Die Bedeutung des Verdrängungseffektes der intrinsischen durch
die extrinsische Motivation in Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften und ihre Konsequenzen
für das Personalmanagement
Proseminararbeit eingereicht der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät
der Universität Bern
Betreuende Assistentin: Caroline Schüpbach-Brönnimann, lic. rer. pol.
Institut für Organisation und Personal Engehaldenstrasse 4
CH-3012 Bern Direktor: Prof. Dr. Norbert Thom
von:
Anna Liechti aus Bern (Bern)
Matr.-Nr.: 01-128-818
Heimstrasse 19
3018 Bern
Bern, 21. November 2003
I
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS………………………………………………………………….... I
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS…………………………………………………………….II
ANHANGSVERZEICHNIS………………………………………………………………….II
1 EINLEITUNG....................................................................................................... 1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung................................................................ 1
1.2 Methode der Arbeit...................................................................................... 2
1.3 Stand der Forschung................................................................................... 3
2 BEGRIFFLICHE GRUNDLAGEN........................................................................ 4
2.1 Arbeitsmotivation......................................................................................... 4
2.2 Intrinsische vs. extrinsische Motivation....................................................... 4
2.3 Anreize und Anreizsysteme........................................................................ 4
2.4 Personalerhaltung....................................................................................... 5
3 THEORETISCHE GRUNDALGEN...................................................................... 6
3.1 Die Motivationspyramide von Maslow......................................................... 6
3.2 Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg................................................... 7
3.3 Zusammenhang zwischen den zwei Theorien............................................ 7
3.4 Relevanz der Theorien für die Erklärung des Verdrängungseffektes......... 8
4 DIE GRENZEN ÖKONOMISCHER ANREIZE............................................ 9
4.1 Der Verdrängungseffekt.............................................................................. 9
4.1.2 Die fünf Teileffekte....................................................................... 10
4.2 Die Voraussetzungen für den Verdrängungseffekt....................................12
4.2.1 Art der Aufgabe............................................................................ 12
4.2.2 Art der Belohnung........................................................................ 12
5 DER NEGATIVE INHALT DER INTRINSISCHEN MOTIVATION..................... 14
5.1 Die disziplinierende Wirkung der extrinsischen Motivation........................14
6 DIE KONSEQUENZEN FÜR DAS PERSONALMANAGEMENT...................... 15
6.1 Management by Motivation....................................................................... 15
7 SCHLUSSFOLGERUNG.................................................................................. 16
8. Literaturverzeichnis........................................................................................... 18
9. Anhang.............................................................................................................. 20
II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
bzw. ............................. beziehungsweise
d. h. ............................. das heisst
f. .................................. folgende
ff. ................................. fortfolgende
hrsg. v. ........................ herausgegeben von
Jg. ............................... Jahrgang
No. .............................. number
o. J. ............................. ohne Jahr
o. Jg. ........................... ohne Jahrgang
S. ................................. Seite(n)
Sp. ............................... Spalte(n)
vgl. ............................... vergleiche
Vol. .............................. volume
z. B. ............................. zum Beispiel
ANHANGSVERZEICHNIS
Anhang 1: Selbständigkeitserklärung
1
1. EINLEITUNG 1.1 Problemstellung und Zielsetzung In den letzten Jahren wird die Tendenz zur Humanisierung der Arbeitswelt verstärkt
sichtbar (vgl. Wiswede 1980: 48). Im Zuge dieses gesellschaftlichen Wertewandels
gewinnen sozialpsychologisch orientierte Konzepte grössere Aufmerksamkeit,
speziell in der Praxis (vgl. Frey/Osterloh 1997: 2). Daraus ergibt sich eine
Abwendung vom traditionellen ökonomischen Denkansatz, der den Menschen als
„homo oeconomicus“ sieht, hin zu einem erweiterten Menschenbild, das
Erkenntnisse aus Sozialpsychologie und Soziologie mit einbezieht. Dadurch rückt die
Frage der Motivation menschlichen Handelns in den Vordergrund (vgl. Frey 2001: 1).
Dieser Wandel des Menschenbildes vom eigennützigen Individuum, dessen einziges
Interesse dem Geld gilt und das systematisch auf von aussen gesetzte Anreize
reagiert, hin zum Menschen, der nach Selbstverwirklichung strebt und der „[...] vieles
einfach aus sich selbst heraus [...]“ tut, der also intrinsisch motiviert ist, führte zu
einer verstärkten Berücksichtigung der intrinsischen Motivation bei der Gestaltung
von Anreizsystemen (vgl. Frey 2001: 1f.). Zudem wurde den Wechselwirkungen
zwischen extrinsischen Anreizen und intrinsischer Motivation vermehrte Beachtung
geschenkt.
Lange Zeit wurde die extrinsische Motivation als unabhängig von der intrinsischen
betrachtet, und ihre Wirkungen aufeinander galten als additiv. Empirisch gut
gestützte Beobachtungen zeigten jedoch, dass extrinsische Anreize unter
bestimmten Bedingungen die intrinsische Motivation beeinträchtigen können. Dieses
Phänomen wird in der Literatur als Verdrängungs- oder Korrumpierungseffekt
bezeichnet (vgl. Frey/Osterloh 1997: 6ff.). In meiner Arbeit werde ich ausschliesslich
den Begriff des Verdrängungseffektes verwenden.
