Die Autorinnen:
Sabine Baldauf ist Diplom-Ökonomin und war bis Juli 2019 Senior
Consultant bei der Unternehmensberatung wmp consult – Wilke Maack
GmbH. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren Beratung von betrieblichen Inte-
ressenvertretungen, Personal- und Organisationsentwicklung.
Katrin Vitols, Dr. sc. pol, ist Politologin und Senior Consultant bei der
Unternehmensberatung wmp consult – Wilke Maack GmbH. Ihre Ar-
beitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Arbeitsmarkt- und Beschäfti-
gungssysteme, industrielle Beziehungen, Corporate Social Responsibili-
ty/Nachhaltigkeit und Corporate Governance.
© 2019 by Hans-Böckler-Stiftung Hans-Böckler-Straße 39, 40476 Düsseldorf
www.boeckler.de
„Branchenanalyse medizinische Rehabilitation“ von Sabine Baldauf und
Katrin Vitols ist lizenziert unter
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ISSN 2509-2359
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BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 3
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ................................................................................. 7
1. Einleitung ......................................................................................... 12
1.1 Zum Begriff der medizinischen Rehabilitation ............................ 14
1.2 Die Trägerlandschaft in der Rehabilitationsbranche und ihre
gesetzlichen Grundlagen ................................................................. 16
1.3 Politische Rahmensetzungen und entscheidende
Gesetzgebungen ............................................................................. 18
1.4 Methodik der Untersuchung ....................................................... 21
2. Der Rehabilitationsmarkt in Deutschland .......................................... 25
2.1. Struktur und Entwicklung der Rehabilitationseinrichtungen ....... 25
2.2 Rehabilitanden und die Nachfrage nach medizinischer
Rehabilitation ................................................................................... 29
2.3 Die Finanzierung der Rehabilitation ........................................... 36
2.4 Qualitäts- und Strukturvorgaben für die medizinische
Rehabilitation ................................................................................... 42
2.5 Die Geschäftsstrategien von Rehabilitationseinrichtungen ......... 46
3. Arbeit und Beschäftigung in der Rehabilitationseinrichtungen .......... 54
3.1 Beschäftigungsstruktur und Entwicklung der Beschäftigung ...... 54
3.2. Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in
Rehabilitationseinrichtungen ............................................................ 59
3.3 Fazit: Wachsende Belastungen und Arbeitsverdichtung ............ 83
4. Trends der Digitalisierung in Rehabilitationseinrichtungen und
Auswirkungen auf die Beschäftigten ..................................................... 87
4.1 Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigten ............. 97
4.2 Fazit: Einschätzung von Digitalisierungsprozessen in
Rehabilitationseinrichtungen .......................................................... 105
5. Ergebnisse und Ausblick ................................................................ 107
Thesen zur künftigen Ausgestaltung der Rehabilitationsbranche ... 109
Literaturliste........................................................................................ 114
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 4
Abbildungen
Abbildung 1: Verteilung der befragten Rehabilitationseinrichtungen
nach Trägerschaft (n=230)............................................................... 22
Abbildung 2: Angebotsform der Rehabilitationsleistungen der
befragten Rehabilitationseinrichtungen (in %) .................................. 23
Abbildung 3: Die drei größten Fachabteilungen der befragten
Rehabilitationseinrichtungen (nach Anzahl der Betten) .................... 24
Abbildung 4: Beschäftigte in den befragten
Rehabilitationseinrichtungen (Angabe in Köpfen, inklusive
Auszubildende und Befristete, ohne geringfügig Beschäftigte, in
%, n=236) ........................................................................................ 24
Abbildung 5: Verteilung der Einrichtungen und Betten nach
Trägerschaft (in %), 2017 ................................................................ 26
Abbildung 6: Anzahl der Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen nach Trägerschaft, Entwicklung
2007–2017....................................................................................... 27
Abbildung 8: Entwicklung der Fallzahlen in verschiedenen
Fachbereichen, 2007 und 2017 ....................................................... 31
Abbildung 9: Alter von Patienten/innen der Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen (Einrichtungen mit mehr als 100
Betten, in %), 2017 .......................................................................... 34
Abbildung 10: Gesundheitsausgaben für Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen, 2007–2017, Angaben in Millionen
Euro ................................................................................................. 37
Abbildung 11: Kostenübernahme nach Ausgabenträger (in %),
2017 ................................................................................................ 38
Abbildung 12: Entwicklung des Umsatzes in
Rehabilitationseinrichtungen (n=234) ............................................... 46
Abbildung 13: Bedeutende Faktoren für die Geschäftsstrategie ........... 50
Abbildung 14: Beschäftigungsentwicklung in Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen, in Vollkräften, 2007–2017 .................. 55
Abbildung 15: Beschäftigungsentwicklung in Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen, in Köpfen, 2007–2017 ....................... 56
Abbildung 16: Zusammensetzung des nichtärztlichen Personals,
2017 ................................................................................................ 57
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 5
Abbildung 17: Altersstruktur der Beschäftigten in Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen (in %), 2017 ........................................ 58
Abbildung 18: Verbreitung von Tarifverträgen (in %) ............................ 60
Abbildung 19: Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen im
ärztlichen Dienst (in %) .................................................................... 62
Abbildung 20: Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen im
Pflegedienst (in %) ........................................................................... 66
Abbildung 21: Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen von
Physiotherapeuten/innen und Ergotherapeuten/innen (in %) ........... 72
Abbildung 22: Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen bei
Psychotherapeuten/innen (in %) ...................................................... 76
Abbildung 23: Auslagerungen von Einheiten des Servicebereichs
in den letzten zehn Jahren (Angaben in %, Mehrfachnennungen
möglich) ........................................................................................... 80
Abbildung 24: Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen im
Servicebereich (in %) ....................................................................... 81
Quelle: eigene Befragung unter Arbeitnehmervertretungen in
Rehabilitationseinrichtungen ............................................................ 81
Abbildung 25: Digitalisierung im Hinblick auf die digitale
Organisation (in %) .......................................................................... 89
Abbildung 26: Digitalisierung in Hinblick auf die digitale
Kommunikation (in %) ...................................................................... 91
Abbildung 27: Digitalisierung in Hinblick auf den Einsatz digitaler
Technologie am Rehabilitanden ....................................................... 93
Abbildung 28: Digitalisierung in Hinblick auf den Einsatz digitaler
Technologien bei den Beschäftigten ................................................ 96
Abbildung 29: Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigte
im Pflegebereich .............................................................................. 98
Abbildung 30: Auswirkungen der Digitalisierung auf
Physiotherapeuten/innen und Ergotherapeuten/innen ................... 101
Abbildung 31: Auswirkungen der Digitalisierung auf
Psychotherapeuten/innen .............................................................. 103
Abbildung 32: Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigte
im Servicebereich .......................................................................... 105
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 6
Abkürzungen
BAR Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
BDPK Bundesverband deutscher Privatkliniken e. V.
DEGEMED Deutsche Gesellschaft für medizinische
Rehabilitation e. V.
DRG diagnosebezogene Fallgruppen
(Diagnosis Related Groups)
DRV Deutsche Rentenversicherung
GKV Gesetzliche Krankenversicherungen
GUV Gesetzliche Unfallversicherung
KIS Klinik-Informationssystem
TVöD Tarifvertrag öffentlicher Dienst
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Rentenversicherunghttps://de.wikipedia.org/wiki/Krankenkasse
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 7
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels einer von steigen-
dem Leistungsdruck geprägten Gesellschaft gewinnen Dienstleistungen
von Rehabilitationseinrichtungen zunehmend an Bedeutung. Trotz der
hohen Nachfrage stehen die Rehabilitationseinrichtungen in Deutsch-
land unter einem starken Anpassungs- und Veränderungsdruck, der
auch die in ihnen tätigen Beschäftigten betrifft. Die Branchenstudie un-
tersucht die komplexen Zusammenhänge, die auf den Rehabilitations-
markt in Deutschland einwirken. Im Mittelpunkt der Analyse steht die
Frage, wie sich verschiedene Veränderungen auf die Arbeit und Be-
schäftigung in den Rehabilitationseinrichtungen auswirken. Untersucht
werden Branchenstruktur, wirtschaftliche Entwicklungen und Unterneh-
mensstrategien, gesetzliche und soziale Rahmenbedingungen sowie
Auswirkungen von Digitalisierungsprozessen. Die Untersuchung nutzt
verschiedene empirische Untersuchungsmethoden und basiert neben
einer Literaturanalyse und einer Auswertung von Daten des statistischen
Bundesamtes auf Experteninterviews und einer breit angelegten Befra-
gung von Arbeitnehmervertretungen in Rehabilitationseinrichtungen. Im
Folgenden sind die zentralen Aussagen der Studie zusammengefasst:
1. Fallzahlen in der Rehabilitation stabil, Teilzeitarbeit nimmt zu bei
konstantem Beschäftigungsvolumen
Im Jahr 2017 wurden in Deutschland rund 1,9 Millionen Rehabilitan-
den in mehr als 1.000 Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
betreut. In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Fälle nicht we-
sentlich zugenommen. Die Entwicklung der Fallzahlen lässt keinen
Trend zur zunehmenden Nutzung von Rehabilitation erkennen.
In der Branche gab es im Jahr 2017 123.000 Beschäftigte. Die Zahl
der Mitarbeiter/innen ist in den letzten zehn Jahren spürbar ange-
wachsen. Allerdings hat sich die Beschäftigtenzahl gemessen in Voll-
kräften in der Branche nicht verändert. Das Beschäftigungswachstum
in der Branche beruht weitgehend auf einer steigenden Zahl von Teil-
zeitarbeitsplätzen.
Die Mehrheit der Mitarbeiter/innen ist weiblich. Dies gilt im Pflegebe-
reich, aber auch bei dem medizinischen Personal.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 8
2. Gesetzliche Vorgaben bestimmen die ökonomische
Handlungsfähigkeit von Rehabilitationseinrichtungen
Gesetzliche Regelungen und die Entscheidungen der Ausgabenträ-
ger zur Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen sind die wesentli-
chen Einflussfaktoren für die Belegung und Vergütung von Rehabilita-
tionseinrichtungen. Sie setzen den Rahmen für die Finanzierung der
Rehabilitationseinrichtungen.
Die Ausgaben für medizinische Rehabilitation sind in den letzten zehn
Jahren um 26 Prozent gestiegen. Ihr Anteil an allen Gesundheitsaus-
gaben in Deutschland hat sich dagegen nur wenig verändert.
Aufgrund der höheren Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse in
Deutschland erzeugt die gesetzlich eingeführte Budgetgrenze mit
Orientierung an den Bruttoentgelten ein absehbares Finanzierungs-
problem. Die Bedarfsentwicklung steigt ohne eine gleichwertige Fi-
nanzierung der notwendigen Maßnahmen.
