Antragsbuch der
Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt
in der SPD Berlin
Mitgliedervollversammlung am 24. April 2013
Raum 376 des Abgeordnetenhauses von Berlin
Niederkirchnerstraße 5, 10117 Berlin
Anträge - Inhaltsverzeichnis
A. Forderungen an die SPD nach der Bundestagswahl 2013 ............................................................... 3
B. Ethnisches Profiling abschaffen ....................................................................................................... 8
C. Antidiskriminierungsgesetz schaffen............................................................................................... 9
D. Anonymisierte Bewerbungsverfahren: Eigene Forderungen konsequent umsetzen! .................. 10
E. Sprachfördermittel müssen bedarfsgerecht den Schulen zugewiesen werden - Erfassung der
NdH-Quote durch Sprachstanderfassung ersetzen ............................................................................... 11
F. Bleiberechtsregelung ausschließlich für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende
beschlossen – Kettenduldung ganz abschaffen .................................................................................... 12
G. Sofortmaßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen ..................................... 13
H. Integrations- und Sprachangebote für Asylbewerberinnen und -bewerber und Geduldete ....... 14
I. Residenzplicht abschaffen ............................................................................................................. 15
J. Rechtliche Grundlage für die Erhebung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund
in der Berliner Verwaltung schaffen...................................................................................................... 16
K. Rassismus zerstört Vertrauen - Vier Schritte, die die Berliner Polizei jetzt gehen muss .............. 17
L. Freier Eintritt ins Historische Museum Berlin für Inhaberinnen und Inhaber des Berlin-Passes! 19
M. Internationales Parlaments-Stipendium des Deutschen Bundestags (IPS) für Usbekinnen und
Usbeken! ............................................................................................................................................... 20
N. (Mehr) Mehrsprachigkeit im sozialdemokratischen Netz! ............................................................ 21
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
3 / 21
AntragstellerIn: Landesvorstand der Migration und Vielfalt 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
4
A. Forderungen an die SPD nach der Bundestagswahl 2013 5
Was macht eine Einwanderungsgesellschaft aus? 6
Mit einer homogenen Kultur kann auf Dauer keine Gesellschaft überleben. Daher ist es gut, dass 7
Deutschland heute ein Einwanderungsland mit einer zunehmend heterogenen Mischung aus 8
Kulturen, Ethnien und Religionen ist. Die Vielfalt der deutschen Einwanderungsgesellschaft ist eine 9
Bereicherung, die zur Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft positiv beiträgt. Daher ist ein 10
angemessener Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt notwendig, denn Vielfalt ist die Voraussetzung 11
für eine positive gesellschaftliche Entwicklung. 12
Integration bzw. Inklusion ist demnach nicht nur eine Aufgabe der Einwanderer und ihrer Familien, 13
sondern bedarf einer gemeinschaftlichen Anstrengung aller in Deutschland lebenden Menschen. Die 14
einseitige Zuschreibung einer „Bringschuld“ für Einwanderer lehnen wir ab. Das bedeutet, dass sich 15
die deutsche Gesellschaft künftig mehr öffnen muss, um Chancen zu bieten, wo heute Hindernisse 16
sind, und um Gleichheit der Lebensverhältnisse zu ermöglichen, wo heute oft Diskriminierung und 17
Unverständnis herrscht. Doch damit Integration bzw. Inklusion für jeden gelingen kann, muss die 18
öffentliche Hand, müssen der Staat und seine Organe durch geeignete Rahmenbedingungen 19
fördernd eingreifen. „Fördern statt fordern“, lautet unsere Devise! Gleichberechtigt kann man nur 20
miteinander leben, wenn man nicht nur formal, sondern auch praktisch und im Alltag 21
gleichberechtigt ist. Davon sind wir heute noch weit entfernt. Die folgenden Vorschläge und 22
Forderungen verstehen sich daher als Bausteine auf dem Weg in eine solidarische 23
Einwanderungsgesellschaft. 24
Eine solidarische Einwanderungsgesellschaft lässt sich jedoch nur erreichen, wenn wir es schaffen, 25
eine neue Kultur der öffentlichen Debatte zu entwickeln. Öffentliche Debatten über Einwanderung 26
und Integration müssen sich lösen aus der altbekannten Rhetorik von „Wir“ und „Ihr“. Nur in einer 27
verständigungsorientierten Kommunikation lassen sich hartnäckige Vorurteile über die jeweiles 28
„Anderen“ auf Dauer auflösen. 29
30
1. Teilhabe und Integration 31
Das Staatsangehörigkeitsgesetz muss erneut und grundlegend novelliert werden, damit 32
unsere Willkommenskultur auch an einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht erlebbar 33
wird. Wir fordern die generelle Zulassung der Mehrstaatigkeit für alle Menschen, die die 34
deutsche Staatsangehörigkeit erlangen wollen. Die bisherige Optionsregelung muss 35
