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Sportwissenschaft liche Skripte
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Bewegungswissenschaft im Grundstudium
Zusammengestellt von
Markus Klein
Saarbrücken
2000
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Vorbemerkungen
Bei den Skripten der Reihe „Sportwissenschaftli che Skripte“ handelt es sich um Online-Publikationen der Internet-Seiten http://www.sport-training.de
Das Anliegen dieser Reihe ist es, Studentinnen und Studenten des Studienganges Sportwis-senschaft bei den Prüfungsvorbereitungen zu helfen bzw. einen geraff ten Überblick über die wichtigsten Lehrveranstaltungen zu geben. Die Skripte behandeln den Stoff der Lehr-veranstaltungen des Sportwissenschaftli chen Instituts der Universität des Saarlandes. Sie können bei den Vorbereitungen auf Prüfungen jedoch nur als Richtlinie dienen und erset-zen nicht die eigenständige Arbeit mit der entsprechenden Literatur.
Das vorliegende Skript „Bewegungswissenschaft“ orientiert sich hauptsächlich am Fragen-katalog für die Vordiplom-Prüfung. Es untergliedert sich in die dort abgefragten vier The-menbereiche, wobei jeder Themenbereich mit Fragen zum Thema abgeschlossen wird. Diese Fragen decken sich größtenteils mit denen des genannten Fragenkataloges, gehen aber teilweise über diesen hinaus. Nach den Fragen ist für jeden Themenbereich eine Liste empfohlener Studienliteratur aufgeführt.
Da bekanntlich niemand ohne Fehler ist, bitten wir darum, wenn inhaltli che Fehler ent-deckt werden, uns dies mitzuteilen. Auch Kritiken am formalen Aufbau der Skripte neh-men wir gerne entgegen, wenn hierdurch eine Erleichterung bei den Prüfungsvorbereitun-gen erzielt werden kann.
Da wir hier einen Dienst von Studenten für Studenten aufbauen möchten, bitten wir auch darum, gute Skriptvorlagen übriger Prüfungsthemen zur Online-Veröffentlichung zur Ver-fügung zu stellen.
Kontakt:
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Inhalt
I Gegenstands- und Problemfeld der Bewegungswissenschaft ..............................................................6
1 Die zentralen Teilgebiete der Bewegungswissenschaft........................................................................6
1.1 Motorische Kontrolle.................................................................................................................6
1.2 Motorisches Lernen....................................................................................................................9
1.3 Motorische Entwicklung..........................................................................................................12
2 Bewegung, Motorik und Bewegungsapparat .....................................................................................17
3 Methoden der Bewegungswissenschaft..............................................................................................18
3.1 Phänographie der Bewegung....................................................................................................18
3.2 Biomechanik der Bewegung.....................................................................................................18
3.3 Funktionelle Anatomie der Bewegung.....................................................................................19
3.4 Neurophysiologie der Bewegung.............................................................................................19
3.5 Psychologie der Motorik ..........................................................................................................19
4 Phänografisch-qualitative Bewegungsanalyse ...................................................................................20
5 Biomechanisch-qualitative Bewegungsanalyse..................................................................................20
6 Kognition und Motorik ......................................................................................................................21
6.1 Bewegungsvorstellung.............................................................................................................21
6.2 Bewegungsempfindung............................................................................................................22
6.3 (Bewegungs-)Wahrnehmung....................................................................................................22
6.4 Kausalattribuierung..................................................................................................................22
7 Bewegungskoordination (BERNSTEIN-Problem) ................................................................................23
7.1 Kontrolle der Freiheitsgrade.....................................................................................................23
7.2 Umweltbedingte Variabilit ät ....................................................................................................24
8 Erfassung verhaltenswissenschaftli cher Aspekte der motorischen Kontrolle ....................................25
8.1 Reaktionszeit (RT) ...................................................................................................................25
8.2 Doppelaufgabeninterferenz ......................................................................................................25
8.3 Elektroencephalogramm...........................................................................................................26
8.4 Elektromyographie...................................................................................................................27
8.5 Fehlermaße...............................................................................................................................27
9 Fragen zu Themenbereich I ...............................................................................................................28
10 Ausgewählte Studienliteratur zum Themenbereich I .........................................................................30
II Biomechanik der Bewegung ................................................................................................................32
1 Ziele und Methoden...........................................................................................................................32
1.1 Biomechanische Messverfahren...............................................................................................33
Beispiel einer dynamometrischen Messung eines bipedalen Vertikalsprungs.............................................39
2 Biomechanische Prinzipien (HOCHMUT 1982) ..................................................................................41
2.1 Prinzip der Anfangskraft ..........................................................................................................41
2.2 Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges.........................................................................42
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2.3 Prinzip der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf ....................................................42
2.4 Prinzip der zeitlichen Koordination von Einzelimpulsen.........................................................42
2.5 Prinzip der Gegenwirkung........................................................................................................43
2.6 Prinzip der Impulserhaltung.....................................................................................................43
3 Biomechanische Leistungsdiagnostik ................................................................................................44
3.1 Technikanalyse (Analyse des technomotorischen Leistungszustandes) ...................................44
3.2 Techniksteuerung (Ansteuerung des technomotorischen Leistungszustandes).........................45
3.3 Technikoptimierung.................................................................................................................45
3.4 Konditionsanalyse (Analyse des konditionellen Leistungszustandes) ......................................46
3.5 Konditionssteuerung (Ansteuerung des konditionellen Leistungszustandes) ...........................46
4 Biomechanische Steuerung des Techniktrainings..............................................................................46
5 Fragen zu Themenbereich II ..............................................................................................................49
6 Ausgewählte Studienliteratur zum Themenbereich II ........................................................................50
III Neurophysiologische Aspekte der Motor ik ........................................................................................51
1 Stütz- und Zielmotorik (Haltung und Bewegung)..............................................................................51
2 Physiologie der Reflexe.....................................................................................................................53
2.1 Dehnungsreflex ........................................................................................................................53
2.2 Bewegungs- und Schutzreflex ..................................................................................................55
3 Reizfortleitung und Signalkodierung im Zentralnervensystem..........................................................56
4 Aufbau und Funktion der motorischen Endplatte ..............................................................................57
5 Aufbau und Funktion einer „motorischen Einheit“ ............................................................................59
6 Elektromyographie.............................................................................................................................60
7 Muskelkontraktion.............................................................................................................................60
7.1 Vordehnung..............................................................................................................................61
7.2 Verkürzungsgeschwindigkeit ...................................................................................................63
8 Steuerung der Kontraktionskraft des Muskels...................................................................................64
9 Kodierung von Kraft und Richtung bei Will kürbewegungen im primären motorischen Kortex........66
10 Fragen zum Themenbereich III ..........................................................................................................68
11 Ausgewählte Studienliteratur zum Themenbereich III .......................................................................69
IV Aspekte der psychologisch-verhaltensor ientierten Motor ik .............................................................71
1 Modell der Informationsverarbeitung im Menschen..........................................................................71
2 „Closed-loop-Kontrolle“ und „open-loop-Kontrolle“ einer Bewegung.............................................72
3 Die Rolle der Gedächtnissysteme......................................................................................................74
4 Das „Generalisierte motorische Programm“ (GMP)..........................................................................78
5 Einflüsse auf das motorische Lernen ................................................................................................. 80
5.1 Extrinsische Information (Instruktion/KR)...............................................................................80
5.2 Extensives Üben (zahlreiche Übungswiederholungen über lange Zeit) ...................................80
6 Fragen zum Themenbereich IV..........................................................................................................84
7 Ausgewählte Studienliteratur zum Themenbereich IV.......................................................................85
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V Literaturverzeichnis.............................................................................................................................87
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I Gegenstands- und Problemfeld der Bewegungswissenschaft
1 Die zentralen Teilgebiete der Bewegungswissenschaft
Die Forschungsdisziplin Bewegungswissenschaft beschäftigt sich mit dem Phänomen der
menschlichen Bewegung. Ihr Gegenstand ist sowohl die Bewegung von der Außenansicht
als auch von der Innenansicht (ROTH/WILLIMCZIK 1999, 11). So interessieren einmal beob-
achtbare Bewegungsvollzüge als auch die hierzu notwendigen internen Regulationsmecha-
nismen. Die Zugänge und die Möglichkeiten der Erforschung des Phänomens Bewegung
können sehr unterschiedlich und vielfältig sein. Die heute gängigen Blickrichtungen sind
einmal die biomechanische Sicht, die morphologische Sicht, systemdynamische Ansätze,
weiterhin funktionale Sichtweisen wie z.B. handlungstheoretische Zugänge, Funktionsana-
lysen, Ansätze aus dem Bereich der Informationsverarbeitung, der modulare Ansatz sowie
fähigkeitsorientierte Sichtweisen (ROTH/WILLIMCZIK 1999). Im Folgenden interessieren
nun die drei Forschungsgebiete motorische Kontrolle, motorisches Lernen sowie die moto-
rische Entwicklung.
1.1 Motor ische Kontrolle
Die motorische Kontrolle beschäftigt sich mit der Regelung und Steuerung der Bewegung.
Unter dem Gesichtspunkt der Neurophysiologie der motorischen Kontrolle interessieren
Mechanismen und Kriterien des Zusammenspiels der Stütz- und Zielmotorik. Im Bereich
Stützmotorik versucht man nun die Regulation des Gleichgewichts im Stand und bei Be-
wegung, zugrundeliegende Reflexmechanismen (Halte- und Stell reflexe) sowie spinale und
supraspinale Antriebe bei Lokomotionen zu beleuchten. Hinsichtlich der Leistungen der
Zielmotorik interessieren vor allem funktionelle Teilsysteme sowie deren neuromuskuläre
Koordination. Erforscht werden hierbei vor allem interne Funktionsprozesse, die am Zu-
standekommen und an der Regelung von Bewegung maßgeblich beteili gt sind. Ebenso in-
teressiert die Bedeutung von Umweltreizen, die über die Sinnesorgane aufgenommen wer-
den, so wie deren Einfuß auf die Qualität der Motorik. MEINEL (MEINEL/SCHNABEL 1987)
weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des sogenannten kinästhetische Analy-
sators hin, den er als bewegungsempfindender Analysator beschreibt. Über ihn verlaufen
reafferente Kontrollmechanismen, die über Propriozeptoren in Muskeln, Sehnen, Gelenke
u.s.w. über aktuelle Gelenkstellungen, Muskel- und Sehnenspannung informieren. Es han-
delt sich hierbei in der Regel um unbewusste Informationen. Der Autor diskutiert weiterhin
die Bedeutung anderer Analysatoren, so zum Beispiel des akustischen, optischen und takti-
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len Analysators, vor allem aber auch des statico-dynamischen Analysators (Vestibularana-
lysator) (ebd.). Sehr bedeutsam vor allem für die Alltagsmotorik, somit auch für das moto-
rische Lernen, sind Reflexe. Sie dienen vor allem dem Schutz (Dehnungsreflex, Beugere-
flex) und der Haltung (Gleichgewicht, Körperhaltung). Auch hier lassen sich interessante
Sachverhalte beobachten. (Feedforwardkontrolle, vgl. BELINKI/GURFINKEL/PALTSEN 1967).
So lässt sich beispielsweise feststellen, dass allein bei der Aufgabe, einen Arm anzuheben
noch vor Beginn einer messbaren Aktivität des beteili gten m. deltoideus bereits andere
Körperteile, wie zum Beispiel der ipsilaterale biceps femoris, aktiv werden (ebd.). Von
zentralem Interesse im Bereich der motorischen Kontrolle sind Mechanismen der bewuss-
ten, aufmerksamen Bewegungskontrolle einerseits sowie der unbewussten, automatischen
Bewegungsausführung andererseits. So ist heute unbestritten, dass Aufmerksamkeitspro-
zesse und automatische Prozesse zwei Extrempole eines mehrdimensionalen Kontinuums
sind (NEUMANN 1991; DAUGS 1993). Motorisches Lernen bewirkt nun eine Verlagerung
auf diesem Kontinuum von „aufmerksam kontrolli ert“ in Richtung „automatisch“ .
Zugang zur Erklärung der motorischen Kontrolle versuchte man weiterhin über die
Vorstellung der Selbstorganisation dynamischer Systeme (vgl. auch RUNDE 1994; BLASER
1994; STUCKE/WITTE 1994) unter anderem über die Synergetik zu erhalten. Diese geht von
einer funktionellen Kopplung von Muskelgruppen aus. Dabei nimmt man funktionelle Ein-
heiten des Nervensystems an, womit man unter anderem auch eine mögliche Erklärung des
von BERNSTEIN formulierten Problems der Reduktion von Freiheitsgraden sieht, die in
komplexen biologischen Systemen existieren. Die Frage nach der „Ordnung“ in derartig
komplexen Systemen, versucht die aus Sicht der Neurobiologie und Neurophysiologie
mittlerweile kritisch betrachtete Synergetik mit Phänomenen wie „Selbstorganisation“ zu
beantworten. Systeme folgen „ ihrer natürlichen Neigung“, die auch aus dem Kontext ent-
springt. Raum-zeitli che Details können nicht antizipiert bzw. vorhergesagt werden. Eine
Untersuchung zur Fußgelenk-Hüftgelenk-Synergie (HORAK/NASHNER 1986) soll die
Sichtweise verdeutlichen. Dabei wurde an einem Gleichgewichtsexperiment untersucht,
unter welchen Umständen die Regulation mehr von den Muskeln der Fußgelenke oder aber
von den Muskeln des Hüftbereichs bewerkstelli gt wurde. Einmal hing dies von der Größe
der Standfläche ab, so war bei größeren Standflächen eher die Fußmuskulatur beteili gt, bei
kleinen Standflächen (z.B. dünner Querbalken) wurde eher durch die Hüftmuskulatur regu-
liert. Weiterhin spielte die Störgeschwindigkeit eine Rolle, so dass bei kleinerer Geschwin-
digkeit wieder die Fußmuskulatur dominierte, während bei größerer Störgeschwindigkeit
die Hüftmuskulatur die Führung übernahm. Auffälli g war dabei, dass die Veränderung des
„Attraktor-Zustandes“ von der Richtung der Veränderung der Störgschwindigkeit (Kon-
trollparameter) abhing. So wurde bei Verkleinerung einer hohen Geschwindigkeit die Do-
minanz der Hüftmuskulatur länger beibehalten, als der ermittelte Mittelwert des Attraktor-
Überganges, umgekehrt blieb bei Vergrößerung der niedrigen Geschwindigkeit die Fußge-
lenk-Synergie länger erhalten. (vgl. auch Untersuchungen zur Gangart bei Vierbeinern in
Abhängigkeit der Laufgeschwindigkeit. Dabei lassen sich Übergangspunkte der Gangarten
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Gang, Trab, Lauf ermitteln, sowie optimale Geschwindigkeit der jeweili gen Gangart durch
den Sauerstoffverbrauch ermitteln)
Eine andere Sichtweise stellt das „ Mass-Spring-Modell “ (Masse-Feder-Modell ) (SCHMIDT
1988) dar, welches jedoch nur auf Bewegungen mit einem Freiheitsgrad übertragbar ist.
Die Hauptannahme dieses Modells ist die Hypothese der Gleichgewichtsposition, nach der
Körperhaltungen und Bewegungen durch die Veränderung von Gleichgewichtspositionen
gesteuert werden. Einer der ersten, die sich diesem Gedanken widmeten, waren FELDMAN
(1965) und seine Mitarbeiter. Er definiert die erwähnte Gleichgewichtsposition im physika-
lischen Sinn als diejenige Muskellänge oder Winkelstellung des Gelenks, an der sich innere
und äußere Kräfte gegenseitig aufheben. Die Gleichgewichtsposition wäre demnach von
der Belastung abhängig. Eine andere Auffassung geht davon aus, dass sich das Körperglied
dann in einer Gleichgewichtsposition befindet, wenn sich die inneren Kräfte der agonisti-
schen und antagonistischen Muskulatur aufheben (BIZZI/POLIT/MORASSO 1976). Eine
Gleichgewichtsposition könnte also nur bei Abwesenheit äußerer Nettokräfte gewährleistet
sein.
Nach FELDMANN kann nun im Muskel die Schwelle zum Auslösen des Dehnungsreflexes
reguliert werden. Dem Lamda-Modell zu Folge kann also die zum Auslösen dieses Refle-
xes erforderliche Muskellänge (Muskellänge λ) verändert und somit die Empfindlichkeit
verstellt werden.
ROSENBAUM et al. (1991) versuchte nun ein Modell für komplexe Bewegungen zu entwi-
ckeln, da das Masse-Feder-Modell ja bekanntlich nur für einen Freiheitsgrad anwendbar
ist. Er entwarf das Modell der optimalen Auswahl, welchem die Annahme zugrunde lag,
dass Module „Angebote“ an einen Mechanismus höherer Ebene abgeben, der die Angebote
integriert und entsprechend der relativen Günstigkeit der Angebote Arbeit an die Effekto-
ren verteilt . Zum besseren Verständnis soll die Vorstellung kurz anhand der Bewegungs-
aufgabe erläutert werden, mit der das Modell überprüft wurde. Fordert man eine Person
auf, die Spitze des Zeigefingers zwischen zwei festgelegten Punkten in horizontaler Ebene
hin und her zu bewegen, so sind folgende Ausführungen möglich: (1) durch alleinige Be-
wegung des Zeigefingers (Rotation des Fingers um das Grundgelenk), (2) durch alleinige
Bewegung der Hand (Rotation der Hand um das Handgelenk), (3) allein durch Bewegung
des Unterarms (Rotation des Unterarms um das Ellenbogengelenk) oder (4) durch Kombi-
nation dieser Möglichkeiten. Man wird beobachten, dass eigentlich ständig die vierte Mög-
lichkeit gewählt wird, wobei jedoch je nach Art der Ausführung der relative Anteil der
Gliedsegmente variiert. Bei schneller Ausführung zum Beispiel dominiert das Fingerge-
lenk, bei langsamer der Unterarm.
Da dieses Modell gewisse Einschränkungen hatte (im Beispiel konnte jedes Gelenk die
geforderte Aufgabe vollständig lösen) wurde der Gedankengang erweitert. ROSENBAUM
vertrat die Auffassung, dass sich das Bewegungsgedächtnis an früher eingenommene
Positionen erinnert. Auf Grundlage dieser Überlegung kam er (1993) zur Überlegung, dass
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tionen erinnert. Auf Grundlage dieser Überlegung kam er (1993) zur Überlegung, dass das
motorische System Bewegungen auswählt, indem es sich auf gespeicherte Haltungen
stützt. Eine Haltung - oder zumindest eine eingenommene Haltung - lässt sich als Gleich-
gewichtsposition im Sinne des Masse-Feder-Modells ansehen. ROSENBAUM et al. stellten
die Hypothese auf, dass Haltung die fundamentalen gespeicherten Elemente der Bewe-
gungssteuerung darstellen. Die Gesamtheit gespeicherter Haltungen ist Teil des Wissens,
das für motorische Leistungen verwandt wird. Da sie auf diese Weise die Rolle des Wis-
sens herausstellten, nannten ROSENBAUM et al. Ihr System Wissensmodell . Dieses Modell
erfuhr auch noch in aktueller Zeit eine Reihe von Veränderungen und Erweiterungen, so
dass auch Bereiche wie Bewegungslernen und das Ausführen von Folgen mehrere Bewe-
gungen integriert wurden (vgl. ausführlich ROSENBAUM/KRIST 1994)
1.2 Motor isches Lernen
SCHNABEL beschreibt Lernen allgemein als einen Grundvorgang im Leben des Menschen.
Er definiert es als Neuerwerb und Vervollkommnung zweckmäßiger Verhaltensweisen
durch aktive Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt (MEINEL/SCHNABEL
1987).
MECHLING definiert Lernen als „ ... den Erwerb (Neulernen, Hinzulernen), den Erhalt (An-
wendungslernen) und die Veränderung (Umlernen) eines spezifischen internen Zustandes
(Wissens- und Verhaltensbestand, Gewohnheiten, Einstellungen) eines Individuums als
Folge situationsbezogener (d.h. personen-, umwelt- und aufgabenbezogener), systemeige-
ner Informationsverarbeitung und -speicherung im Prozess der Tätigkeit (Ü-
bung/Training).“ (in RÖTHIG et al. 1992, 284)
Weitere Autoren bezeichnen Lernen als einen Prozess, der zu relativ stabilen Veränderun-
gen im Verhalten oder im Verhaltenspotential führt, und auf Erfahrungen aufbaut (ZIM-
BARDO 1992, 227)
Bezogen auf die menschliche Motorik kann man also sagen: Motorisches Lernen stellt eine
umweltbedingte, erfahrungsabhängige und relativ überdauernde Initii erung bzw. Modifika-
tion von sportmotorischen, bewegungsbezogenen Verhaltensänderungen auf der Grundlage
von Informationsverarbeitungsprozessen dar. (vgl.: KLIX 1971, 34; MAGILL 1985; DAUGS
1988, 124; DAUGS et al. 1989, 11)
Der Forschungsbereich motorisches Lernen untersucht nun, wie es zur Ausbildung neuer
Bewegungsmuster kommt, welche Strategien zum Bewegungslernen notwendig sind und
welche internen Prozesse hierbei eine Rolle spielen. So ist auch im Bereich des motori-
schen Lernens die Frage nach der Reduktion der Freiheitsgrade sowie der umgebungsbe-
dingten Variabilit ät (BERNSTEIN-Problem) von entscheidender Bedeutung. Weiterhin
nimmt die Gestaltung lernrelevanter Information (Instruktion, Feedback) einen breiten
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Raum in der Forschung ein. Hierbei interessiert nun auch die Frage nach der Transformati-
on dieser häufig extrinsischen verbalen oder optischen Information in die entsprechenden
internen Bewegungskommandos. Über die Erfassung von Bewegungsvorstellung versucht
man deren Veränderung durch Information zu registrieren. Auch die direkte Beeinflussung
der Bewegungsvorstellung im Lernprozess (z.B. über mentales Training) sowie der Zu-
sammenhang von Kognition und Motorik sind zunehmend Gegenstände der Forschung.
Motorisches Lernen ist unter anderem altersabhängig, d.h. abhängig von der motorischen
Entwicklungsstufe, in der man sich gerade befindet (Motorische Entwicklung siehe unten).
Allgemein kann vermutet werden, dass neu zu lernende Bewegungen zunächst einmal in
großem Maße aufmerksam kontrolli ert und gesteuert werden. SCHNABEL teilt den Prozess
des Bewegungslernens in drei morphologisch charakterisierte Phasen ein, die im folgenden
kurz erläutert werden sollen:
Die erste Lernphase umfasst die Entwicklung der Grobkoordination, d.h. vom näheren
Bekanntwerden mit der Bewegung bis zu einem Stadium, in dem der Übende unter günsti-
gen Bedingungen die Bewegung bereits ausführen kann. In dieser Phase wird zunächst ein-
mal die Bewegungsvorstellung entwickelt. Charakteristisch für dieses Stadium sind die im
folgenden beschriebenen Ausführungsmerkmale: Es zeigt sich oft ein übermäßiger, zum
Teil noch falscher Krafteinsatz und ein verkrampftes Bewegungsbild. Die Bewegungs-
kopplung ist ungenügend und häufig ebenfalls noch falsch. Der Bewegungsfluss an sich ist
mangelhaft und der Bewegungsumfang sowie das -tempo sind unangemessen, häufig zu
gering. Die Präzision und Konstanz sind recht gering ausgeprägt, so dass die Bewegungs-
parameter noch stark streuen.
Die genannten Beobachtungen begründen sich unter anderem durch eine noch unzurei-
chende Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und damit eine Unvollkommenheit
des Bewegungsprogramms. Es findet eine unzureichende Regelung des Bewegungsvollzu-
ges statt und die Steuerung verläuft in hohem Maße über den sogenannten „äußeren Regel-
kreis“ .