Die Vergütungssätze für Rehabilitationsleistungen sind nicht einheit-
lich, sondern werden zwischen den Ausgabenträgern und Rehabilita-
tionseinrichtungen einzelvertraglich ausgehandelt. Die Höhe der Ver-
gütungssätze orientiert sich dabei nicht durchgängig an den tatsächli-
chen Kosten der Einrichtung oder der Qualität der Leistung. Vor allem
große Rehabilitationseinrichtungen mit hohem Marktanteil und ent-
sprechender Marktmacht können im Einzelfall höhere Vergütungssät-
ze durchsetzen. Dies gilt auch für Rehabilitationseinrichtungen, die
über Spezialkliniken oder Spezialisten/innen im ärztlichen Bereich
verfügen und spezifische Anforderungen in Hinblick auf Ausstat-
tungsmerkmale oder Therapien erfüllen können.
Für Geschäftsführungen der Rehabilitationseinrichtungen sind die
Qualitäts- und Strukturvorgaben der Ausgabenträger eine wichtige
Orientierung. Allerdings ist die Erfüllung aller Strukturanforderungen
nicht durchgängig Voraussetzung für eine Belegung durch die Träger.
So kann z. B. von den quantitativen Anforderungen für die Personal-
bemessung abgewichen werden, da diese nicht als „belegungsrele-
vant“ gelten.
3. Der Markt für Rehabilitation ist fragmentiert und
Konzentrationsprozesse sind noch nicht abgeschlossen
Rehabilitationseinrichtungen werden in privater, freigemeinnütziger
oder öffentlicher Trägerschaft geführt. Die meisten Betten und damit
auch die größte Kapazität gibt es in private Rehabilitationseinrichtun-
gen (65 Prozent aller Betten). Gerade bei den privaten Trägern ist in
den letzten Jahren ein Rückgang der Anzahl der Einrichtungen um
insgesamt acht Prozent zu verzeichnen. Vor allem bei kleineren, pri-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 9
vaten Einrichtungen gibt es Konzentrationsprozesse. Sie werden von
größeren Unternehmen übernommen.
Bezogen auf die Profitabilität der Einrichtungen zeigt sich ein sehr he-
terogenes Bild. Auf dem Markt für Rehabilitation gibt es eine größere
Zahl von Einrichtungen, die keine Gewinne bzw. sogar Verluste ma-
chen und dadurch wirtschaftlich in eine bedrohliche Situation kom-
men. Aber es gibt auch Einrichtungen, die ausreichende und sogar
gute Gewinne erwirtschaften. Dies gilt in der Mehrzahl für Standorte,
die zu größeren, privaten Anbietern gehören.
Seit einigen Jahren sind internationale Finanzinvestoren in der Reha-
bilitationsbranche tätig. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Über-
nahme von Median. Die Übernahme durch internationale Finanzin-
vestoren wird z. T. mit einer Verschlechterung von Arbeits- und Be-
schäftigungsbedingungen sowie einer Absenkung des Qualitätsstan-
dards in den Einrichtungen in Verbindung gebracht.
Die Wachstums- und Gewinnorientierung der Reha-Einrichtungen –
aber auch die schwierige Ertragslage einiger Häuser – führen dazu,
dass Kostendruck, Einspar- und Rationalisierungsprogramme in vie-
len Rehabilitationskliniken zum Alltag gehören.
Outsourcing von nicht direkt zum „Kerngeschäft“ gezählten Arbeitsbe-
reichen wird genutzt, um Kosten zu sparen. Insbesondere sind hier
die Beschäftigten im Servicebereich betroffen.
4. Die Fallschwere der Rehabilitanden nimmt zu. Dies wirkt sich auf
die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus
Das Versorgungsangebot von Rehabilitationseinrichtung hat sich ver-
schoben, da sich auch Nachfrage und Rehabilitationsanforderungen
verändern. Steigende Fallzahlen gibt es vor allem bei Psychothera-
peutischer Medizin/Psychosomatik, Geriatrie und Neurologie.
Eine verkürzte Verweildauer in Akutkrankenhäusern und Multimorbi-
dität führen in der Rehabilitation zu gestiegenen Schweregraden der
Erkrankungen unter den Rehabilitanden. Für die Beschäftigten gehen
damit Veränderungen bei den beruflichen Tätigkeiten und den Anfor-
derungen an ihre berufliche Qualifikation einher.
Aufgrund eines steigenden Pflege- und Betreuungsbedarfs, dem kein
Personalaufwuchs gegenübersteht, gibt es eine erkennbare Arbeits-
verdichtung. Die Arbeitsintensität nimmt bei allen Beschäftigungs-
gruppen in Rehabilitationseinrichtungen zu.
Die hohen körperlichen und emotionalen Arbeitsanforderungen vor al-
lem in der Pflege und in der Therapie führen dazu, dass die Perso-
nalbemessung von den Beschäftigten nicht als angemessen einge-
schätzt wird.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 10
5. Der Kostendruck führt zu Druck auf die Vergütungsstrukturen,
obwohl es einen zunehmenden Fachkräftemangel gibt
Der Posten der Personalkosten spielt in der personalintensiven Re-
habilitationsbranche eine große Rolle. Der starke Kostendruck wirkt
sich direkt auf die Vergütung der Beschäftigten aus. Nur sechs bis
neun Prozent der Antwortenden unserer Befragung halten die Vergü-
tung im Bereich Pflegedienst, Physiotherapie und Servicedienst für
angemessen. In der Psychotherapie und dem ärztlichen Dienst ist die
Zustimmung mit 23 bis 25 Prozent ebenfalls gering.
Ein zunehmender Fachkräftemangel ist in fast allen untersuchten Be-
rufsgruppen feststellbar. Verschärfend zeigen die Ergebnisse der
Umfrage, dass es eine Abwanderung von Fachkräften aus Rehabilita-
tionseinrichtungen in andere medizinische Arbeitsbereiche gibt.
Die Abwanderung wird verstärkt durch fehlende Entwicklungsmög-
lichkeiten und Karrierechancen in Rehabilitationseinrichtungen.
6. Die Digitalisierung hat auch in Rehabilitationseinrichtungen
begonnen: die Beschäftigten befürchten negative Auswirkungen
Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien und darauf
beruhende Anwendungen werden heute schon Schritt für Schritt in
Rehabilitationseinrichtungen eingesetzt. Vor allem Organisationspro-
zesse werden digitalisiert. Die Anwendungsbeispiele reichen von der
elektronischen Patientenakte über die Selbsterfassung von Gesund-
heitsdaten per App bis zum Einsatz von therapieunterstützenden
Technologien in der Rehabilitation. Größere direkte Beschäftigungs-
effekte sind dabei bisher nicht erkennbar, da ein flächendeckender
Einsatz solcher Technologien noch nicht umgesetzt ist.
Die Beschäftigten sehen vor allem die Risiken einer umfassenden Di-
gitalisierung. Positive Effekte wie eine Arbeitsentlastung und Unter-
stützung für die Beschäftigten werden kaum gesehen. Stattdessen
werden eine Zunahme der Arbeitsanforderungen, die Entwertung von
Erfahrungswissen und eine Einengung der Arbeitsautonomie befürch-
tet.
Ein Ausweg aus dem Fachkräftemangel wird die Digitalisierung im
Rehabilitationsbereich nach allgemeiner Einschätzung nicht sein.
Substitutionseffekte bei Pflege und Therapietätigkeiten durch den
Einsatz von Technik sind kurzfristig nicht zu erwarten.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 11
7. Die Bedeutung der medizinischen Rehabilitation wächst
Der demographische Wandel und der zunehmenden Mangel an Ar-
beitskräften führt zu einem steigenden Rehabilitationsbedarf auch äl-
terer Bevölkerungsgruppen.
Mit der Zunahme von Rehabilitanden in hohem Alter wird dem Kon-
zept „Reha vor Pflege“ mehr Bedeutung zukommen. Dies wird zu
neuen Anforderungen an die soziale Pflegeversicherung führen.
Die Angebotsformen von Rehabilitation werden sich weiter ausdiver-
sifizieren. Die Relevanz von Präventionsleistungen wird steigen. Die
vertikale Integration durch neue Formen der Zusammenarbeit mit
Akutkrankenhäusern wird für die Geschäftsstrategien in Rehabilitati-
onseinrichtungen zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Aus Sicht der Gesamtbranche brauchen die Rehabilitationseinrich-
tungen insgesamt für eine Zukunftssicherung eine auskömmliche Fi-
nanzierung. Kostensenkungspotenziale, insbesondere beim Perso-
nal, sind weitgehend ausgeschöpft. Es bedarf einer besseren Finan-
zierung der Rehabilitationsleistungen, um für die Branche die Grund-
lagen für bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung
abzusichern.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 12
1. Einleitung
Die medizinische Rehabilitation ist eine wichtige Säule des Gesund-
heitswesens in Deutschland. Medizinische Rehabilitation schließt alle
Maßnahmen ein, die darauf ausgerichtet sind, eine drohende Beein-
trächtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft abzuwenden
bzw. eine bereits eingetretene Beeinträchtigung zu beseitigen. Mehr als
1,9 Millionen Menschen wurden im Jahr 2017 in über 1.000 Vorsorge-
oder Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland behandelt.
Der Rehabilitationssektor weist eine Reihe von branchenspezifischen
Besonderheiten auf. Die Entwicklung ist im hohen Maße von externen
Einflussfaktoren bestimmen. Hierzu gehören gesetzliche Regelungen,
die vor allem Finanzierungs- und Leistungsaspekte festlegen, und der
Einfluss der Kostenträger von Rehabilitationsleistungen (sog. Ausgaben-
träger). Die Ausgabenträger der Rehabilitation bestimmen über die Be-
willigung von Rehabilitationsmaßnahmen, die Belegung sowie Vergü-
tung von Rehabilitationseinrichtungen. Ein weiterer wichtiger Einflussfak-
tor sind Veränderungen in der Gruppe der Rehabilitanden, insbesondere
spielt die Veränderung der Schwere der einzelnen Fälle eine Rolle, die
durch Multimorbidität und eine verkürzte Verweildauer in Akutkranken-
häusern hervorgerufen wird.
Diese Faktoren wirken sich unmittelbar auf die betriebswirtschaftli-
chen Entscheidungsprozesse in den Rehabilitationseinrichtungen aus.
Sie beeinflussen Struktur der Angebote und der Nachfrage, aber auch
die Auslastung einzelner Einrichtungen. Zwischen den verschiedenen
Anbietern von Leistungen gibt es einen starken Wettbewerb, der in der
Konsequenz auch zu Unterfinanzierung von Einrichtungen führen kann.
In dem personalintensiven Sektor determinieren diese Rahmenbedin-
gungen auch die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der rund
123.000 Beschäftigten. Insbesondere der Kostendruck, der in Teilen
auch auf die deutlich gestiegene Wachstums- und Gewinnorientierung
einer Reihe von Rehabilitationseinrichtungen zurückzuführen ist, wirkt
sich negativ auf Vergütung, Arbeitsintensität und Arbeitsverdichtung aus.
