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Ausgabe 31
Mai 2017
Inhalt
Life & ScienceDengue-Fieber
Jessica Tiedke & Jonas Schmidt-
Chanasit, Hamburg 1
Aus der Wissenschaft: Diagnostik mit Hilfe von zellfreier,
zirkulierender DNS aus Blut: Auf dem
Weg in die Routine-Diagnostik?
Thorsten Voss, Hilden 5
Gut zu wissen:Präanalytik in der Urindiagnostik,
Teil 1
Josefine Neuendorf, Walldorf 7
Wie für Sie gemachtDie präanalytische Lösung ... 10
Präanalytisches FallbeispielEine Frage des richtigen Additivs
Karin Mosimann, Aarau 11
Das kriegen Sie mit Sicherheit rausSudoku 12
Dengue-Fieber
Das Dengue- oder auch Knochenbrecherfieber ist eine durch Stechmücken übertra-
gene Zoonose, die hauptsächlich in den Tropen und Subtropen Asiens und Süd-
amerikas verbreitet ist. Sie gehört zu den sich am schnellsten verbreitenden Infek-
tionskrankheiten und wird von der WHO mittlerweile als Pandemie eingestuft. Rund
ein Drittel der Weltbevölkerung ist dem Risiko einer Infektion mit dem Dengue-Virus
ausgesetzt. Eine geeignete Therapie existiert derzeit nicht. Neben Maßnahmen zur
Prävention und Kontrolle der Übertragung ist im Dezember 2015 erstmals ein
Impfstoff zugelassen worden.
Der Erreger und seine Epidemiologie
Das Dengue-Virus ist ein behülltes Einzelstrang RNA-Virus und liegt in vier eng
verwandten Serotypen (DENV 1 bis DENV 4) vor. Es gehört zu der Familie der
Flaviviren, die hauptsächlich von Mücken und Zecken übertragen werden. Zu den
Flaviviren zählen unter anderem auch das in unseren Breiten beheimatete FSME-
Virus sowie die subtropischen und tropischen Chikungunya- und Zika-Viren.
Die vier Serotypen kommen weltweit vor und erzeugen lediglich eine kurzzeitige
Kreuzimmunität.
Der Ursprung des Dengue-Virus lässt sich nach Westafrika und Südostasien zurück-
verfolgen, wo es zwischen Affen und Stechmücken zirkulierte. Im Laufe des 19.
Jahrhunderts, wahrscheinlich verstärkt durch den Sklavenhandel, wurde das Virus
auf andere Kontinente verbreitet. Bereits um 1920 kam es zu einem Ausbruch in
Griechenland und in den 1940er Jahren wurde das Dengue-Fieber erstmals in Japan
beobachtet. Mittlerweile zählt das Dengue-Fieber zu den sich am schnellsten
Life & Science
Fortsetzung ... Dengue-Fieber
ausbreitenden Arbovirosen. Seit den 1930er Jahren haben
sich die Dengue-Fälle weltweit verdreißigfacht und liegen
aktuell bei 390 Millionen pro Jahr. Eine medizinische Ver-
sorgung benötigen hierbei nur rund 25 % der Patienten. Die
Letalität liegt zwischen 2 und 5 %, ist allerdings bei Kindern
deutlich höher einzuschätzen.
Krankheitsbild
Der Krankheitsverlauf kann in das klassische Dengue-Fieber
(DF) und in das schwere/hämorrhagische Dengue-Fieber
(DHS) bzw. Dengue-Schock-Syndrom (DSS) unterschieden
werden. Das klassische Dengue-Fieber zeichnet sich durch
grippeähnliche Symptome aus. Nach dem Insektenstich
beträgt die Inkubationszeit 4 – 10 Tage. Innerhalb dieser Zeit
tritt vor allem hohes Fieber über 40°C auf, welches zweiphasig
verläuft und von Schüttelfrost begleitet werden kann. Weitere
begleitende Symptome sind schwere Kopf- und Gelenkschmer-
zen, Übelkeit bis hin zum Erbrechen sowie das Auftreten eines
Exanthems. Teilweise werden auch Schmerzen hinter den
Augen beschrieben.
In der Regel verläuft die Krankheit bei einer Erstinfektion eher
harmlos und klingt nach 2 – 7 Tagen wieder ab. Da keine
geeignete Therapie verfügbar ist, erfolgt die Behandlung rein
symptomatisch. Auch asymptomatische Verläufe der Krank-
heit werden beobachtet.
Das hämorrhagische Dengue-Fieber wurde erstmals in den
1950er Jahren bei einem großen Ausbruch auf den Philippinen
und in Thailand beobachtet. Es tritt hauptsächlich in Südost-
asien und Lateinamerika auf, wo die Bevölkerung mehreren
Serotypen ausgesetzt ist. Flaviviren induzieren eine lebens-
lange spezifische Immunität. Eine Sekundärinfektion mit
einem heterogenen Serotyp führt zu einer Antikörper vermit-
telten Steigerung der Immunreaktion und es kann zum
hämorrhagischen Verlauf kommen. Kreuzreagierende
Antikörper erkennen und binden die Viruspartikel zwar, das
Immunsystem ist aber nicht in der Lage, diese zu neutralisie-
ren. Dadurch ist es dem Virus möglich, den Körper annähernd
unerkannt zu erobern. Bei Erstinfektionen ist das schwere
Dengue-Fieber bislang nur bei Kindern und alten Personen
beobachtet worden.
Neben den klassischen Symptomen führt es vor allem zu
Hämorrhagien. Bedingt durch den Flüssigkeitsverlust kann es
zur Kreislaufinsuffizienz bis hin zum Organversagen kommen.
30 – 40 % der Fälle verlaufen tödlich, wenn keine intensiv-
medizinische Versorgung erfolgt.
Diagnostik
Bei Patienten, die nach einem Aufenthalt in den Tropen bzw.