Die zweite Lernphase umfasst den Übergang von der Grobkoordination zur Feinkoordina-
tion und soll als fließender Übergang verstanden werden. Folgende Ausführungsmerkmale
charakterisieren die Feinkoordination: Der Kraftaufwand beschränkt sich auf das erforder-
liche Maß und die dynamische Struktur des Bewegungsvollzuges wird optimal. Zuneh-
mend werden äußere Kräfte genutzt (Schwerkraft, Reibung, Luft- u Wasserwiderstand) und
Bewegungskopplung, d.h. die Verschiebung von Teilbewegung erfährt eine zweckmäßige
Ausprägung. Der Bewegungsumfang sowie das -tempo werden den Erfordernissen ange-
passt. Der Bewegungsfluss ist gut ausgeprägt (fließende, runde, harmonische Bewegungen
ohne „Ecken und Kanten“). Unter günstigen und konstanten Bedingungen ist eine hohe
Bewegungspräzision und -konstanz charakteristisch. Es lässt sich also allgemein eine Ver-
vollkommnung der Bewegungskoordination beobachten, die unter anderem durch eine Er-
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weiterung und Präzisierung der Informationsaufnahme und -verarbeitung erklärt werden
kann. Dies führt zur Vervollkommnung des Handlungsprogramms, vor allem in den Unter-
programmen der unteren Regulationsebene, und der Bewegungsantizipation als auch zur
Anreicherung des Bewegungsgedächtnisses. Durch die Zunahme der funktionellen Wirk-
samkeit des kinästhetischen Analysators wird die Bewegungssteuerung präzisiert und eine
genauere Regelung des Bewegungsablaufes über den „ inneren Regelkreis“ (bewegungslen-
kende Reafferenz) ermöglicht.
Die dritte Lernphase umfasst den Lernverlauf vom Erreichen des Stadiums der Feinkoor-
dination bis zum Stadium der variablen Verfügbarkeit. In diesem Stadium kann der Ler-
nende die zu lernende Bewegung auch unter schwierigen und ungewohnten Bedingungen
erfolgreich anwenden. Die Bewegungsausführung weist alle Merkmale einer vollkomme-
nen Technik auf. Damit sind wesentliche Voraussetzungen für hohe sportli che Leistungen
gegeben. Die Aufmerksamkeit kann der Lernende mehr und mehr von der Bewegungsaus-
führung lösen, von den Hauptgliedern oder „Knotenpunkten“ abgesehen.
Die praktische Anwendung der erlernten Bewegung bestimmt den Grad der Stabili sierung
und der variablen Verfügbarkeit sowie die möglichen Störeinwirkungen. In vielen Lernpro-
zessen wird das Stadium der variablen Verfügbarkeit nicht oder nur unvollkommen er-
reicht; das ist nur bei einer intensiven weiteren Ausbildung und Schulung möglich. Ein
absoluter Abschluss der dritten Lernphase des gesamten Lernprozesses kommt praktisch
nicht vor. Im sportli chen Training ist ein ständiges Weiterlernen notwendig, wenn nicht ein
Rückgang der Stabilit ät und variablen Verfügbarkeit eintreten soll .
Das Erscheinungsbild der Bewegungsausführung in diesem Stadium entspricht weitgehend
dem der Feinkoordination, lediglich die Bewegungspräzision und die Bewegungskonstanz
finden eine besondere Ausprägung darin. Zur Vervollkommnung der Koordination sind
zwei dialektisch miteinander verbundene Prinzipien festzustellen: Stabili sierung des Leis-
tungsverhaltens durch Standardisierung der wichtigsten Bewegungsparameter; aber auch
Stabili sierung durch Erweiterung der koordinativ beherrschbaren Variationsmöglichkeiten.
Durch die Vervollkommnung der sensumotorischen Steuerung ist eine rechtzeitige Antizi-
pation von veränderten Bedingungen möglich.
Man kann in dieser Phase von einer Automatisierung der Bewegung sprechen. Darunter
versteht man eine Stabili sierung des Leistungsverhaltens, wobei der Lernende seine Auf-
merksamkeit nicht mehr bewusst auf die Bewegungsausführung richten muss. (MEI-
NEL/SCHNABEL 1987, 187 ff)
Gerade in Hinblick auf die Bewegungsautomatisierung vertritt man heute den Gedanken
eines mehrdimensionalen Kontinuums mit den Extrempolen aufmerksam kontrolli ert auf
der einen Seite und automatisch auf der anderen (NEUMANN 1991, 17). Dieser Automatisie-
rungsprozess geschieht über sogenanntes extensives Üben auf den drei Ebenen „äußere
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Bewegungserscheinung“, „ interne Kontrollmechanismen“ sowie „subjektives Empfin-
den“ .(siehe hierzu IV5.2 auf Seite 80)
1.3 Motor ische Entwicklung
Der Bereich motorische Entwicklung beschäftigt sich mit der Veränderung der Motorik
und der Aneignung von Bewegungen im Verlauf der Ontogenese.
MECHLING definiert die Ontogenese als „ Individualentwicklung, zeitabhängige Verände-
rung der äußeren Erscheinung sowie des Verhaltens und Erlebens des Individuums von
seinem Lebensbeginn bis zu seinem Lebensende. Als wichtigste Stufen der Ontogenese
werden Neugeborenenalter, Säuglingsalter, Kleinkindalter, frühes und spätes Schulkindal-
ter, Pubeszenz, Adoleszenz, frühes, mittleres, späteres und spätes Erwachsenenalter be-
zeichnet“ (in RÖTHIG et al. 1992)
Zum Begriff Entwicklung äußert sich THOMAE (1959, 10) allgemein: Entwicklung ist eine
„Reihe von miteinander zusammenhängenden Veränderungen, die bestimmten Orten des
zeitli chen Kontinuums eines individuellen Lebens zuzuordnen sind“ (WILLIMCZIK/ROTH
1991, 245).
Entwicklung umfasst die gesamte Lebenszeit und ist nicht an das Kindesalter gebunden.
Sie umfasst nicht nur den Anstieg der einzelnen Merkmalsausprägungen, sondern auch
deren Abfall . Auf der Grundlage der entwicklungspsychologischen Erklärung von THOMAE
kann man motorische Entwicklung zunächst allgemein als eine Reihe von miteinander zu-
sammenhängenden, auf den motorischen Persönlichkeitsbereich bezogenen Veränderungen
gesehen werden, die bestimmten Orten des zeitli chen Kontinuums eines individuellen Le-
bens zuzuordnen sind (ebd.). Etwas konkreter ausgedrückt umschließt die motorische Ent-
wicklung die konditionellen und koordinativen Fähigkeiten sowie die elementaren motori-
schen Fertigkeiten (wie Gehen, Laufen, Springen, Werfen usw.) und die sportmotorischen
Fertigkeiten (wie Diskuswurf, Korbleger, Kraulschwimmen, Schwungkippe usw.)
SINGER/BÖS (1994, 19) definieren motorische Entwicklung wie folgt:
„Motorische Entwicklung bezieht sich auf die lebensalterbezogenen Veränderungen der
Steuerungs- und Funktionsprozesse, die Haltung und Bewegung zugrunde liegen.“
Auch gemäß dieser Definition wird das Gebiet nicht auf das Kindes- und Jugendalter be-
schränkt. Die Einschränkung in dieser Definition bezieht sich lediglich darauf, dass die
erwähnten Veränderungen nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt beobachtet oder auf belie-
bige Weise hervorgebracht werden können, sondern sie sind an lebensaltertypische Ein-
flüsse, Ereignisse, Vorgänge (z.B. auch körperbaulicher Art) zu einer gegebenen Zeit in
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einer gegebenen Gesellschaft gebunden. (vgl. ULICH 1986, 10). Somit besteht auch hier
eine Abgrenzung zum motorischen Lernen.
In Anlehnung an WINTER (1987) soll im Folgenden ein Überblick über die verschiedenen
Stadien der motorischen Entwicklung in der Ontogenese und deren Merkmale gegeben
werden:
Das Neugeborenenalter umfasst etwa die ersten drei Lebensmonate. Sie wird auch als die
Phase der ungerichteten Massenbewegungen bezeichnet. Das Kind verfügt zunächst über
angeborene Reflexe, die Lebensnotwendig sind. Hierzu zählen das Atmen, das Schreien,
das Saugen, das Schlucken usw. Es verfügt also nur über wenige Bewegungen, die über
subkortikale Hirnzentren gesteuert werden. Die Bewegungsentwicklung verläuft in diesen
ersten drei Monaten verhältnismäßig langsam. Im Wachzustand sind hauptsächlich die un-
gerichteten Massenbewegungen zu beobachten. Erst gegen Ende des Neugeborenenalters
werden die Anfänge zielgerichteter Bewegungen erkennbar.
Die Zeit vom vierten bis zum zwölften Monat wird mit dem Begriff Säuglingsalter um-
schrieben. In dieser Zeit eignet sich das Kind die ersten koordinierten Bewegungen an.
Hierzu zählt des gezielte Greifen, die aufrechte Haltung und die selbständige Fortbewe-
gung. Wesentliche Merkmale dieser Phase sind einmal die cephalocaudale Entwicklungs-
richtung, d.h. die Genese geordneter Bewegungen vom Kopf ausgehend und fußwärts fort-
schreitend. Weiterhin der zentral-periphere Trend, worunter man das Fortschreiten der
koordinierten Selbstbewegungen von den größeren, proximalen Muskelgruppen zu den
kleineren, distalen Muskeln versteht. Auffälli g ist auch die kontralaterale Mitbewegung.
Dabei ist zunächst immer noch ein Hypertonus der Muskulatur zu beobachten.
Das Kleinkindalter umfasst die Zeit nach dem ersten bis zum dritten Lebensjahr. Es han-
delt sich um die Phase der Aneignung vielfältiger Bewegungsformen.
Mit der Aneignung des freien Gehens um die Wende des ersten Lebensjahres erweitert sich
der den Kindern zugängliche Erfahrungsbereich erheblich. Der ausgeprägte Bewegungs-
drang sowie das Bedürfnis, sich ständig mit der Umwelt auseinander zu setzen führen zur
Aneignung vielfältiger neuer Bewegungsformen. Hierzu zählen das Gehen, das Klettern,
das Laufen und Springen, das Werfen und Fangen, das Ziehen und Schieben, das Hängen
und Schwingen, das Wälzen und Rollen sowie das Tragen und balancieren. Typisch für das
Bewegungsverhalten der Kleinkinder ist im besonderen der ausgeprägte Bewegungsdrang,
das „Probier-“ und Nachahmungsbedürfnis, der häufige Wechsel der Spieltätigkeit sowie
das kontaktarme Spielen der Kinder nebeneinander. Merkmale der Bewegungsausführung
in diesem Alter sind die geringe Bewegungsstärke, das langsame Tempo, der zumeist klei-
ne räumliche Umfang sowie die Mit- und Nebenbewegungen. Weiterhin sind schwach aus-
geprägter Bewegungsrhythmus sowie Bewegungsfluss sowie geringe Bewegungselastizität,
Bewegungskonstanz und erhebliche Mängel der Bewegungskopplung charakteristisch.
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Das Vorschulalter wird auch als Phase der Vervollkommnung vielfältiger Bewegungen
bezeichnet und umfasst das vierte bis siebte Lebensjahr. In dieser Phase kommt es bereits
zur Aneignung erster Bewegungskombinationen. Die Bewegungsabläufe werden qualitativ
besser und es verbessert sich quantitativ die Leistung
In der Entwicklung der konditionellen Fähigkeiten sind unterschiedliche, bei den koordina-
tiven Fähigkeiten überwiegend deutliche Fortschritte erkennbar.
Ein relativ gutes Niveau erreichen bei sechs- bis siebenjährigen in der Regel die Gleichge-
wichtsfähigkeit und die Beweglichkeit sowie (besonders übungsabhängig) die aerobe Aus-
dauer. Das Niveau der Rhythmisierungs-, Kopplungs- und Antizipationfähigkeit ermöglicht
ein effektives Üben besonders mit Grundformen sportli cher Bewegungen und elementarer
Bewegungskombinationen.
Das Bewegungsverhalten ist durch ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis bei gesteigerter
Zielstrebigkeit gekennzeichnet.
Das frühe Schulkindalter ist die Phase schneller Fortschritte in der motorischen Lernfä-
higkeit und umfasst etwa das siebte bis zehnte Lebensjahr.
Die Altersstufe zeichnet sich durch eine ausgeprägte Lebendigkeit und Mobilit ät des Kin-
des aus. Sie lernen zunehmend, sich auf bestimmte Tätigkeiten zu konzentrieren und die
motorische Lernfähigkeit nimmt zu.
Hohe jährliche Zuwachsraten sind bei der Entwicklung der Bewegungsschnelli gkeit sowie
der aeroben Ausdauer und den koordinativen Fähigkeiten zu beobachten. Recht gering ist
jedoch der Zuwachs der Kraft, vor allem im Bereich der Arm- und Rumpfkraft, wenn eine
gezielte Kräftigung unterbleibt. Bewegungsstärke und Bewegungstempo nehmen beträcht-
lich zu.
Das späte Schulkindalter umfasst etwa das zehnte bis zwölfte Lebensjahr bei Mädchen
und etwa das zehnte bis dreizehnte Lebensjahr bei Jungen. Es wird auch als Phase der bes-
ten motorischen Lernfähigkeit in der Kindheit bezeichnet.
Das motorische Verhalten ist durch eine beherrschte, zielgerichtete und sachbezogene Mo-
bilit ät gekennzeichnet. Die motorischen Fähigkeiten erreichen im Vergleich zu vorange-
gangenen Phase ein deutlich höheres Niveau. Die motorische Steuerungsfähigkeit und da-
mit die Beherrschung, Sicherheit und Ökonomie der Bewegung haben sich verbessert.
Das späte Schulkindalter kann als erster Höhepunkt der motorischen Entwicklung betrach-
tet werden.
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Die erste puberale Phase (Pubeszens) ist auch bekannt als die Phase der Umstrukturie-
rung von motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sie umfasst bei Mädchen etwa das
elfte bis dreizehnte und bei Jungen etwa das zwölfte bis fünfzehnte Lebensjahr.
Im motorischen Verhalten ist häufig eine bestimmte Gegensätzlichkeit und Unausgegli-
chenheit erkennbar. Es erfolgen bedeutsame hormonelle Umstellungen, damit verbunden in
der Regel ein erheblicher Wachstumsschub und Veränderungen der Körperproportionen.
Diese Sachverhalte führen zu einer günstigen Entwicklung im Bereich der Kraft- und Aus-
dauerfähigkeiten. Die Genese der Schnelli gkeitsfähigkeit erreicht gegen Ende dieser Phase
allmählich ihre Endwerte.
Die zweite puberale Phase (Adoleszens) zeichnet sich als die Phase der sich ausprägen-
den geschlechterspezifischen Differenzierung sowie der fortschreitenden Individualisierung
und der zunehmenden Stabil isierung aus. Sie umfasst bei weiblichen Jugendlichen etwa die
Zeit vom dreizehnten bis siebzehnten Lebensjahr, beim männlichen Jugendlichen etwa
vom vierzehnten bis neunzehnten Lebensjahr.
Die ausgeprägte geschlechterspezifische Differenzierung äußert sich in einer unterschiedli-
chen Bewegungsaktivität und Bewegungssteuerung sowie durch eine geschlechterspezi-
fisch zunehmend geprägte Variabil ität und Ausdrucksstärke der Motorik.
Die Fortschreitende Individualisierung äußert sich durch eine immer größer werdende Va-
riationsbreite in allen wesentlichen Merkmalen der motorischen Entwicklung.
Die Stabili sierungstendenzen äußern sich zunächst in der Überwindung der Gegensätzlich-
keit und Unstetigkeit im motorischen Verhalten sowie in der erneuten Verbesserung der
motorischen Lernfähigkeit besonders bei Jungen.
Das Erwachsenenalter unterteilt sich in die Abschnitte frühes Erwachsenenalter, mittleres
Erwachsenenalter, späteres Erwachsenenalter und spätes Erwachsenen- und Greisenalter
Die Zeit zwischen 18 und 35 Jahren wird als frühes Erwachsenenalter bezeichnet und ist
gekennzeichnet durch die relative Erhaltung der motorischen Leistungsfähigkeit.
Im Bewegungsverhalten und in der Bewegungsführung ist ein gewisser Mäßigungsprozess
festzustellen. Die Bewegungen werden ruhiger, sparsamer und tendieren zu stärkerer
Zweckmäßigkeit und Ökonomie.
Das Ausmaß des sportmotorischen Leistungsrückganges bei Nichtrainieren ist am Ende
dieses Lebensabschnittes deutlich erkennbar.
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind vor allem bei Nichttrainierenden beträcht-
lich.
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Für sportli ch Trainierende ist dieser Abschnitt die Zeit der vollen Ausprägung der motori-
schen Leistungsfähigkeit.
Das mittlere Erwachsenenalter zeichnet sich durch eine allmähliche motorische Leis-
tungsminderung aus. Dieser Bereich umfasst das Alter zwischen 30 und 50 Jahren.
Die angesprochene Leistungsminderung betriff t vor allem Nichttrainierende. Besonders
koordinative Fähigkeiten, aber auch die Schnelli gkeits- und Ausdauerfähigkeiten unterlie-
gen erhebliche Involutionsveränderungen.
Bei sportli ch Trainierenden jedoch ist dies die Zeit der möglichen Erhaltung höchster mo-
torischer Leistungen bei entsprechend intensivem und kontinuierlichem Training.
Bei Untrainierten kann die motorische Leistungsfähigkeit durch regelmäßiges sportli ches
Training reaktiviert, bedeutend gesteigert und erhalten werden.
Das Alter von 45 bis etwa 70 Jahren wird auch als späteres Erwachsenenalter bezeichnet
und ist charakterisiert durch eine verstärkte motorische Leistungsminderung.
Bei Untrainierten sind die Schnelli gkeits-, Kraft- und Ausdauerfähigkeiten in deutlicher
Involution begriffen und erreichen schließlich ein sehr niedriges Niveau. Auch in der moto-
rischen Lernfähigkeit muss mit verstärkten Schwierigkeiten gerechnet werden. Relativ ge-
sehen bleiben die Maximalkraft- und Kraftausdauerfähigkeit erhalten.
Auch bei Sporttreibenden sind mehr oder minder ausgeprägte und letztli ch irreversible mo-
torische Leistungsminderungen festzustellen.
Eine ausgeprägte motorische Involution ist nach dem 65. Lebensjahr festzustellen. Diese
Zeit bezeichnet man schließlich als das späte Erwachsenenalter oder auch Greisenalter.
Das Bewegungsbedürfnis der Menschen im hohen Alter ist in der Regel stark vermindert.
Die Bewegungsführung erfolgt verhalten und langsam und durch eine gewisse Starrheit
und Stereotypie gekennzeichnet. Es ist eine erhebliche Qualitätsminderung bei motorischen
Handlungen erkennbar.
Die Alterserscheinungen in der Motorik erweisen sich letztli ch als unvermeidbarer Vor-
gang. Sie lassen sich jedoch durch sportli che Aktivität erheblich verzögern.
WILLIMCZIK/ROTH (1991, 246, 252) kriti sieren jedoch eine derartig ausführlich Einteilung
und haben erhebliche Bedenken an der Einbeziehung von Altersangaben als Bezugsgröße.
Sie orientieren sich an der bereits genannten Definition von THOMAE und teilen in drei
Hauptabschnitte ein:
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Die motorische Entwicklung um Kleinkind- und Vorschulalter zeichnet sich durch die
Entwicklung von allgemein benötigten Fertigkeiten wie zum Beispiel Gehen, Laufen, Klet-
tern usw. aus. Es handelt sich also um Fertigkeiten, die vor allem zur Alltagsmotorik zäh-
len und nur sekundär Anwendung im Sport finden.
Die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten im Sinne einer Leistungssteigerung steht
dagegen im Kindes- und Jugendalter im Zentrum.
Für das Erwachsenenalter schließlich ist die Erhaltung bzw. die Abnahme der motori-
schen Leistungsfähigkeit charakterisierend.
Generell sollte bei der Betrachtung der motorischen Entwicklung die Abweichung von ka-
lendarischem und biologischem Alter berücksichtigt werden. Auch diese Tatsache macht
eine Alterszuordnung problematische. Gerade bei der Prognose möglicher Talente für den
Hochleistungssport kann diese Abweichung zu falschen Schlussfolgerungen führen. „Ein ...
Problem ist das Verkennen von Talenten aufgrund eines zeitweili gen Entwicklungsrück-
standes, einer Retardation, aber auch die Auswahl von Scheintalenten aufgrund eines zeit-
weili gen Entwicklungsvorsprungs, einer Akzeleration ...“ (DAUGS 1987, 320)
2 Bewegung, Motor ik und Bewegungsapparat
„Während die an der Peripherie als objektiver Vorgang in Erscheinung tretende Verände-
rung der menschlichen Körpermasse in Raum und Zeit durch den Begriff der Bewegung
gekennzeichnet wird, bilden die neurokybernetischen Charakteristika, die auch subjektive
Faktoren und Bewusstseinsinhalte der Will kürbewegung umfassen, den Bereich der Moto-
rik“ . (GUTEWORT/PÖHLMANN 1966, 597)
Motorik umfasst danach die Gesamtheit aller internen, neurophysiologischen wie psycho-
logischen Steuerungs- und Funktionsprozesse, die am Zustandekommen der äußerlichen,
objektiven (biomechanisch) registrierbaren Bewegung beteili gt sind (vgl. DAUGS et al.
1996, 13).
Der Bewegungsapparat kann nun demnach als Mittel angesehen werden, welches die moto-
rischen Anweisungen in die eigentliche Bewegung umsetzt. Er besteht aus dem aktiven
(Muskulatur) und dem passiven (Knochen, Knorpel, Bänder) biologischen Bewegungsma-
terial
Erläuterung am Beispiel der Aufgabe „Fangen und Werfen eines Balles“ :
Die Flugbahn und die Geschwindigkeit des Balles muss zunächst visuell wahrgenommen
und weiter antizipiert werden. Aufgrund dieser Informationen werden die erforderlichen
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Parameter zur Erfüllung der Aufgabe spezifiziert. Alle internen neurophysiologischen Pro-
zesse bewirken nun die Ausrichtung des Bewegungsapparates auf das Objekt „ankommen-
der Ball “ . Schließlich werden die Hände in die Flugbahn des Balles gebracht und fangen
diesen ab. Soll der Ball nun in eine andere Richtung wieder weggeworfen werden, so läuft
dies nach ähnlichem Schema wieder ab. Es ist jedoch zu beobachten, dass geübtere Sport-
ler beide Aufgaben zu einer integrieren und schon vor dem Fangen des Balles den Körper
in die Richtung des folgenden beabsichtigten Wurfes ausrichten (Antizipation des folgen-
den Wurfes schon beim Fangen aufgrund entsprechender Vorerfahrung).
3 Methoden der Bewegungswissenschaft
3.1 Phänographie der Bewegung
Gegenstand der Phänographie ist der geformte Bewegungsvollzug (Bewegungsform), der
sich unmittelbar der Anschauung darbietet und mittels kinematographischer Methoden (Ki-
nematographie) zu objektivieren ist. Ziel ist die Strukturanalyse und Merkmalssichtung
(figurale und dynamische Merkmale) von Bewegungsformen in Hinblick auf die Gestal-
tungsqualität bzw. Bewegungsmerkmale. (LEIST 1992, 359)
Kinematographie ist das Aufnehmen und die Darstellung von Bildfolgen währen der Aus-
führung einer Bewegung (z. B. mit einer kinematographischen Kamera). Auch gewinnt die
Videographie immer mehr an Bedeutung. Durch die Darstellung von Bildfolgen mit kon-
stanten und bekannten Zeitintervallen können Geschwindigkeits- und Beschleunigungsrela-
tionen analysiert werden.
3.2 Biomechanik der Bewegung
Die Biomechanik versucht menschliche Bewegung aufgrund ihrer mechanischen Gesetz-
mäßigkeiten zu erforschen, und zwar auf Grundlage der Kinematik und der Dynamik.
Sie beschäftigt sich mit kinematischen Merkmalen, wie zum Beispiel Winkel, Winkelver-
änderungen, Geschwindigkeiten, Beschleunigung usw., sowie mit dynamischen Merkmalen
wie Kraft, Kraftstöße und Impulse.
Zentrale Meßmethoden sind die Anthropometrie, Kinemetrie, Dynamometrie und die E-
lektromyographie. (zur Beschreibung dieser und weiterer biomechanischer Verfahren vgl.
II)
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3.3 Funktionelle Anatomie der Bewegung
Die funktionelle Anatomie beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel des aktiven und passi-
ven Bewegungsapparates und der Koordination seiner Teile an der Bewegungsausführung.
Über Elektromyographie (Beschreibung in 1.8) kann man Aktivität und zeitli che Abstim-
mungen muskulärer Kontraktionen ermitteln und graphisch darstellen.
