Michel Foucault
Analytik der Macht
Referenten: Shane Anandaraj, Michelle Reeps,
Nicole Grochowski und Marie de Vries
Proseminar: Sprache und Macht WiSe 2015/16
Dozent: Dr. Alexander Lasch 12.11.2015
Gliederung
• Kurzvita Foucaults
• Vorhaben, Ansätze, Ausgangsfragen
• Vorüberlegungen:
„Archäologie des Wissens“
„Überwachen und Strafen“
• Kernthesen der „Analytik der Macht“
• Anwendungsbeispiele
• Kritik an Foucaults Machtbegriff
• Literatur und Bildquellen
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Michel Foucault
Analytik der Macht
Kurzvita
Michel Foucault
Analytik der Macht
* 15.10.1926 in Poitiers † 25.06.1984 in Paris
französischer Philosoph, Psychologe, Historiker, Soziologe und Begründer der Diskursanalyse 1946-50 Studium der Philosophie und Psychologie 1961 Dissertation „Wahnsinn und Gesellschaft“ 1969 „Archäologie des Wissens“ 1969 Vortrag zum Tod des Autors 1975 Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses Ab 1976 Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Macht und Wissen
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Vorhaben, Ansätze, Ausgangsfragen
Konstitution des modernen Subjekts im Bedingungsgeflecht der
historisch veränderlichen Ordnungen des Wissens und der Macht
1) Wie wird Sprache als Machtinstrument gebraucht?
2) Wie werden Machtstrukturen durch Sprache etabliert,
legitimiert, stabilisiert und in Frage gestellt?
3) Wie bilden sich Machtstrukturen im Sprachgebrauch ab?
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Keine Theorie der Macht, sondern eine historisch und
kulturell konkrete Analyse der Machtverhältnisse in der
Moderne (perspektivistischer Ansatz)
„Vorstudien“
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„Ausübung von Macht ist eine Form
handelnder Einwirkung auf andere“
(Foucault: Subjekt und
Macht, S. 286) 1969
1975
1976
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„Archäologie des Wissens“
• 1969 erschienene Studie
• erklärt Methode aus konkreten Studien Foucaults
• Diskursanalyse
• arbeitet an sogenannten Archiven
• kann als Vorarbeit verstanden werden
• im Rahmen einer Wissensanalyse spielt auch die Macht-
thematik eine Rolle
Kerndefinition:
Untersuchungsgebiet = ein Wissen, dass zu neuen
Theorien, Meinungen oder Praktiken führen kann
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Was ist die Archäologie des Wissens?
• „Archäologie“ soll „Geschichtsschreibung“/Ideengeschichte
ersetzen
• keine ausdifferenzierte Wissenschaft, sondern maximal
Vorformen
• Methode, die ihre Gegenstände ohne Rücksicht auf deren
Wahrheitsgehalt untersucht
• ausschlaggebend ist allein der Umstand, dass es sich um
diskursives Wissen handelt
• begrenzte Aktualität, da Diskurs zeitgebunden ist
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Archiv
• Archiv ≠ nicht aufbewahrte Texte/Dokumente
• Voraussetzungen für Existenz von Aussagen in einer Kultur
• systematische Gesamtheit aus Bedingungen, Ergebnissen und
Dingen
• formiert für die Bedingungen von Aussagen einen historischen
Rahmen
• kann erklären, warum bestimmte Aussagen konkret ausgesprochen,
andere niemals explizit ausformuliert wurden
• kein System für gesagte Dinge sondern Bedingungen, dass
derartige Dinge gesagt werden können
„Gesamtheit von Regeln“ werden angegeben, „die in einer
bestimmten Epoche und für eine bestimmte Gesellschaft
die Grenzen und Formen der Sagbarkeit definieren“
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Katalog von Maßnahmen
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Folgende „Grenzen und Formen“ müssen definiert werden:
• ... der Aufbewahrung: Welche Äußerungen bleiben im Gedächtnis, welche werden vergessen? • ... des Gedächtnisses: Welche Äußerung ist gültig, diskussionswürdig oder ungültig? • ... der Reaktivierung: Welche früheren Diskurse bleiben erhalten, welche werden aufgewertet, welche importiert, welche ggf. wiederhergestellt? • … der Aneignung: Wer hat Zugang zu diesem Diskurstypus? Wie ist das Verhältnis von „Sender“ und „Empfänger“ und Autor?
Die foucaultsche Archäologie des Wissens ist
„eine Form der Analyse (...), die nicht ganz
Geschichtsschreibung (...) und auch keine
Epistemologie wäre, das heißt eine interne
Analyse der Struktur einer Wissenschaft.“
Sie ist ein „Forschungsfeld, das Kenntnisse,
philosophische Ideen und Alltagsansichten einer
Gesellschaft, aber auch ihre Institutionen, die
Geschäfts- und Polizeipraktiken oder die Sitten
und Gebräuche“ berücksichtigt.