Vor dem Hintergrund dieses Verdrängungseffekts muss die Belohnung wie z.B. der
variable Leistungslohn als Kennzeichen eines fortschrittlichen Führungsinstru-
mentariums neu betrachtet werden. Die damit implizierte verstärkte Konzentration auf
extrinsische Anreize wird in diesem Zusammenhang fragwürdig, da die intrinsische
Motivation weitgehend ausser Acht gelassen wird (vgl. Frey 2001: 3f.). Gerade die
2
Beachtung der intrinsischen Motivation wird ja heute im Zusammenhang mit der
Gestaltung von Anreizsystemen stark postuliert. Daraus ergeben sich Auswirkungen
auf die Gestaltung von wirksamen Anreizsystemen.
Ihre Problematik besteht darin, dass sie sowohl materielle, immaterielle als auch
soziale Anreize umfassen sollten. Gleichzeitig sollte ein Zuviel an materiellen
Anreizen im Unternehmen vermieden werden, da sich unter diesen Umständen der
Verdrängungseffekt einstellen kann (vgl. Thom/Friedli 2003: 66).
Die zunehmende Bedeutung der intrinsischen Motivation sowie der
Verdrängungseffekt und seine Konsequenzen für das Personalmanagement,
insbesondere für die Personalerhaltung sollen Gegenstand dieser Arbeit sein.
Die Betrachtung dieser beiden Phänomene beschränkt sich jedoch auf Arbeiten in
höheren Hierarchiestufen in den Industrie- und Dienstleistunsgesellschaften.
Mit dieser Arbeit sollen folgende Ziele erreicht werden:
- Aufzeigen der zunehmenden Bedeutung der intrinsischen Motivation für die
Personalerhaltung
- Aufzeigen unter welchen Bedingungen der Verdrängungseffekt wirksam wird
- Aufzeigen wo die extrinsische Motivation eine positive Wirkung auf die
intrinsische Motivation haben kann
- Aufzeigen der Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse für das
Personalmanagement 1.2 Methode der Arbeit Bei der Methode der Arbeit handelt es sich um eine Literaturanalyse.
Wissenschaftliche Beiträge aus der Betriebswirtschaftslehre sowie aus der
Psychologie werden kritisch analysiert und erörtert.
Um die Problematik des Verdrängungseffektes aufzuzeigen, wird Literatur aus dem
Bereich der Personalerhaltung und –motivation verwendet. Angesichts der starken
Interdisziplinarität des Themas Motivation zwischen Betriebswirtschaftslehre und
Psychologie fliessen jedoch auch Erkenntnisse aus der Psychologie, im speziellen
aus der Arbeitspsychologie in diese Arbeit ein.
3
1.3 Stand der Forschung In der Wissenschaft wird das Thema der intrinsischen Motivation und die Problematik
des Verdrängungseffektes ausführlich behandelt. Der Verdrängungseffekt ist sowohl
in sorgfältigen Laborexperimenten als auch in Felduntersuchungen bestätigt worden
(vgl. Frey 2001: 2f.). Zusätzlich kann auf die Forschungsresultate von E. L. Deci
zurückgegriffen werden (vgl. Wiswede 1980: 49).
Auffassungen die von einem abschliessenden Katalog bestimmter Grundbedürfnisse
ausgehen, also an eine vorgegebene Bedürfnis- oder Triebstruktur des Menschen
anknüpfen, werden heute nur noch selten diskutiert (vgl. Wiswede 1980: 48). Die
Forschung konzentriert sich heute vor allem auf die Erkenntnis, dass Menschen
individuelle Motiv- und Bedürfnisstrukturen aufweisen. Tendenziell wird also nicht
mehr generellen Anreizsystemen die Fähigkeit zur Motivation zugeschrieben,
sondern individuell spezifisch zugeschnittenen Anreizsystemen (vgl. Schanz 1991:
22ff.).
Die Motivationsforschung beschäftigt sich heute sehr stark mit der Frage, „[...] welche
Orientierungen und Zielrichtungen das Verhalten bestimmen und welche
Erwartungshaltungen das Individuum mit bestimmten Anreizsystemen verknüpft.“
(vgl. Wiswede 1980: 48)
Die Problematik der Grenzen ökonomischer bzw. extrinsischer Anreize und die damit
verbundene zunehmende Bedeutung der intrinsischen Motivation weist heute eine
hohe Aktualität auf. Aus diesem Grund können zu diesem Thema viele Beiträge
gefunden werden. Trotzdem besteht wahrscheinlich in diesem Bereich nach wie vor
ein grosses Forschungspotenzial, da es viele verschiedene Disziplinen mit
einbezieht.