Bei komplexen Bewegungen (wie z.B. Stabhochsprung) wird die Durchführung der E-
lektromyographie schwierig, da die Messeinrichtung erhebliche Rückwirkungen auf die
Sportler ausübt. GEESE (1991) beschreibt hierzu eine funktionell -anatomische Analyse in
Anlehnung an die Technikanalyse komplexer Bewegungen von WOZNIK/GEESE (1980).
Dabei muss zunächst eine Gliederung der Bewegung in funktionsorientierte Bewegungsab-
schnitte bzw. -phasen vorgenommen werden. Es folgt eine Zuordnung der primär bean-
spruchten Muskulatur, die auf einer theoretischen Simulation des Bewegungsablaufes von
Skeletthebeln bzw. Körpersegmenten beruht. Es werden nur die Muskelgruppen einbezo-
gen, die sich für die Bewegungsausführung als spezifisch erweisen. In der Regel sollte die
verbale Beschreibung durch Abbilder ergänzt werden.
3.4 Neurophysiologie der Bewegung
Dieser Bereich beschäftigt sich mit der Analyse und der Beschreibung der sensumotori-
schen Koordination des neuromuskulären Systems und untersucht das Zusammenspiel von
Zentralnervensystem und Skelettmuskulatur.
Informationen erhält man auch hier über Elektromyographie, weiterhin über Elektroen-
cephalographie (elektrische Aktivität des Gehirns, vgl. 1.8), sowie über die Reaktionszeit-
messung (Reizleitungsgeschwindigkeit, vgl. 1.8)
3.5 Psychologie der Motor ik
Die Psychologie der Motorik beschäftigt sich vor allem mit den kognitiven Prozessen von
Bewegung. Man erforscht die Steuerung von Bewegung, sensumotorische Prozesse, sowie
Intention und Handlungsregulation, um nur einige Gebiete anzusprechen. Frühere Befunde
und Aussagen über Annahmen wie „begrenzte Kapazität“ , „Ressourcentheorie“ , „generali-
sierte motorische Programme“ usw. sind derzeit wieder in der Diskussion. Es haben sich
verschiedene Zweige in diesem Bereich entwickelt, so zum Beispiel die Psychologie der
Informationsverarbeitung (BROADBENT, SCHMIDT, MAGILL), vorwiegend im anglo-
amerikanischen Sprachraum propagiert, und die handlungstheoretische Ansätze (PAWLOW,
BERNSTEIN), die sich im osteuropäischen Raum durchgesetzt hat.
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Methoden sind Treckingaufgaben, Untersuchungen zu Doppelaufgabeninterferenzen,
Feedback-Versuche sowie Reaktionszeitmessungen, Persönlichkeitstests, Beobachtungs-
verfahren, Befragungen, Labor- und Feldexperimente.
4 Phänografisch-quali tative Bewegungsanalyse
Bei der phänographisch-qualitativen Bewegungsanalyse wird die äußere Erscheinung der
Bewegung beschrieben, ohne die freiwerdenden Kräfte, Drehmomente und Geschwindig-
keiten näher zu beschreiben.
Bewegungsbeschreibung der Laufkippe am Reck:
Der Turner fasst die etwas über Kopfhöhe angebrachte Reckstange eines Stützreckes unge-
fähr schulterbreit. Er läuft unter der Stange durch, bis die Arme gestreckt sind und der
Körper in eine Bogenspannung kommt. Durch anschließenden Abdruck vom Boden wird
der Vorschwung verlängert, wobei zunächst die Bogenspannung beibehalten wird. Bei Er-
reichen des toten Punktes im Vorschwung wird die Bogenspannung aufgelöst und mit Be-
ginn des Rückschwunges die Hüfte aktiv gebeugt. Während des Rückschwunges bewegen
sich nun die Beine klappmesserartig zum Oberkörper. Die Arme bleiben gestreckt, so dass
sich die Unterschenkel im Bereich der Fußgelenke auf die Reckstange zu bewegen. Er-
reicht nun der Körperschwerpunkt die senkrecht zum Aufhängepunkt (Reckstange), so be-
ginnt die Kippbewegung. Dabei werden durch eine dynamische Hüftstreckung die Beine
nach vorne oben gestoßen, so dass die Reckstange über die gestreckten Beine in die Hüft-
beuge gleitet. Die dabei entstehende Rotation der Beine überträgt sich auf den Rumpf wo-
bei durch Annäherung des Körperschwerpunktes an die Drehachse eine Beschleunigung
der Winkelgeschwindigkeit stattfindet. Das aktive Arretieren der Beinbewegung hebt den
Körper durch Impulsübertragung an, wobei durch ein Umgreifen der Hände und anschlie-
ßender leichter Stemmbewegung schließlich der Stütz erreicht wird.
5 Biomechanisch-quali tative Bewegungsanalyse
Bei der biomechanisch-quantitativen Bewegungsanalyse sollen die tatsächlichen, absoluten
und objektiven Kräfte, Impulse und Geschwindigkeiten gemessen werden.
Eine Erläuterung erfolgt nun am Beispiel eines bipedalen Vertikalsprunges an der Kraft-
messplatte. Der Sportler steht zunächst ruhig auf der Platte, wobei seine Gewichtskraft
angezeigt wird. Beim Absenken des Körperschwerpunktes zur Sprungvorbereitung, zeigt
sich nun eine Verringerung der am Boden gemessenen Kraft, die sich jedoch beim Amorti-
sieren der Absenkung wieder ansteigt, und die Gewichtskraft-Ebene durchquert. Da der
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Sprungabdruck schon vor Erreichen des Totpunktes eingeleitet wird, steigt die Kraftkurve
noch in der Abwärtsbewegung stark über die Gewichtskraft an und erreicht im Totpunkt
ein Maximum. Danach ist ein Sinken der Kraftkurve zu beobachten. Bei einem Arm-
schwung steigt sie jedoch wieder an und durch das kräftige Strecken der Beine und Fußge-
lenk entsteht ein zweites und höheres Maximum. Danach fällt die Kurve extrem steil ab
und beim Verlassen der Platte wird logischerweise kein Wert mehr angezeigt. Wird beim
Verlassen des Bodens der nach vorne oben gerichtete Armschwung arretiert, so überträgt
sich ein zusätzlicher Impuls auf den Rumpf, wodurch sich die Flugzeit verlängert. Beim
Landen wird zunächst beim Berühren der Platte mit den Zehen und Fußballen ein Aus-
schlag beobachtet und beim Aufsetzen der Fersen ein zweiter, beträchtlich höherer. Durch
die Abfederbewegung mit den Beinen flacht die Kurve ab. Noch während der Aufwärtsbe-
wegung nach dem Abfedern ist die registrierte Kraft zunächst noch über Gewichtskraftni-
veau, unterschreitet dieses jedoch im zweiten Abschnitt und pendelt sich bei Erreichen des
aufrechten Standes wieder auf Gewichtskraftniveau ein.
6 Kognition und Motor ik
Motorik bezeichnet die Gesamtheit aller internen neurophysiologischen wie psychologi-
schen Steuerungs- und Funktionsprozesse, die am Zustandekommen der äußerlichen, ob-
jektiven (biomechanisch) registrierbaren Bewegung beteili gt sind.
Kognition bezeichnet die subjektiven Faktoren und Bewusstseinsinhalte der Will kürbewe-
gungen, Prozesse also, die sich allgemein auf Aspekte wie Empfindung, Wahrnehmung,
Vorstellung, Behalten, Erinnerung, Problemlösung, Denken u.a.m. beziehen (vgl. DAUGS et
al. 1996; NEISSER 1974, 19)
6.1 Bewegungsvorstellung
Bewegungsvorstellung bedeutet im weiteren Sinn alle im Gedächtnis verfügbaren Informa-
tionen. Sie schließt die spezifischen Wahrnehmungsqualitäten und -intensitäten über die
verschiedenen Rezeptoren sowie die Bewertung (z. B. auch Emotionen) mit ein. Im enge-
ren Sinn ist die Abrufung dieser Information aus dem Langzeitgedächtnis und die Reprä-
sentation im kognitiven Kurzzeitgedächtnis gemeint. Vielfach werden beide o. g. Aspekte
undifferenziert voneinander verwendet (MESTER 1992 91)
Somit handelt es sich bei der Bewegungsvorstellung um die Repräsentation von Bewe-
gungsmustern. Nach HEUER (1985, 193) kann eine Bewegung auf vier unterschiedliche
Arten beschrieben werden: motorisch, kinästhetisch, räumlich-bildhaft sowie symbolisch-
sprachlich. Die motorische Beschreibung spezifiziert hierbei raum-zeitli che Muster
efferenter Kommandos. Die kinästhetische Beschreibung spezifiziert kinästhetische
Begleiterscheinungen des Bewegungsmusters, also die „ Innenansicht“ oder das
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scheinungen des Bewegungsmusters, also die „ Innenansicht“ oder das „Bewegungsgefühl“
(propriozeptive Afferenzen bei der Bewegung).
Um Bewegungsvorstellung operationalisieren zu können, wird folgende Definition vorge-
schlagen: „Als Bewegungsvorstellung wird ein bewusstes, durch ‘chunk’ -Bildung (Bedeu-
tungseinheiten) strukturiertes, generalisiertes begriff li ches Konzept (sportli cher) Bewegung
verstanden, das als organisierender Rahmen für ihre jeweils aktuelle umweltbezogene sen-
somotorische Koordination fungiert („sensomotorische Konzeptualisierung“ ,
DAUGS/BLISCHKE 1984, 388). So verstandene Bewegungsvorstellungen lassen sich sowohl
sprachlich fassen als auch in Vorstellungs-‘Bildern’ aktualisieren.“ (DAUGS et al. 1989, 48)
6.2 Bewegungsempfindung
Bewegungsempfinden ist sozusagen der kinästhetische Anteil der Bewegungsvorstellung
(siehe oben). RIEDER bezeichnet die Bewegungsempfindung daher auch als Kinästhesie
(RÖTHIG 1992, 79, 230). Über propriozeptive Analysatoren werden Raum-, Zeit- und
Spannungsverhältnisse der Eigenbewegung wahrgenommen. Diese Analysatoren befinden
sich in Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken. Kinästhesie ist von entscheidender Be-
deutung für motorisches Lernen insbesondere für die Kontrolle der Eigenbewegung und für
die Bewegungskoordination. Bewegungsempfindung trägt bei der Entwicklung von Bewe-
gungsvorstellung und Bewegungsgedächtnis bei.
6.3 (Bewegungs-)Wahrnehmung
Wahrnehmung ist eine wichtige Komponente der Motorik und des motorischen Lernens.
Bewegungsabsichten sind an der Umwelt orientiert. Somit möchte man mit einer beabsich-
tigten, will kürlichen Bewegung etwas in bezug zur Umwelt erreichen (Ortsveränderung,
Hindernisüberwindung, Lageveränderung, Gegenstände bewegen usw.). Hierzu muss über
die Sinnesorgane die Umwelt wahrgenommen werden, damit der entsprechende Zweck der
Handlung erreicht werden kann, und die entsprechenden Parameter auf diesen Zweck ge-
richtet werden können. Auch die Eigenbewegung (z. B. beim Lernen einer neuen Bewe-
gung) lässt sich in bezug auf die Umwelt, durch erforderliche und wirkende Kräfte, Ge-
schwindigkeiten, Beschleunigungen und Gelenkwinkelstellungen wahrnehmen. Somit ist
auch die Wahrnehmung eine wichtige Voraussetzung zur Entwicklung des Bewegungsge-
fühls
6.4 Kausalatt r ibuierung
Unter Kausalattribuierung versteht man im allgemeinen, einem bestimmten Ereignis eine
Ursachen zuzuschreiben. Ob jemand durch eine erreichte Leistung selbstbekräftigt bzw.
verstärkt wird, ob er die Konsequenzen seines Handelns als motivierend für weiteres Han-
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deln oder nicht erlebt, hängt eng damit zusammen, welche Gründe oder Ursachen für diese
Leistungen angenommen (attribuiert) werden (EBERSPÄCHER, 1990, 56).
Kausalattribuierung ist auch ein vermittelnder Prozess zwischen Handlungsausgang
(-ergebnis) und Handlungszufriedenheit, also emotionalen Reaktionen, wie ALLMER (1978)
herausstellte (ebd.).
„Die Auseinandersetzung in der Sportpraxis mit dem Prozeß der Ursachenerklärung (Kau-
salattribuierung) wird vor allem dann bedeutsam, wenn man berücksichtigt, daß nicht nur
der Sportler oder Schüler Ursachenerklärungen für seine Handlungsergebnisse vornimmt
(Selbstattribuierung), sondern daß auch der Trainer oder der Lehrer die Handlungsergeb-
nisse des Sportlers oder des Schülers erklärt (Fremdattribuierung). Zwischen Selbstattribu-
ierung und Fremdattribuierung können Übereistimmungen, aber auch Diskrepanzen beste-
hen. Für den Fall , daß Ursachenerklärung des Trainers mit der Ursachenerklärung des
Sportlers übereinstimmt, ergibt sich nicht notwendigerweise eine soziale Konfliktsituation
und werden von beiden kaum unterschiedliche Handlungskonsequenzen zu erwarten sein.
Für den Fall , daß Trainer und Sportler in der Ursachenerklärung nicht übereinstimmen,
wird es zu Belastungen der Trainer-Sportler-Beziehung und zu unterschiedlichen Vorstel-
lungen über weitere Handlungskonsequenzen kommen können. Wenn beispielsweise der
Trainer ein schlechtes Spielergebnis auf mangelnde Einsatzbereitschaft (Anstrengung) der
Spieler zurückführt, kann er den Trainingsaufwand erhöhen oder bestimmte Sanktionen
aussprechen. Diese Maßnahmen werden dann auf Widerstand stoßen, wenn die Spieler das
schlechte Spielergebnis mit dem schlechten taktischen Konzept des Trainers erklären und
als Konsequenz entweder mehr Mitbestimmung im Training oder sogar einen Trainer-
wechsel erwarten. Aus diesem Beispiel sollte deutlich geworden sein, daß soziale Konflikt-
situationen auf unterschiedlichen Ursachenerklärungen der an der Konfliktsituation Betei-
ligten basieren können.“ (ALLMER, 1978, 13 in EBERSPÄCHER, 1990, 58)
7 Bewegungskoordination (BERNSTEIN-Problem)
7.1 Kontrolle der Freiheitsgrade
Durch die Gelenkverbindungen des Skeletts enthält der Körper eine Unzahl möglicher
Freiheitsgrade. Eine zentrale Frage lautet nun:
Wie können die unzähligen Freiheitsgrade unter veränderlichen Mensch-Umweltbezügen
und durch minimal eingreifende, sowie minimal intelli gente Ausführungs- und Kontrolli n-
stanz systematisch reguliert werden?
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BERNSTEIN (1975, 150) bestimmt als Aufgabe der Koordination „die Überwindung der
überflüssigen Freiheitsgrade des sich bewegenden Organs“ (MEINEL/SCHNABEL 1987, 55).
Er setzt dieses auch mit der „Organisation der Steuerbarkeit des Bewegungsapparates
gleich“ .
Erschwert wird das Problem durch die recht kurzen Kraftarme der an den Knochen anset-
zenden Muskeln, da hierdurch schon eine geringe Längenänderung deutliche Auswirkun-
gen zeigt. Wie sich aus den Aussagen BERNSTEINS schließen lässt, kann das Problem vor
allem nur durch Reduktion der möglichen Freiheitsgrade bewältigt werden. Dieses ge-
schieht unter anderem durch Muskelsynergien, d.h. es sind viele Muskeln an der Verfol-
gung desselben Zieles beteiligt.
„Wir bestimmen Bewegungskoordination als Ordnung motorischer Aktivitäten in Ausrich-
tung auf einen Zweck. Ordnung der motorischen Aktionen verstehen wir als Abstimmung
aller Parameter im Prozess der Wechselwirkung Sportler-Umwelt...“ (MEINEL/SCHNABEL
1987, 56)
Gerade beim Neulernen von Bewegungen wird das Problem besonders deutlich. Der Ler-
nende muss sehr viele Informationen gleichzeitig berücksichtigen, er kann die Teilbewe-
gungen der neuen Bewegung häufig noch nicht zu einer Aufgabe zusammenfassen. Durch
extensives Üben lässt sich jedoch der Effekt der Integration von Teilbewegungen zu einer
Bewegungsaufgabe gut beobachten. Alltagsbewegungen, die häufig ausgeführt werden,
laufen oft schon automatisch, also ohne bewusste Kontrolle ab. Ein wichtiger Aspekt ist
zusätzlich die zum Teil reflektorisch gesteuerte Haltemuskulatur, da hierzu keine zusätzli-
che Kontrolle notwendig ist.
7.2 Umweltbedingte Var iabili tät
Zu den eben erläuterten Sachverhalten kommt noch eine weitere Erschwernis hinzu. Auch
die Umweltbedingungen in bezug auf den Menschen, sind einem ständigen Wandel unter-
worfen. Diese sich ständig wechselnde Umwelt muss natürlich bei der Ausführung von
Bewegung berücksichtigt werden. Durch den Bewegungsvollzug werden äußere Kräfte
freigesetzt (Massenträgheit, Fliehkräfte, Reibungskräfte usw.) weiterhin wirkt auch die
Umwelt auf den sich bewegenden Körper (Schwerkraft, Luft-, Wasserwiderstand usw.).
Eine wichtige Rolle in diesem Gefüge spielt auch der Erhalt des Gleichgewichts. Im fol-
genden soll eine kurze Erläuterung am Beispiel des Skilaufes gegeben werden. Der Sport-
ler erreicht sehr hohe Geschwindigkeiten auf einer recht schmalen Unterstützungsfläche.
Aufgrund der Massenträgheit führt jede unbeabsichtigte Änderung des Gleichgewichts so-
fort zum Sturz. Beim Durchlaufen von Kurven entstehen zwangsläufig hohe Zentrifugal-
kräfte, die durch die Körperhaltung kompensiert werden müssen. Zusätzlich sind auch Un-
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ebenheiten der Schneefläche zu berücksichtigen, die antizipiert und ausgeglichen werden
müssen.
8 Er fassung verhaltenswissenschaft licher Aspekte der motor ischen Kontrolle
8.1 Reaktionszeit (RT)
Reaktionszeit ist die Zeitspanne vom Setzen eines Signalreizes bis zur adäquaten Muskel-
kontraktion. Sie ist der neurophysiologische Prozess der Reaktionsschnelli gkeit. Ein Teil
der Reaktionszeit ist die Latenzzeit.
Reaktionszeiten auf taktile Signale (0,09 - 0,18s) sind kürzer als auf akustische (0,11 -
0,27s) und optische (0,1 - 0,35s). (GROSSER in RÖTHIG 1992, 376).
Die Messung der Reaktionszeit geht unter anderem auf SAUL STERNBERG (1966) zurück,
der das Abrufen von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis überprüfte. (ZIMBARDO
1992, 278).
Reaktionszeitmessungen werden häufig so durchgeführt, dass ein bestimmtes Signal identi-
fiziert werden muss, auf das mit Tastendruck reagiert wird. Reaktionszeitmessung findet
auch in Verbindung mit anderen Tests statt, um Phänomene, wie beispielsweise begrenzte
Kapazität, zu erforschen (siehe auch 1.8.2 Doppelaufgabeninterferenz).
In der Psychologie der Informationsverarbeitung wird die Reaktionszeitmessung unter an-
derem zur Operationalisierung des Zeitverbrauch bei Verarbeitungsprozessen verwendet.
Aufgrund der Ergebnisse verschiedener Untersuchungen kam man zum linearen Stufenmo-
dell .
8.2 Doppelaufgabeninterferenz
Durch das Phänomen der Interferenz bei Doppeltätigkeiten möchte man die Annahme einer
begrenzten Kapazität des Bewusstseins erforschen (DAUGS 1994, 19). Es zeigt sich, dass
bei jeder Doppeltätigkeit mindestens eine der Aufgaben schlechter gelöst wird, als im Falle
einer jeweili g separaten. Man schloss daher auf eine Art begrenzte Verarbeitungkapazität
und eine selektive Aufmerksamkeit. Es wurde weiterhin beobachtet, dass bei verschiede-
nen Konstellationen von Aufgabentypen die Höhe der Interferenz stark variierte. Auch
wurde beobachtet, dass die Interferenz mit größerer Aufgabenschwierigkeit zunahm. Auf-
grund dieser Befunde wurden zahlreiche Theorien aufgestellt , (Filtertheorie von BROAD-
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BENT 1958; Ressourcentheorie NAVON/GOPHER , 1979), die sich jedoch häufig als unvoll-
ständig, teilweise sogar falsch erwiesen (NEUMANN 1991; DAUGS 1994)
Beim Experiment werden zunächst beide Aufgaben separat durchgeführt (z. B Text vorle-
sen und Rechenaufgabe lösen), damit Vergleichswerte vorliegen. Schließlich werden die
beiden Aufgaben gleichzeitig durchgeführt und die gewonnene Ergebnisse mit den separa-
ten Befunden verglichen. Die experimentelle Erfassung und Beschreibung von Interferenz-
effekten bei Doppelaufgaben wird nach NAVON/GOPHER (1979) in sogenannten Perfor-
mance-Operating-Charakteristics (POCs) erhoben und kann in Kurven graphisch darge-
stellt werden. (MANZAY , 1993, 80)
Ein konkretes Beispiel ist die Zeitmessung beim Schlittschuhschnelll auf von Eishockey-
spielern, bei der mehrere Aufgaben gleichzeitig abverlangt wurden. So wurde beispielswei-
se das Laufen mit dem Führen eines Pucks kombiniert, mit dem erkennen geometrischer
Figuren, und mit beiden Aufgaben gleichzeitig. Es zeigte sich, dass mit steigendem Kön-
nensstand die Interferenzen abnahmen, was darauf schließen lässt, dass durch Übung das
Laufen selbst, sowie das Führen des Pucks weniger Aufmerksamkeit benötigt und unbe-
wusster abläuft, so dass sich der Sportler besser auf die optischen Reize konzentrieren
kann.
8.3 Elektroencephalogramm
Elektroencephalographie ist eine „Methode zur Erfassung der elektrischen Aktivität des
Gehirns. Durch auf der Kopfhaut angebrachte 8-15 Elektroden werden die elektrischen
Spannungsänderungen gemessen. Die Dauer der Aktionspotentiale beträgt ca. 0,5 - 2 ms,
die Amplitude 60 - 100 mv. Mit Hil fe von Frequenzanalysen können bestimmte Frequenz-
anteile bestimmten Aktivitäten des Gehirns zugeordnet werden. So entsteht bei geschlosse-
nen Augen ein α-Grundrhythmus mit einer Frequenz von 8 - 13 Hz; bei offenen Augen
und/oder gesteigerter Beanspruchung treten höhere Frequenzen (β-Wellen) von 14 - 30 Hz
auf“ (MESTER in RÖTHIG 1992, 134).
Mit Hil fe der Elektroencephalographie können zentralnervale Prozesse der Steuerungs- und
Regelleistungen bei Bewegungen anhand der Aktivität kortikaler und subkortikaler Gehirn-
strukturen registriert werden (SCHUHMANN/SEIBT/ DE MARÉES 1993). Es kann also über-
prüft werden, ob bei der Koordination von Bewegungen ein hoher zentralnervaler Aufwand
erforderlich ist.
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8.4 Elektromyographie
Die Elektromyographie stellt das Verfahren zur Aufzeichnung elektrischer Vorgänge am
Muskel dar. Diese Aufzeichnung (Elektromyogramm, EMG) liefert Aussagen über den
Aktivierungszustand des abgeleiteten Muskels.
Mit Hil fe von Elektroden (Silber- oder Platinplättchen), die an der Hautoberfläche ange-
bracht sind, wird das Interferenzmuster der Aktionspotentiale der motorischen Einheiten
eines Muskels registriert. Mit Hil fe von Nadelelektroden, die in den Muskel eingestochen
werden, können auch Aktionspotentiale einzelner Einheiten abgeleitet werden.
Die Elektromyographie wird in zunehmendem Maße in sportwissenschaftli chen Untersu-
chungen eingesetzt, wobei eine kombinierte Anwendung mit anderen biomechanischen
Untersuchungsmethoden notwendig ist. Mit Hil fe der Elektromyographie können unter
anderem folgende Bereiche bearbeitet werden: Qualitätsgrad der inter- und intramuskulären
Koordination, Koordinationsstörungen, Aktivierungsgrad, Ermüdungsphänomene am neu-
ronalen System, Lernvorgänge. (SCHMIDTBLEICHER in RÖTHIG 1992, 135)
8.5 Fehlermaße
Bei verschiedenen Untersuchungen zum Beispiel zur Überprüfung von Lern- und Übungs-
effekten werden Fehlermaße als abhängige Variable eingesetzt, um das Ausmaß der Fehler
bei Lernexperimenten operationalisieren zu können (vgl. unter anderem WULF 1992).
