Masterarbeit
Die Notwendigkeit einer Implementierung des
BRASS-Index als Teil des Entlassungsmanagements
eingereicht von
Hanna Gallaun, BSc.
Mat.Nr.: 9812292
zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Science
(MSc.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Pflegewissenschaft
unter der Anleitung von
Univ. Prof. Dr. Reinhard Ammer, MA, MBA, DBA, 1. Betreuer
Mag. Dr. Monika Hoffberger, 2. Betreuerin
Graz, im Feber 2010
ii
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die
den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, im Feber 2010 Hanna Gallaun, BSc.
iii
Vorwort
Die Entscheidung, diese Masterarbeit über die Notwendigkeit der Implementierung des
BRASS-Index als Teil des Entlassungsmanagements zu verfassen, wurde deshalb ge-
troffen, weil der Übergang vom stationären Aufenthalt zur poststationären Betreuung in
Österreich, wie auch in vielen anderen Ländern, eine Vielzahl von Problemen beinhaltet
und dieser Übergang nicht immer ausreichend geplant ist. Die pflegerische Entlassungs-
planung gewinnt immer mehr an Bedeutung, denn nur wenn die Entlassung durch die
Pflegenden gründlich vorbereitet wurde und sowohl die Patientin bzw. der Patient als
auch die Angehörigen für die poststationäre Versorgung geschult und informiert wurden,
ist es möglich, die Qualität der Versorgung auch weiterhin zu gewährleisten und Wieder-
einweisungen in das Krankenhaus zu vermeiden.
Um die an den Krankenhausaufenthalt anschließende poststationäre Phase zu bewältigen
wird folglich ein gezieltes und professionelles Entlassungsmanagement, das die Versor-
gungskette nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf adäquate und professionelle
Weise sicherstellt, benötigt. Für ein gelungenes Entlassungsmanagement bedarf es
außerdem eines allen wissenschaftlichen Gütekriterien entsprechenden
Assessmentinstruments. In der vorliegenden Arbeit wird der von Ann Blaylock und
Carolyn L. Cason entwickelte BRASS-Index, der in vielen österreichischen Kranken-
häusern im Einsatz ist, um den poststationären Versorgungsbedarf einzuschätzen und
somit ein gezieltes Entlassungsmanagement zu gewährleisten, auf seine Notwendigkeit
hin untersucht.
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich zum überwiegenden Teil mit den Themen
Entlassungsmanagement und Assessmentinstrumenten, insbesondere mit dem
Assessmentinstrument BRASS-Index, und geht der Frage nach, ob das Einschätzungs-
instrument BRASS-Index geeignet ist, um bei Patientinnen und Patienten jene heraus-
zufiltern, welche ein umfassendes Entlassungsmanagement benötigen. Um die Frage zu
beantworten, ob der BRASS-Index ein sinnvolles Instrument für die Entlassungsplanung
ist und wie Pflegende den BRASS-Index wahrnehmen, wurde ein Fragebogen entwickelt.
Dieser Fragebogen wurde im Anschluss von Pflegenden ausgefüllt, die den BRASS-Index
bereits im Pflegealltag anwenden, um den poststätionären Versorgungsbedarf einer
Patientin bzw. eines Patienten zu ermitteln.
iv
Danksagungen
Zum Gelingen dieser Arbeit haben viele Personen beigetragen, einige von ihnen möchte
ich an dieser Stelle besonders erwähnen.
Diese Masterarbeit wurde an der Medizinischen Universität Graz unter der Anleitung von
Herrn Univ.Prof. Dr. Reinhard Ammer und Frau Mag. Dr. Monika Hoffberger erstellt. Aus
diesem Grund möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich für ihre engagierte Unter-
stützung während des Verfassens meiner Masterarbeit bedanken. Danke für ihre aufop-
fernde Betreuung und die Zeit, die sie sich für mich genommen haben.
Des Weiteren gebührt mein Dank Herrn Mag. Pichler und Herrn Oberpfleger Glawogger,
MSc., die mir bei der Fragebogenerstellung eine große Hilfe waren und mir ihr Wissen
über den BRASS-Index zur Verfügung stellten.
Ein besonderer Dank gebührt natürlich auch der großen Anzahl an Pflegenden, die mei-
nen Fragebogen zum BRASS-Index ausgefüllt haben. Sie haben mir nicht nur ihre Zeit
geschenkt, sondern mir durch ihre Mithilfe auch ihre Sichtweise zum BRASS-Index dar-
gelegt.
v
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung ................................................................................................... ii
Vorwort ............................................................................................................................. iii
Danksagungen.................................................................................................................. iv
Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. v
Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................... vii
Grafikverzeichnis ............................................................................................................ viii
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... ix
Zusammenfassung ........................................................................................................... xi
Abstract .......................................................................................................................... xiii
1 EINLEITUNG ............................................................................................................14
1.1 PROBLEMSTELLUNG UND RELEVANZ DES THEMAS .................................................14 1.2 FRAGESTELLUNG UND METHODIK .........................................................................15 1.3 AUFBAU DER MASTERARBEIT ................................................................................15
2 ALLGEMEINE ENTWICKLUNGEN UND RAHMENBEDINGUNGEN IM ÖSTERREICHISCHEN GESUNDHEITSWESEN .....................................................18
2.1 GESELLSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG ....................................................................18 2.1.1 Altersstruktur der Bevölkerung ....................................................................18 2.1.2 Gesellschaftliche Veränderungen bei Haushaltsformen und
Familienstrukturen .....................................................................................20 2.1.3 Rolle der Frau als pflegende Angehörige ....................................................21 2.1.4 Stationäre Aufnahmen, durchschnittliche Aufenthaltsdauer und
Entlassungen .............................................................................................22 2.2 GESUNDHEITSPOLITISCHE ASPEKTE......................................................................23
2.2.1 Finanzierung und Ausgaben des österreichischen Gesundheitssystems ....23 2.2.2 Modell der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) .........24
3 ENTLASSUNGSMANAGEMENT .............................................................................26
3.1 BEGRIFFSVERSTÄNDNIS PFLEGERISCHE ENTLASSUNGSPLANUNG UND
ENTLASSUNGSPROZESS .......................................................................................26 3.2 ZIEL DES ENTLASSUNGSMANAGEMENTS ................................................................27 3.3 ZIELGRUPPEN DES ENTLASSUNGSMANAGEMENTS ..................................................29 3.4 KERNAUFGABEN DES ENTLASSUNGSMANAGEMENTS UND BETEILIGTE IM
MULTIDISZIPLINÄREN ENTLASSUNGSPROZESS ........................................................32
4 EXPERTENSTANDARDS IN DER PFLEGE ............................................................34
4.1 BEGRIFFSVERSTÄNDNIS EXPERTENSTANDARD UND GRÜNDE FÜR DEN EINSATZ VON
EXPERTENSTANDARDS .........................................................................................34 4.1.1 Methodisches Vorgehen zur Entwicklung und Implementierung von
Expertenstandards .....................................................................................35 4.1.2 Nutzen und Schwierigkeiten bei der Anwendung von Expertenstandards ...36
4.2 DER EXPERTENSTANDARD „ENTLASSUNGSMANAGEMENT IN DER PFLEGE“ ..............37
vi
4.2.1 Methodisches Vorgehen zur Entwicklung und Implementierung des Expertenstandards „Entlassungsmanagement in der Pflege“ .....................37
4.2.2 Inhalt und Aufbau des Expertenstandards „Entlassungsmanagement in der Pflege“ .......................................................................................................38
4.2.3 Vier Phasen des Entlassungsprozesses gemäß des Expertenstandards „Entlassungsmanagement in Pflege“ ..........................................................39
5 ASSESSMENT ALS TEIL DES EXPERTENSTANDARDS ......................................43
5.1 BEGRIFFSVERSTÄNDNIS UND GRÜNDE FÜR DEN GEGENWÄRTIGEN TREND BEI
ASSESSMENTINSTRUMENTEN................................................................................43 5.2 STANDARDISIERTE ASSESSMENTINSTRUMENTE .....................................................44
5.2.1 Nutzen von standardisierten Assessmentinstrumenten ...............................45 5.2.2 Grenzen von standardisierten Assessmentinstrumenten ............................46 5.2.3 Anforderungen an standardisierte Assessmentinstrumente aus
wissenschaftlicher Sicht .............................................................................47
6 BLAYLOCK-RISK-ASSESSMENT-SCREENING-SCORE (BRASS-INDEX) ...........50
6.1 ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES BRASS-INDEX ....................................................50 6.2 BESCHREIBUNG DES BRASS-INDEX .....................................................................50 6.3 GÜTEKRITERIEN DES BRASS-INDEX .....................................................................51 6.4 GRÜNDE FÜR DEN EINSATZ DES BRASS-INDEX .....................................................53
7 BEFRAGUNG VON PFLEGENDEN .........................................................................55
7.1 FRAGEBOGENENTWICKLUNG ................................................................................55 7.2 PRETEST .............................................................................................................55 7.3 DATENERHEBUNG ................................................................................................56
8 ERGEBNISSE DES FRAGEBOGENS .....................................................................57
8.1 TEIL 1: ANGABEN ZUR PERSON UND ZUM TÄTIGKEITSBEREICH ................................57 8.2 TEIL 2: FRAGEN ZUR EINFÜHRUNG DES BRASS-INDEX ..........................................59 8.3 TEIL 3: AUSSAGEN ZUM BRASS-INDEX .................................................................62 8.4 TEIL 4: FRAGEN ZUR ERHEBUNG DES BRASS-INDEX .............................................66 8.5 TEIL 5: FRAGEN ZU DEN VOR- UND NACHTEILEN DES BRASS-INDEX .......................72 8.6 BEZIEHUNGEN ZWISCHEN EINZELNEN FRAGESTELLUNGEN ......................................76
9 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND SCHLUSSBEMERKUNGEN .............80
10 LITERATURVERZEICHNIS......................................................................................85
11 ANHANG ..................................................................................................................89
vii
Abkürzungsverzeichnis
a. a. O. am angeführten Ort
BRASS Blaylock-Risk-Assessment-Screening-Score
bzw. beziehungsweise
DNQP Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege
et al. und andere
€ Euro
f. folgende
ff. fortfolgende
GuKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
LDF Leistungsorientierte Diagnose-Fallgruppe
LKF Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung
LKH Landeskrankenhaus
Mio. Million
Mrd. Milliarde
S. Seite
vgl. vergleiche
z. B. zum Beispiel
viii
Grafikverzeichnis
Grafik 1: Geschlecht ......................................................................................................57
Grafik 2: Alter .................................................................................................................57
Grafik 3: Funktion ..........................................................................................................58
Grafik 4: Einsatzbereich .................................................................................................58
Grafik 5: Berufsdauer .....................................................................................................59
Grafik 6: Einführungsphase ............................................................................................59
Grafik 7: Probleme in der Einführungsphase ..................................................................60
Grafik 8: Einschulung .....................................................................................................60
Grafik 9: Weitere Schulungen bzw. Fortbildungen .........................................................61
Grafik 10: Ausfüllen ohne Schulung .................................................................................61
Grafik 11: Leiterin bzw. Leiter der Einführungsphase .......................................................62
Grafik 12: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar .....................................................................62
Grafik 13: Einfacher und verständlicher Aufbau ...............................................................63
Grafik 14: Schnellerer Überblick über die Entlassungssituation .......................................64
Grafik 15: Geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein
Entlassungsmanagement benötigen................................................................65
Grafik 16: Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index ..................................................66
Grafik 17: Zusätzlicher Zeitaufwand .................................................................................66
Grafik 18: Weiteres Feld für zusätzliche Bemerkungen ....................................................67
Grafik 19: Alle 10 Bereiche beurteilbar .............................................................................68
Grafik 20: Schwierigkeiten bei der Beurteilung .................................................................68
Grafik 21: Bereiche, wo Schwierigkeiten auftreten ...........................................................69
Grafik 22: Gründe für Schwierigkeiten .............................................................................70
Grafik 23: Dieselbe Pflegeperson erhebt Anamnese und BRASS-Index ..........................70
Grafik 24: Personen, die zur Entlassungsplanung hinzugezogen werden ........................71
Grafik 25: Weiterer Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennbar .....................72
Grafik 26: Vorteile bzw. Nutzen des BRASS-Index ..........................................................72
Grafik 27: Nachteile des BRASS-Index ............................................................................73
Grafik 28: Verbesserungen am BRASS-Index notwendig ...............................................74
Grafik 29: Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement ........................................75
ix
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Geschlecht ....................................................................................................57
Tabelle 2: Alter ...............................................................................................................57
Tabelle 3: Funktion ........................................................................................................58
Tabelle 4: Einsatzbereich ...............................................................................................58
Tabelle 5: Berufdauer ....................................................................................................59
Tabelle 6: Einführungsphase .........................................................................................59
Tabelle 7: Probleme in der Einführungsphase................................................................60
Tabelle 8: Einschulung ...................................................................................................60
Tabelle 9: Weitere Schulungen bzw. Fortbildungen .......................................................61
Tabelle 10: Ausfüllen ohne Schulung ...............................................................................61
Tabelle 11: Leiterin bzw. Leiter der Einführungsphase .....................................................62
Tabelle 12: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar ...................................................................62
Tabelle 13: Einfacher und verständlicher Aufbau .............................................................63
Tabelle 14: Schnellerer Überblick über die Entlassungssituation .....................................64
Tabelle 15: Geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein
Entlassungsmanagement benötigen .............................................................65
Tabelle 16: Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index ................................................66
Tabelle 17: Zusätzlicher Zeitaufwand ...............................................................................66
Tabelle 18: Weiteres Feld für zusätzliche Bemerkungen ..................................................67
Tabelle 19: Alle 10 Bereiche beurteilbar...........................................................................68
Tabelle 20: Schwierigkeiten bei der Beurteilung ...............................................................68
Tabelle 21: Bereiche, wo Schwierigkeiten auftreten .........................................................69
Tabelle 22: Gründe für Schwierigkeiten ...........................................................................70
Tabelle 23: Dieselbe Pflegeperson erhebt Anamnese und BRASS-Index ........................70
Tabelle 24: Personen, die zur Entlassungsplanung hingezogen werden ..........................71
Tabelle 25: Weiterer Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennbar ..................72
Tabelle 26: Vorteile bzw. Nutzen des BRASS-Index ........................................................72
Tabelle 27: Nachteile des BRASS-Index ..........................................................................73
Tabelle 28: Verbesserungen am BRASS-Index notwendig ..............................................74
Tabelle 29: Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement .....................................73
Tabelle 30: Funktion – Zusätzlicher Zeitaufwand ............................................................73
Tabelle 31: Einsatzbereich – Alle 10 Bereiche beurteilbar ..............................................73
Tabelle 32: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar – Alle 10 Bereiche beurteilbar ....................73
x
Tabelle 33: Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation – Sensibler für
den Bereich Entlassungsmanagement ………………………………….…….77
Tabelle 34: Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation – Weiteren
Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennen ……………………..78
Tabelle 35: Berufsdauer – Weiteren Betreuungsbedarf auch ohne
BRASS-Index erkennen ……………..………....………………………….……78
xi
Zusammenfassung
Die vorliegende Masterarbeit behandelt die Notwendigkeit der Implementierung des
BRASS-Index als Teil des Entlassungsmanagements und geht der Frage nach, ob der
BRASS-Index geeignet ist, um bei Patientinnen und Patienten jene herauszufiltern, wel-
che ein Entlassungsmanagement benötigen. Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt
dieser Masterarbeit auf den Themen Entlassungsmanagement und Assessment-
instrumenten. Insbesondere wird der von Ann Blaylock und Carolyn L. Cason entwickelte,
aus zehn Items bestehende BRASS-Index, der in österreichischen Krankenhäusern im
Einsatz ist, um den poststationären Versorgungsbedarf einzuschätzen, näher erläutert.
Ein gut funktionierendes und ressourcenorientiertes Entlassungsmanagement verhindert
bei Patientinnen und Patienten den bekannten "Drehtüreffekt". Daher gilt es jene Instru-
mente zu definieren, welche unbedingt notwendig sind, um den Entlassungsprozess zu
optimieren. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Masterarbeit der BRASS-
Index auf die Notwendigkeit seines Einsatzes und auf seine Praxistauglichkeit hin über-
prüft.
Ziel des Entlassungsmanagements ist es, die Versorgungskette nach der Entlassung aus
dem Krankenhaus auf adäquate und professionelle Weise sicherzustellen. Zielgruppe des
hier behandelten Entlassungsmanagements sind alle Patientinnen und Patienten, die
einen umfassenden poststationären Betreuungs- und Versorgungsbedarf in thera-
peutischen, pflegerischen oder sozialen Belangen aufweisen. Um diesen Betreuungs- und
Versorgungsbedarf zu identifizieren, bedarf es geeigneter Assessmentinstrumente.
Assessmentinstrumente, die auch Teil des Expertenstandards „Entlassungsmanagement
in der Pflege“ sind, und mit deren Hilfe die Situation der Patientinnen und Patienten ein-
geschätzt wird, sind Grundlage einer evidenzbasierten und verantwortungsvollen Pflege-
praxis.
Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen im Gesundheitswesen
gewinnt das Thema Entlassungsmanagement immer mehr an Bedeutung. Die Sicher-
stellung der Versorgungskontinuität nach der Entlassung wird in der heutigen Pflegepraxis
immer bedeutsamer, da Patientinnen und Patienten aufgrund der verkürzten Verweildauer
manchmal mit noch bestehendem Pflege- und Versorgungsbedarf aus dem Krankenhaus
und somit in die kritische poststationäre Phase entlassen werden müssen.
xii
Die Fragestellung, die in dieser Masterarbeit beantwortet werden soll, lautet: Ist der
BRASS-Index geeignet, um bei Patientinnen und Patienten jene herauszufiltern, welche
ein Entlassungsmanagement benötigen? Um diese Frage zu beantworten, und um
herauszufinden, ob der BRASS-Index ein sinnvolles Instrument für die Entlassungs-
planung ist und wie Pflegende dieses Assessmentinstrument beurteilen, wurden neben
einer umfassenden Literaturrecherche auch Pflegende, die den BRASS-Index bereits im
Pflegealltag verwenden mittels Fragebogen befragt.
xiii
Abstract
The present master’s thesis examines the need for the implementation of the BRASS-
index as part of the discharge management and wants to answer the question whether the
BRASS-index is able to identify those female and male patients who are in need of
discharge management. For this reason the focus of this master’s thesis is on the topics
of discharge management and assessment instruments. Above all, the ten-item BRASS-
index developed by Ann Blaylock and Carolyn L. Cason, which is used in Austrian
hospitals to assess the need of post-discharge care, is described in more detail.
A well- functioning and resource-oriented discharge management system prevents the
well-known “revolving door effect” for female and male patients. For this reason it is vital
to define the instruments which are essential to optimize the discharge process. Thus, in
the present master’s thesis the necessity for and suitability of the BRASS-Index is
examined.
The aim of discharge management is it to guarantee the care chain after the female and
male patient’s discharge from hospital in an adequate and professional way. The
discharge management system discussed here is targeted at all female and male patients
in need of comprehensive post-stationary and post-treatment care in therapeutic, nursing
or social respects. To identify this need for suitable care assessment instruments are
required. Assessment instruments, which are also part of the expert standard “Discharge
management in the care” and are used in assessing the situation of female and male
patients, are fundamental to an evidence-based and responsible care practice.
Due to the social developments and changes in the health service the topic of discharge
management is gaining more and more significance. Ensuring the care continuity after the
patient’s discharge is becoming more and more important in today’s care practice,
because – due to the shortened period spent in hospital – sometimes female and male
patients still in need of nursing and care have to be discharged from hospital into a critical
post-stationary phase.
The question to be answered in this master’s thesis is: Is the BRASS-index suitable to
identify those female and male patients who are in need of discharge management? In
order to answer this question and to find out whether the BRASS-index is a meaningful
instrument for discharge planning and how caregivers judge this assessment instrument a
comprehensive literature search has been made and a survey has been conducted
among caregivers who already use the BRASS-index in the care practice.
14
1 Einleitung
In der vorliegenden Einleitung werden die Problemstellung und die Relevanz des hier
behandelten Themas beschrieben. Des Weiteren werden die Fragestellung dieser
Masterarbeit und die zur Beantwortung gewählten Methoden dargestellt und im Anschluss
der Aufbau der Masterarbeit kurz geschildert.
1.1 Problemstellung und Relevanz des Themas
Die Entlassung aus dem Krankenhaus stellt ein relevantes Thema in der Gesundheits-
versorgung dar, denn mit der Entlassung beginnt die kritische Phase der poststationären
Betreuung. Der Übergang in diese Phase bringt viele Probleme mit sich, daher sollte
diese poststationäre Phase für die Patientin bzw. den Patienten und die Angehörigen
optimal gestaltet werden. Aufgrund der Tatsache, dass in vielen Ländern eine Lücke zwi-
schen der stationären und poststationären Versorgung existiert, ist es von besonderer
Relevanz, über ein gut funktionierendes und ressourcenorientiertes Entlassungsmanage-
ment zu verfügen, um bei Patientinnen und Patienten den bekannten „Drehtüreffekt“ zu
verhindern. Daher gilt es jene Instrumente zu definieren, welche unbedingt notwendig
sind, um den Prozess der Entlassung zu optimieren.
In der heutigen Zeit ist der Pflegebedarf aufgrund des Strukturwandels in der Gesellschaft
und aufgrund von Veränderungen im Gesundheitswesen gestiegen. Einerseits bedingt
durch den demographischen Wandel, der sich durch Veränderungen im Aufbau der
Bevölkerungsstruktur und durch den überproportional steigenden Anteil älterer, oft pflege-
bedürftiger Menschen zeigt, andererseits bedingt durch Fortschritte in der Medizin.
Parallel dazu existiert das Problem, dass in der heutigen Zeit Frauen für die Laienpflege in
der Familie nach der Entlassung der Patientin bzw. des Patienten aus dem Krankenhaus
aufgrund ihrer Berufstätigkeit in geringerer Anzahl zu Verfügung stehen als dies noch vor
Jahrzehnten der Fall war. Somit nehmen die Herausforderungen in der Pflege und der
Betreuung aufgrund der demographischen und gesellschaftlichen Entwicklungen immer
mehr zu.
Aber auch die Finanzierungsproblematik, der Kostendruck und immer höhere Qualitäts-
anforderungen stellen in der heutigen Gesundheitsversorgung große Probleme dar, da die
finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen knapp sind. So zwingt beispielsweise
das LKF-System, das am 1. 1. 1997 in Kraft trat, die Krankenhäuser, den Krankenhaus-
aufenthalt wirtschaftlich und somit kostendeckend zu gestalten. Aber trotz der
15
Einsparungen soll die beste medizinische und pflegerische Versorgung der Patientinnen
und Patienten dennoch gewährleistet werden. Jedoch werden Patientinnen und Patienten
oft vor ihrer vollständigen Genesung entlassen.
Mit Hilfe des Assessmentinstruments BRASS-Index, das Teil des Entlassungsmanage-
ments ist, wird der poststationäre Betreuungsbedarf der Patientin bzw. des Patienten
schon bei der Aufnahme eingeschätzt. Somit kann sicher zwischen Patientinnen bzw.
Patienten unterschieden werden, die einen poststationären Versorgungsbedarf haben und
somit einen Bedarf für ein Entlassungsmanagement zeigen oder keinen entsprechenden
Bedarf aufweisen. Aufgrund der Ressourcenknappheit und aufgrund der Tatsache, dass
die Entlassung aus dem Krankenhaus ein zentrales Thema darstellt, ist es in der heutigen
Pflegepraxis wichtig, über ein gut funktionierendes Entlassungsmanagement zu verfügen.
1.2 Fragestellung und Methodik
Das Ziel dieser Masterarbeit besteht darin, die Notwendigkeit des Einsatzes des BRASS-
Index als Instrument des Entlassungsmanagements zu konkretisieren und heraus-
zufinden, ob der BRASS-Index geeignet ist, jene Patientinnen und Patienten heraus-
zufiltern, welche ein Entlassungsmanagement benötigen.
Die Fragestellung, die in dieser Masterarbeit beantwortet werden soll, lautet: Ist der
BRASS-Index geeignet, um bei Patientinnen und Patienten jene herauszufiltern, welche
ein Entlassungsmanagement benötigen?
Als Methode zur Beantwortung der Fragestellung wurden eine Literaturrecherche und
eine Befragung von Pflegepersonen gewählt. Für die Literaturrecherche wurde in diversen
Datenbanken, Pflegezeitschriften, in Bibliotheken und Buchhandlungen in Graz und im
Internet nach aussagekräftigen und aktuellen Daten für das vorliegende Thema recher-
chiert. Zusätzlich zu den Literaturquellen wurden Pflegende mittels Fragebogen zum
BRASS-Index befragt, um zu erfahren wie Pflegende dieses Assessmentinstrument in der
Pflegepraxis wahrnehmen. Der entwickelte Fragebogen befindet sich im Anhang dieser
Arbeit. Die vorliegende Arbeit gliedert sich somit in einen theoretischen und einen prak-
tischen Teil.