4
2 BEGRIFFLICHE GRUNDLAGEN In diesem Kapitel werden die Begriffe, die für diese Arbeit von Bedeutung sind,
definiert und erklärt,
2.1 Arbeitsmotivation Vorwegzunehmen ist, dass die Motivation ein sehr komplexes Phänomen ist, dessen
umfassende Erläuterung den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen würde.
Deshalb wird im folgenden nur der Begriff der Arbeitsmotivation definiert.
Arbeitsmotivation wird definiert als „[...] eine Reihe von energetischen Kräften, die
ihren Ursprung sowohl innerhalb als auch auβerhalb einer Person haben, um
arbeitsbezogenes Verhalten einzuleiten und dessen Form, Richtung, Stärke und
Dauer zu bestimmen.“ (vgl. Weinert 1992: 1430, im Original kursiv)
2.2 Intrinsische vs. extrinsische Motivation Im Zusammenhang mit der Arbeitsmotivation sowie auch mit dem
Verdrängungseffekt ist es notwendig, zwischen zwei Formen der Motivation zu
unterscheiden: der intrinsischen und der extrinsischen.
Intrinsische Motivation kann wie folgt umschrieben werden: „Eine derartige Motivation
entsteht in erster Linie dann, wenn es gelingt, Arbeitsinhalte und Arbeitsaufgaben so
zu gestalten, daβ eine Aufgabenorientierung entsteht. Das heiβt, daβ der Mitarbeiter
oder die Mitarbeiterin die Arbeitsaufgabe als Herausforderung und deren
Bewältigung als Ausdruck persönlicher und fachlicher Kompetenz erlebt.“ (vgl.
Ulich/Conrad-Betschart 1991: 73)
Die extrinsische Motivation zielt im Gegensatz dazu darauf ab „[...] die Beschäftigten
nicht durch attraktive bzw. interessante Arbeitsinhalte zu Leistung zu aktivieren,
sondern durch von auβen kommende Anreize.“ (vgl. Ulich/Conrad-Betschart 1991:
73) 2.3 Anreize und Anreizsysteme Ziel eines Anreizes ist es, das Leistungsverhalten bzw. die Leistungsbereitschaft der
Mitarbeiter eines Unternehmens positiv zu beeinflussen. Dies kann nur dann
geschehen, wenn der Anreiz ein individuenspezifisches Motiv zu aktivieren vermag
(vgl. Schanz 1991: 8). Die gewünschte Wirkung kann also nur dann erreicht werden,
5
wenn der Anreiz auf ein noch nicht befriedigtes Bedürfnis stösst (vgl. Rosenstiel, von
2001: 34).
Anreizsysteme bestehen aus einer Vielzahl von Anreizen. Ein wirksames
Anreizsystem umfasst sowohl materielle, immaterielle als auch soziale Anreize (vgl.
Thom/Friedli 2003: 66).
Auch bei den Anreizen, kann zwischen extrinsischen und intrinsischen unterschieden
werden. Während extrinsische als Mittel zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung
dienen, tragen intrinsische Anreize auf unmittelbare Weise zur Bedürfnisbefriedigung
bei (vgl. Schanz: 1991: 15).
2.4 Personalerhaltung „Die Personalerhaltung beinhaltet die Maβnahmen (Instrumente), die notwendig sind,
das vorhandene Personal an die Unternehmung weiterhin zu binden und zu
verhindern, daβ es zu Austrittsentscheidungen kommt.“ (vgl. Hentze 1995: 23)
Wurde der Personalerhaltung als Kernfunktion des Personalmanagements bislang
wenig Beachtung geschenkt, so erfuhr sie in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung,
beispielsweise im Zusammenhang mit der „[...] Fähigkeit zur erfolgreichen Bindung
von Personalqualifikationen und -motivationen [..] als [..] organisationale Wissens-
und Antriebsbasis eines Unternehmens[...]“ (vgl. Gmür/Klimecki 2001: 28).
Neues Wissen, d. h. implizites, nicht kodierbares Wissen zählt heute zu den
wichtigsten strategischen Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens. Die
Übertragung dieses Wissens kann jedoch kaum durch Bezahlung oder Befehl
erzwungen werden. In diesem Zusammenhang wird die intrinsische Motivation der
Mitarbeitenden zu einer zentralen strategischen Ressource, da sie dieses Wissen zu
aktivieren vermag (vgl. Frey 2001: 4).
Dieses Beispiel zeigt sowohl die Bedeutung der Personalerhaltung als auch die der
intrinsischen Motivation für die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolges.
6
3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Im folgenden Kapitel wird auf zwei Inhaltstheorien der Motivation näher eingegangen,
und deren Beziehung zueinander aufgezeigt. Es sind dies die Motivationspyramide
von Maslow und die Zwei-Faktoren Theorie von Herzberg.
Es wird bewusst auf diese zwei Theorien eingegangen, da sie beide aufzuzeigen
vermögen, dass Lohn und materielle Anreize alleine nicht der komplexen
Motivationsstruktur des Menschen entsprechen. Sie gehen der Frage nach, was
Mitarbeiter motiviert, welchen Platz die Vergütung dabei einnimmt und welche
Bedeutung der intrinsischen Motivation im Arbeitsbereich zukommt (vgl. Wiswede
1981: 50).