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9 Fragen zu Themenbereich I
1. Er läutern Sie aus den in der Bewegungswissenschaft zentralen Teilgebieten das Folgende:
(a) Motorische Kontrolle
(b) Motorisches Lernen
(c) Motorische Entwicklung
2. Stellen Sie den funktionalen Zusammenhang von Bewegung, Bewegungsapparat und Motor ik anhand eines selbstgewählten Beispiels dar.
3. Benennen und erläutern Sie den spezifischen Gegenstand und zugehör ige zentrale Methoden der
(a) Phänographie der Bewegung
(b) Biomechanik der Bewegung
(c) Funktionellen Anatomie der Bewegung
(d) Neurophysiologie der Motorik
4. Er läutern Sie anhand je eines Beispiels die phänographisch-quali tative und die biomechanisch-quantitativeBewegungsanalyse.
5. Er läutern Sie den Zusammenhang von Kognition und Motor ik am Beispiel von zwei der folgenden Sachverhalte
(a) Bewegungsvorstellung
(b) Bewegungsempfindung
(c) (Bewegungs-)Wahrnehmung
(d) Kausalattribuierung
6. Er läutern Sie die grundlegende Problematik der Bewegungskoordination (BERN-STEIN-Problem):
(a) Kontrolle der Freiheitsgrade
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(b) Umweltbedingte Variabilit ät
7. Beschreiben Sie die zwei folgenden Methoden:.
(a) Reaktionszeit (RT)
(b) Doppelaufgabeninterferenz
(c) EEG
(d) EMG
(e) Fehlermaße
Erläutern Sie jeweils einen Aspekt der motor ischen Kontrolle, der mit diesen Metho-den erfasst wird.
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10 Ausgewählte Studienli teratur zum Themenbereich I
BALLREICH, R./BAUMANN, W.: Grundlagen der Biomechanik des Sports. Enke, Stuttgart.
19962
BAUER, J./BÖS, K./SINGER, R. (Hrsg.): Motorische Entwicklung. Ein Handbuch. Hofmann,
Schorndorf. 1994
BIRBAUMER, N./SCHMIDT, R. F.: Lernen und Gedächtnis. In: SCHMIDT, R. F./THEWS, G.:
Physiologie des Menschen. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio. (199526) 154-
166
BIRBAUMER, N./SCHMIDT, R. F.: Biologische Psychologie. Springer, Berlin Heidelberg
New York Tokio. 19963
DAUGS, R.: Zur Optimierung des Techniktrainings durch Feedback-Technologien. In:
MECHLING, H./SCHIFFER, J./CARL, K (Red.): Theorie und Praxis des Techniktrainings
(Hearing des Bundesinstituts für Sportwissenschaft vom 3-4. 12 1986 in Köln), Sport und
Buch Strauß, Köln. 1988
DAUGS, R.: Automatismen und Automatisierung in der menschlichen Motorik. In: DAUGS,
R./BLISCHKE, K.(Hrsg.): Aufmerksamkeit und Automatisierung in der Sportmotorik.
(Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, 49). Sankt Augustin. 1993
DAUGS, R.: Zum Problem der Bewegungsautomatisierung: Der Einfluß extensiven Übens
auf die menschliche Motorik. In: psychologie und sport, 1 (1994) 3, 94-104.
DAUGS, R./BLISCHKE, K./ MARSCHALL, F./ MÜLLER, H. (Hrsg.): Kognition und Motorik.
Czwalina, Hamburg. 1996
GHEZ, C./GORDON, J.: Einführung in die Motorik. In: KANDEL, E. R./SCHWARTZ, J.
H./JESSEL, T. M.: Neurowissenschaften.. Spektrum. Heidelberg u. a. 1996, 499-511
GHEZ, C./GORDON, J.: Will kürmitorik. In: KANDEL, E. R./SCHWARTZ, J. H./JESSEL, T. M.:
Neurowissenschaften.. Spektrum. Heidelberg u. a. 1996, 541-562
HOCHMUT, G.: Biomechanik Sportli cher Bewegungen. Sportverlag, Berlin. 1982
HEUER, H./KEELE, S. W. (Hrsg.): Psychomotorik. Hogrefe, Göttingen-Bern u.a. 1994
MAGILL, R. A.: Motor Learning. Brown & Benchmark Publishers, Dubuque, Iowa. 19934
MEINEL, K./SCHNABEL, G.: Bewegungslehre Sportmotorik. Volk und Wissen, Berlin. 1987
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NEUMANN, O.: Theorien der Aufmerksamkeit.Von Metaphern zu Mechanismen. Unveröff .
Manuskript der Mittags-Vorlesung der 33. Tagung experimentell arbeitender Psychologen
(TeaP) am 25. 03. 1991
ROSENBAUM, D. A./KRIST, H.: Vorbereitung von Bewegung. In: HEUER, H./KEELE, S. W.
(Hrsg.): Psychomotorik. Hogrefe, Göttingen-Bern u.a. 1994
RÖTHIG, P. et al.: Sportwissenschaftliches Lexikon. Hofmann, Schorndorf. 19926
ROTH, K./WILLIMCZIK, K.: Bewegungswissenschaft. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999
SCHMIDT, R. A.: Motor Control and Learning. A Behavioral Emphasis. Human Kinetics
Publisher, Champain, Ill inois. 1988
WILLIMCZIK, K./ROTH, K.: Bewegungslehre. Grundlagen Methoden Analysen. Rowohlt,
Reinbek bei Hamburg 1991
WOOLLACOTT, M. H./JENSEN, J. L.: Haltung und Fortbewegung. In: HEUER, H./KEELE, S.
W. (Hrsg.): Psychomotorik. Hogrefe, Göttingen-Bern u.a. 1994
WULF, G.: Neuere Befunde zur Effektivierung des Bewegungslernens. In: Sportpsycholo-
gie 1(1992), 12-16.
ZIMBARDO, G. P.: Psychologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio1 9925
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II Biomechanik der Bewegung
1 Ziele und Methoden
Verschiedene Definitionsversuche von Biomechanik
„Biomechanik untersucht die Bewegung von Mensch und Tier vom Standpunkt der Geset-
ze der Mechanik. ... Gegenstand der biomechanischen Untersuchungen ist infolge dessen
die mechanische Bewegung (die Ortsveränderung von Masseteilen) von Mensch und Tier
unter Berücksichtigung der mechanischen Eigenschaften und Voraussetzungen der Bewe-
gungsapparate, die ihrerseits von den biologischen Bedingungen der Organismen funktio-
nell abhängig sind. Nach diesem Forschungsgegenstand ist die Biomechanik eine ange-
wandte Mechanik, und zwangsläufig müssen ihre Untersuchungsmethoden von den Me-
thoden der Mechanik abgeleitet sein.“ (HOCHMUT, 1982)
„Das Objekt der Erkenntnis (Materialobjekt), der Biomechanik sind die Bewegungshand-
lungen des Menschen als System gegenseitig zusammenhängender aktiver Bewegungen
und Handlungen seines Körpers. ... Der Bereich der Untersuchung (Formalobjekt) der
Biomechanik sind die mechanischen und biologischen Prinzipien des Entstehens von Be-
wegungen und die Besonderheiten ihrer Ausführung.“ (DONSKOI, 1975)
„Biomechanik ist die Wissenschaft, die die Wirkungen von inneren (z. B. Muskel-, Ge-
lenkreibungskräfte) und äußere Kräften (z. B. Schwerkraft, Luftwiderstands- und Wasser-
widerstandskräfte) am lebenden Körper erforscht“ (MILLER/NELSEN, 1973)
Nach BUCHMANN (1974) ist die Biomechanik sportli cher Bewegung einerseits Bestandteil
der Biophysik, andererseits hat sie sich zu einer Teildisziplin der Sportwissenschaft entwi-
ckelt. (BALLREICH/BAUMANN 1996, 2)
„Biophysik ist eine Wissenschaft, deren Gegenstand die lebenden Systeme sind ... Das Ziel
der Biophysik ist eine exakte Darstellung biologischer Modelle nach dem Vorbild der mo-
dernen Physik.“ (BEIER, 1974)
Im physikalisch-mechanischen Ansatz wir die Biomechanik unterteilt i n die Biokinematik
und die Biodynamik. Biokinematik wird hierbei verstanden als die Lehre von Bewegungen
biologischer Systeme bei Vernachlässigung wirkender Kräfte. Unter der Biodynamik ver-
steht man nun die Lehre von Kräften und ihrer Wirkungen auf biologische Systeme. Diese
lässt sich weiter unterteilen in die Biostatik einerseits, welche als Lehre vom Gleichgewicht
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der Kräfte in biologischen Systemen verstanden wird, und andererseits die Biokinetik, wel-
che die Lehre von der Änderung des Bewegungs-, Form- und Spannungszustandes biologi-
scher Systeme durch Einwirkung von Kräften darstellt (BALLREICH 1996, 10).
Im biowissenschaftli chen Ansatz kann das primäre Objekt der Biomechanik des Sports,
nämlich der sporttreibende Mensch, unter dem Aspekt seines Funktionierens (Verhalten),
seiner Struktur (Aufbau) und seines Substrates (Material) gegliedert werden. Unter dem
Aspekt des Funktionierens (Verhalten) sind sowohl Funktionsprozesse (Zusammenwirken
innere und äußerer Kräfte, Bewegungssteuerung und –Regelung) als auch Funktionspro-
dukte (Biokinematik, Biodynamik) einzuordnen.
Vertreter des bewegungsstrukturellen Ansatzes orientieren sich hauptsächlich an den Er-
scheinungsmerkmalen der Bewegung. Hierbei wird der Versuch unternommen, Bewegun-
gen in Strukturgruppen zu gliedern. BALLREICH (1996, 11) nimmt nach Durchsicht ver-
schiedener Werke dieses Ansatzes eine Grobunterteilung in Sieben Gruppen vor: 1) Ab-
sprung, Abdruck, Abwurf, Abstoß vom starren Widerlager; 2) Absprung, Abdruck vom
elastischen Widerlager (z.B. Weitsprung, Hochsprung); 3) Drehung im freien Flug (z.B.
Salto); 4) Drehung um feste und elastische Achsen in der Ebene der Schwerkraftwirkung
(z.B. Riesenfelge am Reck); 5) Abstoß vom Wasser bei zyklischen Bewegungen (Schwim-
men); 6) Vorder- und Hinterstütz bei zyklischen Bewegungen (Laufen); 7) Bein- und
Armkraftvortrieb bei zyklischen Bewegungen mittels Sportgerät (z.B. Boot, Rad, Ski
usw.).
Der sogenannte zweckorientierte Ansatz wendet sich der Leistungsbiomechanik, der
anthropometrischen Biomechanik sowie der präventiven Biomechanik zu. Es interessieren
also hauptsächlich die übergreifenden Ziele Leistung, Eignung und Prävention.
1.1 Biomechanische Messverfahren
Tabelle 1:Zuordnung von Messgrößen zu wissenschaftli chen Teilgebieten (nach BAU-
MANN/PREIß 1996, 79)
Wissenschaftli cher Teilbereich Größe Einheit
Geometrie Länge Meter
Kinematik Länge, Zeit Sekunde
Dynamik Länge, Zeit, Masse Kilogramm
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Sämtliche Größen, die in der Biomechanik gemessen werden, lassen sich auf die drei me-
chanische Grundgrößen Länge, Zeit und Masse zurückführen. Die Zuordnung zu bestimm-
ten wissenschaftli chen Teilbereichen ist in Tabelle 1 angegeben (BALLREICH/BAUMANN
1996, 79)
Die biomechanischen Messverfahren werden eingeteilt nach der Art der gemessenen Grö-
ßen. Die Kinemetrie umfasst Verfahren zur Messung der kinematischen Größen Länge und
Zeit, der daraus ableitbaren Größen Geschwindigkeit und Beschleunigung und der entspre-
chenden rotatorischen Größen. Die Dynamometrie umfasst Verfahren zur Messung der
dynamischen Größe Kraft sowie der daraus ableitbaren Größen Impuls, Arbeit, Drehmo-
ment u.a. In der biomechanischen Anthropometrie werden Geometrie und Massengeomet-
rie des Körpers bestimmt, z. B. Lage des Körperschwerpunktes und die Massenträgheits-
momente. Die Aufgabe der Elektromyographie schließlich besteht in der Erfassung und
Quantifizierung der Muskelaktionspotentiale. Für eine umfassende Analyse der menschli-
chen Körperbewegung ist die Anwendung aller vier Verfahren erforderlich. Man spricht
dann von einer komplexen biomechanischen Analyse (gelegentlich auch ohne die Elektro-
myographie).
Über das Zusammenwirken der vier Säulen der biomechanischen Messtechnik informiert
das folgende Schema:
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D yna m om etrie K inem etrie A n th ropom etrie E lektrom yo -g raph ie
Ä uß ere K rä fte Lage un d G eschw ind igke it
de r K ö rpe rsegm en t
A bm essungen und
M assenve rte i-lung
Z eitliches Innerva tion s-
m uste r
E nerg ie, Le is tung, M assenkrä fte
M uske lk ra ftm om en te
Innere K rä fte : M u skel- und G e lenkkräfte
Abb. 1: biomechanische Messverfahren (nach BAUMANN/PREIß 1996, 80)
Die Messverfahren lassen sich nach dem Messprinzip in mechanische, elektronische und
optische Verfahren unterscheiden. Die mechanischen Messverfahren sind in der Regel zur
Messung zeitli ch konstanter Größen geeignet (z. B. Längenmessung mit Maßband, Ge-
wichtsbestimmung mit Waage), dabei jedoch einfach, robust und kostengünstig. Bei den
elektronischen Messverfahren werden die mechanischen Größen in elektrische Größen
umgewandelt. Vorteile sind die Messung schnell veränderlicher Größen, die zumeist sofor-
tige Ergebnisausgabe sowie die vielfältigen Möglichkeiten der Messwertübertragung, Dar-
stellung und Registrierung sowie der Anpassung an elektronischen Datenverarbeitungsge-
räte. Diesen Vorteilen stehen im allgemeinen ein größerer Aufwand im Vergleich zu den
mechanischen Messverfahren und ein höherer Grad an Rückwirkung verglichen mit den
optischen Verfahren gegenüber. Mechanische und elektronische Verfahren bezeichnet man
auch als direkte Messverfahren, da sie unmittelbar die Messgröße ergeben. Die optischen
Verfahren benutzen die optische Abbildung des Objekts. Die eigentliche Messung wird am
Bild - einem Modell des Originals - vorgenommen. Die meisten optischen Verfahren
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(Film, Foto) erlauben eine rückwirkungsfreie Registrierung von Bewegung, erfordern aber
einen hohen Aufwand der Auswertung.
1.1.1 Einzelmessverfahren
1.1.1.1 Biomechanische Anthropometrie
Messverfahren zur Bestimmung mechanischer Eigenschaften des Bewegungsapparates:
• Längenmaße der herkömmlichen Anthropometrie (Gliederlängen, -umfänge usw.)
• geometrische Verteilung der Masse (Lage des Körperschwerpunktes, Massenträgheits-
momente)
• innere Geometrie des Bewegungsapparates (Gelenkkonstruktionen, Lage der Gelenk-
achsen, Hebelarme der Muskulatur, Muskellänge)
• Belastbarkeit der Teilsysteme des Bewegungsapparates (Elastizität, Verformung, Bruch-
grenze u.a.)
1.1.1.2 Kinemetrie
Dieses Verfahren dient der direkten und indirekten Ermittlung der Weg-Zeit-Funktionen
von Ortsmerkmalen ausgewählter Körperpunkte sowie der daraus ableitbaren Größen Ge-
schwindigkeit und Beschleunigung. Bei Drehbewegungen werden entsprechend rotatori-
sche Größen ermittelt (Winkelgeschwindigkeit und –beschleunigung).
Elektronische Verfahren:
Zeitmessung:
Dient zur Messung von Zeitintervallen bei Bewegungen, wobei zwei unterschiedliche Ver-
fahren zur Verfügung stehen:
• Bestimmung aus kontinuierlich registrierten Größe-Zeit-Funktionen
• Bestimmung durch ereignisgesteuertes Starten und Stoppen einer Uhr
Wegmessung:
Wird zur Bestimmung von Positionen bzw. zurückgelegten Wegen bei translatorischen
Bewegungen eingesetzt.
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Winkelmessung:
Dient vorwiegend der Bestimmung von Körperwinkeln (Gelenkwinkeln), d.h. der Lagebe-
ziehung benachbarter Körperteilen
Geschwindigkeitsmessungen:
Wird zur Bestimmung des Geschwindigkeits-Zeitverlaufes des Körpers bzw. von Körper-
punkten bei translatorischen Bewegungen angewendet.
Beschleunigungsmessungen:
Dient der Bestimmung des Beschleunigungs-Zeitverlaufes von Körperpunkten bzw. Gerä-
ten
Optische Verfahren:
A utom atische B ildab tas tung
M anue lle B ildab tas tung
A utom atische D a tener-fassung
M anue lle D a tener-fassung
A utom atische B ildab tas tung
Z usa tz-in fo rm a t-
ionC om puter
Langze it-spe icher
V ideoband
A bb ildung au f fotoche mischer S ch ich t
F otog rafische Verfah ren
A bb ildung au f fotoelektrischer S ch ich t
O p tisch -e lekrische Ve rfah ren
A bb ildendes S ystem
O b jekt
Abb. 2: Übersichtsdarstellung optischer Verfahren (nach BAUMANN/PREIß 1996, 87)
Beispiele optischer Methoden:
• Kinematographie (Filmtechnik)
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• Videotechnik, Videographie
• Serienfotographie
• Chronophotographie
1.1.1.3 Dynamometrie
Die Dynamometrie dient der direkten Bestimmung von äußeren Kräften, die an der Peri-
pherie des Körpers als Reaktionskräfte gemessen werden könne. Die Kenntnis der äußeren
Kräfte ist Vorraussetzung zur Ermittlung der inneren Kräfte. Als Prinzip zur Kraftmessung
benutzt man die verformende Wirkung der Kraft an elastischen Körpern.
Methoden:
Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen:
Bei Zugbelastungen auf einen Widerstandsdraht in Längsrichtung ändert dieser durch die
auftretende Dehnung seinen elektrischen Widerstand proportional zur einwirkenden Kraft.
Geht die Kraft wieder auf Null zurück, so nimmt der Draht wieder seine ursprüngliche
Länge und somit auch seinen ursprünglichen Widerstand ein
Kraftmessung mit piezoelektronischen Gebern:
Hierbei wird die piezoelektronische Eigenschaft von Kristallen genutzt. Beansprucht man
einen Kristall (z. B Quarz, Bariumtitanat) an definierten Flächen auf Druck, dann tritt
durch die Verformung verursacht an bestimmten Kristall flächen eine elektrische Ladung
auf, deren Menge von der Verformung des Kristalls abhängt.
Messbeispiele:
Messung von Reaktionskräften am Boden:
bei diesem Verfahren werden Bodenreaktionskräfte bei Bewegungen auf der Kraftmess-
platte (z. B. bipedaler Vertikalsprung) gemessen, die graphisch unter anderem als Kraft-
Zeit-Kurve dargestellt werden können.
Messung von Reaktionskräften an Geräten:
Beispiele dieser Methode sind:
• Startblockdynamometer
• Reckdynamometer
• Tretkurbeldynamometer
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• Skidynamometer
• Ruderdynamometer
• Hammerdynamometer
usw.
1.1.1.4 Elektromyographie
(als Ergänzung vgl. 1.8) Hierbei wird die Aktivität des Muskels gemessen. In der Sportwi s-
senschaft wird bevorzugt die Oberflächenelektrode eingesetzt (Hautelektrode), da Nadel-
elektroden bei Bewegung nicht sehr gut einsetzbar sind und in der Regel dem Arzt vorbe-
halten sind. Es werden die Potentialunterschiede bei muskulärer Aktivität registriert, wobei
sich die Messung graphisch als Elektromyogramm (EMG) darstellen lässt.
Ermittelt wird durch diese Untersuchungsmethode die Beteili gung bestimmter Muskeln an
der Bewegung (dabei ist häufig die Kenntnis nicht beteili gter Muskeln von Bedeutung),
weiterhin kann die Koordination der Muskeln bei der Bewegung bestimmt werden, sowie
antagonistische Funktionen bei der Fixierung eines Gelenkes. (vgl. ausführlich 0 Seite 59)
Beispiel einer dynamometr ischen Messung eines bipedalen Vertikal-sprungs
Zunächst erfolgen einige Erläuterungen zur gezeigten Kraft-Zeit-Kurve. Der Sportler steht
zunächst ruhig auf der Platte, wobei seine Gewichtskraft angezeigt wird. Beim Absenken
des Körperschwerpunktes zur Sprungvorbereitung, zeigt sich nun eine Verringerung der
am Boden gemessenen Kraft, die sich jedoch beim Amortisieren der Absenkung wieder
ansteigt, und die Gewichtskraft-Ebene durchquert. Da der Sprungabdruck schon vor Errei-
chen des Totpunktes eingeleitet wird, steigt die Kraftkurve noch in der Abwärtsbewegung
stark über die Gewichtskraft an und erreicht im Totpunkt ein Maximum. Danach ist ein
Sinken der Kraftkurve zu beobachten. Bei einem Armschwung steigt sie jedoch wieder an
und durch das kräftige Strecken der Beine und Fußgelenk entsteht ein zweites und höheres
Maximum. Danach fällt die Kurve extrem steil ab und beim Verlassen der Platte wird logi-
scherweise kein Wert mehr angezeigt. Wird beim Verlassen des Bodens der nach vorne
oben gerichtete Armschwung arretiert, so überträgt sich ein zusätzlicher Impuls auf den
Rumpf, wodurch sich die Flugzeit verlängert. Beim Landen wird zunächst beim Berühren
der Platte mit den Zehen und Fußballen ein Ausschlag beobachtet und beim Aufsetzen der
Fersen ein zweiter, beträchtlich höherer. Durch die Abfederbewegung mit den Beinen
flacht die Kurve ab. Noch während der Aufwärtsbewegung nach dem Abfedern ist die re-
gistrierte Kraft zunächst noch über Gewichtskraftniveau, unterschreitet dieses jedoch im
© 2000 www.sport-training.de 40
zweiten Abschnitt und pendelt sich bei Erreichen des aufrechten Standes wieder auf Ge-
wichtskraftniveau ein. (vgl. auch Frage 1.4)
Abb. 3: Bipedaler Vertikalsprung
Im folgenden soll nun der vertikale Geschwindigkeits-Zeit-Verlauf besprochen werden:
Zunächst befindet sich der Körperschwerpunkt beim stehenden Sportler in Ruhe, folglich
ist die Geschwindigkeit gleich null . Bei der Abwärtsbewegung findet eine Beschleunigung
nach unten statt, daraus folgt, dass die Geschwindigkeit nach unten zunimmt. Kurz vor der
Amortisationsphase ist diese Geschwindigkeit am höchsten und die Kurve zeigt ein lokales
Maximum im negativen Bereich, da diese Bewegung entgegen der eigentlichen Bewe-
gungsrichtung des Sprunges erfolgt. Mit Beginn der Amortisationsphase verlangsamt sich
der Körperschwerpunkt wieder, was durch die im Kraft-Zeit-Verlauf ersichtliche Brems-
kraft gegen die Abwärtsbewegung zu erklären ist. Der Zweck der Abwärtsbewegung mit
Amortisationsphase ist die Vordehnung vor allem der Bein-Streckmuskulatur, da hierdurch
in den elastischen Anteilen der Muskulatur Energie gespeichert wird, die zusätzlich zur
eigentlichen Kontraktionskraft des Muskels zur Beschleunigung des Körpers nach oben
wirksam wird. (Kombination von dynamisch exzentrischer und konzentrische Kontraktion,
nach KOMI 1985, auch als Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus genannt) In der Amortisations-
phase wird nun der Körper abgebremst, und die Geschwindigkeit erreicht am tiefsten Punkt
den Null -Wert. Es folgt die Aufwärtsbewegung, bei der die angesprochene gespeicherte
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Energie sowie die Muskelkraft zu Beschleunigung genutzt werden. Die Geschwindigkeit
nimmt zu, der Verlauf der Kurve wird durch den Einsatz der Arme leicht konvex ge-
krümmt. Das Maximum ist im Moment des Absprunges erreicht. Werden auch zu diesem
Zeitpunkt die Arme in ihrer Aufwärtsbewegung abrupt arretiert, so überträgt sich ein zu-
sätzlicher Impuls auf den Rumpf. Nach verlassen des Bodens kann logischerweise keine
Beschleunigung mehr erfolgen, und durch die Erdanziehung wird die Geschwindigkeit
gleichmäßig in der Aufwärtsbewegung gebremst, erreicht den Totpunkt bei maximaler
Sprunghöhe, und wird zur Erde hin wieder beschleunigt. Wie bereits bei der Diskussion
des Kraft-Zeit-Verlaufes besprochen wurde, sind zwei deutliche Kraftausschläge bei der
Landung zu beobachten, der erste beim aufsetzen der Fußballen, der zweite und stärkere
beim Durchschlagen der Fersen. Durch dynamisch exzentrische Kontraktion wird die Ge-
schwindigkeit, die vor dem Landen ihr Maximum erreicht, abgebremst. Der Kurvenverlauf
durchkreuzt die Nullli nie am tiefsten Punkt des Körperschwerpunktes, und es findet wieder
ein leichte Beschleunigung nach oben statt. Auch hier ist wiederum ein lokales Geschwin-
digkeitsmaximum beim mittleren Streckwinkel der Beine zu beobachten, der Verlauf der
Kurve nimmt danach wieder ab und beim aufrechten Stand ist der Körperschwerpunkt in
Ruhe
2 Biomechanische Pr inzipien (HOCHMUT 1982)
2.1 Pr inzip der Anfangskraft
Bei der sportli chen Bewegung ist das Ziel dieses Prinzips das Erreichen einer maximalen
Endgeschwindigkeit. Bei einem Sprung mit Ausholbewegung (Schwungeinleitung) bei-
spielsweise ist der Beschleunigungskraftstoßgewinn darauf zurückzuführen, dass zum Zeit-
punkt „ tiefste KSP-Lage“ eine Kraft wirkt, welche größer ist als die Gewichtskraft. Diese
Kraft wird als Anfangskraft „FA“ bezeichnet.
