UNIVERSIDADE FEDERAL DE SANTA CATARINA
LETRAS - LÍNGUA ALEMÃ E LITERATURAS
TRABALHO DE CONCLUSÃO DE CURSO (TCC)
Sandro Liesch
DIE BESETZUNG DES NACHFELDES IM GESPROCHENEN
DEUTSCH IN SÃO BENTO DO SUL - SANTA CATARINA: Umfang und Eigenschaften
Trabalho de Conclusão de Curso
apresentado à Universidade Federal
de Santa Catarina para a obtenção
do título de Bacharel em Letras -
Língua Alemã e Literaturas.
Betreuerin: Prof. Dr. Ina Emmel
Florianópolis
2011
Sandro Liesch
DIE BESETZUNG DES NACHFELDES IM GESPROCHENEN
DEUTSCH IN SÃO BENTO DO SUL - SANTA CATARINA: Umfang und Eigenschaften
Trabalho de Conclusão de Curso apresentado à Universidade
Federal de Santa Catarina para a obtenção do título de Bacharel em
Letras - Língua Alemã e Literaturas.
Aprovado em ____/_____/_______
Banca examinadora
_____________________________________________
Ina Emmel (orientadora) – Universidade Federal de Santa Catarina
______________________________________________
Meta Elisabeth Zipser – Universidade Federal de Santa Catarina
Ich widme diese Arbeit meiner
ganzen Familie und besonders
meinem kleinen Otto.
DANKBARKEIT
An dieser Stelle möchte ich mich bei alle Leute, die mich
ermutigt und geholfen haben, bedanken. Das heisst, meine Familie,
Kollegen, Lehrer und Lehrerinnen. Weiters bedanke ich mich aufrichtig
und unermeßlich bei Professor Dr. Ina Emmel, die mich sehr begeistert
hat. Ohne ihre Ermutigung hätte ich noch grössere Schwierigkeiten
gehabt, diese Arbeit beenden zu können.
ZUSAMMENFASSUNG
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Nachfeldbesetzung, das
heißt, die Besetzung des Teiles des deutschen Satzes nach der
sogenannten Satzklammer. Die folgende Studie hat als
Erforschungsdaten etwa 60 Interviews, die in São Bento do Sul, Santa
Catarina, aufgenommen wurden. Unter den Interviews wurden die
Sätzen, in denen das „Nachfeld“ erscheint, ausgewählt, um dann dieses
Phänomen zu analysieren und eventuell besser zu verstehen.
Außerdem beschreibt diese Arbeit oberflächlich ein grammatisches
Phänomen eines gesprochenem Deutsch, das nach über hundert Jahren
noch erhalten bleibt, obwohl schon sehr stark bedroht. Dieses Deutsch
wird vermutlich und unglücklicherweise in diesem Gebiet in kurzer Zeit
verschwinden. Deshalb ist jede Beschreibung dieser mündlichen Form
von grosser Bedeutung und begründet so das folgende
Forschungsunternehmen.
Keywords: Nachfeldbesetzung – gesprochenes Deutsch in São Bento
do Sul – Satzklammer
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG……………………………………………………………………………………..……………8
2. KAPITEL ...................................................................................................................... 10
2. THEORETISCHE REFERENZ ........................................................................................... 10
2.1 WIE IST DER DEUTSCHE SATZ STRUKTURIERT ..................................................... 10
2.2 WAS IST EIGENTLICH DAS NACHFELD .................................................................... 11
2.3 GRÜNDE DER NACHFELDBESETZUNG AUS EHER LINGUISTISCHER SICHT .... 14
2.4 WAS SAGEN DIE LINGUISTEN ÜBER NACHFELDBESETZUNG ............................ 15
2.4.1 Die normale Nachfeldbesetzung .............................................................................. 16
2.4.2 Die Rechtsversetzung .............................................................................................. 17
2.4.3 Nachträgen, Appositionen und Vergleichen ............................................................ 18
2.4.4 Die fakultative Extraposition .................................................................................. 19
2.4.5 Außergewöhnlicher Fall .......................................................................................... 20
2.4.6 Die obligatorische Extraposition ............................................................................. 21
2.4.7 Bei Nebensätzen ...................................................................................................... 22
3. KAPITEL........................................................................................................................ 23
3. DIE METHODE .............................................................................................................. 23
3.1 DIE INTERVIEWS ........................................................................................................... 23
3.2 WER SIND DIE INFORMANTEN ................................................................................... 24
3.3 DATENAUSWAHL .......................................................................................................... 24
4. KAPITEL........................................................................................................................ 25
4. DIE ANALYSE ................................................................................................................ 25
4.1 DIE RECHTVERSETZUNG ............................................................................................. 25
4.2 NACHTRÄGEN, APPOSITIONEN UND VERGLEICHEN ............................................ 26
4.3 FAKULTATIVE EXTRAPOSITION ................................................................................ 28
4.4 AUßERGEWÖHNLICHER FALL .................................................................................... 29
4.5 DIE OBLIGATORISCHE EXTRAPOSITION ................................................................. 31
4.6 ALS NEBENSATZ ............................................................................................................ 31
5. KAPITEL........................................................................................................................ 32
5. ERGEBNISSE ................................................................................................................. 32
5.1 EINSCHLIEΒENDEN BETRACHTUNGEN ................................................................ 32
6. BIBLIOGRAPHIE ........................................................................................................... 34
8
1. EINLEITUNG
Seit dem Anfang meines Studiums und mein Interesse für die deutsche
Sprache habe ich immer - sicherlich sehr naiv - gelernt, dass die Sätze
im Deutschen – außer einige Ausnahmen – kein Wort oder Satzteil nach
dem Ende der Satzklammer haben könnten. Jedoch als ich zum ersten
Mal die Interviews, die in dieser Arbeit als Korpus dienen werden,
gehört habe, die in São Bento do Sul – SC mit deutschsprachigen
Bürgern aufgenommen wurden, habe ich etwas interessantes bemerkt
und zwar eine häufige Besetzung des Nachfeldes1 . Am Anfang dachte
ich sogar, dass es sich um eine neue Sprache handelte, weil ich bis dann
so wenig über “Nachfeldbesetzung” im Deutschunterricht gehört hatte.
Das Nachfeld wird immer noch in unseren Stunden sehr oberflächlich
behandelt oder vielmal wird es nur nebenbei gelehrt und auch gelernt.
Die häufigere Verwendung des Nachfeldes in São Bento do Sul ist also
nicht nur ein kuriöser Fall, aber eine gute Gelegenheit, diese
geschsprochen Form besser zu kennen und darüber zu berichten, was für
eine linguistische Analyse sehr interessant sein kann.
