 1s�4p. Die höhere Intensität der Weißen Linie von
As(V) im Vergleich zur Intensität der weißen Linie von As(III) kann mit der erhöhten
Übergangswahrscheinlichkeit eines Elektrons in den 4p Endzustand gedeutet
werden, weil die Elektronendichte in diesem Zustand gegenüber As(III) geringer ist.
Die energetische Position der weißen Linie ist von der Lage des Ferminiveaus
abhängig. Bei As(V) liegt das Ferminiveau energetisch höher als bei As(III). Daher ist
die Weiße Linie des As(V) zu einer höheren Energie verschoben [80].
Um die relative Konzentrationsverteilung von As(III) und As(V) in den Mischungen
quantitativ bestimmen zu können, wird zunächst die abstrakte Lösung zur
Reproduktion aller Spektren untersucht. Die sich dabei ergebenden Fehlerfunktionen
5(, ,(, ;( und die Indikatorfunktion, ,1', können zur Einschätzung der
Faktorenanzahl, der Datenqualität und der Verwendbarkeit des Datenmaterials
herangezogen werden [49]. Eine Energiekalibrierung der Spektren wird vorerst nicht
durchgeführt.
Die Datenmatrix wird gebildet, indem die sechs Spektren spaltenweise angeordnet
werden. Eine willkürliche Anordnung der Spektren in der Datenmatrix hat keinen
Einfluß auf die Lösung der Eigenwertaufgabe. Ein für die Analyse günstiges
Energieintervall wird definiert. DENECKE et al. benutzten zur Analyse der Spektren
ein günstiges Energieintervall von 11840 eV bis 11910 eV [77]. Zum Vergleich der
Resultate wird in der vorliegenden Arbeit das gleiche Energieintervall benutzt. Die so
erhaltene Datenmatrix hat das Format (212,6). Mit Verwendung der unnormierten
Datenmatrix wird durch Anwendung von Gl. (2.10) die Kovarianzmatrix gebildet. Eine
Diagonalisierung der Kovarianzmatrix liefert sechs Eigenwerte, welche entsprechend
der Rangfolge des Einflusses der zugeordneten Faktoren entstehen. Mit
Verwendung aller Eigenwerte werden die Fehlertypen 5(, ,(, ;( nach Gl. (2.77),
(2.78) und (2.79) berechnet. Die Indikatorfunktion, ,1', wird mit Gl. (2.81) berechnet.
In Tab. 4.1 sind die Ergebnisse zusammengestellt.
89
7DE�����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l � 5(n ,(n ;(n ,1'n��
�
1 1596.74358 0.29894 0.12204 0.27289 119.6
2 75.13478 0.15200 0.08776 0.12411 95.0
3 19.31264 0.02098 0.01483 0.01483 23.3
4 0.20686 0.01312 0.01072 0.00758 32.8
5 0.03760 0.01293 0.01180 0.00528 129.3
6 0.03543 - - - -
a) Nummer des Faktors.
Die Größe der Eigenwerte fällt nach dem dritten Faktor auf Werte kleiner Eins ab.
Der Sprung in der Größe vom dritten zum vierten Eigenwert ist signifikant und deutet
darauf hin, daß die Daten mit drei Faktoren zu beschreiben sind. Der Vergleich der
Werte von 5( mit dem statistischen Fehler von 2.2·10-3 Absorptionseinheiten zeigt,
daß 5(3 unter Einbeziehung von drei Faktoren noch nicht in der Größenordnung des
statistischen Fehlers der Spektren liegt. Ein Vergleich des statistischen Fehlers der
Spektren mit dem Wert von 5( kann hier nur bedingt zur Einschätzung der Anzahl
primärer Faktoren herangezogen werden. Wenn vorausgesetzt wird, daß die Anzahl
der primären Faktoren drei ist, kann mit dem statistischen Fehler von 2.2·10-3 der
systematische Fehler der Spektren mit [(5(32 – (2.2·10-3)2]1/2 = 20.9·10-3 Absorp-
tionseinheiten angegeben werden. Der Vergleich des statistischen Fehlers mit dem
extrahierten Fehler ;(4 von 7.58·10-3 zeigt, daß mit Einbeziehung des vierten
Faktors die Reproduktion des Rauschens der Spektren eintritt. Dies ist neben dem
signifikanten Sprung der Eigenwerte, zwischen dem dritten und vierten Faktor, ein
weiterer Hinweis, daß der Faktorraum dreidimensional ist. Die Indikatorfunktion, ,1',
zeigt ein deutliches Minimum bei Verwendung von drei Faktoren zur Beschreibung
des Faktorraumes. Dies ist in Übereinstimmung mit den experimentellen
Gegebenheiten. Die primären Faktoren können den reinen Komponenten As(0),
As(III) und As(V), welche die Varianz der Spektren verursachen, zugeordnet werden.
Die abstrakte Reproduktion der Spektren mit drei primären Faktoren ist in Abb. 4.2
dargestellt.
90
$EE�����: As K-Kante Spektren der reinen Komponenten As(0), As(III) und As(V) und
der As(III,V)-Mischungen. Die abstrakte Reproduktion der Spektren mit drei Faktoren.
Die Verhältnisse beziehen sich auf As(III):As(V).
Das Ergebnis der Eigenanalyse zeigt, daß die Anzahl primärer Faktoren eindeutig
bestimmt werden kann und damit ein geeignetes Datenmaterial vorliegt. Die Varianz
der Spektren kann mit drei Faktoren beschrieben werden. Der systematische Fehler
in den Spektren beträgt ca. 0.02 Absorptionseinheiten.
Da in den Mischungen nur As(III) und As(V) enthalten ist, wird zur Analyse der
relativen Konzentrationsverteilung der reinen Komponenten das Spektrum 4 von
As(0) nicht mit in die Analyse einbezogen. Analog zur o.g. Prozedur der Ermittlung
der primären Faktorenlösung wird eine Datenmatrix aus den Spektren der
Mischungen von As(III,V) und den reinen Komponenten As(III) und As(V) konstruiert.
Die Ergebnisse der Eigenanalyse sind in Tab. 4.2 dargestellt. Nach der Eigenanalyse
ergeben sich auf Grund der geringeren Varianz in der Datenmatrix kleinere
Eigenwerte gegenüber den Eigenwerten unter Einbeziehung des Spektrums von
As(0).
11840 11860 11880 119000
2
4
6
8
10
12
14
16
18
2
1
3
4
5
6
SpektrumNr.
25:75
50:50
75:25
As(0)
As(III)
As(V)
Experiment Reproduktion
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
91
7DE�����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l � 5(n ,(n ;(n ,1'n��
�
1 1414.57481 0.26802 0.11986 0.23973 167.5
2 60.62295 0.02151 0.01361 0.01666 23.9
3 0.20787 0.01428 0.01106 0.00903 35.7
4 0.05042 0.01304 0.01166 0.00583 130.4
5 0.03604 - - - -
a) Nummer des Faktors.
Auch hier wird deutlich, daß die Eigenwerte und die Indikatorfunktion zur Analyse der
Anzahl primärer Faktoren herangezogen werden können. Der dritte Eigenwert ist
sehr klein und deutet darauf hin, daß dieser Faktor und die folgenden keinen
signifikanten Einfluß auf die Faktorenlösung haben. In Abb. 4.3 sind die
Spaltenvektoren der abstrakten Zeilenmatrix dargestellt. Aus der Amplitude der
Spaltenvektoren ist ersichtlich wie intensiv die jeweiligen Faktoren die Varianz der
Spektren beeinflussen. Es ist leicht festzustellen, daß die Faktoren ab dem dritten
Faktor zur abstrakten Reproduktion der Datenmatrix keinen wesentlichen Beitrag
liefern. Die Indikatorfunktion zeigt ihr Minimum bei zwei Faktoren. Damit kann der
Faktorraum auf zwei Faktoren komprimiert werden. Unter Verwendung der
reduzierten abstrakten Zeilenmatrix 5 und der reduzierten abstrakten Spaltenmatrix
& kann nach Gl. (2.37) die Datenmatrix abstrakt reproduziert werden. Durch die
Faktorenkompression ist mit einer Verringerung des Fehlers der reproduzierten
Spektren gegenüber der experimentellen Spektren zu rechnen. Theoretisch wird sich
der Fehler von 5(2 zu ,(2 verringern [35]. Nach den Gleichungen (2.77) und (2.78)
ergibt sich ein Faktor der Verringerung des Fehlers von (F/Q)1/2. Mit Q = 2 und F = 5
beträgt der Faktor 1.58. Da der statistische Fehler wesentlich kleiner als der Wert von
5(2 = 21.51·10-3 ist kann davon ausgegangen werden, daß der systematische
Fehler in den reproduzierten Spektren um den Faktor 1.58 gegenüber der experi-
mentellen Spektren kleiner ist.
92
$EE�����: Die ersten vier Spaltenvektoren U1 bis U4 der abstrakten Zeilenmatrix 5. Die
Spaltenvektoren sind den jeweiligen Faktoren 1 bis 4 zugeordnet.
Die Elemente der reduzierten abstrakten Spaltenmatrix & sind in Tabellenform
dargestellt, Tab. 4.3.
7DE�� ���: Die Elemente der Zeilenvektoren F1 und F2 der reduzierten abstrakten
Zeilenmatrix & .
Spektrum 1 Spektrum 2 Spektrum 3 Spektrum 5 Spektrum 6
Faktor 1, F1 0.45056 0.44691 0.44108 0.43593 0.46117
Faktor 2, F2 -0.30730 0.00005 0.29728 0.66480 -0.61256
Nach der Rotation der Faktorenlösung ergeben sich in den jeweiligen Zeilen von &
die relativen Konzentrationsprofile von As(III) und As(V) in den Spektren. Die
Spaltenvektoren von 5 werden in die Spektren der reinen As-Spezies transformiert.
Die Rotation der abstrakten Zeilenmatrix und der abstrakten Spaltenmatrix, in die
physikalisch relevante Lösung, kann mit Hilfe des Targettests unter Verwendung der
Spektren der reinen Komponenten erfolgen, oder durch den iterativen Targettest mit
11840 11860 11880 119000
5
10
15
20
25
4
3
2
1
Am
plitu
de
Energie [eV]
93
unvollständigen Testvektoren, welche unter Berücksichtigung der experimentellen
Gegebenheiten konstruiert werden. Für den Targettest müssen die Spektren der
reinen Komponenten vorhanden sein, um deren relative Konzentrationsverteilung zu
erhalten. Der iterative Targettest mit unvollständigen Konzentrationsprofilen gestattet,
neben dem Auffinden des gesamten Konzentrationsprofils der reinen Komponenten
in den Spektren, auch die Bestimmung der Spektren der reinen Komponenten, ohne
daß diese bekannt sein müssen. Im folgenden wird der iterative Targettest mit
Testvektoren der Konzentrationsprofile durchgeführt. Die Testvektoren \1 und \2
sind:
[ ]010001 =\
[ ]100002 =\
In der vierten Spalte von \1 befindet sich mit dem Wert 1 die Information, daß eine
reine Komponente dem experimentellen Spektrum 5 entspricht, s. Abb. 4.2. Der Wert
1 in der fünften Spalte von \2 bezieht sich auf eine reine Komponente, welcher das
Spektrum 6 entspricht. Es ist auch möglich willkürliche Werte an den Positionen der
reinen Komponenten einzusetzen, wobei das Ergebnis des iterativen Targettests
anschließend auf Eins normiert werden muß. Nun erfolgt der iterative Targettest
durch einen iterativen Zyklus zwischen Gl. (2.89) und Gl. (2.90). Die Iteration wird
abgebrochen wenn \1 und \2 konvergieren. Wenn die Bedingung �� \\ ˆ= und 22 \\ =
erfüllt ist, dann entsprechen die Elemente der Vektoren \1 und \2 den
Konzentrationsverteilungen von realen Faktoren in den Spektren, Gl. (2.89), (2.90).
Das Ergebnis des iterativen Targettests ist in Tab. 4.4 dargestellt. Aus chemischer
Sicht kann die gefundene Konzentrationsverteilung der Konzentrationsverteilung der
fundamentalen Faktoren des untersuchten Systems zugeordnet werden.
94
7DE�����: Die Testvektoren \1 und \2 im Vergleich mit den Vektoren �\ und 2\ .
Spektrum \1 �\ \2 2\
1 0.23409 0.23409 0.75571 0.75571
2 0.47729 0.47729 0.51791 0.51791
3 0.71003 0.71003 0.28526 0.28526
5 1 * 1.00000 0.00000 0.00000
6 0.00000 0.00000 1 * 1.00000
* Konstant während der Iteration.
Wie aus Tab. 4.4 hervorgeht, ist die Bedingung �� \\ ˆ= und 22 \\ = erfüllt, und die
gefundenen Elemente der Vektoren entsprechen der Konzentrationsverteilung der
fundamentalen Faktoren in den Spektren. Die Elemente des Vektors \1 entsprechen
nun der Konzentrationsverteilung von As(III) und die Elemente des Vektors \2 der
Konzentrationsverteilung von As(V) in den Spektren. Tabelle 4.5 enthält einen
Vergleich der gefundenen Konzentrationsverteilung mit der durch die Präparation
gegebenen Konzentrationsverteilung.
7DE�����: Vergleich der As(III) und As(V) Konzentrationen. Angaben in Prozent.
Präparation a) Iterativer TargettestSpektrum
As(III):As(V) As(III) As(V)
1 25:75 23.4 75.6
2 50:50 47.7 51.8
3 75:25 71.0 28.5
5 100:0 100 * 0.0
6 0:100 0.0 100 *
STD )b 2.6 (I = 6)
a) DENECKE et al. [77]; b) Standardabweichung zwischen Präparation und Bestimmung; I – Anzahl
der Freiheisgrade zur Bestimmung der Standardabweichung; * Konstant während der Iteration.
Zum Vergleich der präparativen Konzentrationen mit den bestimmten Konzen-
trationen dient die Standardabweichung, wobei die Anzahl der Freiheitsgrade I gleich
der Anzahl der variablen Elemente der Testvektoren ist, Tab. 4.5.
95
Die Standardabweichung 67'� der Elemente der Testvektoren M kann mit Gl. (4.1)
und (4.2) berechnet werden [35].
��
77 /ˆ L= (4.1)
( )�=�� � ��� W5(67'
1
2ˆ (4.2)
Q - Anzahl primärer Faktoren
M - Nummer des Faktors
Die Transformationsmatrix 7 ergibt sich durch Kombination der aus Gl. (2.89)
bestimmten Transformationsvektoren W. Die Matrix 7 enthält die Elemente der
Zeilenvektoren �W in ihren Zeilen. Die Standardabweichung bzw. der Fehler, der dem
Faktor M entsprechenden Konzentrationen, kann nun mit Gl. (4.2) berechnet werden.
Damit ergibt sich für die Bestimmung der relativen As(III) Konzentration ein Fehler
von 0.23% (Faktor 1). Für den Fehler in der Bestimmung der relativen As(V)
Konzentration ergibt sich ein Wert von 0.22% (Faktor 2).
Die Energieverschiebungen der Spektren untereinander können einen erheblichen
Einfluß auf das Ergebnis der Linearkombination und das Ergebnis des iterativen
Targettests haben. Unter der Voraussetzung, daß nur zwei Faktoren vorhanden sind,
kann sich durch eine geringe Energieverschiebung der Spektren ein Residual
zwischen abstrakter Reproduktion und den experimentellen Spektren ergeben, Gl.
(2.39) bis Gl. (2.52). Dieses Residual kann so groß sein, daß damit ein zusätzlicher
„dritter Faktor“ entsteht. Durch genauere Betrachtung von Abb. 4.3 wird deutlich, daß
der Spaltenvektor U3 noch eine geringe Amplitude aufweist. Der Eigenwert dieses
Faktors beträgt 0.20787. Das Ziel ist es nun, den systematischen Fehler der
Spektren von ca. 0.02 Absorptionseinheiten, welcher zum Teil durch eine
Energieverschiebung der Spektren verursacht werden kann, zu minimieren und an
den statistischen Fehler der Spektren anzunähern. Eine präzise Energiekalibrierung
der Spektren ist aufgrund der verrauschten Spektren der Referenzprobe nicht
möglich und könnte nur mit einer Genauigkeit, die in der Nähe der Abtastrate von
0.2 eV liegt, erfolgen. Für diesen Zweck ist ein neues Verfahren anhand von
theoretischen und realen Spektren validiert worden, welches eine Energie-
96
kalibrierung der Spektren auf eine relative Energieachse, ohne Benutzung des
Referenzspektrums, mit hoher Genauigkeit zuläßt. Im ersten Schritt des Verfahrens
wird eine Eigenanalyse der experimentellen Spektren durchgeführt. Die Anzahl
primärer Faktoren wird festgelegt. Die abstrakte Reproduktion der Spektren mit den
primären Faktoren wird mit den experimentellen Daten verglichen. Dabei ergibt sich
für jedes Spektrum Q eine mittlere quadratische Abweichung von dem abstrakt
reproduzierten Spektrum. Die mittleren quadratischen Abweichungen zwischen den
Spektren und den abstrakten Reproduktionen korrelieren mit den relativen
Energieverschiebungen ( � der Spektren. Ist z.B. ein experimentelles Spektrum
gegenüber den restlichen Spektren stark verschoben, dann ergibt sich zwischen
abstrakter Reproduktion und experimentellem Spektrum eine große mittlere
quadratische Abweichung. Die erhaltenen Abweichungen werden für jedes Spektrum
mit einem individuellen Faktor ) � multipliziert und ergeben dadurch einen Betrag der
mit der Energieverschiebung jeden Spektrums korreliert. Die Faktoren ) � regulieren
die Schrittweite der individuellen Energieverschiebungen. Um diesen individuellen
Betrag wird anschließend jedes Spektrum auf der Energieachse verschoben. Die
Richtung der Verschiebungen kann im ersten Schritt frei gewählt werden. Nach
dieser Verschiebung werden wiederum die Abweichungen zwischen den experi-
mentellen Spektren und den neu berechneten abstrakten Reproduktionen verglichen.
Wenn sich für ein Spektrum Q die Abweichung vergrößert, wird das Vorzeichen von
) � geändert und ) � – die Schrittweite - verringert. Dieser iterative Zyklus wird sooft
wiederholt bis die relativen Energieverschiebungen der einzelnen experimentellen
Spektren konvergieren (s. Abb. 4.4). Meist genügen bei Energieverschiebungen von
beispielsweise bis zu 0.5 eV ca. 500 Iterationen bis zur Konvergenz. Dieser
Algorithmus ist jedoch rechenzeitaufwendig, da für jeden Zyklus die Diagonalisierung
der Kovarianzmatrix erfolgen muß. In Tabelle 4.6 sind die gefundenen relativen
Energieverschiebungen der Spektren festgehalten.
97
7DE����: Relative Energieverschiebungen der Spektren.
Spektrum
Q
( � a)
[eV]
( � �– (1
[eV]
67' L¡�¢ £¥¤L¦67' �$§}¨�© £ ¨ ¦
1 0.1502 0 0.00046 0.00035
2 0.0345 -0.1157 0.00016 0.00011
3 0.0440 -0.1620 0.00019 0.00005
5 -0.0318 -0.1820 0.00019 0.00010
6 0.0894 -0.0608 0.00039 0.00033
a) Energieverschiebung des Spektrums Q.
b), c) Standardabweichung der abstrakten Reproduktion mit zwei Faktoren von den experimentellen
Spektren YRU und QDFK der Energiekalibrierung.
Die Standardabweichung der relativen Energieverschiebungen ( � �von dem Mittelwert
beträgt 0.07 eV. Das ist im Vergleich zur Monochromatorauflösung ein sehr kleiner
Wert. Die relativen Energieverschiebungen der Spektren können nun theoretisch mit
einer Genauigkeit von ca. 2.0·10-3 eV angegeben werden. Da die Kenntnis der
absoluten Lage der Spektren auf der Energieachse für die Anwendung der
Faktorenanalyse nicht erforderlich ist, kann diese neue Methode der Energie-
kalibrierung, unabhängig von einer vorherigen konventionellen Energiekalibrierung
der Spektren auf die mitgemessene Referenzprobe, benutzt werden. Die dargestellte
Prozedur kann ohne vorherige Identifizierung der Faktoren durchgeführt werden. Nur
die Kenntnis der Anzahl primärer Faktoren ist erforderlich.
Die Anwendung des iterativen Targettests auf energiekalibrierte und nicht
energiekalibrierte Spektren ergibt eine mittlere Differenz der Konzentrationen von
0.6% mit einem maximalen Wert von 1.2% für Spektrum 1. In Tabelle 4.7 ist der
Vergleich zwischen den mit unterschiedlichen Verfahren gewonnenen As(III)- und
As(V)-Konzentrationen enthalten. Der Fehler in der Bestimmung der Konzentrationen
ist mit Verwendung von energiekalibrierten Spektren für den ersten Faktor, As(III),
auf 0.19% und für den zweiten Faktor, As(V), auf 0.18% verringert worden. Die
Anwendung des iterativen Targettests auf die energiekalibrierten Spektren ergibt die
geringste mittlere Abweichung der gefundenen Konzentrationen von den
Konzentrationen der Präparationsbedingungen.
98
7DE�� ���: Vergleich der mit verschiedenen Methoden bestimmten Konzentrationen
von As(III) und As(V). Angaben in Prozent.
Präparation a) iterativer Targettest
mit
Energiekalibrierung
Linearkombination a) 3RODURJUDSKLH�§ ¦
Spek-
trum
As(III):As(V) As(III) As(V) As(III) As(V) As(III) As(V)
1 25:75 24.6 74.5 23.8 74.6 21.0 79.0
2 50:50 47.7 51.7 47.0 52.8 45.0 55.0
3 75:25 71.5 27.9 71.0 28.5 66.0 34.0
5 100:0 100 * 0 - - - -
6 0:100 0 100 * - - - -
STD b) 2.2 (I = 6) 2.8 (I = 6) 6.4 (I = 3)
a) DENECKE et al. [77]; b) Standardabweichung zwischen Präparation und Bestimmung; f – Anzahl
der Freiheisgrade zur Bestimmung der Standardabweichung; * Konstant während der Iteration.
Dieses Beispiel der Anwendung der Faktorenanalyse und einer speziellen Energie-
kalibrierung auf die XANES-Spektren von As(III,V) zeigt, daß die Genauigkeit der
Konzentrationsbestimmung gegenüber konventioneller Verfahren erhöht werden
kann. Noch deutlicher wird die Notwendigkeit der Anwendung dieser neuartigen
Energiekalibrierung bei der Analyse von XANES-Spektren einer Konzentrationsserie
von U(IV,VI)-Mischungen, wie in den folgenden Abschnitten gezeigt wird.
99
����� 8QWHUVXFKXQJHQ�]XU�5HGXNWLRQ�YRQ�8UDQ�9,��GXUFK�%DNWHULHQ
Einige heterotrophe Bakterien vermögen U(VI) unter anaeroben natürlichen
Bedingungen zu U(IV) zu reduzieren, wobei die Mobilität des Urans herabgesetzt
wird [7, 8]. Damit gewinnt die Untersuchung an solchen Bakterien eine große
Bedeutung für die Bereitstellung von Technologien zur Retardierung von
Radionukliden. Die Reduktion von U(IV) wurde an den Bakterien 'HVXOIRPLFURELXP
EDFXODWXP und 7KLREDFLOOXV�IHUURR[LGDQV mittels XANES-Messungen untersucht [81].