Subtropen hohes Fieber gepaart mit einem Hautausschlag
und eines der anderen oben beschriebenen Symptome
aufweisen, sollte der diagnostische Ausschluss des Dengue-
Fiebers erfolgen. Für die Diagnostik werden unterschiedliche
Parameter herangezogen.
In den ersten sieben Tagen steigt zunächst die Viruslast im
Körper. Der spezifische Nachweis der Viren erfolgt über die
Virusisolierung und Anreicherung in Zellkultur oder über den
Nachweis der RNA mittels PCR. Innerhalb der ersten drei
Wochen ist zudem der Nachweis des spezifischen NS1
Antigens möglich. Nach dieser Zeit können dann nur noch die
ab Tag 5 ansteigenden DENV-spezifischen-IgG und -IgM
serologisch nachgewiesen werden. Um eine möglichst hohe
klinische Spezifität zu erlangen, empfiehlt es sich, alle drei
oben erwähnten Parameter im Serum zu testen.
Ist der Nachweis positiv, sollte der Patient bis zur Norma-
lisierung der Laborwerte überwacht werden. Die WHO hat
hierzu ein Stufenschema entwickelt, nach dem über den
Verbleib des Patienten (ambulant, stationär oder intensiv-
medizinisch) entschieden werden kann (siehe Literatur).
2
Asiatische
Tigermücke (Aedes
albopictus)
Foto: BNITM
Die Vektoren
Die Hauptvektoren des Dengue-Fiebers sind zwei Stech-
mückenarten der Gattung Aedes. Die Gelbfiebermücke (Aedes aegyti) galt lange Zeit als einziger Vektor, bis vor rund 30
Jahren die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ebenfalls
als Überträger identifiziert wurde. Beide Arten haben ihr
Hauptverbreitungsgebiet in den Tropen- und Subtropen. Der
durch die Globalisierung stark ansteigende Warenverkehr und
Ferntourismus sowie die durch den Klimawandel bedingte
Vergrößerung der möglichen Habitate sorgen jedoch für eine
rasche Ausbreitung des Vektors und somit des Dengue-Fie-
bers. Während die Asiatische Tigermücke über diese Wege
bereits bis nach Europa und sogar bis nach Süddeutschland
vorgedrungen ist, ist die Gelbfiebermücke bislang nur in den
Schwarzmeerregionen gesichtet worden.
Bekämpfung und Kontrolle
Die WHO führt das Dengue-Fieber mittlerweile auf der Liste
der „vernachlässigten Erkrankungen“, da noch immer keine
Therapie und kein Impfschutz vorhanden ist. Die bislang
einzige Möglichkeit, die Ausbreitung der Krankheit zu kontrol-
lieren, ist die Überwachung und Bekämpfung der Vektoren. In
den Endemiegebieten werden verschiedene Ansätze ange-
wendet. Primär gilt es, mögliche Brutplätze zu eliminieren. Eine
in den sozioökonomisch belasteten Endemieregionen sehr
unübersichtliche Aufgabe, da die Stechmücken jede Art von
Wasseransammlung nutzen, um ihre Eier abzulegen. Gerade in
den Städten ist herumliegender Müll ein großes Problem, aber
auch Wasserspeicher und Regenrinnen stellen eine Gefahr dar,
um nur einige Beispiele zu nennen. In Brasilien ziehen Militär-
trupps durch die Straßen und weisen die Bürger an, zugäng-
liche Brutstätten zu beseitigen. Bei der Bekämpfung der
Mücken werden aber auch altherkömmliche Methoden
eingesetzt, wozu die großflächige Verwendung klassischer
Insektizide zählt. Neuer ist die Verwendung eines „ökolo-
gischen“ Insektizids, welches aus Bakterien gewonnen wird
und spezifisch Stechmückenlarven tötet. Nicht zuletzt werden
nun auch gentechnisch veränderte, unfruchtbare Mücken-
männchen ausgesetzt, um den Nachwuchs zu reduzieren.
Doch eine der wichtigsten Maßnahmen ist und bleibt die
Aufklärung der Bevölkerung über die Krankheit und deren
Prävention. In Schulen, Zeitungen und Fernsehen sowie in
speziellen Spots auf YouTube wird neben der Vermeidung von
Brutplätzen auch die Prävention durch den Einsatz von
Fliegengittern, körperbedeckender Kleidung und Mücken-
schutzmitteln mit dem Wirkstoff DEET beworben.
Therapie und Impfstoffe
Die Forschung an einem geeigneten Impfstoff gegen das
Dengue-Fieber ist äußerst komplex. Das Dengue-Virus liegt in
vier Serotypen vor. Eine lebenslange Immunität besteht
jedoch nur gegen eine Reinfektion mit dem homotypischen
Erreger. Bei einer Infektion mit einem der anderen Serotypen
kann nur von einer kurzweiligen Kreuzimmunität ausgegangen
werden. Darüber hinaus zeigt eine sekundäre heterotypische
Infektion einen meist schwereren Verlauf bis hin zum hämor-
rhagischen Dengue-Fieber, von dem insbesondere Kinder
betroffen sind. Ein geeigneter Impfstoff sollte also tetravalent
sein und einen möglichst langen und über alle Altersklassen
anwendbaren Impfschutz bieten. Eine weitere Heraus-
forderung in der Impfstoffforschung ist das Fehlen eines
geeigneten Tiermodells.
Nach mehr als 20 Jahren intensiver Arbeit wurde im Dezember
2015 erstmals ein Impfstoff gegen das klassische und das
schwere Dengue-Fieber zugelassen. Der Lebendimpfstoff der
Firma Sanofi wurde zunächst in Mexiko und kurze Zeit später
auch in Brasilien und auf den Philippinen zugelassen. Das
rekombinant hergestellte Vakzin Dengvaxia (CYD-TDV) ist
tetravalent und für Personen im Alter zwischen 9 und 45
Jahren in den Endemiegebieten vorgesehen. Somit sind
allerdings Kleinkinder, ältere Personen und Touristen momen-
tan von einer Schutzimpfung ausgeschlossen.