Etliche Fragen begannen in diesem Kontext aufzutauchen: Wäre diese
Nachfeldbesetzung vom Portugiesischen beeinflusst? Wäre es ein
Dialekt oder eine „Mischung“ zwischen dem Deutschen und dem
Portugiesichen? Wäre das nur eine Eigenschaft der geschprochenen
deutschen Sprache von São Bento do Sul? Was ist eigentlich Nachfeld?
In welchen syntaktischen Kontexten kommt es vor? Auf diese Fragen
werde ich in dieser Arbeit versuchen einzugehen.
Im 2. Kapitel werde ich mich auf die Satzstruktur des Deutschen
beziehen und auf die Besetzung des Nachfeldes konzentrieren. Die
theoretische Basis dazu stammt aus dem Grammatiken des Deutschen
z.B. Duden (1995) Helbig/Buscha (1991) und Bertelsmann (1999) und
linguistisch orientierte Arbeiten, die sich schon mit diesem Thema
auseinandergesetzt haben z.B. Weiniger (2000).
Im 3. Kapitel bespreche ich die Forschungsmethode und berichte über
die Interviews.
1 Diese Kategorie wird später definiert
9
Im 4. Kapitel werde ich dann die Sätze aus dem Korpus mit
Nachfeldbesetzung analysieren, und versuchen, sie in Kategorien
einzuordnen.
Im letzten Kapitel fasse ich die Ergebnisse zusammen und werde
versuchen, die am Anfang gestellten Fragen zu beantworten. Dort
werden dann auch Vorschläge für weitere Forschungen gemacht und die
jeweiligen Eingrenzungen kommentiert.
10
2. KAPITEL
2. THEORETISCHE REFERENZ
Die linguistische Beschreibung der Verbalklammer des Deutschen in
dieser Arbeit wird hauptsächlich anhand der Doktorarbeit von Markus J.
Weininger – „A Verbalklammer: estruturas verbais descontínuas em
Alemão“ – basiert. Ich habe mich für diese Arbeit entschieden, weil sie
mir als Muttersprachler des Portugiesichen ausführliche Erklärungen für
die Satzstruktur des Deutschen verliehen hat. Die Komplexität des
Themas Verbalklammer und darunter die des Nachfeldes wurde mir
durch diese Arbeit relativ zugänglicher.
Die verwendeten Grammatiken des Deutschen sind die Werke Duden
(1995) und Bertelsmann(1999). Andere Quellen werden in Fussnoten im
Verlauf dieser Arbeit erwähnt.
2.1 WIE IST DER DEUTSCHE SATZ STRUKTURIERT
Fangen wir mit der grammatischen Beschreibung, wie sie
normalerweise behandelt wird, an: Duden (S.788) stellt die folgende
Graphik dar, um besser die Strukturen des deutschen Satzes zu
veranschaulichen:
11
Damit man aber das Nachfeld und seine möglichen Besetzungen
verstehen kann, müssen wir erst den Begriff „Satzglied“ besser
definieren.
Nach Duden (1995. S. 605), sind Satzglieder „die kleinsten in sich
zusammengehörigen Elemente des Satzes (Wörter und Wortgruppen),
die sich nur geschlossen verschieben lassen und die zugleich als ganze
ersetzbar sind“.
Beim finiten Verb gibt es drei mögliche Stellungen, wie auch schon in
der Graphik zu sehen ist.
Im Kernsatz – das Verb steht in zweiter Stelle – z.B. Peter [hat seinem
Vater im Garten geholfen]2
Im Stirnsatz – das Verb steht in erster Stelle – z.B. [Hat Peter seinem
Vater im Garten geholfen]?3
Im Spannsatz– das Verb steht an letzter Stelle – z.B. ... [daß Peter
seinem Vater im Garten geholfen hat]4
Im Algemeinen wird im Kernsatz das Vorfeld besetzt, im Stirnsatz und
Spannsatz nicht. Das Feld zwischen den Klammerteilen wird
„Mittelfeld“ gennant. Aber in einigen Fällen kann man Teile des Satzes
aus der Klammer herausnehmen und hinter den zweiten Klammerteil
setzen. Das wird „Ausklammerung“ oder „Ausrahmung“5 genannt und
dieses Feld hinter der zweiten Klammer heißt dann „Nachfeld“. Gerade
dieser Teil wird im Folgenden dann besser ausgearbeitet.
2.2 WAS IST EIGENTLICH DAS NACHFELD
Es gibt relative Einigkeit unter den Autoren und Linguisten der
deutschen Sprache, dass sie in einem spezifischen Satzbaum geformt
wird. Diese unterscheiden sich durch Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld.
2 Beispiel aus Duden (1995, S.787) 3 Idem 4 Idem 5 Für diese Arbeit sehe ich “Satzklammer” als Synonym zu “Satzrahmen” wie auch “Ausklammerung” zu “Ausrahmung”.
12
Nicht nur in Grammatiken findet man Äußerungen über die
Satzgliederung des Deutschen, aber auch bei Autoren wie z.B. Muckel
(2002), und Bubenheimer (2010), um die Einteilung nochmal
klarzustellen:
Zum Beispiel behauptet MUCKEL (2002, S.06) „Der Bereich vor der
Satzklammer öffnenden Einheit wird ‚Vorfeld‘, der innerhalb der
Satzklammer ‚Mittelfeld‘ und der nach der Satzklammer schließenden
Einheit ‚Nachfeld‘ genannt“6.
Nach Bubenheimer7,
Mit Vorfeld ist dabei der Anfangsbereich des
Satzes vor der gebeugten Verbform gemeint. Das
Mittelfeld ist nun der Bereich zwischen
konjugierter und nicht-konjugierter Verbform.
Der Bereich ganz am Ende des Satzes, hinter den
nicht-konjugierten Verbformen, wird als Nachfeld
bezeichnet8.
Wie wir sehen können, sind die jeweiligen Definitionen immer etwas
verschieden, oder sie ergänzen sich in irgendeiner Weise.
Nach BERTELSMANN (1999, S. 481- 483) ist die Besetzung von
Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld problematisch, weil morphologische,
syntaktische, intonatorische, intentionale und situative Faktoren eine
Rolle spielen. Nach ihm sind die Teile des Satzes, die in das Nachfeld
gestellt werden, aus stilistischen Gründen oder aus Gründen der
Akzentuierung ausgeklammert. Hier könnten wir eventuell schon sagen,
dass der Autor diese Besetzung als fakultativ annimmt.
6 MUCKEL, Sandra - Wortstellungseffekte beim Satzverstehen: Zur Rolle syntaktischer, verbspezifischer und prosodischer Informationen. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. 2002. (Psycholinguistische Studien) 7 Felix Bubenheimer ist Leiter des DAAD-Informationszentrums in Budapest sowie DAAD-Lektor für deutsche Sprache an der Technischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Universität in Budapest. Quelle:
www.daad.de/de/download/alumni/veranstaltungen/03.../Bubenheimer.pdf (Zugang: 11/04/2010) 8 BUBENHEIMER, Felix – www.deutschservice.de/felix/da/gesprkom.html
(Zugang: 11/04/2010)
13
Eine ähnliche Meinung haben KONOPKA und STRECKER (2008, S.