In den letzten Jahren wird zusätzlich ein Fachkräftemangel bei verschie-
denen in Rehabilitationskliniken tätigen Berufsgruppen spürbar und
neue technische Möglichkeiten (Digitalisierungstrends) verändern die
Tätigkeiten von Mitarbeiter/innen.
Die vorliegende Branchenstudie untersucht die komplexen Zusam-
menhänge, die auf den Rehabilitationsmarkt in Deutschland einwirken.
Sie analysiert die Rahmenbedingungen und Entwicklungstrends unter
Einbezug der verschiedenen wirtschaftlichen, gesetzlichen, technologi-
schen und sozialen Veränderungen. Im Mittelpunkt der Analyse steht die
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 13
Frage, wie sich die Veränderungen auf die Beschäftigten in den Rehabi-
litationseinrichtungen auswirken. Hierfür werden Branchenstruktur, wirt-
schaftliche Entwicklungen, Markttrends und Geschäftsstrategien unter-
sucht und die qualitativen und quantitativen Auswirkungen auf die Ent-
wicklung der Beschäftigten und ihren Arbeitsbedingungen erfasst. Eine
besondere Rolle spielt in der Untersuchung auch die Auswirkung von
Digitalisierungstrends auf die Branche, auf Arbeitsprozesse sowie auf
die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen. Ziel der Untersuchung ist
es, die heutigen und zukünftigen Einflussfaktoren zu bestimmen, die die
Arbeit in Rehabilitationseinrichtungen prägen. Angesichts der immer
deutlicher werdenden Personalengpässe in verschiedenen Berufen des
Gesundheitswesens insbesondere in der Pflege werden gerade auch
auf dem Rehabilitationsmarkt attraktive Arbeitsbedingungen ein wichti-
ger Wettbewerbsfaktor sein.
Der folgende Bericht ist in mehrere Teile gegliedert. In Kapitel 1 wird
zunächst ein Überblick der gesetzlichen Rahmenbedingungen und wich-
tigsten Einflussfaktoren für den Rehabilitationsbereich gegeben. In Kapi-
tel 2 wird die wirtschaftliche Entwicklung des Rehabilitationsmarktes in
Deutschland beschrieben. Hierfür werden Branchenstruktur, Unterneh-
mensstrategien und Markttrends analysiert. Die Analyse setzt sich u. a.
mit der Finanzierung von Rehabilitationsleistungen, der Rolle und dem
Einfluss von Qualitäts- und Strukturvorgaben sowie Veränderungen auf
der Nachfrageseite von Rehabilitationsmaßnahmen auseinander. Das
Kapitel 3 untersucht hieran anknüpfend die Arbeit und Beschäftigung in
Rehabilitationseinrichtungen. Neben der Entwicklung der Beschäftigung
werden Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen für die Bereiche ärztli-
cher Dienst, Pflegedienst, Physiotherapeuten/innen, Psychotherapeu-
ten/innen und Servicebereich untersucht. Kapitel 4 präsentiert eine Ana-
lyse zur Digitalisierung von Arbeit und Wertschöpfungsprozessen. Hier
werden insbesondere die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeits-
prozesse und Arbeitsbedingungen festgehalten.
Im Kapitel 5 wird ein zusammenfassendes Fazit über die Entwicklung
von Arbeit und Beschäftigung in Rehabilitationseinrichtungen im Zu-
sammenhang mit den verschiedenen Veränderungsprozessen gegeben.
Das Kapitel geht außerdem auf Prognosen zu zukünftigen Trends auf
dem Rehabilitationsmarkt ein.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 14
1.1 Zum Begriff der medizinischen Rehabilitation
Der Begriff der Rehabilitation umfasst verschiedene Rehabilitationsfor-
men. Rehabilitation kann in medizinischen, beruflichen, rechtlichen, pä-
dagogischen und sozialen Bereichen stattfinden. Gegenstand der vorlie-
genden Branchenstudie ist die medizinische Rehabilitation. Die medizi-
nische Rehabilitation versucht Folgen einer gesundheitlichen Beein-
trächtigung zu beseitigen, abzumildern oder deren Verschlimmerung zu
verhüten. Die leitenden Prinzipien der Rehabilitation sind (Augurz-
ky/Reichert/Scheuer 2011, S. 13):
die Überwindung der Folgen von Krankheit und/oder Behinderung,
die Verhinderung des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsle-
ben,
die Verhinderung des vorzeitigen Eintretens von Pflegebedürftigkeit
und
die Vermeidung oder Minderung des vorzeitigen Bezuges von Sozial-
leistungen.
Das Ziel der medizinischen Rehabilitation ist eine dauerhafte Teilnahme
am Erwerbsleben oder am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.
Die Leistungen der medizinischen Rehabilitation umfassen insbesonde-
re ärztliche und pflegerische Behandlungen. Das gesamte Leistungs-
spektrum der medizinischen Rehabilitation ist im § 26 des SGB IX defi-
niert, hierunter fallen z. B. Physio- und Ergotherapien, Logopädie und
psychologische und psychotherapeutische Therapien. Medizinische Re-
habilitationsmaßnahmen unmittelbar im Anschluss an einen Kranken-
hausaufenthalt (sog. akutstationäre Behandlung) werden als Anschluss-
rehabilitation bezeichnet. Die Maßnahmen müssen meistens innerhalb
von 14 Tagen nach Entlassung aus einem Krankenhaus eingeleitet wer-
den.
Die medizinische Rehabilitation kann stationär, ambulant, teilstationär
oder mobil erfolgen. Eine stationäre Rehabilitation findet statt, wenn
der/die Patient/in zeitlich ununterbrochen – mindestens aber einen Tag
und eine Nacht – in der Rehabilitationseinrichtung untergebracht ist. Bei
der ambulanten Rehabilitation geht der/die Patient/in hingegen nur zu
den Therapiezeiten in eine meist wohnortnahe Einrichtung und kann
z. B. neben der Behandlung weiterhin eine berufliche Tätigkeit ausüben.
Eine Mischung aus stationärer und ambulanter Rehabilitation ist die teil-
stationäre Rehabilitation. Sie ähnelt vom Umfang her der stationären
Rehabilitation, jedoch wird der Rehabilitierende nicht in der Rehabilitati-
onseinrichtung untergebracht. Die mobile Rehabilitation findet häufig im
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 15
gewohnten Wohnumfeld der Rehabilitanden statt. Voraussetzungen für
eine mobile Rehabilitation sind z. B. dass Seh- oder Hörfunktionen oder
mentale Funktionen (z. B. bei Demenz) beim Rehabilitanden einge-
schränkt sind. Angebote für mobile Rehabilitation stehen in Deutschland
noch nicht flächendeckend zur Verfügung.
Zahlreiche soziale und medizinische Untersuchungen belegen die
Wirksamkeit und positive Effekte der medizinischen Rehabilitation (Ba-
ckes/Lenk/Schian 2010; Deutsche Rentenversicherung Bund 2018;
Friedrich-Ebert-Stiftung 2015; SVR Gesundheit 2014, S. 303–310). Die
Bewertung von Effekten in den Studien basiert größtenteils auf der sub-
jektiven Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes und der ei-
genen Leistungsfähigkeit. Neben den positiven Ergebnissen für die Be-
troffenen sind im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang volkswirt-
schaftliche Effekte von Rehabilitation messbar. Die bekannteste Studie
zur Messung volkswirtschaftliche Effekte von Rehabilitationsleistungen
wurde von der Prognos AG durchgeführt (Steiner et al. 2009). Anhand
von verschiedenen makroökonomischen Modellen wird in der Studie
aufgezeigt, dass im Jahr 2005 ein Verhältnis von eins zu fünf zwischen
Mitteleinsatz und volkswirtschaftlichen Nettoeffekt in den fünf bedeu-
tendsten Indikationsbereichen von Rehabilitation der Deutschen Ren-
tenversicherung (DRV) bestand. Das heißt, jeder in die medizinische
Rehabilitation investierte Euro hat demnach einen fünffachen positiven
gesamtwirtschaftlichen Nutzen.
Im Rahmen einer Szenarienbildung zeigen die Autoren zudem, dass
dieses Verhältnis zugunsten der volkswirtschaftlichen Nettoeffekte in
Zukunft weiter steigen wird. Die positiven volkswirtschaftlichen Effekte
ergeben sich vor allem aus der beruflichen Reintegration des Rehabili-
tanden und einer Verringerung von Krankheitstagen, Zusatzeinnahmen
der Rentenversicherung durch aktive Beitragszahler/innen, Vermeidung
von Zahlung von Erwerbsminderungsrenten, dem zusätzlich erwirtschaf-
teten Bruttoeinkommen sowie entsprechende Steuerzahlungen. Auch
andere Studien zu verschiedenen Teilbereichen der Rehabilitation bele-
gen die positiven volkswirtschaftlichen Effekte (Borges und Zimolong
2010; Bundesverband Geriatrie e. V. 2010; Rische 2006). Etwa 85 Pro-
zent aller Rehabilitanden im erwerbsfähigen Alter verbleiben wenigstens
in den ersten zwei Jahren nach einer Rehabilitation im Erwerbsleben
(Deutsche Rentenversicherung Bund 2014a).
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 16
1.2 Die Trägerlandschaft in der Rehabilitationsbranche und ihre gesetzlichen Grundlagen
Im Bereich der medizinischen Rehabilitation gibt es in Deutschland ein
ausdifferenziertes System von Rehabilitationsträgern und Zuständigkei-
ten. Die Ausgestaltung der Rehabilitation und die Struktur des Marktes
sind in hohem Maße von Entscheidungen des Gesetzgebers abhängig.
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Leistungen zur medizi-
nischen Rehabilitation sind in verschiedenen Büchern des Sozialgesetz-
buches (fortan SGB) aufgeführt. Die Sozialgesetzbücher beinhalten die
Anforderungen an die Ausgabenträger und Einrichtungen von Rehabili-
tation sowie Ansprüche von Patienten/innen. Als Kernstück der gesetzli-
chen Regelungen zur medizinischen Rehabilitation wird im Allgemeinen
das Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe) begriffen, da es
Zielsetzung der Rehabilitation, Qualitätsstandard und Mitspracherechte
der Rehabilitanden verankert (Augurzky/Reichert/Scheuer 2011, S. 27).
SGB V und SGB VI enthalten Regelungen für die größten Ausgabenträ-
ger der Rehabilitation. Darüber hinaus gibt es noch einzelne Paragrafen
in weiteren Büchern des SGB, die sich mit bestimmten Aspekten der
Rehabilitation auseinandersetzen (I, VII, VIII, XI und XII).