abgeschafft werden. Für ehemalige deutsche Staatsangehörige soll eine 36
Niederlassungserlaubnis gelten (§ 38 AufenthG). 37
Hürden für die Staatsbürgerschaft abschaffen: Wir lehnen Einbürgerungstests ab. Das 38
Zugehörigkeitsgefühl zu einem Land lässt sich durch keinen Test abfragen. Die 39
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
4 / 21
Anforderungen in Bezug auf finanzielle Voraussetzungen für die Einbürgerungen sind nichts 1
weiter als unnötige Hürden. Es ist nicht fair, einem Menschen, der viele Jahre in Deutschland 2
lebt und plötzlich arbeitslos wird, deshalb die Staatsangehörigkeit zu verweigern. Auch dies 3
ist unser gemeinsames Problem, wenn die wirtschaftliche Entwicklung zur Arbeitslosigkeit 4
führt, und darf nicht zum Bremsfaktor für die Staatsbürgerschaft werden. 5
Neue Willkommenskultur im Einbürgerungsverfahren demonstrieren: Wir werden die 6
Einbürgerungsanforderungen so umgestalten, dass eine neue Willkommenskultur 7
Deutschlands deutlich wird. Wer fünf Jahre in Deutschland lebt, soll das Recht zur 8
Einbürgerung erhalten. Länder wie Kanada machen es vor, dass eine frühe Möglichkeit zur 9
Einbürgerung zu einer höheren Identifikation mit dem Land führt, ohne auf stumpfe 10
Nationalsymbole zurückgreifen zu müssen. Eine aktive Bewerbung der Annahme der 11
Staatsbürgerschaft, ein transparentes und unkompliziertes Verfahren und eine freundliche 12
Willkommensatmosphäre werden in Zukunft die Einbürgerungsverfahren prägen, wenn die 13
SPD die Regierung stellt. 14
Wir brauchen weitere Erfolge in der Integrationspolitik. Dies ist zu erreichen vor allem durch 15
eine weitergehende Institutionalisierung dieses Politikfeldes durch ein bundesweites 16
Integrations- und Teilhabegesetz sowie durch die Schaffung eines Bundesministeriums für 17
Einwanderung und Integration. Der jährliche „Bericht zur Lage der Ausländerinnen und 18
Ausländer“ soll umbenannt werden, da mittlerweile über 50 % der Einwanderer und ihrer 19
Familien deutsche Staatsbürger sind. Zudem fordern wir die Einführung des kommunalen 20
Wahlrechts auch für Nicht-EU-Bürger. Denn Volkssouveränität bedeutet, dass jeder, der 21
einem Gesetz unterworfen ist, auch über sein Zustandekommen mitbestimmen soll. 22
Die seit einigen Jahren existierenden Integrationskurse für Einwanderer müssen qualitativ 23
ausgebaut werden. Der Zugang zu diesen Kursen ist allen Einwanderern unabhängig von 24
ihrem Aufenthaltsstatus oder –titel zu gewähren (also auch Asylbewerbern und Geduldeten). 25
26
2. Flüchtlingspolitik und Aufenthaltsrecht 27
Kein Mensch entscheidet sich aus freien Stücken für Flucht, denn der Weg in eine neue Heimat ist 28
meist von Schmerz begleitet. Vom Schmerz der Trennung, vom schmerzvollen Pfaden auf der Flucht 29
und vom schmerzvollen Gefühl, in der neuen Heimat nicht willkommen zu sein. Deshalb ist die beste 30
Flüchtlingspolitik im Sinne der Menschen diejenige, die Gründe für Flucht zu bekämpfen. Als 31
Fluchtgrund gehören für uns ausdrücklich auch wirtschaftliche Gründe, wenn ein menschenwürdiges 32
Leben aufgrund internationaler Ungleichgewichte nicht möglich ist. 33
Das Asylbewerberleistungsgesetz ist vom Bundesverfassungsgericht als Verstoß gegen die 34
Menschenwürde bewertet worden und muss daher abgeschafft werden. Soziale Leistungen 35
für Asylbewerber sind stattdessen an die Regelungen nach SGB II anzupassen. 36
Die Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete muss abgeschafft werden. 37
Flüchtlinge brauchen Zugang zu einer Traumabehandlung. 38
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
5 / 21
Wir wollen ein rechtstaatliches Asylverfahren sicherstellen: das Flughafenverfahren gehört 1
abgeschafft und wir werden jedwede Änderungen in Richtung Schnellverfahren ablehnen. 2
Fluchtgründe sind komplex und bedürfen einer sachgerechten Prüfung. Genauso wollen wir 3
Alternativen zur Abschiebehaft entwickeln, denn Flucht ist kein Verbrechen. 4
Wer hier langfristig lebt, bekommt eine Perspektive: Fast 40.000 Menschen leben aufgrund 5
Kettenduldungen länger als 6 Jahre in Deutschland. Dieser Zustand ist menschenunwürdig. 6
Wer hier länger als 6 Monate lebt und eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht absehbar ist, 7
der braucht hier Perspektiven. Kettenduldungen müssen durch eine stichtagsunabhängige 8
gesetzliche Bleiberechtsregelung ersetzt werden. Kettenduldungen ohne Perspektiven 9
lehnen wir ab. Wir wollen jedem Menschen, der länger bei uns lebt oder absehbar leben 10
wird, Integrationsmöglichkeit geben. 11
Wir brauchen eine Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylbewerber sowie ein 12
Beschäftigungsprogramm für Geduldete und Asylbewerber, denn es ist unzumutbar, dass 13
jemand, der Asyl beantragt hat, keine Möglichkeit erhalten soll, sich seinen Lebensunterhalt 14
selbst zu verdienen. Auch Asylbewerber müssen Zugang zu Bildungs- und Arbeitschancen 15
haben. 16
So genannte „Papierlose“ müssen durch eine Amnestie aus ihrem illegalen Zustand befreit 17
werden. Hierbei sind auf die positiven Erfahrungen anderer EU-Länder wie Spanien und 18