371). Sie behaupten, dass die Bedingungen, unter denen diese Felder
‚sichtbar‘ werden, anscheinend nicht immer gegeben sind und dass die
Felder außerdem nicht immer besetzt sind. Insbesondere das Nachfeld,
dessen Besetzung weitgehend fakultativ wäre, werde zu wenig
Aufmerksamkeit geschenkt.
Auch laut ENGEL (1996, S.177) ist das Nachfeld in der Mehrzahl der
Fälle unbesetzt und mit ganz wenigen Ausnahmen könnten
Nachfeldelemente ebensogut im Mittelfeld erscheinen. Dieses behauptet
auch ZIFONUN et al. (1997)9 und ebenfalls, dass die meistens
Mittelfeldstellung sogar das übliche sei. Es würde aber nicht zutreffen,
daß Nachfeldstellung nur in gesprochener Sprache vorkäme; gerade die
geschriebene Sprache würde in bestimmten Fällen Nachfeldstellung
bevorzugen, behauptet der Autor ebenfalls.
Und in Beziehung zu den grammatischen Einheiten, die in diesen
Feldern vorkommen können, kann man sich nach Bertelsmann
anschliessen:
Im Regelfall wird das Vorfeld vom Subjekt
besetzt. Dies ist die unbetonte „Normalstellung".
Grundsätzlich können alle Satzglieder mit
Ausnahme des finiten Verbs im n Vorfeld u.a.
stehen. Bettreffend der Besetzung des
Mittelfeldes - also des Bereichs zwischedem
ersten und zweiten Klammerteil - ist das
eigentliche Problem der Satzgliedfolge im
Deutschen. Mit Ausnahme des stellungsfesten
Verbs mit seinen Erweiterungen (das die
Klammerfunktion ausübt) können alle
Ergänzungen und Angaben hier erscheinen.
Darüber werden wir nicht hier behandeln, weil
unsere Arbeit bezüglich zum Nachfeld ist.
Folglich ist der Teile des Satzes - also hinter den
zweiten Klammerteil gestellt – Nachfeld gennant.
(BERTELSMANN. S. 481-483)
Darüber werden weitere Informationen laufend dieser Arbeit
ansprechen.
9 Apud Weininger, 2000, S.147
14
Ich gebe nun drei Beispiele aus Duden (1995) wieder, die die Besetzung
von Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld prototypischerweise illustrieren
sollen:
(01) [Susanne] hat gestern für ihren Freund ein Geschenk ausgesucht.
(02) Er hat [ihm grob den Ball aus der Hand] geschlagen.
(03) Ich möchte nicht verreisen [in diesem Sommer].
Wie wir beobachten können, ist diese Nachfeldbesetzung nicht
obligatorisch. Das könnte auch anders lauten.
(04) Ich möchte [in diesem Sommer] nicht verreisen.
Gründe für diese Verschiebung werden jetzt besprochen.
2.3 GRÜNDE DER NACHFELDBESETZUNG AUS EHER
LINGUISTISCHER SICHT
Nachfeldbesetzung ist anhand des Oben-gesagtem eine kontroverse
Sache in der Beschreibung der Syntax des Deutschen. Also werden wir
uns auch hier nur mit einem bestimmten Teil dieser komplexen
Eigenschaft beschäftigen können. Über das Nachfeld lautet es im Duden
(1995, S. 790):
Bestimmte Teile des Satzes können
ausgeklammert, d.h. ins Nachfeld gestellt werden.
Grammatisch notwendig ist das nie, doch können
stilistische Gründe eine Ausklammerung
nahelegen. Dabei spielt die Länge des Elements
eine Rolle – so werden umfangreiche Satzglieder
und längere Nebensätze häufig ausgeklammert –
außerdem das Gewicht, das ein Element im Satz
hat.
Schauen wir uns die allgemeine Einteilung des Satzes anhand eines
Beispiels wiederholt an.
15
(05) Ich will sie nicht mehr sehen [in diesem Jahr]10
Aus Weininger (2000) ist zu zusammenfassen dass, in der Besetzung
des Nachfeldes zwischen der normalen Nachfeldbesetzung, der
Rechtsversetzung, der obligatorischen Extraposition und der
fakultativen Extraposition unterschieden wird. Die Besetzung des
Nachfeldes sei auch nicht obligatorisch. Ebenso laut Weininger (2000,
S.146) könne die Besetzung des Nachfeldes durch adverbialen
Elementen oder durch präpositionalen Ergänzungen, die vom Verb
regiert werden, genau so gut im Mittelfeld stehen11
.
Eine andere Funktion des Nachfeldes wäre, das Übermaß der
Informationen im Verlauf des Satzes zu verteilen, damit der Empfänger
es gut verstehen kann, wie auch das Einfügen anderer Information,
nachdem der Satz schon geschlossen worden war. Das bedeutet: das
Nachfeld erfolgt vor allem dann, wenn umfangreichere Satzglieder aus
dem Mittelfeld erweitert werden, um die Verständlichkeit des Satzes zu
gewährleisten. (Zifonun et al (1997) apud Weininger 2000, S. 150. -
Meine Übersetzung)
Im nächsten Abschnitt wird versucht, die Nachfeldbesetzung aus eher
linguistischer Sicht besser einzugliedern.
2.4 WAS SAGEN DIE LINGUISTEN ÜBER
NACHFELDBESETZUNG
Wie schon erwähnt, können tätsachlich fast alle Satzglieder im Vorfeld
oder im Mittelfeld gesetzt werden. Jedoch wird das Nachfeld nur in
seltenen Fällen benutzt oder unter grosser Einschränkung. Das behauptet
auch RIEGER12
(2008, S. 125).
10 Das Beispiel stammt aus Bertelsmann, S.483 11 (...)„a ocupação do campo posterior por elementos adverbiais ou complementos preposicionais regidos pelo verbo, poderia ocupar o plano interno da frase“. (Op. Cit.) 12 RIEGER, Marie A. Die Struktur des deutschen Satzes Eine Einführung in die dependenzielle - Verbgrammatik für Studierende mit Ausgangssprache Italienisch. Quaderni del CeSLiC: Studi Grammaticali. 2008. Series Editor
16
Darüberhinaus bestätigen die Autorinnen HALL und SCHEINER13
(2006, S. 272): „In der Alltagssprache stehen Nebensätze meist im Vor-
oder Nachfeld des Hauptsatzes. Der Text wird dadurch einfacher und
verständlicher“. Nachfeldkonstruktionen sind, nach KINDT14
(S. 13),
„einerseits vielfältiger und andererseits mit dem besonderen
Modellierungsproblem diskontinuierlicher Konstruktionen verbunden.
