„Zu Risiken und Nebenwirkungen…“
Dr. Ralf Goebel
19. März 2015
Apothekerkammer Westfalen-Lippe 2015
1) Pharmakovigilanz , Arzneimittelrisiken, AMTS:
Stellenwert, Terminologie
2) Rechtliche Grundlagen der Verdachtsmeldungen:
Meldewege/-verfahren
3) Hinweise der AMK:
Meldung von Verdachtsfällen (UAW, Qualitätsmängel)
4) Bewertung und Kommunikation von Arzneimittelrisiken :
EMA, BfArM/PEI/BVL, Länderbehörden, AMK
Agenda
Jedes wirksame Arzneimittel hat zwei Seiten
101 325 verkehrsfähige Arzneimittel(BfArM: 19. Mai 2015)
39 780
17 349
1 478
32 984
19 676
47 174
T-Rezeptpflicht
BtM-Rezeptpflicht
freiverkäuflich
Apothekenpflicht
Verschreibungspflicht
Quelle: AMIS / BfArM (2015)
Stellenwert, Terminologie
1)
Pharmakovigilanz , Arzneimittelrisiken, AMTS:
Pharmakovigilanz
Arzneimittel-therapiesicherheit
(AMTS)
� Qualität und Sicherheit des
Medikationsprozesses
Arzneimittel-sicherheit
�Gewährleistung der
„Produktsicherheit“
Pharmakovigilanz
7
Pharmakovigilanz ist die Gesamtheit der Maßnahmen zur
Entdeckung, Erfassung, Bewertung und Vorbeugung von
Nebenwirkungen sowie anderen
arzneimitteltherapiebezogenen Problemen ,
die bei der Anwendung von Arzneimitteln auftreten.
Koordinierungsgruppe AMTS (10/2014) Pharm. Ztg. Nr. 44 vom 30. Oktober 2014, S. 44ff
Arzneimittelsicherheit nach der Markteinführung
Die in der Zulassung festgestellte Unbedenklichkeit
(Arzneimittelsicherheit, Nutzen-Schaden-Analyse ) ist vorläufig:
� Neuer Arzneistoff wird nur an einer relativ geringen Patientenzahl (< ca. 3 000) klinisch geprüft.
� Patientenkollektiv der klinischen Prüfung entspricht nur
bedingt dem späteren Behandlungskollektiv/-alltag.
(Alter, Multimorbidität, Komedikation).
� Langzeitrisiken werden meist nicht erkannt.
� Missbrauch, Fehlgebrauch vor der Zulassung nicht bekannt.
8
Darum Verdachtsfälle bitte melden…
� Risiko-Nutzen-Profil eines AM besser beurteilen
� Arzneimitteltherapiesicherheit für alle Patienten(gruppen)
� Berufspflicht (alle Heilberufe), gesetzliche Bestimmungen
� Nebenwirkung/UAW
� Vorkommnis
� Medikationsfehler
� Arzneimittelfälschung
Terminologie : Arzneimittelrisiken
10
Arzneimittelrisiken nach § 63 AMG (Auswahl)
Medizinische Risiken
� Nebenwirkungen (einschließlich Medikationsfehler)
� Wechselwirkungen
� Arzneimittelmissbrauch und Fehlgebrauch
� Gewöhnung, Abhängigkeit
Pharmazeut.-techn. Risiken
� Galenische/technische Mängel
� Mängel der Behältnisse/äußeren Umhüllung
� Mängel der Kennzeichnung
� Mängel der Fach- und Gebrauchsinformation
� Arzneimittelfälschungen
11
Nebenwirkungen sind bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei
Menschen bestimmt sind,
schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel.
Definition: Nebenwirkung
12
Arzneimittelgesetz (AMG), § 4 Abs. 13
Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)
13
AMTS ist die Gesamtheit der Maßnahmen zur Gewährleistung
eines optimalen Medikationsprozesses mit dem Ziel,
Medikationsfehler und damit vermeidbare Risiken für den
Patienten bei der Arzneimitteltherapie zu verringern.
Koordinierungsgruppe AMTS (10/2014)
Pharm. Ztg. Nr. 44 vom 30. Oktober 2014, S. 44ff
Medikationsfehler („medication error“)
� Lisinopril und Lisino (Loratadin)
� Novodigal (Beta-Acetyldigoxin) und Novalgin (Metamizol)
� Isoptin (Verapamil) und Isoket (Isosorbiddinitrat)
Verwechselte Arzneimittelnamen auf dem Rezept
� ASS 100 mg und ASS 500 mg
� Isoket retard 120 und Isoket 20
Falsche Dosierungen/Stärken
Falsche Anwendung eines Arzneimittels = Vermeidbares Ereignis !
