AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
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Pflanzenbau Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz
angebauten Sorten Seite 64
Pflanzenbau Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt
von Weizen aufzuteilen Seite 80
Lebensmittel Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller Seite 104
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ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;
Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org
Redaktion Leitung und deutsche RedaktionAndrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00
Französische RedaktionSibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57
StellvertretungJudith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82
E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online/App: CHF 61.–* * reduzierter Tarif, siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00
AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
Ein Befall mit Fusarien reduziert Quantität und Qualität der Ernte von Körnermais. Zudem stellen die von diesen pathogenen Pilzen produzierten Mykotoxine eine Gefahr für die Gesundheit der ge-fütterten Tiere dar. Agroscope hat eine Methode erarbeitet, mit welcher die Maisproduzenten bei der Sortenwahl das Risiko von Fusarieninfektionen und Mykotoxin-Kontaminationen beschrän-ken können. (Foto: Carole Parodi, Agroscope)
InhaltFebruar 2016 | Heft 2
63 Editorial
Pflanzenbau
64 Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten Stéphanie Schürch
Pflanzenbau
72 Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen Daniel Suter, Rainer Frick, Hansueli Hirschi und
Philippe Aebi
Pflanzenbau
80 Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen Lilia Levy Häner und Cécile Brabant
Pflanzenbau
88 Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen Cécile Brabant und Lilia Levy Häner
Pflanzenbau
98 Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz
Hans Ramseier, Magali Lebrun und Thomas Steinger
Lebensmittel
104 Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller Christian Willersinn, Gabriele Mack,
Patrik Mouron und Michael Siegrist
112 Interview
114 Aktuell
115 Veranstaltungen
Sortenlisten
Beilagen Liste der empfohlenen Sojasorten für die Ernte 2016 Liste der empfohlenen Maissorten 2016 Liste der empfohlenen Sonnenblumensorten 2016
Editorial
63Agrarforschung Schweiz 7 (2): 63, 2016
Doris Herrmann, Leiterin Ressort Forschung, Dienstleistungen, Weiterbildung, BFH-HAFL
Die Forschung ist zu einem tragenden Pfeiler der BFHHAFL geworden
Liebe Leserin, lieber Leser
Seit mehr als 15 Jahren gehört die Forschung zum Leistungsauftrag der Berner
Fachhochschule – Hochschule für Agrar, Forst und Lebensmittelwissenschaften
BFHHAFL. Sie bildet inzwischen, neben dem Grundpfeiler der Lehre, einen zwei
ten tragenden Pfeiler. Innert weniger Jahre wurden die Stellenprozente in der
Forschung verdoppelt. Zurzeit schreiben zehn Doktorierende ihre Dissertation an
der BFHHAFL. Und: Immer mehr Masterabsolvierende unserer Fachhochschule
arbeiten in den Forschungsprojekten mit.
Die BFHHAFL hat die Forschung jedoch nicht nur kontinuierlich ausgebaut,
sondern auch thematisch breiter abgestützt. So wurde etwa 2015 das BFHZent
rum Nahrungsmittelsysteme lanciert und damit die Forschung über die ganze
Wertschöpfungskette abgedeckt und weiter akzentuiert. In Zusammenarbeit mit
einem zweiten Departement der BFH wurde zudem der Bereich Ernährung in das
BFHZentrum integriert. Auch transversale Themen, wie die ländliche Soziologie,
sind Bestandteil dieser Forschungsplattform und werden bewusst gefördert und
ausgebaut.
Ein weiteres Novum: In knapp vier Jahren etablierte sich eine BFHHAFLFor
schungsgruppe in Energietechnik. Sie ist unter anderem Teil des SCCER BIOSWEET,
eines von acht Swiss Competence Centers for Energy Research, und leitet eines
der Kooperationsprojekte im Nationalen Forschungsprogramm «Energiewende»
(NFP70).
Oder der Bereich Konsumentenverhalten, in dem die BFHHAFL seit einigen
Jahren aktiv forscht: Hier untersucht eine Doktorandin beispielsweise im Rahmen
des NFP69 «Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion»
zusammen mit der Universität Bern, wie die Umgebungsgestaltung ein gesünde
res Essverhalten fördern kann.
Diese Forschungsgruppen zeigen exemplarisch zwei Aspekte auf, welche die
Forschung an der BFHHAFL charakterisieren: Einerseits ist dies der Bogen, der die
anwendungsorientierte Grundlagenforschung mit der Praxis verbindet. Dabei ist
es Herausforderung und Ziel zugleich, dass die Resultate der Wissenschaft tat
sächlich und konkret Eingang in die Praxis finden. Andererseits sind es die zahl
reichen Partner aus den verschiedenen Netzwerken. Dank den erweiterten
Kooperationen mit universitären Hochschulen kann die BFHHAFL hierbei oft
eine Brückenfunktion einnehmen.
Das zentrale Element und die Stärke sind und bleiben aber die Vernetzung
mit der Praxis – von der Privatwirtschaft, nationalen und internationalen Verbän
den sowie NonProfitOrganisationen bis hin zur öffentlichen Verwaltung.
Die Herausforderungen der Land und Lebensmittelwirtschaft nehmen zu.
Neben ihrer Rolle als tertiäre Ausbildungsstätte ist die BFHHAFL in den vergan
genen Jahren zu einer wichtigen Forschungsinstitution gereift, die hier zu Lösun
gen beiträgt. Obwohl oder vielleicht gerade weil sie eine noch eher junge Akteu
rin in der Agrar, Lebensmittel und Waldforschung ist.
64 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten SortenStéphanie Schürch, Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Stéphanie Schürch, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Mit Fusarium graminearum befallene Maiskolben: Bonitur der Symp-tome im Rahmen der Studie zur Empfindlichkeit der Maissorten. (Foto: Carole Parodi)
Die Befallsintensität und das Ausmass der Mykotoxin
kontamination werden von verschiedenen Faktoren
beeinflusst, die mit Hilfe eines Krankheitsdreiecks darge
stellt werden können (Abb. 1). Die klimatischen Bedin
gungen von der Blüte bis zur Ernte spielen eine entschei
dende Rolle. Der bedeutende Einfluss des Klimas wird
bestätigt durch die jährlichen Schwankungen der Myko
toxinkontaminationen, wie sie bei den oben genannten
Untersuchungen von swissgranum und Agroscope fest
gestellt werden. Gemäss einer umfassenden Studie des
pflanzenbaulichen Instituts Arvalis erhöht eine späte
Ernte das Risiko von Kontaminationen (Druesne 2006).
Ein Befall mit dem Maiszünsler begünstigt durch die Ver
letzung von Pflanzengewebe Pilzinfektionen.
Die Kolbenfäule wird nicht durch eine einzige Pilzart
verursacht, sondern durch eine breite Vielfalt von Arten
(Dorn et al. 2009). Ein in der Schweiz während vier Jah
ren aufgenommenes Inventar ergab die Beteiligung
von mindestens 16 FusariumArten an Infektionen von
Körnermais. Fusarium graminearum und F. verticillioides
sind dabei am häufigsten anzutreffen. Die verschiede
nen FusarienArten produzieren ein unterschiedliches
Spektrum an Toxinen. So stellt F. graminearum haupt
sächlich Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA)
her, während F. verticillioides Fumonisine (FUM) synthe
tisiert. Der Befallsdruck wird auch durch die Menge von
Infektionsquellen auf der Parzelle selbst oder in deren
Umgebung bestimmt. Die Erreger überleben auf Mais
stroh, das je nach Zerkleinerungsgrad, Bodenbearbei
tung und Häufigkeit von Mais und Weizen in der Frucht
folge langsamer oder schneller zersetzt wird. Die
Stämme von F. graminearum können Weizen oder Mais
gleichermassen infizieren.
Der dritte Akteur des Dreiecks ist die Wirtspflanze. Ihre
genetischen Voraussetzungen beeinflussen die Resistenz
gegenüber Angriffen der Erreger. Die Resistenz gegen
über F. graminearum und F. verticillioides wird quantita
tiv vererbt (z.B. Martin et al. 2012) und die verschiedenen
zu diesem Thema durchgeführten Arbeiten zeigen, dass
diese Resistenz ein interessanter Ansatzpunkt bei der
Krankheitsbekämpfung ist (Mesterhazy et al. 2012). Die
Züchter achten sorgfältig auf diese Merkmale und testen
ihre Linien und Hybriden entweder in Umgebungen,
E i n l e i t u n g
Bei Mais verursachen mehrere Pilzarten der Gattung
Fusarium die Kolbenfäule. Diese Krankheit führt zu
quantitativen und qualitativen Einbussen bei der Ernte
von Körnermais. Wenn die infizierten Körner klein und
leicht sind, gehen sie beim Dreschen verloren, was Ernte
einbussen zur Folge hat. Wenn infizierte Körner genü
gend gross für die Ernte sind, kontaminieren die von
Fusarium sp. produzierten Toxine die Ernte und verursa
chen einen Qualitätsverlust. Diese Toxine haben schwer
wiegende gesundheitliche Auswirkungen auf die gefüt
terten Tiere, wie eine Schwächung des Immunsystems
und eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit. Wie stark
diese Wirkungen ausfallen, hängt von der aufgenomme
nen Toxindosis und der Art des Verdauungssystems ab.
