allgemeine Wirkungen der Verfahrenseröffnung
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Beschlagnahme der Insolvenzmasse
Beispiel 1
S ist neu im Insolvenzbüro. Er soll ein Kfz des Schuldnerunternehmens durch Verkauf verwerten. Mit den Erwerber hat er sich bereits geeinigt. Beim Formulieren des Vertrages ist er jedoch unsicher, wen er als Verkäufer und als Eigentümer eintragen soll.
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Rechtsstellung IV - Schuldner
1. Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
auf den IV, § 80 Abs. 1 InsO:
- Abschluss KV durch IV
- Übereignung durch IV
->jeweils im eigenen Namen, h.M. Amtstheorie (h.M.)
2. Schuldner bleibt/wird Eigentümer/Rechtsträger der massezugehörigen Gegenstände
Bei Grundstücken Eintrag eines Insolvenzvermerks, § 32 InsO
3. Verpflichtung des Schuldners durch vom IV begründete Verbindlichkeiten beschränkt auf die Insolvenzmasse
allgemeine Wirkungen der Verfahrenseröffnung
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Beispiel 2Insolvenzschuldner S hatte auch von seinem langjährigen Freund F in der Krise Geld geliehen. Da er ihm dieses nun nicht zurückzahlen kann, möchte er ihm wenigstens ein Bild überlassen, das diesem schon immer gefallen hat. Allerdings wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen bereits eröffnet, so dass er sich nicht sicher ist, ob er überhaupt noch irgendwelche Geschäfte vornehmen kann.
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fehlende Verfügungsbefugnis
Übereignung, § 929 BGB: Einigung + Übergabe-> dingliche Einigung unwirksam: Verfügungsverbot § 81 InsO:- guter Glaube an Verfügungsbefugnis bei beweglichen Sachen
nicht geschützt (§ 932 BGB = guter Glaube an Eigentum)-> IV Herausgabe § 985 BGB, falls Übergabe erfolgt
Abgrenzung: Verpflichtungsgeschäft, z.B. Schenkung
- nicht von § 81 InsO erfasst
- keine Begründung von MV durch Schuldner, §§ 55, 80 InsO
- keine Insolvenzforderung, § 38 InsO, Zeitpunkt
- Verpflichtung Schuldner mit insolvenzfreiem Vermögen
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Erwerb nach Verfahrenseröffnung
Beispiel 1E ist erstaunt, als sich der Insolvenzverwalter I bei ihm meldet. Er hatte von S im Januar ein Grundstück erworben. Seine Eintragung ins Grundbuch war schnell erfolgt, da er den Kaufpreis sofort gezahlt hatte.Dass über das Vermögen des S bereits Ende Dezember ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war, hatte er nicht gewusst, da kein Insolvenzvermerk eingetragen war.Er wendet sich an seinen Anwalt mit der Frage, ob der IV nun tatsächlich von ihm die verlangte Grundbuchberichtigung verlangen kann.
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Verfügung nach Verfahrenseröffnung
Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. § 894 BGB
falls Grundbuch falsch:
Eigentumserwerb gem. § 873 BGB durch Einigung + Eintragung?
- Eintragung (+)
- Aber keine wirksame dingliche Einigung wegen fehlender Verfügungsbefugnis, § 81 InsO
Gutgläubiger Erwerb?-> öffent. Glaube des GB, § 81 Abs. 2 InsO, § 892 BGB- kein Insolvenzvermerk, §§ 32, 23 Abs. 3, 22 Abs. 2 Nr. 2 InsO- keine Kenntnis von Insolvenzverf. bei Eigentumserwerb/Eintragung
allgemeine Wirkungen der Verfahrenseröffnung
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Beispiel 2
F hat ebenfalls ein Grundstück von S gekauft. Der gemeinsame Notartermin hatte schon fünf Monate vor der Insolvenzantragstellung stattgefunden. Auch den Eintragungsantrag hatte der Notar für ihn schon vier Monate vor Insolvenzantragstellung gestellt.
Seine Eintragung ins GB ist allerdings erst einen Tag nach Verfahreneröffnung erfolgt. F fragt sich, ob der Erwerb insolvenzfest ist, da er von der Verfahrenseröffnung Kenntnis hatte.
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Eigentumserwerb § 873 BGB: Einigung + EintragungProblem: Eintragung nach Verfahrenseröffnung -> § 91 InsO
Abgr.: § 81 InsO (-), da Einigung + Eintragungsantrag vor EÖkeine Verfügungshandlung des Schuldners nach EÖ
Ausschluss sonstigen Rechtserwerbs
§ 91 Abs. 1 InsO: Ausschluss des Rechtserwerbs nach EÖ
Aber bei Immobilien: § 91 Abs. 2 InsO, § 878 BGB: Schutz vor nachträglicher Verfügungsbeschränkung durch EÖ, § 80 InsO, oder im vorläufigen Verfahren durch Anordnung einer Verfügungsbeschränkung, § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO
Abgrenzung, § 91 Abs. 2 InsO, § 892 Abs. 2 BGB: bei Eintragung aufgrund Eintragungsantrag Erwerber erst nach EÖ
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Beispiel 3Die Hausbank B hat sich alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen vom Insolvenzschuldner S abtreten lassen. S überlegt, ob dem IV daher eine Fortführung des Unternehmens in der Insolvenz überhaupt möglich sein wird, oder ob nicht nur die Bank von neu begründeten Kundenforderungen profitieren würde.
