Co-Chair (till Nov., 2014)
Die Bedeutung der neuen Nachhaltigkeits-
agenda für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
in Deutschland
30. Juni 2015
Berlin 30.6.-1.7.2015
Die „neue Nachhaltigeitsagenda“ spiegelt sich im
Entwurf der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele,
(und 169 Einzelziele) die aus der Arbeit der Open
Working Group der VN hervorgegangen sind.
Die Agenda ist stark anthropozentrisch.
Zitat (Open Working Group):
Poverty eradication is the greatest global challenge facing the
world today and an indispensable requirement for sustainable
development. … People are at the centre of sustainable
development.
Hier sind sie: zwölf ökonomisch/sozial, drei ökologisch
Goal 1 End poverty in all its forms everywhere; Goal 2 End hunger, achieve food security and improved nutrition and promote sustainable
agriculture;
Goal 3 Ensure healthy lives and promote well-being for all at all ages;
Goal 4 Ensure inclusive and equitable quality education and promote lifelong learning
opportunities for all;
Goal 5 Achieve gender equality and empower all women and girls;
Goal 6 Ensure availability and sustainable management of water and sanitation for all;
Goal 7 Ensure access to affordable, reliable, sustainable and modern energy for all;
Goal 8 Promote sustained, inclusive and sustainable economic
growth, full and productive employment and decent work for all; Goal 9 Build resilient infrastructure, promote inclusive and sustainable industrialization and foster
innovation;
Goal 10 Reduce inequality within and among countries;
Goal 11 Make cities and human settlements inclusive, safe, resilient and sustainable;
Goal 12 Ensure sustainable consumption and production patterns;
Goal 13 Take urgent action to combat climate change and its impacts;
Goal 14 Conserve and sustainably use the oceans, seas and marine resources for sustainable
development;
Goal 15 Protect, restore and promote sustainable use of terrestrial ecosystems, sustainably manage
forests, combat desertification, and halt and reverse land degradation and halt biodiversity loss;
Goal 16 Promote peaceful and inclusive societies for sustainable development, provide access to
justice for all and build effective, accountable and inclusive institutions at all levels;
Goal 17 Strengthen the means of implementation and revitalize the global partnership for
sustainable development.
Die ökonomisch/sozialen Ziele
stehen politisch im Vordergrund. Wenn auch nur die Ziele 1 (End poverty in all its
forms everywhere) und 8 (Promote sustained,
inclusive and sustainable economic growth, full and
productive employment and decent work for all)
erreicht würden (für 7 bis 8 Milliarden Menschen),
hätten die drei ökologischen Ziele (Klima, Meere,
Biodiversität) keinerlei Chance mehr!
Die ökonomisch/sozialen Ziele
stehen politisch im Vordergrund. Wenn auch nur die Ziele 1 (End poverty in all its
forms everywhere) und 8 (Promote sustained,
inclusive and sustainable economic growth, full and
productive employment and decent work for all)
erreicht würden (für 7 bis 8 Milliarden Menschen),
hätten die drei ökologischen Ziele (Klima, Meere,
Biodiversität) keinerlei Chance mehr!
(Es sei denn, man schafft es, das Wohlstandswachstum
vom Naturverbrauch entscheidend abzukoppeln)
Entkopplung ist das große Thema
des International Resource Panel
von UNEP
Addressing Resource Interlinkages
and Trade-offs in the
Sustainable Development Goals
2015
Wir haben die inhärenten Konflikte zwischen den SDG‘s untersucht:
Key Message
A large number of goals (12 of the 17), for human well-
being are contingent on the prudent use of natural
resources;
10 out 17 goals necessitate higher efficiencies in the use
of land, water, energy (fossil fuels), minerals and
other finite resources; and
8 out of 17 goals require that resource conservation
strategies be built in global and national policies and
actions for sustenance within planetary boundaries.
Aber in Addis im Juli und in New York im
September gilt weiterhin: Die ökonomisch/
sozialen Ziele stehen politisch im Vordergrund.
Ökologische Ziele sind weitgehend chancenlos.
Die G77+China Gruppe hat ausdrücklich
verhindert, dass der Begriff der planetary
boundaries im Text auftritt.
Dennoch muss auch Deutschland
alles dafür tun, dass die SDG‘s
und damit die Post-2015-Agenda
verabschiedet werden.