Im Rahmen der von swissgranum und Agroscope durch
geführten Analysen werden immer wieder Stichproben
aufgedeckt, die einen so hohen Gehalt an Mykotoxinen
aufweisen, dass eine Verfütterung an Schweine (die
empfindlichste Tierart) nicht ohne Risiken möglich ist.
Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten | Pflanzenbau
65Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Ein Befall mit Fusarien reduziert Quantität und
Qualität der Ernte von Körnermais. Die von
diesen pathogenen Pilzen produzierten Mykoto-
xine stellen eine Gefahr für die Gesundheit der
gefütterten Tiere dar. Die Resistenz der ange-
bauten Sorte gegenüber Fusarien ist ein wichti-
ger Faktor im Hinblick auf die Befallsstärke und
den Gehalt an Toxinen und damit auch für eine
mögliche Bekämpfungsstrategie. Im Rahmen der
hier vorgestellten Arbeiten sollte eine Methode
etabliert werden, mit der diese Resistenz
evaluiert und die anschliessend zum Prüfen der
in der Schweiz angebauten Hybridsorten von
Körnermais verwendet werden kann. Durch
künstliche Inokulation der Kolben zum Zeitpunkt
der Blüte während mindestens drei Versuchsjah-
ren konnten die Sorten nach hoher, mittlerer
und geringer Empfindlichkeit eingeteilt werden.
Mit dieser Einteilung steht den Maisproduzenten
durch die Sortenwahl ein Werkzeug zur Verfü-
gung, mit dem sich das Risiko von Fusarieninfek-
tionen und Mykotoxin-Kontaminationen
beschränken lässt.
Abb. 1 | Zahlreiche Faktoren können den Befall mit der Kolbenfäule sowie den Mykotoxingehalt von Mais beeinflussen.
welche Infektionen begünstigen, oder durch künstliche
Inokulationen. Die Hybride können bezüglich ihrer Emp
findlichkeit beträchtliche Unterschiede aufweisen und es
wäre empfehlenswert, die resistentesten Hybriden für
die kommerzielle Produktion zu verwenden, um das
Risiko eines Fusarienbefalls und von Mykotoxinkontami
nationen zu beschränken.
In der Schweiz werden die vom Branchenverband für
die Produktion von Körnermais empfohlenen Sorten
eingehend hinsichtlich verschiedener Kriterien geprüft,
darunter Ertrag, Frühreife, Qualität und Resistenz
gegenüber bestimmten Krankheiten (Hiltbrunner et al.
2015). Bisher war die Kolbenfäule jedoch nicht Gegen
stand dieser Prüfung. Das Ziel der vorliegenden Arbeit
war es, eine Methode für die künstliche Inokulation zu
etablieren, mit der die Resistenz der in der Schweiz ver
triebenen Sorten gegenüber der Kolbenfäule reprodu
zierbar und zuverlässig getestet werden kann.
Natürliche Infektionen sind meistens zu schwach und
zu heterogen (besonders hinsichtlich der beteiligten
FusarienArten), um die Sortenempfindlichkeit effizient
zu prüfen. Es gibt verschiedene Methoden, mit denen
ein Erreger mit seinem Wirt in Kontakt gebracht werden
kann. In dieser Studie wurden zu Beginn zwei verschie
dene Inokulationsmethoden eingesetzt. Bei der ersten
Methode wird eine Sporensuspension in den Seidenka
nal der blühenden Kolben injiziert. Sie imitiert die natür
liche Infektion über die Seiden. Bei der zweiten Methode
werden einige Körner im Zentrum des Kolbens mit einer
zuvor in eine Sporensuspension getauchten metallischen
Spitze verletzt. Sie imitiert auf diese Weise die Verlet
zung der Körner durch bohrende Insekten wie beispiels
weise den Maiszünsler. In einem ersten Schritt wurden
die Reproduzierbarkeit der Methode (jährliche Schwan
kungen) und die Beziehung zwischen sichtbaren Symp
tomen und dem Mykotoxingehalt untersucht. Im nächs
ten Schritt wurden die Sorten geprüft, die sich auf der
Liste der empfohlenen Sorten befinden oder in diese
aufgenommen werden sollen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Erregerstämme und Zubereitung der Inokulum-Sus-
pension
Für die Inokulationen wurden zwölf Einzelsporen
Stämme von F. graminearum und sechs Stämme von F.
verticillioides ausgewählt, die aus Schweizer Mais isoliert
wurden (Tab. 1). Die Stämme wurden anhand ihrer
Organe zur Sporenbildung identifiziert. Die Zugehörig
keit zur Art graminearum wurde durch die morphologi
sche Untersuchung der Makrokonidien bestätigt, die
von Sporodochien stammen, welche auf SNAMedium
Zusa
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Inoculum(Ernterückstände)
Frucht-wechsel
Erreger
Wirt
Sorte Mais-zünsler
Ernte-zeitpunkt
Umwelt
klimatischeBedingungen
FusarioseMykotoxine
Bodenbearbeitung
Fusarium-Art
Pflanzenbau | Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten
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(Spezieller Nährstoffarmer Agar) mit Filterpapier gebil
det wurden, sowie durch Sequenzierung eines Frag
ments des Gens EF1α (O'Donnell et al. 1998). Die Viru
lenz jedes Stamms wurde geprüft durch Inokulation in
den Seidenkanal oder in die Körner von im Treibhaus
kultivierten Pflanzen der Sorten Aurélia, Birko, Gol
denso, LG22.22 und Meribel. Die Stämme wurden bei 4
°C in PDBMedium (25%ige Potato Dextrose Broth) gela
gert. Die für die Inokulation erforderlichen Makrokoni
dien wurden durch Kultivierung der Stämme in flüssi
gem CMCMedium (Carboxymethylcellulose) gemäss der
Methode nach Cappellini und Peterson (1965) produ
ziert. Die Kulturen wurden während rund sieben Tagen
bei 24 °C mit 16 h Licht und 8 h Dunkelheit bei 60–80%
Luftfeuchtigkeit unter Rühren inkubiert. Nach Filtrie
rung durch zwei TüllSchichten und Bestimmung der
Konzentration mit WegwerfZählkammern, wurde eine
Suspension (Mischung der Stämme in identischer Kon
zentration) in sterilem, destilliertem Wasser mit einer
Endkonzentration von 5 x 105 Sporen/ml zubereitet und
bis zur Verwendung bei 4 °C aufbewahrt.
Wirt
Die ersten Tests wurden bei einer Zusammenstellung
verschiedener häufig angebauter Maissorten durchge
führt. Auf der Grundlage der festgestellten Empfind
lichkeiten wurden Kontrollsorten ausgewählt. In die
Tests wurden bereits in die Sortenliste eingetragene
Sorten eingeschlossen, ebenso wie für die Liste vorge
sehene Sorten, die das erste Testjahr erfolgreich bewäl
tigt haben. Jede Sorte wurde in zwei Reihen zu 6,7 m
mit vier Wiederholungen angepflanzt und es wurde
derselbe Anbauplan wie bei den Sortenversuchen
angewendet.
Inokulationsverfahren
Für die SeidenkanalInokulation (Abb. 2A) wurden 1,5
ml der Sporensuspension fünf bis sieben Tage nach dem
Erscheinen der Seide (Stadium der weiblichen Blüte) mit
Hilfe einer automatischen Spritze oberhalb der Kolben
spitze in den Seidenkanal injiziert. Die KörnerInokula
tion (Abb. 2B) erfolgte zwischen dem wässrigen und
dem Beginn des milchigen Stadiums 10 bis 15 Tage nach
Erscheinen der Seide. Die inokulierten Pflanzen wurden
mit einem roten Plastikband gekennzeichnet. Genau in
diesen bestimmten Entwicklungsstadien sind die Unter
schiede der Empfindlichkeit zwischen den Hybriden am
deutlichsten ausgeprägt. Bei der Reife wurden die
Lieschblätter von den Kolben entfernt und das Ausmass
der Symptome wurde auf einer von Reid et al. (1996)
entwickelten Skala von 1 (keine Symptome) bis 7 (76–
100% der Kolbenoberfläche betroffen) beurteilt.