Portugal hinzuweisen. 19
Die Hürden für Familiennachzug müssen gesenkt werden. Es darf keine Unterscheidung nach 20
Herkunftsland gemacht werden. 21
22
3. Antidiskriminierung 23
Antidiskriminierungspolitik verstehen wir als Mittel, das sozialdemokratische Versprechen 24
der Aufstiegsmöglichkeiten für alle Menschen wieder zum Leben zu erwecken. Hierfür wollen 25
wir alle Stufen der Antidiskriminierungspolitik von weichen bis zu harten Werkzeugen 26
erproben und umsetzen. Das Gesicht unserer Institutionen muss die Vielfalt in unserer 27
Gesellschaft stärker als bisher repräsentieren: 28
o Junge Menschen mit Migrationshintergrund müssen stärker für den Staatsdienst 29
geworben werden. Dies wollen wir bei der Werbung um neue Mitarbeiter in allen 30
staatlichen Institutionen stärker in den Fokus rücken. 31
o Vielfach haben Studien belegt, dass z.B. ein ausländisch klingender Name zu deutlich 32
niedrigeren Chancen führt, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. 33
Das bundesweite Pilotprojekt zu anonymisierten Bewerbungsverfahren hat gezeigt, 34
dass nicht nur der Migrationshintergrund als Diskriminierungsgrund bekämpft 35
werden kann, sondern auch andere Kriterien wie das Geschlecht oder das Alter. Wir 36
wollen die anonymisierten Bewerbungen nicht nur in allen Ministerien und anderen 37
staatlichen Institutionen umsetzen, sondern auch ein Gesetz für die Wirtschaft 38
voranbringen. 39
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
6 / 21
o Das Thema Quoten erhitzt immer wieder die Gemüter bei den Diskussionen, wie wir 1
eine höhere Repräsentanz der Vielfalt in unserer Gesellschaft in staatlichen 2
Institutionen bewerkstelligen können. Zielvereinbarungen, aber auch Quoten 3
gehören für uns aber selbstverständlich zu dem Repertoire zur Bekämpfung von 4
Diskriminierung. Für den öffentlichen Dienst bzw. im Lehrerberuf fordern wir eine 5
Einwandererquote bei der Neubesetzung von Stellen. Die interkulturelle Kompetenz 6
bei Polizei, Verfassungsschutz, BND und MAD ist durch Weiterbildungsprogramme zu 7
fördern. 8
Wir werden ein (Bundes-) Antidiskriminierungsgesetz -ein (B)ADG- schaffen, um damit die für 9
Deutschland verbindlichen Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union erstmals 10
vollständig umzusetzen und den bisher auf den Zivilrechtsverkehr und das Arbeitsrecht 11
beschränkten Diskriminierungsschutz des AGG auf den Bereich des staatlichen Handelns 12
auszuweiten. Mit einem Antidiskriminierungsgesetz zeigen wir, dass wir uns der vielfältigen 13
Realität der Diskriminierung in unserem Lande, die sich gleichermaßen im privaten wie im 14
öffentlichen Bereich nachweisen lässt, bewusst sind und es mit deren Bekämpfung und der 15
Umsetzung der zu diesem Zweck von Deutschland mitbeschlossenen europäischen 16
Antidiskriminierungsrichtlinien ernst meinen. 17
Ethnisches Profiling lehnen wir ab. Es macht Menschen im Rahmen anlass- und 18
verdachtsunabhängiger Personenkontrollen und selektiver Polizeiermittlungen nicht 19
aufgrund Ihrer Handlungen, sondern allein aufgrund Ihrer Hautfarbe oder Ihres 20
augenscheinlichen Glaubens zu Verdächtigen und verletzt damit das grundgesetzliche 21
Gleichbehandlungsprinzip. In einem zunehmend multiethnischen Deutschland und Europa 22
stempelt es damit ganze Bevölkerungsgruppen als Kriminelle, potenzielle Terrorristen oder 23
illegale Einwanderer ab. 24
Wir werden außerhalb der Polizeistrukturen eine unabhängige, bundesweite 25
Beschwerdestelle bzw. Beauftragte/n schaffen, die bei Diskriminierungsvorwürfen, 26
Fehlverhalten und in Konfliktfällen als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger sowie 27
für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zuständig ist. Der Stelle gehören auch Mitglieder 28
der potentiell betroffenen Gruppen an. Sie führt die bundeseinheitliche Erfassung und 29
Untersuchung entsprechender Vorkommnisse durch, wertet diese statistisch aus, erstattet 30
jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit und gibt Empfehlungen zur Verhinderung und 31
Beseitigung von Diskriminierungen in diesem Bereich. 32
33
4. Themenfeld Bildung 34
Wir fordern die Anerkennung ausländischer, insbesondere nicht-europäischer Hochschul- 35
und Berufsabschlüsse sowie Hochschulzugangsberechtigungen durch ein bundesweites 36
Anerkennungsgesetz, das seinen Namen verdient. Wir wollen das von Schwarz-Gelb 37
eingeführte Gesetz so umbauen, dass es ein Recht auf Anerkennung gibt und die 38
sozialverträgliche Ausgestaltung der Anerkennungsverfahren gewährleistet wird. In diesem 39
Zusammenhang wollen wir ein einwanderungsgerechtes Bildungssystem ausbauen. Dazu 40
gehört die interkulturelle Kompetenz von Lehrkräften und Behörden, die sich mit dieser 41
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
7 / 21
Thematik beschäftigen, ebenso wie die Thematisierung der Einwanderungsgeschichte in 1
Deutschland. 2
Wichtig für gelingende Integration ist aber auch der Erwerb bzw. Erhalt der jeweiligen 3
Muttersprache. Hierbei ist es entscheidend, ob es gelingt, die zahllosen Kultur- und 4