Die Ausgabenträger unterscheiden sich auf Grundlage ihres gesetz-
lich vorgegebenen Rehabilitationsziels und den Leistungsvoraussetzun-
gen (§ 14 SGB IX). Sie setzen sich zusammen aus:
Deutsche Rentenversicherung (fortan DRV)1,
Gesetzliche Krankenversicherungen (fortan GKV),
Gesetzliche Unfallversicherung (fortan GUV) und
Versorgungsverwaltung, Amt für Personalmanagement der Bundes-
wehr bzw. Kriegsopfervorsorge und -fürsorge, Jugendhilfe- und Sozi-
alhilfeträger.
Nach dem Prinzip der Risikozuordnung hat der Gesetzgeber die Ausga-
ben für medizinische Rehabilitation demjenigen Ausgabenträger zuge-
ordnet, der das finanzielle Risiko ihres Scheiterns trägt. Nach dem
SGB VI ist die Aufgabe der DRV die Sicherung der Arbeits- und Er-
werbsfähigkeit zu unterstützen, um eine frühzeitige Rentenzahlung zu
vermeiden. Die DRV ist demnach in der Regel zuständig, wenn es um
1 Eigentlich Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) mit dem Bestandteil
Landwirtschaftliche Alterskassen und Knappschaft-Bahn-See neben der DRV.
Allerdings ist die DRV mit Abstand der größte Träger, so dass im Rahmen der Studie
die Bezeichnung DRV genutzt wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Rentenversicherunghttps://de.wikipedia.org/wiki/Krankenkasse
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 17
die Abwendung einer Erwerbsunfähigkeit geht. Es gilt dabei das Prinzip
„Reha vor Rente“.
Nach dem SGB V ist das Rehabilitationsziel der GKV dagegen die
Erhaltung der Lebensqualität, um Behinderung oder Pflegebedürftigkeit
abzuwenden, zu verzögern oder eine bereits eingetretene Behinderung
oder Pflegebedürftigkeit zu beseitigen. Die GKV ist damit häufig für Re-
habilitationsleistungen an Kindern, Jugendlichen und nicht-berufstätigen
Erwachsenen (vor allem Rentner/innen) zuständig. Es gilt das Prinzip
„Reha vor Pflege“. Die soziale Pflegeversicherung gehört nicht zu den
Trägern der Rehabilitation. Rehabilitationsleistungen, deren Erfolge vor
allem der Pflegeversicherung zugutekommen, müssen von den GKV ge-
tragen werden.
Die vorliegende Untersuchung stützt sich hauptsächlich auf die Ana-
lyse der größten Ausgabenträger DRV und GKV. Neben der DRV und
den GKV erbringen auch die GUV und verschiedene Einheiten des öf-
fentlichen Haushaltes Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Ihr
Anteil am Leistungsgeschehen ist allerdings weitaus kleiner als der der
DRV oder der GKV. Die GUV ist nach SGB VII zuständig, wenn ge-
sundheitliche und funktionelle Einschränkungen infolge von Berufs-
krankheiten oder eines Arbeits- oder Wegeunfalls auftreten. Die Zustän-
digkeit der verschiedenen Einheiten des öffentlichen Haushalts ergeben
sich größtenteils ebenfalls aus Bestimmungen des SGB. Die Zuständig-
keiten der Träger der Jugendhilfe sind z. B. in SGB VIII und die der So-
zialhilfe in SGB XII geregelt. Die Aufgaben der Versorgungsverwaltung
ergeben sich auf Basis des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und ei-
ner Reihe weiterer Gesetze, wie das Infektionsschutzgesetz (IfSG), Sol-
datenversorgungsgesetz (SVG), Opferentschädigungsgesetz (OEG), Zi-
vildienstgesetz (ZDG) und das Häftlingshilfegesetz (HHG).
Die Privaten Krankenversicherungen (PKV) und die Beihilfe (bei Be-
amten) zählen nicht zu den gesetzlichen Ausgabenträgern. Sie finanzie-
ren Rehabilitation auf freiwilliger Vertragsbasis, solange kein gesetzli-
cher Träger leistungspflichtig ist.
Die sich überschneidenden Aufgaben und Zuständigkeiten bei den
Ausgabenträgern haben in der Vergangenheit in Einzelfällen immer wie-
der zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Trägern geführt (Friedrich-
Ebert-Stiftung 2015). Nach SGB IX werden die Ausgabenträger deshalb
zu einer verstärkten Zusammenarbeit verpflichtet. Sie sind gesetzlich
aufgefordert, ihre Leistungen zu koordinieren und diese vollständig, um-
fassend und in gleicher Qualität zu erbringen, damit Leistungen eines
anderen Trägers möglichst nicht notwendig werden. Außerdem sollen
die Ausgabenträger zur besseren Zusammenarbeit gemeinsame Emp-
fehlungen vereinbaren (vgl. § 26 SGB IX). Gemeinsame Empfehlungen
https://de.wikipedia.org/wiki/Achtes_Buch_Sozialgesetzbuchhttps://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lftes_Buch_Sozialgesetzbuch
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 18
sind z. B. zu folgenden Themen entwickelt worden: „Verbesserung der
gegenseitigen Information und Kooperation (VIK)“, „Qualitätssicherung“,
„Teilhabeplan“ und „frühzeitige Bedarfserkennung“ (BAR 2010; vgl. auch
Köpke/Richter/Welti 2018, S. 31).
Die DRV, die GKV, aber auch die GUV und das Müttergenesungs-
werk unterhalten eigene Rehabilitationseinrichtungen. Die Rehabilitati-
onseinrichtungen lassen sich nach der Trägerstruktur unterscheiden in:
öffentliche Rehabilitationseinrichtungen, die von den Sozialversiche-
rungsträgern, vor allem der DRV, aber vereinzelt auch den GKV, un-
terhalten werden,
freigemeinnützige Rehabilitationseinrichtungen, die von der kirchli-
chen und freien Wohlfahrtspflege, von Stiftungen oder Vereinen ge-
tragen werden, und
private Rehabilitationseinrichtungen, die als gewerbliche Unterneh-
men tätig sind.
1.3 Politische Rahmensetzungen und entscheidende Gesetzgebungen
Die Rehabilitationsbranche ist im großen Maße von politischen Vorga-
ben geprägt, die sich in gesetzlichen Vorgaben zu Rehabilitationsleis-
tungen, Rehabilitationseinrichtungen und Trägern widerspiegeln. Dies
trifft insbesondere auch auf den Bereich der Finanzierung und entspre-
chende Auflagen an die Träger zu.
Für die Rehabilitationsbranche besonders entscheidende Gesetze
waren das im Jahr 1996 verabschiedete und seit 1997 in Kraft getretene
Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) und das Ge-
setz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversiche-
rung (Beitragsentlastungsgesetz – BeitrEntlG). Während sich das
Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) an den Aus-
gabenträger DRV richtet, adressiert das Beitragsentlastungsgesetz die
GKV. Die Gesetze verfolgten das Ziel, die Zunahme der Ausgaben für
Rehabilitation einzuschränken. Das bedeutet, sie sahen die Einschrän-
kung der finanziellen Mittel und des Kreises der Leistungsberechtigten
vor, die Verlängerung der Dauer des zeitlichen Abstandes zwischen
zwei Rehabilitationsmaßnahmen (von damals drei auf nun vier Jahren),
die generelle Verkürzung der Dauer von Rehabilitationsmaßnahmen in
vielen Indikationen und eine Erhöhung der Zuzahlung der Patien-
ten/innen. Der nach Verabschiedung des Gesetzes eintretende Einbruch
bei den Fallzahlen und der Bettenauslastung hatte dementsprechend
starke Folgen für den Rehabilitationsmarkt.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 19
Seit Inkrafttreten des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsge-
setzes stellt das Rehabilitationsbudget (sog. Reha-Deckel) die Ober-
grenze für die zulässigen jährlichen Ausgaben der DRV dar. Danach
bemessen sich die Steigerungsraten dieses Budgets nach der voraus-
sichtlichen Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je durchschnittlich
Beschäftigter/n in Deutschland. Eine Überschreitung des Budgets in ei-
nem Kalenderjahr führt automatisch zu entsprechenden Kürzungen im
übernächsten Jahr (§ 220 SGB VI). Nach dem Beitragsentlastungsge-
setz orientiert sich die Vergütung für Leistungen der Rehabilitation durch
die GKV am Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V). Der
Grundsatz der Beitragssatzstabilität sieht vor, dass Veränderungen der
jeweiligen Vergütung nicht höher ausfallen dürfen, als die sog. Grund-
lohnrate. Die Grundlohnrate entspricht, der auf der Grundlage der mo-
natlichen Erhebungen der Krankenkassen und der vierteljährlichen
Rechnungsergebnisse des Gesundheitsfonds berechneten, durch-
schnittlichen Veränderungsraten der beitragspflichtigen Einnahmen aller
Krankenkassen je Mitglied. So wird bei den GKV also ähnlich wie bei der
DRV die Finanzierung von Rehabilitationsleistungen an die Entwicklung
der Einnahmen geknüpft.
Mit dem seit dem 1. Juli 2014 gültigen Gesetz über Leistungsverbes-
serungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbes-
serungsgesetz) wurde der jährlichen Anpassung an die Lohnentwicklung
der DRV eine Demografiekomponente hinzugefügt, die die Bevölke-
rungsentwicklung berücksichtigt. Für den Zeitraum 2014 bis 2017 wurde
eine schrittweise Steigerung des Budgets festgesetzt (2014: 100 Mil-
lionen Euro, 2015 und 2016: 200 Millionen Euro und 2017: 250 Millionen
Euro), die von 2018 bis 2040 wieder schrittweise zurückgefahren wer-
den wird. Mit der Demografiekomponente sollten die zusätzlichen finan-
ziellen Belastungen aufgefangen werden, die mit der Alterung der sog.
Babyboomer-Generation antizipiert worden sind. Es wurde errechnet,
dass die Babyboomer in dem entsprechenden Zeitraum in ein Alter ge-
kommen sind, in dem Rehabilitationsleistungen häufiger notwendig wer-
den (Robert-Koch-Institut 2015, S. 320).
Im Unterschied zu anderen Bereichen des Gesundheitswesens gibt
es dagegen in der medizinischen Rehabilitation nur wenige zusätzliche
Maßnahmen zur Strukturförderung. In den letzten zehn Jahren fallen
neben dem „Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen
Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)“ hierunter
(Borges/Zimolong 2016, S. 21):
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken-
versicherung (GKV-WSG). Durch das Gesetz vom 1. April 2007 wur-
de die medizinische Rehabilitation in den Katalog der Pflichtleistun-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 20
gen der GKV aufgenommen sowie Landesschiedsstellen bei Nicht-
einigung in Vergütungsfragen zwischen Träger und Rehabilitations-
einrichtung eingeführt (vgl. Kapitel 2.3).