3.1 Die Motivationspyramide von Maslow Diese Theorie geht von fünf hierarchisch geordneten Bedürfnissen aus:
- physiologische Bedürfnisse
- Sicherheitsbedürfnisse
- Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe
- Wertschätzungsbedürfnis
- Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.
Die Theorie besagt, dass übergeordnete Bedürfnisse nur dann befriedigt werden
können, wenn vorher die Basisbedürfnisse bereits in genügendem Masse befriedigt
worden sind. Sobald dies der Fall ist, diese also keine motivierende Wirkung mehr
haben, kann sich der Mitarbeiter höheren Bedürfnissen - Zugehörigkeit,
Wertschätzung und Selbstverwirklichung - zuwenden (vgl.Havranek/Niedl 1999:72ff ).
Aus dieser Theorie kann gefolgert werden, dass der extrinsische Anreiz der
Vergütung nur die beiden untersten Bedürfnisklassen, also lediglich die Befriedigung
der physiologischen Bedürfnisse und des Sicherheitsbedürfnisses trifft. Die
motivierende Wirkung des monetären Anreizes ist also begrenzt durch die
beschränkte Anzahl an Bedürfnissen, die er zu befriedigen vermag (vgl.
Havranek/Niedl 1999: 73f.).
7
3.2 Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg Diese Theorie wird besonders zur Erklärung von Arbeitszufriedenheit herangezogen.
(vgl. Wiswede 1981: 50) Sie unterscheidet zwischen Hygienefaktoren und
Motivatoren:
Während Hygienefaktoren (z. B. Bezahlung) lediglich verhindern, dass
Unzufriedenheit auftritt, sorgen Motivatoren (z.B. Faktoren des Arbeitsinhaltes) für
Zufriedenheit (vgl. Havranek/ Niedl 1999: 74). Tendenziell entsprechen die
Hygienefaktoren eher den extrinsischen, die Motivatoren eher den intrinsischen
Motivationsfaktoren (vgl. Rosenstiel, von 2001: 78ff.). Demzufolge kann gesagt
werden, dass ausreichende Vergütung lediglich Unzufriedenheit verhindern, jedoch
nicht automatisch zu Zufriedenheit führen kann. Diese Theorie stellt also die
Ausgestaltung der Arbeit in den Vordergrund, und führt weg von der Vergütung als
zentrales Mittel der Bedürfnisbefriedigung (vgl. Havranek/Niedl 1999: 75).
3.3 Gemeinsamkeiten der zwei Theorien Sowohl die Motivationspyramide von Maslow als auch die Zwei-Faktoren Theorie von
Herzberg sind dem Feld der humanistischen Psychologie zuzuordnen (vgl. Wiswede
1981: 50). Sie stellen Inhaltstheorien dar, die der Frage nachgehen, was das
Verhalten der Mitarbeiter in Unternehmen leitet (vgl. Havranek/Niedl 1999: 72).
Stellt man die beiden Theorien einander gegenüber, wird ersichtlich, dass die
Hygienefaktoren den physiologischen Bedürfnissen, dem Bedürfnis nach Sicherheit
und den sozialen Bedürfnissen der Motivationspyramide entsprechen. Die
Befriedigung dieser Bedürfnisse verhindert also lediglich die Unzufriedenheit, vermag
jedoch in der Regel nicht Zufriedenheit zu erzeugen. Zufriedenheit kann erst durch
die Befriedigung der höheren Bedürfnisse, also jenen nach Anerkennung und
Selbstverwirklichung erreicht werden, die in der Theorie von Herzberg den
Motivatoren entsprechen.
Beide Theorien gehen also davon aus, dass gewisse Basisbedürfnisse befriedigt
sein müssen, bevor Zufriedenheit entstehen oder an die Befriedigung von
Selbstverwirklichungsbedürfnissen gedacht werden kann. Gemäss diesen zwei
Theorien greifen materielle Anreize wie Vergütung auf den höheren Bedürfnisebenen
nicht mehr.
8
3.4 Relevanz der Theorien für die Erklärung des Verdrängungseffektes Anhand der beiden Theorien wird ersichtlich, dass sich der Verdrängungseffekt nur
unter bestimmten Umständen einstellen kann.
Solange ein Individuum sich auf den unteren Stufen der Motivationspyramide
befindet, die Basisbedürfnisse also noch nicht befriedigt oder die Ziele der
Hygienefaktoren noch nicht in genügendem Masse erreicht sind, ist es eher
unwahrscheinlich, dass extrinsische Anreize (z.B. Vergütung) die intrinsische
Motivation untergraben. Dieser Effekt ist erst auf den beiden obersten Stufen der
Motivationspyramide und im Zusammenhang mit den Motivatoren zu erwarten.
Solange also der extrinsische Anreiz mit dem Ziel des aktuell zu befriedigenden
Bedürfnisses übereinstimmt, ist es unwahrscheinlich, dass der Verdrängungseffekt
zum Tragen kommt (vgl. Frey/Osterloh 1997: 7).