Die SDG‘s sind zentrales Thema
globaler Friedenspolitik.
Nun ein paar Worte zur Größenordnung
der ökologischen Herausforderung
Anthropozän: Dieses Bild von 2011 zeigt 24
Parameter der Atmosphäre, des Konsums, der
Menschenvermehrung, in dem geologisch
winzigen Zeitraum von 50 Jahren!
Quelle: Globaia 2011. Bilder aus Will Steffens, Paul. J. Crutzen, John R. McNeill. 2007. The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature? Ambio 36
Wenn 7 Milliarden Menschen ihrenTraum
verwirklichen, wie die heutigen US-Amerikaner
zu leben, bräuchten wir 5 Erdbälle!
Kaum ein Land ist noch nachhaltig,
Quelle: Global Footprints Network
Was kann man da machen??
Logisch gibt es drei Möglichkeiten:
• Zahl der Menschen auf 1,5 Milliarden reduzieren,
• Radikale Konsumreduktion im Norden,
• Verfünffachung der Ressourcenproduktivität.
Und was ist politisch machbar??
• Zahl der Menschen auf 1,5 Milliarden reduzieren,
• Radikale Konsumreduktion im Norden,
• Verfünffachung der Ressourcenproduktivität.
Geburtenminderung muss zurück auf die Tagesordnung. Auch
weil hohe Bevölkerungszunahme die Entwicklung schwächt !
Nach UNFPA (Michael Herrmann et al) 2015. Consequential omissions. How demography shapes development – Lessons from the MDGs for the SDGs. Abb. 11
2009 2010 2010 2012 2013 2014
Verfünffachung der Ressourcenprodutivität ist
technisch zweifellos machbar. Das ist der Kern der
Entkopplung!
„Klimawandel ist die größte Gefahr in der
Geschichte der Menschheit.“ 19
UNO Generalsekretär Ban Kimun am 23.9.14 in New York:
In der Tat können die Klimaänderungen dramatisch sein! Italien während der .... und während der
letzten Eiszeit letzten Heiß-Zeit
(vor 20 000 Jahren) (vor 2 Mill. Jahren)
Quelle: Atlante Geografico Moderno, Mondadori 1996
Unprecedented devastation in Uttarakhand. Times of India photogallery 30 June, 2013
Donau bei Deggendorf am 5.6.2013. Q: tagesschau.de
Alberta, Canada, 20.6.2013 http://nationalpostnews. files.wordpress.com.
… und dann die lokalen Flutkatastrophen z. im Juni 2013
in Indien, Deutschland, Kanada …
BIP pro Kopf
CO
2-I
nte
nsi
tät
Die Klimaverhandlungen stagnieren, weil das BIP pro
Kopf bisher mit den CO2-Ausstößen pro Kopf geht.
Das bedeutet eine „Mikado-Situation“. Wer sich
zuerst bewegt, meint, er hat verloren.
… eben weil wir noch die stramme
Kopplung CO2 / BIP haben
Wir müssen aus der alten Logik ausbrechen - und eine
neue „Kuznetskurve“ bei CO2 schaffen!
Reich und
CO2-arm
BIP pro Kopf
CO
2-I
nte
nsi
tät
Auch das reicht noch nicht. Wir müssen den
Entwicklungsländern helfen, diese zu „durchtunneln“.
Reich und
CO2-arm
Als ich das aber bei der Open
Working Group der VN sagte,
schlug mir offene Feindschaft
aus dem G77-Lager entgegen!
Ein böser Satz zum populären Allheilmittel
Sonnenenergie: Wenn eine Milliarde Menschen
20% erneuerbare Energien erreichen, wäre das erst
1/35 des ‚Bedarfs‘ von 7 Milliarden Menschen.
Entwick-
lungsländer
Schwellen-
länder
Industrie-
länder
Und jetzt stellen wir uns einmal eine Verfünfunddreißigfachung der
heutigen Palmöl- und Maisplantagen, Windkraft, Wasserkraft vor!
Ein ökologischer Albtraum!
Wir dürfen also bei der Entkopplung
die Energieeffizienz nicht vergessen,
müssen also den „Energiebedarf“
neu definieren!
Was trauen wir einer Kilowattstunde zu?
Stellen Sie sich
einen 10 kg
schweren Wasser-
eimer vor.