GKV-Versorgungsstärkungsgesetz. Durch das Gesetz vom 16. Juli
2015 wurde das Wunsch- und Wahlrecht von Rehabilitanden in Hin-
blick auf die Auswahl der Rehabilitationseinrichtungen (§ 9 SGB IX)
auch für die GKV durchgesetzt. Außerdem wurde die Möglichkeit von
mobilen Rehabilitationsleistungen durch wohnortnahe Einrichtungen
nun im Gesetzeswortlaut explizit genannt.
Pflegereform II. Die Reform soll seit 2016 den Grundsatz „Reha vor
Pflege“ besser umsetzen (z. B. durch ein optimiertes Pflege-Begut-
achtungsverfahren des medizinischen Dienstes der Krankenversiche-
rung (MDK), Abschaffung von bestimmten Qualifikationserfordernis-
sen durch den/die verordnende/n Ärzt/in, Abschaffung des zweistufi-
gen Verordnungsverfahrens).
Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den
Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im
Erwerbsleben (sog. Flexirentengesetz). Das Gesetz vom 14. Dezem-
ber 2016 schreibt alle Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in-
klusive der Kinderrehabilitation als Pflichtleistungen der DRV fest.
Darüber hinaus wurde die Beschränkung des Budgets für Präven-
tions-, Nachsorge- und Kinderrehabilitationsleistungen innerhalb des
Rehabilitationsbudgets abgeschafft. Außerdem wurde eine nahtlose
Verlegung vom qualifizierten Entzug (suchtpsychiatrische bzw. sucht-
medizinische Akutbehandlung) in die Rehabilitation vereinbart.
Zusätzlich wirken eine Reihe weiterer Gesetze auf die Rehabilitations-
branche ein, die ursprünglich nicht direkt an sie adressiert waren. Hierzu
gehören Gesetze, die den Kreis der Anspruchsberechtigten betreffen
(wie z. B. die Erhöhung des Rentenalters) oder Gesetze, die durch die
Neuregelung anderer Organisationen im Gesundheitswesen Auswirkun-
gen auf die Rehabilitationsbranche haben (z. B. Einführung des DRG-
Systems bei Krankenhäusern, Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)).
Es gibt eine große Anzahl an Institutionen und Verbände im Bereich
Rehabilitation, die versuchen auf die Politik und Gesetzgebung einzu-
wirken. Im sozialen Dialog engagieren sich ver.di auf Seiten der gewerk-
schaftlichen Arbeitnehmervertretung und die DEGEMED (Deutsche Ge-
sellschaft für medizinische Rehabilitation e. V.) für alle Rehabilitations-
einrichtungen sowie der BDPK (Bundesverband deutscher Privatkliniken
e. V.) speziell für private Rehabilitationseinrichtungen auf Arbeitgeber-
seite.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 21
Im Rahmen der Selbstverwaltung ist die paritätisch besetzte BAR
(Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation) tätig, die sich darüber
hinaus aus allen Trägern der medizinischen Rehabilitation zusammen-
setzt. Zu den Aufgaben der BAR gehören die Beobachtung der Zusam-
menarbeit der Ausgabenträger und die regelmäßige Auswertung und
Bewertung dieser Zusammenarbeit (§ 39 SGB IX). Konkret fallen hierun-
ter u. a. die Erhebung von Daten und die Auswertung des Rehabilitati-
onsgeschehens in der medizinischen Rehabilitation, trägerübergreifende
Fort- und Weiterbildungen, Erarbeitung von Qualitätskriterien und die
Unterstützung zur (verstärkten) Einbindung von Selbsthilfe- und Selbst-
vertretungsorganisationen (Köpke/Richter/Welti 2018, S. 13–14).
Von politischer Bedeutung sind auch der Sachverständigenrat zur
Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, die AG MedReha,
der Deutsche Reha-Tag und verschiedene andere Verbände und Orga-
nisationen der Rehabilitationsbranche.
1.4 Methodik der Untersuchung
Die vorliegende Untersuchung nutzt verschiedene empirische Untersu-
chungsmethoden und basiert neben einer Literaturanalyse auf Experten-
interviews und einer breit angelegten Befragung von Arbeitnehmerver-
tretungen in Rehabilitationseinrichtungen. Die qualitativen, semi-struk-
turierten Experteninterviews wurden mit gewerkschaftlichen Vertretern/
innen von ver.di und dem DGB, sieben Arbeitnehmervertretern/innen
aus Rehabilitationseinrichtungen, einem Mitglied der Geschäftsführung
einer Rehabilitationseinrichtung sowie Vertretern/innen der Arbeitgeber-
verbände DEGEMED und BDPK zwischen Herbst 2018 und Frühjahr
2019 geführt. Zusätzlich wurden zwei Branchenseminare von ver.di als
Diskussionsforen genutzt. Die Expertengespräche dienten dazu, neben
allgemeinen Erkenntnissen zur Branchenentwicklung, Einschätzungen
über die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen und die zentralen
Problemlagen der Beschäftigten zu gewinnen.
Von Januar bis Mitte Februar 2019 wurde eine Umfrage unter Arbeit-
nehmervertretungen in Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt, die
mit 236 Teilnehmern/innen eine sehr gute Resonanz hatte. Die Schwer-
punkte der Befragung lagen bei Struktur und wirtschaftlichen Entwick-
lung der Branche, Beschäftigung und Ausgestaltung der Arbeitsbedin-
gungen in verschiedenen Berufsgruppen (Ärzte/innen, Beschäftigte im
Pflegedienst, Therapeut/innen und Beschäftigte im Servicebereich), An-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 22
wendung von Tarifverträgen, Umsetzung und Auswirkung von Digitali-
sierung sowie Zukunft der Rehabilitation.2
Die Verteilung der Antwortenden nach der Trägerschaft ihrer Rehabi-
litationseinrichtung ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Teilnehmer/innen
der Befragung kommen überwiegend aus privaten Rehabilitationsein-
richtungen (n=158), gefolgt von öffentlichen Rehabilitationseinrichtungen
(n=52) und freigemeinnützigen Rehabilitationseinrichtung (n=20).
Abbildung 1: Verteilung der befragten Rehabilitationseinrichtungen nach
Trägerschaft (n=230)
Quelle: eigene Befragung unter Arbeitnehmervertretungen in Rehabilita-
tionseinrichtungen
Damit ergibt sich im Vergleich zu den Angaben des Statistischen Bun-
desamtes für die Rehabilitationsbranche in Deutschland eine Verschie-
bung zugunsten privater und zuungunsten freigemeinnütziger Rehabili-
tationseinrichtungen in der Umfrage. Während in der Umfrage 69 Pro-
zent der Antwortenden aus privaten Rehabilitationseinrichtungen stam-
men, macht ihr Anteil an allen Einrichtungen in der Branche nur
53 Prozent aus. Gleichzeitig beträgt der Anteil von freigemeinnützigen
Rehabilitationseinrichtungen in der Umfrage nur neun Prozent, während
er in der Branche insgesamt bei 27 Prozent liegt. Die öffentlichen Reha-
2 Die Antworten der Umfrage unter Arbeitnehmervertretern/innen wurden mit Hilfe der
Statistiksoftware SPSS und mit MS-Excel ausgewertet. Bei der Datenanalyse wurde
zum weiteren Erkenntnisgewinn ein Filter für die Variable „Trägerschaft“ in ihren
Ausprägungen private Rehabilitationseinrichtungen, freigemeinnützige
Rehabilitationseinrichtungen und öffentliche Rehabilitationseinrichtungen eingesetzt.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 23
bilitationseinrichtungen machen in der Umfrage einen Anteil von knapp
23 Prozent aus, während ihr Anteil nach Angaben des Statistischen
Bundesamtes bei 20 Prozent liegt.
In Hinblick auf die Angebotsform der Rehabilitationsleistungen geben
28 Prozent der Antwortenden an, dass ihre Einrichtung ausschließlich
stationäre Rehabilitationsmaßnahmen anbietet (vergleiche Abbildung 2).
Drei Prozent der Antwortenden stammen aus ambulanten Rehabilitati-
onseinrichtungen. 69 Prozent der befragten Arbeitnehmervertretungen
geben an, dass ihre Einrichtung sowohl ambulant auch als stationär tätig
ist. Davon konkretisierten jedoch 93 Prozent, dass es sich dabei vor-
nehmlich um stationäre Angebote handelt, während drei Prozent vor-
nehmlich ambulante Rehabilitation anbieten.
Abbildung 2: Angebotsform der Rehabilitationsleistungen der befragten
Rehabilitationseinrichtungen (in %)
bei „Beides“ jedoch vornehmlich:
Quelle: eigene Befragung unter Arbeitnehmervertretungen in Rehabilita-
tionseinrichtungen
In Hinblick auf die drei größten Fachabteilungen der befragten Rehabili-
tationseinrichtungen dominieren Orthopädie (n=138), Neurologie
(n=105) und psychotherapeutischen Medizin/Psychosomatik (n=79), ge-
folgt von Innere Medizin (n=54) und Geriatrie (n=37) (vergleiche Abbil-
dung 3). Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinderheilkunde sowie
Haut- und Geschlechtskrankheiten sind selten Fachabteilungen in Re-
habilitationseinrichtungen der Befragten.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 24
Abbildung 3: Die drei größten Fachabteilungen der befragten
Rehabilitationseinrichtungen (nach Anzahl der Betten)
Quelle: eigene Befragung unter Arbeitnehmervertretungen in Rehabilita-
tionseinrichtungen
Abbildung 4 zeigt die Beschäftigtenzahl in den befragten Rehabi-
litationseinrichtungen auf. Die Beschäftigtengrößenklassen sind hetero-
gen besetzt. Jedoch dominieren kleinere Einrichtungen. So ergibt sich
aus der Befragung der Arbeitnehmervertretungen, dass 84 Prozent der
Einrichtungen unter 500 Beschäftigte haben. Nur drei Prozent der Ein-
richtungen verfügen über 1.000 und mehr Beschäftigte.
Abbildung 4: Beschäftigte in den befragten Rehabilitationseinrichtungen
(Angabe in Köpfen, inklusive Auszubildende und Befristete, ohne
geringfügig Beschäftigte, in %, n=236)
Quelle: eigene Befragung unter Arbeitnehmervertretungen in Rehabilita-
tionseinrichtungen
Die Ergebnisse unserer Befragung werden in den folgenden Kapiteln an
den entsprechenden Stellen vorgestellt.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 25
2. Der Rehabilitationsmarkt in Deutschland
Der Rehabilitationsmarkt in Deutschland wird von einer Reihe verschie-
dener Faktoren beeinflusst. Veränderungen in der Nachfrage nach Re-
habilitation, zunehmende Gewinnorientierung, Kostenentwicklungen so-
wie Anforderungen aus Qualitäts- und Strukturvorgaben wirken auf die
Rehabilitationseinrichtungen ein und bestimmen Geschäftsstrategien
und unternehmerische Entscheidungen. Anders als in vielen anderen
Branchen ist Wettbewerb und Wandel außerdem von gesetzlichen Ein-
flussfaktoren geprägt. Dieses Kapitel erläutert die Struktur und wirt-
schaftliche Entwicklung von Rehabilitationseinrichtungen, die Anforde-
rung, die sich aus der Gruppe der Rehabilitanden und der Nachfrage
nach medizinischer Rehabilitation ergeben, sowie Herausforderung aus
der Finanzierung der Rehabilitation und den Vorgaben der Ausgaben-
träger. Außerdem werden die Geschäftsstrategien von Rehabilitations-
einrichtungen untersucht.