Man könnte informell sagen: der Satz ist eigentlich schon ‚fertig‘ und
dann kommt noch etwas dazu“.
Nach einigen Linguisten sind die Regeln der Nachfeldbesetzung
weniger streng als die Regeln der Vorfeldbesetzung. Demnach würde
eher eine Tendez angezeigt anstatt Regeln zur Anwendung gegeben.
(WEININGER, 2000, S. 148)
WEININGER (2000 S. 145) bezieht sich außerdem ganz allgemein auf
andere Autoren, die deklarieren, dass das Nachfeld weniger strukturiert
sei als das Vorfeld und das Mittelfeld. Deshalb wäre es schwierig, das
Nachfeld abzugrenzen, weil es nicht notwendig im Satz sei, und so
könnte dann das Nachfeld – mit weniger Syntaxforderung – nur als
Kommunikationszweck dienen.
2.4.1 Die normale Nachfeldbesetzung
Um besser das Nachfeld zu veranschaulichen, stelle ich folgende
Tabelle - aus GREWENDORF, HAMM & STERNEFELD (1987, S.
215) – vor, die ich aus dem Handout für das Seminar von Syntax:
Ausgewählte Probleme des Deutschen von Dr. Joanna Blaszczak15
genommen habe.
13 HALL, Karin, SCHEINER, Barbara. Übungsgrammatik für Fortgeschrittene Deutsch als Fremdsprache. 2006 14 Quelle: www.uni-bielefeld.de/lili/.../kindt/.../Grammatik_und_Interaktion.pdf (Zugang 11/10/2010) 15 http://www.ling.uni-potsdam.de/~blaszczak/Downloads/Sitzung_1.pdf (Zugang 20/04/2009)
17
In den nächsten Abschnitten werden wir uns jetzt gezielter mit den
verschiedene Möglichkeiten der Nachfeldbesetzung beschäftigen.
2.4.2 Die Rechtsversetzung
Die Rechtsversetzung ist eine syntaktische Konstruktion, durch die ein
Satzglied nach links vor das Vorfeld bzw. nach rechts (in oder) hinter
das Nachfeld gestellt wird, wobei der ursprüngliche Platz durch ein
Korrelat markiert ist. Im Unterschied zur normalen Nachfeldbesetzung
hinterlässt die Rechtsversetzung ein Korrelat im Mittelfeld16
.
16 DÜRSCHEID, Christa. Syntaktische (Ir-)Regularitäten des Deutschen Ausklammerungsstrukturen. Seminar WS 2003/2004.
18
(06) Die Prüfung, die hat Philipp bestanden17
.
(07) Philipp hat sie bestanden, die Prüfung18
.
Nach Bertelsmann wäre die Rechtsversetzung eine andere Funktion für
die Aussage zu verstärken.
(08) Das muss sie wissen, [die Tochter]!19
(09) der hat oficina gehabt, [der papa]20
(R.P. – 59 /02:43)
2.4.3 Nachträgen, Appositionen und Vergleichen
Die vielfältige Besetzung des Nachfeldes ist eine markierte Position und
fordert deshalb Stutz der Prosodie, und jede Einheit sei durch Pause
betont und markiert, behauptet WEININGER. (2000, S. 147)
Nach BERTELSMANN (1999, S. 484) bediene man sich bei erläuternde
Nachträgen, Appositionen und Vergleichen bedient man sich häufig der
Ausklammerung. z. B. bei Vergleichen:
(10) Er hat uns wie immer geholfen [als guter Freund].
Bei Nachträgen:
(11) An der Wahlveranstaltung nahmen teil [Kanzlerkandidat,
Oppositionsführer und örtliche Kandidaten].
Ebenso bei Appositionen:
(12) Der Rest der Soldaten kämpfte weiter, [ohne Waffen, kaum 10
Mann.]
Aus meinem Korpus stammt dieses Beispiel, um genau das gleiche zu
bestätigen:
(13) hier gebt‘s noch andere orte [wie pomerode] (H.F. – 73 / 03:28)
17 Idem 18 Idem 19 Beispiel aus BERTELSMANN (1999, S. 484) 20 Dieses Beispiel stammt aus meinem Korpus
19
Als Nachträge dient auch dieses Beispiel:
(14) ich bin in são bento geboren [und auch meine eltern] (R.P. – 55
/00: 17)
Bei Apposition kommt das folgende Beispiel in Frage:
(15) der hat auch hier hinter den berg gewohnt und [gar nicht weit von
hier] (H.F. – 73 / 08:41)
2.4.4 Die fakultative Extraposition
Fakultative Extrapositionen seien laut Bertelsmann aus stilistischen
Gründen oder aus Gründen der Akzentuierung ausgeklammert. (1999, S.
483)
BUSCHA und HELBIG (1991) verdeutlichen die stilistische Gründen
folgendermassen:
Der stilistisch bedingten Ausrahmung sind vor
allem präpositionale Gruppen fähig. Sie erfolgt
erstens, wenn die zwischen finitem Verb und
Prädikatsteil stehenden Satzglieder sehr
umfangreich oder sehr zahlreich sind und die
Gefahr besteht, daß das Prädikat nicht als Ganzes
erfaßt wird. Um eine stilistisch bedingte
Ausrahmung handelt es sich zweitens, wenn ein
vom Sprecher besonders betontes Satzglied hinter
den Prädikatsteil gestellt wird.
Das folgende Beispiel stammt aus Bertelsmann (1999, S. 483)
(16) Ich will sie nicht mehr in diesem Jahr sehen.
(17) Ich will sie nicht mehr sehen [in diesem Jahr].
Aus meinem Korpus stammt dieses Beispiel:
(18) ich bin geboren [in são bento] (J.D. – 48 /00:33)
Andererseits stellt ENGEL (1996, S.316) fest:
20
Von den nicht-satzartigen Ergänzungen ist nur die
Präpositivergänzung nachfeldfähig, und auch
diese nur in der Mehrzahl der Fälle. Aber es gibt
für die Präpositivergänzungen Einschränkungen,
die noch nicht ausreichend erforscht sind. Z.B. > *
Sie wird es noch bringen [zur Ministerin]
BERTELSMANN (1999, S. 451-452) behauptet bezüglich zur
Präpositionalergänzungen21
,
Fakultative Teile werden in Klammern
angegeben, bei Präpositionalergänzungen wird die
Präposition vermerkt, ebenso die sprachlichen
Elemente bei der Einordnungsergänzung:
als/wie/zu. Bei Reflexivverben wird der Kasus des
Reflexivpronomens in Klammern nach dem
Pronomen aufgeführt.