Wieviele
Kilowatt-
stunden
braucht man, um
ihn von Meeres-
höhe auf den
Gipfel des Mount
Everest zu heben?
Die Antwort
heißt:
Eine Viertel
Kilowattstunde!
(Eine Wattsekunde ist ein
Newtonmeter; ¼ Kwh ist
900.000 Wattsekunden)
1 kwh
Das heißt aber eine neue technische Revolution, - das nennt man
auch einen Kondratjeff-Zyklus.
Mechanisierung
Stahl &
Eisenbahn
Elektrizität,
Chemie, Auto
TV, Flugzeug,
Computer
IT
Biotech.
Resourcen-
produktivität,
Erneuerbare
Energien
Wie sehen nun die Aufgaben für
Deutschland aus?
1.Zeigen, dass es technisch geht;
2.Dieses rentabel machen;
3.Die Entwicklungsländer ins Boot holen.
Zu 1. Zeigen, dass es technisch geht,
habe ich etwa 50 Bilder von dieser Art:
Volkswagen
Konzeptauto XL 1
0,9 l/100km
Heutige Flotte
5-10 l/100km
Energieffizienz
Schon 1865 beobachtete
William Stanley Jevons in
The Coal Question, dass
England's Kohleverbrauch
hochschoss, nachdem James
Watt seine kohle-effiziente
Dampfmaschine eingeführt
hatte. Man nennt es auch
das “Jevons-Paradox”.
Zu 1. gehört aber auch der Rebound-Effekt.
Der Rebound-Effekt ging fast immer mit sinkenden
Energie- und Rohstoffpreisen einher!
2000-2005
Die Jahrzehnte
rascher Verbilligung
waren auch …
… die Jahrzehnte
der explosiven Ver-
brauchszunahme!
From Gail Tverberg‘s Blog „Our Finite World“, 2011
Sustainable Consumption and Production
(SDG 12) heißt auch ein genügsamerer
Lebensstil im reichen Norden!
Heißt das, wir müssen ärmlich werden?
Nein!
Genügsamkeit kann schick und sexy sein
Spielzeug ??? Spielzeug !!!
Genügsamkeit kann glücklich machen
Nun zu 2: Effizienz und Suffizienz rentabel
machen.
„Ganz einfach“: Naturverbrauch teurer machen!
Das geht nur politisch!
Die Märkte schaffen das nicht.
Einen sehr zahmen Vorschlag habe ich in
China eingebracht:
Energie- und Rohstoffpreise parallel zu
den Effizienzgewinnen anheben.
(Dann bleiben die monatlichen Kosten für Energie usw.
im Durchschnitt konstant. )
Das ist eine Art
Pingpong,
der Dynamik der
Industriellen
Revolution
abgeschaut!
Die Arbeitsproduktivität stieg mit den Bruttolöhnen.
Und hat sich in 150 Jahren verzwanzigfacht!
Bruttolohnkosten und Arbeitsproduktivität in den USA von 1910 bis 1960
Zwei Abwärts-Korrekturen:
1. Sozialtarif für‘s Lebensnotwendige;
2. Aufkommensneutralität für Industrie oder
für Branchen. (Modell: die schwedische
NOx-Steuer von 1992.)
Nun die dritte Aufgabe, - die
Entwicklungsländer ins Boot holen.
Den entscheidenden Gedanken hat
der WBGU formuliert: den „Budget-
Ansatz“.
WBGU-Vorschlag eines CO2-Budgets bis 2050. Konvergenz
bei 1 Tonne pro Kopf und Jahr, und wir müssten vorher viele
Lizenzen kaufen!
Beim G7 Gipfel 2007 in Heiligendamm
war das auf der Tagesordnung, sehr zur
Freude von Manmohan Singh (damals zu
Gast in Berlin).
Kurz danach flog Frau Dr. Merkel nach
Tokio zum Nikkei Symposium und
anschließend nach New Delhi und vertrat
den Budget-Ansatz.
Aber dann kam 2009 die Klimakonferenz
von Kopenhagen, wo die USA das alles
zertrümmert haben!
Die deutschen Delegationen in Addis
Abbeba, New York und Paris (und die
luxemburgische Ratspräsidentschaft)
sollten den Budgetansatz und die
friedenspolitische Dimension der SDG‘s
im Kopf haben und entsprechend auf die
EU Position einwirken!
Vielen Dank!