Der Beschleunigungskraftstoß läßt sich zeichnerisch als die Fläche unter dem F-T-
Diagramm darstellen. Es lässt sich recht einfach feststellen, dass die Anfangskraft bei
Sprüngen ohne Ausholbewegung mit der Gewichtskraft beginnen, während mit Ausholbe-
wegung bereits eine deutlich höhere Anfangskraft auftritt.
Das Prinzip der Anfangskraft kommt nur dann zum Tragen, wenn ein fließender Übergang
zwischen Ausholbewegung und der eigentlichen Bewegung realisiert wird. Nicht eine ma-
ximale Anfangskraft, sondern eine optimale Anfangskraft führt zu einer maximalen verti-
kalen KSP-Verlagerung.
( )stoßgungskraftBeschleuni
stoßBremskraftVerhältnisKappa =−κ
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Das optimale κ-Verhältnis liegt nach HOCHMUT (1982) bei 0,33 (0,3-0,4) für einen beid-
beinigen vertikalen Strecksprung mit einmaliger Ausholbewegung.
Das Prinzip der Anfangskraft ist in Verbindung mit weiteren Prinzipien von großer Bedeu-
tung bei leichtathletischen Sprungdisziplinen. So ist bei allen Sprüngen zunächst eine KSP-
Absenkung zu beobachten, die amortisiert wird und somit die Anfangskraft des eigentli-
chen Sprunges vergrößert (vgl. Hochsprung, Weitsprung)
2.2 Pr inzip des optimalen Beschleunigungsweges
Dieses Prinzip ist ebenfalls bedeutsam für sportli che Bewegungen, die auf eine maximale
Endgeschwindigkeit zielen. Maximale Beschleunigung bringt maximale Endgeschwindig-
keit, aber: durch die Begrenzung der Beschleunigungszeit oder die begrenzte Beschleuni-
gungsleistung ist oft kein maximaler Beschleunigungsweg möglich, sondern ein optimaler Beschleunigungsweg vorgegeben. Dieser kann auch durch das Regelwerk begrenzt sein.
Der optimaler Beschleunigungsweg sollte möglichst geradlinig oder gleichmäßig ge-
krümmt verlaufen (nicht wellenförmig).
Beispielhafte Sportarten, in denen dieses Prinzip deutlich wird, sind ebenfalls die Sprung-
disziplinen sowie Wurf- und Stoßdisziplinen. Aufgrund der Kraft-Längenrelation der Mus-
keln kann der Beschleunigungsweg nicht maximal sein (ungünstige Überlappung von Ak-
tin- und Myosinfilamenten, zu geringe Anfangsbeschleunigung). Es ist jedoch ein Min-
destweg erforderlich, um eine maximale Abwurfgeschwindigkeit zu erreichen.
2.3 Pr inzip der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf
Der Beschleunigungs-Zeit-Verlauf ist abhängig von der Zielstellung der Sportart.
Bei der Zielstellung maximaler Endgeschwindigkeit, (z.B. größte Geschwindigkeit gegen
Ende des Anlaufs beim Weitsprung) zeigt der Beschleunigungsverlauf eine ansteigende
Tendenz.
Die Zielstellung minimale Zeitdauer (z.B. das Zurücklegen des Weges beim Sprint, oder
die Schlagbewegung im Boxen) verlangt einen möglichst schnellen Bewegungsstart, was
eine abfallende Tendenz im Beschleunigungsverlauf nach sich zieht.
2.4 Pr inzip der zeitlichen Koordination von Einzelimpulsen
Auch dieses Prinzip ist bedeutsam für Bewegungen, die auf maximale Endgeschwindigkeit
ausgerichtet sind.
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Eine sportli che Bewegung besteht im allgemeinen aus mehreren Teilbewegungen und wird
damit auch durch mehrere Teilkraftstöße bestimmt (z.B. Armschwung, Beinstreckung beim
Hochsprung), die so zu koordinieren sind, dass eine maximale Endgeschwindigkeit erreicht
wird. Dies erzielt man durch die optimale zeitli che Koordination der Einzelbewegungen (es
handelt sich hierbei nicht um eine Addition von Einzelimpulsen).
Ein Beispiel hierzu ist der Absprung beim Hochsprung, wobei ein aktiver Armeinsatz er-
folgt. Wird die Armbewegung beim Abdruck vom Boden arretiert, so Überträgt sich der
Impuls von den Armen auf den Rumpf und unterstützt den Absprungimpuls.
2.5 Pr inzip der Gegenwirkung
Das dritte NEWTONsche Axiom besagt, dass jede Aktion eine gleich große Reaktion zur
Folge hat. Zu einer Wirkung besteht immer eine entgegengesetzt gerichtete und gleiche
Gegenwirkung (actio = reaktio).
Beispiel 1: die Kraftausübung eines Sprinters auf den Startblock führt zu einer gleich gro-
ßen Gegenwirkung des Startblocks, die die Masse des Sportlers bewegt.
Beispiel 2: in der Flugphase im Weitsprung kann die KSP-Bahn nicht mehr verändert wer-
den. Um trotzdem eine größere Weite zu erzielen, wird der Körper in der Hüfte gebeugt.
Dadurch drehen die Beine sich in Gegenrichtung nach vorne oben.
2.6 Pr inzip der Impulserhaltung
Der Impulserhaltungssatz besagt, dass sich der Impuls eines Körpers nicht ändert, solange
keine Kräfte von außen auf den Körper wirken. Der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen
Systems bleibt immer konstant.
Bei Drehbewegungen gilt: das Produkt der Massenträgheitsmomente und der Winkelge-
schwindigkeiten ist gleich
Der Mensch kann durch seine Vielgelenkigkeit das Massenträgheitsmoment verändern.
Über eine Vergrößerung oder Verkleinerung des Massenträgheitsmoments kann der Sport-
ler bei einem festen Drehimpuls seine Winkelgeschwindigkeit verkleinern bzw. vergrößern
(z.B..: Vergrößern der Winkelgeschwindigkeit durch Anziehen von Armen und Beinen
beim gehockten Salto).
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3 Biomechanische Leistungsdiagnostik
„Leistungsdiagnose ist (im Sinne der Diagnose) das Erkennen und benennen des individu-
ellen Niveaus der Komponenten einer sportli chen Leistung oder eines sportli chen
Leistungszustandes.
Eine detailli erte und möglichst exakte Leistungsdiagnose ist Voraussetzung zur Steuerung
und Regelung des Trainings (Trainingssteuerung).
An Verfahren der Leistungsdiagnose können im Wettkampf unterschieden werden Beo-
bachtung (Trainings- und Wettkampfbeobachtung) Tests (vor allem sportmotorische und
sportpsychologische Tests), Feld- oder Laboruntersuchungen (vor allem sportmedizinische
und biomechanische Untersuchungen) und Kontrollwettkämpfe.“ (CARL in RÖTHIG et al.
1992, 278)
Le is tungs-b iom echan ik
Techn ikop tim ie rungTechn ikana lyse Kond itionsanalyse
Techn iksteuerung Kond itionssteuerung
Abb. 4: Untersuchungsziele der Leistungsbiomechanik (nach BALLREICH 1996, 13)
3.1 Technikanalyse (Analyse des technomotor ischen Leistungszustandes)
Identifi kation (Erkennung/Bestimmung) von biomechanischen Einflussgrößen des techno-
motorischen Leistungszustandes bzw. der sportmotorischen Technik. In vielen Fällen wird
„Technikanalyse“ gleichbedeutend mit „Biomechanische Bewegungsanalyse“ verwendet.
Beispielsweise könnte beim Laufsprint eine Analyse von Schrittlänge und Schrittfrequenz
stattfinden.
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Schätzung der Einflussgrößen von biomechanischen Einzelgrößen auf Zielgrößen sportmo-
torischer Technik bzw. auf die sportmotorische Leistungshöhe. Um beim Sprint eine ma-
ximale Geschwindigkeit zu erreichen, ist eine optimale Schrittfrequenz sowie eine optima-
le Schrittlänge erforderlich. Jede Vergrößerung der eine Größe führt zu einer Abnahme der
anderen.
Individualdiagnose des technomotorischen Leistungszustandes in bezug auf bewegungs-
technische Defizite. Bezogen auf den Sprint bedeutet das nun, dass der Unterschied des
aktuellen Verhältnisses Schrittlänge zu Schrittfrequenz zum optimalen Verhältnis festge-
stellt wird.
3.2 Techniksteuerung (Ansteuerung des technomotor ischen Leistungszu-standes)
Änderung des technomotorischen Leistungszustandes bzw. der sportmotorischen Leistung
in Richtung eines anzusteuernden Sollwertes (Reduktion der technomotorischen Ist-
Sollwert-Differenz). In unserem Beispiel wird auf ein optimales Schrittlängen/-frequenz-
Verhältnis hingearbeitet. Man greift hier gerne das von FARFEL (1962) formulierte Prinzip
„der objektiv ergänzenden Schnelli nformation“ auf. Der bei Anwendung dieses Trainings-
prinzips eintretende motorische Optimierungseffekt beruht auf einem Rückkopplungspro-
zess zwischen noch vorhandener subjektiver Bewegungsempfindung und objektiv ergän-
zenden bewegungsdiagnostischen Informationen.
Reduktion der technomotorischen Ansteuerungsdauer.
Biomechanisch gestützte Entwicklung einer Technomotorik der Lernschritte. Dieses Ver-
fahren orientiert sich unter anderem an den von Hochmuth (1982) formulierten biomecha-
nischen Prinzipien (vgl. auch Frage 2.3)
3.3 Technikoptimierung
Analyse konkurr ierender sportmotorischer Techniken auf Effektivität, um festzustellen,
welche dieser Techniken einen höheren Grad der Ansteuerung von Bewegungszielen im
Sport (Zeitminimierung, Distanzminimierung, Treffermaximierung, Fehlerminimierung...
vgl. GÖHNER, 1979) aufweist.
Entwicklung einer - gegenüber bereits verfügbaren - in höherem Maße zielangepassten
neuartigen sportmotorischen Technik. Die Aufgabe hierbei ist, konkurrierende motorische
Lösungsverfahren zur Ansteuerung von Bewegungszielen im Sport nach dem Grad ihrer
Zielansteuerung zu analysieren, sowie neue, in höherem Maße zielangepasste motorische
Lösungsverfahren zu entwickeln.
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3.4 Konditionsanalyse (Analyse des konditionellen Leistungszustandes)
Identifi kation (Erkennung/Feststellung) von validen (diagnostisch eindeutigen) Leistungs-
indikatoren (Kenngrößen) und biomechanischen Einflussgrößen der konditionellen Kom-
ponente, motorische Kraft, motorische Schnelli gkeit und Gelenkigkeit. Man kann bei-
spielsweise zur Messung der Kraft dynamometrische Verfahren einsetzen, zur Messung der
Schnelli gkeit können elektronische Zeitmessverfahren genutzt werden
Schätzung der Einflusshöhe konditioneller Komponenten auf die sportmotorische Leistung.
D.h. es wird die Auswirkung von Veränderungen der jeweili gen konditionellen
Komponente (z.B. verstärktes Reaktivkrafttraining) auf das Technische Ziel geschätzt.
Individualdiagnose des konditionellen Leistungszustandes in bezug auf konditionelle Defi-
zite.
Bewegungsstrukturelle Affinität zwischen konditionellen Übungen und sportart- (disziplin-)
spezifischen Bewegungsabläufen.
Ermüdungsresistente Technik: Steigerung der Bewegungsökonomie bei Ausdauerleistun-
gen (Verhältnis von antriebshemmenden und -unterstützenden Kräften) . Im allgemeinen ist
dieser Punkt für Sprintleistung weniger bedeutsam.
Kraftunterstützende Technik: Bewegungsübertragung (Impulsübertragung) bei Schnell-
kraft- und Kraftdisziplinen. Bezogen auf den Sprint sollte hier vor allem auf den Einsatz
und das Ausnutzten reaktiver Kraftfähigkeiten hingewiesen werden. Im Zusammenhang
damit das aktive, schlagende Aufsetzen des Fußballens mit extrem kurzer Bodenkontakt-
zeit.
3.5 Konditionssteuerung (Ansteuerung des konditionellen Leistungszustan-des)
Änderung des konditionellen Leistungszustandes in Richtung eines anzusteuernden Soll-
wertes (Reduktion der konditionellen Ist-Sollwert-Differenz).
Reduktion der konditionellen Ansteuerungsdauer.
4 Biomechanische Steuerung des Techniktrainings
Zunächst soll kurz ein allgemeines, vereinfachtes Modell der Trainingssteuerung darge-
stellt werden:
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Tra in ings-z ie l
Tra in ings-p lanung
Tra in ings-vo llzug
Tra in ings-zustand
Le is tung / E rfo lg
R andbe-d ingungen
Abb. 5: Vereinfachtes Modell der Techniksteuerung (nach CARL/GROSSER 1992, 528)
Theoretische Grundlage der biomechanischen Techniksteuerung ist das von FARFEL
(1962/1977) formulierte Prinzip der objektiv ergänzenden Schnelli nformation. Der bei
Anwendung dieses Trainingsprinzips eintretende motorische Optimierungseffekt beruht auf
einem Rückkopplungsprozess zwischen noch vorhandener subjektiver Bewegungsempfin-
dung und objektiv ergänzenden bewegungsdiagnostischen Informationen (BALL-
REICH/BAUMANN 1996, 23).
Grundlegende Überlegungen dieses Prinzips, das von THORHAUER (1970) als Trainings-
prinzip der „objektiv ergänzenden Schnell - und Sofortinformation“ in den deutschen
Sprachraum übertragen wurde, waren folgende (PÖHLMANN/THORHAUER in FARFEL 1977,
6):
„Worin auch der Prozess des Erlernens von Bewegungen bestehen möge, er sei immer an
Informationen über gemachte Fehler, über die Abweichungen der durchgeführten von der
vorgegebenen Bewegung gebunden. Für diesen Soll -Ist-Vergleich sind objektive, durch
technische Mittel gestützte Angaben über die quantitativen Bewegungsparameter unerläss-
lich.
Motorisches Lernen bzw. Vervollkommnung technomotorischer Fertigkeiten hieße u.a.
Schaffung einer verbesserten Empfindungs- Differenzierungs- und Kontroll fähigkeit für
eben diese objektivierten dynamischen und kinematischen Parameter des Handlungsvoll-
zuges.
Eine derartige Diskrimination im Bereich der Orientierungs- und Ausführungsregulation
der Bewegung könne durch spezielle Trainingsprogramme gefördert werden. Vorteilhaft
seien dabei Geräte, die den Übenden die Information objektiv, quantitativ, vor allem aber
schnell li efern (Schnelli nformation). Die Lerngeschwindigkeit sei der Rückinformation
umgekehrt proportional.
Es wird keiner Objektivierung ,an sich’ das Wort geredet. Für die Bewegungsschulung sei
das alleinige Vorhandensein technischer Mittel unzureichend. Um sie zu nutzen, muss eine
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spezielle Methodik erarbeitet werden, die sie zu einer Komponente des pädagogischen Pro-
zesses macht. Von wesentlicher Bedeutung sei des weiteren die Übereinstimmung der
Form der Information mit dem Adressaten, d.h. die Zusatzinformation muss vom Lernen-
den aufnehmbar und zu verarbeiten sein. Die ständige Konfrontation mit dem (subjektiven)
Selbsteinschätzungsvermögen führe zu einer erhöhten Selbstregulationsfähigkeit im Ab-
laufgeschehen der motorischen Tätigkeit. Das bedeutet, dass für den Trainierenden, der
sich eine Fähigkeit aneignet oder eine angeeignete vervollkommnet, jene Information be-
sonderen Wert haben, die sein Bewusstsein erreichen.“ (FARFEL 1977, 6 zit. nach DAUGS,
1988, 127)
Man kann unschwer erkennen, dass in den aufgeführten Überlegungen Gedanken zu bio-
mechanischen Methoden zugrunde liegen, die sich beispielsweise auf das Operationalisie-
ren der Bewegungsmerkmale beziehen. Hierzu gibt es viele Möglichkeiten. Um nur einige
zu nennen soll die dynamometrische Bestimmung von Kraftimpulsen erwähnt werden (z.B.
bei der Messung von Reaktivkräften bei Sprüngen), wobei die Messergebnisse dem Adres-
saten mitgeteilt werden können. Eine weitere Möglichkeit ist das Festhalten von Bewegun-
gen in Bildern, was unter anderem mit der Videotechnologie optimal gelöst werden kann.
Die Möglichkeiten des Video-Einsatzes im Techniktraining wurden vor allem in bezug auf
die aufgeführten Überlegungen ausführlich erforscht (DAUGS et al., 1989; DAUGS et al.,
1990; MÖCKEL/HEEMOTH/HOTZ, 1984), wobei Einsatzmöglichkeiten wie Videofeedback,
Videoinstruktion und observatives Training untersucht wurden. Verständlich ist jedoch
auch, wie im Zitat erwähnt wurde, dass allein diese biomechanischen Methoden zu einem
effektiven Lern- und Trainingseffekt nicht ausreichen. Hierzu müssen natürlich motorik-
wissenschaftli che Gesichtspunkte, wie zum Beispiel die Informationsaufnahme und Verar-
beitung, das Vorstellungsvermögen des Lernenden usw. bei den Feedbackprozeduren sowie
bei den Instruktionen berücksichtigt werden.
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5 Fragen zu Themenbereich II
1. Beschreiben Sie Ziele und Methoden der Biomechanik sport li cher Bewegungen.
2. Beschreiben Sie folgende Ansätze der Biomechanik.
(a) physikalisch-mechanischer Ansatz
(b) biowissenschaftli cher Ansatz
(c) bewegungsstruktureller Ansatz
(d) zweckorientierter Ansatz
3. Skizzieren Sie den typischen Kraft-Zeit-Verlauf eines bipedalen Vertikalsprungs mit Ausholbewegung und erläutern Sie Ihre Skizze (vgl Abb. 3, Seite 40)
4. Er läutern Sie folgende biomechanische Pr inzipien
(a) Prinzip der Anfangskraft
(b) Prinzip des optimalen Beschleunigungsweges
(c) Prinzip der optimalen Tendenz im Beschleunigungsverlauf
(d) Prinzip der zeitli chen Koordination von Teilimpulsen
(e) Prinzip der Gegenwirkung
(f) Prinzip der Impulserhaltung;
und übertragen Sie es auf eine spor tliche Bewegung.
5. Beschreiben Sie anhand eines Beispiels die Methodik der biomechanischen Leis-tungsdiagnostik.
6. (a) Beschreiben Sie das biomechanisch begründete Modell der Technikansteue-rung.
7. (b) Welche motor ikwissenschaftli chen Sachverhalte sind bei der biomechanischen Technikansteuerung zusätzlich zu berücksichtigen ?
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6 Ausgewählte Studienli teratur zum Themenbereich II
BALLREICH, R./BAUMANN, W.: Grundlagen der Biomechanik des Sports. Enke, Stuttgart.
19962
DAUGS, R.: Zur Optimierung des Techniktrainings durch Feedback-Technologien. In:
MECHLING, H./SCHIFFER, J./CARL, K (Red.): Theorie und Praxis des Techniktrainings
(Hearing des Bundesinstituts für Sportwissenschaft vom 3-4. 12 1986 in Köln), Sport und
Buch Strauß, Köln. 1988
DAUGS, R./BLISCHKE, K./OLIVIER, N./MARSCHALL, F.: Beiträge zum visuomotorischen
Lernen im Sport. Hofmann, Schorndorf. 1989
GEESE, R.: Biomechanische und trainingswissenschaftli che Untersuchungen zum Stab-
hochsprung. Frankfurt. 1991
HOCHMUT, G.: Biomechanik Sportli cher Bewegungen. Sportverlag, Berlin. 1982
RÖTHIG, P. et al.: Sportwissenschaftliches Lexikon. Hofmann, Schorndorf. 19926
ROTH, K./WILLIMCZIK, K.: Bewegungswissenschaft. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999
ZSCHORLICH, V.: Elektromyographie und Dynamometrie in der Bewegungsforschung. Ah-
rensburg. 1987
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III Neurophysiologische Aspekte der Motor ik
1 Stütz- und Zielmotor ik (Haltung und Bewegung)
Der Bereich „Neurophysiologie der Motorik“ beschäftigt sich mit der Analyse und der Be-
schreibung der sensumotorischen Koordination des neuromuskulären Systems und unter-
sucht das Zusammenspiel von Zentralnervensystem und Skelettmuskulatur.
Informationen erhält man hierbei unter anderem über Elektromyographie, über Elektroen-
cephalographie (elektrische Aktivität des Gehirns, vgl. 1.8), sowie über die Reaktionszeit-
messung (Reizleitungsgeschwindigkeit, vgl. 1.8).
Man versucht die nervöse Kontrolle von Haltung und Bewegungen zu erforschen. Man
unterscheidet hierbei Reflexaktionen, rhythmische Bewegungsmuster und Will kürbewe-
gungen (GHEZ/GORDON 1996, 502).
„Ein Reflex ist eine unwill kürliche, stereotyp (immer gleich) ablaufende Reaktion auf ei-
nen spezifischen Reiz; Bewegungsfolgen, die ohne das Zutun äußerer Reize unterhalten
werden, sind programmgesteuert“ (BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 252).
Bekannte Beispiele von Reflexen sind der Dehnungsreflex, der Bewegungs- und Schutzre-
flex, der Lidschutzreflex u.a. (vgl. auch 3.2). In der Vergangenheit wurden derartige Pro-
zesse häufig an Tieren untersucht (zur Untersuchung von spinalen Reflexen in der Regel an
dezerebrierten Tieren). Sie sind lebensnotwendig, da sie den Organismus vor schädlichen
Einflüssen schützen. Reflexe sind darüber hinaus maßgeblich an der Stützmotorik beteili gt.