Nach Duden (1995 S. 377) kann die Präposition bei gebundenem
Gebrauch nicht ausgetauscht werden. Das ist-von einigen Ausnahmen
(z. B. über etwas sprechen/von etwas sprechen) abgesehen-bei den
Präpositionalobjekten der Fall. Beispielsweise: Die Reisenden kümmern
sich um ihr Gepäck.
Aus unserem Korpus haben wir kein spezifisches Beispiel, um diesen
Fall darzustellen.
2.4.5 Außergewöhnlicher Fall
Nach BERTELSMANN (1999, S. 484) werden Funktionsverbgefüge,
Einordnungs-und Artergänzungen sowie nominale und pronominale,
Genitiv-, Dativ- oder Akkusativergänzungen nicht ausgeklammert.
Ebenfalls im Duden (1995):
Nie oder nur höchst selten stehen im Nachfeld
dagegen Nomen aus Funktions-verbgefügen,
Gleichsetzungsglieder, Adverbialkasus und
Satzadjektive. Auch das Subjekt und die reinen
Objekte (d.h. Objekte ohne Präposition) werden
nicht ausgeklammert, zumal wenn sie pronominal
21 Präpositionalergänzungen drücken eine enge semantische Beziehung zwischen Verb und Objekt der Aussage aus. (BERTELSMANN 1999, S. 451)
21
gebildet sind. Man kann z. B. nicht sagen: Ich
habe getroffen den Chef.
Zu betonen sind aber einige Beispiele aus unserem Korpus, die diese
Regel zu widersprechen scheinen. Aber das wird später ausführlicher
kommentiert.
(19) da (haben die viehzeug) – repete resmungando – gehabt [kühe und
schweine] H.F. – 73 /00:55
(20) da habe ich viele benutzt [das deutsche] M.L. – 57 /00:33
(21) Wir haben viel [gehabt viehzeug né schweine, hühner] E.W. – 74
/01: 46
2.4.6 Die obligatorische Extraposition
SAHEL22
(2005, S. 02) behauptet „Eine obligatorische Extraposition
liegt bei Gliedsätzen und Infinitivsätzen vor. Diese treten entweder im
Vorfeld oder im Nachfeld auf, nie aber im Mittelfeld“.
Nach BUSCHA und HELBIG (1996, S. 568) wird in der deutschen
Gegenwartssprache der Rahmen öfters durchbrochen. Verschiedene
Glieder treten hinter das rahmenschließende Glied. Diese Erscheinung
wird „Ausrahmung“ genannt.
Die grammatikalisierte Ausrahmung betrifft vor
allem folgende Fälle: Satzglieder mit den
Präpositionen wie und als – Nebensätze - bei die
Abtrennung vom Partizip II oder Infinitiv
aufgehoben — oder das Prädikativ (die trennbaren
ersten Teile und das Prädikativ schließen einander
aus). Bei Infinitive mit zu.
Aus meinem Korpus stammt dieses Beispiel:
22 SAHEL, Said. Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft - Universität Bielefeld – 2005. Quelle: http://www.uni-ielefeld.de/lili/personen/ssahel/Wortstellung/nachfeld.pdf (Zugang: 07/10/2010)
22
(22) wir haben leider nicht geschafft [das mitzubringen] weil meine
frau hat in die zeit des kind auch noch gearbeitet.(A.W. – 39 / 01:08)
Aber das Nachfeld mit Infinitiv wird hier nicht ausführlicher behandelt,
da es nicht zu den eigentlichen Aufgaben dieser Arbeit gehört.
2.4.7 Bei Nebensätzen
BERTELSMANN (1999, S. 483) behauptet, dass die Ausklammerung
häufig bei Nebensätzen zu beobachten sei. z.B.:
(23) Ich drückte meine Hoffnung aus, dass sie bald gesund würde.
Nebensätze im Nachfeld, die ja von vielen Autoren als
Nachfeldbesetzung (z. B. BUSCHA und HELBIG, 1996,
BERTELSMANN,1999) klassifiziert werden, werden hier auch nicht
behandelt, weil diese Fälle für unsere Arbeit nicht interessant sind, da
sie-unserer Ansicht nach – ja sowieso meistens nach dem Haupsatz
stehen.
Aus unsere Korpus stammt dieses Beispiel, damit die Nebensatzt
vorzustellen.
(24) das war ganz interessant, [weil das hat so gefroren hier] (E.W –
71 / 07:23)
23
3. KAPITEL
3. DIE METHODE
Jetzt berichten wir oberflächlich wie unsere unserer Arbeit bearbeitet
wird.
3.1 DIE INTERVIEWS
Die 60 Interviews wurden im März 2004 in São Bento do Sul-im
Norden von Santa Catarina (deutsche Einwanderung ab 1849)23
-
eigentlich für eine andere Forschungsarbeit der Universität Erlangen
aufgenommen und im deutschen Funk wiedergegeben und kommentiert.
Die Interviews dauern in der Regel etwa 20 Minuten.
Naumann24
erklärt:
Die Eingangesfragen nach Alter, Beruf, Schule
Familie, Eltern, Grosseltern und Urgrosseltern für
die Fragebogen waren meist schnell erledigt. Wir
konnten und wollten nicht zu detailliert und
ausführlich gestalten, damit unsere
Interviewspartner, denen wir gesagt hatten, es
ginge ausschliesslich um ihre Sprache, nicht
argwöhnisch wurden und sich ausspioniert fühlen.
Dannach kamen Redeaufforderungen, denn wir
wollten die Leute ja zum Sprechen bringen.
Meistens hat einer der beiden Interviewer damit
begonnen, nach Kindheitserinnerungen zu fragen,
oder danach, wie es früher in Sao Bento war.
Diese Redeaufforderungen waren aber nicht mehr
streng standardisiert, denn nicht alle waren in der
Lage, über alles zu reden. Manche erinnerten sich
noch gut an früher, an ihre Kindhet, manche gar
nicht, manche berichteten von Reisen durch
Brasilien, manche waren nie über São Bento
hinausgekommen.
23 SEIFFERT, Ana Paula. Linguas Brasileiras faladas em São Bento do Sul (SC) – Estratégias para revitalização e manutenção das línguas na localidade. 2009, S. 40) 24 NAUMANN, Bernd. Leiter des ursprünglichen Projektes
24
3.2 WER SIND DIE INFORMANTEN
Die Informanten sind zwischen 35 und 85 Jahre alt. Die Mehrheit ist
noch nie in Deutschland gewesen. In der Schule haben einige, die über
70 sind, auch nur Deutsch gelernt.
3.3 DATENAUSWAHL
Die Interviews wurden mehrmals abgespielt, bevor ich mit der
Transkription der Sätze mit Nachfeldbesetzung anfing. Da die Qualität
des Tons relativ gering ist, mussten die aufgeschriebenen Sätze
mehrmals überprüft werden. Dazu rechnete ich mit der Hilfe von
Kollegen des gleichen Seminars (Pesquisa Dirigida II).