Der Impfstoff wurde in zwei Phase III klinischen Studien an
rund 21.000 Menschen zwischen 9 und 16 Jahren in 5 Ländern
der Endemieregion Südamerikas getestet. Die Ergebnisse sind
vielversprechend. Nach der Gabe von drei Dosen zeigte sich
eine Schutzrate von rund 61 %. Diese variiert zwischen den vier
Serotypen. Die Zahl der nötigen Krankenhausaufenthalte
wurde um 80 % minimiert und 95 % der tödlich ver-
3
laufenden Infektionen mit schwerem Dengue-Fieber
konnten verhindert werden.
Experten kritisieren allerdings, dass drei Impfungen in einem
Zeitraum von sechs Monaten für eine Immunisierung nötig
sind, was sich in den meist durch Armut geprägten Ende-
miegebieten als schwierig erweisen könnte. Von großer
Wichtigkeit wäre außerdem, dass der Impfstoff auch für
Kinder geeignet ist.
Seit April 2016 wird CYD-TDV auf Philippinen bereits einge-
setzt und bis Juni 2017 sollen rund eine Million Kinder mit
einem Mindestalter von neun Jahren geimpft werden.
Weltweit wird weiterhin an Vakzinen geforscht, denen
unterschiedliche Strategien zugrunde liegen. Die Möglichkei-
ten reichen von abgeschwächten oder inaktiverten Lebend-
impfstoffen über proteinbasierte Sub-Unit- bis hin zu Plas-
mid-DNA Vakzinen. Einige befinden sich bereits in Phase II
klinischer Studien. Hierzu zählt unter anderem der Impfstoff
TetraVax-DV vom Institut Butantan in Sao Paolo, dem größten
Hersteller von Impfstoffen und Biopharmazeutika Südameri-
kas. Er wird in Zusammenarbeit mit der brasilianischen
Gesundheitsbehörde erforscht. Die abgeschwächte Lebend-
vakzine wird aus Wildtyp-Stämmen gewonnen und durch
gentechnisch eingefügte Mutationen attenuiert.
Eine andere Strategie verfolgen die Firmen Takeda und
Inviragen mit ihrem chimären Lebendimpfstoff DENVax. Er
basiert auf vollständigen attenuierten DENV 2 Partikeln, die
als Vehikel für Membranproteine der anderen Sero-
typen dienen.
Weitere Impfstoffkandidaten befinden sich in einem noch
früheren Entwicklungsstadium und werden momentan in
Phase I Studien geprüft.
TDENV/PIV basiert auf einem durch Formalin inaktivierten
tetravalenten Impstoff, der von der Firma Glaxosmith Kline
herausgebracht wurde.
Die deutsche Firma Merck hingegen setzt mit V180 auf einen
Subunit-Totimpfstoff aus Prä-Membran und Hüllproteinen.
Das Naval Medical Research Center (NMRC) in den USA
arbeitet an einer monovalenten DNA-basierten Vakzine.
D1ME100 ist ein Plasmidvektor, der Hüllproteine jeweils eines
Serotyps enthält und durch den Promotor des humanen
Cytomegalovirus kontrolliert wird.
Die rasante globale Ausbreitung des Dengue-Fiebers und der
starke Anstieg der Inzidenz machen deutlich, dass neben der
Prävention und Vektorkontrolle geeignete Impfstoffe in
Zukunft unabdingbar sind, um eine langfristige und vollstän-
dige Immuniserung aller Altersgruppen in den Endemiegebie-
ten zu gewährleisten.
Literatur:
1. Berner, R. (Hrsg), DGPI Handbuch Infektionen bei Kindern und
Jugendlichen, 6. vollst. überarb. Aufl. Stuttgart, New York: Georg Thieme.
2. Cramer, J.P.; Schmidt-Chanasit, J.; Dengue-Virus und Co.: Sind Stechmücken
übertragene Viren auf dem Vormarsch?; Dtsch Med Wochenschr; 2014;
139:247-250.
3. Doerr, H. W. (Hrsg); Gerlich, W. (Hrsg); Medizinische Virologie; Grundlagen,
Diagnostik, Prävention und Therapie viraler Erkrankungen; 2009;
Thieme Verlag.
4. Hartmut Krauss (Hrsg), Weber, A (Hrsg); Zoonosen. Von Tier zu Mensch
übertragbare Infektionskrankheiten; 1995; Deutscher Aerzte-Verlag.
5. Schwartz, L.M.; Halloran, M.E.; Durbin, A.P.; Longini, I.M.; The dengue
vaccine pipeline: Implications for the future of dengue control; Vaccine,
Volume 33, Issue 29, Pages 3293-3298.
6. Vasilakis, N.; Weaver, S.C.; The history and evolution of human dengue
emergence; 2008; Adv. Virus Res.. 72, 2008, S. 1–76.
7. Villar, L; Dayan, G.H; Arredondo-García, J.L; Rivera, D.M; Cunha, R; Deseda,
C; Reynales H, Costa, M.S; Morales-Ramírez, J.O; Carrasquilla, G; Rey, L.C;
Dietze, R; Luz, K; Rivas, E; Miranda Montoya, M.C; Cortés Supelano, M;
Zambrano, B; Langevin, E; Boaz, M; Tornieporth, N; Saville, M; Noriega, F;
CYD15 Study Group; Efficacy of a tetravalent dengue vaccine in children in
Latin America; N Engl J Med.; 2015; 372(2):113-23.
8. WHO. Dengue- Guidelines for Diagnosis, Treatment, Prevention and
Control; WHO; 2009.
