Die Bedeutung von Sprache und Mehrsprachigkeit für den
Bildungserfolg
These:
Unterricht in der Muttersprache fördert das Erlernen einer Zweitsprache.
Überblick
1. Einleitung
2. Modelle und Theorien zur Sprachförderung
3. Beispiele für verschiedene Modelle
1. Kanada
2. USA
3. Beispiel einer Studie und deren Verwertbarkeit Berlin
4. Fazit
47,9
65,268,1
57,4
2,7
30,8
8,9
22,7
46,8
2
21,4 19,9
2,7 2 1,6
01020304050607080
Ausländer, 1.Generation
Ausländer, 2.Generation
Aussiedler Zuwanderer
Prozent
MehrsprachigDeutsch dominant
Muttersprache dominant
Eingeschränkt bilingual
Datenquelle: SOEP 2001 vgl. Haug 2005: 271
Kompetenz in Sprache des Herkunftslandes (L1)
Kompetenz in Sprache des Aufnahmelandes (L2)
ja nein
ja additiver
Bilingual-
ismus
monolingual in L1
nein
monolingual in L2
Semilingualismus
dominant bilingual in L1
dominant bilingual
in L2
vgl. Söhn 2005: 7
Jim Cummins: Interdependenzhypothese
(Abhängigkeits- /Schwellenhypothese)
Untersuchungen über finnische Einwandererkinder, die bereits eine Grundschulbildung in ihrem Herkunftsland absolviert haben sie lernten Zweitsprache besser und schneller
Transfereffekte zwischen beiden Sprachen plädiert in seiner Hypothese nicht ausdrücklich
dafür, dass Kinder zu erst in der Erstsprache alphabetisiert werden
negiert die time-on-task- Hypothese: „Zeit für das Erlernen der Erstsprache fehlt beim Erlernen der Zweitsprache.“
Modelltyp Unterrichtssprache Angestrebte sprachliche Kompetenz
Submersion
monolingual
Landessprache
wird nicht gezielt vermittelt
gute Kenntnisse in der Landessprache
(Strukturierte) Immersion
Monolingual
Landessprache
wird von FremdsprachenlehrerIn vermittelt
gute Kenntnisse der Landessprache oder einer Zweitsprache
Transitionale bilinguale Erziehung
Zunächst: Muttersprache
Später: Landessprachen
gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache
Muttersprachlicher Unterricht(Heritage Language / Maintenace)
Bilingual
Muttersprache; zusätzlich zum regulären Unterricht in Landessprache
gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache
Bilingualer Unterricht (Two way Immersion)
Muttersprache und eine zweite Sprache (Partnersprache)
gute Kenntnisse in der Muttersprache und einer zweiten Sprache
vgl. Baker 1993: 153
Submersion
monolingual wird nicht von FremdsprachenlehrerIn
erteilt keine spezifische Förderung „Eintauchen in Sprachbad“ „swim or
sink“ gar kein „Modell“? Ziel: möglichst schnelles Erlernen der
Zweitsprache
(Strukturierte) Immersion monolingual zusätzlicher Unterricht in Zweitsprache Zweitsprache wird von bilingualer
FremdsprachenlehrerIn vermittelt angepasst an Voraussetzungen der
SchülerInnen Ziel: möglichst schnelles Erlernen der
Zweitsprache
Beispiel für strukturierte Immersion:
Vorbereitungsklassen1. Intensivvorbereitungskurs Zweitsprache
(4 – 8 Wochen)
2. Integration in einzelnen Fächern des Regelunterrichts und zusätzlicher
Unterricht in Zweitsprache (6 – 12 Monate)
3. Übergang in Regelunterricht mit zusätzlicher Zweitsprachenförderung
Dauer des Programms max. 2 Jahre heterogene Gruppe, hohe Fluktuation, grobe
Differenzierung wichtige Rolle der Lehrer
Transitionale bilinguale Erziehung
bilingual langsamer Übergang zunächst Erstsprache, dann
Zweitsprache richtet sich an Sprachminderheiten Ziel: gute Kenntnisse in beiden Sprachen
Muttersprachlicher Unterricht(Heritage Language / Maintenance)
Spracherhaltungsprogramm Sprachminderheiten
autochton (alteigesessene) allochton (zugewanderte)
getrennter zusätzlicher Unterricht in Erstsprache Ziele: gute produktive und rezeptive Kenntnisse
in Erst- und Zweitsprache spezielle kulturelle, sprachliche, fachliche
Förderung Eigenwert der Erstsprache
Bilingualer Unterricht(Two way Immersion)
Erst- und Partnersprache zwei sprachlich homogene Gruppen von
SchülerInnen Erst- bzw. Zweitsprachen Lernen für
Transfereffekt aber auch als eigenständiger kultureller Wert
Ziel: gute Kenntnisse in beiden Sprachen, enger Kontakt zur Zweitsprache und Kultur
z.B. Europa Schule
Modelltyp Unterrichtssprache Angestrebte sprachliche Kompetenz
Submersion
monolingual
Landessprache
wird nicht gezielt vermittelt
gute Kenntnisse in der Landessprache
(Strukturierte) Immersion
Monolingual
Landessprache
wird von FremdsprachenlehrerIn vermittelt
gute Kenntnisse der Landessprache oder einer Zweitsprache
Transitionale bilinguale Erziehung
Zunächst: Muttersprache
Später: Landessprachen
gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache
Muttersprachlicher Unterricht(Heritage Language / Maintenace)
Bilingual
Muttersprache; zusätzlich zum regulären Unterricht in Landessprache
gute Kenntnisse in Muttersprache und Landessprache
Bilingualer Unterricht (Two way Immersion)
Muttersprache und eine zweite Sprache (Partnersprache)
gute Kenntnisse in der Muttersprache und einer zweiten Sprache
vgl. Baker 1993: 153
Kanadisches Immersionsprogramm
1960er Jahre auf Elterninitiative hin gegründet
Zielgruppe: zunächst anglophone bildungsnahe SchülerInnen
Ziel: Bessere Sprachkompetenz in Französisch (Zweitsprache)
daher Französisch als Medium des Unterrichts statt reinem Fremdsprachen- unterricht
unterschiedliche Programme (early total-, early partial-, delayed-, late-immersion)
SchülerInnen entwickeln in allen Programmen bessere Zweitsprachen-kenntnisse als in konventionellem Fremdsprachenunterricht, auch leistungsschwächere SchülerInnen
SchülerInnen der Immersionsprogramme haben gleichen rezeptiven Fähigkeiten wie erstsprachliche SchülerInnen ihres Alters
jedoch nicht die gleichen produktiven Fähigkeiten
keine negativen Auswirkungen durch Immersion auf erstsprachliche Fähigkeiten oder Fachwissen nachgewiesen
erfolgreichstes Programm: early total immersion
Alphabetisierung erfolgt in Zweitsprache Unterrichtssprache ist die Zweitsprache Bilinguale Lehrer auf Erstsprache kann zurückgegriffen
werden außerhalb des Unterrichts ist Erstsprache
dominant Anteil Erst- und Zweitsprachen wird später
auf 50 % gesteigert Erstsprache notwendig um SchülerInnen zu
alphabetisieren?