Aus dieser Überlegung wird ersichtlich, dass der Vorrang der intrinsische Motivation
ein Privileg der höher qualifizierten Arbeitskräfte von Industrie- und
Dienstleistungsgesellschaften darstellt, deren Basisbedürfnisse bereits in hohem
Masse befriedigt sind.
Die weiteren Ausführungen dieser Arbeit sind also vor dem Hintergrund dieser
Überlegung zu betrachten. Auf die Bedeutung des Verdrängungseffektes in
Entwicklungsländern wird nicht eingegangen.
9
4 „DIE GRENZEN ÖKONOMISCHER ANREIZE“ (vgl. Frey 2001: 1) Ökonomische, d. h. extrinsische Anreize, sollen dazu beitragen, dass
Unternehmensziele erreicht werden. Sie sind leichter steuerbar als intrinsische
Anreize und zeigen, wenn auch nur kurzfristig, die gewünschte Wirkung.
Gerade im Zusammenhang mit der Tendenz zur Humanisierung der Arbeitswelt darf
jedoch nicht vergessen werden, dass neben den Unternehmenszielen auch
individuelle Ziele der Mitarbeiter bestehen, auf die nach Möglichkeit Rücksicht zu
nehmen sich lohnen kann. Während Unternehmensziele wie z.B. Produktivität
tendenziell besser mit extrinsischen Anreizen erreicht werden können, spielt bei den
individuellen Zielen der Mitarbeiter die intrinsische Motivation meist die grössere
Rolle. So streben Mitarbeiter in unserer Wohlstandsgesellschaft nach
Selbstverwirklichung und auch nach Befriedigung bei ihrer Berufsarbeit. Extrinsische
Anreize, wie etwa das Gehalt und Belohnungen, reichen heute nicht mehr aus, um
die Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden.
Die von Frey erwähnten Laborexperimente und Felduntersuchungen haben gezeigt,
dass extrinsische Anreize unter gewissen Umständen einen negativen Effekt auf die
intrinsische Motivation haben können, diese also verdrängen (vgl. Frey 2001: 2f. ).
Die Herausforderung für das Unternehmen besteht nun darin, ein wirksames
Anreizsystem zu finden, das auf der einen Seite die Erreichung der beiden Ziele
ermöglicht, auf der andern Seite jedoch den Verdrängungseffekt so weit als möglich
zu vermeiden versucht.
4.1 Der Verdrängungseffekt Der Verdrängungseffekt besagt, dass extrinsische Anreize unter gewissen
Umständen die intrinsische Motivation untergraben können. Dieser Effekt kann
anhand von fünf sich ergänzenden Teileffekten erklärt werden, auf welche im
nächsten Abschnitt näher eingegangen wird (vgl. Frey/Osterloh 1997: 7f.).
10
4.1.2 Die fünf Teileffekte
• Verminderte Selbstbestimmung
• Reziprozität
• Fairness
• Reaktanz
• Spillover-Effekt
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 7ff.)
Verminderte Selbstbestimmung Eingriffe von aussen können vom Individuum als negativ (kontrollierend) oder als
informierend (positiv) empfunden werden.
Wird der Eingriff als kontrollierend empfundenen, wird die intrinsische Motivation
beeinträchtigt. Das Individuum fühlt sich fremdbestimmt und erlebt einen teilweisen
Verlust seiner Selbstkontrolle, durch diesen extrinsischen Anreiz, was wiederum
seine intrinsische Motivation negativ beeinflusst. Wird hingegen das erwartete
Ergebnis als durch das eigene Verhalten hervorgerufen erlebt, so besteht kein
negativer Einfluss auf die intrinsische Motivation.
Während also der kontrollierende Aspekt des Anreizes ein verstärktes Gefühl der
Fremdbestimmung hervorruft, hat der informierende Aspekt einen Einfluss auf die
erlebte Kompetenz und weckt im Individuum das Gefühl der Selbstbestimmung.
Wird also eine Tätigkeit, der man von sich aus gerne nachgeht, extrinsisch belohnt,
so kommen beim Individuum Zweifel auf, ob die Tätigkeit auch ohne diese
Belohnung ausgeführt worden wäre, vor allem wenn die Belohnung extrinsischer
Natur ist.
Der Verdrängungseffekt findet demzufolge dann statt, wenn gemäss subjektivem
Empfinden der kontrollierende Aspekt des Anreizes den informierenden übersteigt.
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 8f.)
Reziprozität Dieser Effekt betrifft die Bedeutung der Beweggründe, die eine Person zu einer
Interaktion veranlassen. Wird der Beweggrund zur Interaktion nicht gewürdigt (also
z.B. eine freiwillig unternommene Aktion extrinsisch belohnt), so wird der wahre
11
Beweggrund der Person entwertet, und sie kann ihre ursprüngliche Motivation nicht
zur Geltung bringen.
Das gegenseitige Missachten von Beweggründen führt zu einer negativen
Auswirkung auf die intrinsische Motivation.