Das Bakterium 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP wurde dabei in 600 ml und das
Bakterium 7KLREDFLOOXV� IHUURR[LGDQV in 800 ml Nährlösung gezüchtet und
anschließend durch Zentrifugieren isoliert. Das Isolat des Bakteriums
'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP wurde vor Zugabe von 50 ml einer 1·10-4 mol/l U(VI)-
Lösung in 5 ml einer 0.9%‘igen NaCl Lösung suspendiert. Der pH-Wert wurde auf 5.0
eingestellt. Im Falle des Bakteriums 7KLREDFLOOXV� IHUURR[LGDQV wurde das Isolat, bei
pH 2.0, mit 10 ml einer 5·10-4 mol/l U(VI)-Lösung in 0.01 mol/l NaClO4-Lösung
versetzt. Die Kontaktzeit zwischen der U(VI)-Lösung und den Bakterienarten betrug
bei Raumtemperatur und unter Stickstoffatmosphäre jeweils zwei Tage. Die
Bakterien wurden anschließend von der Lösung durch Zentrifugieren abgetrennt.
Das Bakterium 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP wurde mit 5 ml einer 0.9%‘igen NaCl
Lösung und das Bakterium 7KLREDFLOOXV� IHUURR[LGDQV mit 5 ml einer 0.01 mol/l
NaClO4-Lösung gewaschen. Die so erhaltenen Proben wurden zur XANES-Messung
nach einer Aufkonzentrierung in luftdicht verschlossene Polyethylenküvetten gefüllt.
Zur quantitativen Analyse der U(VI)- bzw. U(IV)-Konzentration in den Bakterien-
proben wurden zwei Referenzverbindungen der reinen Oxidationszustände des
Urans präpariert. Zur Präparation der U(VI)-Lösung wurde Na2U2O7·6H2O in 7 mol/l
HClO4 gelöst. Ein Teil dieser Lösung wurde elektrochemisch an einer Hg-Elektrode
zu U(IV) reduziert. Zwei weitere Proben mit den U(IV):U(VI) Verhältnissen von 1:3
und 3:1 wurden mit Verwendung der Referenzverbindungen präpariert. Alle Proben
wurden in einer N2-Atmosphäre präpariert und zur XANES-Messung luftdicht in
Polyethylenküvetten gefüllt.
100
Die Uran LIII-Kante XANES-Spektren wurden am HASYLAB, an der Station RÖMO II
Beamline X1.1, unter Verwendung eines Si(311) Doppel-Kristall Monochromators
aufgenommen. Zur Stabilisierung der Strahlintensität wurde ein MOSTAB-Modul
eingesetzt. Von den Proben der U(IV,VI)-Mischungen und der Referenzverbindungen
wurde das Signal der Transmission aufgenommen. Zur Messung der XANES-
Spektren der beiden Bakterienproben wurde aufgrund des geringen Urangehaltes
das Signal der Uran La1,2-Fluoreszenzlinie mit Hilfe eines 4-Element Germanium-
Detetektors registriert. Eine U(VI) Referenzprobe wurde simultan mitgemessen. Die
Datenpunkte wurden an der Kante mit einer Abtastrate von 0.1 eV aufgenommen.
Nach Subtraktion der Vorkante wird die Absorption der Spektren, bei 17250 eV, auf
Eins normiert. Ein günstiges Energieintervall im Bereich von 17090 eV bis 17250 eV
wird zur weiteren Analyse der Spektren benutzt. In diesem Intervall beträgt der
mittlere statistische Fehler der Spektren 2.4·10-3 Absorptionseinheiten. In Abb. 4.5
sind die experimentellen Spektren der U(IV,VI)-Mischungen sowie der Referenz-
verbindungen darestellt. Die Spektren der Bakterienproben haben mit einem
Mittelwert von 4.0·10-3 Absorptionseinheiten die schlechteste Statistik. In Tabelle 4.8
ist die Statistik der einzelnen XANES-Spektren im Vergleich zu den Meßbedingungen
enthalten. Um beurteilen zu können, ob die Einzelspektren der U(IV,VI)-Mischungen
und Referenzverbindungen ohne vorherige Energiekalibrierung konsistent
zueinander sind, wird die Faktorenanalyse zunächst mit den Spektren der Rohdaten
durchgeführt. Jedes Einzelspektrum einer Probe sollte, wenn die Energie-
verschiebungen der Spektren untereinander minimal sind, die gleichen U(IV)- bzw.
U(VI)-Konzentrationen ergeben.
101
7DE�� ���: Zusammenstellung der Meßbedingungen und der Statistik der XANES-
Spektren.
Spektrum Probe Messung b) 67'Â10-3 ¨ ¦
1 1.27
2
U(IV) T
1.32
3 0.66
4
U(VI) T
0.58
5 0.88
6 0.74
7
1:3 a T
0.79
8 1.08
9
3:1 a T
1.08
10 5.78
11
7KLREDFLOOXV
IHUURR[LGDQV
F
3.30
12 3.49
13
'HVXOIRPLFURELXP
EDFXODWXP
F
3.34
a) Verhältnis zwischen U(IV):U(VI); b) T – Transmissionsmessung, F – Fluoreszenzmessung;
c) statistischer Fehler der auf einen Kantenhub von Eins normierten Absorption
Die Eigenanalyse der ersten neun Spektren liefert die Eigenwerte und die
entsprechenden Werte zu den Fehlerfunktionen. In Tabelle 4.9 sind die ersten sechs
Eigenwerte und Fehlerfunktionen enthalten. Zur Eigenanalyse wurden unnormierte
Daten verwendet.
7DE�����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l � 5(n ,(n ;(n ,1'n��
ª
1 1773.37841 0.07603 0.02534 0.07169 118.80267
2 10.00624 0.00443 0.00209 0.00391 9.03772
3 0.02409 0.00209 0.00121 0.00171 5.81211
4 0.00348 0.00143 0.00095 0.00107 5.72329
5 0.00124 0.00107 0.00079 0.00071 6.66143
6 0.00045 0.00091 0.00074 0.00052 10.07901
a) Nummer des Faktors.
102
Bei Betrachtung der Eigenwerte kann leicht entnommen werden, daß sich in den
Spektren zwei primäre Faktoren befinden. Der deutliche Sprung des Eigenwertes von
l £ zu l « ist dafür ein signifikantes Indiz. Die ,1'-Funktion zeigt jedoch kein
signifikantes Minimum. Nach MALINOWSKI kann die ,1'-Funktion zur Beurteilung
der Eignung der Spektren für die Faktorenanalyse dienen [49]. Der iterative
Targettest, mit den Testvektoren für die unbekannte Konzentrationsverteilung� der
Redoxzustände des Urans, liefert die folgenden Konzentrationsverteilungen ( 2\ und
¬\ ) in den Spektren, Tab. 4.10.
7DE������: Die Testvektoren \1 und \2 und die gefundene Konzentrationsverteilung
von U(IV) ( ¬\ ) bzw. U(VI) ( 2\ ) in den XANES-Spektren der Konzentrationsreihe.
Spektrum \1 \2 ¬\ 2\
1 1 * 0 * 0.98050 0.02351
2 1 * 0 * 1.00000 0.00000
3 0 * 1 * 0.00489 0.99441
4 0 * 1 * 0.00000 1.00000
5 0 0 0.17973 0.82113
6 0 0 0.23218 0.76291
7 0 0 0.22818 0.76676
8 0 0 0.69064 0.30736
9 0 0 0.68701 0.31157
* Konstant während der Iteration.
Nach einigen Iterationen stimmen die eingesetzten Testvektoren \1 und \2 mit den
Vektoren 2\ und ¬\ überein. Die gefundenen Konzentrationen differieren um ca. 3%
innerhalb der Messungen an einer Probe. Der Fehler in der Bestimmung der
Konzentrationen beträgt für den ersten primären Faktor 0.15% und für den zweiten
primären Faktor 0.17%. Die Abweichungen in den gefundenen Konzentrationen der
Probe mit dem U(IV):U(VI)-Verhältnis von 1:3 beträgt ca. 5% (Spektren 5-7). Diese
Abweichungen sind auf eine Energieverschiebung der Spektren zurückzuführen.
Dies begründet sich auf der Tatsache, daß die Spektren annähernd die gleiche
Statistik haben und die Meßbedingungen ebenfalls innerhalb der Messung dieser
Probe identisch waren, Tab. 4.8. Wie im Abschnitt 4.1. erwähnt, können schon
103
geringe Energieverschiebungen der Spektren zu solchen Effekten führen und sich
auch auf die Intensität der Eigenwerte auswirken. Mit der Anwendung der im
Abschnitt 4.1. dargestellten Methode zur Energiekalibrierung auf die ersten neun
Spektren, ist es mit Verwendung von zwei primären Faktoren möglich, die Spektren
auf eine einheitliche relative Energieachse zu verschieben. Die Abbildung 4.4 enthält
den Verlauf der Iteration zur Bestimmung der Energieverschiebungen der einzelnen
Spektren. Nach ca. 200 Iterationen ist die Konvergenz der Energieverschiebungen
erreicht. Die Maximale Energieverschiebung ergibt sich zwischen den Spektren 1
und 6.
$EE�� ���: Graphisches Beispiel zur iterativen Bestimmung der relativen
Energieverschiebungen der Spektren 1-9 mit Verwendung von zwei primären Fak-
toren.
Die maximale Energiedifferenz beträgt 0.24 eV. Die nach der Energiekalibrierung
und Eigenanalyse erhaltenen Fehlerfunktionen und ,1'-Funktion enthält Tab. 4.11.
0 100 200 300-0.20
-0.15
-0.10
-0.05
0.00
0.05
0.10
0.15 relative Energie-verschiebungen (()
Spektrum ( [eV]
1 0.09 2 -0.03 3 0.03 4 0.06 5 0.04 6 -0.15 7 -0.13 8 -0.04 9 -0.04
rel.
Ene
rgie
vers
chie
bung
Iteration
104
7DE������: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l � 5(n ,(n ;(n ,1'n��
ª
1 1772.01233 0.07678 0.02559 0.07239 119.96472
2 10.22722 0.00200 0.00094 0.00177 4.08998
3 0.00383 0.00132 0.00076 0.00108 3.67165
4 0.00104 0.00107 0.00071 0.00080 4.27311
5 0.00050 0.00092 0.00069 0.00061 5.75685
6 0.00034 0.00078 0.00064 0.00045 8.6677
a) Nummer des Faktors.
Auch hier wird deutlich, daß die ,1'-Funktion nach Durchführung der Energie-
kalibrierung kein deutliches Minimum bei einer relevanten Anzahl von Faktoren zeigt
und nicht zur Analyse der Faktorenanzahl benutzt werden kann. Der Eigenwert l3 ist
jedoch gegenüber dem Ergebnis der Eigenanalyse mit Verwendung der
unkalibrierten Spektren deutlich verringert worden und deutet mit seiner geringen
Größe darauf hin, daß es sich um einen sekundären Faktor handeln muß, Tab. 4.9.
Außerdem muß der dritte Faktor ein sekundärer Faktor sein, da mit seiner
Einbeziehung zur abstrakten Reproduktion der Daten nur noch das Rauschen der
Spektren reproduziert wird. Der Wert von ;(3 befindet sich bereits unterhalb des
statistischen Fehlers der Spektren. Der Einfluß eines dritten Faktors auf die Daten
der U(IV,VI)-Mischungen und Referenzverbindungen kann innerhalb dieser
Überlegungen ausgeschlossen werden. Der Faktorraum wird auf zwei primäre
Faktoren reduziert. Abbildung 4.5 zeigt die abstrakte Reproduktion der Spektren mit
Verwendung von zwei primären Faktoren und die experimentellen Spektren.
105
$EE�� ���: Die experimentellen Spektren der U(IV,VI)-Mischungen und
Referenzverbindungen und deren abstrakte Reproduktionen mit zwei primären
Faktoren.
Das Ergebnis des iterativen Targettests sollte nun unter Verwendung der
gefundenen abstrakten Faktorenlösung eine Konsistenz in den berechneten
Konzentrationen erreichen. Die Ergebnisse des iterativen Targettests, nach der
Energiekalibrierung mit Anwendung von zwei Faktoren, sind in Tab. 4.12 enthalten.
17100 17150 17200 172500
2
4
6
8
10
Spektrum
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Experiment Reproduktion
norm
ierte
Abs
orpt
ion
Energie [eV]
106
7DE�� ����: Die nach der Energiekalibrierung mit Verwendung der Testvektoren \1
und \2 erhaltene Konzentrationsverteilung von U(IV) ( ¬\ ) bzw. U(VI) ( 2\ ) in den
XANES-Spektren der Konzentrationsreihe.
Spektrum \1 \2 ¬\ 2\
1 1 * 0 * 1.00000 0.00000
2 1 * 0 * 0.99783 0.00163
3 0 * 1 * 0.00000 0.99989
4 0 * 1 * 0.00012 1.00000
5 0 0 0.17791 0.82312
6 0 0 0.17574 0.82503
7 0 0 0.17764 0.82237
8 0 0 0.66721 0.33395
9 0 0 0.66316 0.33864
* Konstant während der Iteration.
Hiermit wird deutlich, daß eine wesentliche Verbesserung der Konsistenz zwischen
den Daten der XANES-Messungen erreicht wurde. Der Fehler in der Bestimmung der
Konzentrationen des ersten Faktors beträgt 0.07% und für den zweiten Faktor
0.08%. Die Fehler in der Bestimmung der Konzentrationen sind damit um den
Faktor 2 verringert worden. Nachdem unter Verwendung von zwei primären Faktoren
mit vorheriger Energiekalibrierung eine Konsistenz der Daten der Referenzproben
und der U(IV,VI)-Mischungen hergestellt ist, können die Spektren der Bakterien-
proben mit den zu bestimmenden Konzentrationen der Oxidationszustände des
Urans in den zweidimensionalen Faktorraum einbezogen werden. Die Energie-
kalibrierung wird nun mit allen 13 Spektren unter Verwendung von zwei Faktoren
durchgeführt. Die Ergebnisse des iterativen Targettests für alle 13 Spektren sind in
Tab. 4.13 enthalten.
107
7DE�� ����: Die mit den Testvektoren \1 und \2 ermittelte Konzentrationsverteilung
von U(IV) ( ¬\ ) bzw. U(VI) ( 2\ ) in den XANES-Spektren der Konzentrationsreihe
unter Einbeziehung der Spektren der Bakterienproben.
Spektrum \1 \2 ¬\ 2\
1 1 * 0 * 0.99685 0.00450
2 1 * 0 * 1.00000 0.00000
3 0 * 1 * 0.02307 0.97430
4 0 * 1 * 0.02131 0.97667
5 0 0 0.22250 0.77554
6 0 0 0.21585 0.78237
7 0 0 0.21596 0.78168
8 0 0 0.71273 0.28407
9 0 0 0.70933 0.28805
10 0 0 0.00000 1.00000
11 0 0 0.00000 1.00000
12 0 0 0.76753 0.27389
13 0 0 0.73085 0.30910
* Konstant während der Iteration.
Für den ersten und zweiten primären Faktor beträgt der Fehler in der Bestimmung
der Konzentrationen 0.4% und 0.5%. Der Vergleich der Konzentrationen, Tab. 4.12
mit Tab. 4.13, zeigt eine Verschiebung der Konzentrationen der U(IV,VI)-Mischungen
um bis zu 4.6%. Die Ursache dieser Verschiebung kann nur mit dem Beitrag eines
weiteren Faktors, welcher in den Spektren der Bakterienproben enthalten ist, erklärt
werden. Der Einfluß dieses Faktors auf die Faktorenlösung mit Verwendung von zwei
Faktoren ist jedoch gering, da dieser nur in den vier Spektren der Bakterienproben
enthalten ist und damit wenig zur Gesamtvarianz der Spektren beiträgt. In Abbildung
4.6 ist ein relevantes Energieintervall von jeweils einem Spektrum der beiden U(IV)-
und U(VI)-Referenzverbindungen und der beiden Bakterienproben enthalten. Bei der
Betrachtung der Spektren im Energiebereich von 17150 eV bis 17250 eV kann
erkannt werden, daß die Spektren der Bakterienproben durch die Spektren der U(IV)-
bzw. U(VI)-Referenzverbindungen nicht gut reproduzierbar sein können. Die
Spektren der Bakterienproben liegen außerhalb der „Varianz“ der zwei realen
Faktoren. Auch hier wird deutlich, daß ein zweidimensionaler Faktorraum zur
108
Beschreibung der Spektren der Bakterienproben nicht ausreicht. Mit Hilfe der Abb.
4.6 kann erkannt werden, daß der größte Anteil des dritten Faktors im Spektrum des
Bakteriums 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP (Spektrum 12,13) zu erwarten ist, da die
Reproduktion dieser Spektren mit den beiden Referenzverbindungen den größten
Fehler im Energiebereich zwischen 17220 eV bis 17240 eV aufweisen wird.
$EE�� ���: Vergleich der Spektren der Referenzverbindungen mit den Spektren der
Bakterienproben.
Die 13 Spektren werden nun mit Verwendung von 3 Faktoren energiekalibriert. Das
Ergebnis der Eigenanalyse ist für die ersten fünf Faktoren in Tab. 4.14 enthalten.
7DE� ����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l 5(n ,(n ;(n ,1'n��
®
1 2558.35383 0.08481 0.02352 0.08149 58.89870
2 18.19074 0.01505 0.00590 0.01385 12.44148
3 0.51460 0.00349 0.00167 0.00306 3.48540
4 0.01277 0.00264 0.00146 0.00219 3.25624
5 0.00616 0.00207 0.00128 0.00162 3.23124
a) Nummer des Faktors.
17160 17180 17200 17220 17240
1.0
1.5
2.0
Spektrum
1, U(IV) 3, U(VI) 10, 7KLREDFLOOXV�IHUURR[LGDQV 12, 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
109
Die ,1'-Funktion zeigt kein deutliches Minimum bei Q = 3. Der Wert von ;(3 liegt
nahe am Wert des statistischen Fehlers der Spektren von 2.4·10-3
Absorptionseinheiten. Die weiteren Faktoren sind für die Reproduktion des
statistischen Fehlers in den Spektren verantwortlich. Der Faktorraum wird nun unter
Verwendung von drei primären Faktoren zur Reproduktion der Datenmatrix
untersucht. Ausgehend von der Schußfolgerung aus der graphischen Darstellung in
Abb. 4.6, daß der größte Anteil des dritten Faktors in den Spektren 12 und 13
vorhanden ist, wird zum iterativen Targettest der dritte Testvektor entsprechend
konstruiert, Tab. 4.15.
7DE������: Die mit den Testvektoren \1, \2 und \3 ermittelte Konzentrationsverteilung
von U(IV) ( ¬\ ) bzw. U(VI) ( 2\ ) in den XANES-Spektren der Konzentrationsreihe
unter Einbeziehung eines dritten Faktors ( 3\ ).
Spektrum \1 \2 \3 ¯\ 2\ 3\
1 1 * 0 * 0 1.00000 0.00000 0.08473
2 1 * 0 * 0 0.99270 0.00735 0.07123
3 0 * 1 * 0 0.00000 1.00000 0.00000
4 0 * 1 * 0 0.00122 0.99893 0.00090
5 0 0 0 0.18369 0.81716 0.01839
6 0 0 0 0.17914 0.82178 0.01441
7 0 0 0 0.18529 0.81427 0.02150
8 0 0 0 0.67382 0.32714 0.05633
9 0 0 0 0.67065 0.33085 0.05917
10 0 0 0 0.03025 0.94887 0.18032
11 0 0 0 0.00000 1.00000 0.20436
12 0 0 0 0.99038 0.02247 0.37811
13 0 0 1 0.95090 0.06053 0.37455
* Konstant während der Iteration.
110
Das in Tab. 4.15 dargestellte Ergebnis des iterativen Targettests zeigt für die
Spektren der U(IV,UV)-Konzentrationsreihe eine gute Übereinstimmung mit den in
Tab. 4.12 enthaltenen Werten für die Konzentrationsverteilung von U(IV) bzw. U(VI).
Dieser Befund zeigt, daß der Faktorraum unter Einbeziehung der Bakterienproben
dreidimensional wird. Die gefundenen U(IV)- bzw. U(VI)-Konzentrationen der
Bakterienproben unterscheiden sich stark von den ermittelten Konzentrationen mit
Verwendung von zwei primären Faktoren, Tab. 4.13. Die Summe der
Konzentrationen ( °±² \\\ ˆˆˆ ++ ) sollte Eins ergeben. Das ist jedoch, insbesondere bei
den Bakterienproben, nicht der Fall, wie aus Tab. 4.15 hervorgeht. Der physikalische
Ursprung des dritten primären Faktors unterscheidet sich damit von der
physikalischen Herkunft der ersten zwei primären Faktoren. Die ersten zwei primären
Faktoren verhalten sich konzentrationsäquivalent zur Verteilung der
Oxidationszustände des Urans in der U(IV)-, U(VI)-Konzentrationsreihe. Der dritte
primäre Faktor wird von Strukturunterschieden zwischen den Proben der
Konzentrationsreihe und den Proben der Bakterien verursacht. Die Spektren der
U(IV,VI)-Mischungen können durch zwei Faktoren beschrieben werden. Um die
Spektren der Bakterienproben mit den Spektren der Referenzproben, unter
Einbeziehung der ersten zwei primären Faktoren vollständig reproduzieren zu
können, benötigt die Faktorenlösung einen weiteren Faktor, welcher die Struktur-
unterschiede zwischen den Bakterienproben und den Referenzverbindungen
beinhaltet. Der dritte Faktor ist näherungsweise gleich dem Differenzspektrum
zwischen den Spektren der Referenzverbindungen und den Spektren der
Bakterienproben. Aus Tabelle 4.15 kann entnommen werden, daß z.B. die
Reproduktion des Spektrums 12 und 13 mit einer Linearkombination von ca. 100%
des Spektrums der U(IV)-Referenzverbindung und ca. 38% des Spektrums des
dritten Faktors erfolgen kann. Der gleiche Faktor muß auch zur Reproduktion der
Spektren 10 und 11 einbezogen werden. Das bedeutet, daß jede der zwei
verschiedenen Bakterienproben qualitativ auch den gleichen Strukturunterschied zu
den Proben der Konzentrationsreihe haben sollte. Die qualitative Analyse des dritten
Faktors erfordert eine nähere Betrachtung der experimentellen Spektren. In
Abbildung 4.7 sind die Spektren des Bakteriums 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP und
die Spektren der 3:1 U(IV,VI)-Mischungen neben einer U(IV)-Referenzprobe
dargestellt. Folgendes kann festgestellt werden:
111
a) Mit Hilfe von Abb. 4.7 ist zu erkennen, daß die U(IV)-Konzentration in der
Bakterienprobe 'HVXOIRPLFURELXP� EDFXODWXP und in der 3:1 Mischung ähnlich
sind. Diese Feststellung bestätigen die in Tab. 4.13 gefundenen Resultate.
b) Der Vergleich des Spektrums 1 mit den Spektren 12 bzw. 13 in Abb. 4.7 zeigt,
bei ca. 17205 eV, eine Verschiebung der Maxima. Dies kann mit einer
strukturellen Änderung der Koordination zwischen Uran und den koordinativ
gebundenen Sauerstoffatomen erklärt werden [81].