2.1. Struktur und Entwicklung der Rehabilitationseinrichtungen
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es am Stichtag
31.12.2017 in Deutschland insgesamt 1.142 stationäre Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtung mit einer Kapazität von 164.266 Betten (Sta-
tistisches Bundesamt 2018).3 Die Verteilung der Einrichtungen und Bet-
ten nach Trägerschaft (vergleiche Abbildung 5) belegt, wie stark frag-
mentiert der Rehabilitationsmarkt in Deutschland ist: Mehr als die Hälfte
(53 Prozent) aller Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen befinden
sich in privater Trägerschaft. 27 Prozent des Bestandes entfallen auf
Einrichtungen in freigemeinnütziger Trägerschaft und 20 Prozent der
Einrichtungen sind in öffentlicher Trägerschaft.
3 Das Statistische Bundesamt gibt im Rahmen der „Fachserie 12 Gesundheit“ drei
Reihen heraus, die Daten zur Rehabilitation veröffentlichen. Dabei erhebt das
Statistische Bundesamt die Daten für die Unterklasse 86.10.3 (WZ 2008), die
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zusammenfasst. Eine gesonderte
statistische Analyse von Rehabilitationseinrichtungen ist nicht möglich. Augurzky et
al. (2009) konnte in einer Untersuchung auf Basis von Daten aus 2006 jedoch
feststellen, dass der Anteil an Vorsorgeeinrichtungen in der Unterklasse rund zehn
Prozent beträgt. Vorsorgeeinrichtungen haben das Ziel, eine Schwächung der
Gesundheit zu beseitigen, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit
führen würde, oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes
entgegenwirkt.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 26
Abbildung 5: Verteilung der Einrichtungen und Betten nach Trägerschaft
(in %), 2017
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018c)
In Hinblick auf die Verteilung der Betten verfügen private Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen über 65 Prozent, freigemeinnützige über
16 Prozent und öffentlich-rechtliche über 19 Prozent des gesamten Bet-
tenbestandes.
Über die Hälfte der Rehabilitationseinrichtung (53 Prozent) haben 200
Betten und mehr und 21 Prozent haben zwischen 150 bis 200 Betten.
Nur fünf Prozent der Einrichtungen haben weniger als 50 Betten.
Private Einrichtungen sind dabei häufig am größten: Durchschnittlich
verfügten zum Stichtag 30.12.2017 private Einrichtungen über 177, öf-
fentliche über 136 und freigemeinnützige über 84 Betten.
Seit der Einführung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-
gesetzes (WFG) und des Beitragsentlastungsgesetzes im Jahr 1996
entwickelt sich die absolute Anzahl der Vorsorge- oder Rehabilitations-
einrichtungen insgesamt rückläufig. Zwischen 1996 (1.404) und 2017 ist
die Anzahl der Einrichtungen um 23 Prozent zurückgegangen. Allerdings
ist im Zeitverlauf kein kontinuierlicher Rückgang zu beobachten; nach
einer starken Abnahme der Einrichtungszahlen bis zum Jahr 2007 sind
in den folgenden Jahren bis 2011 keine signifikanten Änderungen fest-
zustellen (vgl. Abbildung 6). Dies ist vor allem in dem 2007 verabschie-
deten Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung begründet, das die medizinische Rehabilitation als eine
Pflichtleistung der GKV definiert hat. In den letzten Jahren ist jedoch
wieder ein Rückgang der Anzahl der Einrichtungen zu verzeichnen. Die
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 27
Anzahl ist zwischen 2007 und 2017 um insgesamt acht Prozent zurück-
gegangen.
Abbildung 6: Anzahl der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
nach Trägerschaft, Entwicklung 2007–2017
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018c)
Die Auswertung getrennt nach Trägergruppen zeigt auf, dass insbeson-
dere die privaten Einrichtungen von dem Rückgang betroffen sind. Ihre
Anzahl ist zwischen 2007 und 2017 um 14 Prozent zurückgegangen. Die
Anzahl der Rehabilitationseinrichtungen in gemeinnütziger Trägerschaft
ist dagegen nur um zwei Prozent gesunken. Die Anzahl der öffentlichen
Rehabilitationseinrichtungen ist – auch wenn sie in den letzten Jahren
rückläufig ist – im Jahr 2017 im Vergleich zum Jahr 2007 angestiegen.
In Hinblick auf die Anzahl der aufgestellten Betten ist ebenfalls ein
Rückgang zu verzeichnen. Der Rückgang betrug seit 1996 16 Prozent.
Zwischen 2007 und 2017 hat sich die Anzahl der Betten um vier Prozent
verringert. Private Rehabilitationseinrichtungen sind vom Rückgang der
Betten besonders betroffen.
Die Auswertung der Entwicklung der Bettenzahl nach Einrichtungs-
größe belegt, dass der Rückgang bei den Einrichtungen vor allem klei-
nere Einrichtungen betrifft. Insbesondere die Anzahl von Häusern mit 50
bis unter 100 Betten ist stark zurückgegangen (–20 Prozent), während
die Anzahl von Häusern mit 200 Betten und mehr leicht angestiegen ist
(+8 Prozent).
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 28
Zusammenfassend wird die These bestätigt, dass kleine private Re-
habilitationseinrichtungen von den Konzentrationsprozessen auf dem
Rehabilitationsmarkt besonders betroffen sind. Kleineren Häusern fehlt
häufig die wirtschaftliche Tragfähigkeit, so dass z. B. notwendige Investi-
tionen nicht getätigt werden, Kosten nicht refinanziert und anspruchsvol-
lere medizinische Konzepte nicht umgesetzt werden können (Zimolong
2018).
Der Rückgang der Anzahl von Einrichtungen ist aber nicht nur auf
Schließungen, sondern auch auf Zu- oder Verkäufe zurückzuführen.
Größere Anbieter wollen durch Fusionen Synergie-Effekte erzeugen und
ihre Wettbewerbssituation verbessern. So ist auch zu erklären, dass der
prozentuale Anteil an der Bettenverteilung von Einrichtungen in privater
Trägerschaft gegenüber den Anteilen von öffentlich-rechtlichen Einrich-
tungen oder freigemeinnützigen Einrichtungen nicht zurückgeht.
Ein wesentlicher Faktor für die Wirtschaftlichkeit und den Gewinn ei-
ner Einrichtung ist die Auslastung der Betten (Hayer/Karapolat 2016,
S. 55). Die Bettenauslastung ist seit dem Jahr 1996 von 62 Prozent rela-
tiv kontinuierlich auf 84 Prozent im Jahr 2017 anstiegen. Die Bettenaus-
lastung (auch: Nutzungsgrad der Betten) gibt die durchschnittliche Aus-
lastung der Betten in Prozent an. Hierzu wird die tatsächliche Bettenbe-
legung mit der maximalen Bettenkapazität in Relation gesetzt. In den
letzten zehn Jahren ist ein Anstieg um fünf Prozent zu verzeichnen.
Die Verbesserungen in der Bettenauslastung der Vorsorge- und Re-
habilitationseinrichtungen ist vor allen auf eine Verringerung der Kapazi-
täten an aufgestellten Betten zurückzuführen. Ein Vergleich der Auslas-
tung nach Trägerschaft zeigt, dass die öffentlich-rechtlichen Einrichtun-
gen mit 91 Prozent die höchste Auslastungsquote im Jahr 2017 ver-
zeichnet haben. Die freigemeinnützigen Rehabilitationseinrichtungen
hatten eine Auslastung von 86 Prozent. Private Rehabilitationseinrich-
tungen verzeichneten eine Auslastungsquote von 81 Prozent. Ein Zeit-
vergleich zeigt, dass insbesondere die freigemeinnützigen sowie die pri-
vaten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen ihre Bettenauslastung
in den letzten Jahren steigern konnte. Die Auslastungsquote der öffentli-
chen Rehabilitationseinrichtungen war dagegen schon immer recht
hoch.
In Hinblick auf die regionale Verteilung der Rehabilitationseinrichtun-
gen existieren große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Die
meisten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen gibt es in Bayern
(n=260), Baden-Württemberg (n=193) und Nordrhein-Westfalen (n=138).
Allerdings verzeichnen Bayern und Baden-Württemberg auch den größ-
ten Einrichtungsrückgang. Große Einrichtungen, mit einer hohen durch-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 29
schnittlichen Bettenanzahl, befinden sich häufig in den neuen Bundes-
ländern.
Über 75 Prozent der Einrichtungen konzentrieren sich auf ländliche
Gebiete und sind hier ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und ein wichti-
ger Arbeitgeber (Augurzky/Reichert/Scheuer 2011; SVR Gesundheit
2014). Die größte Bettendichten gemessen an den Einwohnerzahlen
verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern (646,8 je 10.000 Einwohner) ge-
folgt von Schleswig-Holstein (351,8 je 10.000 Einwohnern). In Mecklen-
burg-Vorpommern ist die Bettenanzahl außerdem in den letzten Jahren
am stärksten angestiegen.
2.2 Rehabilitanden und die Nachfrage nach medizinischer Rehabilitation
1.974.284 Rehabilitanden wurden im Jahr 2017 in Vorsorge- oder Re-
habilitationseinrichtungen in Deutschland behandelt. Der Frauenanteil
unter den Rehabilitanden beträgt 54 Prozent. Wie in Abbildung 7 darge-
stellt, lässt sich im Zeitverlauf kein einheitlicher Trend bei der Entwick-
lung der Fallzahlen ausmachen. Zunächst ist ein deutlicher Einbruch als
Folgewirkungen der Umsetzung des Wachstums- und Beschäftigungs-
förderungsgesetzes (WFG) und des Beitragsentlastungsgesetzes nach
dem Jahr 1996 zu erkennen. Danach setzte nach historischen Spitzen-
werten zu Anfang der 2000er Jahre wieder ein vorläufiger Rückgang ein,
der im Jahr 2006 mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) endete. In den letzten
Jahren pendelten sich die Fallzahlen bei rund 1,97 Millionen ein.
Abbildung 7: Entwicklung der Fallzahlen 2016–2017
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018c)
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 30
Parallel zu den Fallzahlen entwickelten sich die Belegungstage. Die Be-
legungstage, auch Pflegetage genannt, lagen 2017 bei 50 Millionen. Ihr
Wert betrug im Spitzenjahr 2001 53 Millionen.