Ein Großteil unserer Muskeltätigkeit richtet sich nicht in erster Linie als Bewegung nach
außen, in die Umwelt hinein, sondern dient dazu, Haltung und Stellung des Körpers auf-
rechtzuerhalten. Diesen Anteil der Motorik bezeichnen können wir als Stützmotorik be-
zeichnen. „Ohne diese wären wir nichts anderes als ein hil flos am Boden liegender Klum-
pen Mensch, wie der Anblick k.o.-geschlagener Boxer immer wieder deutlich vor Augen
führt.“ (BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 253)
Der Stützmotorik kann man als Zielmotorik all die motorischen Funktionen gegenüberstel-
len, die sich als nach außen gerichtete Bewegung äußern. Zielmotorik wird dabei immer
auch von Aktionen und Reaktionen der Stützmotorik begleitet sein, sei es zur Vorbereitung
der Bewegung, sei es zur Korrektur der Haltung während und nach der Bewegung (ebd.).
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S truk tur Le is tungR o lle bei
B ew egu ng
P lan
H and lun gs-antrieb
B ew egu ngs-en tw urf
P rog ram mZ ie lm o to rik
S tü tzm oto rik
A usfü h rungM ono- u. p o lysy-
naptisch e R e flexe
M uske llän ge , M uske lspa nnung
S ub ko rtika le u nd ko rtika le M otiva tionsarea le
A ssoz. K o rtex
B asa l-gang lien
T ha lam us
M oto rko rte x
H irns tam m
S p ina le N euro ne
M oto rische E in heit
C ere-be llum
S en so rik
Abb. 6: Motorische Systeme im Überblick (nach BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 254)
Die verschiedenen Formen rhythmischer Bewegungen (Gehen, Laufen usw.) zeigen sowohl
Merkmale von programmgesteuerten Reflexen als auch Merkmale der will entlichen Ziel-
motorik. So verläuft die ausgelöste Bewegungsfolge, wenn sie nicht gestört wird, weitge-
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hend automatisch. Beginn und Ende der Bewegung werden jedoch will kürlich ausgelöst
und unterliegen somit einer bewussten Kontrolle.
Die eigentlichen, typischen zielmotorischen Handlungen sind jedoch die Will kürbewegun-
gen, die immer zweckgebunden und größtenteils erlernt wurden.. Gerade beim Neuerwerb
spielt hierbei die Aufmerksamkeit und die bewusste Kontrolle eine entscheidende Rolle.
Durch zunehmende Übung verläuft der Bewegungsvollzug jedoch mehr und mehr automa-
tisch, so dass bewusste Aufmerksamkeit auch hier lediglich zur Start und zum Anhalten der
Bewegung notwendig ist
Die unwill kürliche Kontrolle der Körperstellung im Raum wird von den motorischen Zent-
ren des Hirnstamms geleistet; deren Arbeitsweise wurde durch Querschnittsdurchtrennung
im Hirnstamm deutlich. Die motorische Zentren des Hirnstamms können auch Laufbewe-
gungen generieren, und sie tragen zur Abstimmung der Stütz- und Zielmotorik bei. Der
aufrechte Gang des Menschen erfordert eine besonders feine Abstimmung von Stand, Hal-
tung und Bewegung; sie geschieht mit Hil fe von posturalen und antizipatorischen postura-
len Synergien.
Die Basalganglien setzen den Bewegungsplan aus dem assoziativen Kortex in ein Bewe-
gungsprogramm, also in ein zeitli ch und räumlich organisiertes Impulsmuster um. Die Ver-
mis des Kleinhirns steuert die Stützmotorik, die Pars intermedia koordiniert diese mit der
Zielmotorik und die Hemisphären sind für schnelle (gelernte, balli stische) Bewegungen
verantwortli ch. Die motorischen Kortexareale sind in bezug auf die Körperperipherie so-
matotopisch organisiert; die Körperperipherie ist multipel, d.h. in mehreren Kortexarealen
repräsentiert.
Motorische Kortexareale sind vor allem für die Ausführung feinmotorischer Bewegungen
der Zielmotorik verantwortli ch; der prämotorische Kortex nimmt auch an der Planung und
dem Entwurf von Bewegung teil (vgl. ausführlich BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 263-274).
2 Physiologie der Reflexe
2.1 Dehnungsreflex
Jeder Reflex besteht aus den gleichen fünf Anteilen, nämlich Sensor, Afferenz, zentrale
Neuronen, Efferenz und Effektor. Der Dehnungsreflex ist ein Eigenreflex, das bedeutet,
dass Sensor und Effektor im gleichen Organ (Muskel) liegen. Er besitzt einen monosynap-
tischen Reflexbogen, d.h. er besitzt nur eine zentrale Synapse. Der Ablauf soll am Beispiel
des Patellar-Sehnenreflexes kurz erläutert werden:
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Durch einen leichten, kurzen Schlag auf die Patellar-Sehne wird der Quadrizeps gedehnt.
Diese Dehnung geschieht so schnell , dass sie von den Muskelspindeln des betroffenen
Muskels als Gefahr registriert wird und nach einer kurzen Latenzzeit eine Kontraktion
folgt. Der Weg des Reizes beginnt dabei in der Muskelspindel, führt über die Ia-Fasern
über die zentrale Synapse zum α-Motoneuron und schließlich über das anschließende α-
Motoaxon zum Muskel, in dem die Kontraktion ausgelöst wird. Dieser monosynaptische
Dehnungsreflex dient vor allem zur Konstanthaltung der Muskellänge. Weiterhin kann ein
Dehnungs-Reflex auch durch intrafusale Kontraktion über den Weg der � -Spindel-Schleife
ausgelöst werden
Im Zusammenhang mit dem Dehnungsreflex sollte auch die disynaptische reziproke anta-
gonistische Hemmung durch die Ia-Afferenzen erläutert werden. Dieser Reflexbogen ent-
hält ein zentrales Interneuron, welches eine Hemmung der antagonistischen Muskulatur
bewirkt. (vgl.: BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 257-260; DE MAREES 1996, 63-67)
Ia -F aser
M uske lsp inde l
H om onym erM uske l
S yne rg is t
A n tago nis t
Inh ibito rischesIa -In te rneuron
-M o to neuron
P ass iveD eh nung
W ide rs tan d
Abb. 7: Mechanismus des Dehnungsreflexes (modif. nach GHEZ/GORDON 1996, 530)
Abb. 7 stellt den Mechanismus des Dehnungsreflexes schematisch dar. Afferente Ia-Fasern
sind auf zwei Gruppen von α-Motoneuronen exzitatorisch verschaltet: auf diejenigen, die
denselben (homonymen) Muskel innervieren, von dem die Ia-Fasern ausgehen, sowie auf
diejenigen, welche die synergistischen Muskeln innervieren. Daneben hemmen sie über ein
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inhibitorisches Interneuron Motoneuronen, die zu antagonistischen Muskeln ziehen. Wenn
nun ein Muskel aufgrund passiver Einwirkung plötzlich gedehnt wird, so feuern die Ia-
Fasern sehr heftig aufgrund der Information aus den Muskelspindeln. Die erhöhte Impuls-
rate führt zur Kontraktion desselben Muskels sowie seiner Synergisten und zur Relaxation
des Antagonisten. Der Reflex wirkt daher der Dehnung entgegen und verstärkt die sprung-
federartigen Eigenschaften der Muskeln.
2.2 Bewegungs- und Schutzreflex
Affe rente F aser vone inem N ozirezepto rder H au t
S treck-m uskel
Beuge-m uskel
S treck-m uskel
Z urück-z iehendesgere iz-tenBe ines
U nte rstü t-zung durchdas kon-tra late ra leBe inN ozirezep to r
- + -+
Abb. 8: Mechanismus des Beuge- und Schutzreflexes (modif. nach GHEZ/GORDON 1996, 534)
Im Gegensatz zu dem oben aufgeführten monosynaptischen Reflex sind die weitaus meis-
ten Reflexe polysynaptisch. Man bezeichnet dies auch als Fremdreflexe, da die Sensoren
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derartiger Reflexe häufig in einem anderen Organ liegen, als der Effektor. Zur Erläuterung
soll das Beispiel des Bewegungs- und Schutzreflexes besprochen werden. Zu diesen Refle-
xen gehören unter anderem der Lidschutz-Reflex, der Husten-Reflex sowie der Flexor-
reflex.
Bei einem schmerzhaften Reiz an einer Extremität wird diese reflektorisch angezogen. Ty-
pische Beispiele sind das Wegziehen der Hand von einer heißen Herdplatte oder das Weg-
ziehen des Beines, also eine Beugung (Flexion) im Sprung-, Knie- und Hüftgelenk bei
schmerzhafter Reizung der Fußsohle. Ein derartiger Flexorreflexes des Beines ist immer
mit einer Streckung (Extension) des anderen (kontralateralen) Beines begleitet. Dieser ge-
kreuzte Streckreflexes ist Teil einer sinnvollen Automatik zur Erhaltung des Gleichge-
wichts, wenn ein Flexorreflex beim Gehen oder Stehen ausgelöst wird. Im folgenden wird
die klinische Prüfung dieses Reflexes beschrieben:
Der Flexorreflex kann auch durch elektrische Reize ausgelöst werden und elektromy-
ographisch (vgl. Frage 1.7) analysiert werden. Zur klinischen Prüfung gehört immer der
Fußsohlenreflex, der durch mittelstarkes Bestreichen der Fußsohle mit einem spitzen Ge-
genstand ausgelöst wird. Die Reaktion besteht aus einer Plantarflexion aller Zehen, einer
Dorsalflexion des Fußes und bei, starker Reizung, einer Flexion im Knie- und Hüftgelenk.
Bei chronischen Läsionen im Rückenmark ist der Flexorreflex gesteigert. So kann z.B. bei
einem Patienten mit multipler Sklerose schon eine schwache Berührung eine heftige Beu-
gesynergie des ganzen Beines auslösen, gelegentlich mit gleichzeitiger Streckung des ande-
ren Beines (BIRBAUMER/SCHMIDT, 1996, 261)
3 Reizfor tleitung und Signalkodierung im Zentralnervensystem
Zunächst soll die allgemeine Bedeutung elektrischer Vorgänge im Gewebe kurz erläutert
werden. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewegungsübertragung in Nerven
und Muskeln. Verantwortli ch für derartige elektrische Vorhänge im Gewebe sind positiv
und negativ geladene Atome oder Atomgruppen, sogenannte Ionen, wie K+, Na+ und Cl-
und andere Anionen (A -). Eine Potentialdifferenz zwischen Zelli nnerem und Zellumgebung
kommt nun dadurch zustande, dass z.B. negativ geladene Ionen im Zelli nnern gegenüber
dem Zelläußeren überwiegen. Diese Potentialdifferenz beidseits der Zellmembran wird als
Membranpotential bezeichnet.
Eine Erklärung für die angesprochene Potentialdifferenz ist die Durchlässigkeit der Zell-
membran, die für verschiedene Ionen unterschiedlich ist. Die Konzentrationen innerhalb
der Zelle liegen für Kalium höher (155:4), für Natrium (12:145) und Chlorid (4:120) nied-
riger als außerhalb. In Ruhe ist die Membran für Natrium so gut wie undurchlässig, für
Kalium jedoch permeabel. Die im Zellinnern höher konzentrierten Kalium-Ionen diffundie-
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ren entsprechend ihrem chemischen Konzentrationsgefälle auswärts. Positive Ladungsträ-
ger (K+) verlassen die Zelle. Dadurch wird die Zelloberfläche gegenüber dem Zelli nnern
positiv geladen. Die in der Zelle gelegenen großmolekularen Anionen (A -), in der Mehrheit
Eiweißmoleküle, können den K+-Ionen durch die Zellwand nicht folgen, und K+-Ionen
werden wegen ihrer entgegengesetzten Ladung an der Zelloberfläche festgehalten, da sich
gegensinnige Ladungen elektrisch anziehen (elektrische Potentialdifferenz). So wird die
Kaliumauswärtsdiffusion durch die in das Zelli nnere gerichtete elektrische Potentialdiffe-
renz zunehmend begrenzt. Der chemisch angetriebene Kaliumausstrom steht mit dem e-
lektrisch getriebenen Kaliumeinstrom im Gleichgewicht. Die dabei messbare Potentialdif-
ferenz wird K+-Gleichgewichtspotential genannt. Die Potentialdifferenz beträgt bei Ruhe
etwa -70mV (Axone) bis 80mV (Muskelfasern). Aus der Tatsache, dass sich bei unterbro-
chener Sauerstoffversorgung des Gewebes die Ionenkonzentrationen innen und außen an-
gleichen, wird geschlossen, dass Energie bereitgestellt werden muss, um die Konzentrati-
onsdifferenzen für die Ionen aufrechtzuerhalten. Aufgrund dieser Folgerung vermutet man
Pump-Mechanismen in der Zellwand, die eingedrungenen Natrium-Ionen entgegen dem
chemischen und elektrischen Potentialgefälle aus der Zelle und gleichzeitig Kalium-Ionen
in die Zelle hinein befördern (Na+-K—Pumpe). Durch Erregungen nimmt die Permeabilit ät
der Zellmembran für Natrium-Ionen erheblich zu (ca. 500-fach) wodurch es zum Natrium-
einstrom und somit zu einer Depolarisation kommt. Diese Depolarisation findet statt, wenn
das Membranpotential einen Schwellenwert von -50mV erreicht. Das Zelli nnere wird hier-
durch 30 - 40mV positiv gegenüber außen geladen. Der zeitli che Ablauf während dieser
sogenannten Erregung wird als Aktionspotential (AP) bezeichnet. Dieses pflanzt sich über
Nerven- und Muskelfaser von einer Stelle aus durch Depolarisierung der benachbarten
Membranbezirke fort.
Ist der Gipfel des Aktionspotentiales erreicht, werden die Potentialänderungen wieder
rückgängig gemacht und es kommt zur sehr raschen Repolarisation. Nach etwa 1ms ver-
langsamt sich dieser sich dieser Vorgang und geht in das Nachpotential über, bevor das
Ruhepotential erreicht wird. In marklosen Nervenfasern (z.B. Schmerzfasern) und an der
Muskelfaser erfolgt die Leitung kontinuierlich, d.h. die gesamte Neuritenoberfläche wird
vom Aktionspotential unter ständigem Zeitverlust durchlaufen. Bei markhaltigen Nerven
geschieht die Erregungsfortpflanzung etwa zehnmal schneller. Die erregbare Oberfläche
hat hier nur alle 2mm im Bereich der RANVIERschen Schnürringe direkten Kontakt mit der
Umgebung. Es findet eine saltatorische Erregung statt, bei der die Internodien übersprun-
gen werden (DE MARÉES 1996, 47-51).
4 Aufbau und Funktion der motor ischen Endplatte
An der motorischen Endplatte erfolgt die neuromuskuläre Übertragung auf elektrochemi-
schem Weg wie folgt: In der motorischen Endplatte befinden sich sogenannte Vesikel (Blä-
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schen), die den Überträgerstoff Acetylcholin (ACH) speichern. Der Nervenimpuls (Akti-
onspotential) gelangt über die marklosen Endigungen des Axons (unter Abnahme seiner
Amplitude) in die Sohlenplatte und setzt aus den der präsynaptischen Membran anliegen-
den Vesikeln ACH frei. Dazu sind Ca++-Ionen notwendig, die während der Depolarisation
in der Nähe der Vesikel auftreten und am Platzen der Bläschen beteili gt sind. Das in den
schmalen synaptischen Spalt freigesetzte ACH gelangt durch Diffusion relativ rasch an die
subsynaptische Membran (Muskelfaser) und löst hier eine lokale Permeabilit ätserhöhung
für Na+-Ionen aus. Dadurch kommt es zur Depolarisation des ca. -80mV betragenden Ru-
hepotentials um ca. 50mV, die überschwelli g ist. Diese „ lokale Antwort“ des subsynapti-
schen (muskulären) Endplattenbezirks nennt man Endplattenpotential (EPP). Von dem
Endplattenbezirk aus besteht jetzt ein Potentialgefälle zur benachbarten, ruhenden und da-
her umgekehrt gepolten Muskelfasermembran, an der dadurch ein Aktionspotential startet.
Dieses Aktionspotential pflanzt sich über die benachbarten Muskelfasermembranen beider-
seits der motorischen Endplatte mit einer Geschwindigkeit von ca. 6 m/s fort und gelangt
auch in die Quertubuli . Diese Quertubuli sind Einstülpungen der Muskelzellmembran, die
bis an die calciumhaltigen Bläschen des sarkoplasmatischen Retikulums und damit in der
Nähe der Myofibrill en reichen.
Abb. 9: Kopplung zwischen Erregung und Kontraktion (De Marées 1996, 53)
Die durch einen Nervenimpuls präsynaptisch freigesetzte ACH-Menge wird subsynaptisch
innerhalb von 2ms durch das Ferment Cholinesterase in die unwirksamen Bruchstücke
Cholin und Essigsäure gespalten. Dies ist notwendig, damit ein folgender Impuls ein neues
Aktionspotential auslösen kann. Die Muskelfaser muss bekanntlich rhythmisch erregt wer-
den, wenn sie länger tätig sein soll (Superposition, Tetanus).
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Die motorische Endplatte stellt einen notwendigen Verstärker dar, der die Aktionspotentia-
le des Neuriten durch chemische Vermittlung sicher überschwelli g auf die Muskelfaser
überträgt (DE MARÉES 1996, 51-53).
5 Aufbau und Funktion einer „m otor ischen Einheit“
Als motorische Einheit bezeichnet man eine motorische Nervenzelle mit ihrer efferent lei-
tenden langen Nervenfaser und dem von ihr versorgten Kollektiv an Muskelfasern.
Für jeden Reiz gibt es hinsichtlich seiner Stärke einen Schwellenwert, der zunächst über-
schritten werden muss, damit der elektrische Reiz vom Muskel mit einer Zuckung (Kon-
traktion) beantwortet wird. Reize, die diesen Schwellenwert übersteigen, sind für die ein-
zelne Muskelfaser bereits maximale Reize. Die Kontraktionskraft der Einzelfaser lässt sich
also durch Verstärkung des Reizes über den Schwellenwert hinaus nicht steigern. Entweder
antwortet die Muskelfaser überhaupt nicht (unterschwelli g), oder sie antwortet auf den ein-
zelnen Reiz maximal (alles). Gleiches gilt bei Reizung eines Neuriten für die von ihm ver-
sorgten Muskelfasern, die motorische Einheit. Die Einzelfaser und damit die motorische
Einheit folgt bei Einzelreizungen dem „Alles-oder-Nichts-Gesetz“ .
Abb. 10: Aufbau der motorischen Einheit (nach MARKWORTH 1989, 43)
Obwohl der ganze Muskel aus vielen solcher Muskelfasern aufgebaut ist, reagiert er in sei-
ner Gesamtheit auf einzelne elektrische Reize nicht wie die Einzelfaser. Seine Zuckung
nimmt mit zunehmender Reizstärke zu. Mit steigender Reizstärke werden immer mehr
motorische Einheiten - auch die vom Reizort entfernter liegenden und die mit höherer
Reizschwelle - erregt, bis schließlich die Erregung alle Fasern erfasst hat: maximale Kon-
traktion des Gesamtmuskels auf Einzelreize oder Einzelerregungen. (vgl. auch 3.8)
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6 Elektromyographie
Die Elektromyographie stellt das Verfahren zur Aufzeichnung elektrischer Vorgänge am
Muskel dar. Diese Aufzeichnung (Elektromyogramm, EMG) liefert Aussagen über den
Aktivierungszustand des abgeleiteten Muskels.
„Das Eelektromyogramm zeigt Muskelaktionspotentiale des innervierten Muskels. Wir
können mit dem EMG die Aktivität des Muskels darstellen. In der Bewegungsforschung
dient das EMG verschiedenen Untersuchungszielen, dazu gehören z.B. die Darstellung des
koordinativen Verhaltens der Muskulatur bei einer Bewegung, die Untersuchung neurona-
ler Mechanismen bei der Bewegungsproduktion, die Darstellung der Leistungsfähigkeit
und Belastbarkeit bei muskulärer Arbeit und die Untersuchung von Energieumsetzung, die
Entwicklung muskulärer Kraft sowie deren Wirkungsgrad und Ökonomisierung - neben
einer Reihe weiterer Fragestellungen. Es gibt in der Bewegungsforschung ein breites An-
wendungsfeld für die Untersuchungsmethoden der Elektromyographie, die in zunehmen-
dem Maße nutzbar gemacht wird.“ (ZSCHORLICH, 1987)
In der Sportwissenschaft kommt vor allem das Oberflächen-EMG zum Einsatz, wobei E-
lektroden an der Hautoberfläche die Aktivität der darunter liegenden Muskelanteile regist-
rieren. In der Regel erfolgt die Ableitung über zwei Elektroden am entsprechenden Muskel
sowie einer Referenz-Elektrode an einem neutralen Punkt des Körpers. Von Bedeutung für
die Höhe der Signalamplitude und der Frequenz sind einmal die Form und Größe der E-
lektrode, sowie der Abstand zwischen beiden Elektroden. Bei großen Elektroden treten
höhere Signalamplituden mit niedrigeren Frequenzen auf, bei kleinen entsprechend niedri-
gere Amplituden mit höherer Frequenz. Mit zunehmendem Abstand zwischen den Elektro-
den nimmt sowohl die Amplitude als auch die Frequenz des Signals ab.
Die Signalaufbereitung geschieht über folgende Messkette:
Elektroden → Vorverstärker (z.B. 10-Fach)→ Hochpassfilter (fu=3 Hz)→ Verstärker (z.B.
100-fach) → Anti-Aliasing-Filter (fo=500 Hz) → A/D-Wandler (f > 1000 Hz) → PC
EMG-Signale sind sehr störanfälli g (mechanische Störungen, Temperatur, „Cross-talk“ ,
usw.) und individuell sehr unterschiedlich, so dass interindividuelle Vergleiche wenig Aus-
sagekraft haben.
7 Muskelkontraktion
Ein einzelner Skelettmuskel unterteilt sich in sogenannte Muskelfaserbündel. Diese beste-
hen aus sehr vielen Muskelfasern, die ihrerseits wieder in Myofibrill en untergliedert sind.
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Diese Myofibrill en bestehen hauptsächlich aus den Eiweißen Myosin und Aktin, durch
welche die Kontraktion ermöglicht wird. Die kleinste funktionelle Betriebseinheit des Ske-
lettmuskels ist das Sarkomer, welches die Aktin- und Myosinfilamente enthält und von den
Z-Scheiben begrenzt wird. In einem solchen Sarkomer sind nun die etwas dickeren Myo-
sinfilamente parallel in der Mitte angeordnet. In sie hinein ragen von jeder Z-Scheibe her
die dünnen Aktinfilamente, so dass ein Aktinfilament von sechs Myosinfilamenten umge-
ben ist und umgekehrt (BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 242, 243).
Nach der heute allgemein anerkannten Theorie der „sliding filaments“ (Gleitfilament-
Theorie) von A. F. HUXLAY und H. E. HUXLAY gleiten die Myosin- und Aktinfilamente bei
einer Längenänderung der Muskelfaser aneinander vorbei. Eine wesentliche Änderung der
Eigenlänge beider Filamente tritt dabei nicht auf. Bei einer Muskelkontraktion werden die
Aktinfilamente in die Myosinzwischenräume (A-Abschnitt) hineingezogen. Dadurch ver-
kürzen sich die Sarkomere. Bei Dehnung werden entgegengesetzt die Aktinfilamente aus
den A-Abschnitten herausgezogen, so dass das Ausmaß der Filamentüberlappung abnimmt.
Die Sarkomere werden länger.
Eine modellhafte Erklärung für die Vorgänge bei dieser Gleitfilament-Theorie liefert der
„Querbrücken-Zyklus“ . Die Myosinköpfchen verbinden sich mit den Aktinfäden und bil-
den so Querbrücken. Dabei legen sie sich an den gelenkartigen Aktinkontaktstellen unter
Energiebedarf um ca. 45° um. Hierdurch entsteht eine Spannungsentwicklung am dehnba-
ren Myosinhals. Übertriff t nun diese Spannungsentwicklung die am Muskelende einwir-
kende Last, so werden die Aktinfäden von den Myosinköpfchen weiter in die A-Abschnitte
hineingezogen, und die Muskelfaser verkürzt sich. Wiederum unter Energiebedarf löst sich
schließlich das Myosinköpfchen vom Aktinfilament und es kann eine erneute Querbrü-
ckenbildung beginnen. Ähnlich dem Greif-Loslass-Prinzip beim Tauziehen werden die
Aktinfilamente mit vielen solcher Querbrückenzyklen immer weiter in die Myosinzwi-
schenräume gezogen. (DE MARÉES 1996, 34-35)
7.1 Vordehnung
Die Materialeigenschaften des Muskels sind für dessen Tätigkeit (Kraftentwicklung, Ver-
kürzungsgeschwindigkeit) ebenso wichtig wie für die Mechanismen bei Muskelverletzun-
gen. Die Rate der Muskelverletzungen wäre sicherlich höher, wenn sich der Muskel nicht
ohne merklichen Schaden um mehr als 150% seiner Ausgangslänge durch einwirkende
Kräfte dehnen ließe. Der Muskel besitzt eine sogenannte „Kautschukelastizität“ , d.h. er
lässt sich zu Beginn mit relativ geringem Kraftaufwand dehnen, je stärker er jedoch ge-
dehnt wird, desto größer sind die Kräfte, die zur Dehnung aufgewendet werden müssen.