Sprachfördervereine der jeweiligen Sprach-Communities bei ihrer Arbeit zu unterstützen. 5
Das bürgerschaftliche Engagement in der Sprach- und Kulturvermittlung halten wir für 6
besonders förderungswürdig. 7
8
5. Themenfeld Arbeit 9
Die Arbeitsmarktförderung für Einwanderer und ihre Familien muss ausgebaut werden. 10
Dabei geht es um Eingliederungsprogramme für Menschen aus Einwandererfamilien, die 11
über den Spracherwerb hinausgehen und Interkulturalität wertschätzen. In diesem 12
Zusammenhang ist die interkulturelle Öffnung der JobCenter wichtig. Es wird angeregt, den § 13
19, SGB X abzuändern (Die Amtssprache ist deutsch), da dieser ein Relikt aus der Kaiserzeit 14
ist und die Vielfalt unserer Gesellschaft nicht mehr angemessen abbildet. Insbesondere die 15
JobCenter sollten diese insofern bedienen, dass diese bei Bedarf in ihrer Muttersprache 16
angesprochen werden können. 17
18
6. Themenfeld Wohnen 19
Wir wollen die anonyme Wohnungsbewerbung als Standard einführen, denn viele Menschen 20
werden aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens bei der Wohnungssuche 21
benachteiligt. Außerdem gilt es, künftig mehr interkulturelle Wohnquartiere zu fördern, um 22
Inklusion und ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. 23
24
7. Themenfeld Soziales 25
Angesichts der zunehmenden Anzahl von älteren und pflegebedürftigen Menschen auch in 26
Zuwandererfamilien benötigen wir eine Aufwertung der Pflege durch die Durchsetzung des 27
Prinzips „Gute Arbeit“ in den Pflegeberufen, durch die Beseitigung des Fachkräftemangels in 28
der Pflege durch Förderung von Einwanderern in Pflegeberufen und damit 29
zusammenhängend einer Stärkung der interkulturellen Kompetenz im Pflegebereich. 30
Durch die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements innerhalb und außerhalb von 31
Migrantenorganisationen (z. B. durch Projektförderungen oder auch Preise und 32
Auszeichnungen) soll der soziale Zusammenhalt in der Einwanderungsgesellschaft gestärkt 33
werden. Inter- und multikulturelle Initiativen aus der Mitte der Bürgergesellschaft stellen 34
lebendige Begegnungsräume, Streitschlichtungsorgane und Toleranzorte dar. 35
36
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
8 / 21
AntragstellerIn: Roy Adomako 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag möge beschließen: 4
5
B. Ethnisches Profiling abschaffen 6
Ethnisches Profiling lehnen wir ab. Es macht Menschen im Rahmen anlass- und 7
verdachtsunabhängiger Personenkontrollen und selektiver Polizeiermittlungen nicht aufgrund ihrer 8
Handlungen, sondern allein aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres augenscheinlichen Glaubens zu 9
Verdächtigen und verletzt damit das grundgesetzliche Gleichbehandlungsprinzip. 10
In einem zunehmend multiethnischen Deutschland und Europa stempelt es damit ganze 11
Bevölkerungsgruppen als Kriminelle, potenzielle Terrorristen oder illegale Einwanderer ab. 12
Ethnisches Profiling legitimiert und bestärkt Rassismus sowie ethnisches Typisieren in der 13
Gesellschaft, fördert das Misstrauen der Mehrheitsbevölkerung gegenüber 14
Minderheitengemeinschaften und verstärkt den Ruf nach weiteren einschränkenden Maßnahmen 15
gegen sie. Eine derartige Stigmatisierung durch selektive Kontrollen und Ermittlungen hat 16
gesamtgesellschaftlich negative Folgen für das friedliche Zusammenleben, für das Vertrauen in die 17
Polizei und für die Zugehörigkeit und Teilhabe betroffener Gruppen in Deutschland und muss daher 18
abgeschafft werden und es müssen die dem zugrundeliegenden Gesetzesvorschriften überprüft und 19
entsprechend geändert werden. 20
Die SPD-Mitglieder des Senates und des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, dafür zu sorgen, 21
landesrechtliche Änderungen zur Abschaffung von Ethnischem Profiling umzusetzen (in Berlin: § 21 22
Abs. 2 Nr. 1 ASOG). Auch auf die Bundesebene soll von Berliner Seite eingewirkt werden (§ 22 Abs. 1 23
a und § 23 Abs. 1 u. 2 BPolG).24
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
9 / 21
AntragstellerIn: Roy Adomako 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag möge beschließen: 4
Der Bundesparteitag möge beschließen: 5
6
C. Antidiskriminierungsgesetz schaffen 7
Mit einem Antidiskriminierungsgesetz zeigen wir, dass wir uns der vielfältigen Realität der 8
Diskriminierung in unserem Lande, die sich gleichermaßen im privaten wie im öffentlichen Bereich 9
nachweisen lässt, bewusst sind und es mit deren Bekämpfung und der Umsetzung der zu diesem 10
Zweck von Deutschland mitbeschlossenen europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien ernst 11
meinen. 12
Wir werden ein (Bundes-) Antidiskriminierungsgesetz -ein (B)ADG- schaffen, um damit die für 13
Deutschland verbindlichen Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union erstmals 14
vollständig umzusetzen und den bisher auf den Zivilrechtsverkehr und das Arbeitsrecht 15
beschränkten Diskriminierungsschutz des AGG auf den Bereich des staatlichen Handelns 16
auszuweiten. Wie das AGG im privat- und arbeitsrechtlichen Bereich, so wird das 17