Tab. 1 | Für die künstlichen Inokulationen verwendete Stämme von Fusarium sp.
Nr. Art Mykothek-Nr.1 Isolat-Nr. Wirt Jahr Herkunft
1 F. graminearum 1145 127.4 Weizen 1992 Ependes VD
2 F. graminearum 1146 127.5 Weizen 1992 Ependes VD
3 F. graminearum 1147 128.1 Weizen 1992 Ependes VD
4 F. graminearum 1148 128.2 Weizen 1992 Ependes VD
5 F. graminearum 1149 129.4 Weizen 1992 Ependes VD
6 F. graminearum 1150 129.5 Weizen 1992 Ependes VD
7 F. graminearum 1151 71b3 Mais 2005 Baden AG
8 F. graminearum 1152 71b4 Mais 2005 Baden AG
9 F. graminearum 1153 82b2 Mais 2005 Baden AG
10 F. graminearum 1154 82b5 Mais 2005 Baden AG
11 F. graminearum 1155 10a2b3 Mais 2005 Baden AG
12 F. graminearum 1156 10a2b4 Mais 2005 Baden AG
13 F. verticillioides 1159 Fv07I1 Mais 2007 Goumoëns VD
14 F. verticillioides 1160 Fv07J3 Mais 2007 Goumoëns VD
15 F. verticillioides 1157 Fv07G3 Mais 2007 Goumoëns VD
16 F. verticillioides 1158 Fv07E1 Mais 2007 Goumoëns VD
17 F. verticillioides verti3 Mais 2006 Goumoëns VD
18 F. verticillioides 1135 verti4 Mais 2006 Goumoëns VD
1Nummer, die dem Stamm in der Datenbank Mycoscope (http://mycoscope.bcis.ch) zugeordnet ist.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten | Pflanzenbau
67
Auswertung
Die Unterschiede der Empfindlichkeit nach Sorte wurden
durch Varianzanalysen (ANOVA) untersucht, die mit Hilfe
von XLSTAT 2014 durchgeführt wurden. Die Sorten wur
den zwischen 2008 und 2014 über mindestens drei Jahre
geprüft. Um die jährlichen Schwankungen auszugleichen,
wurde der durchschnittliche Notenwert jeder Sorte durch
den durchschnittlichen Notenwert der beiden Kont
rollsorten (Birko und Severo) geteilt. Dieser Indexwert
wurde anschliessend mit der Durchschnittsnote der bei
den Kontrollen über sieben Jahre multipliziert, woraus
sich wieder eine Note auf einer Skala von 1 bis 7 ergab.
Analysen der Mykotoxine
2006, 2008 und 2009 wurden die Kolben gedroschen und
die Körner mithilfe einer Labormühle (Cyclotec 1093,
Foss, Dänemark) mit einem Sieb von 0,8 mm Maschen
weite zu Mehl verarbeitet. Der Gehalt an DON und FUM
(nur 2009) des Mehls wurde mit einem Enzymimmunoes
say (RIDASCREEN® FAST, RBiopharm, Deutschland)
gemäss den Angaben des Herstellers festgestellt. Der
DON beziehungsweise ZEAGehalt wurde für rund 80
Stichproben des Versuchs 2006 nach Extraktion der
Toxine mit einer Lösungsmittelmischung (Acetonitril /
H2O, 84/16 v/v) durch HPLC (Gynkotek UVD 340S, Dionex,
Schweiz) gemessen.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Befallsstärke der Kolbenfäule
Nach der SeidenkanalInokulation mit F. graminearum
war die Befallsstärke der Kolbenfäule signifikant unter
schiedlich zwischen den 15 Sorten, die während den Jah
ren 2008 bis 2010 getestet wurden (F14, 2093 = 56,1; p <
0,0001; Abb. 3). Bei der KörnerInokulation mit demsel
ben Erreger war die Befallsstärke höher (Abb. 4) und
auch hier spielte die Sorte eine signifikante Rolle (F14, 1673
= 46,7; p < 0,0001). Mit derselben Inokulationsmethode
ergaben sich dagegen bei der Verwendung des Erregers
F. verticillioides insgesamt weniger stark ausgeprägte
Symptome (Abb. 5). Die Unterschiede zwischen den Sor
ten waren geringer aber immer noch signifikant (F14, 1597
= 19,4; p < 0,0001). F. verticillioides gilt allgemein als
weniger aggressiver Erreger verglichen mit F. graminea-
rum (z.B. Reid et al. 2002). Insgesamt zeigen diese Ergeb
nisse, dass sich die in der Schweiz angebauten Sorten
hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit gegenüber der Kol
benfäule deutlich unterscheiden. Der Faktor «Sorte»
erklärt einen grossen Teil der beobachteten Variabilität,
aber auch die Unterschiede von Jahr zu Jahr waren signi
fikant. Dies deutet darauf hin, dass trotz der hinsichtlich
Datum, Menge und FusariumArt genau festgelegten
Inokulationen die klimatischen Bedingungen eine
Abb. 2 | Inokulation der Maiskolben durch Injektion einer Sporensuspension in den Seidenkanal (A) oder durch Einstechen der Körner mit zuvor in die Sporensuspension getauchten metallischen Spitzen (B). (Foto: Fabio Mascher, Agroscope)
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
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2008 2009 2010
2008 2009 2010
2008 2009 2010
Abb. 3 | Befallsstärke der Kolbenfäule bei 15 Sorten von Körnermais nach Seidenkanal-Inokulation mit F. graminearum in den Jahren 2008, 2009 und 2010 (Durchschnitt und Standardfehler; zwischen den unter derselben horizontalen Linie stehenden Durchschnitten bestehen keine signifikanten Unterschiede).
Abb. 4 | Befallsstärke der Kolbenfäule bei 15 Sorten von Körnermais nach Körner-Inokulation mit F. graminearum in den Jahren 2008, 2009 und 2010 (Durchschnitt und Standardfehler; zwischen den un-ter derselben horizontalen Linie stehenden Durchschnitten bestehen keine signifikanten Unterschiede).
Abb. 5 | Befallsstärke der Kolbenfäule bei 15 Sorten von Körnermais nach Körner-Inokulation mit F. verticillioides in den Jahren 2008, 2009 und 2010 (Durchschnitt und Standardfehler; zwischen den unter derselben horizontalen Linie stehenden Durchschnitten bestehen keine signifikanten Unterschiede).
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten | Pflanzenbau
69
bedeutende Rolle für die Entwicklung des Erregers und
für die Sortenresistenz spielen. Aus diesem Grund muss
für eine reproduzierbare Evaluation der Empfindlichkeit
einer Sorte eine Prüfung während mindestens drei Jah
ren erfolgen.
Mykotoxine
Der nach den Inokulationen gemessene Gehalt an
Mykotoxinen war im Vergleich zu den Mykotoxinkon
zentrationen nach natürlichen Infektionen sehr hoch.
Die DONKonzentrationen korrelierten eng mit dem
Fusarienbefall (KörnerInokulation: 2006: R² = 0,54;
2008: R² = 0,85; 2009: R² = 0,77; SeidenkanalInokula
tion: 2006: R² = 0,81; 2008: R² = 0,78; 2009: R² = 0,70;
Abb. 6). Bei den mit F. verticillioides infizierten Kolben
korrelierte der FUMGehalt weniger gut mit der Befalls
stärke (2009: R² = 0,3), wahrscheinlich auch, weil die
Bandbreite der Symptome enger war als bei den ande
ren Verfahren. Bei den Inokulationen mit F. graminea-
rum ergab sich eine signifikante Korrelation zwischen
dem DON und dem ZEAGehalt (Abb. 7). Die festge
stellten engen Korrelationen haben gezeigt, dass die
Evaluation der Sortenempfindlichkeit auf der Grund
lage der an den Kolben sichtbaren Symptome erfolgen
kann und keine systematischen Analysen der Mykoto
xine erforderlich sind.
Inokulationsmethoden und Evaluationsstrategie
Einige Sorten haben bei der Inokulation mit F. graminearum
je nach verwendeter Methode stark unterschiedlich
reagiert, was auf verschiedene Resistenztypen hindeuten
könnte. Bei einer Methode werden die Sporen nur mit den
Narbenfäden in Kontakt gebracht (SeidenkanalInokula
tion). Diese Methode ermöglicht es, die Resistenz zu Beginn
einer Infektion zu untersuchen. Bei der anderen Methode
(KörnerMethode) wird das Gewebe vorgängig verletzt,
was eher Rückschlüsse auf die Ausbreitung einer Infektion
zulässt. Aufgrund dieser Beobachtungen und da nördlich
der Alpen FusarienInfektionen der Kolben nach Maiszüns
lerBefall dank der biologischen Schädlingsbekämpfung
mit Schlupfwespen relativ selten sind, wurde entschieden,
für diese Regionen vorgesehene Sorten nur mit Hilfe von
SeidenkanalInokulationen zu prüfen. Für den Anbau süd
lich der Alpen angepasste Sorten wurden zusätzlich durch
KörnerInokulation mit F. verticillioides getestet, da diese
Erreger in dieser Region ebenso wie ein MaiszünslerBefall
häufiger sind. Bei den nach 2010 erhaltenen Ergebnissen
liessen sich bei diesen Sorten keine Unterschiede der Emp
findlichkeit gegenüber F. verticillioides feststellen. Deshalb
wurde auf diese Tests vorläufig verzichtet.
