18. März 2011 – Präsentation Mikroökonomie Mark Duncker, Henryk Thielemann
Vergütung von Krankenhausleistungen
Aufbau und Anreizwirkungen, welche vom deutschen DRG-System ausgehen können.
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Vergütungsformen im Vergleich
Ø Anreiz zur Gesunderhaltung des Patienten Ø Wirtschaftlichkeitsanreize (VWD niedrig, Verlagerung von
Leistungen in ambulanten Bereich, finanzielles Interesse an Reha- und Präventionsmaßnahmen)
Ø Belegungsunabhängige Pauschale – Vorteil bei 70% bis 80% Fixkostenanteil im Krankenhaus
Nachteile: Ø Risikoselektion und Kostenverlagerung Ø Kein Innovationsanreiz – Qualitätsgefährdung Ø Aggressives Drücken der Kopfpauschale durch
Versicherungen
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Vergütungsformen im Vergleich
Ø Anreiz Kosten pro Tag niedrig zu halten, nicht jedoch die VWD und die Fallzahl
Ø Ohne Budgetbegrenzung wird die Liegedauer erhöht, da so nur die variablen Kosten steigen, die fixen aber konstant bleiben: Kosten pro Tag sinken, Tagespauschale bleibt konstant (Fixkostendegression)
Nachteile: Ø Ausdehnung der Verweildauer
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Vergütungsformen im Vergleich
Ø Anreiz für wirtschaftliche Mittelverwendung Ø Anreiz Kostenbegrenzung und Reduktion der VWD Ø Kein Anreiz zur Leistungsausweitung (auf die einzelne
DRG bezogen)
Nachteile: Ø Unterlassen erwünschter Leistungen Ø Upgrading bzw. Upcoding Ø Kostenverlagerung in ambulanten Sektor (welcher in
Deutschland über ein anderes Budget bedient wird – sektorale Budgetierung)
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Vergütungsformen im Vergleich
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Situation in Deutschland
Selbstkostendeckung als Anspruch Ø Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 Ø retrospektive Selbstkostendeckung Ø Prospektive Selbstkostendeckung Ø Auf Plankosten basierendes Budget
In den 90iger Jahren Abwendung von der Selbstkostendeckung hin zur leistungsorientierten Vergütung Ø Leistungsbezogene Budgetierung Ø Fallpauschalen (G-DRG-System) Ø Conditio sine qua non: Pflicht der Diagnosestatistik Mitte der 80iger
Jahre, Einführung des Prozedurenschlüssels Mitte der 90iger Jahre
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DRG – Diagnosis Related Groups (Diagnosebezogene Fallgruppen)
• Ökonomisch-medizinisches Klassifikationsmodell
• Patienten werden anhand ihrer Diagnose und der durchgeführten Behandlung eingestuft
• InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) erstellt jährlich den Katalog der abrechenbaren DRG´s
• Pflege wird im DRG – System bisher nur pauschal berücksichtigt
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Zeitlicher Ablauf der DRG - Einführung
• 1976 wurden die DRG an der Yale-Universität entwickelt
• Erstmalige Einführung 1983 in den USA für Medicare-Patienten
• 2000 Vereinbarung über ein pauschaliertes System der Leistungserfassung in Deutschland à Auswahl des australischen DRG-Systems als Grundlage zur Entwicklung der G-DRG
• 2001 Verabschiedung d. Fallpauschalengesetzes (FPG)
• 2002 Einführung der Deutschen Kodierrichtlinien (2003 überarbeitete Version)
• 2003 Budgetneutrale Umstellung auf DRGs (Optionsmodell)
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Zeitlicher Ablauf der DRG - Einführung
• 2004 gesetzlich verpflichtende Einführung der DRG (budgetneutral)
§17 b KHG die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Spitzenverbände der Krankenkassen (GKV) und der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) sind gemeinsam für die Einführung des pauschalierten Entgeltsystems zuständig
• 2005 – 2009 Angleichung der Krankenhausbudgets an ein
landeseinheitliches DRG-Preisniveau (Konvergenzphase)
• Seit 2010 – abrechnungsrelevanter Landesbasisfallwert
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Kennzahlen im DRG – System
Basisfallwert (Baserate)
Vergabe eines landeseinheitlichen Basisfallwerts zur Ermittlung des DRG-Erlöses
Aktuell bei 2.927,50 € (Berlin 2010)
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Fallpauschale = Wert der DRG (Entgelt) Relativgewicht x Basisfallwert = Fallpauschale
Zusatzentgelt • Ergänzende Vergütung zu den DRG-Fallpauschalen, da nicht alle
aufwandsrelevanten Leistungen einer Behandlung über DRG-FP vergütet werden können
Kennzahlen im DRG – System
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Relativgewicht =
– durchschnittliche ökonomische Fallschwere einer DRG – Bezug auf den mittleren Kostenaufwand einer Referenz-DRG (i.