� Kommunikationsfehler bei Verordnung/Abgabe
� Fehlerhafte Dosierung(inkl. relative Überdosierung bei fehlender Nierenfunktionsanpassung)
� Verwechslung der Verpackungen
� Falscher Applikationsweg
Medikationsfehler („medication error“)
Qualitätsmängel
� Galenische Mängel
� Technische Mängel
� Mängel der Behältnisse/äußeren Umhüllung
� Mängel der Kennzeichnung
� Mängel der Fach- und Gebrauchsinformation
� Arzneimittelfälschungen
16
Arzneimittelrisiken nach AMG § 63 (2)
Arzneimittelfälschungen (Auswahl)
� Arzneimittelfälschungen (Auswahl):� Omeprazol-Generika (2008 – 2013: 600 000 Packungen!)� Sutent® Kapseln (Sunitinib)� Pegasys® 135 Mikrogramm Injektionslösung (Interferon)� Herceptin® (Trastuzumab) - (31 Chargen!)� Remicade® (Infliximab) - (4 Chargen)
� NEM mit nichtdeklarierten Arzneistoffen (Auswahl):� Dexter® vital Kapseln (Thiosildenafil und Hydroxythiohomosildenafil)
� Rivando24® (Sildenafil-Gehalt von 65 bis 90 mg pro Kapsel)
Arzneimittelfälschung„Jedes Arzneimittel, bei dem Folgendes gefälscht wurde:
a) die Identität, einschließlich Verpackung, Kennzeichnung, Name sowie Zusammensetzung der Bestandteile, einschließlich der Trägerstoffe, und Gehalt und/oder
b) die Herkunft, einschließlich Hersteller, Herstellungsland, Herkunftsland und Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen, und/oder
c) die Herstellung, einschließlich der Aufzeichnungen und Dokumente in Zusammenhang mit den Lieferketten.“
Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Verhinderung des Eindringens von gefälschten Arzneimitteln in die legale Lieferkette
18
Arzneimittelrisiken nach § 63 AMG (Auswahl)
Medizinische Risiken
� Nebenwirkungen (einschließlich Medikationsfehler)
� Wechselwirkungen
� Arzneimittelmissbrauch und Fehlgebrauch
� Gewöhnung, Abhängigkeit
Pharmazeut.-techn. Risiken
� Galenische/technische Mängel
� Mängel der Behältnisse/äußeren Umhüllung
� Mängel der Kennzeichnung
� Mängel der Fach- und Gebrauchsinformation
� Arzneimittelfälschungen
19
Meldewege und -verfahren
2)
Rechtliche Grundlagen
20
Rechtliche Grundlagen der Verdachtsmeldungen
§ §§
§
§ 6 - Pharmakovigilanz
Die Apothekerin und der Apotheker wirken bei der Ermittlung, Erkennung, Erfassung und Weitergabe von Arzneimittelrisiken sowie Vorkommnissen bei Medizinprodukten mit.
Sie haben ihre Feststellungen und Beobachtungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) unverzüglich mitzuteilen.
Die Meldepflicht gegenüber der zuständigen Behörde nach § 21 Apothekenbetriebsordnung bleibt unberührt.
Berufsordnung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (27. November 2013)
22
www.akwl.de/download/akwl/berufsordnung_der_apothekerkammer_westfalen-lippe_01.pdf
� Arzneimittelgesetz Stufenplanverfahren (AMK) § 62 AMGUnerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
� ApothekenbetriebsordnungBegründeter Verdacht auf Qualitätsmängel (von AM), die durch den Hersteller verursacht sind (§§ 21 ApBetrO)
� Medizinprodukte-SicherheitsplanverordnungVorkommnisse mit negativer Auswirkung auf Patient oder Anwender (§ 3 MPSV)
Gesetzliche Normen
23
Meldewege und -verfahren bei Arzneimittelrisiken und Medizinprodukte-Vorkommnissen (Verdachtsfälle)
§ §§
§
Verdachtsmeldung:unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW)
25
Apotheke
Arzneimittelkommission
Unternehmer/Hersteller
Bundesoberbehörde(BfArM, PEI)
Zuständige Behörde
Verdachtsmeldung: Qualitätsmängel - Arzneimittel
26
Apotheke
Arzneimittelkommission
Unternehmer/Hersteller Zuständige Behörde
zu Meldungen von Verdachtsfällen(UAW, Qualitätsmängel)
3)
Hinweise der AMK
27
www.arzneimittelkommission.de
29
30
Bitte melden Sie per
ONLINE-Formular an
www.arzneimittelkommission.de
Vielen Dank!