Antidiskriminierungsgesetz (ADG) im öffentlich-rechtlichen Bereich eine Diskriminierung wegen 18
bestimmter äußerlicher oder zugeschriebener Merkmale verbieten. Das bedeutet, dass anders als 19
bisher eine Person, die sich z.B. bei dem Besuch einer Behörde diskriminiert fühlt, ebenso Anspruch 20
auf einen gesetzlichen Antidiskriminierungsschutz hat, wie diejenige, die etwa von Polizeibeamten 21
diskriminierend benachteiligt wird. 22
23
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
10 / 21
AntragstellerIn: Rejane Herwig 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag möge beschließen: 4
Der Bundesparteitag möge beschließen: 5
6
D. Anonymisierte Bewerbungsverfahren: Eigene Forderungen konsequent 7
umsetzen! 8
Seit mehreren Jahren fordern wir anonymisierte Bewerbungsverfahren sowohl für den Öffentlichen 9
Dienst, als auch für die Privatwirtschaft. 10
Das Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist 11
mittlerweile abgeschlossen und hat klar aufgezeigt, dass Diskriminierungsfaktoren, die bei üblichen 12
Bewerbungsverfahren greifen und zu Selektion führen, durch die Anonymisierung zwar nicht 13
vollständig aufgehoben, aber in großem Maße abgefedert werden können. 14
Was wir politisch seit Jahren fordern wird bislang noch nicht mal in der eigenen Partei umgesetzt. 15
Wir fordern die SPD auf allen Ebenen dazu auf, selbst den Anfang zu bereiten: 16
Ab sofort sollen alle Stellen der SPD und durch von ihren Mandatsträger_innen zu besetzende 17
Stellen mit einem anonymisierten Bewerbungsverfahren ausgeschrieben werden! 18
19
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
11 / 21
AntragstellerIn: Maja Lasic, Orkan Özdemir (AG Thf-Sbg) 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
E. Sprachfördermittel müssen bedarfsgerecht den Schulen zugewiesen 6
werden - Erfassung der NdH-Quote durch Sprachstanderfassung ersetzen 7
Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert die Vergabe der 8
Sprachfördermittel an Berliner Schulen an dem tatsächlichen Bedarf der Schüler_innen zu 9
orientieren. 10
Somit soll nicht die Herkunftssprache die Grundlage der Mittelvergabe sein, sondern der tatsächliche 11
Sprachförderbedarf der einzelnen Schüler_innen. Die bereits in der Praxis angewandten Tests zur 12
Sprachstanderhebung der Berliner Schüler_innen sind als Werkzeug für die 13
Sprachfördermittelvergabe hinzuzuziehen. 14
15
Begründung: 16
Schüler_innen nichtdeutscher Herkunftssprache (NdH) sind nach der Definition der NdH-Quote 17
Schüler_innen, deren Mutter- bzw. Familiensprache nicht Deutsch ist. Die Staatsangehörigkeit ist 18
dabei ohne Belang; entscheidend ist die Kommunikationssprache innerhalb der Familie. Die 19
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft geht bei der Vergabe der zusätzlichen 20
Fördermittel davon aus, dass für diese Schüler_innen i.d.R. ein erhöhter Förderbedarf besteht, allein 21
durch die Herkunft. 22
Die Mehrsprachigkeit der Schüler_innen muss jedoch als Zusatzkompetenz betrachtet werden und 23
nicht als Fördergrund. Solange die nichtdeutsche Herkunftssprache automatisch als ein Fördergrund 24
angesehen wird, wird auch die Anerkennung der zusätzlichen Kompetenzen dieser Schüler_innen 25
nicht möglich sein. 26
Gleichzeitig darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Schüler_innen nicht-deutscher Herkunft 27
besonderer Förderung bedürfen, wenn sie gleichzeitig aus sozial benachteiligten Familien kommen. 28
Statt jedoch die zusätzlichen Fördermittel an die Herkunftssprache zu koppeln und diese damit zu 29
einem Fördergrund zu stilisieren, sollte sich die Vergabe der Mittel an dem tatsächlichen Bedarf der 30
Schüler_innen orientieren. 31
Die bereits in der Praxis angewendeten Tests zur Sprachstanderhebung der Berliner Schüler_innen 32
sind als Werkzeug für die Sprachfördermittelvergabe deutlich geeigneter als die NdH-Quote. Diese 33
Sprachstanderhebungen gilt es auszubauen und zu standardisieren, um sie als Grundlage für die 34
Mittelvergabe zu nutzen. 35
So werden die Fördermittel genau der Schüler_innen zu Gute kommen, die einer Sprachförderung 36
bedürfen. 37
38
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
12 / 21
AntragstellerIn: Orkan Özdemir (AG Thf-Sbg), Maja Lasic 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
Der Bundesparteitag der SPD möge beschließen: 5
6
F. Bleiberechtsregelung ausschließlich für gut integrierte Jugendliche und 7
Heranwachsende beschlossen – Kettenduldung ganz abschaffen 8
Wir fordern eine umfassende humanitäre Bleiberechtsregelung, die den gesamten Personenkreis der 9
langjährig geduldeten Menschen in den Blick nimmt und das Problem der Kettenduldungen 10
abschließend löst. 11
12
Begründung: 13
Es erhalten weiterhin diejenigen kein Bleiberecht, die aus gesundheitlichen und/oder Altersgründen 14
ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können oder durch restriktive Asylgesetzgebung „strafbar“ 15
geworden sind, wie z.B. durch die Verletzung der Residenzpflicht. Für diese Personen, die unter 16
anderem aufgrund der letzten Altfallregelung noch keine gesicherte Perspektive haben, muss eine 17