d. R. komplikationsfreie Entbindung „1,0“) – Kalkulation erfolgt über InEk
Effektive Bewertungsrelation =
– Σ Relativgewichte und Zu- u. Abschläge für Verweildauerausreißer bzw. Verlegung
Kennzahlen im DRG – System
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Bundesbasisfallwertkorridor
Bundesbasisfallwert 2011: 2.963,82 € Korridor
• Obere Grenze: 3.037,91 € (+2,5%) • Untere Grenze: 2.926,77 € (-1,25%)
Angleichung der Landesbasisfallwerte an Korridorgrenzen Vereinbarung gem. § 10 Abs. 9 KHEntgG zwischen den Kassenverbänden und der Deutschen Krankenhausgesellschaft
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Case- Mix = ∑ Relativgewichte aller Behandlungsfälle
Kennzahlen im DRG – System
Case- Mix Index = Case-Mix/Anzahl der Fälle
DRG - Gesamtbudget eines Krankenhauses =
CMI x Baserate x Fallzahl
DRG - Erlösbudget eines Krankenhauses =
CMI x Baserate x Fallzahl + nicht bewertete DRGs + Zusatzentgelte + Ausbildungsbudget + NUBs = Gesamtfinanzierungsvolumen
Kennzahlen im DRG – System
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Bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer erfolgt ein Abschlag bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer erfolgt ein Zuschlag auf den jeweiligen DRG-Preis
Über-/Unterschreitung der oberen und unteren Grenzverweildauer
Kennzahlen im DRG – System
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Zuschlag bei Überschreitung obere GVD (oGVD) • Bewertungsrelation x krankenhausind. Basisfallwert
= Zuschlag je Tag • Zuschlag je Tag x Zahl der zusätzl. abrechenbaren Tage
= Zuschlag (gesamt)
Abschlag bei Unterschreitung untere GVD (uGVD) • Bewertungsrelation x krankenhausind. Basisfallwert
= Abschlag je Tag • Abschlag je Tag x Zahl der zusätzl. abrechenbaren Tage
= Abschlag (gesamt)
Kennzahlen im DRG – System
Über-/Unterschreitung der oberen und unteren Grenzverweildauer
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Abschlag bei Verlegung
Ein Abschlag von der Fallpauschale ist vorzunehmen, wenn Pat. in ein anderes KH verlegt und dabei die mittlere Verweildauer unterschritten Wird
• Bewertungsrelation x krankenhausind. Basisfallwert = Abschlag je Tag
• Abschlag je Tag x Zahl der zusätzl. abrechenbaren Tage = Abschlag (gesamt)
Ausnahme: Kein Abschlag, wenn es sich um eine
Verlegungsfallpauschale handelt!