Abb. 6 | Korrelation zwischen der Ausprägung der Symptome der Kolbenfäule (Note) und dem DON-Gehalt der Maiskolben bei 17 Sorten von Körnermais nach Seidenkanal-Inokulation (A) und Körner-Inokulation (B) im Jahr 2008.
Abb. 7 | Korrelation zwischen dem ZEA-Gehalt und dem DON-Gehalt von 80 Mehlstichproben aus in 2006 künstlich mit Fusarium graminearum inokulierten Maiskolben.
0
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40
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1 2 3 4 5 6
A
R2 = 0,85
R2 = 0,78
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ppm
)
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Fusarienbefall
Fusarienbefall
DON
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ppm
)
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0 50 100 150 200 250 300
ZEA-
Geh
alt (
ppm
)
DON-Gehalt (ppm)
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Pflanzenbau | Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten
70
in die Testphase. Schlussendlich stehen für 36 Sorten die
Daten über drei Jahre zur Verfügung. Die Prüfung der
anderen Sorten wurde abgebrochen, entweder weil sie
nicht in die Sortenliste aufgenommen oder weil sie in
der Zwischenzeit vom Markt zurückgezogen wurden.
Mit der vorliegenden Studie konnte nun aber eine
zuverlässige Methode zur Prüfung der Empfindlichkeit
gegenüber einem FusarienBefall bereitgestellt und
gezeigt werden, dass diese sortenspezifische Empfind
lichkeit innerhalb der in der Schweiz angebauten Sorten
variiert. Die Wahl der Sorte ist deshalb für die Maispro
duzenten ein möglicher Ansatzpunkt, um das Risiko von
Fusarieninfektionen und MykotoxinKontaminationen
zu beschränken. Da auch einer möglichst frühen Ernte
eine wichtige Bedeutung zukommt, sollte die gewählte
Sorte zu einer ans Anbaugebiet angepassten Reife
gruppe gehören. n
Für die SeidenkanalInokulation mit F. graminearum wur
den die Sorten Severo und Birko als sehr empfindliche
beziehungsweise wenig empfindliche Kontrolle verwen
det. Bis 2014 wurde die Empfindlichkeit von 36 Sorten
geprüft (Abb. 8). Es lassen sich drei Gruppen unterschei
den: eine Gruppe sehr empfindlicher Sorten mit einer
durchschnittlichen Bewertung um 4 (10–25% der Ober
fläche des Kolbens betroffen), eine mittlere Gruppe und
eine Gruppe wenig empfindlicher Sorten mit einer Bewer
tung um 2 (1–3% der Oberfläche betroffen). Mit einer
leichten Tendenz sind frühe Sorten empfindlicher.
Um den Zusammenhang zwischen der beobachte
ten Empfindlichkeit nach den Inokulationen und der
Empfindlichkeit im Feld gegenüber natürlichen Infekti
onen zu untersuchen, wurden im Rahmen der Sorten
versuche zwischen 2008 und 2014 zahlreiche Bonituren
vorgenommen. Da Häufigkeit und Befallsstärke der
natürlichen Infektionen zu niedrig waren und zu stark
schwankten, konnten die beiden Datensets jedoch
nicht verglichen werden.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Im Vergleich zu Strohgetreide gibt es bei Mais zahlreiche
Sorten, die manchmal nur eine kurze Lebensdauer
haben. Da die Prüfung der Empfindlichkeit von Maissor
ten gegenüber FusarienBefall aufwändig ist und min
destens drei Jahre in Anspruch nimmt, ist der schnelle
Sortenwechsel eine grosse Herausforderung. So gelang
ten zwischen 2005 und 2014 nicht weniger als 90 Sorten
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Frühreife:
sehr früh bis früh FAO 170-210 Silage
Alpensüdseite FAO 270-550 mittelspät FAO 230-270
mittelfrüh FAO 210-230
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Kontrollen
1
2
3
4
5
sehr empfindlich wenig empfindlich
Abb. 8 | Über 3 Jahre gemittelter Befallsstärke im Vergleich zur den Kontrollen (+/- Standardfehler) von Körnermais-Sorten nach Seidenkanal-Inokulation mit F. graminearum zwischen 2008 und 2014 (Kolben der Achse aus Reid et al. (1996)).
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
DankDie Autorin dankt den zahlreichen Personen, die an diesem Projek t mitgewirkt haben. Sie haben mit ihrer vielfältigen Unterstützung entscheidend zum Gelin-gen dieser Forschungsarbeit beigetragen.
Fusarien auf Mais: Evaluation der Empfindlichkeit von in der Schweiz angebauten Sorten | Pflanzenbau
71
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Sum
mar
y
Literatur ▪ Cappellini R. A. & Peterson J. L., 1965. Macroconidium formation in submer-ged cultures by a non-sporulating strain of Gibberella zeae. Mycologia 57, 962–966.
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▪ Druesne C., 2006. Dossier mycotoxines – Les actions de prévention: limiter le cumul des facteurs de risque au champ. Perspectives agricoles 324, 28–35.
▪ Hiltbrunner J., Buchmann U., Collaud J. F., Pignon P. & Bertossa M., 2015. Liste der empfohlenen Maissorten für die Ernte 2015. Agrarforschung Schweiz 6 (2).
▪ Martin M., Dhillon B. S., Miedaner T. & Melchinger A. E., 2012. Inheritance of resistance to Gibberella ear rot and deoxynivalenol contamination in five flint maize crosses. Plant Breeding 131 (1), 28–32.
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▪ O'Donnell K., Kistler H. C., Cigelnik E. & Ploetz R. C., 1998. Multiple evolutio-nary origins of the fungus causing Panama disease of banana: concordant evidence from nuclear and mitochondrial gene genealogies. Proceedings of the National Academy of Science, USA 95, 2044–2049.
▪ Reid L.M., Hamilton R. I. & Mather D. E., 1996. Screening maize for resis-tance to Gibberella ear rot. In: Technical Bulletin Eastern Cereal and Oilseed Research Centre. Agriculture and Agri-Food Canada
▪ Reid L. M., Woldemariam T., Zhu X., Stewart D. W. & Schaafsma A. W., 2002. Effect of inoculation time and point of entry on disease severity in Fusarium graminearum, Fusarium verticillioides, or Fusarium subglutinans inoculated maize ears. Canadian Journal of Plant Pathology 24, 162–167.
Fusariosi del mais: valutazione della
sensibilità delle varietà coltivate in
Svizzera
La fusariosi del mais fa diminuire la
quantità e la qualità del raccolto di semi.
Le micotossine prodotte dai patogeni
fungini coinvolti minacciano la salute degli
animali foraggiati. Uno dei fattori che
influenzano la gravità della malattia e il
tenore di tossine, e di conseguenza un
potenziale strumento di lotta, è il livello di
resistenza della varietà coltivata. I lavori
qui presentati mirano a sviluppare una
metodologia che permetta di valutare
questa resistenza e di sfruttarla in seguito
per testare gli ibridi di mais da granella
coltivati in Svizzera. Un metodo, messo in
atto tramite inoculazione artificiale delle
spighe al momento della fioritura per
almeno tre anni di sperimentazione, ha
permesso di identificare delle varietà
molto sensibili, poco sensibili e interme-
die. Tale classificazione si rivela uno
strumento utile per i coltivatori di mais al
momento di scegliere la varietà per tenere
sotto controllo il rischio di fusariosi e di
contaminazione da micotossine.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 64–71, 2016
Fusarium infection in maize: evaluating
the susceptibility of varieties cultivated in
Switzerland
Gibberella and fusarium ear rot of maize
reduce grain yield qualitatively and
quantitatively. Mycotoxins produced by
the fungal pathogens that are responsible
of these two diseases are a health threat
for the animals fed with contaminated
maize. One factor affecting disease
severity and mycotoxin content, and
therefore a potential management tool, is
the susceptibility of the cultivated variety.