Anschlussregelung gefunden werden. Ihre Integrationsbemühungen als gescheitert zu erklären, löst 18
nicht das Problem und verschärft die inhumane Situation der von Kettenduldung betroffenen 19
Menschen. 20
21
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
13 / 21
AntragstellerIn: Aziz Bozkurt 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
G. Sofortmaßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen 6
Die Wohnsituation von Flüchtlingen ist zunehmend prekär und die steigende Zahl von 7
Unterbringungen in Sammelunterkünften, die seit 2010 von 15% auf 45% gestiegen ist, erfordert ein 8
beherztes und konsequentes Eingreifen. Wir schließen uns den folgenden Forderungen des Berliner 9
Flüchtlingsrates an und fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senat und des 10
Abgeordnetenhauses auf, hier im Sinne der Flüchtlinge aktiv zu werden: 11
„- Die Vergabe von Wohnungen für Flüchtlinge über den Kooperationsvertrag zwischen Senat und 12
städtischen Wohnungsgesellschaften muss ausgeweitet und verbindlich geregelt werden. 13
Verhandlungen über Wohnungskontingente mit weiteren Wohnungsgesellschaften müssen folgen. 14
- Wohnberechtigungsscheine müssen auch an asylsuchende und geduldete Flüchtlinge ausgegeben 15
werden (wie z.B. in Potsdam oder Bremen), und das Land muss wieder sein Belegungsrecht für 16
Sozialwohnungen ausüben. 17
- SozialarbeiterInnenstellen bei freien Trägern müssen eingerichtet und vom Land finanziert werden, 18
um eine gezielte Unterstützung bei der Wohnungssuche anzubieten (Beispiel: Diakonie Potsdam). 19
- Die Sozialämter müssen von Amts wegen verbindliche Mietübernahmebescheinigungen zur Vorlage 20
beim Vermieter nach Wahl ausstellen.“ 21
22
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
14 / 21
AntragstellerIn: Aziz Bozkurt 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
H. Integrations- und Sprachangebote für Asylbewerberinnen und -bewerber 6
und Geduldete 7
Wir unterstützen ausdrücklich die Berliner Anstrengungen auf Bundesebene insbesondere im 8
Rahmen der Konferenz der Integrationsministerinnen und –minister im März zur Öffnung der 9
Integrations- und Sprachkurse für Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren und Geduldete. 10
Integrations- und Sprachkurse leisten einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe am sozialen und 11
kulturellen Leben. 12
Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats und des 13
Abgeordnetenhauses auf, „ausreichende eigene Mittel zur Verfügung zu stellen, so dass 14
Asylbewerber und Geduldete im ersten Jahr ihres Aufenthaltes an einem Sprach und 15
Orientierungskurs im Umfang von 600 Stunden teilnehmen können“. So wie es die Liga der 16
Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Berlin in einem aktuellen Aufruf fordert. 17
18
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
15 / 21
AntragstellerIn: Orkan Özdemir (AG Thf-Sbg), Maja Lasic 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
I. Residenzplicht abschaffen 6
Der Senat wird aufgefordert mit einer neuen Bundesratsinitiative die Abschaffung der Residenzpflicht 7
zu fordern und bis zu einer Abschaffung der Residenzpflicht auf Bundesebene mit sämtlichen an die 8
Kooperationspartner Berlin/Brandenburg angrenzenden Bundesländern Kooperationen zu schließen, 9
die eine normale Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden und Geduldeten in Norddeutschland 10
ermöglichen. 11
12
Begründung: 13
1982 wurde in der Bundesrepublik die sogenannte Residenzpflicht für Asylsuchende eingeführt. 14
Diese räumliche Beschränkung dient der zuständigen Ausländerbehörde zur Kontrolle des 15
Aufenthaltsortes von Geduldeten und Asylsuchenden. In keinem anderen Land der Europäischen 16
Union existiert eine Residenzpflicht dieser Art. Sie verhindert Besuche bei Freunden/-innen und 17
Verwandten, erschwert die gesellschaftliche Teilhabe und die Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme. 18
Die Residenzpflicht wurde inzwischen in mehreren Bundesländern modifiziert, so zum Beispiel in 19
Berlin und Brandenburg, Bremen und Niedersachsen sowie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-20
Holstein. Durch Erlasse oder Verordnungen wird nun geregelt, dass sich Asylsuchende und Geduldete 21
sowohl innerhalb ihrer Bundesländer frei bewegen können, als auch über die Landesgrenzen hinweg 22
in die Nachbarländer hinein, mit denen es diese Kooperation gibt. 23
Die Länder Berlin und Brandenburg, die diese Praxis seit 2010 pflegen, bestätigen, dass es weder zu 24
verstärkter „Einwanderung" nach Berlin gekommen ist, noch in rechtlicher Hinsicht Probleme 25
auftraten, da die Pflicht der Wohnsitznahme nicht betroffen ist. Am Umverteilungsschlüssel und -26
verfahren der Länder ändert sich durch die Aufhebung der Residenzpflicht nichts. 27
Ende 2012 wurde im Bundestag unter anderem auch ein SPD-Antrag zur Aufhebung der 28
Residenzpflicht auf Bundesebene abgestimmt. Die Oppositionsparteien aus GRÜNEN, LINKEN und 29
SPD unterlagen der Regierungsmehrheit. Nach der Niedersachsenwahl gibt es durch die nun 30