Kennzahlen im DRG – System
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Aufbau einer DRG
G-DRG
Hauptdiagnose
Nebendiagose Prozedu
r
Pa#entendaten Verweildauer
Status der psych. Zwangseinweisung
Beatmungsdauer
Entlassungsart
Quelle: Thielemann 2009
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Merkmale für Kodierung
1. Hauptdiagnose ICD 10- GM 2011: internationale Klassifikation von Krankheiten, dient
der Verschlüsselung von Diagnosen Beispiel: Krankheiten des Kreislaufsystems (I00-I99) I00-I02 Akutes rheumatisches Fieber I05-I09 Chronische rheumatische Herzkrankheiten I10-I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit] I20-I25 Ischämische Herzkrankheiten I26-I28 Pulmonale Herzkrankheit und Krankheiten des Lungenkreislaufes
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Merkmale für Kodierung
2. Prozedur (Behandlungspfad) OPS- 301: Operations- und ProzedurenSchlüssel nach §301 SGB V • Diagnostische Maßnahmen • Bildgebende Diagnostik • Operationen • Nichtoperative therapeutische Maßnahmen • Ergänzende Maßnahmen
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Merkmale für Kodierung
3. Nebendiagnosen/ PCCL Schweregradstufen, auf Basis der kodierten Nebendiagnosen
Buchstaben „A“ bis „Z“ geben Aufschluss über den Grad des Ressourcenverbrauches in dieser DRG
A = Hoher Ressourcenverbrauch Z = keine Aufsplittung der DRG in unterschiedliche Schweregrade
Aufbau einer DRG
Hauptdiagnose Prozedur Nebendiagnose
G-‐DRG
MDC
Basis-‐DRG
Par##on PCCL
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Quelle: Schubel, 2009
Aufbau einer DRG
Akuter VWI LHK; ACVB Linksherzinsuffizienz
F05A
MDC 05
F05
Chirurgische Par##on
PCCL 4
Beispiel: Koronare Bypass-OP mit invasiver Diagnostik mit äußerst schweren Komorbititäten / Komplikationen
Quelle: Schubel, 2009
Seite 25 Mark Duncker, Henryk Thielemann 18. März 2011
Kodierung: Diagnosetriggerung
Seite 26 Mark Duncker, Henryk Thielemann 18. März 2011
Kodierung: Diagnosetriggerung
Seite 27 Mark Duncker, Henryk Thielemann 18. März 2011
Kodierung: Prozedurentriggerung
Seite 28 Mark Duncker, Henryk Thielemann 18. März 2011
Kodierung: Prozedurentriggerung
Seite 29 Mark Duncker, Henryk Thielemann 18. März 2011
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InEK – Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
10.05.2001 gegründet (Gründungsmitglieder: Spitzenverbände der KK,
Verband der PKV sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft)
Tätigkeitsfelder
• Fallgruppenpflege: Definition der DRG-Fallgruppen, Pflege der Basis-Fallgruppen, Pflege des Schweregrad-Systems
• Kodierung: Kodierrichtlinien, Vorschläge für ICD-/OPS-Anpassungen
• Kalkulation: Relativgewichte, Zu- und Abschläge
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Folgen der DRG-Finanzierung
• Senkung der Kosten à Verkürzung der Liegezeiten • Transparenz und Vergleichbarkeit der Krankenhäuser wird erhöht
• Vereinheitlichte Bezahlung der Krankenhäuser
(„gleicher Preis für gleiche Leistung“) • Frühere Entlassung erfordert Standardisierung von Behandlungs-
abläufen (Clinical Pathway und Case Management) • Einsparung Sozialdienst • Pflegedienste übernehmen Entlassungskoordination
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Literatur
1. Amelung und Schumacher: Vergütungssysteme. 2004: 122-150 (Literaturliste von Prof. Dr. Friedrich Nagel)
2. Bettig, U.; Schubel, C.; Thielemann, K.: Das DRG-System und die Abbildung der Pflege. In: Bettig, U. et al. (Hrsg.): Management Handbuch Pflege. 27. Aktualisierung, August 2010 medhochzwei Verlag Heidelberg: J1600: 1-80
3. Fiedrich, J.; Leclerque, G.; Paschen, K.: Die Krankenhausbudgets 2004 bis 2006 unter dem Einfluß der Konvergenz. In: Klauber, J.; Robra, B.-P.; Schnellschmidt, H. (Hrsg.): Krankenhausreport 2007: Krankenhausvergütung – Ende der Konvergenzphase? Schattauer Verlag Stuttgart 2008: 257-276
4. Köhler, Nicola et al.: Das G-DRG-System Version 2011. Das Krankenhaus 11.2010: 1052-1066
5. Neubauer, G.: Neuorientierung in der Krankenhausversorgung: Von der Selbstkostendeckung zu Wettbewerbspreisen. 2007: 365-378 (Literaturliste von Prof. Dr. Friedrich Nagel)
6. Plamper, E. und Schwartze, D. in Lauterbauch et al.: Die stationäre Versorgung. 2009: 157-185 (Literaturliste von Prof. Dr. Friedrich Nagel)
7. Schubel, Cornelia: „Extremkostenfälle“ im G-DRG-System und Handlungsstrategien der Krankenhäuser – Analyse und Betrachtung am Beispiel eines Zentrums für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie. Bachelor-Arbeit. Alice Salomon Hochschule Berlin 2009
8. Thielemann, Katja: Das G-DRG-System – Darstellung des „lernenden Systems“ und dessen Auswirkungen am Beispiel eines Krankenhauses der Maximalversorgung. Bachelor-Arbeit. Alice Salomon Hochschule Berlin 2009 [Auswahl: komplette Literaturliste von den Autoren erhältlich]
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