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 9)
Fairness Anreize und deren Veränderung werden von Individuen nicht absolut beurteilt,
sondern stets in Abhängigkeit von einer Vergleichsgrösse. Fällt der Vergleich
ungünstig aus (wird z.B. eine erhaltene Lohnerhöhung im Verhältnis zu derjenigen
anderer Mitarbeiter als zu tief eingestuft), kann dies die intrinsische Motivation
verringern, und zwar etwa in dem Mass, in dem diese Lohnerhöhung als unfair
empfunden wird.
Sind jedoch aufgrund externer Gründe, wie z.B. der Wirtschaftslage, alle Mitarbeiter
gleichermassen von einer unterdurchschnittlichen Lohnerhöhung betroffen, so hat
dies meist keinen Effekt auf die intrinsische Motivation.
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 9)
Reaktanz Wird beispielsweise die in einer Krisensituation freiwillig angebotene Hilfe extrinsisch
belohnt, so kann dies zu einer Verdrängung der intrinsischen Motivation führen. Die
Person, die ursprünglich intrinsisch motiviert war, ihre Hilfe anzubieten, empfindet die
extrinsische Belohnung als Druck. Dadurch fühlt sie sich in ihrem
Handlungsspielraum eingeschränkt, da durch diese Belohnung ein impliziter Vertrag
geschlossen wird.
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 10)
Spillover-Effekt Wird eine Tätigkeit, die üblicherweise nicht zusätzlich bezahlt wird, extrinsisch
belohnt, besteht die Gefahr, dass mit der Zeit, andere Tätigkeiten auch nur noch
gegen Entgelt verrichtet werden.
Die Motivation für die Ausführung dieser Tätigkeit besteht also nur noch in der
erwarteten Belohnung, und die intrinsische Motivation wird dadurch verdrängt.
(vgl. Frey/Osterloh 1997: 10)
12
Diesen fünf Effekten ist gemeinsam, dass sie alle über ihre extrinsische Wirkung die
intrinsische Motivation verdrängen oder zumindest abschwächen.
4.2 Die Voraussetzungen für den Verdrängungseffekt Damit der Verdrängungseffekt überhaupt stattfinden kann, müssen gewisse
Bedingungen erfüllt sein; denn der Verdrängungseffekt kommt nicht unter allen
Umständen zum Tragen: Einerseits spielt die Art der Aufgabe eine Rolle, und
andererseits ist die Art der extrinsischen Belohnung wichtig. Auf diese zwei Aspekte
wird in den nächsten beiden Abschnitten näher eingegangen.
4.2.1 Art der Aufgabe Ob der Verdrängungseffekt überhaupt stattfinden kann oder nicht, hängt davon ab,
ob die gestellte Aufgabe kreative oder innovative Inhalte aufweist, oder ob es sich
um eine Routineaufgabe handelt (vgl. Frey 2001: 4).
Der Verdrängungseffekt kann nur spielen, wenn überhaupt eine intrinsische
Motivation vorhanden ist. Dies bedingt, dass bei der Arbeit z.B. Eigenverantwortung
übernommen werden kann, dass eine gewisse Zeitsouveränität vorhanden ist, dass
der Arbeitsinhalt an und für sich herausfordernd ist und dass sowohl autonome
Entscheidungsbereiche sowie Entwicklungsperspektiven bestehen. Ohne
Handlungsspielraum kann die intrinsische Motivation sich nicht entfalten (vgl. Schanz
1991: 6f.).
Während diese Voraussetzungen bei kreativen und innovativen Aufgaben
weitgehend gegeben sind, ist dies bei Routineaufgaben, d. h. bei einfachen,
untergeordneten Aufgaben, meist nicht der Fall. Diese Art von Aufgabe fördert in der
Regel die intrinsische Motivation nicht (vgl. Frey 2001: 4/Wiswede1981: 49).
Daraus kann gefolgert werden, dass der Verdrängungseffekt tendenziell erst auf
höheren Stufen der Hierarchie einsetzt, wo die Voraussetzungen dafür durch die
anspruchsvolle Aufgabe in hohem Masse gegeben sind.
4.2.2 Art der Belohnung Der Verdrängungseffekt findet nicht bei jeder Art der extrinsischen Belohnung statt.
Dabei muss auf der einen Seite zwischen materieller und verbaler Belohnung und
auf der anderen Seite zwischen erwarteter und unerwarteter unterschieden werden
13
(vgl. Deci/Ryan/Koestner 1999: 638-640). Wie schon im Abschnitt 4.1.2 gezeigt
wurde, spielt auch eine Rolle, ob der Anreiz als kontrollierend oder als informierend
empfundenen wird. Auf diese Unterscheidung werde ich hier nur noch kurz eingehen.
Während die verbale Belohnung in den meisten Fällen unerwartet kommt, kann bei
der materiellen zwischen unerwarteter und erwarteter unterschieden werde.
Unerwartete Belohnungen stellen eine Möglichkeit dar, gute Leistung zu belohnen,
ohne dabei die intrinsische Motivation negativ zu beeinflussen. Dies ist jedoch nur
der Fall, solange diese Art der Belohnung nicht im Übermass angewendet wird.