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Kernthesen
Michel Foucault
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„[Der Diskurs] erscheint als ein endliches, begrenztes, wünschenswertes, nützliches Gut, dass seine Erschei-nungsregeln, aber auch seine Aneignungs- und Anwen-dungsbedingungen hat. Ein Gut, das infolgedessen mit seiner Existenz (und nicht nur in seinen >praktischen Anwendungen<) die Frage nach der Macht stellt. Ein Gut, dass von Natur aus der Gegenstand eines Kampfes und eines politischen Kampfes ist.“
Foucault: Archäologie des Wissens, S. 175.
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Eckdaten zu seinem Werk Disziplinarmacht als Mikromacht
Souveränität Militär, Schule, Hospital, Strafvollzug,…
Normierung/Normalisierung
Minimierung von Widerstandspotenzial
Gewalt vs. Macht
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„[D]as erkennende Subjekt, das zu erkennende Objekt und
die Erkenntnisweisen (bilden) jeweils Effekte jener
fundamentalen Macht/Wissen-Komplexe und ihrer
historischen Transformationen“
Michel Foucault: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses., S. 39f.
Eckdaten zu seinem Werk
• Macht gibt es nur im Verhältnis zwischen Menschen
• Widerstände als Katalysator von Machtverhältnissen
• Staat als neue Form politischer Macht
• Gouvernementalität
• Machtbeziehungen Lenken, Führen, Regieren
• Machtbeziehungen unweigerlich mit Freiheit verbunden
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Kernthesen
• Macht befindet sich in allen Teilen der Gesellschaft
• Widerstand nur mit Wissen/Bewusstsein über Machtverhältnisse
• Macht fließt zirkulierend und wird nicht direkt ausgeübt
• Bewusstsein von der Masse lange als Wissen aufgefasst
• Machtexistenz = Machtausübung: spricht man dies an, startet man
eine erste Umkehrung gegen die Macht
• Macht ist nicht im Staatsapparat lokalisiert
• im 17. & 18. Jh. wurde die Macht produktiv und leistungsorientiert
• Macht nicht als Unterdrücker, sondern als produktives Netz
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Kernthesen
organisiert das Recht organisiert gesellschaftliche Zwänge
• Disziplinargesellschaft endet durch Individualisierung
• Um Staatsmacht zu verändern, müssen Machtverhältnisse in der
Gesellschaft verändert werden
• Wissen ist Macht, Macht ist Wissen
• Sexualität erlaubt Zugang zum Individuum, da sie zwischen
Souveränitätsmacht und Disziplinarmacht steht
Disziplinarmacht
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Souveränitätsmacht
Machtmechanismen
Kernthesen
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„[E]in Ensemble von Handlungen, die sich auf mögliches Handeln
richten, und sie operiert in einem Feld von Möglichkeiten für das
Verhalten handelnder Subjekte. Sie bietet Anreize, verleitet, verführt,
erleichtert oder erschwert, sie erweitert Handlungsmöglichkeiten
oder schränkt sie ein, sie erhöht oder senkt Wahrscheinlichkeit von
Handlungen, und im Grenzfall erzwingt oder verhindert sie
Handlungen, aber stets richtet sie sich auf handelnde Subjekte,
insofern sie handeln oder handeln können. Sie ist auf Handeln
gerichtetes Handeln.“
Michel Foucault (2005): Subjekt und Macht, S. 256
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Anwendungsbeispiele
Kritik an Foucaults Machtbegriff • Machtbegriff ohne Maß
• Bedingung der Freiheitseinschränkung
• Fehlende Handlungsalternativen
• Absichtlichkeit von Macht
• Machtausübung als Wissensproduktion
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Literatur und Bildquellen
• Foucault, Michel (2005): Analytik der Macht. Suhrkamp: Frankfurt am Main.
• Foucault, Michel (2005): Subjekt und Macht. In ders.: Analytik der Macht. Frankfurt a. M., S. 240-263.
• Foucault, Michel; Köppen, Ulrich (2013): Archäologie des Wissens. 16. Aufl. Suhrkamp: Frankfurt am Main.
• Foucault, Michel (1977): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Suhrkamp: Frankfurt am Main.
• Ruoff, Michael (2007): Foucault-Lexikon. Entwicklung – Kernbegriffe – Zusammenhänge. Wilhelm Fink: Paderborn.
• Foucault vor Bücherregal: http://politheor.net/wp-content/uploads/2015/10/foucault.jpg
• Foucault gestikulierend: http://frenchculture.org/sites/default/files/730_0.552416001196674699.jpg
• Foucault Hintergrund: http://www.uib.no/skok/30628/phd-kurs-queer-theorys-foucault
• Foucault Portrait: http://www.ub.edu/web/ub/en/menu_eines/noticies/2014/03/012.html
• Hans-Ulrich Wehler: http://www.chbeck.de/productimages/rsw/images/products/9783406682940_large.jpg
• Habermas: https://persistentenlightenment.wordpress.com/2013/03/31/publicity-publicsphere-habermas/
• Buchtitel: http://www.amazon.de
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Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
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