$EE�� ���: Vergleich der experimentellen Spektren der Probe des Bakteriums
'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP (Spektrum 12,13) mit den Spektren der 3:1 U(VI):U(VI)-
Mischung (Spektrum 8,9) und dem Spektrum der U(IV)-Referenzverbindung
(Spektrum 1).
c) Bei der Koordination von Uran an Bakterien kommt es vermutlich zu einer
Verringerung der Koordinationszahl der Sauerstoffatome im Vergleich zu den
Proben der Konzentrationsserie. Am deutlichsten wird dies an der sichtbaren
Verringerung der Amplitude der EXAFS-Oszillation ab ca. 17220 eV (k ~ 3 Å-1) im
Spektrum der Probe des Bakteriums 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP, Abb. 4.7.
17160 17180 17200 17220 17240
1.0
1.5
2.0
Spektrum
8 9 12 13 1
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
112
Da mit den ersten beiden Faktoren (U(IV), U(VI)) alle Spektren der Mischungen
vollständig reproduziert werden können und diese zu ca. 100% in den jeweiligen
Spektren der Bakterienproben enthalten sind (Tab. 4.15), ergibt sich, daß der dritte
Faktor strukturelle Unterschiede zwischen den ersten beiden Faktoren der
Konzentrationsserie und den Bakterienproben beinhalten muß. Die Spektren aller
drei Faktoren können mit Anwendung von Gl. (2.92) berechnet werden. Die
Transformationsmatrix wird spaltenweise aus den Transformationsvektoren, welche
aus Gl. (2.89) hervorgehen, gebildet. Das Spektrum des dritten Faktors und jeweils
ein Spektrum der U(IV)- bzw. U(VI)-Referenzprobe sowie ein Spektrum des
Bakteriums 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP sind in Abb. 4.8 dargestellt.
$EE�� ���: Vergleich der Spektren der U(IV)- und U(VI)-Referenzverbindungen mit
dem Spektrum des Bakteriums 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP und dem dritten Faktor.
In den Spektren der Konzentrationsserie kommen zwei verschiedene
Koordinationsmöglichkeiten des Urans entsprechend der zwei verschieden
Oxidationszustände vor. Die Bakterienproben beinhalten auch zwei Oxidations-
zustände des Urans, die jedoch mit anderen strukturellen Eigenschaften verbunden
sind, so daß diese nicht mit den ersten beiden Faktoren beschrieben werden können.
Aus dieser Überlegung wird deutlich, daß in den Spektren aller Proben theoretisch
17140 17160 17180 17200 17220 17240
0.5
1.0
1.5
2.0
1, U(IV) 3, U(VI) Faktor 3 12, 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
113
insgesamt vier verschiedene linear unabhängige Faktoren vorkommen müssen. Die
Faktoren sind:
Faktor 1 und 2: U(IV) und U(VI) der Konzentrationsserie
Faktor 3 und 4: U(IV) und U(VI) der Bakterienproben
Die tatsächliche Konzentration von U(IV) und U(VI) in den Bakterienproben kann
nicht ermittelt werden, da die entsprechende Ebene des Faktorraumes zur
Beschreibung der Spektren der Bakterienproben von dem dritten und vierten Faktor
aufgespannt wird. Weil nur zwei verschiedene Spektren der Bakterienproben
vorhanden sind entsprechen die Faktoren drei und vier diesen Spektren. Zur
Ermittlung der realen U(IV)- bzw. U(VI)-Konzentrationen der Bakterienproben müßte
mindestens noch ein weiteres Spektrum von einer Bakterienprobe mit einem anderen
U(IV):U(VI)-Verhältnis vorhanden sein, um die Bedingung erfüllen zu können, daß die
Anzahl der Spektren größer ist als die Anzahl der Faktoren.
Eine weitere quantitative Analyse der Spektren der U(IV,VI)-Mischungen und
Referenzverbindungen ist von REICH et al. durchgeführt worden [81]. Zur
Bestimmung der Konzentrationen der U(IV)- und U(VI)-Referenzverbindungen wurde
die Methode der Linearkombination angewandt. Die Konzentrationsverteilung von
U(IV) und U(VI) wurde durch Minimierung der Fehlerquadratsumme zwischen den
Linearkombinationen der Spektren der reinen Komponenten und den Spektren der
Mischungen gefunden. Tabelle 4.16 enthält den Vergleich zwischen den Resultaten
des iterativen Targetests und den Ergebnissen der Linearkombination. Die
Linearkombination wurde ohne vorherige Energiekalibrierung durchgeführt, da
wegen der schlechten Statistik der simultan mitgemessenen U(VI)-Referenzprobe
keine genaue Bestimmung der Absorptionskanten möglich war. Es wurde
angenommen, daß die Energieverschiebungen zwischen den Einzelspektren im
Bereich der Abtastrate liegen.
114
7DE�� ����: Vergleich der mit dem iterativen Targettest gefundenen Konzentrations-
verteilung mit Werten aus der Literatur. Angaben in Prozent.
Präparation a) iterativer Targettest
mit Energiekalibrierung
Linearkombination a)Spektrum
U(IV):U(VI) U(IV) U(VI) U(IV) U(VI)
1 100.0 0.0 - -
2
100:0
99.8 0.2 - -
3 0.0 100.0 - -
4
0:100
0.0 100.0 - -
5 17.8 82.3 18 82
6 17.6 82.5 23 76
7
25:75
17.8 82.2 23 77
8 66.7 33.4 70 29
9
75:25
66.3 33.9 70 30
10 0.0 100.0 - -
11
7KLREDFLOOXV
IHUURR[LGDQV 0.0 100.0 - -
12 76.8 27.4 - -
13
'HVXOIRPLFUR�
ELXP
EDFXODWXP
73.1 30.9 - -
a) REICH et al. [81].
Aus den Ergebnissen von REICH et al. [81] und dieser Arbeit ist zu entnehmen, daß
die Möglichkeit von präperativen Ungenauigkeiten, bezüglich der Bereitstellung von
Proben definierter Zusammensetzung, nicht auszuschließen ist. Durch die
Anwendung der neuen Energiekalibrierung kann gezeigt werden, daß die Daten nach
dieser Behandlung eine hohe Konsistenz aufweisen. Es ist auszuschließen, daß der
Fehler der Konzentrationsbestimmung mit der Anwendung der Methode des
iterativen Targettests und der Energiekalibrierung auf die Spektren der U(IV,VI)-
Referenzverbindungen, U(IV,VI)-Mischungen und Bakterienproben größer als 5% ist.
Da diese Proben unter gleichen experimentellen Bedingungen gemessen worden
sind, und mit zwei primären Faktoren die gesamte Varianz der Spektren mit einer
sehr geringen Abweichung reproduziert werden kann, ist die Differenz der in
Tab. 4.16 angegebenen Konzentrationen zu den tatsächlichen Konzentrationen von
U(IV) und U(VI) in den Referenzverbindungen und Mischungen kleiner als die
115
Differenz zwischen den tatsächlichen Konzentrationen und den präparativ
bereitgestellten Konzentrationen. Eine exakte Fehlerangabe zu den Konzentrations-
angaben für die Bakterienproben ist nicht möglich, da sich der dritte Faktor von den
ersten beiden Faktoren physikalisch unterscheidet. Der Einfluß des dritten Faktors
auf die Konzentrationsbestimmung des U(IV) und U(VI) in den Bakterienproben sollte
nicht größer sein als die Änderung der Konzentrationen der U(IV,VI)-Mischungen
ohne und mit Einbeziehung der Spektren der Bakterienproben, Tab. 4.12 und 4.13.
Die maximale Änderung der Konzentrationen beträgt 4.6%. Das Bakterium
'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP reduziert demnach ca. 73 ± 5% des U(VI) zu U(IV).
Die geringste Abweichung zwischen den Ergebnissen der Faktorenanalyse und den
experimentell bereitgestellten Konzentrationen ergibt sich bei der Untersuchung einer
Konzentrationsreihe von neun U(IV,VI)-Mischungen die anschließend analysiert wird.
116
����� 8QWHUVXFKXQJ�HLQHU�.RQ]HQWUDWLRQVVHULH�YRQ�8UDQ�,9�9,��0LVFKXQJHQ
Die vorhergehenden Abschnitte haben gezeigt, daß die Ergebnisse der Anwendung
der Faktorenanalyse und der Linearkombination stark von den experimentellen und
präparativen Gegebenheiten abhängig sind. In dieser Untersuchung von XANES-
Spekten ist die geringste Abweichung der Konzentrationen zwischen Präparation und
experimenteller Bestimmung nachweisbar. Zur Herstellung der U(VI)-Stammlösung
wurde Na2U2O7 in 70%‘iger HClO4 gelöst und mit Wasser verdünnt. Die wäßrige
U(IV)-Stammlösung wurde aus der U(VI)-Stammlösung mit Hilfe der Coulometrie
präpariert [82]. Dazu wurde ein Teil der U(VI)-Stammlösung in eine mit Stickstoff
gespülte Elektrolysezelle gefüllt. Als Lösungsmittel diente eine 1 n HClO4-Lösung.
Nachdem der Strom auf einen konstanten Wert von ca. 30 mA abgesunken war,
konnte die U(IV)-Stammlösung isoliert werden. Die wäßrigen U(IV,VI)-Mischungen
wurden aus den U(IV,VI)-Stammlösungen hergestellt. Die Uran-Konzentration, der
bei pH 0 präparierten Lösungen, betrug 29.9Â��-3 mol/l.
Die Transmissonsspektren der Uran LIII-Kante wurden im HASYLAB, an der Station
RÖMO II Beamline X1.1, unter Verwendung eines Si(311) Doppel-Kristall
Monochromators aufgenommen. Zur Reduzierung der höheren harmonischen
Oszillationen wurde die Position des zweiten Kristalles des Doppel-Kristall
Monochromators so gewählt, daß die Hälfte der Intensität des monochromatisierten
Strahles am Experiment erreicht wurde. Zur Stabilisierung der Strahlintensität wurde
ein MOSTAB-Modul verwendet. Die Datenpunkte wurden an der Kante mit einer
Abtastrate von 0.1 eV aufgenommen. Für eine ausreichend gute Statistik war für eine
Probe jeweils nur eine Messung notwendig. Die Spektren wurden nach der
Subtraktion der Vorkante, bei einer Energie von 17250 eV, auf Eins normiert. Nach
der Normierung ergibt sich für die Spektren ein mittlerer statistischer Fehler von
9.4·10-4 Absorptionseinheiten. In Abbildung 4.9 sind die Spektren der Konzentrations-
serie der U(IV,VI)-Mischungen mit deren Zusammensetzungen dargestellt.
117
$EE�����: U LIII-Kante Spektren der von U(IV,VI)-Mischungen und die Spektren der
reinen Oxidationszustände. Die Verhältnisse beziehen sich auf U(IV):U(VI).
Das zu untersuchende Energieintervall wird in den Grenzen von 17090 eV bis
17250 eV festgelegt. Die Datenmatrix hat das Format (217,9). Bei dieser Konzen-
trationsserie bietet sich die Möglichkeit an, vor dem iterativen Targettest eine
VARIMAX-Rotation durchzuführen. Wie in Abschnitt 2.1.3. dargelegt wurde, sollte die
VARIMAX-Rotation mit normierten Daten durchgeführt werden. Zur Normierung der
Datenmatrix wird Gl. (2.12) angewandt. Die mit Gl. (2.13) gebildete Korrelations-
matrix wird nun diagonalisiert und es ergibt sich eine 9-dimensionale abstrakte
Beschreibung des Faktorraumes mit 5 und &. Da in den Spektren nur zwei primäre
Faktoren zu erwarten sind, werden zur VARIMAX-Rotation nur die ersten beiden
Eigenwerte und die ersten beiden Zeilenvektoren der Spaltenmatrix & verwendet. In
Abbildung 4.10 sind die durch Anwendung der VARIMAX-Rotation erzeugten
orthogonal transformierten Faktorenladungen abgebildet.
17100 17150 17200 172500
2
4
6
8
10
SpektrumNr.
9
8
7
6
5
4
3
2
1
1:9
1:4
1:2
1:1
2:1
4:1
9:1
U(VI)
U(IV)
norm
iert
e A
bsor
ptio
n
Energie [eV]
118
$EE������: Die Faktorenladungen der beiden primären Faktoren nach der VARIMAX-
Rotation.
Die rotierten Faktorenladungen zeigen den zu erwartenden Verlauf der tatsächlichen
Konzentrationsverteilung von U(IV) und U(VI) in den Spektren, Abb. 4.10. In
Abbildung 4.10 ist zu erkennen, daß die Ergebnisse des iterativen Targettests unter
Verwendung der unkalibrierten Spektren nicht den präparativ bereitgestellten
Konzentrationsverhältnissen entsprechen werden. Dies kann bei Betrachtung der
relativen Lage der weißen Linie in Abb. 4.9 bestätigt werden. Nach Durchführung der
in Abschnitt 4.1. erläuterten Energiekalibrierung ergeben sich die in Tab. 4.17
dargestellten relativen Energieverschiebungen für die Spektren 1 bis 9.
1 2 3 4 5 6 7 8 90.60
0.65
0.70
0.75
0.80
Faktor 1 Faktor 2
Fak
tore
nlad
ung
Spektrum
119
7DE�����: Relative Energieverschiebungen der Spektren.
Spektrum
Q
( ³ a)
[eV]
( ³ �– (1
[eV]
67'vor
´¥µL¶67'nach
´¥·¸¶
1 0.6365 0 0.04500 0.00201
2 -0.3077 -0.9442 0.01711 0.00125
3 -0.3793 -1.0158 0.02012 0.00477
4 -0.0159 -0.6524 0.00490 0.00429
5 0.0076 -0.6289 0.00325 0.00270
6 -0.2238 -0.8603 0.00859 0.00099
7 -0.2515 -0.8880 0.00990 0.00269
8 0.3980 -0.2385 0.01405 0.00360
9 -0.2590 -0.8955 0.00930 0.00196
a) Energieverschiebung des Spektrums Q.
b), c) Standardabweichung der abstrakten Reproduktion mit zwei Faktoren von den experimentellen
Spektren YRU und QDFK der Energiekalibrierung.
Die Standardabweichung zwischen den abstrakten Reproduktionen der Spektren mit
Verwendung von zwei primären Faktoren und den experimentellen Spektren ist
deutlich verringert worden, Tab. 4.17. Die maximale Energieverschiebung beträgt
1 eV. Nach der Energiekalibrierung ergeben sich Faktorenladungen, welche in ihrem
Verlauf mit den präparativ bereitgestellten Konzentrationsverhältnissen vergleichbar
sind, Abb. 4.11.
120
$EE�� ����: Die Faktorenladungen der beiden primären Faktoren nach der
Energiekalibrierung und VARIMAX-Rotation.
Die Eigenanalyse wird mit Verwendung der energiekalibrierten Spektren durch-
geführt. In Tab. 4.18 sind die Ergebnisse der Eigenanalyse zu den ersten fünf
Faktoren enthalten.
7DE� ����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l ³ 5(n ,(n ;(n ,1'nÂ��
¹
1 1914.18073 0.08073 0.02691 0.07611 126.13344
2 11.29572 0.00335 0.00158 0.00296 6.84250
3 0.01201 0.00197 0.00114 0.00161 5.48083
4 0.00222 0.00162 0.00108 0.00121 6.48132
5 0.00151 0.00124 0.00093 0.00083 7.77553
a) Nummer des Faktors.
Die ,1'-Funktion zeigt ein wenig ausgeprägtes Minimum bei drei Faktoren. Aus den
Resultaten der vorhergehenden Abschnitte kann gefolgert werden, daß mit Verwen-
dung der ,1'-Funktion die Anzahl der Faktoren nicht hinreichend genau bestimmt
werden kann. Eine Analyse der Konzentrationsverteilung von zwei verschiedenen
1 2 3 4 5 6 7 8 90.60
0.65
0.70
0.75
0.80
Faktor 1 Faktor 2
Fak
tore
nlad
ung
Spektrum
121
Oxidationszuständen bedingt das alleinige Vorliegen von zwei den reinen Oxidations-
zuständen zugeordneten Koordinationsmöglichkeiten, s. Abschnitt 4.2. Die präzise
Analyse einer Serie von Mischungen zwei verschiedener Oxidationszustände kann
nur durchgeführt werden, wenn kein zusätzlicher Faktor die Varianz der Spektren
beeinflußt. Auch in diesem Beispiel ist es sinnvoll, auf die konventionellen
Fehlerfunktionen der Faktorenanalyse und die Eigenwerte zur Abschätzung der
Anzahl primärer Faktoren zurückzugreifen. Der signifikante Sprung des Eigenwertes
l2 zu l3 deutet darauf hin, daß die Varianz der Daten durch zwei primäre Faktoren
beeinflußt wird. Der Wert von 5(2 stellt somit den Fehler in den Meßdaten dar. Da
jedoch der statistische Fehler der Spektren von 9.4·10-4 Absorptionseinheiten
geringer ist als 5(2 kann geschlußfolgert werden, daß der systematische Fehler in
den Meßdaten größer ist als das statistische Rauschen. Der systematische Fehler
bzw. die Standardabweichung der Spektren liegt somit bei [5(22 – (9.4·10-4)2]1/2 =
3.22·10-3 Absorptionseinheiten. Die durchschnittliche Varianz der Einzelspektren liegt
bei ] = 213.9, Gl. (2.9). Mit ( ] /r)1/2 ergibt sich ein Wert für die Standardabweichung
von 0.993, wobei U die Anzahl der Meßpunkte ist. Der Vergleich des systematischen
Fehlers mit der Standardabweichung der Spektren zeigt, daß der systematische
Fehler vernachlässigbar klein ist. Aus dieser Überlegung wird deutlich, daß die Lage
des Minimums der ,1'-Funktion schon von geringen systematischen Fehlern
beeinflußt wird. Mit der verwendeten Form der Probenpräparation ist sichergestellt,
daß nur zwei Faktoren die Varianz der Spektren verursachen.
In diesem Beispiel sind auch wieder die Endpunkte der Konzentrationsreihe bzw. das
Spektrum des reinen U(IV) und U(VI) enthalten. Es soll im folgenden gezeigt werden,
daß die Konzentrationsverteilung von U(IV) und U(VI) berechnet werden kann, ohne
das Vorhandensein der Spektren der reinen Komponenten bzw. primären Faktoren.
Außerdem können die Spektren der primären Faktoren unter Verwendung der
Ergebnisse des iterativen Targettests berechnet werden. Zunächst wird der iterative
Targettest unter Einbeziehung aller Spektren durchgeführt. Dazu wird der
Faktorraum auf zwei Dimensionen reduziert. In Tabelle 4.19 sind die verwendeten
Testvektoren und die Ergebnisse des Targetests enthalten.
122
7DE������: Die mit den Testvektoren \1 und \2 gefundene Konzentrationsverteilung
von U(IV) ( ¯\ ) bzw. U(VI) ( 2\ ) in den XANES-Spektren der Konzentrationsreihe.
Spektrum \1 \2 º\ 2\
1 1 * 0 1.00000 0.00000
2 0 0 0.89146 0.10622
3 0 0 0.71329 0.27754
4 0 0 0.66771 0.33201
5 0 0 0.49529 0.50644
6 0 0 0.30531 0.69366
7 0 0 0.20098 0.80517
8 0 0 0.06246 0.93772
9 0 1 * 0.00000 1.00000
* Konstant während der Iteration.
$EE�� ����: Vergleich der präparativen und mit Hilfe des iterativen Targettests
ermittelten U(IV)- und U(VI)-Konzentrationen.
Der Fehler in der Bestimmung der Konzentrationen beträgt für den ersten Faktor
0.09% und für den zweiten Faktor 0.11%. Die Abbildung 4.12 zeigt den graphischen
1 2 3 4 5 6 7 8 90.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
iterativer Targettest Faktor 1 Faktor 2
Präparation U(IV) U(VI)
Kon
zent
ratio
n
Spektrum
123
Vergleich zwischen der ermittelten und der präparativen Konzentrationsverteilung.
Die Standardabweichung zwischen der ermittelten und präparativen Konzentrationen
beträgt 3.6%. Wenn Spektrum 3 als Ausreißer definiert wird, ergibt sich eine
Standardabweichung der Konzentrationen von 1.9%. Das Ergebnis zeigt, daß die
Kombination der angewandten präparativen Vorgehensweise zur Herstellung von
Proben definierter Zusammensetzung mit dem Verfahren des iterativen Targettests
eine sehr genaue Bestimmung der Redoxzustände ermöglicht.
Es soll nun angenommen werden, daß die Proben der reinen U(IV)- und U(VI)-
Verbindungen präparativ nicht zugänglich sind. Die Spektren der Proben
unbekannter Zusammensetzung seien Spektrum 2, 5 und 6. Die Spektren von zwei
Referenzverbindungen, Spektrum 4 und 7, mit definierter Zusammensetzung sollen
gegeben sein. Die Eigenanalyse wird durchgeführt und liefert die auf zwei Faktoren
reduzierte abstrakte Faktorenlösung. Nun werden die Testvektoren für den iterativen
Targettest mit der Information generiert, daß entsprechend der o.g. Präparations-
bedingungen für Spektrum 4 die U(IV)-Konzentration 6.66 % und für Spektrum 7
20% beträgt. In Tab. 4.20 sind die Ergebnisse des iterativen Targettests ohne
Verwendung der reinen U(IV)- und U(VI)-Verbindungen enthalten.
7DE�� ����: Die mit den Testvektoren \1 und \2 ermittelte Konzentrationsverteilung
von U(IV) ( º\ ) bzw. U(VI) (1- 2\ ) in den Spektren 2 bis 7, ohne Einbeziehung der
Spektren der reinen U(IV)- und U(VI)-Verbindungen.
Spektrum \1 \2 º\ 1- º\2 0 0 0.89026 0.10974
4 66.0 * 0 0.66667 0.33333
5 0 0 0.49418 0.50582
6 0 0 0.30431 0.69569
7 0.20 * 0 0.20000 0.80000
* Konstant während der Iteration.
Der Vorteil des iterativen Targettests liegt, wie bereits erwähnt, in der Möglichkeit, die
Testvektoren unabhängig voneinander behandeln zu können. Diese Möglichkeit ist
dann zu nutzen, wenn beispielsweise in den Referenzverbindungen mehrere
Komponenten enthalten sind jedoch nur eine mit bekannter Konzentration. Der
124
Fehler in der Bestimmung der in Tab. 4.20 angegebenen Konzentrationen beträgt für
den ersten und zweiten Faktor 0.08%. Der Vergleich der Konzentrationen, Tab. 4.20,
mit den für die entsprechenden Spektren ermittelten Konzentrationen in Tab. 4.19
zeigt, daß trotz Reduzierung der Anzahl der verwendeten Spektren und Ausschluß
der Spektren der reinen U(IV)- und U(VI)-Verbindungen eine sehr geringe mittlere
Differenz der Konzentrationen von 0.18% zu verzeichnen ist. Je nach Erfordernis
können nun durch die nichtorthogonale Rotation des zweidimensionalen
Faktorraumes, mit Hilfe der ermittelten Transformationsvektoren, die unbekannten
Spektren der reinen Komponenten mit Anwendung von Gl. (2.92) berechnet werden.