1.3 Aufbau der Masterarbeit
Nachdem in der Einleitung eine Hinführung zum hier behandelten Thema stattfand und
sowohl die Fragestellung dieser Masterarbeit als auch die Methodik zur Beantwortung der
16
Frage dargelegt wurden, folgt im Anschluss eine Disposition der weiteren Kapitel mit
jeweils kurzen Angaben zu deren Inhalten.
Das zweite Kapitel beschreibt die sich in den letzten Jahren stark veränderten gesell-
schaftlichen Entwicklungen und gesundheitspolitischen Aspekte in Österreich. Es wird
neben den Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung und den Veränderungen
bei den Haushalts- und Familienformen auch die Rolle der Frau als pflegende Angehörige
beschrieben. Des Weiteren wird auf die Zahl der stationären Aufenthalte, die durch-
schnittliche Aufenthaltsdauer und die Zahl der Entlassungen sowie auf die Finanzierung
und die Ausgaben des österreichischen Gesundheitssystems und auf das Modell der
leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) näher eingegangen.
Um die Relevanz des Themas Entlassungsmanagement zu beleuchten und um den
Bedarf eines strukturierten Entlassungsmanagements aufzuzeigen, werden im dritten
Kapitel die pflegerische Entlassungsplanung, aber auch das angestrebte Ergebnis, die
Zielgruppen und die Kernaufgaben des Entlassungsmanagements, aber auch die Betei-
ligten im multidisziplinären Entlassungsprozess näher erläutert.
Das vierte Kapitel der vorliegenden Masterarbeit widmet sich Expertenstandards und
besonders dem Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“, da dieses
evidenzbasierte Instrument dazu dient, die Qualität von Leistungen in der Pflege zu defi-
nieren, einzuführen und zu bewerten, um schließlich die Pflegequalität zu fördern.
Danach beschäftigt sich das fünfte Kapitel mit standardisierten Assessmentinstrumenten,
die dazu dienen die Situation von Patientinnen und Patienten einzuschätzen, um die
gewonnenen Informationen bei der Pflegeplanung zu berücksichtigen. Es werden neben
dem Begriffsverständnis und Gründen für den derzeitigen Trend bei
Assessmentinstrumenten sowohl der Nutzen als auch die Grenzen von standardisierten
Assessmentinstrumenten näher erläutert. Anschließend werden die aus wissenschaft-
licher Sicht verlangten Gütekriterien beleuchtet.
Darauf folgend wird im sechsten Kapitel das Assessmentinstrument BRASS-Index, seine
Entstehungsgeschichte und seine verlangten Gütekriterien ausführlich beschrieben.
Dieses aus zehn Items bestehende Assessmentinstrument für die Entlassungsplanung ist
sowohl reliabel als auch valide und zur Einschätzung des poststationären Versorgungs-
bedarfs geeignet. Zusätzlich werden Gründe für den Einsatz des BRASS-Index auf-
gezählt.
17
In Kapitel sieben folgt der praktische Teil der vorliegenden Arbeit. Es werden die Frage-
bogenentwicklung, der Pretest und die Befragung von Pflegenden, die den BRASS-Index
anwenden, beschrieben um schließlich mit Hilfe des Fragebogens herauszufinden, ob der
BRASS-Index geeignet ist, um bei Patientinnen und Patienten jene herauszufiltern,
welche ein Entlassungsmanagement benötigen und um des Weiteren herauszufinden, wie
Pflegende den Einsatz dieses Einschätzungsinstruments sehen.
Danach beschäftigt sich das achte Kapitel mit den Ergebnissen des Fragebogens
„BRASS-Index“. Es werden sowohl die Ergebnisse der einzelnen Teile des Fragebogens
beschrieben als auch bereichsübergreifende Ergebnisse dargestellt.
In dem darauf folgenden Kapitel neun erfolgen abschließend eine kapitelübergreifende
Zusammenfassung, Diskussion sowie Schlussbemerkungen.
Am Ende der hier vorliegenden Masterarbeit befindet sich der Fragebogen „BRASS-
Index“ mit dem Pflegende zum Assessmentinstrument BRASS-Index befragt wurden.
18
2 Allgemeine Entwicklungen und Rahmenbedingun-
gen im österreichischen Gesundheitswesen
Im folgenden Kapitel werden aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen in Österreich und
gesundheitspolitische Rahmenbedingungen im österreichischen Gesundheitswesen dar-
gestellt. Sowohl die veränderte Bevölkerungsstruktur, charakterisiert durch die steigende
Anzahl älterer, oft pflegebedürftiger Menschen, als auch die veränderte Familienstruktur
und die Tatsache, dass Frauen in der heutigen Gesellschaft aufgrund ihrer Berufstätigkeit
nicht mehr in vollem Umfang für die poststationäre Betreuung zur Verfügung stehen,
stellen Herausforderungen für die pflegerische Entlassungsplanung dar und werden in
diesem Kapitel näher beschrieben. Des Weiteren wird auf die Zahl der stationären
Aufenthalte, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, die Zahl der Entlassungen, aber auch
auf die Finanzierung und die Ausgaben des österreichischen Gesundheitssystems einge-
gangen. Abschließend wird das Modell der leistungsorientierten Krankenanstalten-
finanzierung (LKF), das der Abrechnung des tatsächlich erbrachten Leistungsgeschehens
dient, näher beleuchtet.
2.1 Gesellschaftliche Entwicklung
2.1.1 Altersstruktur der Bevölkerung
Um 1900 lebten in Österreich ziemlich genau 6 Mio. Menschen. Anfang 2008 stieg die
Bevölkerung Österreichs auf 8,3 Mio. an. Laut Prognose dürfte im Jahre 2050 die 9 Millio-
nen-Marke überschritten sein und 9,5 Mio. Erdenbürgerinnen und Erdenbürger in Öster-
reich leben. Österreich befindet sich im EU-Vergleich der Altersstruktur im Mittelfeld. Von
den 8,3 Mio. Personen, die 2008 in Österreich lebten, waren 1,3 Mio. (15,3 %) unter
15 Jahren. Die erwerbstätige Bevölkerung von 15 bis 64 Jahren machte 2008 5,6 Mio.
(67,5 %) aus. 1,4 Mio. (17,1 %) Bürgerinnen und Bürger waren 65 Jahre oder älter und
befanden sich somit im Pensionsalter. Diese Altersgruppe wird zukünftig zahlenmäßig
weiter drastisch ansteigen.1
Die Bevölkerung in unserem Land wird immer älter, da die Lebenserwartung in den ver-
gangenen Jahrzehnten stark angestiegen ist. 2007 lag die Lebenserwartung für Frauen
bei der Geburt bei 82,87 Jahren und für Männer bei 77,34 Jahren. Im EU-Vergleich befin-
det sich die Lebenserwartung sowohl für Männer als auch für Frauen im ersten Drittel.2
1 vgl. Statistik Austria (Hrsg.) (2008), S. 12 ff.
2 vgl. a. a. O., S. 100.
19
Ein Vergleich der Bevölkerung Österreichs zwischen 1900 und 2008 zeigt, dass die
Gruppe der Menschen unter 15 Jahren seit 1900 kleiner wurde, während die der Perso-
nen im Erwerbsalter von 15 bis 64 Jahren gewachsen ist. Bei den 65-jährigen und älteren
Menschen gab es seit 1900 einen drastischen Anstieg. Besonders ausgeprägt ist der
zahlenmäßige Anstieg bei Personen, die 75 Jahre oder älter sind.3
Die Änderungen im Altersaufbau der Bevölkerung bewirken, auf lange Sicht gesehen,
eine Verlagerung der Relationen zwischen den Generationen der österreichischen Bevöl-
kerung und führen folglich zu einer Änderung des Anteils von Erwerbstätigen und des
Anteils von Personen, die von der arbeitsfähigen Bevölkerung zu erhalten sind. Bevöl-
kerungsstatistiken belegen, dass immer mehr alte Menschen mit einer immer höheren
Lebenserwartung einer geringeren Zahl junger und somit erwerbstätiger Menschen
gegenüberstehen.
Aber nicht nur die Tatsache, dass in Österreich immer mehr ältere, oft pflegebedürftige
Menschen leben, sondern auch der Wandel im Krankheitsspektrum beinhaltet Probleme
für die Pflege insgesamt, aber auch für die Entlassungsplanung und die poststationäre
Betreuung. Veränderungen im Krankheitsspektrum, bedingt durch die demographischen
Entwicklungen sind vor allem durch die Zunahme von chronischen Erkrankungen, Multi-
morbidität und Altersdemenz charakterisiert und stellen große Herausforderungen für die
Pflege dar.4
Zur Bevölkerungszahl Österreichs kann gesagt werden, dass diese fast zur Gänze durch
Zuwanderung wächst, da die Bilanz aus Geburten und Sterbefällen beinahe ausgeglichen
ist. Von den 8,3 Mio. in Österreich Anfang 2008 lebenden Menschen waren 10,3 % aus-
ländische Staatsangehörige. 1981 lag die Ausländerzahl noch bei 3,8 % der Gesamt-
bevölkerung.5 Da die Zahl der Migrationen gestiegen ist und auch noch weiter steigen
wird, beeinflusst dies auch die Entlassungsplanung, da bei den in Österreich lebenden
ausländischen Staatsangehörigen bei der Entlassungsplanung ihre kulturellen und
sprachlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. Vor allem in der ersten Gene-
ration der Migranten fehlen deutsche Sprachkenntnisse und es besteht meist ein anderes
Verständnis von Gesundheit und Krankheit als in der hiesigen Bevölkerung. Weiters findet
3 vgl. Statistik Austria (2007), www.statistik.at, [Zugriff am 20.06.2009].
4 vgl. Gittler-Hebestreit, N. (2006), S. 12.
5 vgl. Statistik Austria (Hrsg.) (2008), S. 20.
20
man bei ausländischen Staatsangehörigen meist eine andere Einstellung zur Pflege von
Familienangehörigen. All dies muss bei der Entlassungsplanung berücksichtigt werden.6
2.1.2 Gesellschaftliche Veränderungen bei Haushaltsformen und Familien-
strukturen
Die in Österreich 2007 lebenden Erdenbürgerinnen und Erdenbürger wohnten in 3,53 Mio.
Privathaushalten mit unterschiedlichen Haushaltstypen. Nur ungefähr 100.000 Personen
lebten in Anstalten und Gemeinschaftsunterkünften, zum vorwiegenden Teil in
Pensionistenheimen. Unter den 3,5 Mio. Privathaushalten befanden sich 2007 1,2 Mio.
Einpersonenhaushalte. Diese allein lebenden Menschen, die 15 % der Gesamtbevöl-
kerung ausmachten, waren zum Großteil ältere Menschen, vor allem verwitwete Frauen
und nicht, wie oft vermutet, junge Singles.
Unter den Haushalten mit mehr als einer Person befanden sich 2007 2,31 Mio. Familien.
Zu den Familien zählen neben den verheiratet oder unverheiratet zusammenlebenden
Paaren sowohl jene mit Kindern als auch jene ohne Kinder sowie allein erziehende
Elternteile mit ihren Kindern. Von den 890.000 kinderlosen Paaren, die 2007 in unserem
Land lebten, waren der größere Teil ältere Paare, deren Kinder den gemeinsamen Haus-
halt bereits verlassen hatten und nur ein geringer Teil junge und noch kinderlose Paare.7
Nicht nur bei der Altersstruktur, sondern auch bei der Familienstruktur gab es seit 1961
Veränderungen. So ist die Zahl der Familien insgesamt von 1961 (1,85 Mio.) bis 2007
(2,31 Mio.) gestiegen, sowohl bei Familien mit Kindern als auch bei kinderlosen Familien.
Jedoch ist die Zahl der Familien mit vier oder mehr Kindern seit 1961 rückläufig. Während
die Anzahl der Ehepaare gesunken ist, ist die Zahl der Paare, die unverheiratet
zusammen leben, seit 1961 gestiegen. Einen sehr drastischen Anstieg verzeichnen auch
die Lebensgemeinschaften, deren Anzahl von 1971 bis 2001 um das Vierfache
gewachsen ist.8
Bezüglich der Einpersonenhaushalte innerhalb der Privathaushalte und der Haushalts-
größe kann gesagt werden, dass die Einpersonenhaushalte im Laufe der Jahre zahlen-
mäßig gestiegen sind, während die Haushaltsgröße ziffernmäßig gesunken ist.9
6 vgl. Dangel, B. (2004), S. 62 f.
7 vgl. Statistik Austria (Hrsg.) (2008), S. 22.
8 vgl. Statistik Austria (2009), www.statistik.at, [Zugriff am 20.06.2009].
9 vgl. a. a. O.
21
Für die poststationäre Phase nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und aufgrund
der Tatsache, dass viele Menschen mit zunehmendem Alter ihr tägliches Leben nicht
mehr selbständig bewältigen können, ist es wesentlich, dass trotz der Veränderungen bei
den Haushaltsformen bzw. Familienformen soziale Unterstützungsnetzwerke über die
Haushaltsgrenzen hinweg bestehen. Aufgrund der Modernisierung unserer Gesellschaft
haben sich die traditionellen sozialen Unterstützungsnetzwerke dahingehend verändert,
dass nicht nur Familienangehörige oder nahe Verwandte sondern auch nicht zur Familie
gehörende Personen Patientinnen und Patienten nach der Entlassung unterstützen und
pflegen, da der Anteil von z. B. Alleinstehenden, Verwitweten oder kinderlosen Ehepaaren
im höheren Alter kontinuierlich wächst.10
2.1.3 Rolle der Frau als pflegende Angehörige
Die steigende Quote von berufstätigen Frauen stellt ein weiteres Problem bei der post-
stationären Betreuung dar, da diesen Frauen aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit weniger Zeit
für Unterstützungsfunktionen der Patientin bzw. des Patienten nach der Entlassung zur
Verfügung steht. Die Tatsache, dass Frauen in der heutigen Zeit zahlenmäßig immer
häufiger im Berufsleben stehen, ist dadurch erkennbar, dass die Frauenarbeitsquote im
Haupterwerbsalter von 25 bis 49 Jahren im Jahre 2007 bei 78 % lag. In Österreich waren
2007 81,2 % der Frauen und nur 55,3 % der Männer im Dienstleistungssektor, zu dem
auch das von Frauen dominierte Gesundheitswesen zählt, beschäftigt.11
Die Funktion der Hauptpflegeperson wird in den meisten Fällen von einem nahen
Familienmitglied übernommen, wobei die wichtigsten Personen in der Pflegekonstellation
die (Ehe-) Partnerin bzw. der (Ehe-) Partner oder die Tochter ist. Drei Viertel aller pfle-
genden Angehörigen sind Frauen. Durch den zahlenmäßigen Anstieg der Frauen die im
Berufsleben stehen und aufgrund des Umstands, dass Frauen neben ihrer Erwerbs-
tätigkeit sich meist zusätzlich um die üblichen Familienangelegenheiten und um die
Kindererziehung kümmern, sind Frauen mit der Pflege von Patientinnen und Patienten
nach der Entlassung aus dem Krankenhaus in der heutigen Gesellschaft in größerem
Umfang belastet als Männer dies sind. Im Vergleich zur Betreuung von Kindern ist die
Pflege eines unterstützungsbedürftigen Erwachsenen unkalkulierbarer und nimmt im
Laufe der Zeit eher noch zu. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass Frauen, welche in
der poststationären Phase die Aufgaben einer pflegenden Angehörigen wahrnehmen,
selbst aufgrund der zusätzlichen Belastungen erkranken.12
10
vgl. Gittler-Hebestreit, N. (2006), S. 12 f. 11
vgl. Statistik Austria (Hrsg.) (2008), S. 42. 12
vgl. Dörpinghaus, S. et al. (2008), S. 139 ff.
22
2.1.4 Stationäre Aufnahmen, durchschnittliche Aufenthaltsdauer und
Entlassungen
Auch bei den stationären Aufnahmen, der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer und bei
den Entlassungen gab es in den letzen Jahren Veränderungen. Im Jahr 2006 wurden 96,2 %
der stationären Aufenthalte in 191 Akutkrankenhäusern und somit nur 3,8 % in den
weiteren Versorgungssektoren Langzeitversorgung, Rehabilitation und Kur versorgt.
Zahlenmäßig bedeutet dies, dass im Jahre 2006 2.583.544 stationäre Aufenthalte in
Akutkrankenhäusern und 102.976 stationäre Aufenthalte in den restlichen Versorgungs-
sektoren stattfanden.
Die Zahl der stationären Aufnahmen in Akutkrankenhäusern ist im Zeitraum von 1989
(1.666.864) bis 2006 (2.583.544) somit um 55 % gestiegen. Die Null-Tagesfälle, das sind
jene Fälle, die am Tag der stationären Aufnahme vor Mitternacht wieder aus dem Akut-
krankenhaus entlassen werden, haben sich seit 1989 sogar um das Fünffache gesteigert.
Dagegen hat die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 1989 (11 Tage) bis 2006
(6,9 Tage) kontinuierlich abgenommen. Dieser Trend ist auch bei der Eingrenzung der
stationären Aufenthalte mit einer Aufenthaltsdauer von einem Tag bis zu 28 Tagen
deutlich erkennbar. Diese hier dargestellten Zu- und Abnahmen gelten nicht nur für das
Akutkrankenhaus, sondern auch für alle anderen Versorgungssektoren.
Bei den Spitalsentlassungen von Patientinnen und Patienten mit österreichischem Wohn-
sitz aus Akutkrankenhäusern zeigt sich, dass Unterschiede je nach Geschlecht und
Altersgruppe existieren. Insgesamt kann gesagt werden, dass seit 1997 aufgrund des
Aufbaus der Bevölkerung um 20 % mehr Krankenhausentlassungen Frauen betrafen als
Männer. Ab einem Alter von 80 Jahren steigt dieser Unterschied zwischen Frauen und
Männern sogar um das Doppelte an. Aber auch im Alter von 25 bis 34 Jahren gibt es auf-
grund von Geburten fast doppelt so viele Krankenhausentlassungen bei Frauen als bei
Männern.13
13
vgl. Statistik Austria (2008), www.statistik.at, [Zugriff am 30.06.2009].
23
2.2 Gesundheitspolitische Aspekte
2.2.1 Finanzierung und Ausgaben des österreichischen Gesundheitssystems
Die Finanzierung der Gesundheitsausgaben ist in Österreich pluralistisch, da unterschied-
liche Finanzierungsquellen existieren. Im Jahr 2004 finanzierte die soziale Kranken-
versicherung als Hauptfinancier 45,3 % der Gesundheitsausgaben. Seit 1995 ist dieser
Anteil annähernd konstant geblieben. Aus Steuern wurden im Jahr 2004 25,1 % der
Kosten abgedeckt, wobei der Steueranteil seit 1995 von allen Finanzierungsquellen
anteilsmäßig am stärksten gesunken ist. Somit wurden 70,4 % der Gesundheitsausgaben
2004 öffentlich finanziert. Private Haushalte, deren Finanzierungsanteil seit 1995 gesun-
ken ist, trugen im Jahre 2004 25 % zu den Gesundheitsausgaben unseres Landes bei,
und auf Investitionen, deren Finanzierungsanteil seit 1995 annähernd gleich blieb, fielen
die restlichen 4,6 %.
Die soziale Krankenversicherung deckt das Krankheitsrisiko von fast 98 % der öster-
reichischen Bevölkerung ab, da der überwiegende Teil der Bürgerinnen und Bürger unse-
res Landes entweder selbst krankenversichert ist, oder kostenlos bei einem Familien-
mitglied mitversichert ist. Von den 24 in Österreich bestehenden Sozialversicherungs-
trägern sind 21 Krankenversicherungsträger, zwischen denen aufgrund der Versiche-
rungspflicht kein Wettbewerb besteht. Die in Österreich bestehenden Sozial-
versicherungsträger sind nach Berufsgruppen, Personengruppen und/oder regional
strukturiert.
Durch die Zahlung des monatlichen Versicherungsbeitrages, der einen gewissen Prozent-
satz des Bruttoeinkommens ausmacht, erhält die Versicherte bzw. der Versicherte einen
Rechtsanspruch auf Behandlung. Die Versicherungsbeiträge für die Krankenversicherung,
die in den verschiedenen Versicherungsgruppen unterschiedlich hoch sind, betrugen
2005 zwischen 7,1 und 9,1 % der Beitragsgrundlage, wobei aber eine Höchstbeitrags-
grundlage existiert. Unabhängig von der Höhe des einkommensabhängigen Beitrages tritt
bei direkt Versicherten, deren Angehörigen und Kindern der Versicherungsschutz, der aus
Sach- und Geldleistungen besteht, bei Krankheit, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit,
Mutterschaft oder bei Gesundheitsvorsorgeleistungen in Kraft.14
14
vgl. Hofmarcher, M. M. / Rack, H. M. (2006), S. 75 ff.
24
In der sozialen Krankenversicherung gilt das Solidaritätsprinzip. Darunter ist zu verstehen,
dass einerseits entsprechend der vertikalen Gerechtigkeit Personen gemäß ihrer finanzi-
ellen Möglichkeiten Beiträge zahlen und andererseits entsprechend der horizontalen
Gerechtigkeit alle Personen die einen Versorgungsbedarf aufweisen, gemäß ihrer
ökonomischen und familiären Situation gleich behandelt werden sollen. Die soziale
Krankenversicherung, als wichtigste Finanzierungsquelle des Gesundheitswesens, bietet
eine Vielzahl von Leistungen an. Das Leistungsspektrum umfasst die haus- und fachärzt-
liche Behandlung im ambulanten Sektor, Krankenhausversorgung, medizinische Haus-
krankenpflege, medizinische Rehabilitation, Mutterschafts- und Krankengeldleistungen,
Kuren, Früherkennung von Krankheiten und Gesundheitsförderung, aber auch Heilmittel,
Heilbehelfe, Hilfsmittel, Zahnbehandlung und Zahnersatz.
Die Gesamtausgaben der sozialen Krankenversicherung sind seit 1970 von 0,86 Mrd. €
um das Dreizehnfache auf 11,02 Mrd. € im Jahre 2003 gestiegen. In den drei Hauptaus-
gabenbereichen der sozialen Krankenversicherung waren die absoluten Zuwächse
zwischen 1970 und 2003 am stärksten ausgeprägt und betrugen in der Krankenhaus-
versorgung 2,9 Mrd. €, bei der ärztlichen Hilfe und gleichgestellten Leistungen 2,5 Mrd. €
und bei den Arzneimitteln 2,2 Mrd. €.15
2.2.2 Modell der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF)
Im März 1996 kam es zu einer Gesundheitsreform, die zu einer Richtungsänderung im
Gesundheitssystem führte. Die Reform sollte dazu dienen, einerseits das Qualitäts-
management und die Qualitätssicherung zu verstärken und andererseits die steigenden
Kosten im österreichischen Gesundheitswesen einzudämmen. Am 1. 1. 1997 traten die
bundes- und landesgesetzlichen Regelungen des neuen Modells der leistungsorientierten
Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) in Kraft. Im LKF-System ist nunmehr nicht die Dauer
des Krankenhausaufenthaltes der Patientin bzw. des Patienten für die Abrechnung der
stationären Krankenhauskosten von Bedeutung, sondern die tatsächlich erbrachten
Leistungen.16
Das LKF-System ermöglicht als Fallpauschalierung die Abrechnung des tatsächlich
erbrachten Leistungsgeschehens. In den vorherigen Modellen, wie auch im Modell 2009
existieren für die Vergütung von Krankenhäusern zwei Finanzierungsbereiche. Erstens
15
vgl. a. a. O., S. 86 f. 16
vgl. Tazi-Preve, I. M. et al. (1999), S. 66
25
der bundesweit einheitlich gestaltete LKF-Kernbereich und zweitens der länderweise
gestaltbare LKF-Steuerungsbereich.17
Im LKF-Kernbereich erfolgt die Bepunktung des stationären Krankenhausaufenthalts
gemäß leistungsorientierter Diagnose-Fallgruppen (LDF) inklusive spezieller
Bepunktungsregelungen. Dabei wird österreichweit den LDF eine einheitliche Punktezahl
zugeordnet. Aufgrund von Erfahrungen aus der Praxis wird der LKF-Kernbereich seit
1997 kontinuierlich weiterentwickelt, aktualisiert und jährlich einer Revision unterzogen.
Ergebnisse, die in den Jahren von 2005 bis 2007 aufgrund von Kalkulationen der LDF-
Pauschalen gemeinsam mit Referenzkrankenhäusern ermittelt wurden, sind im Modell
2009 berücksichtigt worden. Änderungen im LKF-Kernbereich, die jeweils mit 1. 1. des
jeweiligen Jahres in Kraft treten, sollen auf Wartungsmaßnahmen beschränkt sein, die
aus medizinischer und ökonomischer Sicht erforderlich sind.