veränderten politischen Mehrheiten die Möglichkeit, die Abschaffung der Residenzpflicht auf 31
Bundesebene herbeizuführen. 32
33
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
16 / 21
AntragstellerIn: Aziz Bozkurt 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
J. Rechtliche Grundlage für die Erhebung des Anteils der Beschäftigten mit 6
Migrationshintergrund in der Berliner Verwaltung schaffen 7
Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, die rechtlichen 8
Grundlagen für die verpflichtende Erhebung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund 9
in der Berliner Verwaltung zu schaffen. Um die im Partizipations- und Integrationsgesetz gesteckten 10
Ziele messen zu können, ist eine rechtssichere gesetzliche Grundlage unabdingbar, wenn das Gesetz 11
tatsächlich eine Wirkung entfalten soll. 12
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
17 / 21
AntragstellerIn: Rejane Herwig 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
Der Landesparteitag der SPD Berlin möge beschließen: 4
5
K. Rassismus zerstört Vertrauen - Vier Schritte, die die Berliner Polizei jetzt 6
gehen muss 7
Das Verhalten der Polizei im Falle der NSU- Morde und anderer rechter Übergriffe und Terrorakte 8
war und ist auch durch eine unerträgliche Mischung aus Verharmlosung, Ignoranz und rassistischer 9
Vorannahmen gekennzeichnet. Das Vertrauen vieler Menschen in die Polizei wurde dadurch 10
nachhaltig zerstört. Die Einsicht in das Fehlverhalten, ein grundlegendes Umdenken und konkrete 11
strukturelle Konsequenzen für die Polizeiarbeit sind heute dringend notwendig. Deshalb schließen 12
wir mit diesem Forderungskatalog an unseren bereits beschlossenen „10-Punkte-Plan gegen Rechts“ 13
an und verlangen strukturelle Verbesserungen in den Sicherheitsbehörden: 14
1. Einstellungsforschung 15
Rassistische Motivationen wurden bei den Ermittlungen zu den NSU-Morden systematisch 16
unterbewertet oder vorschnell ausgeschlossen. Stattdessen wurden primär Menschen mit 17
Migrationshintergrund oder Menschen im Ausland verdächtigt. Diese stereotype und von Vorurteilen 18
geprägte Vorgehensweise deutet auf ein Haltungsproblem in der Polizei hin. Vor dem Hintergrund, 19
dass heute etwa 8,2 Prozent der deutschen Bevölkerung ein geschlossen rechtsextremes Weltbild 20
aufweisen, sind auch für die Polizei valide Daten erforderlich, wo unzureichende Sensibilität im 21
Hinblick auf Rassismus besteht. 22
2. Aus- und Weiterbildung 23
Die Behörde muss dem Umstand begegnen, dass auch bei ihren Mitarbeiter/innen rassistische 24
Ressentiments vorhanden sind. Das darf nicht als Tabuthema behandelt werden. In Aus- und 25
Weiterbildung können stereotype und rassistische Vorurteile hinterfragt und die Sensibilisierung 26
gegenüber Betroffenen erhöht werden. Der Europäische Kodex der Polizeiethik hält fest: „In der 27
polizeilichen Ausbildung wird umfassend berücksichtigt, dass eine Auseinandersetzung mit und 28
Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit notwendig ist.“ Die Auseinandersetzung mit 29
Diskriminierung sowie mit aktuellen Codes der rechtsextremen Szene muss mit Nachdruck und 30
verbindlich in das Curriculum des Polizeidienstes aufgenommen und in beruflichen Weiterbildungen 31
nachhaltig weiterverfolgt werden. 32
3. Interkulturelle Öffnung der Polizei 33
Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bei den Neueinstellungen konnte in Berlin von 6 34
Prozent im Jahr 2006 auf 22,9 Prozent im Jahr 2012 erhöht werden. Der Anteil Auszubildender mit 35
Migrationshintergrund im gehobenen Dienst der Schutzpolizei liegt allerdings weiterhin bei nur 10 36
Prozent. Da gerade diese Abteilung auf der Straße oftmals in direktem Kontakt mit den von 37
rechtsextremer und rassistischer Gewalt Betroffenen ist, ist es vor allem hier notwendig, diese Quote 38
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
18 / 21
zu erhöhen. In Berlin muss die Vielfalt der Stadtgesellschaft auch in den Behörden der 1
Strafverfolgung repräsentiert werden. 2
4. Unabhängige Untersuchungs- und Beschwerdekommission 3
Rassistisches Verhalten von Polizistinnen und Polizisten muss zukünftig systematisch aufgearbeitet 4
und verhindert werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass Rassismus als möglicher 5
Tathintergrund bei den polizeilichen Ermittlungen konsequent in Betracht gezogen wird. Dazu sind 6
eindeutige Anweisungen für Polizeibeamte notwendig. Zudem bedarf es der Einrichtung einer 7
unabhängigen und kontinuierlich arbeitenden Kommission, die als Untersuchungs- sowie als 8
Beschwerdestelle fungiert. Diese Kommission kontrolliert und untersucht die Arbeit der Polizei und 9
wird sowohl auf Anlass als auch aus eigenem Ermessen tätig. Sie muss ihre Ergebnisse in den 10
politischen Raum kommunizieren. Erfahrungen insbesondere aus Großbritannien zeigen, dass diese 11
Arbeit nur dann effektiv ist, wenn sie unabhängig – d.h. ohne institutionelle und hierarchische 12
Verbindung zur Polizei – durchgeführt wird. 13
14
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
19 / 21