9. World Health Organization (WHO) Dengue global alert. (Website).
Life & Science
Fortsetzung ... Dengue-Fieber
4
Prof. Dr. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Straße 74 20359 Hamburg
Dr. Jessica Tiedke Presse- und Öffentlichkeitsreferentin Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Straße 74 20359 Hamburg
Aus der Wissenschaft
Diagnostik mit Hilfe von zellfreier, zirkulierender DNS aus Blut: Auf dem Weg in die Routine- Diagnostik?
Zellfreie, zirkulierende DNS oder im Englischen „cell-free
circulating DNA“ (abgekürzt ccfDNA) aus Blutplasma oder
-serum wird zu einer immer wichtigeren Säule der molekularen
Diagnostik. Sie wird als ein Weg gesehen, durch aufwendige
und belastende operative Eingriffe gewonnene Biopsien durch
eine einfache Blutentnahme, also eine nicht-invasive Gewin-
nung der diagnostischen Probe zu ersetzen oder zu ergänzen.
Daher möchte ich zunächst die Hintergründe zu diesem neuen
diagnostischen Werkzeug erläutern und dann auf einige
entscheidende Aspekte für die praktische Anwendung
eingehen.
Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts ist bekannt, dass in
Blutplasma generell freie, d. h. nicht an Zellen gebundene DNS
vorkommt, wenn auch nur in sehr geringer Menge von
wenigen Nanogramm pro Milliliter. Auch die Erkenntnis, dass
bei manchen Krankheiten – insbesondere bei bestimmten
Tumoren – die Menge dieser DNS im Plasma teilweise stark
ansteigt, stammt schon aus den 60er- und 70er-Jahren. Es
dauerte allerdings bis in die 90er-Jahre, bis erste Forscher
erkannten, dass diese DNS als Werkzeug für die molekulare
Diagnostik genutzt werden kann. Bahnbrechend war zum
einen der Nachweis von tumorspezifischen Mutationen in
dieser DNS und zum anderen die Feststellung, dass bei
schwangeren Frauen auch die DNS des Fötus in der zirkulie-
renden DNS zu finden ist1.
Diese fötale DNS ist die Basis für die mittlerweile oft genutzte,
nicht-invasive Pränataldiagnostik, häufig abgekürzt als NIPT
(„non-invasive prenatal testing“). Hierbei ist „nicht-invasiv“ im
Gegensatz zu der bisherigen Standardmethode der Amnio-
zentese (Fruchtwasseruntersuchung) zu verstehen, die ein
nicht zu unterschätzendes Risiko für den Fötus mit sich
bringt2,3. Beim NIPT werden durch ein hochsensibles Verfah-
ren (in den meisten Fällen wird hier eine hochauflösende
Sequenzierungs-Technik, genannt „Next Generation Sequen-
cing“ [NGS], verwendet) die aus dem Plasma gewonnenen
fötalen DNS-Stücke den verschiedenen Chromosomen
zugeordnet. Da die zu erwartende Anzahl dieser Stücke bei der
normalen Chromosomenzahl bekannt ist, kann bei abwei-
chenden Zahlen auf eine entsprechende Anomalie geschlos-
sen werden. So ist eine frühzeitige Erkennung von Trisomien
der Chromosomen 21, 13 und 18 oder auch eines Turner-Syn-
droms – hier liegt bei weiblichen Föten nur eines anstelle von
zwei X-Chromosomen vor – möglich. Im deutschsprachigen
Raum wird diese Art der Diagnostik von mehreren Anbietern
sehr zuverlässig innerhalb von ein bis zwei Wochen durchge-
führt (z. B. PraenaTest®, HarmonyTest® oder Panorama Test®).
Ein weiteres Feld, in dem die Verwendung von zirkulierender
DNS immer wichtiger wird, ist die Diagnose und Therapie-
begleitung von Tumorerkrankungen. Wie oben erwähnt, ist
schon lange bekannt, dass tote und sterbende Tumorzellen
fragmentierte DNS in die Blutbahn abgeben. Dies geschieht
vor allem über zwei Prozesse: zum einen über die Apoptose,
den gerichteten Zelltod, und zum anderen über nekrotische,
also ungerichtete Absterbeprozesse des Tumorgewebes.
Apoptose findet ständig in allen Geweben statt, wohingegen
nekrotische Prozesse vor allem durch entsprechende Thera-
pien mit Chemotherapeutika oder Bestrahlung ausgelöst
werden4. Über die aus dem Plasma isolierte Tumorzell-DNS
und die auf ihr kodierten tumorspezifischen Informationen
können nun verschiedene klinische Aussagen abgeleitet
werden: Im Rahmen von Früherkennungsprogrammen können
Tumoren auch in sehr frühen Stadien nachgewiesen werden,
wodurch sich die Heilungschancen deutlich verbessern. Dies ist
beispielsweise für Darmkrebs mit kommerziellen Tests bereits
möglich (z. B. Epi proColon®). Außerdem kann im Rahmen
einer Therapiebegleitung der Erfolg einer Behandlungsmetho-
de einfacher quantifiziert werden als z. B. über bildgebende
Verfahren. Von großer Bedeutung ist auch, dass eine Rückkehr
der Erkrankung sehr früh festgestellt werden kann (z. B.
Colvera™). Durch die Analyse der in der zirkulierenden Tu-
mor-DNS gefundenen Mutationen kann zudem auch die
Wirksamkeit einiger Medikamente vorab beurteilt werden und
so eine eventuell sinnlose Therapie vermieden werden.
Neben diesen beiden zur Zeit wichtigsten Anwendungen von
zellfreier, zirkulierender DNS gibt es noch weitere Felder, in
denen sich ein Einsatz abzeichnet, zum Beispiel bei
5
Aus der Wissenschaft
Fortsetzung... Diagnostik mit Hilfe von zellfreier, zirkulierender DNS aus Blut: Auf dem Weg in die Routine-Diagnostik?
6
Organerkrankungen wie Diabetes oder auch bei der
Begleitung von Patienten, die eine Organtransplantation
erhalten haben.