Abbildung 4.13 zeigt den Vergleich der berechneten Spektren der reinen
Komponenten mit den experimentellen Spektren der reinen U(IV)- und U(VI)-
Verbindungen.
$EE�� ����: Vergleich der Spektren der berechneten realen Faktoren mit den
Spektren der reinen U(IV)- und U(VI)-Verbindungen.
Die Standardabweichung zwischen den U(IV)-Spektren beträgt 4.62·10-3 und
zwischen den U(VI)-Spektren 5.60·10-3 Absorptionseinheiten und liegt somit in der
Nähe des systematischen Fehlers der Spektren von 3.22·10-3 Absorptionseinheiten.
17100 17150 17200 172500.0
0.5
1.0
1.5
2.0
berechnete reale Faktoren Faktor 1, U(IV) Faktor 2, U(VI)
experimentelle Spektren U(IV) U(VI)
norm
ierte
Abs
orpt
ion
Energie [eV]
125
Wie gezeigt wurde, können mittels des iterativen Targettests die Spektren und die
Konzentrationsverteilung der primären Faktoren in Mischungen ermittelt werden,
ohne daß deren experimentelle Spektren vorhanden sind. Durch die Möglichkeit, die
Konzentrationsverteilungen der Faktoren in den Spektren unabhängig voneinander
behandeln zu können, steht mit dem iterativen Targettest eine Methode zur
Verfügung, die es erlaubt selbst bei Mischungen von mehr als zwei Komponenten die
Konzentrationsverteilung einer Komponente ohne Informationen zu den übrigen
Komponenten zu ermitteln.
Wertung der Ergebnisse der Anwendung der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren
Im Abschnitt 4.1. konnte gezeigt werden, daß die Ergebnisse des iterativen
Targettests mit denen der Anwendung der Methode der Linearkombination in guter
Übereinstimmung sind. Der Fehler in der Bestimmung der As(III,V)-Konzentrationen
konnte durch Anwendung einer neuartigen Methode zur Energiekalibrierung deutlich
vermindert werden.
In Abschnitt 4.2. zeigt der Vergleich der ermittelten U(IV,VI)-Konzentrationen für
energiekalibrierte und nichtkalibrierte Einzelspektren verschiedener Proben, daß eine
relative Energieverschiebung um 0.24 eV eine Konzentrationsdifferenz von ca. 5%
bewirkt, Tab. 4.10. Wenn die Statistik der simultan mitgemessenen U(VI)-
Referenzprobe schlecht ist und die typische Abtastrate an der Absorptionskante
0.1 eV beträgt kommt es bei der konventionellen Energiekalibrierung zu
Ungenauigkeiten, die sich deutlich auf die Genauigkeit der Konzentrations-
bestimmung auswirken. Die neuartige Methode zur Energiekalibrierung ermöglicht
eine sehr präzise Energiekalibrierung der Spektren ohne Verwendung eines
Referenzspektrums. Unter Verwendung der ermittelten Konzentrationen für die
Einzelspektren einer Probe kann die theoretische Genauigkeit der Energiekali-
brierung mit ca. 0.01 eV angegeben werden. Mit der neuartigen Energiekalibrierung
ist eine deutliche Steigerung der Konsistenz der ermittelten Konzentrationen zu
beobachten, Tab. 4.12 und 4.13. Innerhalb der Meßserie wird die Genauigkeit in der
Bestimmung der Konzentrationen eines Metalles in verschiedenen Redoxzuständen
herabgesetzt, wenn die Anzahl der primären Faktoren größer ist als die Anzahl der
vorliegenden Wertigkeiten des Metalles. Die Bakterienproben enthalten einen
zusätzlichen dritten Faktor, der aus den strukturellen Unterschieden zwischen den
126
Proben der Kalibrierserie und den Bakterienproben entsteht. Um eine genaue
Bestimmung der U(IV,VI)-Konzentration in den Bakterienproben durchführen zu
können, ist es somit erforderlich, daß sich die Proben der Kalibrierserie
strukturäquivalent zu den Bakterienproben verhalten. Mit der Verwendung von zwei
primären Faktoren zur Beschreibung des Faktorraumes kann für die Bakterienproben
die U(IV,VI)-Konzentrationsverteilung mit einem Fehler von ca. 5% angegeben
werden. Der dritte Faktor trägt nur unwesentlich zur Varianz in den Spektren bei.
Das Spektrum des dritten Faktors, welcher durch die Einbeziehung der Spektren der
Bakterienproben hervorgeht, wurde berechnet. Dieser Faktor stellt den isolierten
Strukturunterschied zwischen den Proben der Kalibrierserie und den Bakterien-
proben dar und konnte qualitativ diskutiert werden. Dieser Aspekt zeigt, daß die
Faktorenanalyse eine explorative Methode ist, und daß deren Anwendung einen
deutlichen Informationsgewinn mit sich bringt. Die im Abschnitt 4.2 dargelegte
methodische Vorgehensweise zeigt mit dem Zusammenwirken verschiedener
faktorieller Algorithmen, daß diese Art der Analyse von Mischungen auch unter
problematischen Bedingungen aussagekräftige Ergebnisse hervorbringen kann.
Die im Abschnitt 4.3. dargelegte quantitative Untersuchung von XANES-Spektren der
strukturäquivalenten U(IV,VI)-Mischungen zeigt, daß der Fehler in der Konzentrat-
ionsbestimmung von U(IV) und U(VI) mit Anwendung des iterativen Targettests und
der neuartigen Energiekalibrierung zu 1.9% angegeben werden kann. Weiterhin
wurde gezeigt, daß die Hauptkomponenten bzw. primären Faktoren, wie z.B. das
Spektrum des reinen U(IV) und U(IV), nicht gegeben sein müssen, um die U(IV,VI)-
Konzentrationsverteilung in den Proben bestimmen zu können. Die Spektren der
beispielsweise experimentell nicht zugänglichen Proben konnten berechnet werden.
Die auf rein mathematischer Basis beruhende semi-empirische ,1'-Funktion konnte
zur Bestimmung der Anzahl primärer Faktoren nicht immer verwendet werden. Um
die Anzahl der primären Faktoren abschätzten zu können, sind chemische
Kenntnisse und die neuartige statistische Bewertung der Spektren notwendig.
Unter Berücksichtigung der o.g. Aspekte konnte der verwendete Algorithmus der
Faktorenanalyse zur Analyse von XANES-Spektren, insbesondere der iterative
127
Targettest und die neuartige Methode zur Energiekalibrierung von XANES-Spektren,
validiert werden.
128
��� 'LH�$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�(;$)6�6SHNWUHQ
����� 8UDQ�9,��XQG�(VVLJVlXUH
Bei der Untersuchung der XANES-Spektren einer Meßserie wurde die Varianz der
experimentellen Daten vorrangig von dem elektronischen Zustand des Absorber-
atomes beeinflußt. Die Anwendung der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren liefert
somit Informationen zum Oxidationszustand des Absorberatoms. Im Gegensatz zu
den XANES-Spektren wird die Varianz der EXAFS-Spektren als Funktion eines
variablen physikochemischen Parameters vorrangig von strukturellen Faktoren
beeinflußt. Eine Variation der EXAFS-Spektren kann durch die Variation eines
physikochemischen Parameters, wie z.B. dem pH-Wert, erreicht werden, wenn sich
die quantitative Verteilung strukturell verschiedener spektroskopischer Haupt-
komponenten mit dem pH-Wert ändert, und die EXAFS-Spektren untereinander eine
lineare Abhängigkeit zeigen. Die Faktorenanalyse liefert dementsprechend eine
pH-Speziation der spektroskopischen Hauptkomponenten und deren Spektren.
Die Abbildung 5.1 zeigt die mit RAMESES [83] berechnete pH-Speziation des
Systems U(VI) und Essigsäure mit Verwendung von Stabilitätskonstanten aus der
Literatur [84]. Zur Berechnung der Speziation wurde als Ausgangskonzentration für
U(VI) 0.05 mol/l und für Essigsäure 1.0 mol/l gewählt. Die Speziation gilt für eine
Ionenstärke von 1.0 mol/l. Entsprechend der Ergebnisse der Berechnung der pH-
Speziation dominieren im wäßrigen System U(VI)/Essigsäure vier Spezies. Mit
zunehmendem pH bilden sich der 1:1, 1:2 und schließlich der 1:3 Uranylazetat-
Komplex. Bei niedrigem pH dominiert das Uranylhydrat (UO2(H2O)52+) [85]. Aus
Abb. 5.1 wird deutlich, daß der Anteil der in die Berechnung einbezogenen
Hydrolysespezies des U(VI) vernachlässigbar gering ist.
129
$EE�� ���: Mit Literaturdaten berechnete Speziation. Als Ausgangskonzentration
wurde für U(VI) 0.05 mol/l und für Essigsäure 1.0 mol/l gewählt. Die Speziation gilt für
Normalbedingungen und eine Ionenstärke von 1.0 mol/l. c1,...,4 Konzentrationen der
Spezies.
Unter Berücksichtigung der berechneten pH-Speziation wurden acht Proben im pH-
Intervall pH 0.10 bis pH 4.48 unter Normalbedingungen präpariert. Als Ausgangs-
stoffe dienten Uranylazetatdihydrat und Essigsäure (p.A., Merck). Die bei pH 4.48
präparierte Probe wurde auf die Hälfte verdünnt, um Ausfällungen von Schöpit zu
vermeiden [86]. Die neu berechnete Speziation ergibt unter diesen Bedingungen,
daß der 1:3 Komplex für diese Probe zu 94.4% und der 1:2 Komplex in einer
Konzentration von 5.3% vorliegt. Die berechnete Ionenstärke der bei pH 4.48
präparierten Lösung betrug 0.8 mol/l und für alle anderen Proben im Mittel
1.2 � 0.1 mol/l. Der pH wurde mit Natriumhydroxyd und Perchlorsäure eingestellt. Zur
pH-Messung diente ein pH-Meter 540-GLP (Wissenschaftlich-technische Werkstätten
GmbH, Weilheim, BRD) mit einer pH-Elektrode (Mettler Toledo U402-M6-S7/100).
Der Fehler in der pH Bestimmung beträgt ca. 0.05 pH-Einheiten.
0 1 2 3 4 50.00
0.01
0.02
0.03
0.04
0.05
Hydrolyse Spezies
UO2(H2O)5
2+, c1
Uranylazetatkomplex: 1:1, c2 1:2, c3 1:3, c4
c U
(VI)
[mol
/l]
pH
130
Die EXAFS-Messungen wurden an der European Synchrotron Radiation Facility
(ESRF) an der Rossendorf-Beamline (ROBL) durchgeführt. Zur Stabilisierung der
Strahlintensität wurde ein am Si(111) Doppel-Kristall Monochromator gekoppeltes
MOSTAB-Modul verwendet. Von den Proben wurde das Signal der Transmission an
der Uran LIII-Kante aufgenommen. Die Energiekalibrierung der Spektren wurde mit
Hilfe des jeweils simultan mitgemessenen Absorptionsspektrums der Yttrium K-Kante
einer Yttrium Folie durchgeführt. Zur Verfeinerung wurde der in Abschnitt 4.1.
erwähnte Algorithmus zur Energiekalibrierung auf die Spektren angewandt.
In Abbildung 5.2 sind für die acht Proben die EXAFS-Spektren der Uran LIII-Kante
und deren Fouriertransformationen dargestellt. Jedem Spektrum ist der ent-
sprechende pH zugeordnet.
$EE�� ���: k3-gewichtete EXAFS-Spektren der Uran LIII-Kante und deren
Fouriertransformationen von wäßrigen Lösungen des Systems U(VI)/Essigsäure bei
verschiedenen pH.
Die Fouriertransformationen der EXAFS-Spektren zeigen in Abhängigkeit zum pH im
Abstandsintervall 1.8 Å + DÅ bis 4.5 Å + DÅ systematische Änderungen der Ampli-
tude. In den EXAFS-Spektren wird eine Variation, besonders im Intervall von
4 6 8 10 12 14 16
0
10
20
30
c(k)
*k3
k [Å-1]0 1 2 3 4 5
0
1
2
3
4
5
6 pH:
4.48
3.51
3.08
2.90
2.69
2.55
1.97
0.10
Fou
riert
rans
form
atio
n
R + D [Å]
131
6 Å-1 bis 12 Å-1, deutlich. Die Variation der Spektren der Mischungen wird durch die
Variation der prozentualen Verhältnisse von strukturell verschiedenen
Koordinationen des U(VI) als Funktion des pH hervorgerufen. Die Anzahl der
Faktoren, welche die Variation der EXAFS-Spektren herbeiführen, entspricht der
Anzahl der verschiedenen Koordinationen des U(VI) innerhalb des untersuchten pH-
Intervalles. Den reinen Koordinationen des U(VI) kann ein EXAFS-Spektrum
zugeordnet werden, welches im folgenden als primärer Faktor bzw. spektoskopische
Hauptkomponente bezeichnet wird. Die Linearkombinationen der primären Faktoren
ergeben, mit Verwendung der entsprechenden Konzentrationen, die Spektren der
Mischungen. Die anschließende Faktorenanalyse der EXAFS-Spektren kann analog
zu dem Algorithmus der Faktorenanalyse von XANES-Spektren durchgeführt
werden, s. Abschnitt 4.
Die k3-gewichteten EXAFS-Spektren werden in eine Datenmatrix ' mit dem Format
(274,8) zusammengefaßt. Nach der Diagonalisierung der Kovarianzmatrix entstehen
acht Eigenwerte und die dazugehörigen Eigenvektoren. Die Fehlerfunktionen zu den
ersten vier Faktoren sind in Tab. 5.1 angegeben.
7DE����: Die Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der Faktorenanzahl.
Q� a)l » 5( » ,( » ;( » ,1' » Â104
1 7242.48467 0.32251 0.11402 0.30168 65.8
2 176.32117 0.11873 0.05937 0.10282 33.0
3 12.68860 0.08749 0.05358 0.06917 35.0
4 4.74882 0.07235 0.05116 0.05116 45.2
a) Nummer des Faktors.
Die ,1'-Funktion erreicht ein Minimum bei zwei Faktoren. Es kann davon
ausgegangen werden, daß zwei Faktoren zur abstrakten Reproduktion der Daten-
matrix genügen. Der mittlere statistische Fehler der N3 - gewichteten EXAFS-
Spektren 1 bis 8 beträgt 5.2·10-2 Absorptionseinheiten. Damit ergibt sich für die
EXAFS-Spektren ein systematischer Fehler von [5(22 - (5.2·10-2)2]1/2 = 0.11
Absorptionseinheiten. Die EXAFS-Spektren und deren abstrakten Reproduktionen,
mit Verwendung von zwei primären Faktoren, sind in Abb. 5.3 dargestellt.
132
$EE�� ���: k3-gewichtete EXAFS-Spektren der Uran LIII-Kante und deren abstrakte
Reproduktionen mit Verwendung von zwei primären Faktoren.
In Abbildung 5.3 ist zu erkennen, daß nur minimale Abweichungen zwischen den
experimentellen Spektren und den abstrakten Reproduktionen vorhanden sind. Die
mittlere Standardabweichung beträgt 0.10 Absorptionseinheiten. Dieser Wert
entspricht annähernd dem Wert von ;(2 (Tab. 5.1) bzw. der Standardabweichung
zwischen der abstrakt reproduzierten Datenmatrix und der Datenmatrix (s. Abschnitt
2.1.2., Abb. 2.5).
Um feststellen zu können bei welchen pH Werten die maximalen Konzentrationen
der primären Faktoren zu erwarten sind, wird die VARIMAX-Rotation durchgeführt.
Mit Anwendung von Gleichung (2.12) wird die Datenmatrix normiert. Die aus der
normierten Datenmatrix erzeugte Korrelationsmatrix, Gl. (2.13), wird diagonalisiert
und in die entsprechenden Eigenwerte und Eigenvektoren zerlegt. Die Varianz der
Faktorenladungen, Gl. (2.17), der ersten beiden Faktoren bzw. Eigenvektoren wird
durch die VARIMAX-Rotation maximiert. Die orthogonal rotierten Faktorenladungen
der primären Faktoren entsprechen nun dem prinzipiellen Verlauf der physikalisch
relevanten Konzentrationen der spektroskopischen Hauptkomponenten. In Abbildung
5.4 sind die Faktorenladungen nach der VARIMAX-Rotation abgebildet.
4 6 8 10 12 14 16
0
10
20
30
pH:
4.48
3.51
3.08
2.90
2.69
2.55
1.97
0.10
Experiment Reproduktion
c(k)
*k3
k [Å-1]
133
$EE�����: Die Faktorenladungen der primären Faktoren nach der VARIMAX-Rotation.
Aus Abbildung 5.4 kann entnommen werden, daß das Maximum der Konzentration
für den ersten Faktor bei pH 0.10 und für den zweiten Faktor bei pH 4.48 liegt. Mit
dieser Information werden nun zwei Testvektoren, \1 und \2 für den iterativen
Targettest entworfen. Tabelle 5.2 enthält die Testvektoren und die nach der Iteration
hervorgegangenen Vektoren ¼\ und 2\ .
7DE�����: Die Testvektoren \1 und \2 und die gefundene Konzentrationsverteilung der
spektroskopischen Hauptkomponenten ¼\ und 2\ in den EXAFS-Spektren.
pH \1 \2 ¼\ 2\
0.10 1 0 0.43677 0.00000
1.97 0 0 0.38069 0.03802
2.55 0 0 0.22037 0.12939
2.69 0 0 0.19265 0.14760
2.90 0 0 0.11960 0.19349
3.08 0 0 0.06680 0.22716
3.51 0 0 0.00898 0.26543
4.48 0 1 0.00000 0.26975
0 1 2 3 4
0.50
0.55
0.60
0.65
0.70
0.75
0.80
0.85
0.90
Faktor 1 Faktor 2
Fak
tore
nlad
ung
pH
134
Da die Summe der Konzentrationen beider Faktoren nach Gl. (5.1) in jedem
Spektrum Eins ergeben muß, werden die Vektoren ¼\ und 2\ mit dem ermittelten
Wert für D und E multipliziert.
8,...,1 mit 1ˆˆ ,2,1 ==+ N\E\D ½½ (5.1)
Mit der Anwendung von Gl. (5.1) ergibt sich die in Abb. 5.5 dargestellte Konzen-
trationsverteilung der beiden spektroskopischen Hauptkomponenten.
$EE�����: Konzentrationsverteilung der spektroskopischen Hauptkomponenten in den
EXAFS-Spektren der pH-Serie.
Um die spektroskopischen Hauptkomponenten chemisch deuten zu können, werden
die nach der nichtorthogonalen Rotation des zweidimensionalen Faktorraumes
hervorgegangenen EXAFS-Spektren der beiden realen Faktoren mit Hilfe der
konventionellen Methoden analysiert. Da sich durch die Faktorenkompression der
experimentelle Fehler der Spektren der primären realen Faktoren theoretisch um den
Faktor (c/n)1/2 = (8/2)1/2 = 2 reduziert hat, werden die folgenden Analysenergebnisse
verbessert. Der theoretische Wert der Verbesserung des Fehlers ist in sehr guter
Übereinstimmung mit dem Verhältnis von 5(2/,(2, Tab 5.1.
0 1 2 3 40.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
Faktor 1 Faktor 2
Kon
zent
ratio
n
pH
135
Entsprechend der berechneten Speziation, Abb. 5.1, und dem Vergleich mit Abb. 5.5
kann angenommen werden, daß das EXAFS-Spektrum des ersten Faktors dem
EXAFS-Spektrum von Uranylhydrat entsprechen sollte.
Zum Vergleich des Spektrums des ersten Faktors mit einem Spektrum von
Uranylhydrat wurde bei pH ~ 0 eine entsprechende wäßrige Lösung präpariert und
deren Absorptionsspektrum an der Uran LIII-Kante unter den o.g. Bedingungen
aufgenommen. Als Ausgangschemikalien dienten 0.05 mol/l Uranylperchlorat und
1 mol/l Perchlorsäure. In Abbildung 5.6 ist das Spektrum des ersten realen Faktors
und das Spektrum des Uranylhydrates abgebildet.
$EE�� ���: Vergleich des EXAFS-Spektrums des realen ersten Faktors mit dem
Spektrum des Uranylhydrates.
Aus Abbildung 5.6 ist zu entnehmen, daß der erste Faktor dem Spektrum des
Uranylhydrates entspricht. Die Standardabweichung zwischen den abgebildeten
EXAFS-Spektren beträgt 0.09 Absorptionseinheiten und liegt damit in der Nähe des
systematischen Fehlers der EXAFS-Spektren von 0.1 Absorptionseinheiten. Der sehr
geringe Unterschied zwischen den EXAFS-Spektren deutet auf eine sehr hohe
Reproduzierbarkeit in der Messung von Röntgenabsorptionsspektren bei ROBL hin,
zumal zwischen der Messung der Mischungen und der Messung des Uranylhydrates
4 6 8 10 12 14 16
-4
-2
0
2
4 Faktor1 Uranylhydrat
c(k)
*k3
k [Å-1]
136
ca. 9 Monate lagen. Der zweite Faktor sollte nach der berechneten pH-Speziation,
Abb. 5.1, und der berechneten Konzentrationsverteilung, Abb. 5.5, dem Spektrum
des 1:3 Uranylazetat-Komplexes entsprechen. Zur Bestimmung der Struktur-
parameter werden für den ersten realen Faktor theoretische Phasen- und
Amplitudenfunktionen mit Hilfe eines Strukturmodells für Uranylhydrat berechnet,
Abb. 5.8 a). Dabei wird für die axialen Sauerstoffatome ein U-O(1,2)ax. Abstand von
1.77 Å und für alle äquatorialen Sauerstoffatome ein U-Oäq. Abstand von 2.41 Å
benutzt. Für die Berechnung der Phasen- und Amplitudenfunktionen zur Analyse des
zweiten realen Faktors dient ein Strukturmodell für Uranyltriazetat auf Basis von
Röntgenstrukturdaten [87]. Zur Berechnung der Phasen- und Amplitudenfunktionen
wird der DE�LQLWLR Code FEFF6 benutzt [63]. Entsprechend der strukturellen
Eigenschaften und der durch den k-Raum beschränkten Auflösung der einzelnen
Schalen von ca. R = 0.1 Å müssen für eine optimale Anpassung des Modells an die
experimentellen Daten Mehrfachstreupfade einbezogen werden. Für den ersten
Faktor wird der vierbeinige zweifach entartete Mehrfachstreupfad an den axialen
Sauerstoffatomen U-O(1)ax.-U-O(2)ax. der Uranyleinheit einbezogen, Abb. 5.8 a) [88,
89]. Zur Anpassung des zweiten Faktors muß außer dem Mehrfachstreupfad an den
axialen Sauerstoffatomen und dem Einfachstreupfad am Kohlenstoffatom der
Karboxylgruppe C(1) zusätzlich der sechsfach entartete dreibeinige Mehrfach-
streupfad U-C(1)-C(2) einbezogen werden, Abb. 5.8 d) [90, 91]. In Tabelle 5.3 sind die
mit dem Programm OPT [66] berechneten Strukturparameter der Faktoren 1 und 2
enthalten.