AntragstellerIn: Dmitri Stratievski 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
4
L. Freier Eintritt ins Historische Museum Berlin für Inhaberinnen und Inhaber 5
des Berlin-Passes! 6
Wir unterstützen die Initiative des Berliner Kulturvereines „Europäischer Interklub Deribas-Haus“ und 7
appellieren an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, für die Inhaberinnen und Inhaber des Berlin-8
Passes einen freien Eintritt in das Deutsche Historische Museum zu gewähren. 9
10
Begründung: 11
Wer die deutsche Geschichte kennt, versteht die deutsche Gegenwart. So werden die 12
Geschichtskenntnisse zu einem wichtigen Integrationsfaktor. Sozial Schwache müssen dabei nicht 13
benachteiligt werden! Viele Berliner Museumseinrichtungen und Gedenkstätten, die in ihrer 14
Dauerausstellung sich mit der deutschen Zeitgeschichte befassen, wie das Deutsch-Russische 15
Museum in Berlin-Karlshorst, Gedenkstätte Deutscher Wiederstand, Haus der Wannsee-Konferenz 16
und andere, haben einen freien Eintritt. Die Inhaberinnen und Inhaber des Berlin-Passes (Personen, 17
die Hartz IV, Sozialhilfe, Grundsicherung oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 18
erhalten) können darüber hinaus die staatlichen Museen Berlins, zum Beispiel auf der Museumsinsel, 19
eintrittsfrei besuchen. Das Deutsche Historische Museum, ein zentraler Berliner Ort der 20
Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte, bietet den Inhaberinnen und Inhaber des Berlin-21
Passes nur einen ermäßigten Eintritt. Der Berliner Kulturverein „Europäischer Interklub Deribas-22
Haus“, dessen Mitglieder vorwiegend ältere jüdische Einwanderinnen und Einwanderer aus der 23
ehemaligen Sowjetunion sind, die die Grundsicherung oder das Sozialgeld beziehen, findet dies 24
ungerecht und fordern für die genannten Anspruchsberechtigten den freien Eintritt ins Deutsche 25
Historische Museum. 26
27
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
20 / 21
AntragstellerIn: Dmitri Stratievski 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
4
M. Internationales Parlaments-Stipendium des Deutschen Bundestags (IPS) 5
für Usbekinnen und Usbeken! 6
Wir unterstützen die Initiative „IPS für Usbekinnen und Usbeken“ und fordern sozialdemokratische 7
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf, sich dafür einzusetzen, dass der Zugang zum 8
IPS auch für usbekische Bürgerinnen und Bürger ermöglicht wird. 9
10
Begründung: 11
Jedes Jahr lädt der Deutsche Bundestag 120 junge Menschen aus 28 Nationen für das IPS ein. Nach 12
dem Ende der Förderungszeit entwickeln sich langfristige Partnerschaften von Menschen, die in ihren 13
Heimatländern erfolgreich Demokratie, Toleranz und ein friedliches Zusammenleben mitgestalten 14
wollen. Stipendiatinnen und Stipendiaten kommen mehrheitlich aus den Ländern der ehemaligen 15
Sowjetunion wie Aserbaidschan, Armenien, Georgien, Belarus, Russland, Kasachstan sowie aus der 16
Ukraine. Das IPS ist für Bewerberinnen und Bewerber aus Usbekistan nicht zugänglich. „Chiroq - 17
Deutsch-Usbekischer Verein für Wissenschaft und Bildung e.V.“, Zusammenschluss von usbekischen 18
Studierenden, Promovierenden und jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in 19
Deutschland, startete eine Initiative „IPS für Usbekinnen und Usbeken“. Gerade die Bürgerinnen und 20
Bürger aus den Ländern mit nichtdemokratischer Staatsordnung wie Usbekistan müssen eine 21
Möglichkeit haben, solche Angebote wie das IPS in Anspruch zu nehmen. 22
23
Antragsbuch der AG Migration und Vielfalt Landesvollversammlung am 24. April 2013
21 / 21
AntragstellerIn: Dmitri Stratievski 1
2
Die Landesvollversammlung der AG Migration und Vielfalt möge beschließen: 3
4
N. (Mehr) Mehrsprachigkeit im sozialdemokratischen Netz! 5
Der Berliner SPD-Landesverband wird aufgefordert, das mehrsprachige Angebot im Internet für die 6
Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund zu erweitern. 7
8
Begründung: 9
Das mehrsprachige Angebot im Internet gehört zu einem wichtigen Bestandteil der erfolgreichen 10
Integrationspolitik und kann Kernbotschaften der Parteien erfolgreich vermitteln. Für die SPD ist es 11
eine Pflicht. Selbst die Menschen mit Migrationshintergrund, die fließend Deutsch sprechen, 12
verstehen eine Information in ihrer Muttersprache als Geste der Anerkennung der Vielfalt sowie als 13
Zeichen der Willkommenskultur. Auf der Homepage der Berliner SPD ist eine kurze Selbstdarstellung 14
der Partei in fünf Sprachen vorhanden. Dieses Angebot wurde an einer schwer zugänglichen Stelle 15
platziert und ist sprachlich verbesserungsbedürftig. Es wird angeboten, aussagekräftige 16
sozialdemokratische Slogans in Englisch (internationale Sprache), Türkisch und Russisch (Sprachen 17
der größten Migrantencommunities Berlins) durch die Mitglieder der LAG mit entsprechenden 18
muttersprachlichen und interkulturellen Kompetenzen ohne Beauftragung der teureren 19
Übersetzungsbüros kostensparend entwickeln zu lassen, die auf der Titelseite der Homepage durch 20
entsprechende Buttons leicht zu erreichen würden. Mehr Mehrsprachigkeit wird angestrebt. 21