Zweisprachige Erziehung
in den USA
Beispiel Kalifornien:
Staat ohne ethnische Minderheit: 46,7% „Weiße“ (Minderheit unter anderen)
32% Hispanics 11% Asians
An den Schulen: Hispanics als größte Gruppe mit 42%, gefolgt von sog. „Weißen“ mit 37%.
Schuljahr 99/00: 38% der Schüler hatten andere Herkunftssprache als Englisch
(It. US Census 2000)
Verlauf:
English only
1968 Bilingual Education Act
1974 Klagemöglichkeit gegen Diskriminierung einer Sprachminderheit
> zweisprachige Übergangsprogramme
1994 Bilingual Education Act
1996 Elternboykott
1998 in Kalifornien: Proposition 227
Alternativer Ansatz:Erfolgreiche Schulen
beobachten
Berliner Modell zur zweisprachigen Alphabetisierung und Erziehung von türkisch-deutsch zweisprachigen Schulkindern
offizieller Schulversuch 1988-93 mit 17 Grundschulen und damit 70 Versuchsklassen in Berlin Kreuzberg nach der Interdependenz- und Schwellenhypothese
1. Ich glaube, dass wir kriegen keine Bonbons mehr.
2. Ich glaube, wir nach Hause gehen müssen.
3. Für das Eis ich kein Geld mehr habe.
(Vgl. Felix 1993:209ff.)
Heute ist das Wetter schön und die Kinder spielen vor dem Haus Fußball.
Sie mac... viel Lä... und stö... die Nach... . Ein Ma... schaut a... dem Fen... .
Er i... wütend u... ruft: “Ge... weg! I... dürft hi... vorne ni... spielen.
D... ist verb... .“
(Vgl. Baur/Meder 1989:123)
Vorschläge: Mehrsprachigkeit als Bereicherung
ansehen Herkunftssprache als wichtige Ressource
für das Lernen betrachten Eltern in die Schule miteinbeziehen zweisprachige LehrerInnen Raum für Kooperation, Experimente
bessere Rahmenbedingungen schaffen, gutes Schulklima, Schulphilosophie
auf die Bedürfnisse der zugewanderten SchülerInnen eingehen, Muttersprache und Herkunftskultur im Schulalltag berücksichtigen
Schule soll so gestaltet sein, dass sich auch Schülerinnen aus sprachlichen Minderheiten gerne und aktiv am Unterricht beteiligen
Literatur:
DJI-Projekt „Kulturenvielfalt: Treffpunkt deutsche Sprache. München. 2001. www.dji.de/bibs/DJI_SprachfoerderTagg.pdf
Haug, Sonja: Zum Verlauf des Zweitspracherwerbs im Migrationskontext
Kniffka, Gabriele und Siebert-Ott, Gesa: Deutsch als Zweitsprache. Paderborn, 2007.
Hopf, Dieter: Zweisprachigkeit und Schulleistung bei Migrantenkindern. Z.f.Päd. 51. Jahrgang 2005, Heft 2.
Limbrid, Christina und Stranat, Petra: Sprachförderung bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund: Ansätze und ihre Wirksamkeit. In: Baumert, Jürgen (Hg.): Herkunftsbedingte Disparitäten im Bildungswesen: Differenzielle Bildungsprozesse und Probleme der Verteilungsgerechtigkeit. Wiesbaden, 2006.
Siebert-Ott, Gesa: Zweisprachigkeit und Schulerfolg: Die Wirksamkeit von Schulischen Modellen zur Förderung von Kindern aus zugewanderten Sprachminderheiten. Soest, 2001²
Söhn, Janina: Zweisprachiger Schulunterricht für Migrantenkinder. Ergebnisse der Evaluationsforschung zu seinen Auswirkungen auf Zweitspracherwerb und Schulerfolg. AKI-Forschungsbilanz. Berlin, 2005. http://www.wzb.eu/zkd/aki/files/aki_forschungsbilanz_2_kurz.pdf