Zellfreie, zirkulierende DNS kann also wie beschrieben ein sehr
hilfreicher Analyt in verschiedensten Bereichen sein. Allerdings
sind hierfür einige technische Rahmenbedingungen entschei-
dend, die insbesondere mit der Entnahme, dem Transport bzw.
der Lagerung der Proben sowie der Aufarbeitung der DNS
verknüpft sind. Diese Arbeitsschritte vor dem eigentlichen Test
werden auch als Präanalytik bezeichnet. Aufgrund der
Wichtigkeit der Präanalytik wurde von der EU ein entspre-
chender technischer Labor-Standard für die auf zellfreier,
zirkulierender DNS basierende Diagnostik definiert5.
Die zellfreie, zirkulierende DNS kommt nur in sehr geringen
Mengen im Plasma vor. Damit diese Ziel-DNS von den sehr
empfindlichen Analyse-Methoden nachgewiesen werden
kann, ist es essenziell, dass sie nicht durch DNS aus den
Blutzellen überlagert oder verdünnt wird. Die Blutzell-DNS
enthält die krankheitsrelevanten Informationen nicht und
macht eine Bestimmung der Chromosomenhäufigkeit schnell
unmöglich. Schon direkt nach der Blutentnahme, z. B. in ein
Standard-Röhrchen mit Blutgerinnungshemmer (EDTA-Röhr-
chen), beginnen die weißen Blutzellen abzusterben und ihre
DNS in das Plasma abzugeben. Dieser Prozess beschleunigt
sich noch, wenn die Blutproben vor der weiteren Verarbeitung
bei Raumtemperatur oder bei höheren Temperaturen gelagert
oder zum Analyselabor transportiert werden müssen. Zudem
beginnen im Laufe der Zeit auch die roten Blutzellen zu
lysieren. Diese enthalten zwar keine DNS, aber durch die
steigende Rotfärbung des Plasmas wird es immer schwieriger,
das Plasma von den Zellen abzutrennen. Zudem schwellen alle
Zellen mit der Zeit deutlich an. So verringert sich die Ausbeute
an Plasma deutlich. Da die Ziel-DNS-Moleküle nur in sehr
geringen Mengen vorliegen, werden für viele Tests große
Mengen an zellfreiem Plasma benötigt.
Um diesen Prozessen entgegenzuwirken, haben verschiedene
Hersteller Blutentnahme-Röhrchen entwickelt, die die Blutzel-
len stabilisieren und so verhindern, dass sie ihre DNS in das
Plasma abgeben. Diese Röhrchen ermöglichen die Lagerung
und den Transport von Blutproben bei Raumtemperatur oder
höheren Temperaturen über mehrere Tage. Dieser Effekt wird
häufig dadurch erreicht, dass in den Röhrchen ein Reagenz
vorgelegt wird, das Biomoleküle miteinander vernetzt; es
kommt zu sogenannten „cross-links“6. Dadurch wird verhindert,
dass die Zellmembranen der Blutzellen platzen und so die DNS
aus den Zellen in das Plasma freigesetzt wird. Da diese
Reagenzien aber auch andere Biomoleküle wie z. B. auch die
Ziel-DNS vernetzen, kommt es bei einigen analytischen Tests
zu Problemen. Diese Nachteile wurden bei der Entwicklung des
neuen PAXgene® Blood ccfDNA Systems vermieden, indem
eine andere Technologie verwendet wurde, die ohne ver-
netzende Reagenzien auskommt und sehr effektiv sowohl
weiße als auch rote Blutzellen stabilisiert (Abb. 1).
Dieses System besteht zum einen aus einem Blutentnahme-
Röhrchen, das - im Gegensatz zu anderen Röhrchen - aus
bruchsicherem Kunststoff besteht und über einen bewährten
Spritzschutz (BD HemogardTM) im Verschluss verfügt, um
Kontaminationen der Umgebung mit Blut zu vermeiden.
Zudem gehört zu dem System ein genau abgestimmtes und
speziell für dieses Röhrchen entwickeltes Verfahren zur
effizienten Aufreinigung der zellfreien, zirkulierenden DNS. Da
dieses Verfahren durch einen Laborautomaten durchgeführt
wird, können menschliche Fehler minimiert und mehr Proben
verarbeitet werden. Durch diesen hohen Grad an Standardisie-
rung wird gewährleistet, dass es nicht zu Verlusten der wert-
vollen Ziel-DNS durch Fehler in der Präanalytik kommt, die die
Testergebnisse negativ beeinflussen könnten.
Zusammenfassend kann klar gesagt werden, dass die Analyse
von zellfreier, zirkulierender DNS, weit über die schon jetzt
vorhandenen Anwendungen in der Diagnostik hinaus, in
Ve
rhä
ltn
is c
cfD
NA
tx
/t0
EDTA PAXgene
66 bp Amplikon
500 bp Amplikon
18S rDNA qPCR Assay
Abb. 1: PAXgene Blood ccfDNA Stabilisierung verhindert die Freisetzung von
genomischer DNA aus weißen Blutzellen in das Plasma. Plasma von sechs Spendern
wurde zu verschiedenen Zeitpunkten von den Blutzellen abgetrennt, die ccfDNA
wurde isoliert und ihre Menge mittels „real-time PCR“ bestimmt (18S rDNA Gen,
66bp/500 bp Amplikon). t = Tage, t0 = Zeitpunkt direkt nach der Blutentnahme tx =
Zeitraum der Lagerung bei Raumtemperatur. EDTA: konventionelles Blutentnahme-
Röhrchen, PAXgene: PAXgene Blood ccfDNA Blutentnahme-Röhrchen.
Zukunft immer wichtiger werden wird. Für immer neue
Krankheitsgebiete wird hier ein Nutzen in der Wissenschaft
erkannt, und die technischen Voraussetzungen für eine
breitere Anwendung in der Klinik sind bereits vorhanden.