7DE�����: EXAFS Strukturparameter der extrahierten realen Faktoren.
U-Oaxial(ax.) U-Atomäquatorial(äq.)
Faktor R [Å] s2·10-3
[Å2]
Atom N R [Å] s2·10-3
[Å2]
DE0 [eV] a) c2norm.
1 1.767(1) 1.28(6) Oäq.(1) 5.3(3) 2.4080(3) 7.2(4) -14.9(4) 0.15
2 1.7809(9) 1.39(6) Oäq.(2)
C(1)
C(2)
6.0(4)
3.1(5)
3.1
2.466(3)
2.872(4)
4.391(9)
8.5(6)
3.8(7)
3.8
-8.6(4) 0.12
Die Zahlen in Klammern geben die Standardabweichung der variablen Strukturparameter an. Die
Koordinationszahl wurde für Oaxial mit N = 2 konstant gehalten. Das untersuchte k-Intervall ist 2.8 Å-1 –
16.7 Å-1. a) Die Verschiebung der Bindungsenergie DE0 wurde für alle Koordinationsschalen
verwendet.
137
Die Strukturparameter des ersten Faktors stimmen mit den Literaturdaten der
Strukturparameter von Uranylhydrat überein [85, 92]. Die gefundenen Struktur-
parameter des zweiten realen Faktors sind in guter Übereinstimmung mit den
Röntgenstrukturdaten von Uranyltriazetat [87] und mittels EXAFS-Spektroskopie
bestimmten Strukturparametern [90, 93]. Es kann angenommen werden, daß bei
pH 4.48 der 1:3 Uranylazetat-Komplex zu 100% vorliegt. In der Abbildung 5.7 sind
die EXAFS-Spektren der beiden realen Faktoren und deren Anpassungen darge-
stellt.
Da sich der Faktorraum mit den zwei extrahierten spektroskopischen Haupt-
komponenten beschreiben läßt, müssen die im untersuchten pH Intervall
vorkommenden Uranylazetat-Komplexe aus Struktureinheiten der extrahierten
spektroskopischen Hauptkomponenten zusammengesetzt sein.
$EE�� ���: k3-gewichtete EXAFS-Spektren der realen Faktoren und deren An-
passungen sowie deren korrespondierende Fouriertransformationen.
Wenn die zum ersten Faktor zugehörige Struktureinheit U-Oäq.(1) ist und die zum
zweiten Faktor U-Oäq.(2), dann kann mit einem Modellansatz für die Strukturen der
Uranylazetat-Komplexe, Abb. 5.8, aus der pH-Speziation, Abb. 5.1, die Koordinat-
4 6 8 10 12 14 16
0
10
Faktor Anpassung
c(k)
*k3
k [Å-1]0 1 2 3 4 5
0
1
2
Faktor 1
Faktor 2
Fou
riert
rans
form
atio
n
R + D [Å]
138
ionszahl von Oäq.(1) und Oäq.(2) pro Uranyleinheit in Abhängigkeit zum pH berechnet
werden. Die Koordinationszahl für Oäq.(1) (N1) ergibt sich aus Gl. (5.2) und die
Koordinationszahl für Oäq.(2) (N2) ergibt sich aus Gl. (5.3).
N1 = (5·c1 + 4·c2 + 2·c3 + 0·c4)/0.05 mol/l (5.2)
N2 = (0·c1 + 2·c2 + 4·c3 + 6·c4)/0.05 mol/l (5.3)
$EE�� ���: Strukturmodelle der im untersuchten pH-Intervall vorkommenden
Komplexe. a) Uranylhydrat, Uranylazetat-Komplexe: b) 1:1, c) 1:2, d) 1:3. N1 : N2 gibt
das Verhältnis der Koordinationszahlen von Oäq.(1) zu Oäq.(2) für die jeweiligen
Modellstrukturen an.
Ein Vergleich der aus der Speziation berechneten pH-abhängigen Verteilung von
Oäq.(1) und Oäq.(2) mit dem Ergebnis des iterativen Targettests gelingt, wenn
entsprechend der gefundenen Strukturparameter, Tab. 5.3, und der Strukturmodelle
a) und d), Abb. 5.8, die mit dem iterativen Targettest gefundene Konzentrationen des
ersten Faktors mit 5 und die des zweiten Faktors mit 6 multipliziert werden. In
Abbildung 5.9 ist der Vergleich, der aus der Speziation und dem iterativen Targettest
berechneten Verteilung von Oäq.(1) und Oäq.(2), als Funktion des pH dargestellt.
O(1)ax.
Oäq.(1)
Oäq.(2)
C(1) C(2)
a) b) c) d)
Oäq.(2)
N1 : N2 = 5 : 0 4 : 2 2 : 4 0 : 6
O(2)ax.
139
$EE�� ���: Vergleich der mit der pH-Speziation und mit dem iterativen Targettest
berechneten pH-abhängigen Verteilung der Koordinationszahlen für Oäq.(1) und Oäq.(2)
pro Uranyleinheit.
Die Fehlerbalken für die Koordinationszahlen von Oäq.(1) und Oäq.(2), in Abb. 5.9,
ergeben sich aus der Tatsache, daß der Fehler in der Bestimmung der
Koordinationszahl für Oäq.(2) des zweiten Faktors 0.4 Atome beträgt, Tab. 5.3. Wenn
angenommen wird, daß der 1:3 Uranylazetat-Komplex bei pH 4.48 zu 100% vorliegt,
dann entspricht der Fehler in der Bestimmung der Koordinationszahlen von Oäq.(1)
und Oäq.(2) nur 0.06 Atome. Dieser geringe Fehler in der Bestimmung der
Koordinationszahlen von Oäq.(1) und Oäq.(2) könnte mit der konventionellen Analyse
dieser EXAFS-Spektren nicht erreicht werden. Im Falle des ersten Faktors kann die
verwendete Koordinationszahl für Oäq.(1) mit 5 Atomen theoretisch als fehlerfrei
betrachtet werden, da das Spektrum des Uranylhydrates mit dem des ersten Faktors
übereinstimmt, Abb. 5.6. Daraus ergibt sich, daß auch für die nachfolgenden
Untersuchungen das Spektrum des ersten Faktors bzw. das Spektrum des
Uranylhydrates als Referenzspektrum für die angegebene Koordination, Abb. 5.8 a),
benutzt werden kann. Wenn für den 1:1 und 1:2 Uranylazetat-Komplex die
Koordinationszahl für Oäq.(1) zufällig variiert wird, ergibt sich bei den in Abb. 5.8
0 1 2 3 40
1
2
3
4
5
6
pH Speziation Oäq.(1) Oäq.(2)
iterativer Targettest Oäq.(1) Oäq.(2)
Koo
rdin
atio
nsza
hl
pH
140
dargestellten Strukturen b) und c) die geringste Abweichung zwischen dem Ergebnis
des iterativen Targettests und der berechneten Koordinationszahlen mit Hilfe der
Speziationsdaten, Gl. (5.2, 5.3). Bei einer konventionellen Anpassung der EXAFS-
Spektren der Mischungen muß berücksichtigt werden, daß sich in Abhängigkeit zum
pH die Modelle zur Berechnung der benötigten theoretischen Phasen- und
Amplitudenfunktionen ändern. Die Anpassung wird hier mit Verwendung von
Phasen- und Amplitudenfunktionen von isolierten Atomen unter Einbeziehung des für
die Struktur a), Abb. 5.8, berechneten Mehrfachstreupfades, U-O(1)ax.-U-O(2)ax.,
durchgeführt. Tabelle 5.4 enthält die gefundenen Strukturparameter der Mischungen
der Uranylazetat-Komplexe.
7DE�����: EXAFS Strukturparameter der Mischungen der Uranylazetat-Komplexe.
U-Oaxial(ax.) U-Atomäquatorial(äq.)
pH R [Å] s2·10-3
[Å2]
Atom N R [Å] s2·10-3
[Å2]
DE0 [eV] a) c2norm.
0.10 1.7670(9) 1.25(5) Oäq. 4.9(2) 2.403(2) 6.2(3) -15.1(4) 0.12
1.97 1.7692(9) 1.28(5) Oäq.
C(1)
5.5(3)
1.0(2)
2.405(3)
2.879
7.9(4)
4.0
-15.4(4) 0.12
2.55 1.7738(9) 1.28(5) Oäq.
C(1)
5.8(3)
1.7(2)
2.426(3)
2.879
9.5(6)
4.0
-15.5(4) 0.10
2.69 1.7749(9) 1.28(5) Oäq.
C(1)
5.8(3)
1.9(2)
2.433(3)
2.879
9.5(6)
4.0
-15.2(4) 0.10
2.90 1.7771(9) 1.32(5) Oäq.
C(1)
5.7(3)
2.3(2)
2.446(3)
2.879
8.6(5)
4.0
-14.9(4) 0.10
3.08 1.7793(9) 1.34(5) Oäq.
C(1)
5.9(3)
2.6(2)
2.454(3)
2.879
8.5(5)
4.0
-14.7(4) 0.12
3.51 1.780(1) 1.34(6) Oäq.
C(1)
6.0(3)
2.9(2)
2.461(3)
2.879
7.7(5)
4.0
-14.8(4) 0.14
4.48 1.778(1) 1.46(6) Oäq.
C(1)
6.2(3)
3.0(3)
2.461(3)
2.879
7.7(5)
4.0
-15.0(5) 0.15
Die Zahlen in Klammern geben die Standardabweichung der variablen Strukturparameter an. Die
Koordinationszahl wurde für Oaxial mit N = 2 konstant gehalten. Das untersuchte k-Intervall ist 2.8 Å-1 –
16.7 Å-1. a) Die Verschiebung der Bindungsenergie DE0 wurde für alle Koordinationsschalen
verwendet.
141
Aufgrund der beschränkten Auflösung im R-Raum kann bei einer konventionellen
Anpassung zwischen Oäq.(1) und Oäq.(2) nicht unterschieden werden. Deshalb ergeben
sich für die Strukturparameter des äquatorialen Sauerstoffes, Oäq., Mittelwerte. Für
C(1) wurde nur die Koordinationszahl während der Anpassung variabel gehalten. Der
U-C(1) Abstand und der Debye-Waller Faktor für C(1) ergeben sich bei einer
Anpassung des zweiten Faktors mit den Phasen- und Amplitudenfunktionen der
isolierten Atome und Einbeziehung des Mehrfachstreupfades U-O(1)ax.-U-O(2)ax.. Die
U-Oax. Bindungsabstände zeigen mit zunehmendem pH eine leichte Zunahme infolge
des Austausches von koordiniertem Wasser mit Azetat. Eine starkes Anwachsen der
U-Oäq. Bindungsabstände ist mit zunehmendem pH zu beobachten. Bei pH 2.55 bzw.
pH 2.69 erreicht der Debye-Waller Faktor für Oäq. den größten Wert von 9.5·10-3 Å2
und weist darauf hin, daß in diesem pH-Bereich die Stuktureinheiten der beiden
spektroskopischen Hauptkomponenten näherungsweise in gleichen Anteilen
vorliegen. In diesem pH-Bereich zeigt auch die pH-Speziation, daß die vier U(VI)-
Spezies in etwa in gleichen Anteilen vorliegen, Abb. 5.1. Die mit dem iterativen
Targettest bestimmte Konzentrationsverteilung, Abb. 5.5, bestätigt, daß bei pH 2.55
die spektroskopischen Hauptkomponenten zu gleichen Anteilen vorliegen. Die
Koordinationszahlen von C(1) können mit hoher Genauigkeit als Funktion des pH
berechnet werden indem die mit dem iterativen Targettest bestimmten Koordinations-
zahlen für Oäq.(2) halbiert werden. Es zeigt sich, daß die Abweichung zwischen den
konventionell und mit dem iterativen Targettest bestimmten Koordinationszahlen für
C(1) mit Verringerung des pH zunimmt. Die Ursache dieser Abweichung kann mit
einer EXAFS-Oszillation, die im R-Raum in einem Abstand von 2.30 Å + DÅ sichtbar
ist, erklärt werden. Die Fouriertransformation des EXAFS-Spektrums des ersten
Faktors bzw. des Uranylhydrates zeigt bei 2.30 Å + DÅ einen Beitrag zum EXAFS-
Signal, Abb. 5.7, der bei den konventionellen Anpassungen der Spektren, Tab. 5.4,
nicht einbezogen wurde. Die Herkunft dieses EXAFS-Signals wird gegenwärtig noch
untersucht. Es ist nicht auszuschließen, daß die zweite Hydratsphäre des UO22+-
Ions einen Beitrag zur EXAFS-Oszillation leistet. Die Aufklärung der Struktur-
parameter der zweiten Hydratsphäre des UO22+-Ions, mittels EXAFS-Spektroskopie,
wäre erstmalig. Durch die Überlagerung zwischen dem unbekannten EXAFS-Signal
und dem EXAFS-Signal von C(1) wird bei den konventionellen Anpassungen der
Spektren bei niedrigen pH Werten eine zu große Koordinationszahl von C(1)
gefunden.
142
����� 8UDQ�9,��XQG�3URWRFDWHFKXVlXUH
Bei der natürlichen Zersetzung von Holz entstehen verschiedene aromatische
Verbindungen wie z.B. Protocatechusäure (3,4-Dihydroxybenzoesäure, PCS, H3L),
Vanillinsäure (4-Hydroxy-3-methoxybenzoesäure), Vanillin (4-Hydroxy-3-methoxy-
benzaldehyd) und Ferulasäure (4-Hydroxy-3-methoxyzimtsäure) [5]. Diese Zer-
setzungsprodukte bilden stabile Komplexe mit Uran [6]. Die Komplexierung hat eine
große Bedeutung für die zum Teil stillgelegten und gefluteten Schächte des
Uranerzbergbaues, welche immense Mengen von Holz enthalten. Mit Hilfe von
EXAFS-Messungen an wassergelösten U(VI)-Komplexen von PCS und Modell-
verbindungen konnte gezeigt werden, daß im sauren pH-Bereich die Karboxylgruppe
der PCS bidentat am U(VI) und im alkalischen pH-Bereich die benachbarten
phenolischen OH-Gruppen der PCS in Form eines Fünfringes am U(VI) koor-
dinieren [94]. Im alkalischen Medium wird durch den Chelateffekt ein Stabilitäts-
gewinn erzielt [95]. Der Komplexbildung von U(VI) mit PCS kommt deshalb im
Vergleich mit den anderen Zersetzungsprodukten die größte Bedeutung zu.
Der Übergang von der bidentaten Koordination des U(VI) an der Karboxylgruppe zur
Koordination an die benachbarten phenolischen OH-Gruppen wird im folgenden als
Funktion des pH untersucht. Aus den Ergebnissen der Faktorenanalyse wird die
Stöchiometrie der vorkommenden U(VI)-Komplexe hergeleitet.
Die Präparation der wäßrigen U(VI)/PCS-Lösungen wurde in Analogie zu der in [94]
erwähnten Verfahrensweise durchgeführt. Für die im pH-Bereich von pH 4.03 bis
pH 6.75 präparierten Lösungen dienten als Ausgangsstoffe PCS und UO2(ClO4)2.
Jede Lösung enthielt U(VI) in einer Konzentration von 1.0·10-3 mol/l und PCS in einer
Konzentration von 5.0·10-2 mol/l. Die Ionenstärke der Lösungen wurde mit NaClO4
auf 0.1 mol/l eingestellt. Der pH wurde mittels NaOH und HClO4 variiert. Um den
Einfluß von CO2 zu vermeiden, wurden die Proben mit CO2-freien Chemikalien unter
Stickstoffatmosphäre präpariert. Nach der Präparation wurden die Lösungen in
luftdichte Polyethylenküvetten eingeschmolzen. Die pH-Messungen erfolgten mit der
in Abschnitt 5.1. erwähnten technischen Ausstattung. Der Fehler in der pH-
Bestimmung beträgt ca. 0.05 pH-Einheiten.
143
Die EXAFS-Messungen erfolgten an der European Synchrotron Radiation Facility
(ESRF) an der Rossendorf-Beamline (ROBL). Ein Si(111) Doppel-Kristall
Monochromator wurde zur Monochromatisierung des Weißen Strahles benutzt.
Aufgrund der geringen U(VI)-Konzentration wurde bei den Uran LIII-Kante EXAFS-
Messungen das Signal der Uran La1,2-Fluoreszenzlinie mit einem 4-Element
Germanium-Detektor registriert. Für jedes Element (Kanal) des Detektors ergibt sich
ein Absorptionsspektrum durch die Division des totzeitkorrigierten Fluoreszenz-
signales mit dem , ¾ -Signal. Die Einzelspektren wurden für jede Probe addiert und
statistisch gewichtet. Der statistische Fehler der so erhaltenen Spektren verringert
sich asymptodisch mit jedem hinzukommenden Einzelspektrum (s. Abschnitt 3.3.).
Die Messungen an einer Probe wurden abgebrochen, wenn sich der statistische
Fehler nicht mehr signifikant verringerte. Für jede Probe waren ca. 32 Einzelspektren
der einzelnen Detektorkanäle erforderlich. Zur Energiekalibrierung wurde die Uran
LIII-Kante der Proben verwendet, wobei anschließend zur Verfeinerung die in
Abschnitt 4.1. erwähnte Methode zur Energiekalibrierung auf die Spektren
angewandt wurde.
Die EXAFS-Spektren werden in eine Datenmatrix zusammengefaßt. Das günstigste
k-Intervall zur Untersuchung der EXAFS-Spektren ist 2.8 Å-1 – 11.4 Å-1. Die Eigen-
wertaufgabe wird gelöst und es entstehen sieben Eigenwerte mit den in Tab. 5.5
angegebenen theoretischen Fehlerfunktionen.
7DE�� ���: Die ersten vier Eigenwerte und Fehlerfunktionen zur Analyse der
Faktorenanzahl.
Q� a)l ¿ 5( ¿ ,( ¿ ;( ¿ ,1' ¿ Â103
1 4931.43897 0.53873 0.20362 0.49877 15.0
2 215.72288 0.31215 0.16685 0.26382 12.5
3 31.99359 0.27440 0.17964 0.20743 17.2
4 20.32889 0.24698 0.18670 0.16169 27.4
a) Nummer des Faktors.
Die ,1'-Funktion erreicht ein Minimum bei zwei Faktoren. Entsprechend der
Eigenschaften der in Abschnitt 2.1.2. diskutierten theoretischen Fehlerarten soll die
,(-Funktion ein Minimum durchlaufen. In diesem Fall ist das Minimum bei Q = 2
144
erreicht. Bei weiterer Einbeziehung von zusätzlichen Faktoren tritt die Reproduktion
des experimentellen Fehlers ein. Der Faktorraum ist zweidimensional. Der
statistische Fehler der N3-gewichteten� EXAFS-Spektren beträgt 0.12 Absorptions-
einheiten. Damit ergibt sich, daß der systematische Fehler der EXAFS-Spektren mit
[5(22 - (0.12)2]1/2 = 0.29 Absorptionseinheiten angegeben werden kann. Damit ist
der systematische Fehler der Fluoreszenzmessungen größer als der systematische
Fehler der in Abschnitt 5.1. behandelten Transmissionsmessungen. In Abbildung
5.10 sind die experimentellen Spektren, sowie deren abstrakte Reproduktionen mit
Verwendung von zwei primären Faktoren enthalten.
$EE������: k3-gewichtete EXAFS-Spektren der Uran LIII-Kante und deren abstrakte
Reproduktionen mit Verwendung von zwei primären Faktoren.
Nach der VARIMAX-Rotation ergibt sich das zu erwartende Konzentrationsprofil der
spektroskopischen Hauptkomponenten. Die aus dieser Information entwickelten
Testvektoren und die nach dem iterativen Targettest hervorgegangenen Vektoren
des realen Konzentrationsprofils sind in Tab. 5.6 enthalten.
4 6 8 10
0
10
20
30 pH:
6.75
6.03
5.54
5.04
4.83
4.54
4.03
Experiment Reproduktion
c(k)
*k3
k [Å-1]
145
7DE�����: Die Testvektoren \1 und \2 und die gefundene Konzentrationsverteilung der
spektroskopischen Hauptkomponenten À\ und 2\ in den EXAFS-Spektren.
pH �\1 \2 À\ 2\
4.03 1 * 0 1.00000 0.00000
4.54 0 0 0.62861 0.44195
4.83 0 0 0.41242 0.60781
5.04 0 0 0.22893 0.82267
5.54 0 0 0.07934 0.95943
6.03 0 0 0.04309 1.00000
6.75 0 1 * 0.00000 0.99559
* Konstant während der Iteration.
Der Fehler in der Ermittlung der Konzentrationen beträgt für den ersten und zweiten
realen Faktor 1.9%. Wie aus früheren Untersuchungen hervorgeht, existiert im
sauren pH-Bereich (pH 4.3) eine bidentate Koordination des Urans an die
Karboxylgruppe von PCS [94]. Mittels der in [94] erwähnten konventionellen
Anpassung des EXAFS-Spektrums einer Probe einer Mischung von PCS und U(VI)
im wäßrigen Medium bei pH 4.3 ist es nicht möglich zu prüfen, ob neben der
Struktureinheit der bidentat gebundenen Karboxylgruppe auch eine Struktureinheit
von koordiniertem Wasser vorliegt (Oäq.(1), Abb. 5.8). Um feststellen zu können, ob in
der Probe bei pH 4.03 eine Struktureinheit von am U(VI) koordiniertem Wasser
enthalten ist, wurde der iterative Targettest unter Einbeziehung des Spektrums vom
Uranylhydrat und dem Spektrum des 1:3 Uranylazetat-Komplexes (s. Abschnitt 5.1.,
Abb. 5.7) durchgeführt. Es zeigt sich, daß im Spektrum der Probe bei pH 4.03 kein
Anteil von koordiniertem Wasser enthalten ist. Aus Tabelle 5.6 geht hervor, daß der
zweite Faktor bei pH 6.03 und 6.75 eine nahezu identische Konzentration besitzt. Da
ein dritter Faktor in den Spektren nicht vorkommt, kann geschlußfolgert werden, daß
der erste und der zweite reale Faktor aus chemischer Sicht, innerhalb des Fehlers
der mit dem iterativen Targettest ermittelten Konzentrationen, fundamentale Faktoren
sind. Die Kovarianz zwischen den fundamentalen Faktoren bzw. der Winkel zwischen
diesen kann in der untersuchten Ebene des Faktorraumes durch chemische
Modifikationen nicht überschritten werden. Die mittels der nichtorthogonalen Rotation
des zweidimensionalen Faktorraumes erhaltenen Spektren der fundamentalen
Faktoren entsprechen somit den Spektren reiner Komplexe.