Viele der zuerst aufgeschriebenen Sätze mussten korrigiert/ergänzt oder
sogar eliminiert werden, da sie falsch verstanden worden waren oder die
vermutete Nachfeldstruktur überhaupt nicht aufwiesen.
Jeder Satz mit Nachfeldbesetzung (Nachfdeld in Fettdruck) – nach dem
gegeben Kriterien – werden mit einer Notation versehen, durch welche
man den Informanten, das Alter und die Lokalisation in der Aufnahme
identifizieren kann. Z. B.
(25) In der schule haben wir gelernt [deutsch zuerst] (E.W. – 70 /
00:16)
25
4. KAPITEL
4. DIE ANALYSE
Jetzt fangen wir unseren Korpus zu bearbeiten an. Wir haben die
deutlichsten Beispiele ausgewählt, um besser die verschiedene Aspekte
des Nachfeldes vorzustellen.
4.1 DIE RECHTVERSETZUNG
Erstens stellen wir die Beispiele vor, die die Rechtversetzung darstellen
können, um sie dann zu analysieren.
(26) naona ist in curitiba, [die jüngste] (F.G. – 73 /05:29)
(27) der ist geboren, [mein vater] [in brasilien] (A.B. – 60 /00:38)
(28) der hat oficina gehabt, [der papa] (R.P. – 59/ 02:48)
(29) (unverständlich) ich habe nicht mehr gehabt, [mein liebe]. (M. Z. –
82/00:56)
(30) dann war das hier so streng verboten, [die kriegszeit]. (H.F. – 73/
02:03)
Die Beispiele (26) (27) und (28) könnten wir als klassische Beispiele der
Rechtversetzung ansprechen. Das heißt, der Sprecher äussert den Satz
und dann wiederholt er das Subjekt – oder ein Korrelat. Das könnte eine
Absicht des Sprechers sein, alles zum Hörer klar zu setzen. Andere
Möglichkeit wäre die Absicht des Redners, das Subjekt (Agens) oder
selbst das Objekt hervorzuheben. Wir könnten auch die Wörter „die
jüngste“, „mein vater“ und „der papa“ als Attribut des Subjekts
behandeln.
Das Beispiel (29) könnte auch eine klassische Beispiele der
Rechtversetzung sein. Aber dieses Beispiel könnte andere Vermutung
andeuten. Also wäre „mein liebe“ eventuell nur ein Vokativ oder es
benimmt sich wie eine Interjektion o.ä. man müsste hier vielleicht den
Kontext besser kennen. Die beiden Möglichkeiten verlangen wohl eine
feinere Analyse der Prosodie, was hier den Zweck unserer Arbeit weit
26
überschreiten würde. Andererseits bestätigen wir, dass der Vokativ oder
die Interjektion auch ins Nachfeld versetzen werden können.
Hinsichtlich auf das Beispiel (30) taucht ein anderer Aspekt auf, der uns
provoziert hat. Es handelt sich um das Wort „die kriegszeit“, die
vermutlich nur eine Erklärung für die temporale Angabe “dann”.
Wahrscheinlich wäre es ein Versucht des Redners, den Satz temporal
klar zu verankern. Denn „die kriegszeit“ grenzt eine Epoche - in welcher
Zeit das passiert ist. Diese Information ist sehr wichtig oder vielleicht
hat der Redner sie vergessen. Deswegen hat er es vermutlich nach dem
Ende des Satzes gestellt. Dieses Beispiel könnte wahrscheinlich als ein
„Nachtrag“ behandelt werden. Bezüglich des „Nachtrages“ fassen wir
unsere Analysen zusammmen an.
4.2 NACHTRÄGEN, APPOSITIONEN UND VERGLEICHEN
Normalerweise kommt es häufig vor, wenn die Struktur von Sätzen sich
erst während des Sprechens bildet. Der Sprecher redet, und während
des Redens, merkt er sich, dass ein Element vergessen wurde, dann stellt
er das Element nach dem „geschlossenen“ Satz. (ENGEL, 1996, S. 333)
In Bezug auf Nachträgen, Appositionen und Vergleichen haben wir aus
unserem Korpus folgende Beispiele.
(31) Da haben wir gehabt [viehzeug né] (pause) [schweine, hühner]
(E.W. – 74/ 01:47)
(32) die grosseltern sind von bremen gekommen (unhörbar) [mit der
kleine kinder], (kurze Zweifel) [acht jahre ungefähr von bremen von
deutschland]. (E.W. – 74 /00: 16)
(33) ich bin schon aposentiert [als zehn (pause) zwölf jahre]. (A.B. –
60/07:24)
(34) hier gebt‘s noch andere orte [wie pomerode] (H.F. – 73 / 03:20)
(35) ich bin in são bento geboren [und auch meine eltern] (R.P. – 55
/00: 17)
(36) der hat auch hier hinter den berg gewohnt und [gar nicht weit von
hier] (H.F. – 73 / 08:41)
27
Im Beispiel (31) haben wir einen Satz, der nicht so einfach klassifiziert
werden kann. Im Moment werden wir dieses Beispiel als Nachtrag
einordnen. Das wird so behandelt, weil es uns den Eindruck gibt, dass
die Wörter „viehzeug“ gefolgt von der Partikel „né“, „nicht wahr“ als
freie Übersetzung, ein Nachtrag wäre. Vermutlich sprach der Sprecher
über das, was er gehabt hatte und dann hat er dem Hörer eine
zusätzlichen Informationen gegeben. Die Absicht des Sprechers geht
dann weiter, um dem Hörer die Sache klarer zu machen. Deshalb fügt er
die Wörter „schweine“ und „hühner“ hinzu. Vielleicht möchte der
Sprecher „viehzeug“ detaillieren, welches Viehzeug er gehabt hatte.
Das Interessante dieses Beispiels wäre die Unmöglichkeit des
Nachfeldes durch direkte Objekte zu besetzen. Auf Grund dieses Falles,
werden wir noch später darauf zurückkommen.
Über das Beispiel (32) könnten wir sagen, dass der Satz auch ein
Nachtrag ist, weil die gezeichneten Elemente dem Hörer weitere
wichtige Informationen anbieten. Diese Informationen wird ans Ende
der Satzstruktur gesetzt. Der erste Teil „mit der kleine kinder“ stellt in
Beziehung zu „mit wem“ sie gekommen waren, dannach kommt die
Information über „wie viel Jahre hatte die Kinder ungefähr“ und endlich
holt der Sprecher „woher waren sie gekommen“ wieder. Der Sprecher
macht sich Sorgen dem Hören diese Informationen klarzustellen, dass
Bremen in Deutschland liegt.
Das folgende Beispiel (33) bringt ein Element, das Wort „als“. Das
könnte hier ungewöhnlich aussehen, in diesem Fall „als“ zu benutzen.