Im Gegensatz zum LKF-Kernbereich kann im länderweise gestaltbaren LKF-Steuerungs-
bereich bei der leistungsorientierten Mittelzuteilung aus den Landesgesundheitsfonds die
spezielle Versorgungsfunktion der einzelnen Krankenhäuser in den neun Bundesländern
berücksichtigt werden. Im LKF-System werden bei den besonderen Versorgungs-
funktionen Zentralversorgung, Schwerpunktversorgung, Krankenhäuser mit speziellen
fachlichen Versorgungsfunktionen und Krankenhäuser mit speziellen regionalen Versor-
gungsfunktionen unterschieden. Die damit verbundenen unterschiedlichen Versorgungs-
aufträge, aber auch die personelle und apparative Ausstattung der Krankenhäuser,
können somit auch bei der leistungsorientierten Mittelzuteilung aus den Landesgesund-
heitsfonds berücksichtigt werden.18
17
vgl. Hofmarcher, M. M. / Rack, H. M. (2006), S. 192. 18
vgl. BMGFJ (Hrsg.), (2008), S. 5 f.
26
3 Entlassungsmanagement
Im folgenden Kapitel wird ein Überblick über das Entlassungsmanagement gegeben. Es
wird auf die Begriffsvielfalt im Zusammenhang mit Entlassungsmanagement eingegangen
und Ziele, Zielgruppen und Kernaufgaben des multiprofessionellen Entlassungs-
managements werden vorgestellt. Da der Übergang vom Krankenhaus in ein anderes
Versorgungssetting mit verschiedenen Risiken behaftet ist, ist es ohne ein funktionie-
rendes Entlassungsmanagement nicht möglich, die Versorgungskette nach der Entlas-
sung aus dem Krankenhaus aufrecht zu erhalten.
3.1 Begriffsverständnis pflegerische Entlassungsplanung
und Entlassungsprozess
Anfangs muss erwähnt werden, dass verschiedene Begriffe im Zusammenhang mit
Entlassungsmanagement bestehen. In der Literatur existieren mehrere Begrifflichkeiten
für die Verlegung der Patientin bzw. des Patienten von einer Institution des Gesundheits-
wesens in eine andere Institution oder für die Entlassung in die häusliche Pflege. Die
bekanntesten Begriffe, die meist aus den Wörtern „Pflege“ und „Überleitung“ bestehen,
lauten z. B. Pflege-Überleitung, Übergangspflege oder Überleitungspflege, aber auch der
Ausdruck Brückenpflege wird oft verwendet. Heute werden für die pflegerischen Aktivitä-
ten der Versorgungsintegration oft Begriffe wie Entlassungsmanagement oder pflege-
rische Entlassungsplanung verwendet. Diese zwei zuletzt genannten Bezeichnungen
werden auch im Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“ verwendet.
Alle hier genannten Begrifflichkeiten bezeichnen, obwohl ihre Definitionen recht unter-
schiedlich sind, denselben Sachverhalt und beziehen sich auf die Verlegung der Patientin
bzw. des Patienten aus dem Krankenhaus in eine weiterversorgende Einrichtung bzw. in
die häusliche Pflege.19
Unter dem Prozess der pflegerischen Entlassungsplanung werden alle pflegerischen
Tätigkeiten subsumiert, die bei der Verlegung der Patientin bzw. des Patienten von einer
Gesundheitseinrichtung in eine andere oder bei der Entlassung des Patienten in die häus-
liche Pflege verrichtet werden. Mithilfe der pflegerischen Entlassungsplanung, die syste-
matisch und fachlich begründet und sowohl professionsübergreifend als auch ein-
richtungsübergreifend über alle Versorgungsgrenzen hinweg stattfindet, wird der Versor-
gungsbedarf einer Patientin bzw. eines Patienten für die Zeit nach der Entlassung ermit-
telt. Entlassungsmanagement ist keineswegs als „neue“ Aufgabe in der Pflege zu sehen,
19
vgl. Döringhaus, S. et al. (2008), S. 27 ff.
27
denn die geplante Überleitung der Patientin bzw. des Patienten von einem Versorgungs-
setting in ein anderes existiert im deutschsprachigen Raum schon seit vielen Jahren und
im Rahmen des Pflegeprozesses wurde die Entlassungsplanung schon immer praktiziert.
Durch die geplante Überleitung soll vermieden werden, dass es zu Versorgungsbrüchen
kommt, da eine Lücke zwischen stationärer und poststationärer Betreuung besteht. Falls
ein poststationärer Unterstützungsbedarf besteht, soll eine kontinuierliche, individuelle
und bedarfsgerechte Pflege auch nach der Entlassung gegeben sein und Brüche in der
Versorgung vermieden werden.20
Pflegende nehmen aufgrund ihres ausgeprägten Kontakts zur Patientin bzw. zum Patien-
ten und den Angehörigen eine Schlüsselrolle im multiprofessionellen Entlassungsprozess
ein. Die mit der Entlassungsplanung verbundenen pflegerischen Handlungen haben in der
Pflegepraxis und in der Ausbildung oft einen geringen Stellenwert, da vielfach die Auffas-
sung vertreten wird, dass sich pflegerische Tätigkeiten auf ursprüngliche pflegerische
Aufgaben wie z. B. auf die Körperpflege oder auf die Mobilisation der Patientin bzw. des
Patienten beschränken sollen. Auch werden die für die Entlassungsplanung erforderlichen
Kompetenzen in der Ausbildung nur in geringem Umfang vermittelt. In der heutigen
Pflegepraxis besteht zwar die Verpflichtung zur Dokumentation, jedoch sind daraus nicht
immer die Fähigkeiten, Ressourcen und Probleme der Patientin bzw. des Patienten
erkennbar. Dies ist jedoch die Voraussetzung für einen gelungenen Entlassungs-
prozess.21
3.2 Ziel des Entlassungsmanagements
Ziel des Entlassungsmanagements ist es, die Versorgungskette nach der Entlassung aus
dem Krankenhaus lückenlos und sowohl auf adäquate als auch auf professionelle Weise
sicherzustellen. Um dies zu erreichen zielt die Entlassungsplanung darauf ab, Patientin-
nen und Patienten und deren Angehörigen Lösungsmöglichkeiten für ihre Gesundheits-
probleme zur Verfügung zu stellen. Dabei ist es besonders wichtig, dass für die Entlas-
sung der Patientin bzw. des Patienten verschiedene Berufsgruppen zusammenarbeiten
und nicht nur Patientinnen und Patienten die einen poststationären Versorgungsbedarf
aufweisen, sondern auch deren Betreuungspersonen und Bezugspersonen in die Entlas-
sungsplanung einbezogen werden und ihnen alle relevanten Informationen bezüglich der
poststationären Betreuung zur Verfügung gestellt werden. Nur so können Versorgungs-
20
vgl. Goetze, H. J. (2004), S. 730 ff. 21
vgl. Dangel, B. (2004), S. 49.
28
brüche im Anschluss an den stationären Aufenthalt und Wiedereinweisungen, die aus
Versorgungsbrüchen resultieren, vermieden werden.22
Pflegerische Entlassungsplanung zielt darauf ab, eine angemessene, individuelle, konti-
nuierliche und sowohl bedarfs- als auch bedürfnisgerechte Versorgung der Patientin bzw.
des Patienten auf Basis pflegefachlicher Erkenntnisse zu gewährleisten, falls die Patientin
bzw. der Patient nach dem stationären Krankenhausaufenthalt noch nicht vollkommen
geheilt oder pflegebedürftig ist. Pflegerische Entlassungsplanung ist einerseits Ausdruck
der Qualität der pflegerischen Versorgung, da mithilfe einer funktionierenden Entlas-
sungsplanung die patientinnen- bzw. patientenorientierte Pflege auch in der poststatio-
nären Phase sichergestellt wird, und so des weiteren Wiedereinweisungen der Patientin
bzw. des Patienten unterbunden werden, andererseits ist eine gut funktionierende pflege-
rische Entlassungsplanung förderlich, um Versorgungsbrüche an so genannten Schnitt-
stellen, wo sich Probleme manifestieren könnten, zu umgehen. Jede Schnittstelle bein-
haltet die Gefahr von Informationsverlusten, da z. B. bestimmte Informationen nicht über-
mittelt werden, da diese als nicht relevant betrachtet oder als bekannt vorausgesetzt wer-
den. Um Informationsverluste zu vermeiden, bedarf es einer ordnungsgemäßen Doku-
mentation.
Es existieren einerseits Schnittstellen, die Patientinnen und Patienten und deren Angehö-
rige direkt betreffen, aber auch andere, für die Kontinuität der Versorgung relevante
Schnittstellen. Zur Schnittstellenproblematik gehört beispielsweise die Kommunikation mit
Kostenträgern wie z. B. mit den Krankenkassen oder den Unfallversicherungen, aber
auch die Information und Kommunikation mit Dienstleistern wie z. B. den Pflegehilfsmittel-
lieferanten. Eine weitere Schnittstelle, wo Probleme entstehen können, ergibt sich bei der
Kooperation mit Einrichtungen der gesundheitlich-sozialen Versorgung wie z. B. mit den
ehrenamtlichen Diensten. Daneben gibt es die zuvor schon erwähnten Schnittstellen, die
Patientinnen und Patienten und deren Angehörige direkt betreffen. Darunter fallen der
Wechsel der Einrichtung, z. B. vom Krankenhaus in eine Rehabilitationsklinik oder der
Wechsel des Versorgungssektors etwa zwischen ambulanter und stationärer Einrichtung.
Ursachen für Schnittstellen können auch durch mangelnden Informationsaustausch mit
anderen Berufsgruppen aufgrund von Beschränkung auf den eigenen Arbeitsbereich ent-
stehen oder wenn pflegende Angehörige unzureichend für die poststationäre Betreuung z.
B. in Bezug auf die Anwendung von Pflegetechniken geschult oder beraten wurden.
22
vgl. Döringhaus, S. et al. (2008), S. 29 f.
29
Diesen Schnittstellenproblemen und Versorgungsbrüchen soll durch ein gezieltes Entlas-
sungsmanagement vorgebeugt werden.23
3.3 Zielgruppen des Entlassungsmanagements
Zielgruppe des Entlassungsmanagements sind alle Patientinnen und Patienten, die einen
umfassenden poststationären Betreuungs- und Versorgungsbedarf in therapeutischen,
pflegerischen oder sozialen Belangen aufweisen und bei denen bzw. deren Angehörigen
somit ein Bedarf an Beratung, Schulung oder Koordinationsleistungen für die Phase nach
dem stationären Aufenthalt besteht.24 Mithilfe der pflegerischen Entlassungsplanung
sollen Patientinnen und Patienten identifiziert werden, bei denen ein Risiko für „schlechte“
Entlassungsergebnisse besteht. Dafür wird bereits bei der Aufnahme der Patientin bzw.
des Patienten durch den Einsatz von Assessmentinstrumenten der voraussichtliche post-
stationäre Versorgungsbedarf eingeschätzt und beurteilt, ob die Patientin bzw. der Patient
ein Risiko für „schlechte“ Entlassungsergebnisse aufweist. Unter einem „schlechten“
Entlassungsergebnis ist gemeint, dass die Patientin bzw. der Patient nach dem stationä-
ren Aufenthalt weitere Versorgung oder Unterstützung benötigt.25
Pflegerische Versorgung und Unterstützung nach dem Krankenhausaufenthalt und somit
eine pflegerische Entlassungsplanung benötigen in der Regel alte, chronisch kranke oder
pflegebedürftige Menschen, da diese Patientinnen- und Patientengruppen vermehrt von
Lücken in der Versorgung betroffen sind. Im Vergleich dazu werden etwa jüngere Patien-
tinnen und Patienten seltener als „Risikopatienten“ bezeichnet. Aber aufgrund der Tat-
sache, dass die Verweildauer aufgrund von ökonomischen Gesichtspunkten immer kürzer
gestaltet werden muss, benötigen in der heutigen Zeit auch „neue“, bisher wenig beach-
tete Patientinnen- und Patientengruppen, eine gezielte Entlassungsplanung.
Es werden verschiedene Indikatoren, die auf ein „schlechtes“ Entlassungsergebnis hin-
weisen, unterschieden und in drei Merkmalgruppen zusammengefasst. Die erste Merk-
malgruppe beinhaltet Merkmale, welche die Person oder deren Lebenssituation tangiert,
wie das Alter, der soziale Status, die ethnische Zugehörigkeit bzw. kulturelle Besonder-
heiten, des Weiteren die Selbstständigkeit bzw. Funktionseinschränkung im täglichen
Leben. Diese Merkmalgruppe wird im Anschluss kurz skizziert. Säuglinge, Frühgeborene,
Kinder oder über 60-jährige Menschen werden als Risikopatientinnen und Risikopatienten
23
vgl. Dangel, B. (2004), S. 12 ff. 24
vgl. pik – PatientInnenorientierte integrierte Krankenbetreuung (2006), S. 4, www.pik.or.at, [Zugriff am 19.09.2009]. 25
vgl. Dangel, B. (2004), S. 107.
30
angesehen und bedürfen einer Entlassungsplanung. Die Überleitung von Säuglingen und
Kindern wird in der Entlassungsplanung wenig berücksichtigt, obwohl es gerade bei
chronisch kranken Kindern wichtig ist, dass sie so früh wie möglich aus dem Krankenhaus
entlassen werden, wenn es ihr Gesundheitszustand erlaubt. Dazu muss aber das
familiäre und häusliche Umfeld ausführlich in die Entlassungsplanung einbezogen werden
und es bedarf einer intensiven Schulung der Eltern, damit die Pflege selbständig über-
nommen werden kann. Bei über 60-jährigen Patientinnen und Patienten manifestieren
sich häufig Versorgungsbrüche, da zwar der Versorgungsbedarf erhoben wird, aber ältere
Patientinnen und Patienten ihre Defizite und Ressourcen wirklichkeitsfremd und daher
falsch einschätzen. Dafür ist es bei dieser Patientinnen- und Patientengruppe von großem
Stellenwert, dass die Angehörigen in die Entlassungsplanung umfassend einbezogen
werden. Die pflegerische Entlassungsplanung muss aber auch den sozialen Status der
Patientin bzw. des Patienten berücksichtigen. Wenn beispielsweise keine Hoffnung auf
Heilung besteht, haben sozial schlechter gestellte Personen, verwitwete oder allein
stehende Menschen, größere Probleme bei der Bewältigung der Situation. Bei Migranten,
vor allem bei Migranten der ersten Generation, muss die Entlassungsplanung die kultu-
rellen und sprachlichen Bedürfnisse beachten. Zum letzten Merkmal dieser ersten Gruppe
kann gesagt werden, dass vor allem ältere und chronisch kranke Menschen vom Verlust
der Selbständigkeit bzw. von Funktionseinschränkungen betroffen sind, da diese nach der
Entlassung aus dem Krankenhaus bei den Verrichtungen des täglichen Lebens meist
unselbständiger sind als vor der Aufnahme ins Krankenhaus und die dennoch vorhan-
denen Ressourcen zur Alltagsbewältigung unzureichend gefördert werden.
Zur zweiten Merkmalgruppe gehören Merkmale, die sich auf bestimmte Diagnosen,
Krankheiten und Therapieverfahren beziehen, z. B. auf chronische Krankheiten oder
Krankheiten, die mit Abbauprozessen zusammenhängen. Bei dieser Merkmalgruppe wer-
den drei Bereiche unterschieden: somatische, lebensbedrohliche und psychiatrische
Krankheiten. Bei Patientinnen und Patienten mit somatischen Krankheiten, wie etwa der
Herzinsuffizienz, ist bei der Entlassungsplanung die Information, Aufklärung und Schulung
besonders wichtig, da die Patientin bzw. der Patient und die Angehörigen in der Lage sein
sollen, die veränderte Lebenssituation zu bewältigen, da z. B. nach einer Herzoperation
die Ernährung umzustellen ist. Bei der Entlassungsplanung von Patientinnen und Patien-
ten mit lebensbedrohlichen Krankheiten wie etwa Krebs oder Aids stehen die psycho-
soziale Unterstützung, die Wissensvermittlung über den Krankheitsverlauf und die Mög-
lichkeiten der Einflussnahme bzw. der Bewältigung im Vordergrund. Bei Patientinnen und
Patienten, die in ihrer letzten Lebensphase entlassen werden, ist es essentiell, ihre
Selbstbestimmung zu sichern, aber auch neben der Gewährleistung der pflegerischen
31
und medizinischen Versorgung die Angehörigen in dieser schweren Phase zu unterstüt-
zen. Bei Patientinnen und Patienten die an (geronto-)psychiatrischen Krankheiten leiden
ist es von großer Wichtigkeit, dass frühzeitig mit der Entlassungsplanung begonnen wird.
Dabei müssen die vorhandenen Ressourcen der Patientin bzw. des Patienten berücksich-
tigt werden und eine vorurteilsfreie fachliche Kommunikation geführt werden. Nur so ist es
möglich, dass ein vorzeitiger Umzug der Patientin bzw. des Patienten in ein Pflegeheim
vermieden wird und der Versuch einer „Rückführung“ in die gewohnte häusliche Umge-
bung gewagt werden kann. Für die Bewältigung des täglichen Lebens nach der Entlas-
sung aus dem Krankenhaus ist es einerseits wichtig, dass die Patientin bzw. der Patient
etwa durch Besuche seiner eigenen Wohnung wieder an das Leben zu Hause gewöhnt
wird und andererseits ist es wesentlich, dass das familiäre und nachbarschaftliche Umfeld
bei der Entlassungsplanung berücksichtigt wird.
Die dritte Merkmalsgruppe beinhaltet Merkmale, die den Krankheitsverlauf oder die
Behandlung betreffen. Indikatoren, welche auf ein „schlechtes“ Entlassungsergebnis hin-
deuten sind etwa schubweise verlaufende Krankheiten, da zwischen Entlassung und
Wiederaufnahme meist nur ein kurzer Zeitabstand besteht oder dass die zu entlassende
Patientin bzw. der zu entlassene Patient, älter ist und an einer chronischen Erkrankung
leidet. Bei diesen Patientinnen und Patienten ist es wichtig, dass der emotionale Zustand
stabilisiert wird, denn nur so kann die veränderte Lebenssituation bewältigt werden. Bei
der Entlassungsplanung sind sowohl die Unterstützungsangebote der Angehörigen, als
auch die Nutzungsmöglichkeiten von professionellen Pflegediensten zu berücksichtigen.
Bei chronisch verlaufenden Krankheiten, wie z. B. Diabetes mellitus nimmt die Unterstüt-
zung durch das Krankenhaus allmählich ab, während demgegenüber die Unterstützung
durch Einrichtungen, die auf die Wohn- und Lebenssituation der Patientin bzw. des
Patienten fokussiert sind, zunimmt. Die Entlassungsplanung strebt bei dieser Patientin-
nen- bzw. Patientengruppe die Selbstversorgungsfähigkeit, auch in krisenhaften Situati-
onen, an.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass viele Gruppen von Patientinnen und
Patienten eine pflegerische Entlassungsplanung benötigen, und diese Zahl auch weiter
ansteigen wird, da in der heutigen Zeit aufgrund der ökonomischen Situation viele Patien-
tinnen und Patienten aus dem Krankenhaus entlassen werden müssen, bevor sie voll-
ständig genesen sind und daher auf die poststationäre Pflege angewiesen sind.26
26
vgl. a. a. O., S. 57 ff.
32
3.4 Kernaufgaben des Entlassungsmanagements und Betei-
ligte im multidisziplinären Entlassungsprozess
Zu den Kernaufgaben im Bereich des Entlassungsmanagements gehören beispielsweise
die Beratung und Information von Patientinnen und Patienten, Angehörigen oder Vertrau-
enspersonen über die ambulanten, teilstationären oder stationären Angebote, aber auch
die Ermittlung des individuellen Betreuungs-, Schulungs- und Dienstleistungsbedarfs, der
bei Patientinnen und Patienten, Angehörigen oder Vertrauenspersonen besteht. Aber
auch die Planung und die Durchführung der Entlassung, sowie die Dokumentation und die
Evaluierung der Entlassungsvorbereitungen bzw. der Entlassung selbst zählen zu den
Kernaufgaben des Entlassungsmanagements.27
Um ein professionelles Entlassungsmanagement zu gewährleisten, ist es wichtig, dass im
multiprofessionellen Team, das aus Entlassungsmanagerinnen bzw. Entlassungs-
managern, diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal, diplomierten Sozial-
arbeiterinnen bzw. Sozialarbeitern, Ärztinnen bzw. Ärzten und anderen wichtigen Berufs-
gruppen besteht, gearbeitet wird. Die gesetzliche Verpflichtung für das Entlassungs-
management ist in § 16 (3) GuKG (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz) geregelt.
Demnach umfasst der interdisziplinäre Tätigkeitsbereich der Angehörigen des gehobenen
Dienstes unter anderem die Vorbereitung der Patientin bzw. des Patienten und den
Angehörigen auf die Entlassung und die Hilfestellung bei der Weiterbetreuung.28
Pflegende haben aufgrund ihres permanenten und intensiven Kontakts zur Patientin bzw.
zum Patienten und den Angehörigen während des stationären Aufenthalts eine steuernde
Rolle im multidisziplinären Entlassungsprozess. Damit alle Aufgaben des Entlassungs-
prozesses von den Pflegenden auch trotz der knappen zeitlichen und personellen
Ressourcen bestmöglich ausgeführt werden können, bedarf es bestimmter Qualifika-
tionen, wie etwa einwandfreie Kenntnisse über den Pflegeprozess, methodische und
fachliche Fähigkeiten für die Anwendung von Assessmentinstrumenten, aber auch Wis-
sen über das Tätigkeitsgebiet anderer Berufsgruppen, um eine berufs- und einrichtungs-
übergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten. Damit sämtliche für die Entlassungs-
planung relevanten Tätigkeiten vollzogen werden können, benötigen Pflegende zusätzlich
Beratungskompetenz und Wissen über Kommunikation und Gesprächsführung für die
Interaktion mit der Patientin bzw. dem Patienten und den Angehörigen. Des Weiteren
27
vgl. pik – PatientInnenorientierte integrierte Krankenbetreuung (2006), S. 7, www.pik.or.at, [Zugriff am 19.09.2009]. 28
vgl. a. a. O., S. 8.
33
erfordert es aber auch Kenntnisse über weiterversorgende Einrichtungen, Kostenträger
und Wissen über pflegebezogene Hilfsmittel für die poststationäre Phase um ein
gelungenes Entlassungsmanagement zu gewährleisten.29
29
vgl. Dangel, B. (2004), S. 49 ff.
34
4 Expertenstandards in der Pflege
Nachdem im vorhergehenden Kapitel die Bedeutung des Entlassungsmanagements dar-
gestellt wurde, wird mit dem Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“
ein Bezugsrahmen für den Entlassungsprozess gelegt. Im folgenden Kapitel werden
Expertenstandards allgemein und der Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der
Pflege“, welcher der Qualitätssicherung und der Qualitätsweiterentwicklung in der Pflege
bei der Entlassung dient, näher beschrieben.
4.1 Begriffsverständnis Expertenstandard und Gründe für
den Einsatz von Expertenstandards
Unter dem Begriff Expertenstandard werden effektive Instrumente verstanden, die dazu
dienen, die Qualität von Leistung zu definieren, einzuführen und zu bewerten. Nationale
Expertenstandards, die ein hohes Maß an wissenschaftlicher Fundierung aufweisen müs-
sen, werden wegen des langwierigen Aufwands für ihre Entwicklung nur für epidemio-
logisch und gesundheitspolitisch brisante Themen in der Pflege erstellt.30
Nationale Expertenstandards werden vom Deutschen Netzwerk für Qualität in der Pflege
(DNQP), das sich mit dem Thema Qualitätsentwicklung beschäftigt, schon seit vielen Jah-
ren entwickelt. Die zentralen Aufgabenbereiche des DNQP sind zum einen die Entwick-
lung, Konsentierung und Implementierung evidenzbasierter Expertenstandards in allen
Einsatzbereichen der Pflege, und zum anderen die Erforschung von Methoden und
Instrumenten zur Qualitätsentwicklung und zur Qualitätsmessung, um mit all dem schließ-
lich die Pflegequalität zu fördern.
Der Grund für die Entwicklung der Expertenstandards Dekubitusprophylaxe in der Pflege,
Entlassungsmanagement in der Pflege, Schmerzmanagement in der Pflege, Sturz-
prophylaxe in der Pflege, Förderung der Harnkontinenz in der Pflege, Pflege von Men-
schen mit chronischen Wunden, sowie Ermährungsmanagement zur Sicherstellung und
Förderung der oralen Ernährung in der Pflege lag darin, dass diese Themen große
Pflegeprobleme unserer heutigen Gesellschaft repräsentieren und sowohl pflegeepidemi-
ologisch als auch aufgrund der Wirtschaftlichkeit eine große Bedeutung für das Gesund-
heitswesen darstellen.31
30
vgl. Moers, M. / Schiemann, D. (2004), S. 75. 31
vgl. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2008), www.dnqp.de, [Zugriff am 09.05.2009].
35
Um das Endziel „best practice“ zu erreichen, werden nationale Expertenstandards heran-
gezogen. „Best practice“, also das Bestreben eine höhere Qualität in der Pflege zu errei-
chen, ist keineswegs etwas Neues, da in Amerika schon um 1970 der Versuch gestartet
wurde, Forschungsergebnisse aus der Pflegewissenschaft in der Pflegepraxis anzuwen-
den. Dass diese evidenzbasierte Pflege auch heute noch von besonderer Relevanz ist,
wird durch die steigende Zahl von Expertenstandards und durch die immer größer wer-
dende Anzahl an Veröffentlichungen von Artikeln, die sich dem Thema der
evidenzbasierten Pflege widmen, deutlich.