146
Um die Faktoren chemisch deuten zu können, erfolgt der Vergleich zwischen den
ermittelten Spektren der Faktoren und den Phasen- und Amplitudenfunktionen
theoretischer EXAFS-Spektren. Zur Bestimmung der Strukturparameter des ersten
Faktors dienen die theoretischen Phasen- und Amplitudenfunktionen eines
Strukturmodells von Uranyltriazetat, s. Abschnitt 5.1. Für die optimale Anpassung
des Modells an die experimentellen Daten müssen Mehrfachstreupfade einbezogen
werden. Für den ersten Faktor wird der vierbeinige zweifach entartete
Mehrfachstreupfad an den axialen Sauerstoffatomen U-O(1)ax.-U-O(2)ax. der
Uranyleinheit einbezogen, Abb. 5.8 a), und der sechsfach entartete dreibeinige
Mehrfachstreupfad U-C(1)-C(2), Abb. 5.8 d). Die Bestimmung der Strukturparameter
des zweiten Faktors erfolgt mit Verwendung von theoretischen Phasen- und
Amplitudenfunktionen von isolierten Atomen und Einbeziehung des Mehrfach-
streupfades an den axialen Sauerstoffatomen U-O(1)ax.-U-O(2)ax. Die Abbildung 5.11
enthält die Anpassung der Spekten der Faktoren und Tab. 5.7 die ermittelten
Strukturparameter.
$EE�� ����: k3-gewichtete EXAFS-Spektren der fundamentalen Faktoren und deren
Anpassungen sowie deren korrespondierende Fouriertransformationen.
4 6 8 10 12
0
10
Faktor Anpassung
c(k)
*k3
k [Å-1]0 1 2 3 4 5
0
1
2
Faktor 2
Faktor 1Fou
riert
rans
form
atio
n
R + D [Å]
147
7DE�����: EXAFS Strukturparameter der extrahierten realen Faktoren.
U-Oaxial(ax.) U-Atomäquatorial(äq.)
Faktor R [Å] s2·10-3
[Å2]
Atom N R [Å] s2·10-3
[Å2]
DE0 [eV] a) c2norm.
1 1.780(2) 1.9(2) Oäq.
C(1)
C(2)
6.4(8)
3.0(8)
3.0
2.449(6)
2.876(6)
4.38(1)
11(1)
3(1)
3.0
-7.7(6) 0.24
2 1.800(2) 1.6(1) Oäq. 5.4(3) 2.363(4) 7.5(6) -14.9(5) 0.19
Die Zahlen in Klammern geben die Standardabweichung der variablen Strukturparameter an. Die
Koordinationszahl wurde für Oaxial mit N = 2 konstant gehalten.
Das untersuchte k-Intervall ist 2.8 Å-1 – 12.3 Å-1. a) Die Verschiebung der Bindungsenergie DE0 wurde
für alle Koordinationsschalen verwendet.
Die EXAFS Strukturparameter des ersten Faktors stimmen gut mit den Strukturpara-
metern des 1:3 Uranylazetat-Komplexes, Tab. 5.3, überein. Die Faktorenanalyse
zeigt mit Einbeziehung des Spektrums von Uranylhydrat und des Spektrums des
1:3 Uranylazetat-Komplexes (s. Abschnitt 5.1., Abb. 5.7), daß bei pH 4.03 kein
koordinativ gebundenes Wasser vorhanden ist. Aus diesen Resultaten geht hervor,
daß der erste Faktor mit großer Wahrscheinlichkeit dem Spektrum eines
1:3 Uranylprotocatechuat-Komplexes entspricht. Für den ersten Faktor wird eine
Koordinationszahl für C(1) von drei Atomen gefunden, Tab. 5.7. Der Fehler in der
Koordinationszahl von C(1) beträgt jedoch ca. ein Atom. Um das Ergebnis absichern
zu können, daß es sich bei pH 4.03 um einen 1:3 Uranylprotocatechuat-Komplex
handelt, müßten weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Im Falle eines
1:3 Komplexes sind bei pH 4.03 die Karboxylgruppen von drei PCS-Liganden
bidentat am U(VI) koordiniert [94]. Der zweite Faktor zeigt im Vergleich zum ersten
Faktor deutlich geringere U-Oäq. Bindungsabstände und eine geringere Koor-
dinationszahl der äquatorialen Sauerstoffatome.
Die ermittelten EXFAS-Strukturparameter der experimentellen Spektren sind in
Tab. 5.8 dargestellt. Zur Anpassung der experimentellen Spektren wurden die
Phasen- und Amplitudenfunktionen von isolierten Atomen verwendet.
148
7DE�� ���: EXAFS Strukturparameter der Mischungen der Uranylprotocatechuat-
Komplexe.
U-Oaxial(ax.) U-Atomäquatorial(äq.)
pH R [Å] s2·10-3
[Å2]
Atom N R [Å] s2·10-3
[Å2]
DE0 [eV] a) c2norm.
4.03 1.776(2) 1.9(2) Oäq.
C(1)
6.7(7)
2.9(4)
2.439(4)
2.867(7)
10(1)
3.0
-15.6 0.34
4.54 1.781(1) 1.5(1) Oäq.
C(1)
6
2.1(2)
2.399(3)
2.897(7)
10.3(4)
3.0
-15.6 0.16
4.83 1.785(1) 1.8(1) Oäq.
C(1)
6
1.6(3)
2.381(3)
2.90(1)
10.8(4)
3.0
-15.6 0.23
5.04 1.790(2) 1.3(2) Oäq.
C(1)
5.8(5)
1.6(3)
2.374(3)
2.92(1)
9.2(9)
3.0
-15.6 0.33
5.54 1.795(2) 1.6(2) Oäq.
C(1)
5.4(4)
1.6(3)
2.367(3)
2.93(1)
7.2(7)
3.0
-15.6 0.26
6.03 1.797(1) 1.2(1) Oäq.
C(1)
5.9(3)
1.3(3)
2.365(2)
2.92(1)
8.1(6)
3.0
-15.6 0.19
6.75 1.801(2) 1.8(2) Oäq. 6.2(4) 2.364(3) 9.2(8) -15.6 0.28
Die Zahlen in Klammern geben die Standardabweichung der variablen Strukturparameter an. Die
Koordinationszahl wurde für Oaxial mit N = 2 konstant gehalten. Das untersuchte k-Intervall ist ca. 2.8
Å-1 – 12.2 Å-1. a) Die Verschiebung der Bindungsenergie DE0 wurde konstant gehalten und für alle
Koordinationsschalen verwendet.
Die Verschiebung der Bindungsenergie DE0 wurde während der Anpassungen
konstant gehalten. Der Wert von DE0 ergibt sich aus der Mittelung der gefundenen
Energieverschiebungen, wenn diese während der Anpassung der Spektren variabel
gehalten werden. Die Bindungsabstände U-Oax. nehmen mit steigendem pH
systematisch zu. Die Variation der EXAFS-Spektren wird hauptsächlich von der
pH-abhängigen Änderung der U-Oäq. Bindungsabstände verursacht. Mit zunehmen-
dem pH verkürzt sich der U-Oäq. Bindungsabstand drastisch. Die größten Debye-
Waller Faktoren der äquatorialen Sauerstoffatome ergeben sich bei pH 4.54 und bei
pH 4.83. Entsprechend der ermittelten Konzentrationsverteilung der beiden
Komplexe in Tab. 5.6 ergibt sich bei diesen pH-Werten auch deren größte Verteilung.
149
Die EXAFS Strukturparameter des zweiten Faktors (Tab. 5.7) stimmen mit den
gefundenen Strukturparametern des Uranylcatecholat-Komplexes und des
Uranylprotocatechuat-Komplexes bei pH 10 gut überein [94]. Dieser Befund zeigt,
daß für PCS innerhalb des pH–Intervalls von pH 6.75 bis pH 10 nur ein Komplex
vorliegen kann. Es kann gezeigt werden, daß der bei pH 6.75 bzw. pH 10
existierende Uranylprotocatechuat-Komplex kein 1:1 Komplex ist, wenn die
gefundene U-Oäq. Bindungslänge von 2.36 Å mit XRD Daten von strukturell ähnlichen
Komplexen verglichen wird.
Uran(VI) bildet sehr stabile Komplexe z.B. mit Tropolon (2-Hydroxycyclo-hepta-2,4,6-
trien-1-one, HT) des Typs UO2T2. Mit XRD wurde gefunden, daß U(VI) unter Bildung
eines Fünfringes mit den Tropolon-Liganden komplexiert [96]. Der Bindungsabstand
zwischen U(VI) und den an zwei benachbarten aromatischen Kohlenstoffatomen
gebundenen Sauerstoffatomen ergibt sich zu 2.37 Å und 2.38 Å [96]. Catechol
(H2CAT) bildet mit U(IV) einen UO2CAT3 Komplex [97]. Das U(IV) ist jeweils über
zwei benachbarte phenolische Sauerstoffatome in Form eines Fünfringes gebunden.
Der mit XRD gemessene Abstand zwischen U(IV) und den Sauerstoffatomen ist
2.36 Å und 2.39 Å [97]. Der für die Komplexe gemessene mittlere
U-Oäq. Bindungsabstand beträgt 2.38 Å. Dieser Abstand entspricht innerhalb der
theoretischen Toleranz von ± 0.02 Å dem mittels EXAFS gefundenen
U-Oäq. Bindungsabstand des Uranylprotocatechuat-Komplexes. Wenn bei pH 6.75
bzw. pH 10 nur ein PCS-Ligand am U(VI) gebunden wäre, so müßten noch weitere
Struktureinheiten am U(VI) gebunden sein, um die gefundene Koordinationszahl von
ca. 5 Oäq. zu erreichen. Ein über die Karboxylgruppe gebundener PCS-Ligand
scheidet aus, da sich dabei der mittels EXAFS-Spektroskopie zu erwartende mittlere
U-Oäq. Bindungsabstand signifikant von 2.36 Å auf (2Â�����Å + 2Â�����Å)/4 = 2.41 Å
vergrößern würde. Außerdem ergibt sich, entsprechend der Ergebnisse des iterativen
Targettests (Tab. 5.6), daß bei pH 6.75 keine Koordination der Karboxylgruppe an
U(VI) vorhanden ist. Es wäre möglich, daß neben einen am U(VI) koordinierten PCS-
Liganden auch noch drei Wassermoleküle koordiniert sind. Der U-Oäq. Bindungs-
abstand zwischen U(VI) und koordinativ gebundenen Wassermolekülen beträgt
2.41 Å, Tab. 5.3. Der mittlere U-Oäq. Bindungsabstand würde mit (2Â����� Å +
3Â����Å)/5 = 2.39 Å ergeben. Dieser mittlere U-Oäq. Bindungsabstand ist jedoch
auch signifikant größer als der mit EXFAS-Spektroskopie gefundene Abstand. Aus
150
dieser Überlegung folgt, daß es sich bei pH 6.75 bis pH 10 nicht um einen 1:1
Uranylprotocatechuat-Komplex handeln sollte.
Für die eindeutige Bestimmung der Stöchiometrie des im neutralen bis basischen
pH-Bereiches existierenden Uranylprotocatechuat-Komplexes wurde zusätzlich die
UV-VIS Spektroskopie als eine unabhängige spektroskopische Methode angewandt,
wobei die experimentellen Arbeiten von RUTSCH (LP�5DKPHQ�LKUHU�'LVVHUWDWLRQ�]XU
]HLWDXIJHO|VWHQ� )OXRUHV]HQ]VSHNWURVNRSLH YRQ� RUJDQLVFKHQ� /LJDQGHQ) [98]
durchgeführt wurden. Es wurden 14 wäßrige Lösungen mit konstanter PCS-
Konzentration von 10.0¼10-5 mol/l und variabler U(VI)-Konzentration von 0 mol/l bis
20.7¼10-5 mol/l präpariert. Die U(VI)-Konzentrationen der präparierten Lösungen
wurden mittels ICP-MS Messungen nachträglich bestimmt. Der pH-Wert wurde auf
11 eingestellt, da hier fast vollständig das U(VI) als UO2(OH)3- vorliegt [98]. Die PCS
liegt bei pH 11 als zweifach deprotonierte Säure (HL2-) vor, wie mittels faktorieller
Analyse der UV-VIS Spektren einer pH-Reihe experimentell bzw. über Speziations-
rechnungen nachgewiesen werden konnte. Zur Berechnung der Speziation der
Dissoziation von PCS wurden die mittels Potentiometrie bestimmten Säure-
dissoziationskonstanten verwendet [5].
Die Ionenstärke der Lösungen wurde auf 0.01 mol/l NaClO4 eingestellt. Die so
erhaltenen UV-VIS Spektren der U(VI)/PCS-Mischungen wurden mit Hilfe der
Faktorenanalyse ausgewertet, was im folgenden erläutert wird. In Abbildung 5.12
sind die UV-VIS Spektren der U(VI)/PCS-Mischungen abgebildet. Zur Messung der
UV-VIS Spektren diente ein CARY5G Gerät. Die durchleuchtete Schichtdicke der
benutzten Quarzküvetten betrug G = 1 cm. Der Untergrund der Absorption wurde
simultan an einer wäßrigen Lösung von 0.01 mol/l NaClO4 mitgemessen und von den
Spektren der Mischungen subtrahiert.
151
$EE�� ����: UV-VIS Spektren einer Serie von U(VI)/PCS-Mischungen mit variabler
U(VI)-Konzentration. Der Pfeil gibt den konzentrationsabhängigen Verlauf eines
Maximums mit steigender U(VI)-Konzentration an.
Anhand von Abbildung 5.12 kann erkannt werden, daß mit steigender U(VI)-
Konzentration die Absorption der Spektren zunimmt. Das in Abb. 5.12 durch einen
Pfeil markierte Absorptionsmaximum oberhalb von 300 nm zeigt mit zunehmender
U(VI)-Konzentration eine Verschiebung zu höheren Wellenlängen. Ab einer
bestimmten U(VI)-Konzentration steigt nur noch die Intensität der Absorption als
Funktion der U(VI)-Konzentration an. Wenn dies der Fall ist, dann sollte ab dieser
U(VI)-Konzentration die Konzentration nur einer spektroskopischen Komponente,
welche im untersuchten System enthalten ist, zunehmen. Wenn es gelingt die U(VI)-
Konzentration zu finden, ab welcher die Konzentrationen der anderen Komponenten
mit steigender U(VI)-Konzentration konstant bleibt, dann kann durch Differenzbildung
zwischen Spekten, die oberhalb dieser Konzentration liegen, das Spektrum einer
spektroskopischen Komponente extrahiert werden. Diese Aufgabe kann mit der
Anwendung der Faktorenanalyse quantitativ gelöst werden. Der in den vorher-
gehenden Abschnitten verwendete Algorithmus der Faktorenanalyse muß dazu nicht
wesentlich modifiziert werden. Im Gegensatz zu den XANES- und EXAFS-Spektren
220 240 260 280 300 320 3400.0
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
HL2-
Abs
orpt
ion
Wellenlänge [nm]
152
ist die Varianz in den UV-VIS Spektren mehr der integralen Absorption zuzuordnen.
Es hat sich gezeigt, daß zur Bestimmung der Anzahl primärer Faktoren bei UV-VIS
Spektren die Untersuchung der prozentualen Restvarianz vorteilhaft ist. Die gesamte
Varianz der Spektren kann mit F Faktoren beschrieben werden (F – Anzahl der
experimentellen Spektren). Es genügen jedoch Q Faktoren, welche den Hauptanteil
der Varianz in den experimentellen Daten beschreiben. Wenn Q < F ist, ergibt sich
eine geringe Differenz zwischen den abstrakt reproduzierten Daten und den
experimentellen Daten, welche die verbleibende Restvarianz bzw. den experi-
mentellen Fehler beinhaltet. Die prozentuale Restvarianz (35) kann mit Gl. (5.4)
berechnet werden [35].
ÜÜÜÜÜ
Ý
Û
ÌÌÌÌÌ
Í
Ë
=
Ê
Ê
Á
ÂÁ Ã
Ä Ä
Ã
ÅÄ Ä35
1
1
0
100l
l
(5.4)
Der Wert von 35 wird gegen die Anzahl eingesetzter Faktoren aufgetragen. Die
richtige Anzahl primärer Faktoren ergibt sich an der Stelle, bei der 35 sein Minimum
erreicht [35]. In Abbildung 5.13 ist das Verhalten von 35 dargestellt.
$EE�� ����: Das Verhalten der prozentualen Restvarianz (35) als Funktion der
eingesetzten Faktoren.
1 2 3 4 5 6
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
35
Q
153
Aus Abbildung 5.13 wird deutlich, daß der Faktorraum dreidimensional ist. Der sta-
tistische Fehler in den UV-VIS Spektren beträgt durchschnittlich 1.6¼10-4 Ab-
sorptionseinheiten. Der Wert von 5(3 ergibt sich mit Verwendung von unnormierten
Daten zu 6.0¼10-3. Der Beitrag des Rauschens zum Fehler der Spektren kann damit
vernachlässigt werden. Daraus folgt, daß der systematische Fehler in den UV-VIS
Spektren mit 6.0¼10-3 Absorptionseinheiten dominiert. Die UV-VIS Spektren können
mit drei primären Faktoren beschrieben werden. Abbildung 5.14 zeigt die experi-
mentellen Spektren, sowie deren abstrakten Reproduktionen mit Verwendung von
drei primären Faktoren.
$EE�� ����: Die experimentellen UV-VIS Spektren der U(VI)/PCS-Serie und deren
abstrakten Reproduktionen unter Verwendung von drei primären Faktoren. Dar-
stellung mit Offset.
Die drei primären Faktoren reproduzieren die Spektren mit einer durchschnittlichen
Standardabweichung von 5.3¼10-3 Absorptionseinheiten, welche gleichzeitig in den
weiteren Überlegungen die Erfassungsgrenze für die spektroskopischen Kompo-
nenten darstellt.
220 240 260 280 300 320 3400
2
4
Experiment Reproduktion
Abs
orpt
ion
Wellenlänge [nm]
154
Mit den normierten Daten wird die VARIMAX-Rotation durchgeführt. In Abbildung
5.15 sind die orthogonal rotierten Faktorenladungen abgebildet.
$EE�� ����: Die Faktorenladungen der primären Faktoren nach der VARIMAX-
Rotation.
Der erste primäre Faktor besitzt sein Konzentrationsmaximum in der Probe der
reinen HL2-, Abb. 5.15. Das Konzentrationsmaximum des zweiten und des dritten
Faktors befindet sich bei der höchsten U(VI)-Konzentration. Im Intervall zwischen
einer U(VI)-Konzentration von 10.0¼10-5 mol/l bis 20.7¼10-5 mol/l bleiben die
Konzentrationen des ersten und zweiten Faktors nahezu konstant. Ab einer
U(VI)-Konzentration von 5.0¼10-5 mol/l steigt der Anteil des dritten Faktors
systematisch an. Der Anstieg der Faktorenladungen des dritten Faktors unterhalb
einer U(VI)-Konzentration von 3.11¼10-5 mol/l sind darauf zurückzuführen, daß die
Nachweisgrenze dieses Faktors in diesem Konzentrationsintervall bereits unter-
schritten ist, wie später gezeigt werden kann. Aus chemischer Sicht ist es unwahr-
scheinlich, daß ein Faktor zwei Konzentrationsmaxima im untersuchten System
besitzt. Da nur der erste Faktor dem Spektrum der reinen HL2- zugeordnet ist, und
alle weiteren Faktoren demnach im ersten Spektrum keinen Beitrag leisten, ist
sichergestellt, daß der dritte Faktor sein Maximum im Spektrum mit der höchsten
0.0 5.0x10-5 1.0x10-4 1.5x10-4 2.0x10-4
0.0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3
Fak
tore
nlad
ung
U(VI)-Konzentration [mol/l]
155
U(VI)-Konzentration besitzt. Mit diesen Informationen können nun die Testvektoren
für den iterativen Targettest entworfen werden. In Tabelle 5.9 sind die Ergebnisse
des iterativen Targettests zusammengefaßt.
7DE�����: Die Testvektoren \1, \2 und \3 und die gefundene Konzentrationsverteilung
der spektroskopischen Hauptkomponenten Æ\ , 2\ und 3\ in den UV-VIS Spektren.
[U(VI)] a) \1 \2 \3 Æ\ 2\ 3\
0.00 1 * 0 * 0 * 0.99998 0.00000 0.00000
1.00 0 0 0 0.75673 0.22750 0.00000
2.10 0 0 0 0.50023 0.49034 0.01064
3.11 0 0 0 0.30599 0.68049 0.04396
4.15 0 0 0 0.20991 0.78315 0.07199
5.18 0 0 0 0.11952 0.87170 0.09172
6.22 0 0 0 0.07585 0.91703 0.14939
7.26 0 0 0 0.03765 0.95591 0.20719
8.29 0 0 0 0.04343 0.95337 0.24404
9.33 0 0 0 0.00438 0.98644 0.32230
10.0 0 0 0 0.00000 0.98873 0.36456
12.4 0 0 0 0.01153 0.95408 0.59810
16.6 0 * 1 * 0 0.00317 1.00000 0.73543
20.7 0 * 1 * 1 * 0.00000 1.00000 1.00000
a) Totale U(VI)-Konzentration in 10-5 mol/l (experimentell).
* Konstant während der Iteration.
Bei der Betrachtung von Tab. 5.9 wird deutlich, daß sich die Konzentrationen der
ersten beiden Faktoren Æ\ und 2\ bis zu einer U(VI)-Konzentration von ca.
6.22¼10-5 mol/l stark ändern und bei weiterer U(VI)-Zugabe nahezu konstant bleiben.
Die Konzentration des dritten Faktors ist bis zu einer U(VI)-Konzentration von ca.
6.22¼10-5 mol/l sehr gering bis ein systematischer Anstieg mit weiterer U(VI)-Zugabe
erfolgt. Aus dieser Betrachtung können die Faktoren identifiziert werden. Der erste
Faktor entspricht der zweifach deprotonierten Säure (HL2-) und der zweite Faktor
kann dem Uranylprotocatechuat-Komplex zugeordnet werden. Wenn die Komplex-
bildung bei einer bestimmten U(VI)-Konzentration abgeschlossen ist, dann steigt die
Konzentration des ungebundenen U(VI) bzw. des dritten Faktors an und die
156
Differenzspektren entsprechen den Spektren des ungebundenen U(VI). Ent-
sprechend des Ergebnisses der VARIMAX-Rotation, Abb. 5.15, muß das
Differenzspektrum zwischen den letzten beiden Messungen gleich dem Spektrum
von ungebundenem reinem U(VI) mit einer U(VI)-Konzentration von 4.1¼10-5 mol/l
sein. Das Differenzspektrum wird berechnet und in die Datenmatrix als fünfzehntes
Spektrum eingefügt. Die Eigenwertaufgabe wird erneut gelöst und der iterative
Targettest mit den in Tab. 5.10 enthaltenen Testvektoren durchgeführt. Das für den
iterativen Targettest benutzte Konzentrationsintervall ist 10ˆ0 �� Ç\ .