This study aimed at establishing a meth-
odology to evaluate this resistance level
and then use is to test grain maize hybrids
grown in Switzerland. A method using
artificial inoculation of the ears at female
flowering during at least three experimen-
tal years allowed to identify very suscepti-
ble, less susceptible and intermediate
varieties. This ranking is a tool that maize
growers may use while choosing a variety
to manage the risk of Gibberella ear rot
and of mycotoxin contamination.
Key words: Fusarium, Zea mays, ear rot,
resistance, mycotoxins.
72 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlenDaniel Suter1, Rainer Frick², Hansueli Hirschi¹ und Philippe Aebi²
¹Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8046 Zürich, Schweiz
²Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1260 Nyon 1, Schweiz
Auskünfte: Daniel Suter, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Westerwoldisches Raigras und Perserklee. (Zeichnungen: Manuel Jorquera, Zürich. Alle Rechte vorbehalten. Copyright: AGFF, Zürich. Mit freundlicher Genehmigung der AGFF)
dritten Schnitt einen stattlichen Ertrag. Bei einer Saat im
Frühling überdauern die meisten Pflanzen den folgen
den Winter nicht. Hingegen verschwinden Bestände aus
Sommersaaten erst im Verlaufe des zweiten Jahres.
Dabei spielen auch die Bedingungen während des Win
ters eine wichtige Rolle. Sowohl scharfer Frost als auch
Schneefäulepilze bei einer lang anhaltenden Schneede
cke können die Ausdauer weiter verkürzen.
Das rasche Wachstum und die geringe Ausdauer
machen das Westerwoldische Raigras zum idealen Gras
für einjährige Anlagen und für die Zwischenfutternut
zung. Von Vorteil ist dabei der Anbau im Gemenge mit
Alexandriner und Perserklee.
So findet es Verwendung in den Standardmischun
gen (SM) für Zwischenfutter SM 102, SM 151 und SM 155
(Suter et al. 2012). Ebenso spielt es eine wichtige Rolle in
E i n l e i t u n g
Raschwüchsiges Gras
Das Westerwoldische Raigras (Lolium multiflorum Lam.
var. westerwoldicum Mansh.) ist eine besondere Form
des Italienischen Raigrases. Von diesem unterscheidet es
sich hauptsächlich in seinem Wuchsverhalten. Es entwi
ckelt sich nach der Saat rascher und schosst bereits im
ersten Aufwuchs. Dieser Pflanzentyp entstand vermut
lich durch unbewusste Selektion beim stetigen Nachbau
von Italienischem Raigras und stammt aus Westerwolde,
einem Gebiet im Osten der Provinz Groningen in den
Niederlanden.
Das Westerwoldische Raigras verliert seine Lebens
kraft rascher als das Italienische Raigras. Im äussersten
Falle kann das Ertragsvermögen bereits nach ein bis zwei
Schnitten stark leiden. Viele Sorten liefern aber noch im
Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen | Pflanzenbau
73Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Von 2013 bis 2015 prüfte Agroscope 33 Sorten
des Westerwoldischen Raigrases (Lolium
multiflorum Lam. var. westerwoldicum Mansh.)
und fünf Sorten des Perserklees (Trifolium
resupinatum L.) auf ihre Anbauwürdigkeit.
Bewertet wurden Ertrag, Güte des Bestandes,
Ausdauer, Resistenz gegen Blattkrankheiten,
Trockensubstanzgehalt und Konkurrenzkraft.
Beim Westerwoldischen Raigras kam der Gehalt
an verdaulicher organischer Substanz hinzu.
Folgende Westerwoldische Raigräser erreichten
neu eine Empfehlung: ILVO 135825 glänzte mit
sehr guten Leistungen in Gesamtertrag sowie
Krankheitsresistenz, Bendix wies solide Erträge
und die beste Verdaulichkeit der Versuchsserie
auf, und Prodag überzeugte mit sehr guten
Beständen sowie hohen Erträgen. Die diploide
Sorte Pulse erwies sich als ertragreich bei jedoch
etwas geringerer Verdaulichkeit. Die Neuzüch-
tung Logics, welche die Sorte Bravis 1 ersetzt,
hatte die beste Konkurrenzkraft des Versuches
und sehr gute Bestände. Acht Neuzüchtungen
mit sehr guten Leistungen mussten wegen der
Begrenzung der Anzahl empfohlener Sorten bei
den Ersatzsorten eingeteilt werden. Die bisher
empfohlenen Sorten Imperio, Peleton, Primora
und Melmondo wurden wegen ungenügender
Leistungen aus der Liste gestrichen.
Zwei Sorten des Perserklees werden künftig neu
empfohlen: Gorby, mit den ersten Rängen in
Güte, Jungendentwicklung, Konkurrenzkraft,
Ausdauer und Resistenz gegen Kleeschwärze ,
sowie Rusty, welche die beste Ertragsleistung
vorweisen konnte.
den einjährigen Mischungen SM 106 und SM 108 und in
der zweijährigen Mischung SM 210, in welcher es die
Aufgabe eines raschen Starters erfüllt.
Die Neigung, in jedem Aufwuchs zu schossen, hat
einen Einfluss auf die Futterqualität, weil Verholzungs
vorgänge im Halm die Verdaulichkeit vermindern. Dieser
Einfluss unterscheidet sich jedoch von Sorte zu Sorte.
Neben der eigentlichen Futterqualität hat zudem der
Trockensubstanzgehalt des Futters eine wesentliche
Bedeutung. Vor allem im Herbstfutter von Sommersaa
ten ist mit eher geringeren Trockensubstanzgehalten zu
rechnen. Dieser Umstand erschwert beispielsweise das
Anwelken bei der Silagebereitung oder zum Teil auch
die Zusammenstellung der Futterration. Deshalb kommt
dem Trockensubstanzgehalt als Sorteneigenschaft eine
nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.
Das Westerwoldische Raigras verlangt eine gute Ver
sorgung mit Wasser und Nährstoffen, namentlich mit
Stickstoff. Ideal sind gut durchlässige, mittelschwere
Böden. Da Anlagen mit dem Westerwoldischen Raigras
in der Regel von kurzer Dauer sind, können Bestände
mit dieser Grasart auch noch in Lagen von über 700
Metern über Meer gelingen, obwohl milde Lagen in den
Niederungen für Höchsterträge unabdingbar sind.
Perserklee: Gehaltreiches Futter
Der Perserklee stammt aus dem Gebiet zwischen dem
östlichen Mittelmeer und Afghanistan. Obwohl gewisse
Lokalformen als winterhart gelten, zum Beispiel solche
der Hochlagen Afghanistans, überdauert er unter
schweizerischen Anbaubedingungen den Winter in der
Regel nicht. Da der Perserklee anfällig für den Kleekrebs
(Sclerotinia trifoliorum) ist, gilt er als nicht selbstverträg
lich. Der Kleeschwärze (Cymadothea trifolii) kommt eine
grosse Bedeutung zu. Dieser Pilz bildet für Tiere giftige
Stoffe, weshalb die Resistenz gegen diesen Schaderreger
eine wichtige Sorteneigenschaft ist.
Das Futter des Perserklees ist energie und protein
reich. Der Perserklee weist aber, verglichen mit anderen
raschwüchsigen Kleearten, einen niedrigen Trockensub
stanzgehalt auf. Deshalb eignet er sich nicht für die Heu
bereitung, sondern wird als Silage konserviert. Bei Ern
ten im Herbst wird dieser Umstand noch verstärkt, was
das Konservieren weiter erschwert. Da es jedoch auch
beim Perserklee im Trockensubstanzgehalt Sortenunter
schiede gibt, finden diese in der Sortenprüfung beson
dere Beachtung.
Der Perserklee ist wegen seiner raschen Entwicklung
nach der Saat ein idealer Partner in Gemengen für die
einjährige Nutzung, zum Beispiel in der SM 108 oder für
die Verwendung als Zwischenfutter in der SM 106 (Suter
et al. 2012).
Zusa
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ng
Der Perserklee gedeiht auf vielen Böden, bevorzugt
jedoch nährstoffreiche Bedingungen (Kalium und Phos
phor) bei neutraler bis basischer Reaktion der Bodenlö
sung. Als Leguminose ist er fähig, Stickstoff aus der Luft
zu binden, der auch den anderen Pflanzenarten im
Bestand zugute kommt.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Feldversuche an sechs Orten
In den Jahren 2013 bis 2015 prüfte Agroscope 33 Sorten
des Westerwoldischen Raigrases an sechs Orten auf ihre
Anbaueignung unter schweizerischen Bedingungen.