Sobald dies geschieht, besteht die Tendenz, dass der/die Belohnte die als
unerwartet gedachte Belohnung eben doch erwartet wird. Die Konsequenz daraus ist
wiederum, dass die intrinsische Motivation untergraben werden kann (vgl.
Deci/Ryan/Koestner 1999: 638-640).
Wichtig sowohl für die materielle als auch für die verbale Belohnung ist, wie diese
Belohnung beim Empfänger ankommt. Wird sie als kontrollierend empfunden, kommt
es zum Verdrängungseffekt. Wird sie jedoch als informierend aufgefasst, kann sich
ihr Effekt sogar positiv auswirken. Verbale Belohnungen, wie z.B. ein positives
Feedback, verstärken im allgemeinen das Kompetenzgefühl und unterstützen
dadurch die intrinsische Motivation (vgl. Deci/Ryan/Koestner 1999: 638-640).
Extrinsische Anreize wirken sich also bei interessanten Tätigkeiten nur unter
bestimmten Umständen negativ auf die intrinsische Motivation aus; in gewissen
Fällen kann sogar ein positiver Effekt auftreten.
14
5 DER NEGATIVE INHALT DER INTRINSISCHEN MOTIVATION So wie etwa Liebe und Pflichtbewusstsein intrinsisch motiviert sind, so sind es auch
Neid und Rachsucht. intrinsische Motivation kann also durchaus auch negative
Ausprägungen haben (vgl. Frey 2001: 4).
Da Motivation nicht Selbstzweck ist, sondern den Zielen des Unternehmens dienen
sollte, wird man diese negative Art intrinsischer Motivation in einem Unternehmen
möglichst zu vermeiden versuchen. Dies gelingt tendenziell am besten durch
extrinsische Anreize (vgl. Frey 2001: 4f).
Auf diesen Sachverhalt wird im nächsten Abschnitt näher eingegangen.
5.1 Die disziplinierende Wirkung der extrinsischen Motivation Obwohl heute tendenziell eher auf intrinsische Anreize gesetzt wird, gibt es auch
Fälle, in denen extrinsische für die Erreichung des Zieles wirksamer sind. Bei
Konflikten in Unternehmen, bei denen intrinsische Motivation mit unerwünschten oder
gar unmoralischen Inhalten zum Vorschein kommen, können extrinsische Anreize
sich disziplinierend auf diese negative Emotionalität auswirken (vgl. Frey/Osterloh
1997: 11).
Obwohl extrinsische Anreize meistens kein Mittel zur Lösung von Konflikten sind,
können sie doch in einem gewissen Masse Auseinandersetzungen abschwächen,
falls bei den beteiligten Parteien ein gemeinsames Interesse am materiellen Entgelt
besteht. Dieses Interesse wird ausgenutzt, um die Aufmerksamkeit von der negativen
intrinsischen Motivation weg und hin zu diesem Anreiz zu leiten und damit die Kräfte
wieder auf die Erreichung des Unternehmenszieles hin zu vereinigen (vgl.
Frey/Osterloh 1997: 11).
Extrinsische Anreize können in Krisensituationen sehr hilfreich sein, zur Erreichung
langfristiger Ziele eignen sich jedoch die intrinsischen wesentlich besser (vgl. Frey
2001, 4f.).
15
6 DIE KONSEQUENZEN FÜR DAS PERSONALMANAGEMENT Der gegenwärtig stattfindende Wertewandel in der Gesellschaft hat zur Folge, dass
übergeordneten Bedürfnissen, wie etwa der Selbstverwirklichung, ein hoher
Stellenwert zukommt. Um dieser Tendenz gerecht zu werden, wird es sich für
Unternehmen lohnen, ihre Anreizsysteme individualspezifisch zu gestalten. Dies ist
nicht nur für die langfristige Personalerhaltung wichtig, sondern auch, um das
Mitarbeiterpotential besser ausschöpfen zu können. In diesem Sinne dient also ein
individualisiertes Anreizsystem nicht zuletzt auch organisationalen Interessen (vgl.
Schanz 1991: 22ff.).
Im folgenden Abschnitt wird auf ein Konzept näher eingegangen, das diese
Erkenntnis als Schlüssel zum Erfolg einsetzt.
6.1 Management by Motivation Bei diesem Managementkonzept geht es um die Befriedigung von
Mitarbeiterbedürfnissen als Mittel zur Leistungssteigerung. Es basiert auf der
Erkenntnis, dass Menschen in ihrer Arbeit nach Selbstverwirklichung streben. So
suchen sie z.B. in ihrer Arbeit nach einer herausfordernden Tätigkeit, nach grossem
Handlungsspielraum und hohem Verantwortungsgrad. Daraus kann gefolgert
werden, dass intrinsische Anreize für die Steuerung der Leistung zunehmend an
Bedeutung gewinnen. Extrinsische Anreize alleine reichen nicht mehr aus
(Havranek/Niedl 1999: 127f.).