7DE�� ����: Die Testvektoren \1, \2 und \3 und die gefundene
Konzentrationsverteilung der spektroskopischen Hauptkomponenten Æ\ , 2\ und 3\ in
den UV-VIS Spektren. Konzentrationen in 10-5 mol/l.
[U(VI)] \1 \2 \3 Æ\ a)2\
b)3\ c)
0.00 10 * 0 * 0 * 9.99983 0.00000 0.00001
1.00 0 0 0 7.56241 1.18542 0.00000
2.10 0 0 0 4.99230 2.55518 0.16401
3.11 0 0 0 3.04759 3.54619 0.67891
4.15 0 0 0 2.08608 4.08133 1.11205
5.18 0 0 0 1.18122 4.54314 1.41554
6.22 0 0 0 0.74673 4.77955 2.30810
7.26 0 0 0 0.36699 4.98243 3.20210
8.29 0 0 0 0.42686 4.96914 3.77356
9.33 0 0 0 0.03983 5.14183 4.98410
10.0 0 0 0 0.00000 5.15368 5.63956
12.4 0 0 0 0.12742 4.97278 9.26073
16.6 0 * 0 0 0.05039 5.21220 11.38781
20.7 e) 0 * 5.21220 * d) 0 0.01488 5.21220 15.48780 f)
4.10 0 * 0 * 4.10 * 0.00000 0.00000 4.09999
* Konstant während der Iteration.
a) ungebundene HL2-, b) Uranylprotocatechuat-Komplex, c) ungebundenes U(VI)
d) Diese Konzentration ergibt sich aus der Differenz zwischen der eingesetzten U(VI)-Konzentration
e) und der Konzentration des ungebundenen U(VI) f).
157
Der Fehler in der Bestimmung der Konzentrationen der chemischen Spezies beträgt
für HL2- 1.25¼10-7 mol/l, für den Uranylprotocatechuat-Komplex 0.72¼10-7 mol/l und für
das ungebundene U(VI) 3.52¼10-7 mol/l. Um das stöchiometrische Verhältnis von
U(VI) und PCS im Komplex berechnen zu können, wird die Konzentration der
gebundenen PCS und die Konzentration des gebundenen U(VI) benötigt. Die
Konzentration der am U(VI) gebundenen PCS ergibt sich aus der Differenz zwischen
der totalen Konzentration von HL2- (10¼10-5 mol/l) und den Elementen von Æ\ (Tab.
5.10). Die Konzentration des gebundenen U(VI) entspricht den Elementen von 2\
(Tab. 5.10), wenn angenommen wird, daß der Uranylprotocatechuat-Komplex kein
Mehrkernkomplex ist. Zur Bestimmung der Konzentration des gebundenen U(VI)
könnten auch die ermittelten Konzentrationen des ungebundenen U(VI) ( 3\ , Tab.
5.10) verwendet werden. Da die Elemente von 2\ den geringsten Fehler besitzen,
werden diese bei der Berechnung der Konzentration des gebundenen U(VI)
bevorzugt. In Tab. 5.11 sind die Ergebnisse zusammengefaßt.
7DE�� ����: Die Zusammensetzung des Uranylprotocatechuat-Komplexes. Konzen-
trationen in 10-5 mol/l.
[U(VI)]t. a) [PCS]g.
b) [U(VI)]g. c) [U(VI)]g.:[PCS]g.
d)2\ + 3\ e)
0.00 0.00 0.00 - 0.001.00 2.44 1.19 1 : 2.06 1.192.10 5.01 2.56 1 : 1.96 2.723.11 6.95 3.55 1 : 1.96 4.224.15 7.91 4.08 1 : 1.94 5.195.18 8.82 4.54 1 : 1.94 5.966.22 9.25 4.78 1 : 1.94 7.097.26 9.63 4.98 1 : 1.93 8.188.29 9.57 4.97 1 : 1.93 8.749.33 9.96 5.14 1 : 1.94 10.1310.00 10.00 5.15 1 : 1.94 10.7912.40 9.87 4.97 1 : 1.99 14.2316.60 9.95 5.21 1 : 1.91 16.6020.70 9.99 5.21 1 : 1.92 20.70
a) totale U(VI)-Konzentration (experimentell), b) Konzentration des gebundenen Liganden, c)
Konzentration des gebundenen U(VI), d) U(VI) : PCS-Verhältnis im Komplex, e) berechnete totale
U(VI)-Konzentration.
Das durchschnittliche U(VI) : PCS-Verhältnis im Komplex beträgt 1 : 1.95 � 0.04.
Damit kann geschlußfolgert werden, daß bei pH 11 ein 1:2 Uranylprotocatechuat-
158
Komplex vorliegt. Mit Verwendung der Konzentrationen des ungebundenen U(VI)
( 3\ ) ergibt sich ein Verhältnis von 1 : 2.4 � 0.3. Wie erwähnt ist der Fehler in der
Bestimmung der Konzentration des ungebundenen U(VI) größer als der Fehler in der
Bestimmung der Konzentration des Komplexes. Die Ursache hierfür ist, daß der
Hauptanteil der Varianz in den UV-VIS Spektren von dem Komplex und der
ungebundenen HL2- hervorgerufen wird. Die aus der Erfassungsgrenze von
5.3¼10-3 Absorptionseinheiten abgeleitete Nachweisgrenze für U(VI) (dritter Faktor,
3\ ) liegt durch die geringe molare Extinktion des U(VI) in dem untersuchten Wellen-
längenbereich bei ca. 0.21¼10-5 mol/l. Der Vergleich der Konzentrationen (Tab. 5.10)
des ungebundenen U(VI) mit der Erfassungsgrenze untermauert das Ergebnis der
VARIMAX-Rotation, Abb. 5.15, daß unterhalb von ca. 3.11¼10-5 mol/l eingesetzter
Uranmenge der Verlauf des dritten Faktors unrealistisch ist. Zwei wesentliche
Aspekte sind mit dieser Betrachtung für die Faktorenanalyse erkennbar.
1. Ohne die Möglichkeit die Faktoren unabhängig voneinander behandeln zu
können, wäre eine Konzentrationsbestimmung der spektroskopischen Haupt-
komponenten mit dieser Genauigkeit nicht möglich. Der Faktor des gebundenen
U(VI) ( 2\ ) wurde zur Berechnung der Komplex-Stöchiometrie gewählt, weil
dessen Konzentrationen präziser bestimmbar sind als die Konzentrationen des
ungebundenen U(VI) ( 3\ ).
2. Die VARIMAX-Rotation kann benutzt werden, um Erfassungsgrenzen vorher-
zusagen.
Die Prüfung des Ergebnisses des iterativen Targettests kann mit einem Vergleich der
experimentellen totalen U(VI)-Konzentrationen mit den berechneten totalen U(VI)-
Konzentrationen, Tab. 5.11, erfolgen. Die Standardabweichung der Differenz zwi-
schen den Konzentrationen beträgt 0.52¼10-5 mol/l. Damit kann innerhalb des Fehlers
der ermittelten U(VI)-Konzentrationen die Existenz des 1:2 Uranylprotocatechuat-
Komplexes, bei pH 11, bestätigt werden.
Die unbekannte molare Extinktion der reinen Spezies kann nun durch die ermittelten
Transformationsvektoren mit Gl. (2.92) berechnet werden. In Abbildung 5.16 ist die
159
molare Extinktion der reinen Spezies abgebildet und die molare Extinktion eines
Referenzspektrums von reinem U(VI).
$EE�� ����: Die nach der Transformation der abstrakten Faktorenlösung erhaltenen
Spektren der spektroskopischen Hauptkomponenten.
Als Referenzspektrum wurde das UV-VIS Spektrum einer wäßrigen Lösung von
50¼10-5 mol/l UO2ClO4 bei pH 11 gemessen. Die molare Extinktion des dritten Faktors
(U(VI)) stimmt mit dem Referenzspektrum (UVI)) gut überein, Abb. 5.16. Die
unbekannte molare Extinktion des 1:2 Uranylprotocatechuat-Komplexes, welcher in
den UV-VIS Messungen nicht in reiner Form auftritt, kann für weitere Unter-
suchungen zur Verfügung gestellt werden.
Die aus den EXAFS-Messungen und UV-VIS Messungen ermittelte pH-Speziation
der Uranylprotocatechuatkomplexe ist in Abb. 5.17 zusammengefaßt.
220 240 260 280 300 320 3400
5000
10000
15000
20000
25000
30000
35000
HL2- (Faktor 1) 1:2 Komplex (Faktor 2) U(VI) (Faktor 3) U(VI) (experimentelles Spektrum)
mol
are
Ext
inkt
ion
(G =
1cm
)
Wellenlänge [nm]
160
$EE�� ����: Die Speziation der Uranylprotocatechuat-Komplexe. Der Übergang von
der bidentaten Koordination des U(VI) an die Karboxylgruppe (1:3 – Komplex) zur
Koordination an die benachbarten phenolischen OH-Gruppen (1:2 - Komplex). A, B -
Erklärung im Text. a) Die Stöchiometrie des Komplexes muß durch weitere Unter-
suchungen bestätigt werden.
Die Zusammensetzung des 1:3 Uranylprotocatechuat-Komplexes ist im Bereich A
(Abb. 5.17) mittels EXAFS-Messungen und Anwendung der Faktorenanalyse be-
stimmt worden. Die Standardabweichung zwischen 100% und der Summe der
Anteile der beiden Komplexe beträgt im Bereich A durchschnittlich 4%. Um
nachweisen zu können, daß es sich tatsächlich um einen 1:3 Uranylprotocatechuat-
Komplex bei pH 4.03 handelt, wird gegenwärtig, in ähnlicher Weise zur Unter-
suchung des 1:2 Komplexes bei pH 11, die UV-VIS Spektroskopie herangezogen.
Ein 1:2 Uranylprotocatechuat-Komplex wurde mittels UV-VIS Spektroskopie und den
Ergebnissen der Faktorenanalyse bei pH 11 identifiziert. Es ist unwahrscheinlich, daß
bei pH 10 und pH 11 unterschiedliche Komplexe vorliegen. Deshalb liegt der 1:2
Uranylprotocatechuat-Komplex auch bei pH 10 vor (Abb. 5.17). Da die EXAFS
Strukturparameter des Komplexes bei pH 6.75 (Tab. 5.7, Faktor 2) mit den EXAFS
Strukturparametern des Komplexes bei pH 10 übereinstimmen [94], hat der 1:2
Uranylprotocatechuat-Komplex sein Existenzgebiet im Bereich A und B bzw.
4 5 6 7 8 9 10 110
20
40
60
80
100
BA
U(VI)/PCS-Komplex:
1 : 3 )a
1 : 2
U(V
I) [%
]
pH
161
zwischen pH 6.5 und pH 11. Das Vorliegen eines 1:2 Uranylprotocatechuat-
Komplexes im basischen pH-Bereich konnte auch mittels TRLFS-Messungen
nachgewiesen werden [98]. Die unter Verwendung von potentiometrisch bestimmten
Komplexbildungskonstanten [5] berechnete pH-Speziation [94] bestätigt, daß
zwischen pH 4 und pH 6 der Übergang der bidentaten Koordination des U(VI) und
die Karboxylgruppe zur Koordination an die beiden benachbarten phenolischen
OH-Gruppen (1:2 – Komplex) der PCS erfolgt. Die Existenz des mittels Potentio-
metrie gefundenen 1:3 Uranylprotocatechuat-Komplexes [5], welcher entsprechend
der berechneten pH Speziation ab pH 8 vorliegt [94], konnte durch diese Unter-
suchungen nicht bestätigt werden.
162
s
163
����=XVDPPHQIDVVXQJ�GHU�(UJHEQLVVH
Ein praktisch nutzbarer Algorithmus der Faktorenanalyse zur Anwendung auf die
Röntgenabsorptionsspektren der kantennahen Feinstruktur (XANES – X-ray
Absorption Near-Edge Structure) und der kantenfernen Feinstruktur (EXAFS –
Extended X-ray Absorption Fine Structure) wurde entwickelt und zur quantitativen
Analyse der Speziation von Metallionen in wäßrigen Systemen erfolgreich eingesetzt.
Ausgangspunkt der Faktorenanalyse sind die Spektren einer Meßserie. Die Form von
XANES-Spektren wird maßgeblich von dem vorliegenden Oxidationszustand des
Metalles bestimmt, während die Form von EXAFS-Spektren durch die Struktur der
atomaren Nahordnung des Metalles geprägt wird. Der Oxidationszustand und die
Struktur der atomaren Nahordnung eines Metalles werden in einem chemischen
System durch physikochemische Parameter bestimmt. In Abhängigkeit eines
physikochemischen Parameters, wie z.B. Temperatur, Druck, pH- und Eh-Wert oder
Ionenstärke können sich die Anteile der vorliegenden Oxidationszustände und/oder
der verschiedenen atomaren Nahordnungen eines Metalles ändern – es kommt zur
Bildung von Mischungen und zu einer Variation der aufgenommenen Röntgen-
absorptionsspektren. Mit Hilfe der Faktorenanalyse ist es möglich die Faktoren zu
identifizieren und zu quantifizieren, die für die Variation der Spektren einer Meßserie
verantwortlich sind. So bilden die XANES-Spektren der reinen Oxidationszustände
eines Metalles die Faktoren der kantennahen Feinstruktur und die EXAFS-Spektren
der reinen Metallkomplexe die Faktoren der kantenfernen Feinstruktur. Der zur
Faktorenanalyse von Röntgenabsorptionsspektren getestete Algorithmus beinhaltet
drei Schritte:
Schritt 1: Eigenanalyse
Schritt 2: VARIMAX-Rotation
Schritt 3: iterativer Targettest mit Verwendung von Konzentrationstestvektoren
Die Voraussetzung zur Anwendung des Algorithmus ist, daß die in den Röntgen-
absorptionspektren einer Meßserie vorkommenden Spektren der Faktoren linear
unabhängig zueinander sind und sich die Spektren der Mischungen aus den
Spektren der Faktoren zusammensetzten.
164
Im ersten Schritt, der Eigenanalyse, werden die Meßdaten in Eigenwerte und
Eigenvektoren zerlegt. Die Eigenvektoren beschreiben eine orthogonale Basis des
multivariaten Faktorenraumes. Die Meßdaten können mit den berechneten
Eigenvektoren und den dazugehörigen Wichtungsfaktoren mittels Linearkombination
reproduziert werden. Die Eigenvektoren werden als abstrakte Spektren und deren
Wichtungsfaktoren als abstrakte Konzentrationen bezeichnet, weil diese physikalisch
nicht interpretierbar sind. Die Anzahl der zur Reproduktion der Meßdaten
notwendigen Eigenvektoren entspricht der Anzahl der physikalisch relevanten
Faktoren die im untersuchten chemischen System vorkommen. Die maximale Anzahl
der Faktoren entspricht der Anzahl der aufgenommenen Spektren. Nur einige
Faktoren, die Hauptkomponenten bzw. chemischen Spezies (Oxidationszustand,
atomare Nahordnung des Metallatomes), tragen zur Variation der Meßdaten bei, die
restlichen Faktoren haben ihren Ursprung im experimentellen Fehler der Meßdaten
und können vernachlässigt werden. Diese sogenannte Faktorenkompression hat
eine Minimierung des experimentellen Fehlers in den reproduzierten Spektren
Zufolge. Die Anzahl der physikalisch relevanten Faktoren wurde mit Hilfe der von
MALINOWSKI gefundenen semi-empirischen Indikatorfunktion [35], der prozentualen
Restvarianz und mit Hilfe eines erstmalig in dieser Arbeit verwendeten neuartigen
Algorithmus, zur Bestimmung des statistischen Fehlers von Meßdaten, ermittelt. Der
erste Schritt des in dieser Arbeit verwendeten Algorithmus entspricht im wesentlichen
der 3ULQFLSDO�&RPSRQHQW�$QDO\VLV (3&$ – Hauptkomponentenanalyse) [32].
Im zweiten Schritt werden die für jedes experimentelle Spektrum ermittelten
Wichtungsfaktoren durch eine nach dem VARIMAX-Kriterium [50] ausgeführte
orthogonale Transformation in eine qualitative Konzentrationsverteilung der
chemischen Spezies überführt. Diese Konzentrationsverteilung ermöglicht die
Generierung von sogenannten Konzentrationstestvektoren, die zur Ermittlung der
physikalisch relevanten Konzentrationsverteilung der chemischen Spezies in den
untersuchten Spektren der Meßserie mit Hilfe des iterativen Targettests notwendig
sind.
Die nach der VARIMAX-Rotation generierten Konzentrationstestvektoren und die im
ersten Schritt ermittelte orthogonale Basis des multivariaten Faktorenraumes bilden
die notwendigen Informationen zur nichtorthogonalen Transformation der Eigen-
165
vektoren in physikalisch interpretierbare Röntgenabsorptionsspektren und Konzen-
trationsverteilungen der chemischen Spezies, durch den iterativen Targettest
(Schritt 3). Die Konzentrationsverteilungen der chemischen Spezies werden dabei für
jedes gemessene Spektrum unabhängig voneinander berechnet, weil deren
Spektren linear unabhängig voneinander sind. Dadurch haben mögliche
Überlagerungen der Spektren der reinen chemischen Spezies keinen relevanten
Einfluß auf das Ergebnis der Transformation. Die reinen Formen der chemischen
Spezies müssen in den experimentellen Spektren nicht vorkommen um deren
Konzentrationsverteilung ermitteln zu können. Nach der Transformation der abs-
trakten Konzentrationsverteilung in die physikalisch interpretierbare Konzentrations-
verteilung können die Spektren der reinen chemischen Spezies berechnet und mit
standardisierten Auswertealgorithmen analysiert werden.
Die Anwendung des Algorithmus der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren
Der entwickelte Algorithmus der Faktorenanalyse wurde zur quantitativen
Bestimmung der relativen Konzentrationsverteilung eines Metalles in unter-
schiedlichen Oxidationszuständen anhand von drei chemischen Systemen ver-
wendet und dabei getestet.
Bei der Untersuchung der XANES-Spektren von As(III,V)-Mischungen konnte gezeigt
werden, daß die mit der Faktorenanalyse ermittelten Konzentrationen der beiden
Oxidationszustände des Arsen mit den publizierten Daten unter Verwendung der
Methode der Linearkombination übereinstimmen. Dieses Beispiel zeigt, das der auf
XANES-Spektren angewandte Algorithmus der Faktorenanalyse für die in situ
Bestimmung der relativen Konzentrationen von Redoxzuständen geeignet ist.
Bei der Untersuchung der Reduktion von U(VI) zu U(IV) durch Bakterien wurden im
wesentlichen methodische Vorgehensweisen zur Analyse von Mischungen einer
unbekannten Zusammensetzung mit Hilfe der Faktorenanalyse aufgezeigt. Zur
Ermittlung der U(IV,VI)-Konzentrationen in den Proben der Bakterien wurden im
ersten Schritt der Faktorenanalyse XANES-Spektren von U(IV,VI)-Mischungen
bekannter Zusammensetzung ausgewertet. Dabei wurde ein neues Verfahren zur
Energiekalibrierung von Röntgenabsorptionsspektren eingesetzt, das eine sehr
166
genaue Kalibrierung der Röntgenabsorptionspektren auf eine einheitliche relative
Energieachse ermöglicht. Die Messung einer Metallfolie als Energiereferenz ist dabei
nicht erforderlich. Von jeder U(IV,VI)-Mischung wurden mehrere XANES-Spektren
gemessen. Nach Anwendung der neuen Energiekalibrierung ist eine sehr gute
Reproduzierbarkeit in den ermittelten U(IV)- und U(VI)-Konzentrationen für die
Analyse der Einzelspektren der jeweiligen U(IV,VI)-Mischungen zu verzeichnen. Alle
Spektren der U(IV,VI)-Mischungen können mit zwei Faktoren, entsprechend der
vorliegenden Oxidationszustände des Urans, vollständig reproduziert werden. Nach
Hinzunahme der Spektren der Bakterienproben kommt es zu einer signifikanten
Verschiebung der mit Verwendung von zwei Faktoren ermittelten U(IV,VI)-
Konzentrationsverteilung für die U(IV,VI)-Mischungen. Dies konnte mit dem Einfluß
eines dritten Faktors, welcher auf die Strukturunterschiede zwischen den Proben der
U(IV,VI)-Mischungen und den Proben der Bakterien zurückzuführen ist, erklärt
werden. Das extrahierte Spektrum des dritten Faktors ähnelt einem EXAFS-
Spektrum und wurde qualitativ diskutiert. Da entsprechend der vorkommenden zwei
Oxidationszustände des Urans nur zwei Faktoren erwartet wurden, zeigt die Existenz
eines dritten Faktors, daß die den Oxidationszuständen des Urans zugeordneten
atomaren Nahordnungen auf die Röntgenabsorption des für XANES-Spektren
typischen Energieintervalles einen signifikanten Einfluß haben. Daraus resultiert, daß
die Konzentrationsbestimmung der unbekannten Anteile der in einer Mischung
vorliegenden Oxidationszustände eines Metalles nur durchführbar ist, wenn gewähr-
leistet ist, daß alle in die Betrachtung einbezogenen Spektren sich mit einer Anzahl
linear unabhängiger Spektren reproduzieren lassen, die der Anzahl der in der
Mischung existenten Oxidationszustände des Metalls entspricht. Zu einer präzisen
Bestimmung der Verteilung der Oxidationszustände des Urans in den Proben der
Bakterien muß eine den Oxidationszuständen strukturäquivalente Kalibrierserie von
XANES-Spektren von U(IV,VI)-Mischungen definierter Zusammensetzung in die
Faktorenanalyse einbezogen werden. Diese Schlußfolgerungen wären bei
Anwendung konventioneller Verfahren nicht möglich gewesen. Die relativen U(IV,VI)-
Konzentrationen in den Proben der Bakterien können, nach der Minimierung des
statistischen Fehlers durch die Faktorenkompression, dennoch mit einer Genauigkeit
von ca. �5% angegeben werden. Durch das Bakterium 'HVXOIRPLFURELXP�EDFXODWXP
wurden 73% des U(VI) einer wäßrigen U(VI)-Lösung zu U(IV) umgesetzt, wobei die
Kontaktzeit zwischen dem Bakterium und der U(VI)-Lösung zwei Tage betrug.
167
Bei der Analyse von Spektren einer Kalibrierserie von U(IV,VI)-Mischungen konnte
experimentell gezeigt werden, daß mittels der Anwendung des erarbeiteten
Algorithmus der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren eine Genauigkeit der
Konzentrationsbestimmung der Oxidationszustände von 1.9% möglich ist. Die
eingesetzte VARIMAX-Rotation, welche auf rein mathematischer Basis arbeitet,
liefert ein Bild der tatsächlichen Verteilung der Hauptkomponenten in den XANES-
Spektren von Mischungen. In diesem Beispiel wurde außerdem gezeigt, daß die
Konzentrationen der Oxidationszustände des Uran in den U(IV,VI)-Mischungen und
die Spektren der reinen Oxidationszustände mit Hilfe des iterativen Targettests auch
bestimmt können, wenn die Spektren der reinen Oxidationszustände in der Meßserie
nicht vorhanden sind.