Davon waren zwölf bereits empfohlene Sorten, die der
Versuchsserie als Standard dienten und zugleich erneut
Pflanzenbau | Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen
74
auf ihre Anbaueignung überprüft wurden. Beim Perser
klee bestand die an denselben Orten angelegte Ver
suchsserie aus lediglich fünf Sorten, davon zwei Stan
dardsorten zur Wiederprüfung. In Kleinparzellen zu
neun Quadratmetern wurden Reinbestände der zu prü
fenden Sorten drei bis vierfach wiederholt angesät. Die
Versuche wurden sowohl als Frühjahrsanlagen als auch
als Stoppelsaaten im Sommer angelegt. Neben Bestän
den in Reinsaaten, an welchen die meisten Beobachtun
gen vorgenommen werden konnten, wurden die
Prüfsorten des Westerwoldischen Raigrases in genau
definierten Gemengen mit Alexandriner und Perserklee
und diejenigen des Perserklees mit Westerwoldischem
und Italienischem Raigras angebaut. An diesen Mischbe
ständen konnte die Konkurrenzkraft der Prüfsorten
abgeschätzt werden.
Während in der Versuchsserie mit Perserklee auf jegli
che Stickstoffdüngung verzichtet wurde, erhielten die
Reinbestände des Westerwoldischen Raigrases zu jedem
Aufwuchs 50 bis 60 Kilogramm Stickstoff je Hektare in
Form von Ammonsalpeter. In den Mischbeständen wurde
die Stickstoffdüngung jeweils auf die Hälfte reduziert.
Weitere Angaben zu den Versuchsstandorten und zur
Saat können Tabelle 1 entnommen werden.
Eigenschaften im Indexwert zusammengefasst
Alle Messungen sowie die meisten Beobachtungen wur
den im Saatjahr gemacht. Bei den Stoppelsaaten kamen
noch Bonituren im ersten Aufwuchs des Folgejahres
hinzu. Sämtliche Beobachtungen wurden nach einer
Skala von 1 (Bestnote) bis 9 (schlechteste Note) vorge
nommen. Das heisst, je geringer die Note ausfällt, desto
besser schneidet die Sorte in der entsprechenden Eigen
schaft ab. Um eine Sorte zu bewerten, wurde aus den
erhobenen Eigenschaften ein Indexwert berechnet. Fol
gende an den Reinbeständen gemachten Beobachtun
gen zählten bei Errechnung des Indexwertes doppelt:
der Ertrag des ersten Schnittes, der Gesamtertrag, die
Güte des Bestandes (Dichte, Üppigkeit und Ebenmässig
keit) sowie die Ausdauer (Güte am Ende der Prüfperi
ode). Doppeltes Gewicht erhielt zudem die Resistenz des
Perserklees gegenüber Blattkrankheiten, namentlich der
Kleeschwärze. Die Beobachtungen zur Jugendentwick
lung, zum Trockensubstanz(TS)Gehalt und, beim Wes
terwoldischen Raigras, zur Resistenz gegen Blattkrank
heiten (hauptsächlich Rostpilze) wurden einfach
gewichtet. Bei diesem kam noch der Gehalt an verdauli
cher organischer Substanz (VOS) hinzu, der mittels
NahinfrarotSpektroskopie (Norris et al. 1976) ermittelt
worden war. Damit die Werte der Erträge sowie des TS
Gehaltes und der VOS für den Indexwert verwendet wer
den konnten, mussten diese vor der Verrechnung mit
einem statistischen Verfahren in Noten umgewandelt
werden (Suter et al. 2013).
Bei beiden geprüfte Arten wurde zudem die Konkur
renzkraft mit einfachem Gewicht im Indexwert berück
sichtigt. Die Note für die Konkurrenzkraft einer Prüfsorte
wurde aus ihrem Anteil am TSErtrag des Gemenges mit
folgender Formel berechnet:
Note = 9 – 0,08 × Ertragsanteil (%)
Lolium multiflorum Lam. var. westerwoldicum Mansh. Trifolium resupinatum L.
Ort, Kanton Höhe (m. ü. M.) Saatdatum Anzahl Wiederholungen Ertragserhebungen Anzahl Wiederholungen Ertragserhebungen
Reinsaat1 Mischungen2 2013 2014 Reinsaat3 Mischungen4 2013 2014
Changins, VD 430 14/08/2013 3 3 1 – 3 3 1 –
21/08/2014 3 3 – 1 3 3 – 1
Reckenholz, ZH 440 04/04/2014 4 3 – 5 4 3 – 5
Rümlang, ZH 450 13/08/2013 4 3 1 – 4 3 1 –
18/08/2014 4 3 – 1 4 3 – 1
Watt, ZH 450 07/04/2014 4 3 – 6 4 4 – 5
Ellighausen, TG 520 14/08/2013 4 3 1 – 4 3 1 –
22/05/2014 – – – – 4 – – 4
20/08/2014 4 3 – 1 4 3 – 1
Goumoëns, VD 630 21/08/2013 3 3 – – 3 3 – –
25/08/2014 3 3 – 1 3 3 – 1
¹Reinsaaten: 250 g / 100 m2 Lolium multiflorum var. westerwoldicum (Sorte Jivet als Standard für die Saatmenge)2Mischungen: 200 g / 100 m² Lolium multiflorum var. westerwoldicum (Sorte Jivet als Standard für die Saatmenge) + 100 g / 100 m² Trifolium alexandrinum, Sorte Tigri + 100 g / 100 m² Trifolium resupinatum, Sorte Lightning³Reinsaaten: 200 g / 100 m² Trifolium resupinatum (Sorte Lightning als Standard für die Saatmenge)4Mischungen: 200 g / 100 m² Trifolium resupinatum (Sorte Lightning als Standard für die Saatmenge) + 100 g / 100 m² Lolium multiflorum var. italicum, Sorte Alces + 100 g / 100 m² Lolium multiflorum var. westerwoldicum, Sorte Primora
Tab. 1 | Orte und Daten der Sortenversuche 2013–2015 mit Lolium multiflorum var. westerwoldicum und Trifolium resupinatum
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen | Pflanzenbau
75
Bereits empfohlene Sorten bilden den Standard
Damit eine neue Sorte in die Liste der empfohlenen Sor
ten von Futterpflanzen (Suter et al. 2014) aufgenommen
werden kann, muss ihr Indexwert um mindestens 0,20
Punkte unter dem Mittelwert der Indexwerte der bereits
empfohlenen Sorten (Standard) liegen (niedriger Wert =
besser). Eine bis anhin empfohlene Sorte kann ihre Emp
fehlung verlieren, wenn ihr Indexwert bei ihrer Wieder
prüfung mehr als 0,20 Punkte über dem Standard liegt
(höherer Wert = schlechter).
Eine Sorte kann zudem nicht empfohlen werden,
wenn sie in einer wichtigen, das heisst doppelt gewich
teten Eigenschaft den Standard um 1,5 Punkte und mehr
überschreitet (Extinktionswert), ungeachtet dessen, wie
gut ihr Indexwert ausfällt.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Westerwoldisches Raigras: Neue Sorten überzeugten
Eine grosse Zahl Neuzüchtungen bewies ihr hohes Leis
tungsniveau (Tab. 2). Allen voran ILVO 135825, die mit
3,68 im Indexwert den Standard um fast eine ganze
Note schlagen konnte. Dazu führte erstens die äusserst
gute Note von 2,5 im Gesamtertrag, die um drei Noten
besser war als der Standard. Besonders erfreulich ist
die zweitbeste Note von ILVO 135825 für die Verdau
lichkeit (VOS). Mit einer dem Standard entsprechenden
Note für den TSGehalt des Futters von 5,6 kann man
von dieser Sorte hohe Erträge von hervorragender
Qualität erwarten. Weiter ist zu erwähnen, dass ILVO
135825 auch in der Resistenz gegen Blattkrankheiten
mit 2,2 um eineinhalb Noten besser abgeschnitten
hatte als der Standard, was den zweiten Rang in dieser
Eigenschaft bedeutete. Die Neuzüchtung Bendix
erzielte mit 3,77 das zweitbeste Gesamtergebnis aller
geprüften Sorten. Ihre Qualitäten konnte sie mit der
viertbesten Ertragsnote (3,5) der besten Konkurrenz
kraft (Note 3,8), der höchsten Verdaulichkeit (Note 4,0)
und der drittbesten Resistenz gegen Blattkrankheiten
(Note 2,3) beweisen. Weiter fiel sie durch eine rasche
Jugendentwicklung und schöne Bestände auf. Die Neu
züchtung Prodag überzeugte mit der besten Güte
(Note 2,4) aller geprüften Sorten. Ebenso zeigte sie im
Gesamtertrag mit 3,5 eine um zwei Noten bessere Leis
tung als der Standard. Hinzu kommen der hohe Ertrag
im ersten Schnitt (Note 3,8), der um 1,5 Punkte besser
ist als der Standard, sowie die gute Note 4,0 für die
Konkurrenzkraft (Standard: Note 4,5). Abgerundet
wird ihr Ergebnis durch Werte in der Jugendentwick
lung, Ausdauer, Krankheitsresistenz und Verdaulich
keit, die alle den Standard ausstechen. Die Sorte Pulse,
die einzige diploide Neuzüchtung, welche die für eine
Empfehlung erforderlichen Ergebnisse erzielte, wies
die drittbeste Leistung sowohl im ersten Ertrag (Note
3,6) als auch im Gesamtertrag (Note 3,0) auf. Erwäh
nenswert ist im weiteren ihre gute Resistenz gegen
Blattkrankheiten mit einer Note von 2,7. Von allen Sor
ten, welche die agronomischen Anforderungen für
eine Empfehlung erfüllen, wies Pulse die höchsten TS
Gehalte auf, vermutlich eine Folge des höheren Zell
wandanteils, der für diploide Pflanzen typisch ist. Die
ser zeigte sich auch in einer eher unterdurchschnittlichen
Verdaulichkeit (Note 6,0). Die Neuzüchtung Logics
erreichte mit einer Note von 2,2 die zweitbeste Güte
des gesamten Versuches. Ihr hoher Gesamtertrag (Note
3,0) und die beste Konkurrenzkraft mit einer Note von
3,8 (Standard: Note 4,5) sowie die äusserst gute Aus
dauer (Note 3,9) trugen neben einer guten Resistenz
Abb. 3 | Sortenprüfung mit Perserklee: Lücken und Verunkrautung weisen auf Unterschiede in der Jugendentwicklung hin.(Foto: Daniel Suter, Agroscope)
Abb. 2 | Versuch mit Westerwoldischem Raigras 51 Tage nach der Saat: Nicht alle Sorten entwickelten sich gleich rasch.(Foto: Daniel Suter, Agroscope)
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Pflanzenbau | Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen
76
gegen Blattkrankheiten wesentlich zum guten Index
wert von 3,89 bei.