Expertenstandards, die den aktuellen Wissensstand zu einem Standardthema der Pflege
widerspiegeln, enthalten verschiedene Arten und Hierarchien von Wissen, nämlich
wissenschaftliches Wissen und konsensbasiertes Erfahrungswissen der Pflegenden. Aber
auch Wissen der Patientinnen und Patienten, Bewohnerinnen und Bewohner, der
Familienangehörigen oder der Gruppen von pflegebedürftigen Menschen, das sich auf der
untersten Stufe der Evidenzhierarchie des Wissens befindet, ist in Expertenstandards
enthalten.32
4.1.1 Methodisches Vorgehen zur Entwicklung und Implementierung von Ex-
pertenstandards
Expertenstandards werden immer schrittweise nach einem bestimmten Schema ent-
wickelt. Der erste Schritt bei der Entstehung eines Expertenstandards ist der, dass eine
unabhängige Expertenarbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Pflegepraxis und
Pflegewissenschaft für das jeweilige Thema gebildet wird. Anschließend erfolgt eine
Analyse der nationalen und internationalen Fachliteratur, um schließlich evidenzbasierte
Aussagen treffen zu können.
Im Anschluss wird der von der Expertenarbeitsgruppe erstellte Entwurf im Rahmen einer
Konsensus-Konferenz der Fachöffentlichkeit präsentiert und hinterher diskutiert. Die in der
Fachdiskussion erörterten Ergebnisse werden bei der endgültigen Version des jeweiligen
Expertenstandards, der anschließend verschiedenen Praxiseinrichtungen zur Verfügung
gestellt wird, berücksichtigt. Für eine Zeitspanne von sechs Monaten wird der Experten-
standard in Einrichtungen des Gesundheitswesens bundesweit modellhaft implementiert,
um dessen Praxistauglichkeit und Akzeptanz zu testen.
32
vgl. Thome, M. (2006), S. 143.
36
Danach erfolgt die Messung der Ergebnisqualität (Audit), die Auswertung der Ergebnisse
der Expertenstandardimplementierung durch das DNQP und anschließend werden die
Ergebnisse dem Fachpublikum präsentiert. Als letzter Schritt wird der Expertenstandard
einschließlich Kommentaren, Literaturstudie und Bericht über die Praxistauglichkeit durch
das DNQP veröffentlicht. Spätestens fünf Jahre nach der Veröffentlichung wird jeder
Expertenstandard vom DNQP aktualisiert.33
4.1.2 Nutzen und Schwierigkeiten bei der Anwendung von Expertenstandards
Expertenstandards sind für die Pflegepraxis von großem Nutzen, da sie evidenzbasiertes
und handlungsrelevantes Wissen zu verschiedenen Bereichen der Pflege liefern und
somit die Forderung erfüllt wird, dass Pflegehandeln auf Evidenz beruht. Darüber hinaus
werden Auswirkungen von Expertenstandards auf des Berufsfeld Pflege dadurch sichtbar,
da die Implementierung von Expertenstandards einerseits der Professionalisierung der
Pflege dient und andererseits den Theorie-Praxis-Transfer begünstigt, da eine Verbindung
zwischen Pflegewissenschaft und Pflegepraxis geschaffen wird. Ein weiterer Nutzen von
Expertenstandards besteht darin, dass durch deren Einführung eine Steigerung der inter-
nen Qualitätsentwicklung und des Qualitätsmanagements insgesamt erzielt werden kann.
Besonders durch die Messung der Ergebnisqualität (Audit) wird sowohl die Qualitätsent-
wicklung als auch die pflegerische Praxis sichtbar und dies steigert schlussendlich die
Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten und die Zufriedenheit der Pflegenden.34
Neben dem zuvor erwähnten Nutzen können aber auch Schwierigkeiten und Probleme
bei der Anwendung von Expertenstandards auftreten. Obwohl Expertenstandards die
Kompetenz der Pflegenden fördern, können sie niemals die Kompetenz einer ausgebil-
deten Pflegekraft ersetzen. Trotz der Tatsache, dass Expertenstandards ein professionell
abgestimmtes Leistungsniveau darstellen, dienen sie nur der Orientierung, da sie in der
Pflegepraxis schlussendlich der jeweiligen Patientinnen- und Patientensituation angepasst
werden müssen. Auch bedarf es einer regelmäßigen Aktualisierung und Überprüfung des
jeweiligen Expertenstandards, da er nur einen zeitbezogenen Stand des Wissens zu
einem bestimmten Thema verkörpert.35
Weitere Schwierigkeiten bei Expertenstandards ergeben sich dadurch, dass, obwohl
bekannt ist, dass der Transfer von Forschungsergebnissen in den Pflegealltag zur
33
vgl. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2008), www.dnqp.de, [Zugriff am 09.05.2009]. 34
vgl. Moers, M. / Schiemann, D. (2004), S. 78. 35
vgl. Bartholomeyczik, S. (2002), S. 12 ff.
37
Steigerung der Pflegequalität notwendig ist, Forschungsanwendung durch Experten-
standards eine sehr komplexe Aufgabe darstellt. Nicht nur die Pflegenden selbst, sondern
auch das gesamte Management des Krankenhauses muss begreifen, dass
evidenzbasierte Pflege zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bedeutsam ist.
Somit ist das Management angehalten, unterstützendes Führungsverhalten bei der
Implementierung von Expertenstandards darzulegen. Aber auch fehlende zeitliche und
finanzielle Ressourcen oder fehlende Kooperationsbereitschaft der Berufsgruppen können
der Implementierung eines Expertenstandards hinderlich sein.36
4.2 Der Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der
Pflege“
4.2.1 Methodisches Vorgehen zur Entwicklung und Implementierung des Ex-
pertenstandards „Entlassungsmanagement in der Pflege“
Der Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“ wurde als zweiter
Expertenstandard des DNQP von einer 12-köpfigen Expertinnen- und Expertenarbeits-
gruppe erarbeitet. Da ein Expertenstandard aber nicht nur auf dem Wissen von
Expertinnen und Experten beruht, sondern auch auf in der Literatur formulierten Erkennt-
nissen, wurden für diesen Expertenstandard 253 wissenschaftliche Veröffentlichungen als
wichtig angesehen und ausgewertet.37
Der Entwurf des hier beschriebenen Expertenstandards wurde am 6. September 2002
einer breiten Fachöffentlichkeit präsentiert und im Rahmen einer Konsensus-Konferenz
intensiv diskutiert. Im Januar 2003 wurde schließlich der vorliegende Expertenstandard
als Sonderdruck veröffentlicht, nachdem dieser von der Expertinnen- und Experten-
arbeitsgruppe und dem DNQP-Lenkungsausschuss verabschiedet wurde.38
Schlussendlich wurde der Expertenstandard im Zeitraum Januar bis Juni 2003 in 19 Ein-
richtungen des Gesundheitswesens modellhaft implementiert, um die Praxistauglichkeit
des Expertenstandards und der Audit-Instrumente zu überprüfen. Im Jahre 2004 erfolgte
die abschließende Veröffentlichung.39
36
vgl. Thome, M. (2006), S. 144 ff. 37
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 28. 38
vgl. a. a. O., S. 38 ff. 39
vgl. a. a. O., S. 118.
38
Damit Expertenstandards stets nur momentanes Wissen zur Verfügung stellen, werden
sie spätestens fünf Jahre nach ihrer Veröffentlichung vom DNQP aktualisiert. So wurde
auch beim Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“ und seiner
Kommentierung eine Anpassung vorgenommen. Dafür wurde der gegenwärtige
Wissensstand mithilfe einer aktuellen Literaturstudie diskutiert. Am 27. Februar 2009
wurden schließlich die Ergebnisse der Aktualisierung beim 11. Netzwerk-Workshop des
DNQP einer breiten Fachöffentlichkeit präsentiert.40
4.2.2 Inhalt und Aufbau des Expertenstandards „Entlassungsmanagement in
der Pflege“
Der Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“, bei dem die Gesamt-
situation des Patienten im Blickfeld steht und der auf die Sicherung der Versorgungs-
kontinuität durch abgestimmtes Handeln der an der Entlassung beteiligten Berufsgruppen
abzielt, ist auf die Entlassung aus stationären Einrichtungen beschränkt, da sich dort die
häufigsten Versorgungsbrüche manifestieren. Aufgrund der Ressourcenknappheit der
Krankenhäuser ist es von besonderer Relevanz, mit einem professionell gesteuerten
Entlassungsmanagement so früh wie möglich zu beginnen und die Patientin bzw. den
Patienten, aber auch die Angehörigen auf die Zeit nach dem stationären Aufenthalt best-
möglich vorzubereiten.41
In der Präambel zum Expertenstandard ist festegelegt, dass er sich in erster Linie an
Pflegende in stationären Gesundheitseinrichtungen (Krankenhäuser, Fach- und Rehabili-
tationskliniken) richtet. Die Anwendung in allen Versorgungssektoren ist nicht gegeben,
da wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Bereiche die Standard-
aussage zu allgemein gehalten wäre. Der Expertenstandard schreibt keinesfalls das
organisatorische Vorgehen des Entlassungsmanagements innerhalb der jeweiligen Ein-
richtung vor, sondern stellt vielmehr in Rechnung, dass mit Hilfe des vorliegenden
Expertenstandards die Entlassung von Patientinnen und Patienten weiter verbessert wer-
den kann, da viele Einrichtungen im Gesundheitswesen bereits über Ansätze einer
systematischen Patientinnen- und Patientenentlassung verfügen. Im Expertenstandard
wird davon ausgegangen, dass durch eine gezielte Vorbereitung der Patientin bzw. des
Patienten und der primären Bezugspersonen, sowie durch einen besseren Informations-
40
vgl. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2009), www.pflegen-online.de, [Zugriff am 15.06.2009]. 41
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 29.
39
austausch aller an der Entlassung Beteiligten dem Entstehen von Versorgungsbrüchen
entgegengewirkt werden kann.42
Um den Entlassungsprozess so optimal wie möglich zu gestalten und um Versorgungs-
brüche zu vermeiden, ist es von Bedeutung, dass im multiprofessionellen Team, beste-
hend aus den Mitgliedern aus den Berufsgruppen Medizin, Sozialarbeit, Physiotherapie,
Ergotherapie und Psychologie agiert wird. Die Berufsgruppe Pflege nimmt aufgrund ihrer
Nähe zur Patientin bzw. zum Patienten und den Angehörigen eine entscheidende Koordi-
nationsfunktion ein.43
Neben der Standardaussage und der Begründung sind im Expertenstandard „Entlas-
sungsmanagement in der Pflege“ die Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien formuliert.
Der Expertenstandard definiert sechs Schritte für den Entlassungsprozess. Bei den sechs
Standardkriterien sind die Phasen des Pflegeprozesses erkennbar.44
Für das Audit-Instrument zum Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“
wurden drei Datenquellen, nämlich Dokumentation, Patienten- und Pflegekräftebefragung
herangezogen. Die Erfüllung der Ergebniskriterien des Expertenstandards wurde durch
die patientinnen- und patientenbezogenen Daten überprüft. Aufgrund von methodischen
Erwägungen wurde auf die Erhebung der Prozesskriterien beim vorliegenden Experten-
standard verzichtet. Mithilfe der Datenquelle Personalbefragung wurden die Struktur-
kriterien erfragt.45
4.2.3 Vier Phasen des Entlassungsprozesses gemäß des Expertenstandards
„Entlassungsmanagement in Pflege“
Der Entlassungsprozess umfasst grob formuliert vier Phasen. Die vier Bereiche des Ent-
lassungsprozesses entsprechen den vier Stufen des Pflegeprozesses und umfassen das
Assessment, die Planung von Maßnahmen, die Durchführung dieser Maßnahmen und die
Evaluation der Entlassungsplanung.46
1. Phase Assessment: Das Assessment gilt als Ausgangspunkt für ein gelungenes Ent-
lassungsmanagement. Die erste Einschätzung der Patientin bzw. des Patienten sollte 24
oder maximal 48 Stunden nach der Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten erfolgen.
42
vgl. a. a. O., S. 46 f. 43
vgl. a. a. O., S. 33. 44
vgl. a. a. O., S. 49. 45
vgl. a. a. O., S. 106. 46
vgl. Dangel, B. (2004), S. 106.
40
Es ist festgelegt, dass während des stationären Aufenthalts weitere Einschätzungen erfol-
gen müssen, wenn sich der Zustand der Patientin bzw. des Patienten z. B. durch Kompli-
kationen verändert. Bei den Assessments wird zwischen initialem und differenziertem
Assessment unterschieden. Das Ziel des initialen Assessments, auch Screening genannt,
ist es, Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die Unterstützung in Form eines
Entlassungsmanagements benötigen, weil ein erhöhtes Risiko für „schlechte“ Ent-
lassungsergebnisse besteht. Risiken „schlechter“ Entlassungsergebnisse sind beispiels-
weise die Unselbstständigkeit der Patientin bzw. des Patienten bei Alltagsverrichtungen,
kognitive Einschränkungen, bestimmte medizinische Diagnosen, fehlende Unterstützung
in der häuslichen Umgebung, aber auch, dass die Patientin bzw. der Patient oder die
Angehörigen Wissensdefizite bezüglich der poststationären Versorgung aufweisen. Wenn
das initiale Assessment einen Unterstützungsbedarf identifiziert, wird ein weitergehendes
differenziertes Assessment vorgenommen, das den individuellen Unterstützungsbedarf
der Patientin bzw. des Patienten beurteilt.47
Der Expertenstandard gibt kein bestimmtes Assessmentinstrument vor, jedoch sollte es
sich um ein zuverlässiges, leicht handhabbares und mit geringem Zeitaufwand verbun-
denes Instrument handeln. Das Assessment hat für die Entlassungsplanung einen essen-
tiellen Zweck, da durch die bei der Einschätzung der Patientin bzw. des Patienten erhal-
tenen Informationen weitere erforderliche Schritte eingeleitet werden können und nur so
der geplante Entlassungstermin eingehalten werden kann. Falls das Assessment Lücken
aufweist und dadurch etwa ein erforderlicher Hilfsmittelbedarf erst knapp vor der Entlas-
sung entdeckt wird, muss eine erneute Planung durchgeführt werden und der geplante
Entlassungstermin ist gefährdet. Obwohl das Assessment einen zusätzlichen Zeitaufwand
für Pflegende bedeutet, darf nicht vergessen werden, dass Assessments die Basis für
eine gelungene Entlassungsplanung darstellen.48
2. Phase Planung: Aufgrund des differenzierten Assessments werden im nächsten Schritt
Ziele und messbare Maßnahmen für die Entlassung geplant. Die Pflegeperson verfasst
gemeinsam mit der Patientin bzw. dem Patienten, den Angehörigen und den beteiligten
Berufsgruppen einen Entlassungsplan („discharge plan“), der einen Zeitrahmen für die
Realisierung beinhaltet und bei dem die Bedürfnisse der Patientin bzw. des Patienten und
den Angehörigen berücksichtigt werden. Der Entlassungsplan sollte multiprofessionell von
allen an der Entlassung beteiligten Berufsgruppen erstellt werden. Wichtig ist außerdem,
dass auch die Mitglieder der weiterversorgenden Einrichtungen an der Zielformulierung
47
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 75 ff. 48
vgl. Dangel, B. (2004), S. 107 ff.
41
und der Maßnahmenplanung beteiligt sind, da der Entlassungsplan auch der Klärung von
Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten bei der poststationären Versorgung dient.49
Literaturergebnisse und Erfahrungen aus der Pflegepraxis belegen, dass Patientinnen
und Patienten, aber auch Angehörige nicht immer in die Entlassungsplanung integriert
werden. Jedoch ist belegt, dass in die Versorgung einbezogene Patientinnen und Patien-
ten, aber auch Angehörige eher Anweisungen von Pflegenden befolgen, wenn sie in die
Versorgung miteinbezogen werden. Der Maßnahmenplan für einen gelungenen Entlas-
sungsprozess, der möglichst frühzeitig erstellt werden soll, wird dokumentiert, kontinuier-
lich auf den neuesten Stand gebracht und bei Veränderungen des Zustands der Patientin
bzw. des Patienten ergänzt. Damit z. B. Pflegehilfsmittel für die poststationäre Phase
schon frühzeitig beantragt werden können, ist es notwendig, dass die Pflegeperson
umfassendes Wissen über Hilfsmittelangebote und zur Finanzierung von Leistungen
besitzt, aber auch Kontakte zu Kostenträgern vermittelt kann. Nur wenn die Maßnahmen
detailliert geplant wurden, kann die dritte Phase, nämlich die Durchführung der Maßnah-
men beginnen.50
3. Phase Durchführung: Die dritte Phase im Entlassungsprozess umfasst in erster Linie
zwei Aufgabenbereiche. Zum einen direkt patientinnen- und patientenbezogene Aufgaben
wie beispielsweise Maßnahmen der Beratung, Edukation, Anleitung bzw. Schulung von
Patientinnen und Patienten, aber auch von Angehörigen und zum anderen indirekt patien-
tinnen- und patientenbezogene Aufgaben wie etwa Maßnahmen der Koordination des
Entlassungsprozesses und Kommunikation bzw. Kooperation mit allen Beteiligten, wie z.
B. administrative Verrichtungen, disziplinübergreifende Fallbesprechungen, aber auch
Informationsweitergabe an weiterversorgende Einrichtungen in Form eines Pflegeverle-
gungsberichts („discharge summary“).51
Ziel der Edukation ist es, der Patientin bzw. dem Patienten und den Angehörigen Selbst-
pflege- und Selbstmanagementkompetenzen zu vermitteln, um nach der Entlassung Ver-
richtungen des täglichen Lebens so selbstständig wie möglich bewerkstelligen zu können
und auf die kritische Phase nach der Entlassung vorbereitet zu sein. Diese Form von
Gesundheitserziehung, die neben der Patientin bzw. dem Patienten und den Angehörigen
auch das soziale Umfeld berücksichtigt, dient dazu, je nach Beratungs-, Schulungs- oder
Anleitungsbedarf über Unterstützungsmöglichkeiten, Pflege oder Krankheit während des
49
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 81 f. 50
vgl. Dangel, B. (2004), S. 124 ff. 51
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 82.
42
stationären Aufenthalts zu informieren, damit das Gelernte nach der Entlassung um-
gesetzt werden kann. Vorteilhaft ist es, die mündliche Edukation zu Pflegetechniken,
Medikamenteneinnahme oder zum Umgang mit Pflegehilfsmitteln durch schriftliche Infor-
mationsblätter zu ergänzen. Der zweite Aufgabenbereich dieser dritten Phase des Entlas-
sungsprozesses umfasst die Koordination des Entlassungsprozesses und die Kooperation
mit allen Beteiligten. Dementsprechend wird der voraussichtliche Entlassungstermin in
Kooperation mit der Patientin bzw. dem Patienten, den Angehörigen, mit internen und
externen Berufsgruppen abgestimmt und weiterversorgende Einrichtungen werden über
den weiteren Versorgungsbedarf informiert.52
4. Phase Evaluation: Die Evaluation schließt als vierter Schritt den Entlassungsprozess ab
und nimmt die Angemessenheit und Umsetzung des Entlassungsplans („discharge plan“)
in den Blickwinkel, sowohl bei als auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Das
Ziel der Evaluation ist die Überprüfung der Entlassungsplanung und des gesamten Ent-
lassungsmanagements und dient sowohl der Qualitätssicherung als auch dazu, dass eine
kontinuierliche Pflege gewährleistet wird.53
Die Entlassungsplanung wird an zwei Zeitpunkten evaluiert, nämlich 24 Stunden vor und
24 bis 48 Stunden nach der Entlassung. 24 Stunden vor der Entlassung wird kontrolliert,
ob die Entlassungsplanung umgesetzt wurde oder ob Änderungen notwendig sind, da
etwa Hilfsmittel für die Zeit nach der Entlassung bislang noch nicht geliefert wurden.
Neben der Prüfung, ob die geplanten Maßnahmen durchgeführt wurden, werden des
Weiteren die Fähigkeiten und die Kenntnisse der Patientin bzw. des Patienten evaluiert,
denn für Patientinnen und Patienten ist eine bedarfsgerechte Vorbereitung auf die Entlas-
sung nur dann gegeben, wenn diese ihre eigenen Probleme bewältigen können und fähig
sind, mit ihnen umzugehen. Um die Qualität der Entlassungsplanung zu evaluieren und
um zu überprüfen, ob diese aus Sicht der Patientin bzw. des Patienten angemessen war
und somit Versorgungsbrüche verhindert werden konnten, wird innerhalb von 48 Stunden
nach der Entlassung Kontakt mit der Patientin bzw. dem Patienten, den Angehörigen oder
der weiterversorgenden Einrichtung aufgenommen. Die Kontaktaufnahme dient unter
anderem dazu, Fragen der Patientinnen und Patienten oder der Angehörigen zu beant-
worten, die sich erst im Rahmen der poststationären Pflege zu Hause ergeben. 54
52
vgl. Dangel, B. (2004), S. 131 ff. 53
vgl. DNQP, Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege, (2004), S. 84. 54
vgl. Dangel, B. (2004), S. 140 ff.
43
5 Assessment als Teil des Expertenstandards
Aufgrund der Tatsache, dass die heutige Pflegepraxis durch immer knapper werdende
Ressourcen gekennzeichnet ist, nimmt die Bedeutung von Assessmentinstrumenten zu,
da mit Hilfe dieser Einschätzungsinstrumente eine gezielte und geplante und somit öko-
nomische Pflege der Patientinnen und Patienten gewährleistet werden kann. Wie schon in
den vorhergehenden Kapiteln erwähnt, sind Assessmentinstrumente ein wichtiger
Bestandteil für ein gelungenes Entlassungsmanagement und werden auch im Experten-
standard „Entlassungsmanagement in der Pflege“ anführt. Im vorliegenden Kapitel wird
ein Überblick über Assessments und mögliche Gründe für den derzeitigen Trend bei
Assessmentinstrumenten geliefert. Des Weiteren werden Vor- und Nachteile beim Einsatz
von standardisierten Assessmentinstrumenten in der Pflegepraxis, aber auch die aus
wissenschaftlicher Sicht verlangten Gütekriterien näher erläutert.
5.1 Begriffsverständnis und Gründe für den gegenwärtigen
Trend bei Assessmentinstrumenten
Assessments, mit deren Hilfe die Patientinnen- und Patientensituation eingeschätzt wird,
sind Grundlage einer evidenzbasierten und verantwortungsvollen Pflegepraxis. Unter dem
Begriff Assessment wird ein multidisziplinärer diagnostischer Prozess verstanden, um den
gesundheitlichen Zustand von Patientinnen und Patienten zu erfassen und im Anschluss
zu bewerten. Darauf aufbauend ist es möglich, sowohl zweckmäßige Interventionen zu
planen und durchzuführen als auch ihren Verlauf zu evaluieren. Somit ist es für die Ein-
haltung der vier Schritte des Pflegeprozesses notwendig, dass Pflegende nach einem
ausführlichen Assessment wirkungsvolle Interventionen planen, durchführen und als
letzten Schritt diese Interventionen evaluieren. Unter dem Begriff Assessment ist aber
nicht nur der erste Schritt des Pflegeprozesses gemeint, sondern auch Assessment als
Instrument, wie etwa Skalen, Fragebögen oder Tests, um Pflegephänomene oder Risiko-
faktoren zu erfassen. Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass Pflegende die
Patientin bzw. den Patienten bei ihrer Einschätzung nur bruchstückhaft erfassen und
somit ein verantwortungsbewusster Umgang mit Assessmentinstrumenten unerlässlich
ist.55
Gründe für die verstärkte Entwicklung und Anwendung von Assessmentinstrumenten und
den daraus resultierenden gegenwärtigen Assessmentboom sind einerseits der Qualitäts-
sicherungsdruck und andererseits die gesetzliche Verpflichtung, dass Handlungen in der
55
vgl. Spirig, R. et al. (2007), S. 182 ff.