www.arzneimittelkommission.de
Welche UAW bevorzugt melden? (1)
� Jede schwerwiegende UAW, die
o tödlich,
o lebensbedrohlich verläuft,
o eine Hospitalisierung notwendig macht oder verlängert,
o Dauerschäden, Behinderung oder Invalidität entstehen lässt,
o zu kongenitalen Anomalien oder Geburtsschäden führt.
Welche UAW bevorzugt melden? (2)
� UAW neu eingeführter Wirkstoffe (bis 5 Jahre nach der Zulassung)
� UAW von AM „additional monitoring“ ( in Produktinformation)
� Bisher unbekannte (unerwartete) UAW (nicht in Fachinformation)
� Alle Nebenwirkungen bei Kindern
Welche UAW bevorzugt melden? (3)
� Arzneimittelmissbrauch
� Arzneimittelabhängigkeit
� Verdacht auf Arzneimittelfälschung
� Medikationsfehler (� Definition Nebenwirkungen)
� UW bei Arzneimitteln und Medizinprodukten in der Selbstmedikation
(z. B. Phytopharmaka, Switch von Verschreibungspflicht � OTC)
Definition: Verdachtsfall einer Nebenwirkung
Ein Verdachtsfall einer Nebenwirkung liegt vor, wenn
(1) ein Angehöriger eines Gesundheitsberufes vermutet hat, dass die
(2) bei einem Patienten beobachtete
(3) schädliche und unbeabsichtigte Begleiterscheinung
(4) durch die Gabe des Arzneimittels verursacht wurde und sie daher als
Nebenwirkung des Arzneimittels einstuft .
BfArM/PEI; 6. Bekanntmachung zur Anzeige von Nebenwirkungen und Arzneimittelmissbrauch nach § 63b Absatz 1 bis 9 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vom 19.1.2010
4 Minimalkriterien für Einzelfalldokumentation (Verdacht auf UAW oder Arzneimittelmissbrauch)
1. Identifizierbarer Patient
(Initialen, Geschlecht, Geburtsdatum)
2. Identifizierbare Meldequelle
3. Verdächtigtes Arzneimittel
4. Beobachtete Nebenwirkung
(bzw. Wechselwirkung, Missbrauch)
6. Bekanntmachung zur Anzeige von Nebenwirkungen un d Arzneimittelmissbrauch nach §63b Abs. 1 bis 9 des Arzneimittelgesetzes (AMG), St and: 19.01.2010
Meldungen und Einsendungen an AMK(2014)
Meldungen
8832
Einsendungen
2907
37
Welche Beanstandungen wurden gemeldet?(2014)
© AMK
177950
194778797
16242587
49107
452415
SonstigeLieferengpass
Manipulation/FälschungMinderwirkung mit V.a. Qualitätsmängel
Mechanische DefekteDeklarationsmängelGalenische MängelVerpackungsfehler
VorkommnisseMedikationsfehlerMissbrauch (V.a.)
Unerwünschte Wirkung
8832 Meldungen von 4797 Apotheken an AMK:
Hinweise zur Einsendung von Reklamationsmustern (1)
Pharm. Ztg. Nr. 6 vom 5. Februar 2015
Hinweise zur Einsendung von Reklamationsmustern (2)
www.arzneimittelkommission.de (Login)
Meldung/Einsendung: Was passiert in der AMK?
BeanstandungsmusterPostsendung
Berichtsbogen UAWFax, Brief
Berichtsbogen QualitätFax, Brief
Online-Meldungen
Was passiert mit der Meldung in der AMK?
Qualitäts-mangel
UAW
FaxPostE-MailInternet
Beurteilung:•Risiko ?•Duplikate ?•Qualität ?•Muster ? •Fotodoku?