Die mechanischen Eigenschaften des Muskels lassen sich mit der modellhaften Vorstellung
elastischer und plastischer Elemente gut beschreiben. Nach dieser Vorstellung sind die
Sehnen ein seriell elastisches Modell , Bindegewebe und Sarkolemm sind ein parallel elas-
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tisches Element, welchem das Aktin und Myosin als plastisches Element gegenübersteht.
Die elastischen Elemente sind nach Verformung bestrebt, ihre Ausgangsform wieder ein-
zunehmen, während plastische Elemente bestrebt sind, den Zustand der Verformung beizu-
behalten.
Die Eigenschaft der elastischen Elemente lassen sich sehr gut zur Entwicklung von reakti-
ver Kraft verwenden. Dabei wird mit einer dynamisch exzentrischen Kontraktion eine Vor-
spannung im Muskel aufgebaut, die bei unmittelbar nachfolgender konzentrischer Kontrak-
tion in hohem Maße gespeicherte Energie freisetzt und somit die Kontraktion unterstützt
(bspw.: Niedersprünge von erhöhter Unterlage zur Verbesserung der Sprungkraft, KSP-
Absenkung bei allen Sprungbewegungen in der Leichtathletik)
KontraktilesE lem ent
Para lle l-e lastischesE lem ent (B indege-w ebe , S arko lem m )
SerienelastischesE lem ent (Sehnen)
Abb. 11: Muskelmodell (modif. nach Markworth 1989, 52)
SCHNABEL (in MEINEL/SCHNABEL 1987, 95):Die Beziehungen zwischen dem Abbremsen
der Ausholbewegung und der Anfangskraft bestehen in folgendem: Die Muskulatur besitzt
bereits zu Beginn der Hauptphase eine höhere Anfangsspannung, weil i hre zentrale Inner-
vation und die reflektorische Verstärkung dieser Innervation bereits mit dem Abbremsen
der Ausholbewegung vor der Bewegungsumkehr eingesetzt hat. „Hinzu kommt die Aus-
nutzung der elastischen Deformation“ der Muskeln, die beim Abbremsen der Ausholbewe-
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gung akkumuliert wird (vgl. MEDVEDV/MARIENKO/FOMICENKO 1983). Die erreichbare
Muskelspannung ist von der optimalen Dehnung abhängig (vgl. HOCHMUT 1982, 194).
Durch das Abbremsen der Ausholbewegung speichert der Muskel in gewissem Sinne me-
chanische Energie (vgl. SEVERCOV 1971; VERCHOSANSKIJ 1970). Weiterhin spielt hier eine
in verschiedenen Untersuchungen ermittelte muskelphysiologische Gesetzmäßigkeit eine
Rolle, nach der bei negativer (auch genannt: nachgebender, bremsender) Muskelarbeit be-
deutend höhere Muskelspannungen erreicht werden als bei positiver (beschleunigender)
Arbeit (vgl. KÜCHLER 1983 58 u 162; SCHMIDTBLEICHER et al. 1978). Schließlich darf die
im Nervensystem vorhandene „Neigung“ zur wechselseitigen Innervation von Agonisten
und Antagonisten als Grundprinzip der intermuskulären Koordination nicht unberücksich-
tigt bleiben. Danach stellt die in der Vorbereitungsphase vorgeschaltete Gegenbewegung
ein Optimum dar - eine Unterdrückung wäre unnatürlich (vgl. WACHHOLDER 1928).
Reaktivkraft ist die Kraftfähigkeit, die in einem verstärkten Kraftimpuls im Verlauf eines
Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus zum Ausdruck kommt (SCHNABEL/HARRE/BORDE 1994,
164). Es wurde nachgewiesen, dass bei submaximalen Krafteinsätzen durch den Dehnungs-
Verkürzungs-Zyklus der größte mechanische Wirkungsgrad erreicht wird. Bei maximalen
Krafteinsätzen lässt sich, bei immerhin noch gutem mechanischem Wirkungsgrad die
höchste Leistung erzielen (KOMI 1985, 268)
7.2 Verkürzungsgeschwindigkeit
Die Verkürzungsgeschwindigkeit eines Muskels ist um so größer, je geringer die zu heben-
de Last ist. Bei schneller Verkürzung gleiten die Filamente rasch aneinander vorbei, und
das dauernde Nachgreifen der Querbrücken bedingt, dass pro Zeiteinheit immer eine relativ
große Anzahl von diesen gerade losgelassen hat; es kann daher nur eine geringe Kraft ent-
faltet werden. Bei isometrischer Kontraktion können dagegen praktisch alle Querbrücken
nahezu gleichzeitig ziehen, denn ein Nachgreifen ist nicht erforderlich (BIRBAU-
MER/SCHMIDT 1996, 249).
Alle Prozesse, die mit der Entstehung der Erregung verknüpft sind - Chronaxie (= Zeit, die
ein beliebiger Strom fließen muss, um eine Reizwirkung zu entfalten), Anstieg des Akti-
onspotentials, Leitungsgeschwindigkeit - laufen bei höherer Temperatur schneller ab. Die
erhöhte Erregbarkeit des Zentralnervensystems führt u.a. zu einer gesteigerten Reaktions-
und Kontraktionsgeschwindigkeit: Eine Erhöhung der Körperkerntemperatur um 2°C be-
wirkt eine Beschleunigung der Kontraktionsgeschwindigkeit um 20% (vgl. HILL 1956, 165;
WEINECK 1996, 647)
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8 Steuerung der Kontraktionskraft des Muskels
Wie bereits besprochen folgt die Muskelfaser dem „Alles-oder-Nichts-Gesetz“ (siehe 3.5).
Für die Dauer eines Aktionspotentials ist die Muskelfaser refraktär, d.h. beim Eintreffen
eines zweiten Reizes während dieser Zeit bleibt dieser unwirksam. Diese Refraktärphase
dauert so lange wie die frühe Repolarisationsphase. Erst nach der Repolarisation kann
durch den nächsten Reiz ein neues Aktionspotential ausgelöst werden.
Die Zuckung der Muskelfaser oder des Muskels beim maximalen Reiz ist jedoch noch
nicht die größtmögliche Verkürzung. Eine maximale Verkürzung wird erst durch Überlage-
rung rasch aufeinanderfolgender Kontraktionswellen erreicht. Man nennt die Überlagerung
Summation oder Superposition der Kontraktion. Die folgende Erregung triff t auf eine noch
nicht völli g erschlaff te Muskelfaser. Auf diesen Kontraktionsrückstand lagert sich die
nächste Kontraktion auf und so fort. Diese Superposition ist dadurch möglich, dass die
Kontraktion selbst 10mal langsamer abläuft als die vorausgegangene Erregung. Bei Erhö-
hung der Zahl der Erregungen auf ca. 30 pro Sekunde entsteht schließlich eine Dauerver-
kürzung des Muskels (Tetanus) mit Zunahme der Kontraktionsamplitude. In diesem Stadi-
um sind Einzelzuckungen nicht mehr erkennbar. Bei geringer Reizfrequenz von ca. 10 Er-
regungen pro Sekunde lassen sich die Einzelzuckungen noch unterscheiden (unvollkomme-
ner Tetanus). Dieser physiologische Tetanusbegriff darf nicht verwechselt werden mit der
durch Tetanusbazill en hervorgerufenen Erkrankung des Wundstarrkrampfes.
Die motorische Einheit entwickelt unter isometrischen Bedingungen im Tetanus mehr als
etwa die zehnfache Kraft wie bei einer einzelnen Kontraktion. Der sogenannte aktive Zu-
stand in der Muskulatur (Aktionspotential und Calciumfreisetzung) hält bei niederer Reiz-
frequenz nur kurze Zeit an. Die länger dauernde Verkürzung der kontraktilen Elemente
(Aktin und Myosin) wird deshalb auf halbem Wege abgebrochen. Bei höherer Reizfre-
quenz ist die Aktivierungsdauer länger und zur Entwicklung der maximalen Kraft ausrei-
chend.
Alle will entlichen Verkürzungen des Skelettmuskels sind tetanischer Natur. Bei der Ver-
kürzung des Muskels sind nicht alle motorischen Einheiten gleichzeitig tätig. Der Tetanus
resultiert aus abwechselnder Tätigkeit aller Einheiten. Die Steigerung der Kraft erfolgt zu-
nächst bis etwa 50% der maximalen Kraft durch Rekrutierung, d.h. durch Erhöhung der
Zahl der eingesetzten motorischen Einheiten. Das Zentralnervensystem steuert den Einsatz
der motorischen Einheiten so, dass bei geringem Kraftbedarf zunächst die kleinen ermü-
dungsresistenten motorischen Einheiten aktiviert werden. Bei steigendem Kraftbedarf ge-
sellen sich die größeren Einheiten hinzu, die zwar mehr Kraft entwickeln können, aber
auch rascher ermüden. Wird noch mehr Kraft benötigt, erhöht sich die Erregungsfrequenz
der Motoneuronen, Frequenzierung genannt. Für Dauerkontraktionen wird der Bereich von
10 bis 30 Erregungen pro Sekunde eingesetzt. Der Bereich zwischen 30 und 100 Erregun-
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gen pro Sekunde dient zur Steigerung der Verkürzungsgeschwindigkeit bei schnellkräfti-
gen Bewegungen. Maximale Verkürzungsgeschwindigkeiten der Muskulatur erfordernde
Explosivkrafteinsätze, z.B. bei Wurf- und Stoßbewegungen, werden mit 80 bis 120 Erre-
gungen pro Sekunde ausgeführt.
Im Vergleich dazu liegt die Schrittfrequenz eines Weltklassesprinters bei 4 bis 5 pro Se-
kunde. Die Bewegungsfrequenz der Fingergelenke ist mit 5 bis 6 pro Sekunde und die des
Handgelenks mit 8 bis 9 pro Sekunde ausführbar.
Verstärkung der Kontraktion ist möglich durch Erregung mehrerer motorischer Einheiten
(Rekrutierung), gefolgt von der Zunahme der Zahl der Erregungen pro Zeiteinheit (Fre-
quenzierung).
Vor allem bei Schnellkraftleistungen kommt zu dem Rekrutierungs- und Frequenzie-
rungsprinzip noch eine dritte Komponente hinzu. Neben der Fähigkeit, alle motorischen
Einheiten mit möglichst hoher Impulsfrequenz einzusetzen, sollte der Einsatz auch nahezu
gleichzeitig geschehen. In der Tat kommt es bei hochexplosiven balli stischen Bewegungen
zu einer annähernd synchronen Aktivierung bei der Rekrutierung der motorischen Einhei-
ten (WANG 1999, 27). Eine derartige Synchronisierung ist bedingt durch eine möglichst
hochfrequente Anfangsinnervation aller Einheiten des gesamten Motoneuronenpools
(MÜLLER 1987).
Die Größe der Kraft des Muskels nimmt mit steigendem Querschnitt zu. Sie beträgt unter
normalen Bedingungen am Skelettmuskel 40 - 100 N/cm2
Sowohl bei isometrischen als auch bei auxotonen zyklischen Muskelkontraktionen kann
die vom Muskel aufzubringende Kraft nur zeitbegrenzt erzeugt werden. Der Muskel ermü-
det, und das um so eher, je größer die Belastung ist. Ursache dieser Ermüdung ist nicht -
wie früher angenommen - primär eine Anhäufung von Stoffwechselschlacken (Metabolite)
oder ein Energiemangel, sondern eine Abnahme des vom Zentralnervensystem gebildeten
Aktionspotentialmusters pro Sekunde. Das isolierte System „Nerv-Muskel“ ist aber noch
erregbar. Bei weiterhin hoher Intensität der Tätigkeit verschlechtert sich die Erregungslei-
tung durch den Neuriten, und es stellt sich eine Blockierung der neuromuskulären Übertra-
gung an der motorischen Endplatte ein.
„Bei niederfrequenter ( 3Hz) Reizung und ausreichender Durchblutung ist der Muskel
aber praktisch unermüdbar. Er kann dabei ca. 20% seiner maximalen Kraft entwickeln.
Wird die Durchblutung unzureichend, so zeigt die ansteigende Laktatkonzentration eine
zunehmend anaerobe Energiebereitstellung mit Leerung der Energiesofortdepots ATP und
KP an. Der Muskel erschlaff t inkomplett und stellt seine Tätigkeit schließlich ein“ (DE
MARÉES 1996, 56)
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9 Kodierung von Kraft und Richtung bei Will kürbewegungen im pr i-mären motor ischen Kor tex
Die Neuronen des primären motorischen Kortex ändern ihre Aktivität bei der Vorbereitung
von Bewegung (GHEZ/GORDON 1996, 542). Die Beteili gung des motorischen Kortex bei
der Auslösung von Bewegung konnte durch Einzelableitungen von Kortexneuronen bei
Affen Nachgewiesen werden (EVARTS 1968). Dabei wurde einmal festgestellt , dass bei
Beugen und Strecken des Unterarms unterschiedliche Neuronenpopulationen aktiv waren,
wobei sich deren Aktivität bereits vor der entsprechenden Muskelkontraktion änderten.
Durch die Einzelableitung zeigte sich auch, dass die Kraftmenge von Will kürbewegungen
durch die Impulsfrequenz von Neuronen der kortikospinalen Bahn kodiert wurde. Somit
feuert ein Neuron, das im Verlauf einer Beugebewegung des Handgelenks aktiv wird, hef-
tiger, wenn eine Last hinzukommt, die der Beugung entgegen wirkt. Wird dagegen eine
Last eingesetzt, welche die Beugung unterstützt und somit der Streckung entgegen wirkt,
kann eine Beugung des Handgelenks schon allein durch Entspannung der Antagonisten
erreicht werden. Hierbei feuert das Neuron nicht mehr länger vor oder während der Bewe-
gung.
Etwas komplexer ist die Frage, wie die Richtung will kürlicher Bewegungen kodiert und
gesteuert wird. Dies betriff t vor allem Bewegungen, die mehrere Gelenke miteinbeziehen,
bei der die Kontraktion zahlreicher Muskeln durch kortikale Neuronen kodiert werden
müssen. Auch diese Frage versuchten man durch Versuche mir Affen zu klären (GEORGO-
POULOS et al. 1982). Es konnte festgestellt werden, dass die Aktivität einzelner Neuronen
in Abhängigkeit der Bewegungsrichtung feuerten. Sie feuerten am heftigsten bei Bewegun-
gen in eine bestimmte Vorzugsrichtung, während sie bei Bewegungen in die Gegenrichtung
stumm waren. Die Neuronen des motorischen Kortex sind in funktionellen Säulen ange-
ordnet, wobei jede Säule einen bestimmten Muskel steuert. Bezogen auf die Bewegungs-
richtung sind die Vorzugsrichtungen der Säulen ziemlich gleich. Jodoch ist der richtungs-
spezifische Empfindlichkeitsbereich sämtlicher Neuronen, von denen abgeleitet wurde,
relativ breit. Somit werden die Neuronen nicht alleine bei der Vorzugsrichtung aktiv, son-
dern in geringerem Maße auch bei anderen Richtungen. Dies wirft jedoch die Frage nach
der exakten Kodierung auf. Man vermutet, dass die Richtungskodierung über das Aktivi-
tätsmuster ganzer Neuronenpopulationen geschieht und weniger durch Einzelneuronen.
Betrachtet man die Aktivität eines einzelnen Neurons, so lässt sich diese als Vektor darstel-
len, dessen Länge vom Ausmaß der Aktivität bei Bewegungen in diese bestimmte Richtung
abhängt. Durch vektorielle Addition ergibt sich ein Populationsvektor, der relativ genau
mit der Bewegungsrichtung der Handbewegung übereinstimmt. Der Sachverhalt wird
durch Abb. 12 veranschaulicht.
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0°
90°
Abb. 12 vereinfachte Darstellung der Aktivität von Neuronenpopulation bei der Kodierung der Bewegungsrichtung (modif. nach GHEZ/GORDON 1996, 545)
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10 Fragen zum Themenbereich III
1. (a) Beschreiben Sie Gegenstand und Methoden der " Neurophysiologie der Moto-r ik" .
1. (b)Beschreiben Sie das Zusammenspiel von Stütz- und Zielmotor ik (Haltung und Bewegung).
2. Beschreiben Sie das neuromuskuläre Geschehen beim
(a) Dehnungsreflex (z.B. Patellar-Sehnenreflex)
(b) Bewegungs- und Schutzreflex (z.B. reflektorische Entfernung einer Extremität vom
schädlichen Reiz).
3. Wie funktionieren Reizfor tleitung und Signalkodierung im ZNS ?
4. Beschreiben Sie Aufbau und Funktion der motor ischen Endplatte als Beispiel einer chemischen Synapse.
5. Beschreiben Sie Aufbau und Funktion einer " motori schen Einheit" .
6. Was ist ein Elektromyogramm ? Er läutern Sie seine Bedeutung in der Motor ikfor-schung.
7. Beschreiben Sie den grundlegenden Mechanismus der Muskelkontraktion und verdeutlichen Sie den Einfluss von
(a) Vordehnung
(b) Verkürzungsgeschwindigkeit.
8. Nennen und erläutern Sie die Prozesse, die für die Steuerung der Kontraktions-kraft des Muskels verantwortli ch sind.
9. Er läutern Sie die Kodierung von Kraft und Bewegungsr ichtung will kür licher Be-wegungen im pr imären motor ischen Kortex
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11 Ausgewählte Studienli teratur zum Themenbereich III
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IV Aspekte der psychologisch-verhaltensor ientierten Motor ik
1 Modell der Informationsverarbeitung im Menschen
Das Modell der Informationsverarbeitung geht von der Vorstellung aus, die Funktionen des
Menschen mit denen eines Informationsverarbeitungssystems zu vergleichen. Nach dieser
Annahme wird die Information aus der Umgebung aufgenommen (INPUT) und verarbeitet
(PROCESSING). Dies kann durch Kodierung geschehen, es können Vergleiche sowie
Kombinationen mit anderen Informationen stattfinden. Das vereinfachte Modell der Infor-
mationsverarbeitung geht auf die Mechanismen der Verarbeitung zunächst einmal nicht ein
(Abb. 13). Die Information gelangt in eine „black-box“ (SCHMIDT 1988, 75), in der sie ver-
arbeitet wird und schließlich die motorische Antwort (OUTPUT) verursacht.
IN P U T
S igna ls
O U T P U T
M oto r R esponse
T he H um an
“P R O C E S S IN G ”
Abb. 13: Das vereinfachte Modell der Informationsverarbeitung (SCHMIDT 1988, 76)
Da die genaue Erforschung neuronaler Strukturen, die Lokalisation von Prozessen im Ge-
hirn sehr schwierig ist, muss man auch hier zunächst mit einer Modellvorstellung weiter
arbeiten. In einer weiteren Vorstellung geht man von drei seriellen Stadien der Verarbei-
tung aus. Im ersten Stadium wird die einkommende Information (Stimulus) identif iziert. Im
zweiten Schritt findet eine Auswahl der Antwortmöglichkeiten statt, die dann im dritten
Schritt zu einer Initii erung und Programmierung der passenden Antwort gelangt (vgl. Abb.
14). Wie in Abb. 13 folgt als Output eine Bewegung.
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Stim u lus-Identifica tion
R esponse-Se lection
R esponsePragram m ing
ST IM U LU S M O VEM ENT
Input O utput
The H um an
Abb. 14: Ein erweitertes Modell der Informationsverarbeitung (SCHMIDT 1988, 77)
Wir erhalten einen großen Einblick in die Art und Weise unserer Bewegung, wenn wir den
Menschen mit einem Informationsverarbeitungs-System vergleichen, welches die Informa-
tion aus der Umwelt aufnimmt, sie verarbeitet und in Form von Bewegungen an die Um-
welt ausgibt. Gestützt auf die Gedankengänge DONDERS (1868), können die Stadien der
Verarbeitung mit Hil fe der RT-Methoden (Reaktionszeit) erläutert werden. Das erste Sta-
dium, genannt „Stimulus Identification“ , befasst sich mit der Reizaufnahme. Die Dauer
dieses Stadiums wird von Größen wie „Stimulus-Klarheit“ and „Stimulus-Intensität“ be-
einflusst.
Das zweite Stadium, welches als „Response Selektion“ (Antwortauswahl) bezeichnet wer-
den kann, beschäftigt sich mit der Umsetzung bzw. mit Entscheidungs-Mechanismen, die
die Wahl der Antwort einleiten. Die Dauer dieses Stadiums ist abhängig von Variablen,
wie die Anzahl der Stimulus-Response-Alternativen und der S-R-Verträglichkeit. Das letz-
te Stadium, „Response Programming“ kann als Wechsel zwischen der abstrakten Antwort-
Idee und der muskulären Aktion angesehen werden. In diesem Stadium ist die Dauer von
Größen, wie beispielsweise der Antwort-Komplexität und der Antwort-Dauer abhängig.“
(SCHMIDT 1988, 97)
2 „ Closed-loop-Kontrolle“ und „open-loop-Kontrolle“ einer Bewegung
Bei beiden Modelle der „Closed-loop-Kontrolle“ und „Open-loop-Kontrolle“ versuchen
eine mögliche, gedankliche Erklärung zum Problem der Bewegungskoordination und ihrer
Kontrolle zu liefern. Die beiden Diagramme (Abb. 15 und Abb. 16) sind die typischen Dar-
stellungen der Mechanismen. Wie man erkennt, besitzt jedes System ein „Control Center“ .
Es hat unter anderem die Aufgabe, Bewegungsanweisungen (Movement Commands) an
die Effektoren zu senden, welche die beteili gten Muskeln und Gelenke bei der Ausführung
berücksichtigen. Beide Systeme enthalten also Bewegungsanweisungen, die vom Control
Center an die Effektoren geschickt werden.
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M ovem en t C om m ands
M ovem en t C on tro l C en te r
M ovem en t e ffec to rs
Abb. 15: Open-Loop-Kontrolle (nach SCHMIDT 1988, 109)
Zwischen beiden Systemen gibt es jedoch zwei grundlegende Unterschiede. Einer ist schon
im Diagramm ersichtlich: Das Closed-Loop Control-System verfügt über Rückmeldung
(Feedback), was beim Open-Loop System nicht der Fall i st. Bei der menschlichen Bewe-
gung werden afferente Informationen über verschieden sensorische Rezeptoren als Feed-
back zum Control Center zurückgemeldet. Dabei wird die Richtigkeit der Ausführung wäh-
rend des Bewegungsvollzuges überprüft. Diese Rückmeldungen kommen jedoch nicht, wie
man aufgrund der Abbildung annehmen könnte, nur von den Effektoren und den beteili gten
Muskeln, sondern von allen sensorischen Rezeptoren, wie visuelle, akustische und taktile
Rezeptoren, sowie die propriozeptiven Rezeptoren, die alle bei der Bewegungsausführung
mit beteili gt sind.
Der zweite wichtige Unterschied ist die Art der Bewegungskommandos, die vom Control
Center ausgehen. Beim Open-Loop System enthalten die Kommandos alle notwendigen
Informationen zur Bewegungsausführung. Somit ist kein Feedback notwendig. Auch wenn
Rückmeldung produziert wird, ist sie nicht für die Bewegung während ihrer Ausführung
verwertbar, da es sich in der Regel um schnelle, balli stische Bewegungen handelt. Feed-
back-Informationen werden zur Korrektur der nachfolgenden Bewegung verwendet. Beim
Closed-Loop System liegen die Bewegungskommandos in anderer Form vor. Dabei wird
zuerst ein „ Initial-Kommando“ zum Start der Bewegung gesendet, wobei notwendigerwei-
se die Bewegung nach dem Start ständig über Feedback-Informationen überwacht und ge-
steuert wird.