Literatur:1. Lo et al. (1997) Presence of fetal DNA in maternal plasma and serum. The
Lancet 350, 485-487.
2. Papantoniou et al. (2001) Risk factors predisposing to fetal loss following a
second trimester amniocentesis. BJOG 108, 1053–1056.
3. Hochspringen et al. (2002) Zur Komplikationsrate bei invasiven,
intrauterinen Eingriffen an einer pränataldiagnostischen
Schwerpunktabteilung. Ultraschall in Med. 23(2), 119–122.
4. Schwarzenbach et al. (2011) Cell-free nucleic acids as biomarkers in cancer
patients. Nat Rev Canc 11, 426-437.
5. CEN/TS 16835-3:2015, Europäisches Komitee für Normierung (CEN).
6. Dargestellt u. a. in den Patenten WO2013123030A2, US2011111410A1,
US5460797A, US5459073A.
Gut zu wissen
Präanalytik für die Urindiagnostik
Einleitung
Die moderne Urindiagnostik stellt sich als rasch und zuverläs-
sig anwendbare Methode dar. Die gängige chemische
Untersuchung mittels Urinteststreifen (Abb.1) ist für sich allein
nicht hinreichend aussagekräftig und muss durch die mikro-
skopische Urinsediment-Diagnostik (Abb.2) untermauert
werden.
Die Urindiagnostik
selbst ist jedoch im
hohen Maße von einer
richtig durchgeführten
Präanalytik abhängig.
Eine korrekte Befund-
ung der Urinteststreif-
en- und der Urinsedi-
ment-Untersuchung
kann nur erfolgen, wenn
die Urinprobe unter
Einhaltung sämtlicher präanalytischen Aspekte verarbeitet
wurde. Um wichtige diagnostische Fragestellungen wie z. B.
Mikrohämaturien oder entzündliche Harnwegsreaktionen
mittels chemischem und mikroskopischem Nachweisverfahren
eindeutig zu beantworten, bedarf es der konsequenten
Einhaltung vieler präanalytischer Details.
Die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung
laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen enthält genaue
Vorgaben zur Einhaltung der Präanalytik und versteht „unter
Präanalytik alle Arbeitsschritte, die bis zur eigentlichen
Messung durchlaufen werden.“ * Dazu gehören Gewinnung,
Transport, Verwahrung, Beurteilung und Probenvorbereitung
des Untersuchungsmaterials.
*( http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_up-
load/downloads/Rili-BAEK-Laboratoriumsmedizin.pdf)
In den letzten Jahren erfahre ich in meinen Urindiagnos-
tik-Seminaren und Vortragsveranstaltungen, dass die Aus-
führungen zum Thema Präanalytik präzisiert werden
7
Abb. 1 Urinteststreifen
Abb. 2 Urinsediment
Dr. Thorsten Voss Senior Scientist, PreAnalytiX R&DQIAGEN GmbH QIAGEN Strasse 140724 Hilden
Gut zu wissen
Fortsetzung ... Präanalytik für die Urindiagnostik, Teil 1
müssen und für den Anwender einen hohen Stellenwert
haben. Vielfach wird nicht berücksichtigt, dass die Missach-
tung der Präanalytik wie z.B. Nicht-Mischen der Probe oder
falsche Zentrifugeneinstellung das Analysenergebnis
verfälschen kann. Somit ergeben sich viele Fallstricke und
Diskrepanzen in der Auswertung und Befundung der
Urindiagnostik.
Richtige präanalytische Bearbeitung
der Urinprobe
In Teil I und II dieses Beitrags werden einige wichtige präana-
lytische Aspekte und Details vorgestellt:
Teil I
• Haltbarkeit der Urinprobe
• Mittelstrahlurinprobe
• Urinprobengefäß ohne/mit Deckel
• Mischen der Urinprobe
Teil II
• Zentrifugeneinstellungen, Umdrehungszahl, Zentri-
fugationsdauer
• Dekantieren der zentrifugierten Urinprobe
• Resuspendieren der Urinsedimentprobe
• Nativpräparat-Herstellung und Haltbarkeit
Haltbarkeit der Urinprobe
Für die Urinteststreifen- und Urinsedimentanalyse muss die
Urinprobe innerhalb von 2 Stunden verarbeitet werden.
Wird eine Urinprobe zeitnah – also innerhalb von 2 Stunden –
verarbeitet, so kann davon ausgegangen werden, dass die
zellulären Urinbestandteile, die mittels Urinteststreifen erfasst
werden, auch in der
mikroskopischen Urinsedi-
mentanalyse nachgewiesen
werden können (Abb. 3).
Je älter und alkalischer die
Urinprobe ist, desto stärker
lysieren die zellulären
Bestandteile. Somit kann
die Untersuchung einer
älteren Urinprobe zu
erheblichen Diskrepanzen
zwischen den Resultaten
beider Nachweisverfahren (chemischer Urinteststreifenbefund
und mikroskopischer Sedimentbefund) führen. Beispielsweise
würde in einer älteren Urinprobe das aus den lysierten
Erythrozyten „freigewordene“ Hämoglobin mit dem Blut-Test-
feld chemisch positiv reagieren. Mikroskopisch könnten jedoch
im Urinsediment keine Erythrozyten und damit keine Hämatu-
rie nachgewiesen werden.
Die Verarbeitung einer älteren Urinprobe kann auch für
widersprüchliche Leukozyten-Resultate zwischen chemischen
und mikroskopischen Nachweisverfahren verantwortlich sein.
In älteren und alkalisch reagierenden Urinproben zerfallen
Leukozyten sehr rasch. Die in der Urinprobe vorhandene –
durch Zerfall der Leukozyten freigesetzte – Granulozytenester-
ase reagiert chemisch mit dem Leukozyten-Testfeld, während
mikroskopisch die Leukozyten im Nativpräparat nur noch
schemenhaft oder gar nicht mehr zu erkennen sind (Abb. 4a;
4b). Die älteren Leukozyten (Abb. 4b zum Teil) verändern ihre
charakteristische Morphologie und nehmen ein größeres
Zellvolumen an, der Zellkern erscheint eher rund und das
Zytoplasma kann vakuolisiert sein. Verwechselungen mit
anderen zellulären Bestandteilen wie Epithelien
wären möglich.