Weitere acht Neuzüchtungen haben Leistungen
erzielt, die allesamt eine Empfehlung ermöglichen wür
den (Tab. 3). Da die Anzahl Sorten auf der «Liste der
empfohlenen Sorten von Futterpflanzen» jedoch
begrenzt ist, wurden diese Sorten zu den Ersatzsorten
eingeteilt. Diese rücken automatisch in die Liste nach,
wenn eine bereits empfohlene Sorte nicht mehr erhält
lich ist. Ebenso kann bei zu geringer Verfügbarkeit von
Saatgut empfohlener Sorten auf Saatgut von Ersatzsor
ten zurückgegriffen werden.
Die bereits empfohlenen Sorten Imperio, Peleton,
Primora und Melmondo werden aus der Liste gestrichen,
Sortenname Ertrag1. Schnitt1*
Gesamtertrag1* Güte* Jugendent
wicklungKonkurrenz
kraft Ausdauer*Resistenz
gegen Blattkrankheiten
Trockensubstanz
GehaltVOS2 Index
wert
1 Jivet 4,4 4,0 2,6 3,0 4,2 4,7 3,0 6,0 5,3 4,08
2 Ceronte 3,1 5,0 3,2 3,2 4,3 5,8 2,3 5,9 4,0 4,15
3 Speedyl 4,9 4,5 2,7 2,9 3,9 4,2 3,4 6,4 5,0 4,17
4 Adrenalin 3,8 5,0 3,2 3,3 4,3 4,7 3,6 6,4 5,0 4,29
5 Bartigra 5,1 4,5 3,0 3,8 4,2 4,1 3,6 5,6 5,3 4,30
6 Cannibale 4,9 5,0 2,9 3,4 4,3 4,1 4,8 6,3 4,0 4,36
7 Bravis 1 5,1 5,5 3,4 4,2 4,4 4,9 4,9 5,9 5,0 4,78
8 Jumper 6,6 6,0 3,5 4,3 4,4 4,2 3,3 5,3 4,3 4,79
9 Imperio 5,3 6,0 4,0 4,5 4,7 5,5 3,8 3,4 6,0 4,92
10 Peleton 6,2 6,0 3,9 4,6 5,0 4,0 3,2 5,8 6,7 5,05
11 Primora 5,6 7,0 3,3 4,2 4,7 4,6 4,2 6,1 6,0 5,10
12 Melmondo 8,0 7,5 5,1 6,7 5,9 4,2 4,0 4,3 6,0 5,89
Mittel (Standard) 5,3 5,5 3,4 4,0 4,5 4,6 3,7 5,6 5,2 4,66
13 ILVO 135825 4,7 2,5 3,0 3,2 4,1 4,1 2,2 5,6 4,3 3,68
14 Bendix 4,6 3,5 2,8 3,0 3,8 4,2 2,3 6,1 4,0 3,77
15 Prodag 3,8 3,5 2,4 3,0 4,0 4,0 3,0 7,2 5,0 3,82
16 Pulse 3,6 3,0 3,9 4,5 4,2 4,7 2,7 2,8 6,0 3,88
17 Logics 4,2 3,0 2,6 3,3 3,8 3,9 2,9 7,6 5,3 3,89
18 Volubyl 5,9 3,0 3,3 4,3 4,5 3,7 2,8 3,8 5,3 4,03
19 Alberto 3,4 5,5 3,4 3,5 4,4 5,6 2,4 4,4 4,3 4,22
20 Asterix 3,7 5,0 3,3 3,5 4,2 5,3 3,0 5,5 4,7 4,27
21 Texan 7,3 2,0 4,2 5,5 4,9 3,6 3,3 2,6 5,7 4,31
22 Proxim 5,0 5,0 3,0 3,1 4,0 4,3 3,8 6,2 4,7 4,34
23 Bartimum 4,8 5,0 3,0 3,4 4,1 4,5 3,7 5,8 5,0 4,34
24 Prowest 4,8 5,0 3,2 3,4 4,1 4,3 3,5 6,1 5,0 4,35
25 Barspectra II 4,0 6,0 2,8 2,9 4,0 4,7 4,7 6,1 4,7 4,42
26 Hellen 4,2 5,5 2,8 2,9 4,2 4,9 5,3 5,9 4,7 4,45
27 Loskutak 4,9 5,0 2,8 3,7 4,3 4,2 4,0 7,4 5,7 4,52
28 Tigouan 7,6 4,0 4,0 5,1 4,8 3,8 3,5 2,4 6,0 4,65
29 Gepetto 4,2 6,5 3,9 4,0 4,6 6,0 3,8 1,8 5,3 4,68
30 Jolly 4,6 6,0 4,0 4,1 4,5 6,4 2,7 2,7 5,0 4,70
31 Choisi 6,3 5,0 4,0 4,6 4,7 4,6 4,2 3,0 5,7 4,78
32 Likoloss 4,6 7,0 4,5 4,8 5,2 6,0 3,4 2,1 4,3 4,93
33 Rapido 6,0 9,0 5,4 5,5 5,6 7,3 1,9 2,4 4,7 5,81
Tab. 2 | Lolium multiflorum var. westerwoldicum: Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen in den Jahren 2013–2015
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht *Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung 1Ertragsnoten von drei Versuchsstandorten mit je einer Erhebung 2013 und von sechs Standorten mit einer bis sechs Erhebungen 2014 ²VOS = Verdauliche organische Substanz: Mittel von drei Terminen im Jahre 2014, Standort Reckenholz
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen | Pflanzenbau
77
da sie den für eine Empfehlung erforderlichen Index
wert nicht mehr erreichten. Sie dürfen noch bis Ende
2017 als empfohlene Sorten verkauft werden. Der Züch
ter der bereits empfohlenen Sorte Bravis 1, welche die
Anforderungen für eine Empfehlung erneut erfüllt
hatte, verzichtete auf ihre weitere Aufführung in der
Liste zugunsten seiner Neuzüchtung Logics. Diese Neu
züchtung, die deutlich bessere Ergebnisse als Bravis 1
vorweisen konnte, hätte sonst aufgrund der Beschrän
kung der Anzahl Sorten in der Sortenliste in Kategorie 2
(Ersatzssorte) eingeteilt werden müssen.