44
Pflege begründet und nachvollziehbar gemacht werden müssen. Neben der Praxisan-
forderung Qualitätssicherung liegt ein weiterer Grund für den aktuellen Trend bei
Assessmentinstrumenten in der Pflegewissenschaft selbst. Nach erfolgreicher Definition
der eigenen Profession existieren immer mehr Forschungsarbeiten, die sich mit Themen
wie Pflegegrundlagen, Pflegehandeln und Pflegewirkungen beschäftigen und diese quan-
tifizieren. Dieser Quantifizierungsbedarf und unzählige Publikationen und Studien zum
Thema Assessmentinstrumente stellen begünstigende Faktoren dar, warum in der heuti-
gen Zeit eine zunehmende Auseinandersetzung mit Assessmentinstrumenten erfolgt.56
5.2 Standardisierte Assessmentinstrumente
Standardisierte Assessmentinstrumente, die wissenschaftliche Gütekriterien aufweisen
müssen, sollen Hilfestellungen für die professionelle Pflegediagnostik sein, die ein wich-
tiger Schritt im Pflegeprozess ist. In der heutigen Zeit führt somit kein Weg an standardi-
sierten Assessmentinstrumenten, also immer gleichen Instrumenten vorbei. Bei standar-
disierten Assessmentinstrumenten werden den einzelnen Kategorien, den Items des
Instruments bestimmte Zahlen zugeordnet und das durch Addition der Zahlen errechnete
Ergebnis dient den Pflegenden als Entscheidungsgrundlage für die weitere Pflege-
planung. Es besteht Grund zur Annahme, dass Pflegende diese standardisierte Form von
Assessments bevorzugt verwenden, da in unserer von Zahlen dominierten Welt so der
Anschein entsteht, dass Pflegende sich auf einem wissenschaftlich abgesicherten Terri-
torium bewegen, wenn Zahlen verwendet werden und somit das Gefühl von Wissen-
schaftlichkeit entsteht.57
Aufgrund der wissenschaftlichen Fundierung der Pflege und aufgrund der Tatsache, dass
wissenschaftliche Erkenntnisse unerlässlich für eine professionelle und vor allem
evidenzbasierte Pflegepraxis sind, werden in der heutigen Zeit vermehrt standardisierte
Assessments als Erhebungsmethode eingesetzt. In der Pflege werden seit geraumer Zeit
Pflegephänomene wie beispielsweise Sturz, Dekubitus, aber auch Schmerz oder Pflege-
abhängigkeit unter Zuhilfenahme von standardisierten Assessmentinstrumenten beurteilt.
Nicht nur in der Pflege, sondern auch in der Pädagogik, im Personalmanagement, aber
auch in der Medizin, in der Psychologie und des Weiteren in der Rehabilitation finden
standardisierte Assessmentinstrumente Anwendung.58
56
vgl. Reuschenbach, B. (2008), S. 295. 57
vgl. Bartholomeyczik, S. / Halek, M. (2004), S. 16. 58
vgl. Schrems, B. (2007), S. 218.
45
In der Pflege existieren für verschiedene Sachverhalte standardisierte
Assessmentinstrumente, sei es als inhaltlich ausgedehnte Skalen oder als kurze Check-
listen für bestimmte Fragestellungen. Um beispielsweise die Pflegebedürftigkeit einer
Patientin bzw. eines Patienten einzuschätzen stehen sowohl umfangreiche Einschät-
zungsinstrumente, als auch Screeninginstrumente, die nur einen ersten Überblick über die
Aspekte der Pflegeabhängigkeit liefern, zur Verfügung. Standardisierte
Assessmentinstrumente in Form von Skalen wurden in der Pflege schon vor vielen Jahren
zur Bewertung des Dekubitusrisikos entwickelt. Außerdem sind in anderen Bereichen eine
große Anzahl an verschiedenen Skalen oder standardisierten Instrumenten, die vom
Umfang her sehr unterschiedlich sind, vorhanden, um das Bewusstsein einer Patientin
bzw. eines Patienten zu beurteilen, das Sturzrisiko vorherzusagen, eine Mangelernährung
oder die Mobilität der Patientin bzw. des Patienten einzuschätzen, aber ebenso um die
Intensität von Schmerz zu ermitteln.59
5.2.1 Nutzen von standardisierten Assessmentinstrumenten
Standardisierte Assessmentinstrumente aber auch Screeningverfahren führen zu einer
besseren Diagnostik, da sie einerseits die pflegerische Diagnostik lenken, andererseits
aber auch eine gedächtnisunterstützende Funktion besitzen. Wenn Pflegende nämlich
verpflichtet sind, standardisierte Einschätzungsinstrumente in der Pflegepraxis anzuwen-
den, wird durch den Checklistencharakter des Instruments kein abzufragender Inhalt
übersehen. Die durch das Assessment als Erhebungsinstrument zusätzlich gewonnenen
schriftlichen Informationen sind nur dann von Nutzen, wenn die gesammelten Daten in
Folge sinnvoll verwertet werden.60
Es existieren aber auch noch zusätzliche Gründe, warum Assessmentinstrumente
standardisiert in der Pflegepraxis verwendet werden sollen. Ein Grund ist der, dass Daten
für die Dokumentation in der heutigen Zeit mittels EDV erfasst werden und somit die
Dokumentation erleichtert wird. Durch die Tatsache, dass die EDV Software einen inhalt-
lichen Rahmen vorgibt, erhalten Assessmentinstrumente eine gültige Struktur. Jedoch
muss die Pflegeperson fachliches Wissen für die Anwendung der EDV Software besitzen
und sich auch an die EDV Software anpassen, obwohl sie beispielsweise andere Kern-
elemente dokumentieren würde. Aber auch in Papierform bringen standardisierte
Assessmentinstrumente einen Nutzen aufgrund der Tatsache, dass Pflegende grundsätz-
59
vgl. Bartholomeyczik, S. / Hunstein, D. (2005), S. 315. 60
vgl. a. a. O., S. 316.
46
lich beim zutreffenden Item ankreuzen müssen und somit ein umfassender Schreib-
aufwand entfällt, was wiederum die Dokumentation erleichtert.
Ein weiteres Argument für die Standardisierung von Assessmentinstrumenten ist es, dass
dadurch Vergleiche leichter durchzuführen sind. Es ist daher möglich, Verläufe einzelner
Patientinnen und Patienten aufzuzeigen und Informationen oder Gruppen von Patientin-
nen und Patienten zu vergleichen. Folglich sind standardisierte Assessmentinstrumente
nicht nur in der direkten Pflegeplanung sondern auch bei der Entlassungsplanung und
auch als Übergabe- oder Überleitungsinstrument von weit reichender Bedeutung. Nicht zu
vergessen ist der Einsatz von standardisierten Assessmentinstrumenten bei der Evalua-
tion und bei der Bewertung der Pflegequalität, denn ein Vergleich von organisatorischen
Einrichtungen kann z. B. als Benchmarking bei Qualitätskontrollsystemen stattfinden.61
5.2.2 Grenzen von standardisierten Assessmentinstrumenten
Standardisierte Assessmentinstrumente haben natürlich auch ihre Grenzen. Die Tat-
sache, dass die Kategorien, die Items der Instrumente fixiert sind und im Bedarfsfall bei
der einzelnen Patientin bzw. beim einzelnen Patienten nicht geändert oder erweitert wer-
den können, stellt in der Pflege, wo die Individualität der Patientin bzw. des Patienten
groß geschrieben wird, oft ein Problem dar. Um für alle möglichen Gruppen von Patientin-
nen und Patienten und für alle individuellen Eventualitäten Geltung zu erlangen, müsste
ein standardisiertes Assessmentinstrument bezüglich der abgefragten Items sehr umfas-
send gestaltet sein. Dies würde aber die Handhabbarkeit des Instruments sprengen.62
Damit Assessmentinstrumente sinnvoll genutzt werden können, muss die Anwendung des
Instruments ausreichend und verständlich beschrieben sein und die Kategorien der
Assessmentinstrumente müssen präzise definiert sein. Zusätzlich sollen die Pflegenden
diese Definitionen verinnerlicht haben und über eine allgemeine Kompetenz für pflege-
rische Diagnostik, die einen wichtigen Teil des Pflegeprozesses darstellt, verfügen.
Jedoch zeigt sich in der Pflegepraxis oft, dass Instrumente ohne Reflexion verwendet
werden. Analysen von Pflegedokumentationen offenbaren, dass die durch das standardi-
sierte Assessment gewonnenen Informationen nicht in der Pflegedokumentation auf-
scheinen und somit nicht für die weitere Maßnahmenplanung genutzt werden. Wenn
daher die aus dem Assessment erhobenen Probleme und Risiken der Patientin bzw. des
Patienten nicht in der Pflegedokumentation festgehalten werden und die Planung der
61
vgl. a. a. O., S. 18. 62
vgl. a. a. O., S. 19.
47
weiteren Pflegemaßnahmen nicht auf dem zuvor durchgeführten Assessment aufbaut,
wird das standardisierte Assessment nicht als solches genutzt.63
Bei standardisierten Assessmentinstrumenten besteht auch oft die Gefahr, dass sie in die
Einzelstränge pflegerisches und ärztliches Assessment zerfallen und es so zu Über-
schneidungen und Lücken in der Pflegedokumentation kommt. Sowohl Lücken als auch
Überschneidungen sollen aber auf Grund von knappen Ressourcen im Gesundheits-
wesen so weit wie möglich vermieden werden. Dies kann gewährleistet werden, wenn
multidisziplinäre Assessments bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten für die
Informationssammlung verwendet werden und der Einschätzungsprozess multidisziplinär
durchgeführt wird. Denn nur bei multidisziplinärer Zusammenarbeit aller an der Patientin-
nen- und Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen ist es möglich, dass die durch
das umfassende Assessment gewonnenen Informationen auch zu aufeinander ab-
gestimmten Interventionen führen.64
5.2.3 Anforderungen an standardisierte Assessmentinstrumente aus wissen-
schaftlicher Sicht
Für einen sinnvollen Einsatz von standardisierten Assessmentinstrumenten als Hilfsmittel
in der Pflegepraxis sind nicht nur an die Pflegenden als Anwenderinnen und Anwender
bestimmte Anforderungen wie etwa entsprechende Kompetenz zu stellen, sondern auch
an die Einschätzungsinstrumente selbst. Da die drei wichtigsten traditionellen Gütekrite-
rien Objektivität, Reliabilität und Validität ihren Ursprung in der Psychologie haben, wer-
den sie auch meist in der Pflegewissenschaft als psychometrische Kennwerte oder test-
theoretische Gütekriterien bezeichnet. Bevor standardisierte Assessmentinstrumente in
der Pflegepraxis verwendet werden dürfen, sind möglichst viele Gütekriterien des Instru-
ments zu untersuchen, denn nicht jedes valide und reliable Instrument ist auch praxis-
tauglich und im Gegensatz dazu erfüllt nicht jedes in der Praxis bewährte Einschätzungs-
instrument die geforderten wissenschaftlichen Kriterien.65
Das Gütekriterium Objektivität eines Assessmentinstruments liegt vor, wenn Personen die
das Assessment durchführen, auswerten oder interpretieren zu gleichen Ergebnissen
kommen und das Ergebnis somit unabhängig von der jeweils ausführenden Person ist.
Die Objektivität kann in Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität
63
vgl. a. a. O., S. 456 f. 64
vgl. Spirig, R. et al. (2007), S. 183. 65
vgl. Reuschenbach, B. (2008), S. 296.
48
eingeteilt werden. Schulungen der Anwenderinnen und Anwender oder der Erlass von
möglichst genauen Durchführungsrichtlinien führen zu einer Steigerung der Objektivität.66
Die Reliabilität (Zuverlässigkeit) einer quantitativen Messgröße ist ein wichtiges Merkmal
zur Bewertung der Qualität. Reliabilität bezieht sich auf die Konsistenz, mit der ein Instru-
ment das Attribut misst. Je weniger unterschiedliche Werte das gleiche Messinstrument
bei wiederholten Messungen des Attributs hervorbringt, desto höher ist seine Reliabilität.
Bei der Reliabilitätsüberprüfung wird untersucht, ob das Messergebnis unabhängig von
der messenden Person stabil bleibt. Es werden drei Aspekte der Reliabilität unter-
schieden, nämlich Stabilität, interne Konsistenz und Äquivalenz. Die Reliabilität wird mit
dem Reliabilitätskoeffizienten ermittelt, wobei dieser einen Wert zwischen 0,00 und 1,00
aufweisen kann. Je höher der Reliabilitätskoeffizient ist, umso mehr wird das Gütekri-
terium Reliabilität erfüllt.67
Während die Reliabilität als technische Qualität bezeichnet wird, befasst sich die Validität
mit der Qualität der Inhalte. Die Validität (Gültigkeit) ist der Grad mit dem ein Instrument
misst, was es messen soll. Bei der Beurteilung der Validität sind drei Aspekte von großer
Relevanz, nämlich Inhalts-, Kriteriums- und Konstruktvalidität. Der Validitätskoeffizient, mit
dem die Validität eines Instruments festgestellt wird, kann einen Wert zwischen 0,00 und
1,00 erreichen und sollte für ein valides Instrument einen Wert von mindestens 0,70 auf-
weisen.68
Spezifität und Sensitivität sind Indikatoren für die Validität und sind bei
Assessmentinstrumenten bei Werten von 0,80 gegeben. Die Sensitivität (Richtig-positiv-
Rate) zeigt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine erkrankte Person ein positives Test-
ergebnis hat. Umgekehrt zeigt die Spezifität (Richtig-negativ-Rate) die Wahrscheinlichkeit
an, mit der eine nicht erkrankte Person ein negatives Testergebnis hat. Bevor ein Instru-
ment tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird, müssen neben den Hauptgütekriterien
auch Nebengütekriterien wie z. B. die Praktikabilität, die Einfachheit und die Verständlich-
keit bei der Handhabung, Durchführung und Auswertung überprüft werden.69
Bei der Überprüfung des Nebengütekriteriums Praxistauglichkeit eines standardisierten
Assessmentinstruments wird ermittelt, ob die Anwenderinnen und Anwender von der
Eignung des Instruments überzeugt sind. Damit Assessmentinstrumente bei den
66
vgl. Fritz, E. (2007), S. 9. 67
vgl. Polit, D. F. et al. (2004), S. 295 ff. 68
vgl. a. a. O., S. 298 ff. 69
vgl. Fritz, E. (2007), S. 9.
49
Pflegenden auf Akzeptanz und nicht auf Widerstand stoßen ist es wichtig, dass Pflegende
so früh wie möglich in die Entwicklung des Assessmentinstruments einbezogen werden
und Verbesserungsvorschläge liefern. Bei der Untersuchung der Praktikabilität wird des
Weiteren getestet, ob und in welchem Umfang das Einschätzungsinstrument einen posi-
tiven Einfluss auf die Pflegequalität hat und ob das Instrument einfach in der Anwendung
ist. Der gewonnene Nutzen muss in einem angemessenen Verhältnis zum Mehraufwand
stehen. Dieser Mehraufwand kann durch umfangreiche Schulung der Pflegenden oder
durch die zusätzliche Zeit, die für das Ausfüllen des Assessmentinstruments benötigt wird,
entstehen. Erst wenn die Gütekriterien des Instruments durch eine methodische Über-
prüfung wissenschaftlich getestet wurden und Tests zur Praktikabilität durchgeführt wur-
den, ist es möglich, dass Instrumente sinnvoll in der Pflegepraxis eingesetzt werden.70
70
vgl. Reuschenbach, B. (2008), S. 296.
50
6 Blaylock-Risk-Assessment-Screening-Score
(BRASS-Index)
Ein wichtiges Assessmentinstrument für das Entlassungsmanagement ist der Blaylock-
Risk-Assessment-Screening-Score, kurz BRASS-Index genannt. Da dieses Einschät-
zungsinstrument in der vorliegenden Masterarbeit eine große Rolle spielt, werden im
Folgenden seine Entstehungsgeschichte, sein Aufbau, seine Gütekriterien und Gründe für
den Einsatz des BRASS-Index näher beschrieben.
6.1 Entstehungsgeschichte des BRASS-Index
Der BRASS-Index, in der ursprünglichen Fassung auf die speziellen Anliegen von
65-jährigen oder älteren Patientinnen und Patienten zugeschnitten, wurde 1992 von Ann
Blaylock und Carolyn L. Cason als Teil eines Entlassungsplanungssystems in den USA
entwickelt. Es ging in erster Linie darum, Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die
ein erhöhtes Risiko für einen verlängerten Krankenhausaufenthalt aufweisen und die folg-
lich ein umfassendes Entlassungsmanagement benötigen. Ann Blaylock entschied sich
bewusst für 65-jährige oder ältere Patientinnen und Patienten, da diese Gruppe ihrer
Meinung nach am meisten von der Entlassungsplanung profitieren würde und bis zu
diesem Zeitpunkt noch kein geeignetes Assessmentinstrument für ältere Patientinnen und
Patienten existierte.
Auch wurde schon zur Zeit der Entwicklung des BRASS-Index mithilfe von Literatur-
quellen belegt, dass ältere Patientinnen und Patienten ein höheres Risiko für längere und
wiederholte Krankenhausaufenthalte aufweisen. Ann Blaylock fand heraus, dass dieses
Risiko durch die Zuhilfenahme einer umfangreichen Entlassungsplanung und durch eine
frühzeitige Identifikation jener Patientinnen und Patienten, die ein Entlassungsmanage-
ment benötigen, gesenkt werden kann. Dazu bedarf es jedoch eines geeigneten
Einschätzungsinstruments.71
6.2 Beschreibung des BRASS-Index
Das Assessmentinstrument BRASS-Index für die Entlassungsplanung besteht aus zehn
Items, die auf Defizite der Patientin bzw. des Patienten bei der Versorgung hindeuten
sollen. Diese Items umfassen das Alter der Patientin bzw. des Patienten, die Lebens-
situation und den Umfang der möglichen sozialen Unterstützung, aber auch die kognitiven
71
vgl. Blaylock, A. / Cason, C. L. (1992), S. 6.
51
Fähigkeiten der Patientin bzw. des Patienten werden eingeschätzt. Des Weiteren wird
beim BRASS-Index als Initialassessment zum Entlassungsmanagement der funktionelle
Status durch die Anteile aus den ATL´s (Aktivitäten des täglichen Lebens) gemessen und
durch die instrumentellen Aktivitäten bestimmt. Mithilfe der weiteren Items werden das
Verhaltensmuster der Patientin bzw. des Patienten, die Mobilität, existierende sensorische
Defizite, aber auch die Anzahl vorhergehender Krankenhausaufenthalte oder Aufsuchen
der Notaufnahme erfasst. Zusätzlich werden die Anzahl der medizinischen Diagnosen und
die Anzahl aller verordneten Medikamente erhoben.
Mit Hilfe des BRASS-Index werden zehn Bereiche der Patientin bzw. des Patienten beur-
teilt, indem die Pflegeperson die jeweilige Wahlmöglichkeit bei jedem Item auf dem
BRASS-Index markiert, welche am ehesten auf die Patientin bzw. den Patienten zutrifft.
Jedes dieser Items hat eine bzw. mehrere Einschätzungsmöglichkeiten mit zugeteilten
Punktewerten. Durch die Addition dieser Punktewerte können sich Werte zwischen Null
und 40 ergeben und der errechnete Wert gibt einen Hinweis auf den Bedarf der Patientin
bzw. des Patienten für ein ausgeprägtes Entlassungsmanagement. Bei der Original-
version der BRASS-Index beträgt der Cutt-Off-Wert 10 Punkte. Das bedeutet, dass bei
zehn oder mehr Punkten die Notwendigkeit eines gezielten Entlassungsmanagements
besteht.72
Ein errechneter Wert unter 10 Punkten deutet in der Originalversion darauf hin, dass die
Patientin bzw. der Patient keinen Bedarf für ein Entlassungsmanagement und einen nied-
rigen Risikofaktor aufweist. Werte zwischen zehn und 19 Punkten bedeuten einen mittel-
mäßigen Risikofaktor und legen dar, dass eine ausgeprägte Entlassungsplanung benötigt
wird. Bei einem Wert von über 19 Punkten existiert eine erhöhte Risikostufe und diese
deutet darauf hin, dass die Probleme der Patientin bzw. des Patienten enorm sind. Aus
dem Grund ist ein ausführliches Entlassungsmanagement erforderlich und vermutlich wird
die Patientin bzw. der Patient in ein Pflegeheim, in ein anderes Krankenhaus oder in eine
Rehabilitationseinrichtung entlassen.73
6.3 Gütekriterien des BRASS-Index
Bezüglich der Gütekriterien des ursprünglichen BRASS-Index kann gesagt werden, dass
Ann Blaylock dem Assessmentinstrument eine hohe Validität und eine hohe Interrater-
72
vgl. Engeln, M. et al. (2006), S. 546. 73
vgl. Blaylock, A. / Cason, C. L. (1992), S. 6.
52
Reliabilität bescheinigte.74 Weitere Untersuchungen zur Vorhersagekraft des BRASS-
Index zeigten, dass das Assessmentinstrument bei einfacher Anwendbarkeit eine gute
Vorhersagekraft und Inhaltsvalidität besitzt, da alle Items des Instruments mögliche
Risiken nach der Entlassung vorhersagen können.
Ob diese Ergebnisse der englischsprachigen Originalversion auch auf den in die deutsche
Sprache übersetzten BRASS-Index zutreffen, wurde in einer Studie der Katholischen
St.-Johannes-Gesellschaft Dortmund gGmbH untersucht. Zur Berechnung der Sensitivität
und Spezifität wurden 566 Patientinnen und Patienten eingeschätzt. Bei einem Cutt-Off-
Wert von 10 Punkten betrug die Spezifität 99,2 % und die Sensitivität 87,5 %. Da in die-
sem Fall die Sensitivität zu gering erschien und somit die Gefahr einer Unterversorgung
der Patientinnen und Patienten aufgrund der verminderten Versorgungsqualität möglich
wäre, wurde eine erneute Berechnung mit einem Cutt-Off-Wert von neun Punkten durch-
geführt. Die Sensitivität betrug in diesem Fall bei der deutschen Übersetzung des BRASS-
Index 96,2 % und die Spezifität 97,1 %.75
Zur Ermittlung der Interrater-Reliabilität wurden Patientinnen und Patienten von Pflege-
kräften, die in der Anwendung des modifizierten BRASS-Index geschult waren, unab-
hängig voneinander danach eingeschätzt, ob sie einen Bedarf für ein Entlassungs-
management oder keinen Bedarf dafür aufweisen. 110 doppelte Einschätzungen wurden
untersucht und der Grad der Übereinstimmung zwischen jeweils zwei Einschätzern wurde
mittels Kappa-Koeffizienten nach Cohen ermittelt und ergab einen Kappa-Koeffizient von
k = 0,75. Von den 110 doppelten Einschätzungen wurden 97 Einschätzungen über-
einstimmend eingeschätzt und bei 13 lag keine Übereinstimmung vor.
Die in der vorliegenden Untersuchung in Deutschland 2006 ermittelten Ergebnisse zeig-
ten, dass die deutsche Version des BRASS-Index sehr gute Messeigenschaften hinsicht-
lich Reliabiliät und Sensitivität aufweist und das Assessmentinstrument auch praktikabel
ist, da die zeitlichen und personellen Ressourcen für den Einsatz gering sind. Mithilfe
dieses Einschätzungsinstruments kann folglich eine sichere Unterscheidung zwischen
Patientinnen bzw. Patienten mit und ohne Bedarf für ein Entlassungsmanagement vor-
genommen und der poststationäre Versorgungsbedarf sicher erkannt werden.76
74
vgl. Engeln, M. et al. (2006), S. 546. 75
vgl. a. a. O., S. 547 f. 76
vgl. a. a. O., S. 548 f.
53
In einer anderen Untersuchung wurde schon 1999 die niederländische Version des
BRASS-Index hinsichtlich seiner prädiktiven bzw. prognostischen Validität untersucht.
Dazu wurden mit einer prospektiven Longitudinalstudie bei 503 über 65-jährigen Patien-
tinnen und Patienten jeweils bei der Aufnahme, Entlassung und sieben bzw. 30 Tage
nach der Entlassung mittels verschiedenen Fragebögen Daten erhoben. Es wurde unter
anderem untersucht, wie lange die Patientinnen und Patienten stationär aufgenommen
waren, ob sie nach Hause oder in eine andere Gesundheitseinrichtung entlassen wurden,
ob Probleme nach der Entlassung auftraten und welche Probleme dies waren. Für die
Analyse der prädiktiven Validität wurden verschiedene Hypothesen aufgestellt, die alle
bestätigt werden konnten. Bezüglich der prädiktiven Validität kann gesagt werden, dass
der BRASS-Index ein sinnvolles Instrument ist, um den Bedarf für ein Entlassungs-
management vorauszusagen. Des Weiteren korrelieren die ermittelten BRASS-Index-
Werte mit den Problemen die Patientinnen und Patienten nach der Entlassung haben, sei
es bezüglich ihres funktionellen Status oder des generellen Gesundheitsstatus. Denn je
höher der ermittelte BRASS-Index-Wert, umso mehr Probleme ergeben sich nach der
Entlassung für die Patientin bzw. den Patienten. Jedoch zeigte sich auch in dieser Unter-
suchung, dass die Sensitivität bei einem Cutt-Off-Wert von zehn zu gering ist.77
6.4 Gründe für den Einsatz des BRASS-Index
Die Literatur zeigt, dass schon 1885 über die Notwendigkeit einer Entlassungsplanung
gesprochen wurde. Schon damals wurde erkannt, dass die Interessen der Patientin bzw.
des Patienten im Krankenhaus vertreten werden müssen. Auch sollte eine geschulte
Pflegeperson der Patientin bzw. dem Patienten erklären, wie weiteren Krankheiten nach
der Entlassung vorbeugt werden kann und welche Hilfsmittel der Patientin bzw. dem
Patientin zur Verfügung stehen, um bereits bestehende Krankheiten zu behandeln. Auch
war schon vor über 100 Jahren bekannt, dass die Pflegeperson entweder die Patientin
bzw. den Patienten dabei unterstützen sollte, die Selbständigkeit wieder zu erlangen,
oder, wenn dies nicht möglich war, Hilfe für die Patientin bzw. den Patienten nach der
Entlassung zu organisieren. Somit stellte schon 1885 die Entlassungsplanung eine
Schlüsselrolle für die Kontinuität der Pflege dar. Wenn die Kontinuität nicht gegeben war,
wurde das Ziel der Pflege verfehlt. Um das Ziel der Kontinuität in der Pflege zu gewähr-
leisten ist der Einsatz eines passenden Assessmentinstruments unbedingt erforderlich.78
77
vgl. Mistiaen. P. et al. (1999), S. 1050ff. 78
vgl. Blaylock, A. / Cason, C. L. (1992), S. 5.