Einstufung:
§
Erfassung:
AM MedP
NEM LM
Tier-AM
Kosmetika
DE-AMK178400
[…]
Pharm. Unternehmer
Arzneimittel-kommissionen(AMK, AkdÄ)
Arzt, Apotheker, Patient
Wechselseitige Information über Arzneimittelrisiken
WHO PEIEMA
Bewertung und Kommunikation
4)
Arzneimittelrisiken:
Kausaler Zusammenhang?
Frage des med.-pharm. Laien:
„Hat dieses Arzneimittel die Nebenwirkung/en verursacht?“
Frage der Pharmakovigilanz-Experten:
„Wie wahrscheinlich ist es, das dieses Arzneimittel das
unerwünschte Ereignis verursacht hat?“
1. Zeitlicher Zusammenhang?
2. Alternative Ursache(n)?
3. Pharmakologische Plausibilität?
3 Kern -Fragen zur Kausalität von UAW
Kausalitätsbewertung
� Gesicherter Kausalzusammenhang
A Wahrscheinlicher Kausalzusammenhang
0 Nicht klassifizierbar» 01 Keine ausreichende Information» 02 Fachlich nicht abzusichern
N Unwahrscheinlicher Kausalzusammenhang
Verdachtsstärke in Bezug auf ein Risikound Verhalten der nationalen Behörden
Verdachtsstärke Aktion von BfArM/PEI/BVL
0 % Kein Verdacht
Auffällige UAWerste Risikovermutung
Möglichkeit von Risiken (Anfangsverdacht)
Begründeter Verdachtauf unvertretbare Risikenmit Irrtumsvorbehalt
Begründeter Verdacht100 %
Sammeln von Informationen,Literaturscreening, Projekte
Arzneimittel-Schnellinformation
Stufenplanverfahren Stufe IInformationsaustausch mit pharm. Unternehmer
Stufenplanverfahren: Stufe IIBfArM kündigt Maßnahme an,pharm. Unternehmer kann Stellung nehmen
Maßnahmenbescheid
Europäische Risikobewertungsverfahren
PRAC: Pharmacovigilance Risk Assessment CommitteeCHMP: Committee for Medicinal Products for Human UseCMDh: Co-ordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Procedures/Human
www.ema.europa.eu
50
Risiko-
Bewertung, Information
Risiko-
Bewertung
Informationskanäle der AMK:(AMK-Nachrichten, AMK-PHAGRO-Schnellinfo)
Jeden Dienstag online abrufbar: AMK-Nachrichten über www.arzneimittelkommission.de
Jeden Dienstag: E-Mail-Verteiler: PZ, ABDATA,DAZ, AdKA, Bundeswehr, Heilpraktiker, AMINO-Verbund, ZL*
Jeden Donnerstag: Publikation (Print) inPharmazeut. Presse
Schnell-information
� Pharmazeutischer Großhandel �Apotheken
� Bundesoberbehörden (BfArM, PEI, BVL)
� Krankenhaus-Apotheken� Landesapothekerkammern� ABDA (Stabsstelle ÖA)� Pharmazeutische Verlage� ABDATA� Arzneimittelkommission der deutschen
Ärzteschaft (AkdÄ)� Bundeswehr� AMK-Mitglieder
www.arzneimittelkommission.de
www.arzneimittelkommission.de
www.arzneimittelkommission.de
www.arzneimittelkommission.de
���
�
�
�
�
www.bfarm.de
www.pei.de
57
Pharmazeutische Zeitung Nr. 44 vom 30.10. 2014
Krankenhauspharmazie Nr. 11 (35) 2014, 425-428
Leitfaden für die apothekerliche Praxis
(2008, aktualisiert 10/2011):
Leitfaden der Bundesapothekerkammer (BAK)
58
Quelle:
www.abda.de/fileadmin/assets/Pressetermine/2011/Symposium_Medikamentenmissbrauch/Suchtleitfaden_2011_final.pdf
� Begriff „Nebenwirkung“ - umfasst auch Medikationsfehler
� Berufspflicht Apotheker/in: Pharmakovigilanz
� AMK - Stufenplanbeauftragte/Risikokommunikation
� unter www.arzneimittelkommission.de zu finden:
o Berichtsbögen (vorzugsweise Online-Formulare nutzen)
o AMK-Nachrichten (RSS-Feed)
o Hinweise/Materialien für Apotheken
� Verdachtsfällen von Arzneimittelrisiken bitte melden!
Zusammenfassung
Vielen Dank !
Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
www.arzneimittelkommission.de