Mittelstrahlurinprobe
Für die Urindiagnostik sollte stets eine Mittelstrahlurinprobe
analysiert werden.
Unabhängig davon, ob eine Morgenurinprobe oder eine
Spontanurinprobe untersucht werden soll, gilt: Diese Urinpro-
ben sollten stets durch Anwendung der Mittelstrahltechnik
(Abb.5) gewonnen werden, weil mittels dieser Entnahmetech-
8
Abb. 4a frische Urinprobe mit
kleinzelligen Leukozyten
Abb. 4b ältere Urinprobe mit zum Teil
großzelligen und lysierten Leukozyten
Abb. 3 Verarbeitung der Urinprobe
innerhalb 2 Stunden
9
nik eine Verunreinigung aus dem äußeren Genitalbereich
vermieden werden kann. Eine Beimengung von Vaginalsekret
kann z. B. ein vermehrtes Vorkommen von Plattenepithelien in
der Urinprobe sowie falsch positive Reaktionen auf dem
Leukozyten-Teststreifenfeld verursachen.
Urinprobengefäß ohne/mit Deckel
Für die Urindiagnostik sollten ausschließlich Urinprobenbecher
mit Deckel verwendet werden.
Ein Urinprobengefäß mit Deckel (Abb.6a) schützt die Urin-
probe vor einer bakteriellen Kontamination und garantiert
Patienten und Laborpersonal einen hygienischen und damit
sicheren Probentransport.
Der etwas höhere, instabile und damit leicht eindrückbare
Plastikbecher ohne Deckel (Abb.6b) ist leider sehr weit
verbreitet. Ein solcher mit Urin gefüllter Plastikbecher (Abb.6c)
kann nicht über Kopf gemischt werden. Ein leichtes Schwenken
des Gefäßes durchmischt die Urinprobe nicht homogen. Auch
das 2-malige Umrühren der Urinprobe mit einem Plastik- oder
Holzspatel ist unzureichend, denn auch dadurch verteilen sich
die Urinsedimentbestandteile nicht gleichmäßig bis zur
Oberfläche der Urinprobe.
Allein schon aus hygienischen Gründen sollte für die Aufbe-
wahrung einer Urinprobe ein Gefäß ohne Deckel nicht zur
Anwendung kommen.
Fazit: Für eine sachgemäße und schnelle Durchmischung der
Probe über Kopf benötigt man ein reguläres Urinprobengefäß
mit Deckel (Abb.6d).
Abb. 6.a.
Urinproben-
gefäß mit Deckel
Abb. 6b
Plastikbecher
ohne Deckel
Abb. 6c
Plastikbecher
- gefüllt - ohne
Deckel
Abb. 6d
Urinproben-
gefäß - gefüllt -
mit Deckel
2.
Mittlere Portion Urin in
den Urinbecher geben.
3.
Den restlichen Urin
wieder in die Toilette
geben.
Kurzanleitung Mittelstrahlurin
1.
Erste Portion Urin in
die Toilette geben.
Kurz anhalten.
Abb. 5 Kurzanleitung Mittelstrahlurin-Technik
Abb. 7 Mischen der Urinprobe für die weitere Verarbeitung
Urinproben, die
länger als 5 Min.
standen, ...
... müssen für die
weitere
Verarbeitung
unbedingt 2–3 x
über Kopf
geschwenkt
werden.
Die gut
durchmischte
Probe kann jetzt
weiter portioniert
bzw. untersucht
werden.
für den weiteren
Probentransport ...
für die Zentri-
fugation ...
für die Urintest-
streifen-
Unter-
suchung
Wie für Sie gemacht
Die präanalytische Lösung ...
Das BD Vacutainer® Urinentnahmesystem ist ein geschlos-
senes, hygienisches System, das bereits am Ort der Entnahme
eingesetzt werden kann. Es bietet sowohl für den Patienten als
auch für den Anwender viele Vorteile und gewährleistet eine
Probe mit verlässlichen Ergebnissen für die Diagnostik und
die Therapie.
Das BD Vacutainer® Urinentnahmesystem vereinfacht und
standardisiert die oft unhygienische Übertragung des Urins in
ein Röhrchen. Die Urinprobe wird hygienisch direkt vom
Urinbecher oder 24-Stunden-Behälter in das Vakuumröhrchen
transferiert.
Gut zu wissen
Fortsetzung ... Präanalytik für die Urindiagnostik, Teil 1
10
Fazit Teil 1Unter der Voraussetzung, dass die diversen präanaly-
tischen Vorgaben konsequent eingehalten werden,
können durch Anwendung simpler manueller Testver-
fahren wie der Urinteststreifen-Methode und der Sedi-
ment-Mikroskopie problemlos reproduzierbare und somit
sinngebende Resultate erzielt werden. Im Teil II (nächste
Ausgabe Blutbild) werden Zentrifugeneinstellung,
Dekantieren und Resuspendieren der zentrifugierten
Urinprobe, sowie die Nativpräparat-Herstellung erläutert.
Mischen der Urinprobe
Für die weitere Verarbeitung muss die Urinprobe 2 – 3 x
vorschichtig über Kopf geschwenkt werden.
Aus unterschiedlichsten Gründen kann die Urinprobe meistens
nicht unmittelbar weiterverarbeitet werden. Bei einer nicht
zeitnahen Weiterverarbeitung der Probe setzen sich die
Sedimentbestandteile auf dem Gefäßboden ab, und an der
Oberfläche verteilen sich nur noch wenige bzw. keine Urinbe-
standteile. Wird die Urinprobe ohne vorheriges Mischen für die
Urinteststreifenuntersuchung oder für das Portionieren in ein
Zentrifugenröhrchen (Urinvolumen: 10 mL) verwendet, führt
dies typischerweise zu falschen semiquantitativen Auswertun-
gen und folglich nicht korrekten Befundungen (Abb.7)!