54
Die Sicherstellung der Versorgungskontinuität nach der Entlassung gewinnt auch in der
heutigen Pflegepraxis immer mehr an Bedeutung, da Patientinnen und Patienten aufgrund
der verkürzten Verweildauer manchmal noch mit bestehendem Pflege- und Versorgungs-
bedarf aus dem Krankenhaus entlassen werden müssen. Damit die Versorgungskonti-
nuität der Patientinnen und Patienten auch in der poststationären Phase nach dem Kran-
kenhausaufenthalt qualitativ hochwertig gewährleistet wird, ist es notwendig, frühzeitig mit
einem strukturierten und multiprofessionellen Entlassungsmanagement zu beginnen, um
gezielt Maßnahmen treffen zu können.
Um Patientinnen und Patienten zu identifizieren, die einen Bedarf für ein Entlassungs-
management haben, wird vom DNQP die Empfehlung ausgesprochen, diese durch den
Einsatz eines Initialassessments herauszufiltern. Das Instrument sollte innerhalb eines
bestimmten Zeitraums nach der Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten den Unter-
stützungs- und Betreuungsbedarf während des stationären Aufenthalts und auch nach der
Entlassung aus dem Krankenhaus objektiv einschätzen. Des Weiteren sollte das Instru-
ment einfach in der Handhabung und praktikabel sein. Das Instrument, das diesen Anfor-
derungen entspricht, ist der englischsprachige BRASS-Index. Dieses
Assessmentinstrument liefert, wie schon zuvor bei den Gütekriterien erwähnt, gute Mess-
eigenschaften hinsichtlich Sensitivität, Spezifität und Interrater-Reliabilität und unterschei-
det sicher zwischen Patientinnen bzw. Patienten mit und ohne Bedarf für ein Entlas-
sungsmanagement. Somit erfüllt der BRASS-Index alle vom DNQP verlangten Anfor-
derungen.79
79
vgl. Engeln, M. et al. (2006), S. 545.
55
7 Befragung von Pflegenden
Im folgenden Kapitel wird die Vorgehensweise der Fragebogenentwicklung, der Pretest
und die Befragung von Pflegenden näher erläutert. Da das Ziel dieser Masterarbeit darin
besteht, die Notwendigkeit des Einsatzes des BRASS-Index als Instrument des Entlas-
sungsmanagements zu konkretisieren und herauszufinden, ob der BRASS-Index geeignet
ist, Patientinnen und Patienten herauszufiltern, welche ein Entlassungsmanagement
benötigen, wurden wie schon erwähnt, Pflegende, die dieses Einschätzungsinstrument
bereits im Pflegealltag anwenden, mittels Fragebogen zu diesem Thema befragt.
7.1 Fragebogenentwicklung
Die Fragestellung, die in dieser Masterarbeit beantwortet werden soll, lautet: Ist der
BRASS-Index geeignet, um bei Patientinnen und Patienten jene herauszufiltern, welche
ein Entlassungsmanagement benötigen?
Um diese Frage zu beantworten, wurde von mir ein Fragebogen entwickelt. Dieser Frage-
bogen „BRASS-Index“ befindet sich im Anhang der vorliegenden Masterarbeit.
Nach umfassender Literaturrecherche zum Thema BRASS-Index fand zu Beginn der
Fragebogenentwicklung eine Unterredung mit Herrn Mag. Pichler und Herrn Oberpfleger
Glawogger, MSc. statt, da beide bereits Befragungen zum Thema BRASS-Index durch-
geführt haben. Dadurch erhielt ich weitere Denkanstöße für meinen Fragebogen.
Nachdem die Grobfassung des Fragebogens erstellt war, erfolgten Gespräche mit Pfle-
genden zum Thema BRASS-Index. Auch dieser Gedankenaustausch lieferte weitere
Anregungen für meinen Fragebogen „BRASS-Index“.
Der endgültige Fragebogen „BRASS-Index“ gliederte sich in fünf Teile. Der erste Teil
beinhaltete Angaben zur Person und zum Tätigkeitsbereich. Im zweiten Abschnitt des
Fragebogens wurden Fragen zur Einführung des BRASS-Index gestellt, und der dritte
Teilbereich beinhaltete Aussagen zum BRASS-Index. Teil vier des Fragebogens enthielt
Fragen zur Erhebung des BRASS-Index und abschließend umfasste der fünfte Bereich
Fragen zu den Vor- und Nachteilen des BRASS-Index.
7.2 Pretest
Im Zeitraum vom 17. Juni bis 29. Juni 2009 wurde ein Pretest des erarbeiteten Frage-
bogens im LKH-Universitätsklinikum Graz durchgeführt. Der Pretest wurde von zehn
56
Pflegenden ausgefüllt. Es stellte sich heraus, dass alle im Fragebogen gestellten Fragen
verständlich waren. Dennoch wurden von mir geringe Änderungen bei einigen Fragen
vorgenommen.
7.3 Datenerhebung
Zwischen 6. Juli 2009 und 16. August 2009 erfolgte die endgültige Datenerhebung bei
Pflegenden. Im LKH-Universitätsklinikum Graz und im Krankenhaus der Stadt Dornbirn
wurden auf den Stationen, die den BRASS-Index bereits im Pflegealltag verwenden,
Pflegende mittels Fragebogen zum Thema BRASS-Index befragt. Insgesamt wurden in
den zwei Krankenhäusern 112 Fragebögen an Pflegende ausgegeben. 60 Fragebögen
wurden ausgefüllt zurückgesendet. Die Rücklaufquote betrug somit 53,5 %. Nach dem
Einlangen der Fragebögen wurden die erhobenen Daten in das Statistikprogramm SPSS
16 eingegeben und mithilfe dieses Programms ausgewertet.
57
8 Ergebnisse des Fragebogens
In diesem Kapitel werden sowohl die erhobenen Daten für jeden der fünf Bereiche des
Fragebogens als auch bereichsübergreifende Ergebnisse dargestellt und im Abschluss
werden die Ergebnisse des Fragebogens „BRASS-Index“ zusammengefasst.
8.1 Teil 1: Angaben zur Person und zum Tätigkeitsbereich
Geschlecht
Geschlecht
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
männlich 3 5,0 5,0 5,0
weiblich 57 95,0 95,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 1: Geschlecht Grafik 1: Geschlecht
Von den 60 Pflegenden die den Fragebogen „BRASS-Index“ ausfüllten, waren 95 %
weiblich. Dies zeigt, dass das Gesundheitswesen noch immer ein Bereich ist, der von
Frauen dominiert wird.
Alter
Alter
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
unter 20 Jahre 1 1,7 1,7 1,7
21 – 35 Jahre 32 53,3 53,3 55,0
36 – 50 Jahre 17 28,3 28,3 83,3
über 50 Jahre 10 16,7 16,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 2: Alter Grafik 2: Alter
Der größte Teil der Befragten, nämlich 53,3 %, war zwischen 21 und 35 Jahre alt. 28,3 %
der Pflegenden waren zwischen 36 und 50 Jahre alt. Zur drittgrößten Gruppe zählten mit
16,7 % die über 50-Jährigen und 1,7 % der befragten Pflegenden waren unter 20 Jahren.
58
Funktion
Funktion
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
Leitende(r) Stationsschwester/ Stationspfleger
7 11,7 11,7 11,7
Diplomierte(r) Gesundheits- und Krankenschwester/ Krankenpfleger
53 88,3 88,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 3: Funktion Grafik 3: Funktion
88,3 % der Pflegenden, die den Fragebogen „BRASS-Index“ ausfüllten, waren diplomier-
tes Pflegepersonal und 11,7 % hatten eine leitende Funktion inne.
Einsatzbereich
Einsatzbereich
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
Station Innere Medizin 36 60,0 60,0 60,0
Station Chirurgie 17 28,3 28,3 88,3
Station Neurochirurgie 7 11,7 11,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 4: Einsatzbereich Grafik 4: Einsatzbereich
Die Einsatzbereiche der Befragten waren die Stationen Innere Medizin, Chirurgie und
Neurochirurgie. Von den 60 Befragten waren 36 (60 %) auf der Station Innere Medizin, 17
(28,3 %) auf der Station Chirurgie und 7 (11,7 %) auf der Station Neurochirurgie beschäf-
tigt.
59
Berufsdauer
Berufsdauer
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
unter 3 Jahre 9 15,0 15,0 15,0
3 - 5 Jahre 10 16,7 16,7 31,7
6 - 10 Jahre 12 20,0 20,0 51,7
11 - 20 Jahre 14 23,3 23,3 75,0
21 -30 Jahre 7 11,7 11,7 86,7
über 30 Jahre 8 13,3 13,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 5: Berufsdauer Grafik 5: Berufsdauer
Von den Pflegenden übten 15 % ihren Beruf seit weniger als 3 Jahren aus. 16,7 % waren
seit 3 bis 5 Jahren als Pflegende tätig und 20 % arbeiten seit 6 bis 10 Jahren im Pflege-
bereich. 23,3 % der Befragten waren seit 11 bis 20 Jahren und 11,7 % seit 21 bis 30 Jah-
ren als Pflegende tätig. 13,3 % der hier mittels Fragebogen befragten Pflegenden übten
ihren Beruf seit über 30 Jahren aus.
8.2 Teil 2: Fragen zur Einführung des BRASS-Index
Einführungsphase
Hat es bei der Einführung des BRASS-Index auf Ihrer Station eine Einführungsphase gegeben?
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Kumulierte Prozente
ja 19 31,7 31,7 31,7
nein 39 65,0 65,0 96,7
keine Angabe 2 3,3 3,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 6: Einführungsphase Grafik 6: Einführungsphase
65 % der Befragten gaben an, dass es bei der Einführung des BRASS-Index auf ihrer
Station keine Einführungsphase gegeben hat. Bei 31,7 % fand eine Einführungsphase
statt und 3,3 % der Pflegenden gaben keine Angabe hinsichtlich einer Einführungsphase.
60
Probleme in der Einführungsphase
Falls es eine Einführungsphase gegeben hat, sind dabei Probleme aufgetreten?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 2 3,3 3,3 3,3
nein 20 33,3 33,3 36,7
keine Angabe 38 63,3 63,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 7: Probleme in der Einführungsphase Grafik 7: Probleme in der Einführungsphase
Auf die Frage, ob es Probleme in der Einführungsphase gegeben hat, antworteten 3,3 %
mit ja, 33,3 % mit nein und 63,3 % der befragten Pflegenden gaben keine Antwort auf
diese Frage. Einige Pflegende gaben an, dass sie diese Frage nicht beantworten können,
da sie bei der Einführung des BRASS-Index noch nicht auf der Station tätig waren.
Probleme in der Einführungsphase entstanden dadurch, dass Pflegende in der Einfüh-
rungsphase vergaßen, den BRASS-Index auszufüllen. Auch wurde berichtet, dass es
Pflegenden zu Beginn schwer fiel, bestimmte Fragen des BRASS-Index zu beantworten,
z. B. bezüglich des Umgangs der Patientinnen und Patienten mit eigenen Finanzen oder
deren Verhalten bei der Benützung von Verkehrsmitteln. Auch wurde erwähnt, dass es zu
Informationsdefiziten kam, da nicht alle Pflegepersonen direkt eingeschult wurden. Des
Weiteren kam es zu Problemen in der Einführungsphase des BRASS-Index, da Pflegende
in der Anfangsphase nicht wussten, ob die Sozialarbeiterin bzw. der Sozialarbeiter oder
die Versorgungskoordinatorin bzw. der Versorgungskoordinator verständigt werden muss,
wenn sich nach der Auswertung des BRASS-Index ein Wert von über 9 Punkten ergab.
Einschulung
Hat es vor dem Einsatz des BRASS-Index eine Einschulung gegeben?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 7 11,7 11,7 11,7
nein 49 81,7 81,7 93,3
keine Angabe 4 6,7 6,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 8: Einschulung Grafik 8: Einschulung
61
Von den 60 Befragten wurden 7 Pflegende (11,7 %) vor dem Einsatz des BRASS-Index
geschult. 49 Pflegende (81,7 %) gaben an, dass es keine Einschulung gegeben hat und
4 Befragte (6,7 %) gaben keine Auskunft zum Thema Einschulung. Einschulungen er-
hielten Pflegende z. B. von der Stationsleitung oder von der Versorgungskoordinatorin
bzw. dem Versorgungskoordinator. Pflegende berichteten, dass sie bei der Einschulung
eine Erklärung der einzelnen Bereiche des BRASS-Index erhielten, und dass ihnen an
einem Beispiel aus der Pflegepraxis erläutert wurde, wie das Assessmentinstrument
BRASS-Index funktioniert. Des Weiteren wurden Erfahrungsberichte von Stationen, die
den BRASS-Index bereits in Pflegealltag verwendeten, eingeholt.
Weitere Schulungen bzw. Fortbildungen
Besuchen Sie weiterhin Schulungen bzw. Fortbildun-gen zum Thema BRASS-Index?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
nein 57 95,0 95,0 95,0
keine Angabe 3 5,0 5,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 9: Weitere Schulungen bzw. Fortbildungen Grafik 9: Weitere Schulungen bzw. Fort- bildungen
Die Frage, ob die Befragten weiterhin Schulungen bzw. Fortbildungen zum Thema
BRASS-Index besuchen, beantworten 95 % mit nein und 5 % gaben keine Antwort. Der
Besuch von weiteren Schulungen bzw. Fortbildungen wird von einigen Befragten als
absolut nicht notwendig angesehen.
Ausfüllen ohne Schulung
Ist das Ausfüllen des BRASS-Index auch ohne Schulung der Pflegeperson möglich?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 53 88,3 88,3 88,3
nein 4 6,7 6,7 95,0
keine Angabe 3 5,0 5,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 10: Ausfüllen ohne Schulung Grafik 10: Ausfüllen ohne Schulung
62
53 Befragte (88,3 %) gaben an, dass das Ausfüllen des BRASS-Index auch ohne Schu-
lung der Pflegeperson möglich ist. 4 Pflegende (6,7 %) waren nicht dieser Meinung und
3 Befragte (5 %) machten dazu keine Angabe.
Leiterin bzw. Leiter der Einführungsphase
Wer hat die Einführungsphase geleitet bzw. begleitet?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
Pflegedienstleitung 4 6,7 6,7 6,7
Stationsleitung 32 53,3 53,3 60,0
Sonstige 14 23,3 23,3 83,3
keine Angabe 10 16,7 16,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 11: Leiterin bzw. Leiter der Einführungsphase
Grafik 11: Leiterin bzw. Leiter der Einführungsphase
Auf die Frage, wer die Einführungsphase geleitet bzw. begleitet hat, gaben 6,7 % an, dass
dies die Pflegedienstleitung war. Bei 53,3 % der Befragten war die Leiterin bzw. der Leiter
der Einführungsphase die Stationsleitung. 23,3 % der Pflegenden antworteten, dass
sonstige Personen wie z. B. die Versorgungskoordinatorin bzw. der Versorgungskoor-
dinator, die Sozialarbeiterin bzw. der Sozialarbeiter oder Pflegende untereinander die
Einführungsphase leiteten bzw. begleiteten. In einigen Fällen wurde erwähnt, dass nie-
mand die Einführungsphase geleitet bzw. begleitet hat.
8.3 Teil 3: Aussagen zum BRASS-Index
Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar
Der BRASS-Index ist für Pflegepersonen ohne Schwierigkeiten auszufüllen.
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
stimme sehr zu 24 40,0 40,0 40,0
stimme eher zu 27 45,0 45,0 85,0
teils/teils 8 13,3 13,3 98,3
lehne sehr ab 1 1,7 1,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 12: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar Grafik 12: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar
63
24 Pflegende (40 %) stimmten der Aussage, dass der BRASS-Index für Pflegepersonen
ohne Schwierigkeiten ausfüllbar ist, sehr zu. 27 Befragte (45 %) stimmten ihr eher und
8 Befragte (13,3 %) stimmten teils/teils zu. Eine Pflegeperson (1,7 %) lehnte die Aussage
sehr ab. Ein Grund für die Ablehnung dieses Statements ist, dass gefragte Informationen
nicht immer schnell und ohne Probleme zu erheben sind, etwa ist bei desorientierten
Patientinnen und Patienten die Erhebung des BRASS-Index zeitlich sehr aufwändig. Ein
weiterer Grund für die Schwierigkeiten beim Auszufüllen ist der, dass Voraufenthalte oft
mühsam herauszusuchen sind oder die Anzahl der medizinischen Diagnosen nicht
erhebbar ist, da sie von ärztlicher Seite noch nicht aufgenommen wurde und erst später
nachgereicht wird. Des Weiteren wurde im Fragebogen „BRASS-Index“ genannt, dass
Pflegende Schwierigkeiten bei der Erhebung bzw. Einschätzung von bestimmten Fragen
haben, z. B. bei Fragen über die Benutzung von Verkehrsmitteln oder zum Umgang mit
eigenen Finanzen. Befragte Pflegende berichteten, dass der BRASS-Index nur dann für
Pflegepersonen ohne Schwierigkeiten auszufüllen ist, wenn die Patientin bzw. der Patient
in der Lage ist, auf alle gestellten Fragen eine Antwort zu geben.
Einfacher und verständlicher Aufbau
Der BRASS-Index ist einfach und verständlich aufgebaut.
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
stimme sehr zu 27 45,0 45,0 45,0
stimme eher zu 24 40,0 40,0 85,0
teils/teils 8 13,3 13,3 98,3
lehne eher ab 1 1,7 1,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 13: Einfacher und verständlicher Aufbau Grafik 13: Einfacher und verständlicher Aufbau
45 % der Pflegenden, die den Fragebogen „BRASS-Index“ ausfüllten, stimmten dem
Statement, dass der BRASS-Index einfach und verständlich aufgebaut ist, sehr zu, 40 %
stimmten eher zu und 13,3 % stimmen teils/teils zu. Eine Pflegeperson (1,7 %) lehnte die
Aussage eher ab. Als Begründung für ihre Zustimmung gaben Pflegende an, dass der
BRASS-Index einfach, wie eine Checkliste aufgebaut ist und es gezielte, gut verständliche
Fragestellungen und Antwortmöglichkeiten gibt, die das Ausfüllen dieses
Assessmentinstruments erleichtern. Es stellte sich bei der Auswertung des Fragebogens
heraus, dass Pflegende den übersichtlichen Aufbau des BRASS-Index bzw. dessen Glie-
derung für die Erhebung förderlich empfinden, ebenso dass sie nur die passende Antwort
ankreuzen müssen. Zusätzlich wurde als Vorteil angesehen, dass das
64
Assessmentinstrument BRASS-Index recht kurz gehalten ist, aber dennoch alle wichtigen
Bereiche auf einer Seite zusammengefasst sind.
Schnellerer Überblick über die Entlassungssituation
Durch den Einsatz des BRASS-Index erhalten Pflegende einen schnelleren Überblick über die
Entlassungssituation.
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
stimme sehr zu 17 28,3 28,3 28,3
stimme eher zu 9 15,0 15,0 43,3
teils/teils 23 38,3 38,3 81,7
lehne eher ab 5 8,3 8,3 90,0
lehne sehr ab 6 10,0 10,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 14: Schnellerer Überblick über die Entlassungssituation
Grafik 14: Schnellerer Überblick über die Entlassungssituation
Der Stellungnahme, dass Pflegende durch den BRASS-Index einen schnelleren Überblick
über die Entlassungssituation erhalten, stimmten 17 der 60 Befragten (28,3 %) sehr zu,
9 Befragte (15 %) stimmten eher und 23 (38,3 %) stimmten teils/teils zu. 5 befragte
Pflegepersonen (8,3 %) lehnten diese Aussage eher und 6 Pflegende (10 %) lehnten sie
sehr ab. Einige befragte Pflegende waren der Meinung, dass sie durch den Einsatz des
BRASS-Index keinen schnelleren Überblick über die Entlassungssituation erhalten, da bei
der Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten oft nicht ersichtlich ist, wie deren bzw.
dessen Entlassungszustand aussehen wird oder ob sich der Zustand der Patientin bzw.
des Patienten im Laufe des Krankenhausaufenthalts eventuell verändert. Es tritt sehr
häufig der Fall ein, dass die Notwendigkeit einer poststationären Versorgung teilweise erst
während des stationären Aufenthalts entsteht bzw. erst während des stationären Aufent-
halts beurteilt werden kann und nicht bereits bei der Aufnahme. Die meisten befragten
Pflegenden sahen das Assessmentinstrument BRASS-Index aber als sehr sinnvoll für die
Entlassungsplanung an. Jedoch vertraten einige auch die Meinung, dass die Erhebung
des BRASS-Index nicht notwendig ist, falls die Patientin bzw. der Patient vor dem Kran-
kenhausaufenthalt in einem Pflegeheim lebte und nach der Entlassung wieder dorthin
zurückkehren wird. Befragte Pflegepersonen beschrieben auch, dass sich bei solchen
Pflegeheimpatientinnen und -patienten oft ein hoher Punktewert nach der Auswertung des
BRASS-Index ergibt, und dass somit ein poststationärer Unterstützungsbedarf angezeigt
wird, obwohl die Patientin bzw. der Patient nach der Entlassung in dem Pflegeheim rund
um die Uhr betreut bzw. versorgt wird.
65
Geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein Entlassungsmanagement benötigen
Der BRASS-Index ist geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein gezieltes
Entlassungsmanagement benötigen.
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
stimme sehr zu 23 38,3 38,3 38,3
stimme eher zu 13 21,7 21,7 60,0
teils/teils 15 25,0 25,0 85,0
lehne eher ab 7 11,7 11,7 96,7
lehne sehr ab 2 3,3 3,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 15: Geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein Entlassungsmanagement benötigen
Grafik 15: Geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein Entlassungsmanagement benötigen
38,3 % der befragten Pflegenden stimmten der Behauptung, dass der BRASS-Index ge-
eignet ist, Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein gezieltes Entlassungs-
management benötigen, sehr zu, 21,7 % stimmten eher und 25 % stimmten teils/teils zu.
11,7 % der Befragten lehnten diese Aussage eher und 3,3 % lehnten die Behauptung
sehr ab. Die Gründe für die Ablehnung waren auch hier, dass bei der Aufnahme eine rich-
tige Einschätzung oft deshalb nicht möglich ist, da sich die Fähigkeiten und Probleme der
Patientin bzw. des Patienten erst im Laufe der Zeit zeigen. Da etwa der Fall eintreten
kann, dass ein poststationärer Versorgungsbedarf erst nach z. B. einer Operation ent-
steht, obwohl der BRASS-Index bei der Aufnahme keinen poststationäreren Versor-
gungsbedarf identifizierte. Der BRASS-Index wird von vielen Pflegenden als geeignet an-
gesehen, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein Entlassungsmanage-
ment benötigen, jedoch wurde kritisiert, dass ein hoher BRASS-Index-Wert nicht immer
Aufschluss darüber gibt, ob ein poststationärer Versorgungsbedarf besteht, z. B. wenn
eine Patientin bzw. ein Patient mit hohem Punktewert nach der Entlassung aus dem
Krankenhaus im Pflegeheim weiterhin versorgt wird.
66
8.4 Teil 4: Fragen zur Erhebung des BRASS-Index
Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index
Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index
Dauer Anzahl
unter 5 Minuten
31
zwischen 5 und 8 Minuten
14
über 8 Minuten
15
0
5
10
15
20
25
30
35
Tabelle 16: Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index
Grafik 16: Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index
Pflegepersonen, die den Fragebogen „BRASS-Index“ ausfüllten, gaben an, dass der Auf-
wand für die Erhebung zwischen zwei und zehn Minuten beträgt. Der Großteil der Pfle-
genden teilte mit, weniger als fünf Minuten für das Ausfüllen des BRASS-Index zu benö-
tigen. Sowohl im LKH-Universitätsklinikum Graz als auch im Krankenhaus der Stadt
Dornbirn wird der BRASS-Index bei der Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten oder
beim Anamnesegespräch erhoben.
Zusätzlicher Zeitaufwand
Wird das Ausfüllen des BRASS-Index von Ihnen als zusätzlicher Zeitaufwand
wahrgenommen?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 43 71,7 71,7 71,7
nein 17 28,3 28,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 17: Zusätzlicher Zeitaufwand Grafik 17: Zusätzlicher Zeitaufwand
43 der Befragten (71,7 %) empfanden das Ausfüllen des BRASS-Index als zusätzlichen
Zeitaufwand, vor allem, wenn die zeitlichen und personellen Ressourcen knapp sind. 17
Pflegepersonen (28,3 %) gaben an, dass sie das Erheben des BRASS-Index nicht als
zusätzlichen Zeitaufwand wahrnehmen.