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Erwerb nach Verfahrenseröffnung
Abtretung gem. § 398 BGB: Einigung vor Verfahrenseröffnung
Aber Forderungserwerb erst mit Entstehung der Forderung, z.B. durch Abschluss KV durch IV nach EÖ
-> § 91 InsO: keine Verfügungshandlung nach EÖ
-> Ausschluss des Rechtserwerbs an nach EÖ begründeten Forderungen
-> kein gutgläubiger Erwerb bei Forderungen
allgemeine Wirkungen der Verfahrenseröffnung
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Empfangszuständigkeit
BeispielD ist empört, als er ein Schreiben des IV mit einer Zahlungsaufforderung erhält. Die Verbindlichkeit hatte er bereits am 5.11. durch Zahlung an S beglichen.Allerdings hatte er nicht gewusst, dass über dessen Vermögen bereits am 1.11. ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Die öffentliche Bekanntmachung hatte er nicht gelesen.
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Empfangszuständigkeit
Forderung durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB?
- Insolvenzschuldner = Gläubiger
- Aber keine Empfangszuständigkeit, § 82 InsO
- Empfangszuständigkeit der Masse, § 82 InsO
Schutz des gutgläubig Leistenden, § 82 InsO
Leistung nach öffentlicher Bekanntmachung
->Beweislast beim Leistenden für Nichtkenntnis
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Ausschluss von Titulierung und ZV für Insolvenzgläubiger
keine Titulierung, § 87 InsO
-> Forderungsanmeldung, § 174 InsOUnterbrechung vonGerichtsverfahren,§ 240 ZPO
AktivprozesseAufnahmebefugnis IV, § 85 Abs. 1 InsOAblehnung = Freigabewirkung,§ 85 Abs. 2 InsO
Passivprozesse§ 86 InsO Aufnahmebefugnis:IV und Gläubiger beiAussonderungsstreitAbsonderungMasseverbindlichkeit;sonst Forderungsanmeldung und Feststellungsklage
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Zwangsvollstreckungsverbot
Rückschlagsperre, § 88 InsO
keine Insolvenzanfechtung, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, erforderlich
Zwangsvollstreckungsverbot
§ 89 InsO
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Verfahrensunterbrechung
Beispiel
RA R klagt für den S Werklohnforderungen vor dem LG Erfurt ein, als das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet wird. Er hält die Klage auch für erfolgversprechend, ist sich aber nicht sicher, wie sich die Verfahrenseröffnung auf das Verfahren und auch auf seine Vollmacht auswirkt.
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Gerichtsverfahren
1. Unterbrechung gemäß § 240 ZPO
2. Erlöschen GBV und Vollmacht, §§ 116, 115 InsO, § 168 BGB, § 117 InsO
3. Aufnahmebefugnis bei Aktivprozess für Masse: nur IV
4. IV als Partei kraft Amtes; Prozessführungsbefugnis wegen gesetzlicher Prozessstandschaft
PKH für IV, § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
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Rückschlagsperre
BeispielAls Gläubiger G erfährt, dass über das Vermögen des S ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, freut er sich, dass er frühzeitig Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat. Gerade eine Woche vor der Stellung des Insolvenzantrags war der Bank des S sein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden, womit er seiner Ansicht nach ja wohl gerade noch ein Pfändungspfandrecht am Kontoguthaben und damit ein Absonderungsrecht erworben haben müsste
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Rückschlagsperre
Rückschlagsperre § 88 InsO
- Zwangsvollstreckung-im letzten Monat vor Antragstellung: Zustellung PfÜb an Drittschuldner maßgeblich, § 829 Abs. 3 ZPO
-> Pfändungspfandrecht unwirksam, Verstrickung von Amts wegen aufzuheben
Insolvenzanfechtung, §§ 131, 140 Abs. 1 InsO nur erforderlich, falls ZV bereits zur Befriedigung geführt hat, vgl. Wortlaut § 88 InsO
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Forderungsfeststellungsverfahren
Forderungsanmeldung
Vorprüfung Insolvenzverwalter:-> Feststellung/Bestreiten der angemeldeten ForderungPraxis: Feststellung für den Ausfall, vorläufiges Bestreiten
Widerspruch Schuldner
§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO
Prüfungstermin, § 178 InsO
kein Widerspruch
IV oder Insolvenzgl.
-> Forderung festgestellt: Teilnahme an Verteilung
= Titel nach Verfahrungsbeendigung, § 201 Abs. 2 InsO für Restforderung
kein Titel nach Verfahrungsbeendigung, § 201 Abs. 2 InsO
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Forderungsfeststellungsklage
Beispiel
Subunternehmer G klagt gegen S auf Zahlung restlichen Werklohns. Dieser lehnt die Zahlung wegen Mangelhaftigkeit der erbrachten Werkleistung ab. Sein RA teilt ihm kurz nach der Verhandlung mit, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet worden und das Verfahren daher unterbrochen sei. Er solle seine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden.
G meldet seine Forderung zur Tabelle an. Der IV bestreitet diese jedoch. Daraufhin wendet sich G wiederum an seinen Anwalt und fragt, was er nun tun könne. Er ist von der Berechtigung seiner Forderung überzeugt.
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Forderungsfeststellungsklage
Forderung bestritten, § 178 InsO
-> Klage auf Feststellung der Forderung, § 179 Abs. 1 InsO
Abwandlung:
G hatte bereits in erster Instanz ein vorläufig vollstreckbares Urteil erstritten. Dennoch bestreitet der IV.
Besteiten einer titulierten Forderung: § 179 Abs. 2 InsO:
-> IV Klage auf Feststellung, dass Widerspruch begründet
-> sonst Berücksichtigung bei Verteilung, § 189 InsO