Die „ Closed-Loop-Theory“ stammt ursprünglich von ADAMS (1971) und ging auf die Vor-
stellung eines Regelkreises, wie beispielsweise bei einer Klimaanlage zurück. Während der
Bewegungsausführung, (z.B. Positionierung einer Gliedmaße) findet eine ständige Rück-
meldung über die momentane Position statt, um mögliche Abweichungen zu korrigieren.
Den notwendigen Referenz-Mechanismus bezeichnet ADAMS als „Perceptional Trace“
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(Wahrnehmungs-Spur) welche durch Übung verstärkt wird. Wichtig für die Entwicklung
dieses Mechanismus ist die Kenntnis des Resultates durch Information von außen (Lehrer,
Trainer). Mit viel Übung entwickelt sich schließlich eine „Memory Trace“ (Gedächtnis-
spur), welche ADAMS auch als „Modest Motor Programm“ bezeichnet. Dieses Programm
läuft schließlich als „Open-Loop-System“ ab, und benötigt keine Rückmeldung.
M ovem en t C om m ands
M ovem en t C on tro l C en te r
M ovem en t e ffec to rs
F eedback
Abb. 16: Closed-Loop-Kontrolle (nach Schmidt 1988, 109)
SCHMIDT (1975) führte den Gedanken von ADAMS’ Theorie weiter, da seiner Meinung
nach die Idee der Theorie nicht auf alle Bewegungen übertragbar sei. Seine Überlegungen
fasste er in seiner Schema-Theorie zusammen, die zwei grundsätzliche Komponenten der
Kontrolle beinhaltete. Die eine Komponente ist die Annahme sogenannter generalisierter
motorischer Programme (GMP), welches eine allgemeine Gedächtnisrepräsentation der
Aktion darstellt (vgl. auch 4.4). Die Zweite Komponente ist die Annahme eines sogenann-
ten Motor Response Schemas, welches sich in ein Recall Schema und ein Recognition
Schema unterteilt (MAGILL 1993, 90-92).
3 Die Rolle der Gedächtnissysteme
Zunächst einige allgemeine Erläuterungen zu Bewusstseinsprozessen. Wir unterscheiden
automatisierte (nicht bewusste) und kontrolli erte Aufmerksamkeit; kontrolli erte Aufmerk-
samkeit ist an die Funktionstüchtigkeit des Kurzzeitgedächtnis gebunden.
Die Produktion von Bewusstsein ist eine Eigenschaft des Kurzzeitgedächtnisses (KZG
bzw. STM), während Prozesse des Langzeitgedächtnisses (LZG bzw. LTM) in der Regel
nicht bewusst sind. LZG-Inhalte werden erst bei Übertragung in ein KZG- oder Arbeitsge-
dächtnis bewusst...
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Ein Großteil der Informationsverarbeitung läuft ohne Mitwirkung des Bewusstseins vor-
bewusst ab. Nur ein Bruchteil der ankommenden Reize werden bewusst. Bewusstsein tritt
nur auf:
• beim Erwerb neuer Information oder beim Lernen neuer Reaktionen,
• bei Abgabe von Urteilen und Wahlreaktionen und
• bei Nicht-Eintreffen erwarteter Reiz. Auf der motorischen Seite wird uns Verhalten erst
in Situationen bewusst, die:
• neue Aktionspläne und
• Wahl (Entscheidung) zwischen Handlungsalternativen erfordern,
• in gefährlichen oder als schwierig beurteilten Situationen und
• bei Handlungen, die eine starke Gewohnheit oder „Versuchung“ überwinden müssen.
Aber auch in diesen 4 Situationen tritt Bewusstsein erst nach erfolgter Handlung auf (z.B.
beim Bergsteiger, der eben „ instinktiv“ eine gefährlichen Schritt vollzogen hat und dem
dies erschreckt bewusst wird). (BIRBAUMER/SCHMIDT 1996, 513-514)
SH O R T-TER M -
SE N SO RY - STO R E
SH O R T-TER M -
M EM O RY
LO N G -TER M -
M EM O R X
Envirenm enta lSensoryInputs
Via S electiveAtten tion
Via R ehearsa lo r O ther
Process ing
Via R etrieva lProcesses
M O VEM EN TO U TPU T
Abb. 17: Gedächtnisanteile bei der Informationsverarbeitung (nach SCHMIDT 1988, 91)
Nach R. A. Schmidt (1988) unterteilt sich das Gedächtnis in ein „short-term-sensory store“,
ein „short-term-memory“(Kurzzeitgedächtnis) und ein „ long-term-memory“ (Langzeitge-
dächtnis).
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Das „short-term-sensory store“ ist dabei für die Registrierung sämtlicher Sinneswahrneh-
mungen verantwortli ch. Diese Sinneswahrnehmungen können, wenn überhaupt, nur für
eine sehr kurze Zeit gespeichert bleiben, da ständig neue Wahrnehmungen dazu kommen.
Aufgrund selektiver Prozesse gelangen nun einige wenige (jedoch in der Regel momentan
wichtige) Informationen in das Kurzzeitgedächtnis (Short-term-memory) als den Ort des
Bewusstseins.
IN F O R M AT IO N
Sen s o r isc h es Ged äc h tn isD auer:
1s�
Pr im äres Ged äc h tn isD auer
Sekunden b is M inu ten
Sek u n d äres Ged äc h tn isD auer:
M inuten b is Jahre
Tert iäres Ged äc h tn isD auer:
pe rm anen t
Verg esse n(du rch ve rb lassen)
Verg esse n(du rch neueIn form ation )
Verg esse n(du rch p roaktiveund re troaktiveIn terfe renz
K ein Verg ess en
K u rzzeit -g ed äc h tn is
L an g zeit -g ed äc h tn is
Ü ben
Abb. 18: Diagramm des Informationsflusses vom sensorischen bis ins tertiäre Gedächtnis (modif. nach BIRBAUMER/SCHMIDT 1995, 160)
Das Kurzzeitgedächtnis ist nach Meinung vieler Autoren durch eine begrenzte Kapazität
charakterisiert, weiterhin können Informationen nur für recht kurze Zeit (30-60 sec)
(BROWN 1958; PETERSON/PETERSON 1959) gespeichert bleiben. Verschieden Mechanismen
ermöglichen es jedoch, die Behaltensleistung des Kurzzeitgedächtnisses zu vergrößern.
Man geht heute davon aus, dass das Kurzzeitgedächtnis in der Regel maximal 6 bis 8 „ I-
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tems“ gleichzeitig speichern kann. Das widerspricht jedoch der häufigen Beobachtung,
dass man sich sehr große Zahlenkombinationen merken kann. Dieses Phänomen wird
durch einen Sachverhalt erklärt, der „Chunking“ genannt wird. Dabei werden, beispiels-
weise beim Merken einer längeren Telefonnummer mehrere Zahlen zu einer Zahlengruppe
zusammengefasst, die somit nur als ein „ Item“ (chunk) gespeichert sind (z.B. bei der Zah-
lenkombination 45637281 werden die Gruppen 45 63 72 81 gebildet, was 8 Items zu 4 zu-
sammenfasst). Gerade beim Merken von Zahlenkombinationen oder Wortkombinationen
kann man weiterhin eine Verlängerung der Behaltenszeit erklären, und zwar durch ständi-
ges, mentales Wiederholen der Kombination (memorieren). Das ständige Wiederholen hat
dabei einen ähnlichen Effekt, als würde die Kombination ständig neu eingegeben. Schließ-
lich ist es ebenfalls durch diese Wiederholung möglich, die Kombination im Langzeitge-
dächtnis abzuspeichern.
Inhalte des Langzeitgedächtnisses sind nach verbreiteter Meinung unbewusst, und müssen
beim Erinnern wieder ins Kurzzeitgedächtnis übertragen werden. Somit wird deutlich, dass
wie bereits erwähnt wurde, das Kurzzeitgedächtnis der Ort des Bewusstseins ist, und dass
durch den Erinnerungsprozess Informationen aus dem Langzeitgedächtnis wieder „ ins Be-
wusstsein“ gerufen werden.
Eine etwas anders strukturierte Einteilung der Gedächtnissysteme findet man bei ER-
VIN/ANDERS (1979), R. F. SCHMIDT (1987), sowie WAUGH/NORMAN(1965) und WITT-
KOWSKI (1987). Dabei wird lediglich in ein Kurzzeitgedächtnis und ein Langzeitgedächtnis
unterschieden, welche jedoch jeweils noch einmal unterteilt sind. So gliedert sich das Kur-
zeitgedächtnis in ein Sensorisches Gedächtnis (im Prinzip mit dem „Short Term Sensory
Store“ bei R. A. SCHMIDT, 1988, vergleichbar) und ein primäres Gedächtnis (bei zahlrei-
chen anderen Autoren als eigentliches Kurzzeitgedächtnis bezeichnet).
Beim sensorischen Gedächtnis ist die Kapazität durch die vom Rezeptor übertragene In-
formation begrenzt. Die Information bleibt nur für einen Bruchteil einer Sekunde erhalten.
Sie wird automatisch bei der Wahrnehmung aufgenommen. Der Vergessensprozess tritt in
Form von Verblassen bzw. Auslöschen der Information ein.
Das primäre Gedächtnis zeigt eine sehr geringe Kapazität auf, wobei jedoch die Informati-
on über die Dauer von mehreren Sekunden erhalten bleiben kann. Häufig wird die Informa-
tion durch Verbalisierung gespeichert. Es ist ein schneller Zugriff möglich. Alte Informati-
onen werden durch neue ersetzt, was ein Vergessen der alten Information bewirkt.
Das sekundäre Gedächtnis zeichnet sich durch eine sehr große Kapazität aus. Hier kann die
Information sogar mehrere Jahre erhalten bleiben. Durch Üben kann die Aufnahme in das
sekundäre Gedächtnis begünstigt werden. Der Zugriff zur Information geschieht relativ
langsam („überlegen“).
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Auch das tertiäre Gedächtnis hat eine sehr große Kapazität. Informationen, die in dieses
Gedächtnis gelangen bleiben vermutlich bis an das Lebensende erhalten. Hier ist wiederum
ein relativ schneller Zugriff möglich.
Beim Erlernen von Bewegungen ist es nun das Ziel, die Informationen nach Möglichkeit in
das tertiäre Gedächtnis zu überführen. Dabei gelangt die Information zunächst in das sen-
sorische Gedächtnis. Von dem aufgenommenen Material gelangt nur ein Teil i n das primä-
re Gedächtnis, da eine Selektion über die Rezeptoren stattfindet. Von der Information, die
hier ankommt, wird wiederum ein Teil in das Langzeitgedächtnis überführt. Dort bleibt sie
zunächst im sekundären Gedächtnis. Ein sehr geringer Teil der Ausgangsinformation er-
reicht schließlich das tertiäre Gedächtnis, wo er permanent erhalten bleibt. Abb. 16 soll den
Mechanismus ill ustrieren, wobei sich die Anzahl der eingezeichneten Pfeile auf die Menge
der Information bezieht.
4 Das „ Generalisierte motor ische Programm“ (GMP)
Schon DESCARTES (1664) verglich das menschliche Gehirn mit einer Maschine. SHERRING-
TON benutzte das Bild einer Telefonschalttafel, um die Verschaltung des Nervensystem zu
erklären. Seitdem es elektronische Rechner gibt, wird auch der Computer oft als Vergleich
für die Vorgänge im menschlichen Gehirn herangezogen. Ganz allgemein besagt die Theo-
rie des „Motorischen Programmes“ (MP), dass es im Gehirn abgespeicherte Programme für
jede Bewegung gibt. Ohne diese Ansicht ins Detail auszuführen, ist es verständlich, dass
für einen derartigen Mechanismus eine Unmenge von Information von Bewegungen ver-
waltet werden müsste.
Diese Vorstellung wird jedoch problematisch bei der spontanen Ausführung neuer Bewe-
gungen, die vorher nicht gelernt wurden. (Beispielsweise die Ausführung von einer Kom-
bination mehrerer, bereits bekannter Bewegungen). SCHMIDT (1975) und PEW (1984) kom-
men zu dem Schluss, dass es bestimmte „Schablonen“ für Bewegungen geben muss, in die
bei deren Ausführung lediglich die erforderlichen Parameter, wie z.B. benötigte Mus-
kulatur, Kraft etc. Eingetragen werden.
„ Im Unterschied zur traditionellen Definition eines MP, ist ein generalisiertes motorisches
Programm (GMP) als eine Art motorische Schablone aufzufassen, in die je nach Bedarf
entsprechende Parameter eingetragen werden. Ein GMP ist nicht mehr an ein bestimmtes
Gelenk- oder Körpersegment gebunden, sondern es stellt ein eindeutiges Aktionsmuster
bereit, unabhängig von der beteili gten Muskulatur, der Bewegungsgeschwindigkeit und der
Bewegungsamplitude. Der Vorteil dieses Konzeptes liegt darin, dass nicht mehr für jede
beliebige Bewegung ein eindeutiges MP vorliegen muss, so dass die Anzahl der zu spei-
chernden GMPs wesentlich reduziert ist. Auch das Problem des Neuerwerbs ist damit ge-
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löst, denn schon die Änderung eines Parameters resultiert in einer neuen Bewegung. Ein
GMP enthält also lediglich ein abstraktes, invariantes Muster der auszuführenden Bewe-
gung. Es bestimmt nicht die präzise Aktivierung, sondern die kinematische Reihenfolge
der Aktionen. Jedes GMP ist charakterisiert durch einen prozeduralen Code, der die Se-
quenz und die zeitli che Struktur (Timing) der Bewegung vorgibt. Zusätzlich muss ein glo-
baler Kraftparameter bestimmt sein
Abb. 19: Vergleich der Schriftbilder beim Schreiben A: mit der rechten Hand; B: mit dem rechten Arm bei fixiertem Handgelenk; C: mit der l inken Hand; D: mit dem Mund; E: mit dem Fuß (RAIBERT 1977, in SCHMIDT 1988, 241)
Diese erweiterte Definition des MP basiert auf der Erkenntnis, dass die Ausführung einer
Bewegungssequenz effektorunabhängig ist. Beispielsweise kann der eigene Namen mit
unterschiedlichen Effektoren (rechte, linke Hand, Mund, Fuß) geschrieben werden, wäh-
rend das raum-zeitli che Muster der verschiedenen Bewegungen nahezu invariant bleibt
(gleiche Spitzengeschwindigkeit, gleiches Schriftbild) (BERNSTEIN, 1947; RAIBERT, 1977).
PEW (1984) schließt daraus, dass in einem motorischen Programm nur die Topologie, nicht
jedoch die genaue Metrik der Bewegung kodiert ist. In seiner Interpretation ist das motori-
sche System ein hierarchisch gegliedertes System der Informationsverarbeitung (hierarchi-
cally distributet processing system), in dem in bestimmten Modulen innerhalb dieser Hie-
rarchie definierte Programmstrukturen abgelegt sind bzw. dort lokal verarbeitet werden.“
(KONCZAK 1996, 42)
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5 Einflüsse auf das motor ische Lernen
5.1 Extr insische Information (Instruktion/KR)
Extrinsische Information ist allgemein ein notwendiges Mittel, um dem Lernenden bei dem
Entwickeln einer eigenen Bewegungsvorstellung zu helfen. Hierunter fallen alle Arten der
äußeren Rückmeldung sowie Anweisungen und Instruktionen vom Lehrer oder Trainer zur
Bewegungsausführung. Unbestritten ist sicherlich die Notwendigkeit extrinsischer Infor-
mation, jedoch gehen die Ansichten in bezug auf die Häufigkeit von Rückmeldung weit
auseinander, wie z.B. WULF (1992) schildert. So gibt es einerseits Ansichten, dass Rück-
meldung möglichst häufig erfolgen soll (ADAMS 1971; BILODEAU/BILODEAU/SCHUMSKY
1958; THORNDIKE 1992). Andere stellen die Wirksamkeit häufiger Rückmeldung in Frage
und schreiben ihr sogar einen negativen Einfluss zu (SCHMIDT 1991). Zahlreiche Untersu-
chungen deuten darauf hin, dass häufiges Feedback zwar kurzfristig die Behaltensstabilit ät
fördert, jedoch nach einer längeren, feedback-freien Pause eine deutlich geringere Behal-
tensstabilit ät aufzeigt, als Lernprozesse mit weniger Feedback (z.B. WINSTEIN/SCHMIDT
1990). Nach Meinung vieler Autoren verhindert zu häufige Rückmeldung die Entwicklung
der eigenen Bewegungsvorstellung, da man sich auf die äußere Information verlässt. Wird
mit Feedback dagegen sparsamer umgegangen, so muss sich der Übende ständig selbst mit
der Ausführung seiner Bewegung befassen und lenkt seine Aufmerksamkeit teilweise
selbst auf wichtige Bewegungsmerkmale, so dass sich auch seine Vorstellung über die rich-
tige Bewegungsausführung festigen kann.
Einen anderen Standpunkt vertreten dagegen BLISCHKE et al. (1996), die die Bedeutung
klassischer KR-Prozedur-Variablen (Guidance-Hypothese, Kontext-Interferenz-Konzept)
grundsätzlich in Frage stellen und in ihrer Studie zum Thema „Modellernen“ widerlegt
haben. Nach ihren Ergebnissen haben Frequenz und Verteilung von visuellen Diskrepanz-
informationen keinen Einfluss auf die Aneignungsleistung und den Lernerfolg. Dagegen
scheint größere Bedeutung der Anzahl von Modell -Demonstrationen sowie dem kontrollier-
ten Einsatz von Vorstellung zuzukommen.
5.2 Extensives Üben (zahlreiche Übungswiederholungen über lange Zeit)
„Der Prozess der Bewegungsautomatisierung, also der Übergang von vormals angestrengt
aufmerksamer zu schließlich automatischer Bewegungskontrolle, vollzieht sich als prozes-
sualer Effekt extensiven Übens und ist durch eine Mehrdimensionalität der zugrundelie-
genden Mechanismen und der bewirkten Phänomene gekennzeichnet. Extensives Üben als
häufiges „Wiederholen ohne Wiederholung“ , bewirkt dabei Veränderungen der äußeren
Bewegung, Veränderungen der zugrundeliegenden, inneren Kontrollmechanismen sowie
Veränderungen des begleitenden subjektiven Erlebens. Der prozessuale Übergang von
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schlecht-koordinierter, aufmerksam kontrolli erter und anstrengender Motorik zu gut-
koordinierter, automatisch kontrolli erter und anstrengungsloser Motorik ist als Verlagerung
auf einem Kontinuum zwischen den Polen Aufmerksamkeit einerseits und Automatismus
andererseits zu verstehen, die in absoluter und ausschließlicher Ausprägung wohl kaum
existieren...“ (DAUGS, 1993, 32-33)
Der Einfluss extensiven Übens auf die äußere Bewegung:
• Harmonisierung der Erscheinungsform (rhythmischer, fließender, präziser, etc.)
• Maximierung, Minimierung bzw. Optimierung leistungsrelevanter, biomechani-
scher Parameter
• Reduktion von Soll -Ist-Diskrepanzen (Fehlerkorrektur)
• Optimierung des Wirkungsgrades
Der Einfluss extensiven Übens auf die motorischen Kontrollprozesse
• Verlagerung von closed-loop Kontrolle (Regelung) zu open-loop Kontrolle (Pro-
grammsteuerung)
• Reduktion der erforderlichen Aufmerksamkeit vor allem auf die Initii erung
• Bildung automatisierter Funktionseinheiten ("chunks")
• Abnahme extrinsischer und Zunahme intrinsischer Informationen
• Störende sensorische Einflüsse werden diskreminiert (Abschirmung), die Zielerrei-
chung störender motorischer Einflüsse werden gehemmt
• Behaltensstabilit ät nimmt zu
• Aufmerksamkeitsanforderungen werden reduziert
• Bewusstseinspflich geht verloren, Bewusstseinsfähigkeit bleibt
• Entlastung des Bewusstseins erhöht die Antizipationsfähigkeit
• Entlastung des Bewusstseins ermöglicht übergreifendes, handlungsstrategisches
Verhalten
• Detaill kontrolle weicht einer Globalkontrolle
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• Sprunghafter Wechsel der Regulationsebenen (Raumfeld zu Synergien, BERNSTEIN
entspricht dem Wechsel von vorrangig visueller Kontrolle zu vorrangig kinästheti-
scher Kontrolle
• Zunehmende Stabili sierung (Störresistenz) bei gleichzeitig zunehmender "variabler
Verfügbarkeit"
• Sekundäre Automatismen sind kaum modif izierbar („hoffnungslos resistent“ )
Der Einfluss extensiven Übens auf das subjektive Erleben
• Sekundäre Automatismen sind mental anstrengungslos
• Ausführung geht „wie von selbst“ , „ohne eigenes Zutun“
• „Die Reibungslosigkeit des Ablaufs und das damit verbundene Gefühl der Glätte,
der Flüssigkeit sind in der Regel auch mit Gefühlen der Lust, der Freude an der
Bewegung verbunden“ (MEINEL 1971, 373)
• Den Hochgeübten, „gewöhnlichen Zweckhandlungen des Alltags kommt phänome-
nal kein großes Gewicht zu“ . Sie „erweisen sich dem Erleben als einfaches Tun.
Der Handelnde sieht oft nur das Ziel, während ihm der Weg dorthin gleichgültig ist.
Das sensumotorische Geschehen ist sich darin selbst frei überlassen. Die Bewegung
verlangt kein eigentliches Zutun des Subjekts, mit anderen (allerdings sehr belaste-
ten Worten): Sie ist automatisch oder mechanisch“ (KOHL 1953, 1).
• „Flow-Feeling“ (CSIKSZENTMIHALYI 1985, 58) „Autothelische“ Strukturen des bei
hochgeübten Tätigkeiten entstehenden freudvollen, glückhaften Erlebnisses: nicht
langweili g/ keine Angst/ völli ges Aufgehen in der Aktivität/ volles Ausschöpfen
der Fähigkeiten/ neue Rückmeldung/ Gefühl des Fließens/ es folgt Handlung auf
Handlung nach innerer Logik/ bewusstes Eingreifen ist nicht mehr erforderlich/ ei-
gener Meister des Handelns/ keine Trennung zwischen sich und der Umwelt, zwi-
schen Stimulus und Reaktion, zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft/
Verschmelzung von Handlung und Bewusstsein/ Verlust des Bewusstseins seiner
selbst/ Steigerung der Kinästhesie/ Zentrierung der Aufmerksamkeit auf beschränk-
tes Stimulusfeld/ Konzentration auf Handlung in der Gegenwart/ Ausschaltung stö-
render Reize/ Handlung gänzlich unter Kontrolle, ohne sich dessen bewusst zu sein/
eindeutige Handlungsanforderung und eindeutige Rückmeldungen/ Ziel und Mittel
sind logisch geordnet/ alles geschieht „automatisch richtig“
• Weiterhin wird auch nicht eine vollständige Automatisation der Bewegung ange-
nommen, sondern nur in bezug auf Komponenten der Aufmerksamkeit, die für die
Ausführung einer Bewegung nicht erforderlich sind (DAUGS/BLISCHKE 1993, 47 f)
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Eine Studie zum Modellernen und zur Parameteroptimierung (BLISCHKE/DAUGS/REISER,
1994) bestätigt den Einfluss extensiven Übens auf die äußere Bewegung und die subjektive
Selbsteinschätzung.
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6 Fragen zum Themenbereich IV
1. Beschreiben Sie psychologisch-verhaltenswissenschaftli che Zugänge zu den Prob-lemfeldern
(a) Motorische Kontrolle
(b) Motorische Entwicklung (Ontogenese)
(c) Motorisches Lernen (Aktualgenese).
2. Beschreiben und erläutern Sie ein einfaches Modell der Informationsverarbeitung im Menschen.
3. Was versteht man unter " closed-loop-Kontrolle" bzw. " open-loop-Kontrolle" einer Bewegung ?
4. Welche Funktion wird dem sog. " Kurzzeitgedächtnis" (KZG) für die motor ische Kontrolle und das motor ischeLernen zugeschri eben ?
5. Was verstehen Sie unter einem " Generalisierten Motor ischen Programm" (GMP) ?
6. Definieren und erläutern Sie den Begr iff " Motori sches Lernen" .
7. Welchen Einfluss haben
(a) extrinsische Information (Instruktion/KR)
(b) extensives Üben (zahlreiche Übungswiederholungen über lange Zeit)
auf das motor ische Lernen ?
2. Beschreiben sie den Einfluss extensieven Übens auf:
(a) die äußere Bewegung
(b) die motorischen Kontrollprozesse
(c) das subjektive Erleben
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