Um erfolgreich zu bleiben und das Personal langfristig an das Unternehmen zu
binden, müssen Führungskräfte sich also bemühen, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter
zu erkennen und bei der Organisation der Arbeit zu berücksichtigen. Das Erkennen
von Bedürfnissen setzt jedoch offene Gespräche und den kontinuierlichen Dialog
zwischen Führungskraft und Mitarbeiter voraus. (Havranek/Niedl 1999: 127f.) Die
Vorteile dieses Managementkonzepts können nur auf höheren Hierarchiestufen voll
zum Tragen kommen; seine positiven Auswirkungen sollten aber bis zur Basis
spürbar werden.
Die Quintessenz dieser Überlegungen kann also wie folgt formuliert werden: Die
Loyalität der Mitarbeiter zum Unternehmen kann nicht durch grosszügige
Gehaltserhöhungen und Prämien gewissermassen gekauft werden, sondern muss
eben durch individualspezifisch zugeschnittene Anreizsysteme gesichert werden.
(vgl. Butler/Waldroop 2000: 78)
16
7. SCHLUSSFOLGERUNG Durch den Wertewandel in der Gesellschaft hat sich die Bedürfniskonstellation der
Menschen in Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften auf eine andere Ebene
verlagert. Individuen, die eine Arbeit auf einer höheren Hierarchiestufe ausüben,
suchen in ihrer Arbeit nach Selbstverwirklichung, da ihre Basisbedürfnisse
weitgehend befriedigt sind. Extrinsische Anreize wie z.B. Belohnung vermögen die
intrinsische Motivation dieser Mitarbeiter nicht mehr zu aktivieren, sondern können
sie im Gegenteil unter gewissen Umständen sogar untergraben.
Zahlreiche Studien weisen nach, dass extrinsische Anreize unter gewissen
Umständen einen negativen Effekt auf die intrinsische Motivation haben, und
bestätigen damit das empirisch gefundene Phänomen des Verdrängungseffektes.
Dieser Verdrängungseffekt kommt allerdings nur unter gewissen Umständen zum
tragen. Von Bedeutung ist im Einzelfall vor allem die Art der Aufgabe und der mit ihr
verbundenen Belohnung.
Am ehesten kommt dieser Effekt bei innovativen und kreativen Aufgabeninhalten
zum Tragen, während dies bei Routineaufgaben nur ausnahmsweise der Fall ist.
Wenn die Belohnung im zuerst genannten Fall materieller Natur ist, muss von diesem
extrinsischen Anreiz ein negativer Effekt auf die intrinsische Motivation erwartet
werden. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn die Belohnung erwartet wurde. Wird sie
hingegen nicht erwartet, so kann auch eine materielle, extrinsische Motivation die
intrinsische günstig beeinflussen. Dieser positive Effekt kann aber vor allem bei
verbalen Belohnungen, (z.B. bei positivem Feedback) beobachtet werden, da diese
meistens unerwartet eintreffen.
Da Motivation nicht Selbstzweck ist, sondern die Erreichung der Unternehmensziele
erleichtern soll, muss bei der Gestaltung von Anreizsystemen auch darauf geachtet
werden, dass negative Inhalte der intrinsischen Motivation, wie Neid, Missgunst und
Rachsucht sich nicht ausbreiten können. In diesem Zusammenhang können
extrinsische Anreize bei Konflikten im Unternehmen eine disziplinierende Wirkung
auf negative intrinsische Motivationen ausüben und diese in die gewünschte
Richtung leiten.
Die Konsequenz für das Personalmanagement ist also, dass Anreizsysteme
geschaffen werden müssen, die einerseits eine langfristige Personalerhaltung
gewährleisten und andererseits den Unternehmenserfolg langfristig sichern. Zudem
müssen diese Anreizsysteme um wirksam zu werden, sowohl den
17
Verdrängungseffekt, als auch die negative Seite der intrinsischen Motivation kennen
und einbeziehen. Ein Beispiel für ein solches Managementkonzept, ist das
„Management by Motivation“. Individuelle Bedürfnisse werden dabei in offenen und
wiederholten Gesprächen erkannt und die daraus gewonnenen Erkenntnisse wo
immer möglich in die Gestaltung des auf das Individuum bezogenen Anreizsystemes
einbezogen. Dadurch können die oben erwähnten negativen Effekte weitgehend
vermieden werden.
Um also Personal langfristig an das Unternehmen zu binden, muss auf die
individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter nach Möglichkeit eingegangen werden, was
längerfristig zur Sicherung des Unternehmenserfolges beiträgt.
18
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Arbeitsmotivation. In: Handwörterbuch der Betriebspsychologie
und Betriebssoziologie, hrsg. v. Paul G. von Beckerath, Stuttgart
1981, S. 48 - 51
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9. Anhang Anhang 1: Selbständigkeitserklärung „Ich erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als
die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäss
aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche kenntlich gemacht. Mir ist
bekannt, dass andernfalls die Proseminararbeit abgelehnt werden kann und das
gesamte Proseminar als „nicht bestanden“ mit der Note 1 bewertet wird.“
Bern, 21. November 2003 Anna Liechti