Gerade bei Verdacht auf eine Mikrohämaturie sollte die
Urinprobe stets zeitnah und nach einer guten Homo-
genisierung der Probe verarbeitet werden.
Abbildungen, Digitalfotografien, Zeichnungen: © J. Neuendorf 2017
BD Vacutainer® Urinentnahmesystem Befüllen eines Urinröhrchens aus dem
BD Vacutainer® Urinbecher
An
zeig
e
Josefine NeuendorfMTLA / Dozentin für Labordiagnostik
www.neuendorf-labordiagnostik.de
Eine Heparin-Blutprobe eines männlichen
Patienten Jahrgang 1950 gab im Institut für
Labormedizin im Kantonsspital Aarau AG
Rätsel auf:
Der stark erhöhte Kaliumwert konnte aufgrund
der fehlenden Hämolyse – optisch, wie gemes-
sen (HIL = 1-1-1) – nicht erklärt werden. Auch
sind bei stark hämolytischen Proben selten
Kaliumwerte >10.0 mmol/l zu beobachten.
Weiter gab der Calciumwert <1.0 mmol/l Rätsel
auf. Die Werte in der Hämatologie waren mit
den Vorwerten vergleichbar.
Die telefonische Rücksprache mit der Pflege-
abteilung ergab, dass die Blutentnahme nicht
einfach war. Das Heparin-Röhrchen konnte nur
minimal gefüllt werden. Da die Entnahme des
EDTA-Röhrchens ohne Probleme durchgeführt
werden konnte, wurde die fehlende Menge im Heparin-
Röhrchen durch EDTA-Blut ersetzt. In Blutentnahmeröhrchen
wird das Kaliumsalz von EDTA eingesetzt, meistens K2EDTA in
einer Konzentration von 1,2 mg/ml – so erklärt sich die starke
Erhöhung des Kaliumwertes.
Erneute Blutentnahme:
Natrium 141 mmol/l, Kalium 4.2 mmol/l, Calcium 2.14 mmol/l,
Kreatinin 96 µmol/l, HIL-Index 1-1-1
Das Institut für Labormedizin führt seit Jahren aktiv das
Gespräch mit den Verantwortlichen der Pflege und den
Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern der Stationen. Das
oben genannte Beispiel ist eines von vielen, welches dabei
besprochen wird. Es zeigt sich, dass der Dialog zwischen
Pflegenden und biomedizinischen Analytikerinnen und
Analytikern regelmässig erfolgen sollte, da auf beiden Seiten
das Verständnis für die jeweiligen Probleme dadurch verbes-
sert werden kann. Weiter kann somit auch eine Wissenslücke,
welche durch personelle Fluktuationen entsteht, geschlos-
sen werden.
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IMPRESSUM
Herausgeber:Becton Dickinson GmbH
Preanalytical Systems
Tullastr. 8 –12, 69126 Heidelberg
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Präanalytisches Fallbeispiel
Eine Frage des richtigen AdditivsAnalyse Entnahme
aktuell
Entnahme
Vortag
Referenzbereich Einheit
Hämoglobin 118 118 135 - 172 g/l
Hämatokrit 0,360 0,361 0,40 - 0,52 l/l
Natrium 134 140 136-146 mmol/l
Kalium >10,0 4,5 3,6 - 5,0 mmol/l
Calcium < 1,0 2,00 2,15 - 2,55 mmol/l
Kreatinin 101 91 745-115 µmol/l
HIL-Indes 1 - 1 - 1 1 - 1 - 1
Originalröhrchen
Blutentnahme
aktuell
Karin MosimannLabormanagerin / Leiterin Stab
Kantonsspital Aarau AGInstitut für Labormedizin
Tellstrasse 25CH-5001 Aarau
Deutschland: BD · Tullastr. 8 – 12 · 69126 Heidelberg · Tel. 06221 305 0Österreich: BD · Rinnböckstr. 3 · 1030 Wien · Tel. 01 7063660 0Schweiz: BD · Binningerstrasse 94 · 4123 Allschwil · Tel. 061 485 22 22
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Das kriegen Sie mit Sicherheit raus
SudokuFüllen Sie das Diagramm mit den Zahlen
1 bis 9 auf. Dabei darf jede Zahl in jeder
Zeile und jeder Spalte und jedem 3x3
Feld nur einmal vorkommen.
Schicken Sie uns die gesuchte
Lösungszahl (die markierten Felder der
Reihe nach gelesen) per E-Mail an
oder per Post an o.g. Adresse.
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aus hochwertigen Zutaten von der kleinen aber sehr feinen Manufaktur Savon Vivre
aus Heidelberg. Die Herstellung erfolgt nach bewährten Rezepturen aus speziellen
Salzen, reinen Bio-Pflanzenölen und hochwertigen Duftstoffen.
Einsendeschluss ist der 30. Juni 2017.
Viel Spaß beim Rätseln und viel Erfolg beim Gewinnen!
Nur Angehörige der Heilberufe und sonstiger
Fachkreise dürfen an diesem Preisausschreiben
teilnehmen. Mit der Teilnahme erklären Sie sich
damit einverstanden, dass Ihr Name und
Wohnort im Falle eines Gewinns in der nächsten
Ausgabe des Blutbildes – auch elektronisch –
veröffentlicht wird. Der Rechtsweg ist
ausgeschlossen. Die Gewinner werden
schriftlich benachrichtigt. Mitarbeiter von BD
sind von der Teilnahme ausgeschlossen.
1 8 6 7
5 3 9
9 3
4 3 2 9 1 6
5 2
2 1 3 7 9 8
2 8
8 6 1
9 7 8 4
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