Der Aufenthalt in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung
(Verweildauer) betrug im Jahr 2017 durchschnittlich 25,4 Tage. Die
Verweildauer gibt die Zahl der Tage an, die ein Rehabilitand durch-
schnittlich in vollstationärer Behandlung verbracht hat. Sie ergibt sich
aus den Berechnungs- und Belegungstagen und der Fallzahl der jeweili-
gen Einrichtung. Zu Beginn der 1990er Jahre lag die durchschnittliche
Verweildauer noch bei rund 31 Tagen. In den letzten zehn Jahren liegt
die Verweildauer relativ konstant bei 25,5 Tagen (2007: 25,5 Tage).
Die Dauer einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme wird von
den Ausgabenträgern vorgegeben und ist abhängig von den Indikatoren.
Bei psychischen Erkrankungen ist die Verweildauer am längsten. Sie be-
trägt in den Fachbereichen Psychiatrie und Psychotherapie durchschnitt-
lich 73,3 Tage, gefolgt von psychotherapeutischer Medizin/Psycho-
somatik mit 34,9 Tagen und Neurologie mit 30,3 Tagen. Dagegen be-
trägt die durchschnittliche Verweildauer im Bereich Geriatrie z. B. nur 21
Tage.
Abbildung 8 zeigt die Entwicklung der Fallzahlen in verschiedenen
Fachbereichen in einem Jahresvergleich zwischen 2007 und 2017 auf.
Wie in Abbildung 8 dargestellt, verbucht die Orthopädie die höchsten
Fallzahlen im Jahr 2017 (646.048). 33 Prozent aller Rehabilitanden ent-
fallen auf orthopädische Fachabteilungen. Danach folgen die Innere
Medizin (446.801, 23 Prozent) und mit großem Abstand die sonstigen
Fachbereiche (239.830, 12 Prozent) und die Neurologie (193.300, Zehn
Prozent).
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 31
Abbildung 8: Entwicklung der Fallzahlen in verschiedenen
Fachbereichen, 2007 und 2017
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018c)
Die kleinsten Fachbereiche existieren für physikalische und rehabilitative
Medizin (14.957), Haut- und Geschlechtskrankheiten (8.808) sowie
Frauenheilkunde und Geburtshilfe (12.505). Sie stellen jeweils weniger
als ein Prozent der Patienten/innen. Der Jahresvergleich zwischen 2007
und 2017 zeigt, dass es in Hinblick auf die Anzahl der in den einzelnen
Fachabteilungen zu behandeln Fälle deutliche Veränderungen gegeben
hat. Am stärksten sind die Fallzahlen im Bereich Innere Medizin zurück-
gegangen (–41.410). Auch die sonstigen Fachbereiche (–11.756) sowie
die Allgemeinmedizin (–17.832) verbucht Rückgänge. Ein Anstieg der
Fallzahlen ist in dem Zeitraum dagegen in den Fachabteilungen der
Psychotherapeutischen Medizin/Psychosomatik (+58.454) festzustellen.
Ebenfalls hohe Zuwächse verbuchen die Geriatrie (+34.956) und die
Neurologie (+24.318).
Die Entwicklungen in den Fallzahlen sind zum überwiegenden Teil
Folge eines veränderten Krankheitsspektrums in der Bevölkerung. So
steigen z. B. sog. Zivilisationskrankheiten an (z. B. vor allem psychische
Erkrankungen aber auch Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes).
Gleichzeitig führen der demographische Wandel und die Alterung der
Gesellschaft zu einem Zuwachs der Fallzahlen im Bereich Geriatrie.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 32
Eine Sonderauswertung des Reha-Verzeichnisses 2016 im Rahmen
dieser Studie hat gezeigt, dass private Rehabilitationseinrichtungen
überdurchschnittlich häufig über die Fachbereiche Nephrologie, Neuro-
logie, physikalische Reha und Psychotherapie verfügen (Statistisches
Bundesamt 2017). Dagegen existieren in den privaten Einrichtungen sel-
ten die Fachbereiche Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gastroentero-
logie, Geriatrie und Kinderheilkunde.
Bis zur Mitte der 1990er Jahre wurden medizinische Rehabilitations-
maßnahmen fast ausschließlich stationär erbracht. Gesetzlich sind am-
bulante und stationäre Rehabilitationsmaßnahmen inzwischen weitge-
hend gleichgestellt: So führt § 19 SGB IX aus, dass Leistungen in ambu-
lanter Form erbracht werden können, soweit die Ziele mit vergleichbarer
Wirksamkeit erreichbar sind. In Hinblick auf die GKV räumt § 40 SGB V
sogar der ambulanten Versorgung einen Vorrang vor stationären Maß-
nahmen ein: „Nur wenn sie für die Behandlung im Einzelfall nicht Erfolg
versprechend sind, kommen […] stationäre Maßnahmen der Rehabilita-
tion in Betracht.“ Für Mutter-Vater/Kind-Maßnahmen gilt der Grundsatz
ambulant vor stationär allerdings nicht. Die DRV schließt einige Indikato-
ren von ambulanter Rehabilitation aus. So wird eine ambulante Behand-
lung z. B. bei psychosomatischen Erkrankungen oder auch Suchter-
krankungen ausgeschlossen.
Besonders häufig werden Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems
ambulant behandelt. Im Zuständigkeitsbereich des größten Ausgaben-
trägers, der DRV, wurden im Jahr 2016 14 Prozent aller medizinischen
Rehabilitationsleistungen ambulant erbracht. Die Anzahl der ambulanten
Behandlungen ist in den letzten Jahren kaum angestiegen, so wurden
im Jahr 2007 zehn Prozent der Leistungen ambulant erbracht (Deutsche
Rentenversicherung Bund 2018). Bei den GKV wurden ebenfalls
12 Prozent der Fälle im Jahr 2016 ambulant behandelt. Ihr Anteil ist seit
dem Jahr 2007 (zehn Prozent) ebenfalls kaum angestiegen.
Für die Rehabilitanden sind Vorteile der ambulanten Rehabilitation
vor allem die Nähe zum familiären Umfeld, Wohnort oder Arbeitsplatz.
Auf Seiten der Ausgabenträger spielen die verkürzte Behandlungsdauer
und der Wegfall von Unterbringungskosten eine Rolle. Die ambulante
Rehabilitation ist damit kostengünstiger als die stationäre. Häufig wird
auch die These vertreten, dass die ambulante Rehabilitation eine zu-
nehmende Konkurrenz für die stationäre Rehabilitation darstellt und ein
Trend in Richtung ambulante Rehabilitation festzustellen ist. Allerdings
müssen die Rehabilitanden ausreichend stabil sein, um ohne eine ganz-
tägige Betreuung auszukommen. Insbesondere der steigende Anteil al-
leinlebender Menschen, die sich z. B. nicht auf ein familiäres Versor-
gungsnetz stützen können, sowie die zunehmende Multimorbidität kön-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 33
nen somit für den Ausbau der ambulanten Rehabilitation ein Hemmnis
sein.
Häufig wird von Rehabilitationseinrichtungen in einer verstärkten
Kombination und Vernetzung von stationären und ambulanten Rehabili-
tationsleistungen eine Möglichkeit gesehen, die Vorteile beider Konzepte
zu nutzen (Borges/Hofmann/Zimolong 2007, S. 7–8).
Im Rahmen einer Anschlussrehabilitation (früher Anschlussheilbe-
handlung genannt) finden die Rehabilitationsmaßnahmen direkt im An-
schluss an eine akutstationäre Behandlung statt. Hiermit ist ein be-
schleunigtes Antragsverfahren verbunden, wo möglichst nahtlos – zu-
mindest aber im Zeitraum von zwei Wochen nach der Entlassung aus
dem Krankenhaus – die Rehabilitation eingeleitet wird. Der Anteil der
Anschlussrehabilitation ist bei den beiden größten Rehabilitationsträger,
der DRV und den GKV stark unterschiedlich. Bei den GKV lag der Anteil
der Anschlussrehabilitation im Jahr 2017 bei 81,5 Prozent (2012:
79,6 Prozent) und bei der DRV bei 34,2 Prozent (2012: 32,7 Prozent).
Die Bedeutung der Anschlussrehabilitation wird auf das DRG-
Fallpauschalensystem (Diagnosis Related Groups, diagnosebezogene
Fallgruppen, fortan DRG)4 in den Akutkrankenhäusern zurückgeführt,
dass Anreize zur zügigen Entlassung der Patienten/innen nach der akut-
stationären Behandlung gibt. Bei Patienten/innen, die einer Nachsorge
bedürfen, bietet sich daher für die Krankenhäuser an, diese in Rehabili-
tationseinrichtung zu verlegen. Die Ergebnisse der Interviews und der
Umfrage legen nahe, dass Akutkrankenhäuser die Patienten/innen teil-
weise sehr früh in die Rehabilitation schicken.
Auch der medizinische Fortschritt und die demografische Entwicklung
wirkt auf die medizinische Rehabilitation aus. Der medizinische Fort-
schritt ermöglicht inzwischen bei vielen ehemals lebensbedrohlichen Er-
krankungen ein Überleben der Patienten/innen. Multimorbidität, d. h. das
gleichzeitige Vorliegen mehrerer chronischer Krankheiten, ist ein wach-
sendes Phänomen. Aufgrund der Schweregrade der Erkrankungen ist
die Genesung häufig mit einem erhöhten Rehabilitationsbedarf verbun-
den (Borges/Haarländer/Zimolong 2008).
Gleichzeitig ermöglicht der medizinische Fortschritt neue Behand-
lungsmöglichkeiten und vergrößert damit den Kreis potenzieller Rehabili-
tanden. Die Empfehlung zur routinehaften Integration von Rehabi-
4 DRGs bezeichnen ein Klassifikationssystem für ein pauschaliertes Abrechnungsver-
fahren, mit dem Krankenhausfälle (Patienten/innen) anhand von medizinischen Da-
ten Fallgruppen zugeordnet werden. Die Vergütung nach DRGs geht auf das im Jahr
2003 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) zurück.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 34
litationsmaßnahmen in die Behandlungskette ist inzwischen Gegenstand
verschiedener Leitlinien (SRV Gesundheit 2014).