Der BRASS-Index wird sowohl im LKH-Universitätsklinikum Graz als auch im Kranken-
haus der Stadt Dornbirn von den Pflegenden in Papierform erhoben. Auf die Frage,
67
welche Vorteile die Befragten in einer elektronischen Erhebung des BRASS-Index sehen
würden, wurde etwa geantwortet, dass dies umweltschonender sei und die mittels
BRASS-Index erhobenen Daten auch außerhalb der Station abgerufen werden könnten.
Pflegepersonen sehen es auch als Vorteil, wenn das Anamneseblatt und der BRASS-
Index elektronisch verknüpft wären, da dieser einmalige Arbeitsvorgang für sie eine Zeit-
ersparnis darstellen und somit eine Doppelerhebung wegfallen würde. Einige der Befrag-
ten sahen keinen Vorteil in einer elektronischen Erhebung und lehnten diese ab, da sie
dem Papier gegenüber dem Computer den Vorzug geben.
Weiteres Feld für zusätzliche Bemerkungen
Würden Sie sich beim BRASS-Index ein weiteres Feld für eigene zusätzliche
Bemerkungen wünschen?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 13 21,7 21,7 21,7
nein 47 78,3 78,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 18: Weiteres Feld für zusätzliche Bemerkungen Grafik 18: Weiteres Feld für zusätzliche Bemerkungen
Auf die Frage, ob sich Pflegepersonen ein weiteres Feld für eigene zusätzliche Bemer-
kungen für den BRASS-Index wünschen, gaben 21,7 % der Befragten an, dass dies von
Vorteil wäre. 78,3 % lehnten ein zusätzliches Feld ab. Pflegepersonen waren der Mei-
nung, dass es bei einem zusätzlichen Feld möglich wäre, aufzulisten, wer die Patientin
bzw. den Patienten bis zur Aufnahme ins Krankenhaus zu Hause betreute und wie die
Kontaktdaten der Angehörigen, z. B. deren Telefonnummern, lauten. In dieses zusätzliche
Feld könnte auch eingetragen werden, in welchen Krankenhäusern die vorhergehenden
Krankenhausaufenthalte stattfanden. Außerdem teilten befragte Pflegepersonen im Fra-
gebogen mit, dass sie sich ein zusätzliches Feld am Ende des BRASS-Index wünschen
würden, in dem eingetragen werden könnte, welche Form der poststationären Weiter-
versorgung bzw. welche Hilfsmittel die Patientin bzw. der Patient ihrer Meinung nach be-
nötigt. Pflegepersonen begründeten ihren Wunsch nach einem eigenen Feld für zusätz-
liche Bemerkungen damit, dass viele wichtige Informationen händisch am Ende des
BRASS-Index hinzugeschrieben werden müssen, die unerlässlich für eine optimale Pflege
der Patientin bzw. des Patienten sind.
68
Alle 10 Bereiche beurteilbar
Ist es Ihnen möglich, bei allen Patientinnen und Patienten
alle 10 Bereiche des BRASS-Index zu beurteilen?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
immer 4 6,7 6,7 6,7
häufig 45 75,0 75,0 81,7
selten 11 18,3 18,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 19: Alle 10 Bereiche beurteilbar Grafik 19: Alle 10 Bereiche beurteilbar
Nur 6,7 % der befragten Pflegepersonen, gaben an, dass es ihnen immer möglich ist, bei
allen Patientinnen und Patienten alle 10 Bereiche des BRASS-Index zu beurteilen. 75 %
meinten, dass es ihnen häufig möglich ist. Für 18,3 % ist es selten möglich, bei allen Pati-
entinnen und Patienten alle 10 Bereiche des BRASS-Index zu beurteilen.
Schwierigkeiten bei der Beurteilung
Treten Schwierigkeiten bei der Beurteilung des BRASS-Index auf?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
Schwierigkeiten 46 76,7 76,7 76,7
keine Schwierigkeiten
14 23,3 23,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 20: Schwierigkeiten bei der Beurteilung Grafik 20: Schwierigkeiten bei der Beurteilung
Von den 60 Befragten gaben 46 Pflegepersonen (76,7 %) an, dass sie Schwierigkeiten
bei der Beurteilung des BRASS-Index haben. 14 Befragte (23,3 %) waren der Meinung,
keine Schwierigkeiten bei der Beurteilung des BRASS-Index zu haben.
69
Bereiche, wo Schwierigkeiten auftreten
Bei welchen Bereichen des BRASS-Index treten
Schwierigkeiten beim Beurteilen auf?
Bereich Anzahl
Bereich 1 1
Bereich 2 16
Bereich 3 6
Bereich 4 5
Bereich 5 3
Bereich 6 4
Bereich 7 2
Bereich 8 30
Bereich 9 29
Bereich 10 11
0
5
10
15
20
25
30
35
Tabelle 21: Bereiche, wo Schwierigkeiten auftreten
Grafik 21: Bereiche, wo Schwierigkeiten auftreten
Bereich 1: Alter
Bereich 2: Lebenssituation/Sozialte Unterstützung
Bereich 3: Kognitive Fähigkeiten
Bereich 4: Funktioneller Status
Bereich 5: Verhaltensmuster
Bereich 6: Mobilität
Bereich 7: Sensorische Defizite
Bereich 8: Anzahl vorhergehender Krankenhausaufenthalte oder Aufsuchen der Notaufnahme
Bereich 9: Anzahl der medizinischen Diagnosen
Bereich 10: Anzahl aller verordneten Medikamente
Die Bereiche 8 (Anzahl vorhergehender Krankenhausaufenthalte) und 9 (Anzahl der
medizinischen Diagnosen) bereiten den befragten Pflegepersonen bei der Beurteilung die
größten Schwierigkeiten. An zweiter Stelle befindet sich der Bereich 2 (Lebens-
situation/Soziale Unterstützung). Des Weiteren ist die Beurteilung von Bereich 10 (Anzahl
aller verordneten Medikamente) für viele Pflegende problematisch. Wenige Befragte ha-
ben bei der Beurteilung von Bereich 3 (Kognitive Fähigkeiten) Schwierigkeiten. Am
wenigsten problembehaftet sind die Bereiche 1 (Alter), 4 (Funktioneller Status), 5 (Ver-
haltensmuster), 6 (Mobilität) und 7 (Sensorische Defizite).
70
Gründe für Schwierigkeiten
Warum treten in den von Ihnen oben genannten Bereichen Schwierigkeiten
auf?
Schwierigkeit Anzahl
Patientin bzw. Patient ist dement
31
Patientin bzw. Patient ist somnolent
23
Patientin bzw. Patient hat Hörprobleme
6
Patientin bzw. Patient hat Sprechprobleme
5
Patientin bzw. Patient ist anderssprachig
12
Patientin bzw. Patient ist zeitlich/örtlich desorientiert
29
Sonstige 17
0
5
10
15
20
25
30
35
Tabelle 22: Gründe für Schwierigkeiten Grafik 22: Gründe für Schwierigkeiten
Auf die Frage, warum Pflegepersonen Schwierigkeiten bei der Beurteilung von einzelnen
Bereichen des BRASS-Index haben, antworteten viele Befragte, dass sie Probleme bei
der Erhebung des BRASS-Index haben, wenn die Patientin bzw. der Patient dement,
somnolent oder zeitlich/örtlich desorientiert ist. Die Erhebung wird auch dann erschwert,
wenn die Patientin bzw. der Patient anderssprachig ist oder Hör- bzw. Sprechprobleme
hat. Als sonstige Schwierigkeiten wurden genannt, dass Patientinnen und Patienten oft
nicht genau wissen wie viele Medikamente sie einnehmen oder aufgrund der Aufregung
bei der stationären Aufnahme zu bestimmten Fragen keine Antwort geben können. Zu-
sätzlich wurde genannt, dass Angehörige bei auftretenden Fragen oft nicht erreichbar sind
oder dass die Patientin bzw. der Patient gar keine Angehörigen mehr hat, die bei Prob-
lemen bei der Erhebung des BRASS-Index hinzugezogen werden könnten.
Dieselbe Pflegeperson erhebt Anamnese und BRASS-Index
Wird die Anamnese und der BRASS-Index von derselben Pflegeperson erhoben?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
immer 29 48,3 48,3 48,3
häufig 24 40,0 40,0 88,3
selten 2 3,3 3,3 91,7
nie 3 5,0 5,0 96,7
keine Angabe 2 3,3 3,3 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 23: Dieselbe Pflegeperson erhebt Anamnese und BRASS-Index
Grafik 23: Dieselbe Pflegeperson erhebt Anamnese und BRASS-Index
71
Auf die Frage, ob die Anamnese und der BRASS-Index von derselben Pflegeperson er-
hoben wird, antworteten 29 Befragte (48,3 %), dass dies immer der Fall ist. 24 Pflege-
personen (40 %) gaben an, dass häufig dieselbe Pflegeperson die Anamnese und den
BRASS-Index erhebt. 2 Befragte (3,3 %) antworteten, dass dies selten der Fall ist und
3 Pflegepersonen teilten mit, dass nie dieselbe Pflegeperson die Anamnese und den
BRASS-Index erhebt. 2 befragte Pflegepersonen (3,3 %) gaben auf diese Frage keine
Antwort.
Personen, die zur Entlassungsplanung hinzugezogen werden
Welche Personen werden zur Entlassungsplanung hinzugezogen,
wenn sich nach der Auswertung des BRASS-Index ein Wert von
über 9 Punkten ergibt?
Person Anzahl
Ärztin bzw. Arzt 17
Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter
51
Angehörige 31
Versorgungs- koordinatorin bzw. Versorgungskoordinator
30
Hauskrankenpflege 6
Sonstige 3
0
10
20
30
40
50
60
Tabelle 24: Personen, die zur Entlassungsplanung hingezogen werden
Grafik 24: Personen, die zur Entlassungsplanung hinzugezogen werden
Befragte Pflegepersonen gaben an, dass in den meisten Fällen die Sozialarbeiterin bzw.
der Sozialarbeiter zur Entlassungsplanung hinzugezogen wird, wenn sich nach der Aus-
wertung des BRASS-Index ein Wert von über 9 Punkten ergibt. In vielen Fällen werden
auch Angehörige, die Versorgungskoordinatorin bzw. der Versorgungskoordinator oder
die Ärztin bzw. der Arzt kontaktiert. Weniger oft wird die Hauskrankenpflege zur Entlas-
sungsplanung hinzugezogen. Zu den sonstigen Personen, die zur Entlassungsplanung
hinzugezogen werden, zählt die wichtigste Person, um die es bei der ganzen Entlas-
sungsplanung gehen soll, nämlich die Patientin bzw. der Patient.
72
Weiterer Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennbar
Würden Sie den weiteren Betreuungsbedarf auch ohne
den Einsatz des BRASS-Index erkennen?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
immer 26 43,3 43,3 43,3
häufig 31 51,7 51,7 95,0
selten 3 5,0 5,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 25: Weiterer Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennbar
Grafik 25: Weiterer Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennbar
Auf die Frage, ob sie den weiteren Betreuungsbedarf der Patientin bzw. des Patienten
auch ohne den Einsatz des BRASS-Index erkennen würden, antworten 43,3 %, dass dies
immer der Fall ist. 51,7 % waren der Meinung, dass sie ihn häufig erkennen würden. 5 %
der Befragten waren der Ansicht, dass sie nur selten den weiteren Betreuungsbedarf der
Patientin bzw. des Patienten auch ohne den Einsatz des BRASS-Index erkennen würden.
Diese Ergebnisse decken sich mit den Aussagen im offenen Teil des Fragebogens, wo
viele Pflegepersonen angaben, dass sie auch vor der Einführung des
Assessmentinstruments BRASS-Index in der Lage waren, sicher einzuschätzen, ob ein
poststationärer Betreuungsbedarf besteht und somit die Patientin bzw. der Patient nach
der Entlassung Hilfe benötigt oder nicht.
8.5 Teil 5: Fragen zu den Vor- und Nachteilen des BRASS-
Index
Vorteile bzw. Nutzen des BRASS-Index
Welche Vorteile bzw. Nutzen sehen Sie im BRASS-Index?
Vorteile bzw. Nutzen Anzahl
Übersichtlichkeit 19
In kurzer Zeit ausfüllbar 23
Erkennung des weiteren Betreuungsbedarfs
26
Sonstige 7
0
5
10
15
20
25
30
Tabelle 26: Vorteile bzw. Nutzen des BRASS-Index
Grafik 26: Vorteile bzw. Nutzen des BRASS-Index
73
Den größten Nutzen, den die Befragten im BRASS-Index sehen, ist der, dass mithilfe des
BRASS-Index der weitere Betreuungsbedarf besser identifiziert wird. Die Tatsache, dass
der BRASS-Index in kurzer Zeit ausfüllbar ist, wird als weiterer Vorteil gesehen. An dritter
Stelle steht für die Pflegepersonen die Übersichtlichkeit dieses Assessmentinstruments.
Als sonstige Vorteile wurden genannt, dass durch den Einsatz des BRASS-Index früher
an die Entlassungsplanung gedacht wird und dass, wenn ein poststationärer Betreuungs-
bedarf identifiziert wurde, Patientinnen und Patienten, Angehörige und weiterversorgende
Einrichtungen gezielter auf die Zeit nach der Entlassung vorbereitet werden können, da
bekannt ist, welche Ressourcen, Fähigkeiten und Probleme die Patientin bzw. der Patient
hat. Als weiterer Nutzen des BRASS-Index wurde genannt, dass Heilbehelfe für die Zeit
nach der Entlassung früher besorgt werden können, wenn bereits bei der Aufnahme der
Patientin bzw. des Patienten erkannt wird, dass diese für die poststationäre Phase benö-
tigt werden. Pflegepersonen sehen aber auch den Vorteil, dass durch den Einsatz des
BRASS-Index nicht nur die poststationäre, sondern auch die stationäre Pflege patien-
tinnen- und patientenorientierter geplant werden kann. Viele Pflegende erkennen aber
auch keinen Nutzen im BRASS-Index, da ihrer Meinung nach auch ohne dieses
Assessmentinstrument der poststationäre Versorgungsbedarf bestens erkannt werden
kann.
Nachteile des BRASS-Index
Welche Nachteile sehen Sie im Einschätzungsinstrument BRASS-
Index?
Nachteil Anzahl
Hoher Zeitaufwand 12
Keine Erkennung des weiteren Betreuungsbedarfs
28
Erhebung vor Kontaktaufnahme mit Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter
20
Sonstige 8
0
5
10
15
20
25
30
Tabelle 27: Nachteile des BRASS- Index
Grafik 27: Nachteile des BRASS-Index
Ein großer Teil der Pflegepersonen, die den Fragebogen „BRASS-Index“ ausfüllten, wa-
ren der Meinung, dass durch den Einsatz des BRASS-Index der weitere Betreuungs-
bedarf nicht besser erkannt wird als ohne die Verwendung dieses
Assessmentinstruments. Auch wird als großer Nachteil angesehen, dass der BRASS-
Index vor der Kontaktaufnahme mit der Sozialarbeiterin bzw. dem Sozialarbeiter bereits
74
erhoben sein muss. Der hohe Zeitaufwand, den Pflegende für das Ausfüllen des BRASS-
Index benötigen, wird ebenso als Nachteil wahrgenommen. Auch wurde auf einer Station
kritisiert, dass nicht mehr direkt die Sozialarbeiterin bzw. der Sozialarbeiter kontaktiert
werden kann, sondern die Versorgungskoordinatorin bzw. der Versorgungskoordinator als
zweite Person eingeschaltet ist. Weiters stellt das Erheben des BRASS-Index für die Pfle-
genden einen unnötigen Mehraufwand dar, wenn sich bei der Aufnahme schon zeigt,
dass sicherlich kein poststationärer Versorgungsbedarf besteht, da die Patientin bzw. der
Patient jung ist und nach dem Krankenhausaufenthalt sicherlich keine Versorgung mehr
benötigt. Als weiteren Nachteil gaben befragte Pflegepersonen an, dass, obwohl der hohe
Punktwert der BRASS-Index einen poststationären Versorgungsbedarf identifizierte,
einige Patientinnen und Patienten order manchmal auch Angehörige trotzdem der Mei-
nung sind, dass kein Unterstützungsbedarf nach der Entlassung besteht. Im Gegensatz
dazu kann der Fall eintreten, dass zwar die Auswertung des BRASS-Index bei der Auf-
nahme einen niedrigen Punktewert ergab, die Patientin bzw. der Patient dennoch eine
poststationäre Weiterversorgung nach der Entlassung benötigt.
Verbesserungen am BRASS-Index notwendig
Sind Sie der Meinung, dass der BRASS-Index verbessert werden sollte?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
keine Verbesserung notwendig
32 53,3 53,3 53,3
Verbesserung notwendig
13 21,7 21,7 75,0
keine Angabe 15 25,0 25,0 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 28: Verbesserungen am BRASS-Index notwendig Grafik 28: Verbesserungen am BRASS-Index notwendig
53,3 % der Befragten waren der Meinung, dass keine Verbesserungen am BRASS-Index
notwenig sind. 21,7 % sahen einen Verbesserungsbedarf und 25 % äußerten sich nicht zu
diesem Thema. Ein Verbesserungsvorschlag der Pflegenden wäre, den BRASS-Index
elektronisch zu erheben, sodass dieser von allen Pflegepersonen eingesehen werden
kann. Es wäre auch sinnvoll, dem BRASS-Index ein weiters Feld hinzuzufügen, wo Pfle-
gepersonen z. B. notieren können, wer die Patientin bzw. den Patienten bisher betreute
und dessen Kontaktdaten. Als weiterer Verbesserungsvorschlag wurde auch hier ge-
nannt, dass der BRASS-Index nicht bei jeder Patientin bzw. jedem Patienten erhoben
75
werden sollte, wenn bei der Aufnahme bereits ersichtlich ist, dass die Patientin bzw. der
Patient keinen poststationären Versorgungsbedarf aufweisen wird. Als weiterer Verbesse-
rungsvorschlag wurde eine Überarbeitung der Punkteverteilung des BRASS-Index ge-
nannt, da die Punkteverteilung nach Meinung mancher Pflegender teilweise unklar bzw.
schwer nachvollziehbar ist. Etwa erhält eine Patientin bzw. ein Patient bei Bereich 2 (Le-
benssituation/Soziale Unterstützung) 5 Punkte obwohl die Patientin bzw. der Patient im
Pflegeheim eine permanente und optimale Betreuung erhält. Im Gegensatz dazu erhalten
über 80-jährige Patientinnen bzw. Patienten, die zwar mit dem Ehemann bzw. der Ehefrau
zusammenleben, 0 Punkte, obwohl der Ehemann bzw. die Ehefrau vielleicht pflegebe-
dürftiger als die Patientin bzw. der Patient ist.
Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement
Wurden Sie durch den Einsatz des BRASS-Index sensibler für den Bereich
Entlassungsmanagement?
Häufigkeit Prozent
Gültige Prozente
Kumulierte Prozente
ja 27 45,0 45,0 45,0
nein 32 53,3 53,3 98,3
keine Angabe 1 1,7 1,7 100,0
Gesamt 60 100,0 100,0
Tabelle 29: Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement
Grafik 29: Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement
Von den 60 Befragten waren 27 (45 %) der Ansicht, dass sie durch den Einsatz des
BRASS-Index sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement wurden. 32 Pflege-
personen (53,3 %) waren nicht dieser Ansicht und eine Pflegeperson (1,7 %) äußerte sich
nicht dazu. Pflegende gaben auch hier an, dass sie schon vor der Einführung des
BRASS-Index bemüht waren, ein funktionierendes Entlassungsmanagement zu gewähr-
leisten, und dass die poststationäre Weiterversorgung auch vor der Einführung des
BRASS-Index auf adäquate und professionelle Weise sichergestellt wurde.
76
8.6 Beziehungen zwischen einzelnen Fragestellungen
Im folgenden Unterkapitel werden Beziehungen zwischen einzelnen Fragestellungen des
Fragebogens „BRASS-Index“ mittels Kreuztabellen untersucht.
Bei der Verknüpfung der Fragen Alter, Einsatzbereich bzw. Berufsdauer mit der Frage, ob
es Probleme in der Einführungsphase des BRASS-Index gegeben hat, zeigte sich der
Trend, dass Probleme eher bei älteren Pflegepersonen aufgetreten sind, wobei dies auch
durch eine längere Berufsdauer nicht ausgeglichen werden konnte. Vor allem
Pflegepersonen zwischen 36 und 50 Jahren und Befragte, die ihren Beruf zwischen 11
und 20 Jahren ausübten, gaben an, dass es Probleme in der Einführungsphase des
BRASS-Index gegeben hat. Jedoch traten die Probleme während der Einführungsphase
unabhängig von der Station auf, in der die befragte Pflegeperson arbeitete. Allerdings ist
dies nur eine Tendenz, da viele Pflegepersonen keine Angaben zu diesen Fragen
machten.
Zusätzlicher Zeitaufwand
ja nein gesamt
Funktion Leitende(r) Stationsschwester/Stationspfleger
5 2 7
Diplomierte(r) Gesundheits- und Krankenschwester/Krankenpfleger
38 15 53
gesamt 43 17 60
Tabelle 30: Funktion – Zusätzlicher Zeitaufwand
Sowohl Pflegepersonen, die eine leitende Funktion innehaben, als auch diplomiertes
Pflegepersonal nehmen das Ausfüllen des BRASS-Index als zusätzlichen Zeitaufwand
wahr. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies, dass 71,4 % der Pflegepersonen, die eine
leitende Funktion inne haben, aber auch 71,7 % des befragten diplomierten
Pflegepersonals das Ausfüllen des BRASS-Index als zusätzlichen Zeitaufwand
empfanden.
77
Alle 10 Bereiche beurteilbar
immer häufig selten gesamt
Einsatzbereich Station Innere Medizin 3 25 8 36
Station Chirurgie 1 14 2 17
Station Neurochirurgie 0 6 1 7
gesamt 4 45 11 60
Tabelle 31: Einsatzbereich – Alle 10 Bereiche beurteilbar
Sowohl auf der Station Innere Medizin (77,7 %) als auch auf den Stationen Chirurgie
(88,2 %) und Neurochirurgie (85,7 %) waren Pflegende immer bzw. häufig in der Lage,
alle 10 Bereiche des BRASS-Index zu beurteilen.
Alle 10 Bereiche beurteilbar
immer häufig selten gesamt
Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar
stimme sehr zu
2 22 0 24
stimme eher zu
2 19 6 27
teils/teils
0 3 5 8
lehne sehr ab
0 1 0 1
gesamt 4 45 11 60
Tabelle 32: Ohne Schwierigkeiten ausfüllbar – Alle 10 Bereiche beurteilbar
Pflegepersonen, die der Aussage, dass der BRASS-Index für Pflegende ohne Schwierig-
keiten auszufüllen ist, sehr bzw. eher zustimmten, waren immer bzw. häufig in der Lage
(88,2 %), bei allen Patientinnen und Patienten alle 10 Bereiche des BRASS-Index zu be-
urteilen. Bei Befragten, die dem Statement teils/teils zustimmten bzw. es sehr ablehnten,
waren nur 44,4 % der Ansicht, häufig alle 10 Bereiche beurteilen zu können.
78
Sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement
ja nein keine Angabe gesamt
Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation
stimme sehr zu 14 3 0 17
stimme eher zu 6 2 1 9
teils/teils 7 16 0 23
lehne eher ab 0 5 0 5
lehne sehr ab 0 6 0 6
gesamt 27 32 1 60
Tabelle 33: Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation – Sensibler für den Bereich Entlassungs-
management
Befragte Pflegepersonen, die der Aussage, dass sie durch den Einsatz des BRASS-Index
einen schnelleren Überblick über die Entlassungssituation der Patientin bzw. des Patien-
ten erhalten, sehr bzw. eher zustimmten, wurden durch den Einsatz des BRASS-Index
sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement (76,9 %). Jedoch sinkt in der Gruppe
der Pflegenden, die der Aussage nur teils/teils zustimmten, der Anteil derer, die auch der
Meinung sind, sensibler für den Bereich des Entlassungsmanagements geworden zu sein,
auf 30,4 %. Im Vergleich dazu wurden Pflegende, welche die zuvor genannte Aussage
eher bzw. sehr ablehnten, durch die Verwendung dieses Assessmentinstruments nicht für
den Bereich Entlassungsmanagement sensibilisiert (100 %).
Weiteren Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennen
immer häufig selten gesamt
Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation
stimme sehr zu 5 11 1 17
stimme eher zu 2 7 0 9
teils/teils 9 12 2 23
lehne eher ab 4 1 0 5
lehne sehr ab 6 0 0 6
gesamt 26 31 3 60
Tabelle 34: Schnellerer Überblick für die Entlassungssituation – Weiteren Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennen
79
Pflegepersonen, die der Aussage, durch den Einsatz des BRASS-Index einen schnelleren
Überblick über die Entlassungssituation zu erhalten, sehr bzw. eher zustimmten, würden
den weiteren Betreuungsbedarf auch ohne den Einsatz des Assessmentinstruments
immer (26,9 %) bzw. häufig (69,2 %) erkennen. Auch die Gruppe der Pflegenden, die dem
Statement nur teils/teils zustimmten, war der Ansicht, den weiteren Betreuungsbedarf
auch ohne den BRASS-Index immer (39,1 %) bzw. häufig (52,2 %) erkennen zu können.