Vielleicht möchte der Sprecher „schon“, ,“seit“, sagen oder auch
wahrscheinlich über sein Beruf- „als Beruf“- aussagen, den er nicht
gesagt hat, obwohl er daran gedacht hat. Wie auch möchte der Sprecher
nicht das Wort „als“ zu „wie“ ersetzen. In diesem Fall wird das Wort
„als“ nicht eine Vergleichpartikeln betonen, sondern ist nur ein Teil des
Nachtrags. Da wir nur dieses Beispiel mit “als” haben, kann man nicht
viel erschliessen.
Für das Beipsiel (34) haben wir nichts besonderes zu sagen, da es sich
um einen normalen Vergleich handelt und so, wie schon oben erwähnt,
ganz normal im Nachfeld zu erwarten ist. Da haben wir keine
Satzklammer und „wie pomerode“ wird genau im seiner normaler
Position in Satz gestellt.
28
Schon über die Beispiele (35) und (36) haben wir nach der Satzklammer
die Partikeln „und“. Normalerweise könnte auch diese Partikel zwei
Sätze verbinden. Andererseits wirkt dieses „und“ wie ein Versuch des
Sprechens weitere Informationen hinzufügen. Wenn die Absicht des
Sprechens das wäre, dann könnte wir diese Sätze als Nachtrag
eingliedern.
Deutliche Beispiele über Appositionen und Vergleichen ins Nachfeld
haben wir keine aus unserem Korpus. Wichtig ist zu beachten, dass die
Nachtrag und Fakultativ Extraposition unter Autoren wie Bertelsmann
(1999) und Engel (1996) bearbeiten werden. Der erste bezog sich auf
stilistische Gründe oder Akzentierung und der zweiter auf
Hervorhebung. Also haben die beiden Autoren eine ähnliche Idee.
Darauf gehen wir jetzt punktuell ein.
4.3 FAKULTATIVE EXTRAPOSITION
Bei Fakultative Extraposition haben wir weitere Beispiele. Meistens
wird das Nachfeld durch Präposition plus Nomen besetzt. Grundsätzlich
könnte wir alle fettgeschriebenen Wörter, die ins Nachfeld gestellt
wurden, genausogut im Mittelfeld geäussert werden. Interessanterweise
ist genau dies präpositionale nominale Phrase sehr üblich in unserem
Korpus zu sehen.
(37) ich weiss meine mutter hat immer viel gesungen [von deutsch].
(E.W. – 71/04:24)
(38) die haben verwandte gehabt [drüben né deutschland]. (E.W. –
71/07:00)
(39) früher, da war leicht gewesen [auf die Straße] (W.W. – 59 / 05:00)
(40) da haben wir fangen gespielt [auf die Straße]. (H.F. – 73/10:06)
(41) ich habe (unhörbar) mit die mutter aufgewachsen [mit ihr]. (E.W.
– 74/01: 35)
(42) wann ich schulferien hatte und alles bin ich nach him gefahren
[nach den grosseltern]. (A.W. – 39/02:10)
(43) ich bin geboren [in são bento]. (J.D. – 48/00:33)
29
(44) ich bin in schule kommen [bis die fünfte klasse]. (A.B. – 60/04:13)
(45) sie ist gestorben [mit 4 jahre]. (A.B. – 60 /05:18)
(46) der mein opapa, der ist von deutschland gekommen (käme) [von 1
jahr alt]. (P.E. – 62/00:39)
(47) die grosseltern sind schon gekommen [von deutschland]. (R.J. –
4800:51)
(48) ich habe mich verheiratet [in 66]. (M.L. – 57/08:33)
(49) dann hatte der vater ihn schon gesagt [auf der reise]. (A.G. – 85)
(50) Ich werde die geschichte erzählen [von meine urgrossmutter].
(A.G. –77/00:22)
(51) Ich bin in São Bento geboren [in 12 mai]. (L.P. – 57/00:07)
4.4 AUßERGEWÖHNLICHER FALL
Außergewöhnliche Fälle stellen diese Beispiele vor. Diese Beispiele
werden nun näher besprochen, weil sie Merkmale des São Bento
Deutsch zu sein scheinen und einige Besonderheit tragen.
Zu weitere Beispiele betrachten wir „als umstrittene Fälle“. Sehen wir
auf der Seite 19 wieder, wo wir mit Duden und Bertelsmann dieses
theoretisch begründet haben. Hier können wir eigene Beispiele
anschauen, die das Nachfeld durch Elemente, die diese Autoren als
„nicht-nachfeldfähig“ behandelt haben, aber trotzdem in São Bento
verwendet wurden, sehen.
(52) da (haben die viehzeug) – wiederholt – gehabt [kühe und
schweine]. (H.F. – 73 /00:55)
(53) da habe ich viele benutzt [das deutsche] (M.L. – 57 /00:33)
(54) wir haben viel gehabt [viehzeug né schweine, hühner]. (E.W. –
74 /01: 46)
30
(55) ... mais gepflanzt, bohne gepflanzt und vieh gehabt [so kühe und
ochse] (W.W. – 59 /01:00)
(56) ich habe (pause) gelernt [bayrisch]. (E.W. – 71/ 02: 53)
Im Beispiel (52) können wir beobachten, dass der Redner ein Teil des
Satzes (haben die viehzeug) wiederholt. Während des Sprechens
formuliert er den Satz und dann detailliert er welches Viehzeug.
Ziemlich ähnlich ist das Beispiel (54). In diesem Fall haben wir
„Viehzeug“ als Akkusativergänzugen und dannach spezifiziert der
Redner genauer welches Viehzeug. Zwischen „viehzeug“ und
„schweine, hühner“ haben wir ein neues Element: das Wört „né“. Dieses
Wort könnte die Idee des Nachtrages verstärken. Übrigens Könnten
diese beiden Beispiele ganz sicher auch als „Nachtrag“ behandeln
werden, dass es vermutlich, wegen des Redners eine bessere Interaktion
zum Hörer etablieren möchte.
In Beziehung zum Beispiel (55) könnte wir erwägen, obwohl die Wörter
„so kühe und ochse“ eine Akkusativergänzungen ähnelt, dass das
bezügliche Beispiel eine Erläuternde Nachtrag tragen. Unsere These
basiert sich auf das Wort „so“. Also ganz klar möchte der Sprecher seine
Idee ergänzen und das Objekt besser beschreiben.
Wir haben zwei Beispiele (53) und (56), die als ein klassisches Beispiel
von einem direktem Objekt im Nachfeld klassifiert werden könnten. Im
Beispiel (56) könnte das mit der längeren Pause zusammenhängen, aber
auf jedem Fall ist es eine Ausnahme und die Ergänzung steht tatsächlich
im Nachfeld, wo sie eigentlich nicht „erwartet“ wird laut den
Grammatiken.