Angesichts des demographischen Wandels wird davon ausgegangen,
dass die Bedeutung der medizinischen Rehabilitation steigen wird, da
mit zunehmendem Alter die Rehabilitationsnotwendigkeit ansteigt. Im
Jahr 2018 stellten die 60-Jährigen und Älteren 28 Prozent der Bevölke-
rung in Deutschland. Der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe wird nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2030 auf 35 Prozent
ansteigen. Besonders stark wird sich die Gruppe der über 80-Jährigen
vergrößern. Während die Gesamtbevölkerung in den nächsten 30 Jah-
ren vermutlich von 81,6 Millionen (2018) auf 71,9 Millionen (2050)
schrumpfen wird, vergrößert sich die Anzahl der über 80-Jährigen von
5,4 auf fast 10 Millionen (Statistisches Bundesamt 2018a). Abbildung 9
zeigt die Altersstruktur der Rehabilitanden für Einrichtungen ab 100 Bet-
ten im Jahr 2017 auf. Während die unter 45-jährigen nur einen Anteil
von 16 Prozent der Rehabilitanden stellen, liegt der Anteil der Altersko-
horte 45 bis unter 65 Jahren bereits bei 30 Prozent. Die über 65-
Jährigen machten im Jahr 2017 zwar nur 22 Prozent der Bevölkerung
aus, stellen aber 54 Prozent der Patient/innen von Rehabilitations- oder
Vorsorgeeinrichtungen. Ein Wachstum dieser Bevölkerungsgruppe wird
damit zu einer Zunahme von Rehabilitanden führen.
Abbildung 9: Alter von Patienten/innen der Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen (Einrichtungen mit mehr als 100 Betten, in
%), 2017
Quelle: Statistisches Bundesamt (2018b)
Hinzu kommt, dass wegen der stark rückläufigen Zahl der Erwerbsper-
sonen im jüngeren und mittleren Alter in den nächsten Jahrzehnten mit
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 35
einem zunehmenden Mangel an Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt ge-
rechnet werden muss. Der drohende Fachkräftemangel, die steigende
Lebenserwartung sowie die wachsende Gesundheit und Leistungsfähig-
keit von älteren Personen werden langfristig dazu führen, dass auch äl-
tere Personen berufstätig sind und die Lebensarbeitszeit insgesamt an-
steigt. Bereits im Jahr 2002 wurde die schrittweise Anhebung der Re-
gelaltersgrenze auf 67 Jahren bis zum Jahr 2029 beschlossen. Es ist davon auszugehen, dass die sich abzeichnende Verknappung des Ar-
beitskräftepotenzials und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu ei-
nem steigenden Rehabilitationsbedarf auch älterer Bevölkerungsgrup-
pen führen. Hier sind mehrere Faktoren wirksam:
Unter der Annahme unveränderter alters- und geschlechtsspezifi-
scher Prävalenzraten wird ein demographiebedingter Anstieg der
Fallzahlen auf 2,04 Millionen Rehabilitanden bis zum Jahr 2030 vo-
rausgesagt (Hayer/Karapolat 2016).
Die Rehabilitation von älteren Personen erfordert ein besonderes Re-
habilitationsangebot (Fuchs 2008; Nowossadeck 2012; Pfeif-
fer/Hartung/Sperling 2006). Zum einen existiert ein Zusammenhang
zwischen dem Alter einer Person und der Anzahl und Intensität der
Krankheitsfälle. Zum anderen treten altersassoziierte Krankheiten
häufiger auf. Die häufigsten Erkrankungen von älteren Menschen
sind Herz-/Kreislauferkrankungen und Krebs. In Bezug auf die Indika-
tionen wird infolge der alternden Bevölkerung vor allem mit einem
Anstieg der Fallzahlen in den Fachbereichen Geriatrie und innere
Medizin gerechnet.
Mit der Zunahme der Erhöhung der Fallzahlen von Rehabilitanden in
Altersrente wird dem Konzept „Reha vor Pflege“ mehr Bedeutung zu-
kommen und es wird von steigenden Fallzahlen im Verantwortungs-
bereich der GKV ausgegangen (Hayer/Karapolat 2016, S. 88).
Rehabilitationsmaßnahmen müssen beantragt und von den Ausgaben-
trägern bewilligt werden. In Hinblick auf die Anschlussrehabilitation wird
die medizinische Rehabilitation durch das Akutkrankenhaus beantragt,
ansonsten reicht der/die Haus- oder Fachärzt/in im Rahmen des sog.
Heilverfahren einen Antrag auf Rehabilitation für eine/n Patienten/in bei
den Ausgabenträgern ein.
Im Jahr 2016 gingen bei der DRV ca. 1,6 Millionen Anträge auf medi-
zinische Rehabilitation ein. Nach Angaben der DRV wurden 68 Prozent
der erledigten Anträge bewilligt und 17 Prozent abgelehnt (92 Prozent
davon aus medizinischen Gründen). Die restlichen 15 Prozent der An-
träge wurden zum jeweils zuständigen Ausgabenträger weitergeleitet.
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 36
Damit hat sich die Bewilligungsquote in den letzten Jahren kaum ver-
ändert (Bertholdt/Niehues/Schrag 2018, S. 82). Der BDPK (2018a,
S. 75) hat errechnet, dass auch die GKV im Jahr 2016 17 Prozent der
Anträge abgelehnt haben. Dabei beläuft sich die Ablehnungsquote bei
Anschlussrehabilitation nach einem Krankenhausaufenthalt auf nur neun
Prozent, während sie bei Heilverfahren 38 Prozent beträgt. Hierzu merkt
der BDPK an, dass durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
(MDK) wesentlich mehr Anträge nach Erforderlichkeit geprüft werden,
als eine Richtlinie des GKV-Spitzenverbands vorgibt. Nach seiner Mei-
nung wirkt das Zusammenspiel zwischen hoher Überprüfungsrate, kran-
kenkasseninternen Leistungsbudgets sowie Bonusregelung für Mitarbei-
ter/innen der Krankenkassen, die zur Einhaltung solcher Vorgaben moti-
vieren, „antragsvermeidend und leistungsverhindernd“ (BDPK 2013,
S. 12).
Die aktuelle Entwicklung der Fallzahlen (vergleiche Abbildung 7) lässt
bisher noch keinen Trend zur zunehmenden Nutzung von Rehabilitation
erkennen. Trotz Fortschritt, demographischem Wandel und der Einfüh-
rung der Demografiekomponente sind die Fallzahlen in den letzten Jah-
ren nicht angestiegen. Die Gründe hierfür werden zurzeit in einem For-
schungsprojekt der DRV analysiert (Knittel 2019).
Als Ursachen dieser eher unerwarteten Entwicklung wird angenom-
men, dass einerseits die Rehabilitationsangebote nicht allen Versicher-
ten bekannt sind und andererseits vielen Versicherten und Ärzten/innen
das Antragsverfahren für Rehabilitation als zu kompliziert erscheint. Hin-
zu kommt, dass die Bewilligung und Ablehnung von Anträgen für die
niedergelassenen Ärzte/innen häufig nicht nachvollziehbar sind (Fried-
rich-Ebert-Stiftung 2015, S. 7–8).
Auch die wirtschaftliche Lage hat nach Meinung der Interviewpart-
ner/innen Einfluss auf die Anzahl der Anträge auf Rehabilitation. So
werden erfahrungsgemäß in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs
häufig mehr Anträge gestellt als in Phasen eines Wirtschaftsauf-
schwungs. Eine These ist hier, dass Erwerbstätige versuchen in Zeiten
höherem Arbeitsaufkommen längere Fehlzeiten zu vermeiden und Maß-
nahmen zur Rehabilitation auf Zeiten mit geringerer Arbeitsauslastung
zu verschieben.
2.3 Die Finanzierung der Rehabilitation
Im Jahr 2017 wurden 9,731 Milliarden Euro für Vorsorge- oder Rehabili-
tationseinrichtungen ausgegeben. Nachdem die Ausgaben für die Re-
habilitation in Folge des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsge-
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 37
setzes (WFG) und des Beitragsentlastungsgesetzes von 7,8 Milliarden
Euro im Jahr 1996 auf 6,3 Milliarden Euro im Jahr 1997 (–19 Prozent)
sanken, konnten erst im Jahr 2008 (8,0 Milliarden Euro) die Ausgaben
des Jahres 1996 nominal übertroffen werden. Abbildung 10 weist die
Gesundheitsausgaben für Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
für die Jahre 2007 bis 2017 auf. Die Entwicklung der Ausgaben weist ei-
ne relativ kontinuierliche Erhöhung auf. Insgesamt sind die Ausgaben in
dem Zehnjahreszeitraum um 26 Prozent angestiegen.
Abbildung 10: Gesundheitsausgaben für Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen, 2007–2017, Angaben in Millionen Euro
Quelle: Statistisches Bundesamt (2019a)
Der Anteil der Ausgaben für Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
betrug im Jahr 2017 drei Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben
in Deutschland. Damit liegen die Aufwendungen für Vorsorge- oder Re-
habilitationseinrichtung deutlich hinter denen der Krankenhäuser
(29 Prozent), Arztpraxen (17 Prozent), Apotheken (15 Prozent) oder sta-
tionären/teilstationären Pflege (elf Prozent) (Statistisches Bundesamt
2019b). Ein Zeitvergleich zeigt auf, dass sich der Anteil der Ausgaben
für Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen an allen Gesundheits-
ausgaben in den vergangenen Jahren nur wenig geändert hat.
Die Budgetierung von Rehabilitationsleistungen (vergleiche Kapi-
tel 1.3) wird insbesondere von Arbeitgeberseite kritisiert (BDPK 2013
und 2018b; Borges et al. 2017; Steiner 2011; SVR Gesundheit 2014). Es
wird argumentiert, dass die Ausgabenträger in einem ständigen Zielkon-
flikt stehen, da sie einerseits gesetzlich dazu verpflichtet sind, Rehabili-
tationsleistungen zu erbringen und andererseits die gesetzliche Budge-
tierung sie daran hindert, diese im ausreichenden Maße durchzuführen
(BDPK 2018b). Sie weisen ferner darauf hin, dass die Budgetgrenze
BALDAUF/VITOLS: BRANCHENANALYSE MEDIZINISCHE REHABILITATION | 38
nicht mit der Bedarfsentwicklung mitwächst. Durch die Orientierung an
Bruttolöhnen und -gehältern führt der Anstieg der Beschäftigung in Nied-
riglohngruppen und Teilzeitarbeitsverhältnissen zu einer Verringerung
des Budgets, obwohl sich die Anzahl der anspruchsberechtigten Versi-
cherten erhöht (SVR Gesundheit 2014, S. 283).
Abbildung 11 stellt die Kostenübernahme nach Ausgabenträger für
das Jahr 2017 dar. Demnach wurden 40 Prozent von der DRV für Re-
habilitations- oder Versorgungseinrichtungen ausgegeben, die GKV
übernahmen 31 Prozent. Damit trugen die beiden größten Ausgabenträ-
ger zusammen mehr als zwei Drittel der Kosten. Weitere bedeutende
Kostenanteile übernahmen die öffentlichen Haushalte (13 Prozent) und
die Arbeitgeber (12 Prozent). Die Ausgaben der Arbeitgeber enthalten
Fürsorgeleistungen, Beihilfen und die betriebliche Gesundheitsförde-
rung. Deutlich geringere Anteile kommen aus der GUV (zwei Prozent),
von privaten Hausha