Die Anwendung des Algorithmus der Faktorenanalyse auf EXAFS-Spektren
Der verwendete Algorithmus der Faktorenanalyse zur quantitativen Analyse von
EXAFS-Spektren konnte anhand einer Untersuchung der in der Literatur
beschriebenen pH-Speziation von wassergelösten U(VI)-Komplexen der Essigsäure
validiert werden. In Abhängigkeit zum variierten physikochemischen Parameter (pH)
ändern sich die prozentualen Verhältnisse der im untersuchten pH-Intervall
vorliegenden Uranylazetat-Komplexe, wobei eine Variation in den EXAFS-Spektren
beobachtet wird. Es konnte gezeigt werden, daß nur zwei Faktoren erforderlich sind,
um die Varianz der Spektren vollständig beschreiben zu können. Die Faktoren des
Systems konnten identifiziert und isoliert werden. Koordinativ gebundenes Wasser
und die am U(VI) bidentat gebundene Essigsäure stellen die Hauptkomponenten des
U(VI)/Essigsäure-Systems dar. Mit Hilfe des iterativen Targettests wurden die
EXAFS-Spektren der Hauptkomponenten isoliert und mit Standardverfahren der
EXAFS-Strukturbestimmung untersucht. Es wurde gezeigt, daß alle im untersuchten
pH-Bereich existierenden Uranylazetat-Komplexe aus den Struktureinheiten der
beiden isolierten Hauptkomponenten zusammengesetzt sind. Somit konnte die
ermittelte Konzentrationsverteilung der Hauptkomponenten benutzt werden, um
Modellstrukturen für die im untersuchten pH-Intervall vorliegenden Uranylazetat-
Komplexe zu entwickeln.
168
Eine besondere Herausforderung war die Analyse der pH-abhängigen Kom-
plexierung für Komplexe von U(VI) mit Protocatechusäure (PCS). Protocatechusäure
entsteht als Degradationsprodukt bei dem hydrothermalen und bakteriellen Abbau
des zum Ausbau der Uranbergwerke verwendeten Holzes. Im pH-Intervall von
pH 4.03 bis pH 6.75 wurden EXAFS-Spektren von U(VI)/PCS-Mischungen definierter
Zusammensetzung aufgenommen. Es konnte gezeigt werden das die EXAFS-
Spektren von zwei Faktoren beeinflußt werden. Mit Hilfe des iterativen Targettests
wurde die Konzentrationsverteilung der beiden Hauptkomponenten als Funktion des
pH ermittelt. Die extrahierten statistisch verbesserten EXAFS-Spektren der beiden
Hauptkomponenten wurden mit Standardverfahren der EXAFS-Strukturbestimmung
untersucht. Es wurde festgestellt, daß bei pH 4.03 ein Uranylprotocatechuat-Komplex
vorliegt, in dem Moleküle der Protocatechusäure bidentat über die Sauerstoffatome
der Karboxylgruppe an U(VI) koordiniert sind. Bei pH 6.75 bildet sich ein Fünfring in
dem U(VI) an die beiden benachbarten phenolischen OH-Gruppen der Protocatechu-
säure koordiniert ist. Mit steigendem pH kommt es zu einer Verkürzung der
Bindungsabstände zwischen U(VI) und den in der äuqatorialen Ebene des Uran(VI)
angeordneten Sauerstoffatomen von 2.45 Å auf 2.36 Å. Die mit der Faktorenanalyse
ermittelte pH-Speziation der beiden Komplexe zeigt mit steigendem pH den
Übergang der bidentaten Koordination des U(VI) an die Karboxylgruppe zur
Koordination des U(VI) an die benachbarten phenolischen OH-Gruppen der
Protocatechusäure. Der Stabilitätsgewinn durch den Chelateffekt bewirkt, daß es
schon bei pH 6.75 zur Koordination des U(VI) an die benachbarten phenolischen
OH-Gruppen der Protocatechusäure kommt. Um die Stöchiometrie des bei pH 6.75
zu 100% vorliegenden Komplexes aufklären zu können, wurden UV-VIS Messungen
an Mischungen von U(VI) und Protocatechusäure durchgeführt. Dabei wurde die
U(VI)-Konzentration variiert. Der Algorithmus der Faktorenanalyse wurde auf die
UV-VIS Spektren angewendet. Es wurde festgestellt, daß im pH Intervall von pH 6.75
bis pH 11 ein 1:2 Uranylprotocatechuat-Komplex vorliegt. In diesem Komplex sind
zwei Protocatechusäure-Liganden über die benachbarten phenolischen OH-Gruppen
am U(VI) koordiniert - es kommt zur Bildung von zwei stabilen Fünfringen.
169
�����$XVEOLFN
Das in dieser Arbeit entwickelte und getestete Computerprogramm wird derzeit in der
Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Rossendorf (FZR) in ein anwender-
freundliches Programm zur quantitativen Analyse von Röntgenabsorptionsspektren,
Laserfluoreszenzspektren und UV-VIS Spektren übertragen und der Öffentlichkeit
zur Verfügung gestellt. Dieses Werkzeug zur explorativen Untersuchung von Daten
wird sich in ständiger Weiterentwicklung befinden. So werden spezielle Anpassungen
an die genannten spektroskopischen Verfahren erfolgen, wie zum Beispiel im Falle
der Röntgenabsorptionsspektroskopie eine neue Methode zur Energiekalibrierung
von Röntgenabsorptionsspektren entwickelt wurde.
Ein Schwerpunkt radioökologischer Forschungen ist die Untersuchung der
Wechselwirkung zwischen Aktiniden mit ihrer geochemischen Umgebung. Der
Oxidationszustand der Aktinide hat einen entscheidenden Einfluß auf das
Komplexierungsverhalten mit organischen und anorganischen Verbindungen und auf
die Löslichkeit der Aktinide. Einige der Aktinide können in Abhängigkeit zur
chemischen Zusammensetzung wäßriger Lösungen und in Abhängigkeit zum pH in
den Oxidationszuständen von +3 bis +6 auftreten [99]. Von besonderer Bedeutung
ist Plutonium, weil dessen Oxidationszustände +4, +5 und +6 in wäßrigen Lösungen
koexistieren können. Mit der Anwendung der Faktorenanalyse auf XANES-Spektren
wäßriger plutoniumhaltiger Lösungen wird es möglich sein, die Anteile des Plutonium
in seinen vorliegenden Oxidationszuständen quantitativ zu ermitteln.
Die Untersuchung der Wechselwirkung von Schwermetallen mit umweltrelevanten
Stoffen bedeutet zugleich eine Untersuchung an sehr komplexen Systemen.
Multifunktionelle komplexe organische Verbindungen wie zum Beispiel die in Böden
und Wässern vorkommenden Humin- und Fulvinsäuren sind Makromoleküle mit
aromatischen und aliphatischen Karboxyl- und Hydroxylgruppen [100, 101]. In
Abhängigkeit zu physikochemischen Bedingungen kann ein Schwermetall
gleichzeitig an verschiedene funktionelle Gruppen solcher organischen Liganden
koordiniert sein [99]. Spektroskopische Verfahren, deren Signal von den an der
Komplexierung beteiligten funktionellen Gruppen beeinflußt wird, werden zur
Bestimmung der Beiträge der funktionellen Gruppen an der Komplexierung von
170
Schwermetallen eingesetzt. Aufgrund von Überlagerungen der Signale der reinen
spektroskopischen Komponenten und die damit an Bedeutung gewinnende spektrale
Auflösung ist es oft nicht möglich aus einem einzelnen Spektrum direkt auf den Anteil
und die Art der vorliegenden Koordinationen des Metalles zu schließen. Durch eine
gezielte Veränderung der Anteile der an der Komplexierung teilnehmenden
funktionellen Gruppen, durch z.B. den pH-Wert, entstehen beispielsweise
multivariate Röntgenabsorptionsspektren aus denen mit Hilfe der Faktorenanalyse
die reinen spektroskopischen Komponenten isoliert werden können. Damit wird es
möglich sein die Anteile und die Strukturen der vorkommenden Koordinationen von
Schwermetallen an Humin- und Fulvinsäuren bestimmen zu können.
Das Ziel von Untersuchungen an komplexen physikalischen bzw. chemischen
Systemen innerhalb eines Forschungsschwerpunktes ist die Identifizierung,
Quantifizierung und die Charakterisierung der chemischen Spezies (Faktoren)
welche die im Interesse liegenden komplexen Phänomene verursachen. Meist
können diese Faktoren nur durch ihre Variation mit Hilfe spektroskopischer Methoden
gefunden werden. Die Anzahl dieser Faktoren ist bei den Untersuchungen innerhalb
eines Forschungsschwerpunktes begrenzt. Die spektroskopischen Daten einer
speziellen Meßmethode werden meist in Datenbanken zusammengefaßt. Das
bedeutet, daß die notwendigen Faktoren mit Anwendung der Faktorenanalyse auf
kompletten Datenbanken der speziellen spektroskopischen Verfahren ermittelt
werden können. Damit ist es möglich, Referenzspektren spektroskopischer
Hauptkomponenten (Spektren reiner Spezies) mit einer enormen statistischen
Reinheit isolieren zu können. So könnten beispielsweise Röntgenabsorptions-
spektren von Mischungen, welche aus Anteilen der identifizierten Faktoren bestehen,
statistisch verbessert und quantitativ analysiert werden.
Das in dieser Arbeit verwendete Verfahren zur Bestimmung des statistischen Fehlers
von Spektren beruht auf einem impliziden mathematischen Algorithmus. Es ist bisher
noch nicht bekannt warum dieser in Abschnitt 3.3. dargestellte Algorithmus für
verschiedene differenzierbare Funktionen, welchen ein gleiches zufälliges Rauschen
bekannter Standardabweichung addiert wurde für die Funktionen exakt gleiche, zur
Standardabweichung proportionale Werte liefert. Das theoretische Verständnis des in
dieser Arbeit vorgestellten neuartigen Algorithmus wird aufgrund seines enormen
171
Nutzens in Zukunft verbessert werden. Der Algorithmus könnte auch zur Bestimmung
von Oberflächenrauhigkeiten eingesetzt werden. Eine Erweiterung des Algorithmus
auf den dreidimensionalen Raum ist deshalb sinnvoll und wird zur Zeit durchgeführt.
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182
weiss
183
'DQNVDJXQJ
Mein besonderer Dank gilt meinen Betreuern Herrn Dr. T. Reich und
Herrn Prof. Th. Fanghänel, für die stets engagierte Unterstützung bei der
Verwirklichung dieser Arbeit. Herrn Dr. T. Reich danke ich für den gewährten großen
Freiraum und für die hilfreichen fachlichen Diskussionen die wesentlich zum
Gelingen dieser Arbeit beitrugen. Außerdem danke ich Herrn Prof. G. Bernhard für
seine weitsichtigen Hinweise, die den Rahmen und das Thema dieser Arbeit stark
beeinflußten. Herrn Prof. H. Nitsche danke ich für die fachlichen Ratschläge und für
sein großes Interesse am bearbeiteten Thema.
Zu großem Dank verpflichtet bin ich Herrn Dr. L. Baraniak, der viel zur Motivation der
Untersuchungen beigetragen hat und mir wertvolle Hinweise zu koordinations-
chemischen Betrachtungen gab.
Ein herzlicher Dank gilt Frau H. Neubert und Frau G. Grambole für die Präparation
der Proben des Uran/Essigsäure- und Uran/Protocatechusäure- Systems zur
EXAFS-Messung an der ESRF.
Frau M. Rutsch möchte ich hiermit besonders für die Überlassung der von ihr
gemessenen UV-VIS Spektren des Uran/Protocatechusäure- Systems und für die
fruchtbringenden Diskussionen danken. Die Analyse der Spektren, der von
Frau M. Rutsch im Rahmen ihrer Dissertationsarbeit präparierten Proben, halfen
wesentlich bei der koordinationschemischen Interpretation des untersuchten
Systems.
Für die Präparation der Uran(IV,VI)-Mischungen zu den XANES-Untersuchungen
möchte ich mich herzlich bei Frau B. Mack bedanken.
Herrn Dr. C. Hennig möchte ich für die stets gewährte Hilfe bei den EXAFS-
Messungen und für die wertvollen fachlichen Hinweise danken.
Ich danke herzlich Frau Dr. M. A. Denecke für die Unterstützung bei meiner Ein-
arbeitung in die EXAFS-Spektroskopie.
184
Mein Dank gilt außerdem Herrn Dr. S. R. Wasserman (Advanced Photon Source,
USA) für die Überprüfung eines ersten Tests der in dieser Arbeit verwendeten
Eigenanalyse und den zahlreichen fachlichen Diskussionen.
An dieser Stelle möchte ich dem gesamten ROBL-Team, insbesondere
Herrn U. Strauch, für die technische und fachliche Unterstützung danken. Die Arbeit
wäre ohne diese Unterstützung nicht durchführbar gewesen. Dem ehemaligen
Projektleiter von ROBL, Herrn Dr. W. Matz, danke ich für die Unterstützung unserer
Arbeitsgruppe und für die wertvollen fachlichen Ratschläge.
Ich möchte meiner lieben Frau, Sybille Roßberg, für ihren Beistand und für ihr
Verständnis danken. Ohne Gottes Hilfe und die Kompromißbereitschaft meiner
Familie wäre die Arbeit in Grenoble in dieser Form nicht möglich gewesen. Meinen
Eltern danke ich für die Anteilnahme am Gelingen dieser Arbeit.
185
9HUVLFKHUXQJ
Hiermit versichere ich, daß ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter
und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die
aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher weder im Inland noch im Ausland in
gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Grenoble, den 30. September 2001
(UNOlUXQJ
Die vorliegende Arbeit wurde am Institut für Radiochemie des Forschungszentrums
Rossendorf unter der Betreuung von Herrn Prof. Th. Fanghänel und Herrn Dr. T.
Reich angefertigt.
Es haben bisher keine weiteren Promotionsverfahren stattgefunden.
Ich erkenne die Promotionsordnung der Fakultät für Mathematik und
Naturwissenschaften der Technischen Universität Dresden vom 20. März 2000 an.
Grenoble, den 30. September 2001
weiss
186
187
7KHVHQ
Ein spezieller Algorithmus zur Faktorenanalyse (FA) von XANES- und EXAFS-Spektren
wurde an bekannten chemischen Systemen getestet und zur Untersuchung der Speziation von
Uran in Lösungen verwendet.
0HWKRGLVFKH�$VSHNWH
� Der FA-Algorithmus kann auf XANES- und EXAFS-Spektren einer Meßserie von
Mischungen angewendet werden. Er beinhaltet drei Schritte:
1. Eigenanalyse
2. VARIMAX-Rotation
3. Iterativer Targettest mit Konzentrationstestvektoren
� Zur Aufbereitung des Datenmaterials für die FA ermöglicht eine neuartige Methode die
Energiekalibrierung von Röntgenabsorptionsspektren einer Meßserie auf eine einheitliche
relative Energieachse auf Basis der Eigenanalyse. Die Messung einer Metallfolie als
Energiereferenz ist dabei nicht erforderlich.
� Die Eigenanalyse ist auf XANES- und EXAFS-Spektren einer Meßserie von Mischungen
anwendbar, da sich die Spektren der Mischungen summarisch aus den Anteilen der linear
unabhängigen Spektren der spektralen Komponenten (Faktoren) zusammensetzen. Das
Ergebnis der Eigenanalyse sind die Eigenvektoren bzw. die „abstrakten“ Spektren und
„abstrakten“ Konzentrationsprofile der Faktoren, die eine abstrakte Reproduktion der
experimentellen Spektren ermöglichen.
� Nur die primären Faktoren verursachen die Variation der Spektren einer Meßserie. Die
sekundären Faktoren beinhalten nur den experimentellen Fehler (z.B. Rauschen) und
können bei der abstrakten Reproduktion der experimentellen Spektren vernachlässigt
werden. Zur Bestimmung der Anzahl primärer Faktoren kann eine neue Methode zur
Analyse des experimentellen Fehlers von Spektren eingesetzt werden.
188
� Die VARIMAX-Rotation ergibt, unter Verwendung der „abstrakten“ Konzentrations-
verteilung, eine physikalisch interpretierbare, qualitative Konzentrationsverteilung der
Faktoren in den Röntgenabsorptionsspektren der Mischungen.
� Das Ergebnis der VARIMAX-Rotation kann benutzt werden, um Konzentrations-
testvektoren für den iterativen Targettest zu entwickeln, der eine nichtorthogonale
Rotation der Eigenvektoren in physikalisch interpretierbare XANES- oder EXAFS-
Spektren und Konzentrationsprofile der Faktoren zuläßt.
� Der iterative Targettest mit Konzentrationstestvektoren ermöglicht, unter speziellen
Bedingungen, als einzige Methode der FA die direkte Bestimmung der Spektren und der
Konzentrationsverteilung der reinen chemischen Spezies, ohne daß diese in den
Mischungen in reiner Form vorkommen müssen.
� Die aus den Spektren einer Meßserie isolierten XANES- und EXAFS-Spektren der
Faktoren können mit Hilfe konventioneller Verfahren analysiert werden.
� Die Faktoren die eine Variation der XANES-Spektren einer Meßserie verursachen sind
vorrangig die XANES-Spektren der reinen Oxidationszustände des Metalles. Die Faktoren
die eine Variation der EXAFS-Spektren einer Meßserie verursachen sind die
Strukturfragmente der atomaren Nahordnung des Metallions.
� Die Anwendung der FA auf XANES-Spektren von Mischungen eines Metalles in
verschiedenen Oxidationszuständen ermöglicht die Bestimmung der relativen
Konzentrationen des Metalles in den verschiedenen Oxidationszuständen für alle
Mischungen der Meßserie.
� Erstmalig gelingt eine direkte Bestimmung der pH-Speziation von Metallkomplexen im
wäßrigen Medium auf Basis ihrer strukturellen Eigenschaften. Mit Hilfe der FA können
die EXAFS-Spektren der reinen Metallkomplexe und deren Konzentrationen in den
Mischungen der Meßserie bestimmt werden.
189
$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�;$1(6�6SHNWUHQ
� Die mit Hilfe der FA und der Methode der Linearkombination ermittelten relativen
As(III)- und As(V)- Konzentrationen für wäßrige As(III,V)-Mischungen zeigen
Übereinstimmung.
� Die Untersuchung der Reduktion von Uran(VI) durch Bakterien zeigt, daß bei der
Ermittlung der relativen U(IV)- bzw. U(VI)-Konzentrationen in den Bakterienproben mit
Hilfe einer Kalibrierserie von wäßrigen U(IV,VI)-Mischungen bekannter Zusammen-
setzung nicht nur der Oxidationszustand sondern auch die atomare Nahordnung des Urans
in den beiden Oxidationszuständen berücksichtigt werden muß.
� Wenn eine Bestimmung der relativen Konzentrationen eines Metalles in verschiedenen
Oxidationszuständen durchgeführt wird, müssen die den Oxidationszuständen
zugeordneten atomaren Nahordnungen des Metalles in den Proben unbekannter
Zusammensetzung und in den Proben der Kalibrierserie zueinander äquivalent sein.
� Röntgenabsorptionspektren werden in dem für XANES-Spektren typischen
Energiebereich nicht nur von dem elektronischen Zustand sondern auch signifikant von
der Struktur der atomaren Nahordnung des Absorberatomes geprägt. Dies muß bei der
Bestimmung der relativen Konzentrationen eines Metalles in verschiedenen
Oxidationszuständen berücksichtigt werden.
� Die relativen U(IV)- und U(VI)-Konzentrationen coulometrisch präparierter wäßriger
Lösungen einer Kalibrierserie von U(IV,VI)-Mischungen können mit der Anwendung der
FA mit einer Genauigkeit von ca. 2% reproduziert werden. Die Coulometrie ermöglicht
die Präparation von Kalibrierserien, die eine genaue Bestimmung der relativen
Konzentrationen eines Metalls in verschiedenen Oxidationszuständen zuläßt.
190
$QZHQGXQJ�GHU�)DNWRUHQDQDO\VH�DXI�(;$)6�6SHNWUHQ
� Die Anwendung der FA auf EXAFS-Spektren einer pH-Serie von wäßrigen Lösungen von
U(VI) mit Essigsäure bringt erstmalig den Beweis, daß der im Intervall von pH 0.1 bis pH
4.48 vorliegende 1:1, 1:2 und 1:3 Uranylazetatkomplex aus gleichen Strukturfragmenten
zusammengesetzt ist. Die Strukturfragmente, welche die Variation in den EXAFS-
Spektren verursachen, sind die am Uranylion bidentat koordinierte Karboxylgruppe und
ein koordiniertes Wassermolekül.
� Die radialen Bindungsabstände zwischen dem Uranylion und den in der äquatorialen
Ebene des Uranylions koordinierten Sauerstoffatome der bidentat gebundenen
Karboxylgruppe betragen 2.47 Å. Der radiale Abstand zwischen dem Uranylion und dem
Kohlenstoffatom der Karboxylgruppe beträgt 2.87 Å. Der radiale Abstand zwischen dem
Uranylion und dem Sauerstoffatom des Wassermoleküles beträgt 2.41 Å.
� Mit Hilfe des iterativen Targettests kann die Anzahl der am Uranylion koordinierten
Karboxylgruppen und Wassermoleküle in Abhängigkeit zum pH präzise ermittelt werden.
� Wenn Mischungen von Metallkomplexen vorliegen können die Koordinationszahlen der
am Metallion koordinierten Atome für die jeweiligen Metallkomplexe mit Hilfe des
iterativen Targettests wesentlich genauer bestimmt werden als mittels konventioneller
Verfahren, welche nur die Analyse einzelner EXAFS-Spektren zulassen.
� Mit der Anwendung der FA auf EXAFS-Spektren einer pH-Serie von wäßrigen Lösungen
von U(VI) mit Protocatechusäure gelang erstmalig die direkte Bestimmung der pH-
Speziation von Komplexen auf Basis ihrer strukturellen Eigenschaften.
� Im Intervall von pH 4 bis pH 11 kommen zwei Uranylprotocatechuat-Komplexe vor. Der
Übergang der bidentaten Koordination der Karboxylgruppe am Uranylion zur
Koordination der benachbarten phenolischen OH-Gruppen am Uranylion vollzieht sich im
Intervall von pH 4 bis pH 7.
� Die EXAFS-Strukturparameter des bei pH 4 zu 100% vorliegenden Komplexes stimmen
mit den Strukturparametern des 1:3 Uranylazetatkomplexes überein.
� Die Anwendung der FA auf UV-VIS Spektren zeigt, daß zwischen pH 7 und pH 11 zwei
Protocatechusäuremoleküle am U(VI) gebunden sind.
191
� Die Analyse des mit Hilfe der FA isolierten EXAFS-Spektrums des reinen 1:2 Komplexes
zeigt, daß zwischen pH 7 und pH 11 die zwei Protocatechusäuremoleküle jeweils in Form
eines Fünfringes über die benachbarten phenolischen OH-Gruppen am Uranylion
koordiniert sind.
� Der radiale Bindungsabstand zwischen dem Uranylion und den in der äquatorialen Ebene
koordinierten phenolischen OH-Gruppen der Protocatechusäre beträgt jeweils 2.36 Å.