Im Allgemeinem sind die Linguisten zuzustimmen, wie wir schon auf
der Seite 19 gesehen haben, dass nur höchst selten Akkusativergänzung
ins Nachfeld stehen können. Deshalb sind wir verpflichtet, diese Fälle
als „aussergewöhnlich“ einzuschätzen.
31
4.5 DIE OBLIGATORISCHE EXTRAPOSITION
Wie wir bereits dargestellt haben, wird die obligatorische Extraposition
wird auch durch Infinitivsatz gebildet. Jetzt geben wir nur diese
Beispiele, um diesen Fall zu veranschaulichen:
(57) wir haben leider nicht geschafft [das mitzubringen]. (A.W. – 39 /
01:08)
(56) und die (Kinder) muss auch (unhörbar) in die roça gehen, die
konnte auch nicht zuhause [zu bleiben], né. (W.W. – 59/ 03:39)
4.6 ALS NEBENSATZ
Nach Engel (1996, S. 318)) „Die meistens Nebensätze sind
Nachfeldfähig“. Nach demselbe Linguistischer (S. 345) stehen
normalerweise Ergänzungssätze im Nachfeld, damit sie als
„hervorhebung“ dient. Aus unsere Daten haben wir nur dieses Beispiel,
um Nebensätz vorzuzeigen.
(58) das war ganz interessant, [weil das hat so gefroren] [hier] (E.W –
71 / 07:23)
Interessante auf dieses Beispiel ist der Stellung des Wortes „hier“. In
einem „normalen“ Nebensatz wird ein Lokatives Pronomen – Engel
erwähnt als „Situativangaben“ – nach der Klammer gestellt. Nach Engel
wäre dieser Fall vor allem in mündlicher Alltagssprache möglich und
das wäre nahezu unbegrenzt und unabhängig von der jeweiligen
Ausdrukform. (ENGEL, 1996. S. 316)
32
5. KAPITEL
5. ERGEBNISSE
Am Anfang unserer Arbeit haben wir einige Fragen gestellt, die wir im
Laufenden der Arbeit versucht haben, zu beantworten.
Hinsichtlich der Frage „Wäre diese Nachfeldbesetzung vom
Portugiesischen beeinflusst?“ Könnte wir zur Grammatike Bedingung
der Nachfeldbesetzung – und auch nach unserem Korpus zu analysieren
– ganz sicher behaupten: das gesprochene Deutsch, das in São Bento do
Sul gesprochen wäre, hätte keinen Einfluss vom Portugiesisch. Da die
allgemeine Struktur des Deutschen auch so in São Bento systematisch
verwendet wird, und keine anderen “Unregelmässigkeiten“ beobachtet
wurden (ausser im Bereich der Lexik natürlich), kann man wohl
behaupten, dass die Nachfeldbesetzung im São Bento-Deutsch auch nur
das erlaubt, was in der deutschen Sprache im Allgemeinen auch
möglich ist. Der Sprachkontakt ist in diesem Fall also nicht für dieses
Phänomen verantwortlich.
In Bezug auf die Frage, ob die Nachfeldbesetzung eine
aussergewöhnliche Eigenschaft des São Bento-Deutsch wäre, das
können wir anhand der Analyse ebenfalls nicht bestätigen. Obwohl wir
keine statistische Analyse durchgeführt haben, können wir trotzdem
vermuten, dass es sich eher um ein pragmatisches Phänomen hier
handelt. Da die Daten aus einem Interview stammen, wo die
Sprechpartner nicht um ein gemeinsames „vor- bzw. Weltwissen“
verfügen, versucht eben der Informant dem Interviewer sozusagen mit
„Extra-Informationen“ zu beschaffen. Und diese kommen dann
selbstverständlich im Nachfeld vor. In der pragmalingusitischen
Literatur spricht man dann von „Afterthought“ o.ä.
5.1 EINSCHLIEΒENDEN BETRACHTUNGEN
Im Verlauf dieser Arbeit haben wir nur eine Skizzze über eine
Nachfeldbesetzunganalyse gemacht. Dieses Thema, das ja im
Unterricht, meiner eigenen Erfahrung nach, nur sehr oberflächlich
erwähnt wird, ist aber hoch interessant und müsste mehr Achtung
bekommen. Auch in den didaktischen Lehrwerken müsste darüber viel
33
mehr stehen, sodass der DaF-Lerner sich plötzlich nicht „erschrickt“,
wenn er im gesprochenen Deutsch so etwas erfährt, was er im Unterricht
eher als „ungrammatisch“ zu klassifizieren hat.
Mit meiner Arbeit habe ich versucht, ein grammatisches Phänomen
anhand eines realen Korpus und einer theoretischen Basis besser zu
verstehen. Es war für mich eine grosse Herausforderung und ganz
gewiss habe ich das nur ganz oberflächlich machen können. Gründe
dafür sind u.a. die Komplexität des Themas, da selbst Grammatiker als
auch Linguisten mit der Einordung nicht übereinstimmen, meine geringe
Erfahrung mit wissenschaftlichem Handeln und wissenschaftlichem
Schreiben und auch die Qualität der Interviewaufnahmen.
Trotzdem habe ich viel gelernt und kann Kollegen nur dazu auffordern,
sich mit diesem Thema weiter zu beschäftigen und auch das Deutsch,
das hier in unserer Gegend noch gesprochen wird, weiterhin zu
beschreiben und zu analysieren, solange wir noch Sprecher davon
haben.
34
6. BIBLIOGRAPHIE
WEININGER, Markus J. A Verbalklammer: estruturas verbais
descontínuas em alemão.Florianópolis, 2000. Tese (Doutorado em
Linguística) Universidade Federal de Santa Catarina.
DROSDOWSKI, Günther; EISENBERG, Peter. Duden - Grammatik
der deutschen Gegenwartssprache. Völlig neu bearb. u. erw. Aufl. -
Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich: Dudenverl,1995
BERTELSMANN. Grammatik der deutschen Sprache. 1999
Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH Gütersloh, München.
HALL, Karin, SCHEINER, Barbara. Übungsgrammatik für
Fortgeschrittene Deutsch als Fremdsprache. 2001 Max Hueber Verlag,
Ismaning.
ENGEL, Ulrich. Deutsche Grammatik 3., Korrigiert Auflage. 1996
Julius Groos Verlag, Heidelberg.
HELBIG, Gerhard, BUSCHA Joachim. Deutsche Grammatik Ein
Handbuch für den Ausländerunterrich. 1991 Langenscheidt Verlag
Enzyklopädie Leipzig, Berlin, München.
KONOPKA, Marek, STRECKER Bruno. Deutsche Grammatik Regeln,
Normen, Sprachgebrauch. 2009 Walter de Gruyter GmbH & Co. Berlin.