Jene Pflegepersonen, welche die Aussage eher bzw. sehr ablehnten, waren zu 100 % der
Meinung, den weiteren Betreuungsbedarf auch ohne den Einsatz des Assessment-
instruments BRASS-Index immer oder häufig erkennen zu können.
Weiteren Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennen
immer häufig selten gesamt
Berufsdauer unter 3 Jahre 4 5 0 9
3 - 5 Jahre 4 4 2 10
6 - 10 Jahre 6 6 0 12
11 - 20 Jahre 7 7 0 14
21 -30 Jahre 2 4 1 7
über 30 Jahre 3 5 0 8
gesamt 26 31 3 60
Tabelle 35: Berufsdauer – Weiteren Betreuungsbedarf auch ohne BRASS-Index erkennen
Die mithilfe der Kreuztabelle verglichenen Antworten der Befragten zeigten, dass alle
Pflegenden, egal ob sie ihren Pflegeberuf weniger als 3 Jahre ausübten oder schon über
30 Jahre als Pflegepersonen tätig sind, fast zu 100 % immer bzw. häufig in der Lage sind,
den weiteren Betreuungsbedarf auch ohne den Einsatz des Assessmentinstruments
BRASS-Index zu erkennen.
80
9 Zusammenfassung, Diskussion und Schluss-
bemerkungen
Die Entlassung aus dem Krankenhaus stellt ein relevantes Thema in der Gesundheits-
versorgung dar, denn mit der Entlassung beginnt die kritische poststationäre Phase. Aus
diesem Grund ist es von besonderer Bedeutung, über ein gut funktionierendes und
ressourcenorientiertes Entlassungsmanagement zu verfügen, um bei Patientinnen und
Patienten den bekannten „Drehtüreffekt“ zu verhindern.
In der heutigen Zeit stellen sowohl die veränderte Bevölkerungsstruktur, charakterisiert
durch die steigende Anzahl älterer, oft pflegebedürftiger Menschen, als auch die verän-
derte Familienstruktur und die sich verändernden Haushaltsformen große Heraus-
forderungen für die pflegerische Entlassungsplanung dar. Verstärkt wird die Problematik
dadurch, dass Frauen in der heutigen Gesellschaft aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht
mehr in vollem Umfang für die poststationäre Betreuung zur Verfügung stehen. Aber auch
die Finanzierung und die Ausgaben des österreichischen Gesundheitssystems beein-
flussen indirekt die Entlassung der Patientin bzw. des Patienten aus dem Krankenhaus.
Das für die Entlassung zentrale Entlassungsmanagement ist keineswegs als „neue“ Auf-
gabe in der Pflege zu sehen, denn die geplante Überleitung der Patientin bzw. des Pati-
enten von einem Versorgungssetting in ein anderes existiert im deutschsprachigen Raum
schon seit vielen Jahren und im Rahmen des Pflegeprozesses wurde die Entlassungs-
planung schon immer praktiziert.
Um den Entlassungsprozess der Patientinnen und Patienten jedoch so optimal wie mög-
lich zu gestalten und um Versorgungsbrüche zu vermeiden, ist es von Bedeutung, dass
im multiprofessionellen Team agiert wird. In diesem multiprofessionellen Entlassungs-
prozess nehmen Pflegende aufgrund ihres ausgeprägten Kontakts zur Patientin bzw. zum
Patienten und den Angehörigen eine zentrale Schlüsselrolle ein. Das Ziel des Entlas-
sungsmanagements besteht darin, die Versorgungskette nach der Entlassung aus dem
Krankenhaus lückenlos und sowohl auf adäquate als auch auf professionelle Weise
sicherzustellen. Zu der Zielgruppe des Entlassungsmanagements zählen alle Patientinnen
und Patienten, die einen umfassenden poststationären Betreuungs- und Versorgungs-
bedarf in therapeutischen, pflegerischen oder sozialen Belangen aufweisen und bei denen
bzw. deren Angehörigen somit ein Bedarf an Beratung, Schulung oder Koordinations-
leistungen für die Phase nach dem stationären Aufenthalt besteht. Die große Zahl jener,
81
die in der heutigen Zeit eine Entlassungsplanung benötigt, wird aufgrund der ökono-
mischen Situation sicher weiter ansteigen, denn bedingt durch das LKF-System werden
viele Patientinnen und Patienten aus dem Krankenhaus entlassen, bevor sie vollständig
genesen sind. Damit der Übergang von einem Versorgungssetting in ein anderes lücken-
los verläuft und damit die Versorgungskontinuität auch in der poststationären Phase nach
dem Krankenhausaufenthalt qualitativ hochwertig gewährleistet wird, ist es notwendig, so
frühzeitig wie möglich mit dem strukturierten und multiprofessionellen Entlassungs-
management zu beginnen, um gezielt Maßnahmen für die Zeit nach dem stationären Auf-
enthalt treffen zu können.
Der Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege, welcher vom Deutschen
Netzwerk für Qualität in der Pflege entwickelt wurde, zielt auf die Sicherung der Versor-
gungskontinuität durch abgestimmtes Handeln aller an der Entlassung beteiligten Berufs-
gruppen ab. Gemäß dem Expertenstandard „Entlassungsmanagement in der Pflege“
umfasst der Entlassungsprozess grob formuliert vier Phasen. Diese vier Bereiche des
Entlassungsprozesses entsprechen den vier Stufen des Pflegeprozesses und umfassen
das Assessment, die Planung von Maßnahmen, die Durchführung dieser Maßnahmen
und die Evaluation der Entlassungsplanung. Im Expertenstandard „Entlassungs-
management in der Pflege“ wird explizit auch der Einsatz von Assessmentinstrumenten
angeführt, da diese einen wichtigen Bestandteil für ein gelungenes Entlassungs-
management darstellen.
Assessments, mit deren Hilfe die Patientinnen- und Patientensituation eingeschätzt wird,
sind Grundlage einer evidenzbasierten und verantwortungsvollen Pflegepraxis. Darauf
aufbauend ist es möglich, sowohl zweckmäßige Interventionen zu planen und durchzu-
führen als auch ihren Verlauf zu evaluieren. Einige Gründe für die verstärkte Entwicklung
und Anwendung von Assessmentinstrumenten und den daraus resultierenden gegen-
wärtigen Assessmentboom stellen einerseits der Qualitätssicherungsdruck und anderer-
seits die gesetzliche Verpflichtung dar, dass Handlungen in der Pflege begründet und
nachvollziehbar gemacht werden müssen. In der heutigen Zeit führt somit kein Weg an
standardisierten Assessmentinstrumenten vorbei, da diese wichtige Hilfestellungen für die
professionelle Pflegediagnostik darstellen, die ein wichtiger Schritt im Pflegeprozess ist.
Bevor standardisierte Assessmentinstrumente jedoch in der Pflegepraxis verwendet wer-
den dürfen, sind möglichst viele geforderte wissenschaftliche Gütekriterien des Instru-
ments zu untersuchen.
82
Der in der vorliegenden Masterarbeit behandelte BRASS-Index, der in seiner ursprüngli-
chen Fassung auf die speziellen Anliegen von 65-jährigen oder älteren Patientinnen und
Patienten zugeschnitten war, wurde 1992 von Ann Blaylock und Carolyn L. Cason als Teil
eines Entlassungsplanungssystems in den USA entwickelt. Das Assessmentinstrument
für die Entlassungsplanung besteht aus zehn Items, die auf Defizite der Patientin bzw.
des Patienten bei deren bzw. dessen Versorgung hindeuten sollen. Die durch die Aus-
wertung des BRASS-Index ermittelten Punktewerte geben anschließend einen Hinweis
auf den Bedarf der Patientin bzw. des Patienten für ein ausgeprägtes Entlassungs-
management. Da der BRASS-Index sowohl ein valides als auch reliabler Einschätzungs-
instrument ist, sind die wichtigsten wissenschaftlichen Gütekriterien erfüllt.
Da das Ziel dieser Masterarbeit darin bestand, die Notwendigkeit des Einsatzes des
BRASS-Index als Instrument des Entlassungsmanagements zu konkretisieren und her-
auszufinden, ob der BRASS-Index geeignet ist, Patientinnen und Patienten heraus-
zufiltern, welche ein Entlassungsmanagement benötigen, wurden Pflegende des LKH-
Universitätsklinikums Graz und des Krankenhauses der Stadt Dornbirn, die dieses Ein-
schätzungsinstrument bereits im Pflegealltag verwenden, mittels Fragebogen zu diesem
Thema befragt.
Pflegende berichteten im Fragebogen „BRASS-Index“, dass es bei der Implementierung
des Assessmentinstruments auf den einzelnen Stationen oft keine Einführungsphase bzw.
Einschulung gegeben hat, und somit zu Beginn Probleme bei der Beurteilung der Patien-
tinnen und Patienten auftraten. Jedoch war der Großteil der Pflegenden der Meinung,
dass der BRASS-Index auch ohne Schulung der Pflegeperson ausfüllbar sei. Vor allem
Pflegepersonen zwischen 36 und 50 Jahren und Befragte, die ihren Beruf zwischen 11
und 20 Jahren ausübten, gaben an, dass es Probleme in der Einführungsphase des
BRASS-Index gegeben hat. Jedoch traten die Probleme während der Einführungsphase
unabhängig von der Station auf, in der die befragte Pflegeperson arbeitete.
Die befragten Pflegepersonen sahen im Assessmentinstrument BRASS-Index sowohl
Vor- als auch Nachteile. Obwohl die Erhebung des Index nur zwischen zwei und zehn
Minuten in Anspruch nimmt, wird sie doch als zusätzlicher Zeitaufwand wahrgenommen,
besonders wenn die zeitlichen und personellen Ressourcen knapp sind. Ist schon bei der
stationären Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten ersichtlich, dass sicherlich kein
poststationärer Versorgungsbedarf besteht, wird der Zeitaufwand sogar als unnötig emp-
funden. Für einige wenige Pflegepersonen ist auch die Punkteverteilung des BRASS-
Index teilweise unklar.
83
Als Vorteile des BRASS-Index wurden genannt, dass das Assessmentinstrument einfach,
wie eine Checkliste aufgebaut ist und es gezielte, gut verständliche Fragestellungen und
Antwortmöglichkeiten gibt, die das Ausfüllen erleichtern. Und obwohl das Einschätzungs-
instrument recht kurz gehalten ist, sind dennoch alle wichtigen Bereiche, die eingeschätzt
werden müssen, auf einer Seite zusammengefasst. Somit ist es nach Ansicht vieler Pfle-
genden möglich, die poststationäre Versorgung strukturiert zu planen. Eine elektronische
Erhebung des BRASS-Index würde den Vorteil bringen, dass die Einschätzung der
Patientin bzw. des Patienten auch außerhalb der Station zur Verfügung steht. Manche
Pflegende wünschen sich ein zusätzliches Feld, etwa für Informationen über die
Betreuungsperson der Patientin bzw. des Patienten bis zur Aufnahme ins Krankenhaus
oder für Kontaktdaten der Angehörigen, wie deren Telefonnummern.
Für fast alle Pflegenden, die den Fragebogen ausfüllten, ist es möglich, alle zehn
Bereiche des BRASS-Index zu beurteilen. Jedoch bereiten die Bereiche 8 (Anzahl vor-
hergehender Krankenhausaufenthalte), der Bereich 9 (Anzahl der medizinischen Diagno-
sen) und der Bereich 2 (Lebenssituation/Soziale Unterstützung) den befragten Pflege-
personen bei der Beurteilung die größten Schwierigkeiten. Als Gründe für diese Schwie-
rigkeiten wurden etwa genannt, dass die Patientin bzw. der Patient dement, somnolent
oder zeitlich/örtlich desorientiert ist und somit auf die gestellten Fragen keine Antwort
geben kann.
Der Großteil der befragten Pflegenden gab an, dass sie den weiteren Betreuungsbedarf
der Patientin bzw. des Patienten auch ohne den Einsatz des Assessmentinstruments
BRASS-Index immer bzw. häufig erkennen würden. Nur wenige befragte Pflegepersonen
waren der Meinung, dass sie durch den Einsatz dieses Einschätzungsinstruments keinen
schnelleren Überblick über die Entlassungssituation der Patientin bzw. des Patienten
erhalten. Die Aussage, keinen schnelleren Überblick zu erhalten, wurde damit begründet,
dass bei der Aufnahme der Patientin bzw. des Patienten oft noch nicht ersichtlich ist, wie
deren bzw. dessen Entlassungszustand aussehen wird. Es tritt nämlich häufig der Fall
ein, dass die Notwendigkeit einer poststationären Versorgung teilweise erst während des
stationären Aufenthalts entsteht oder erst dann beurteilt werden kann. Beispielsweise
wurde genannt, dass ein poststationärer Versorgungsbedarf erst nach einer Operation
entstehen kann, obwohl der BRASS-Index bei der Aufnahme keinen Bedarf identifizierte.
Der BRASS-Index wird von vielen Pflegenden als nützliches Assessmentinstrument
angesehen, da durch dessen Einsatz eine optimale poststationäre Versorgung der
84
Patientinnen und Patienten gewährleistet wird. Mit diesem einfach und verständlich auf-
gebauten Einschätzungsinstrument ist es fast allen Pflegenden möglich, einen schnel-
leren Überblick über die Entlassungssituation der Patientin bzw. des Patienten zu erhal-
ten. Jedoch wurde im Fragebogen „BRASS-Index“ berichtet, dass auch vor der Ein-
führung des BRASS-Index die Sozialarbeiterin bzw. der Sozialarbeiter kontaktiert wurde,
wenn sich herausstellte, dass ein poststationärer Versorgungsbedarf gegeben war. Somit
war nach Ansicht vieler Pflegender auch vor dem Einsatz des BRASS-Index die Einschät-
zung des weiteren Versorgungsbedarfs kein Problem und die poststationäre Versorgung
nach Meinung vieler Pflegender auch früher gesichert.
Der BRASS-Index identifiziert den poststationären Versorgungs- und Betreuungsbedarf
gut und ist sicherlich geeignet, um bei den meisten Patientinnen und Patienten jene
herauszufiltern, welche ein Entlassungsmanagement benötigen. Jedoch bedarf es noch
weiterer Befragungen, um endgültig die Notwendigkeit einer Einführung des BRASS-
Index als Teil des Entlassungsmanagements sicher zu bestätigen, da die in der jetzigen
Befragung sowohl die Fallzahl als auch die Anzahl der zurückgesendeten Fragebögen zu
gering war.
Das Thema Entlassungsmanagement wird jedoch unabhängig von einer Implementierung
des BRASS-Index weiterhin aktuell sein. Einerseits aufgrund der demographischen Ent-
wicklung, bedingt durch die wachsende Zahl älterer, multimorbider und oft pflegebedürf-
tiger Menschen, aber auch aufgrund der veränderten Familienstruktur und der Ressour-
cenknappheit im Gesundheitswesen wird dieses Thema brisant bleiben. Außerdem wird in
Zukunft ein effektives Entlassungsmanagement sicherlich maßgeblich die Qualität, aber
auch die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser mitbestimmen, denn die veränderte
Krankenhausfinanzierung hat das Thema Entlassungsmanagement in den Vordergrund
gerückt. Nur eine umfassende patientinnen- und patientengerechte Steuerung des
Entlassungsprozesses wird die Versorgungskontinuität sichern und den bekannten
„Drehtüreffekt“ verhindern. Denn nur wenn keine Versorgungsbrüche eintreten, ist der
Entlassungsprozess der Patientin bzw. des Patienten geglückt und die adäquate, bedarfs-
gerechte und professionelle poststationäre Versorgung gegeben.
85
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89
11 Anhang
Fragebogen
„BRASS-Index“
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Rahmen meines Masterstudiums „Gesundheits- und Pflegewissenschaft“ an der Medizinischen
Universität Graz verfasse ich meine Masterarbeit zum Thema
„Die Notwendigkeit der Implementierung des BRASS-Index
als Teil des Entlassungsmanagements“.
Mein Ziel ist es, mit diesem Fragebogen herauszufinden, ob der BRASS-Index ein sinnvolles
Instrument für die Entlassungsplanung ist und wie Pflegepersonen den BRASS-Index beurteilen.
Dafür benötige ich Ihre Mithilfe und bitte Sie mich dabei zu unterstützen, indem Sie mir Ihre
Erfahrungen und Ihre Meinung anhand dieses Fragebogens mitteilen.
Dieser Fragebogen besteht aus vier Seiten und ist in fünf Teile gegliedert:
TEIL I: Angaben zur Person und zum Tätigkeitsbereich
TEIL II: Fragen zur Einführung des BRASS-Index
TEIL III: Aussagen zum BRASS-Index
TEIL IV: Fragen zur Erhebung des BRASS-Index
TEIL V: Vor- und Nachteile des BRASS-Index
Der Zeitaufwand für das Ausfüllen wird ungefähr zehn Minuten betragen. Bitte nehmen Sie sich
für die Beantwortung des Fragebogens Zeit, denn jede Ihrer Antworten ist wichtig.
Es gibt weder richtige noch falsche Antworten – nur Ihre Meinung zählt! Selbstverständlich werden
alle Ihre Antworten auf diesem Fragebogen vollkommen anonym und vertraulich behandelt.
Geben Sie bitte den ausgefüllten Fragebogen in ein Kuvert und übermitteln Sie dieses an Ihre
Pflegedienstleitung. Ich ersuche die Pflegedienstleitung die gesammelten Fragebögen bis
spätestens 16. August 2009 an die Abteilung Pflege in Graz zu übermitteln.
Bei eventuellen Unklarheiten bitte ich um Kontaktaufnahme: [email protected]
Herzlichen Dank!
Hanna Gallaun, BSc.
© Stmk. Krankenanstaltenges.m.b.H Hanna Gallaun, BSc. V3 6. Juli 2009
90
TEIL I Angaben zur Person und zum Tätigkeitsbereich Bitte beantworten Sie kurz einige Fragen zu Ihrer Person und Ihrem Tätigkeitsfeld.
1. Geben Sie bitte Ihr Geschlecht an.
männlich weiblich
2. Wie alt sind Sie? unter 20 Jahre 36 – 50 Jahre
21 – 35 Jahre über 50 Jahre
3. In welcher Funktion sind Sie tätig?
Leitende(r) Stationsschwester/Stationspfleger
Diplomierte(r) Gesundheits- u. Krankenschwester/Krankenpfleger
4. Was ist Ihr derzeitiger Einsatzbereich?
Station Innere Medizin
Station Chirurgie
Sonstige: _______________
5. Wie lange üben Sie Ihren Beruf bereits aus?
unter 3 Jahre 11 - 20 Jahre
3 - 5 Jahre 21 - 30 Jahre
6 - 10 Jahre über 30 Jahre
TEIL II Fragen zur Einführung des BRASS-Index
6. Hat es bei der Einführung des BRASS- Index auf Ihrer Station eine Einführungsphase gegeben?
ja
nein
a. Falls es eine Einführungsphase gegeben hat, sind dabei Probleme aufgetreten?
ja, weil (bitte angeben) nein
7. Hat es vor dem Einsatz des BRASS-Index eine Einschulung gegeben?
ja
nein
a. Wenn ja, in welchem Umfang?
8. Besuchen Sie weiterhin Schulungen bzw. Fortbildungen zum Thema BRASS-Index?
ja
nein
a. Wenn ja, welche Schulungen bzw. Fortbildungen?
91
9. Ist das Ausfüllen des BRASS- Index auch ohne Schulung der Pflegeperson möglich?
ja
nein
10. Wer hat die Einführungsphase geleitet bzw. begleitet? Bitte geben Sie deren/dessen Funktion an.
Pflegedienstleitung
Stationsleitung
Sonstige: _______________
TEIL III Aussagen zum BRASS-Index
Im Anschluss finden Sie einige Aussagen zum BRASS-Index. Beantworten Sie, ob Sie diesen Aussagen zustimmen oder diese ablehnen und begründen Sie Ihre Entscheidung.
11. Der BRASS-Index ist für Pflegepersonen ohne Schwierigkeiten auszufüllen.
stimme sehr zu
stimme eher zu
teils/teils
lehne eher ab
lehne sehr ab
Begründung:
12. Der BRASS-Index ist einfach und verständlich aufgebaut.
stimme sehr zu
stimme eher zu
teils/teils
lehne eher ab
lehne sehr ab
Begründung:
13. Durch den Einsatz des BRASS- Index erhalten Pflegende einen schnelleren Überblick über die Entlassungssituation.
stimme sehr zu
stimme eher zu
teils/teils
lehne eher ab
lehne sehr ab
Begründung:
14. Der BRASS-Index ist geeignet, um Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die ein gezieltes Entlassungsmanagement benötigen.
stimme sehr zu
stimme eher zu
teils/teils
lehne eher ab
lehne sehr ab
Begründung:
92
TEIL IV Fragen zur Erhebung des BRASS-Index
15. Der Aufwand für die Erhebung des BRASS-Index beträgt ungefähr
_______ Minuten.
16. Wird das Ausfüllen des BRASS- Index von Ihnen als zusätzlicher Zeitaufwand wahrgenommen?
ja
nein
17. In welcher Form wird der BRASS-Index auf Ihrer Station erhoben?
Papierform
elektronisch
18. Welche Vorteile sehen Sie bei der elektronischen Erhebung des BRASS-Index?
19. Würden Sie sich beim BRASS- Index ein weiteres Feld für eigene zusätzliche Bemerkungen wünschen?
ja
nein
a. Wenn ja, für welchen Bereich des BRASS-Index?
20. Ist es Ihnen möglich, bei allen Patientinnen und Patienten alle zehn Bereiche des BRASS- Index zu beurteilen?
immer
häufig
selten
nie
21. Bei welchen Bereichen des BRASS-Index treten Schwierigkeiten beim Beurteilen auf?
Ich habe keine Schwierigkeiten beim Beurteilen
Bereich 1: Alter
Bereich 2: Lebenssituation/Soziale Unterstützung
Bereich 3: Kognitive Fähigkeiten
Bereich 4: Funktioneller Status
Bereich 5: Verhaltensmuster
Bereich 6: Mobilität
Bereich 7: Sensorische Defizite
Bereich 8: Anzahl vorhergehender Krankenhausaufenthalte oder Aufsuchen der Notaufnahme
Bereich 9: Anzahl der medizinischen Diagnosen
Bereich 10: Anzahl aller verordneten Medikamente
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22. Warum treten in den von Ihnen oben genannten Bereichen Schwierigkeiten beim Beurteilen auf?
Patientin bzw. Patient ist dement
Patientin bzw. Patient ist somnolent
Patientin bzw. Patient hat Hörprobleme
Patientin bzw. Patient hat Sprechprobleme
Patientin bzw. Patient ist anderssprachig
Patientin bzw. Patient ist zeitlich/örtlich desorientiert
Sonstige: _________________________
23. Zu welchem Zeitpunkt erfolgt die Erhebung des BRASS-Index auf Ihrer Station?
_______________
24. Wird die Anamnese und der BRASS-Index von derselben Pflegeperson erhoben?
immer
häufig
selten
nie
25. Welche Personen werden zur Entlassungsplanung hinzugezogen, wenn sich nach der Auswertung des BRASS- Index ein Wert von über neun Punkten ergibt?
Ärztin bzw. Arzt
Versorgungskoordinatorin bzw. Versorgungskoordinator
Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter
Hauskrankenpflege
Angehörige
Sonstige: ______________
26. Würden Sie den weiteren Betreuungsbedarf der Patientinnen und Patienten auch ohne den Einsatz des BRASS- Index erkennen?
immer
häufig
selten
nie
TEIL V Vor- und Nachteile des BRASS-Index
27. Welche Vorteile bzw. welchen Nutzen sehen Sie im BRASS- Index?
Übersichtlichkeit
BRASS-Index ist in kurzer Zeit ausfüllbar
BRASS-Index identifiziert den weiteren Betreuungsbedarf
Sonstige: _______________________________________ _______________________________________
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28. Welche Nachteile sehen Sie im Einschätzungsinstrument BRASS-Index?
Zeitaufwand für das Ausfüllen ist hoch
Nachfolgender Betreuungsbedarf wäre auch ohne den Einsatz des BRASS-Index erkennbar
Vor der Kontaktaufnahme mit der Sozialarbeiterin bzw. dem Sozialarbeiter muss der BRASS-Index bereits erhoben sein
Sonstige: _______________________________________ _______________________________________
29. Sind Sie der Meinung, dass der BRASS-Index verbessert werden sollte?
Keine Verbesserung notwendig
Verbesserung notwendig, weil (bitte angeben) ________________________________________ ________________________________________
30. Wurden Sie durch den Einsatz des BRASS-Index sensibler für den Bereich Entlassungsmanagement?
ja
nein
31. Möchten Sie noch etwas zum Thema BRASS-Index sagen?
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!