Perserklee: Zwei Neuempfehlungen
Die Perserkleesorte Gorby konnte mit einem Indexwert
von 3,83, also einem um über eine Note besseren Ergeb
nis als der Standard überzeugen (Tab. 4). Diese bereits
einmal empfohlene Sorte, die wegen Verpassens der
Wiederprüfung zwischenzeitlich aus der Liste der
Sortenname Ploidie Antragsteller Kategorie1
1 Jivet 4n DLF Životice, CZ 1
2 Ceronte 4n Mediterranea, IT 1
3 Speedyl 4n R2n, FR 1
4 Adrenalin 4n R2n, FR 1
5 Bartigra 4n Barenbrug, NL 1
6 Cannibale 4n Carneau, FR 1
7 Bravis 1 4n DLF-Trifolium, DK –
8 Jumper 4n DLF-Trifolium, DK 1
9 Imperio 2n DSV, DE 2/3
10 Peleton 4n DLF-Trifolium, DK 2/3
11 Primora 4n DLF-Trifolium, DK 2/3
12 Melmondo 4n Freudenberger, DE 2/3
13 ILVO 135825 4n Jouffray-Drillaud, FR 1*
14 Bendix 4n Rudloff, DE 1
15 Prodag 4n OSEVA UNI, CZ 1
16 Pulse 2n R2n, FR 1
17 Logics 4n DLF-Trifolium, DK 1
18 Volubyl 2n R2n, FR 2
19 Alberto 4n DSV, DE 2
20 Asterix 4n D'EUGENIO di Fabio, IT 2
21 Texan 2n GIE, Grass, FR 3*
22 Proxim 4n OSEVA UNI, CZ 2
23 Bartimum 4n Barenbrug, NL 2*
24 Prowest 4n OSEVA UNI, CZ 2
25 Barspectra II 4n Barenbrug, NL 2
26 Hellen 4n Continental, IT 2
27 Loskutak 4n DLF Životice, CZ 3
28 Tigouan 2n GIE, Grass, FR 3
29 Gepetto 2n DSV, DE 3
30 Jolly 2n D'EUGENIO di Fabio, IT 3
31 Choisi 2n Caussade, FR 3
32 Likoloss 2n DSV, DE 3
33 Rapido 2n Continental, IT 3
Tab. 3 | Lolium multiflorum var. westerwoldicum: geprüfte Sorten, Ploidie, Antragsteller und Kategorieeinteilung
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten 1Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:
Kategorie 1: In der Schweiz in der Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen geführt Kategorie 1*: Kann erst nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der Schweiz gesetzlich festgelegten Kriterien empfohlen werden (siehe Saat- und Pflanzgut-Verordnung des WBF, SR 916.151.1) Kategorie 2: Ersatzssorte. Diese Sorte erreicht zwar den notwendigen Index für eine Empfehlung, kann jedoch wegen der Beschränkung der Anzahl empfohlener Sorten nicht empfohlen werden. Bei Wegfall einer empfohlenen Sorte rückt die beste Sorte der Kategorie 2 automatisch in die Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen nach. Ersatzsorten können vom Handel auf Antrag in Standardmischungen und anderen Mischungen mit dem AGFF-Gütezeichen verwendet werden, wenn zwischenzeitlich ein Mangel an Saatgut bereits empfohlener Sorten auftritt. Sorten der Kategorie 2 können vom Züchter auf Antrag hin gegen eine bereits empfohlene Sorte des entsprechenden Züchters ausgetauscht werden, sofern bestehende Verträge dadurch nicht berührt sind. Kategorie 2*: Wird nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der Schweiz gesetzlich festgelegten Kriterien in Kategorie 2 eingeteilt Kategorie 2/3: Sorte vom 1. Januar 2018 an nicht mehr empfohlen Kategorie 3: Nicht empfohlen. Zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus Kategorie 3*: Nicht empfohlen. Wegen schlechter Leistung in einer wichtigen Eigenschaft ausgeschlossen (Überschreiten des Extinktionswertes).
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Pflanzenbau | Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen
78
empfohlenen Sorten von Futterpflanzen gestrichen
werden musste, konnte nun erneut geprüft werden und
wird künftig wieder in der Liste aufgeführt (Tab. 5).
Gorby bewies ihre Qualitäten, indem sie in der Güte, der
Jugendentwicklung, der Konkurrenzkraft, der Ausdauer
und der Resistenz gegen Kleeschwärze über eine Note
besser als der Standard abschnitt und so zum Teil deut
lich vor allen anderen Sorten lag. Lediglich in den bei
den Ertragsnoten musste sie sich von der neu empfohle
nen Sorte Rusty geschlagen geben. Letztere zeigte
einen sehr hohen Ertrag im ersten Schnitt (Note 2,6 bei
einem Standard von 5,3), der dadurch viel zur guten
Note von 3,8 im Gesamtertrag beigetragen hatte (Stan
dard: 5,2). Bei der Ausdauer hingegen erzielte Rusty nur
die Note 7,3 (Standard: 6,5) und landete – zusammen
mit der bereits empfohlenen Sorte Lightning – auf dem
letzten Platz. Trotzdem ist Rusty nicht als einschnittige
Sorte einzustufen, da sie im zweiten und zum Teil im
dritten Schnitt noch Erträge lieferte (Daten nicht
gezeigt). Im Übrigen erzielte sie in der Güte, der Jugend
entwicklung und der Konkurrenzkraft deutliche bessere
Werte als der Standard.
Die Neuzüchtung Laser II stellte sich für unsere Anbau
bedingungen als nicht geeignet heraus. In fünf von acht
Eigenschaften lag sie um mehr als einen Punkt über dem
Standard. An der durchzogenen Gesamtleistung konnten
die guten Noten in der Ausdauer, dem TS Gehalt und der
Resistenz gegen die Kleeschwärze nichts ändern. Die
bereits empfohlene Sorte Lightning schnitt im Vergleich
zu den letzten Prüfungen schlechter ab. Sie lag weit hin
ter der bereits empfohlenen Sorte Pasat und verpasste
den Indexwert für eine weitere Empfehlung. Dennoch
wird sie auf der Liste belassen, damit die ohnehin geringe
Sortenauswahl nicht zu eng wird.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die grossen Fortschritte beim Westerwoldischen Raigras,
die sich in einer Vielzahl guter Neuzüchtungen zeigten,
bedingten bei den Empfehlungen eine starke zahlenmäs
sige Beschränkung auf die besten der Neuzüchtungen.
Der Kontrast zum Perserklee könnte diesbezüglich nicht
grösser sein: Seine wenigen verfügbaren Sorten weisen
deutlich auf die Notwendigkeit grösserer Züchtungsan
strengungen hin. n
Sortenname Ertrag1. Schnitt1*
Gesamtertrag1* Güte* Jugendent
wicklungKonkurrenz
kraft Ausdauer*Resistenz
gegen Kleeschwärze*
Trocken substanz
GehaltIndexwert
1 Pasat 5,6 4,6 3,0 2,7 5,3 5,7 4,3 4,9 4,55
2 Lightning 5,0 5,8 4,3 4,4 6,1 7,3 3,8 4,9 5,22
Mittel (Standard) 5,3 5,2 3,7 3,6 5,7 6,5 4,0 4,9 4,88
3 Gorby 4,5 4,1 2,3 2,4 4,6 5,2 2,5 5,7 3,83
4 Rusty 2,6 3,8 2,9 2,4 4,8 7,3 4,2 5,3 4,17
5 Laser II 7,6 6,8 5,0 5,7 6,6 5,3 2,9 3,9 5,48
Tab. 4 | Trifolium resupinatum: Ergebnisse der Ertragserhebungen und Bonitierungen in den Jahren 2013–2015
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene SortenNotenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht*Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung¹Ertragsnoten von drei Versuchsstandorten mit je einer Erhebung 2013 und sieben Standorten mit einer bis fünf Erhebungen 2014
Sortenname Antragsteller Kategorie1
1 Pasat OSEVA UNI, CZ 1
2 Lightning* SEEDMARK, AU 1
3 Gorby D'EUGENIO di Fabio, IT 1
4 Rusty Continental, IT 1
5 Laser II Barenbrug, NL 4
Tab. 5 | Trifolium resupinatum: geprüfte Sorten, Antragsteller und Kategorieeinteilung
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten¹Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:Kategorie 1: In der Schweiz in der Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen geführtKategorie 4: Nicht empfohlen. Eignet sich nicht für den Anbau in der Schweiz*Lightning wird wegen der geringen Zahl empfohlener Sorten weiterhin auf der Sortenliste belassen
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
Neue Sorten von Westerwoldischem Raigras und Perserklee empfohlen | Pflanzenbau
79
Literatur ▪ Norris K.H., Barnes R.F., Moore J.E. & Shenk J.S., 1976. Predicting forage quality by infrared reflectance spectroscopy. Journal of Animal Science 43, 889–897.
▪ Suter D., Rosenberg E., Mosimann E. & Frick R., 2012. Standardmischungen für den Futterbau: Revision 2013–2016. Agrarforschung Schweiz 3 (10), Beilage, 1–12.
▪ Suter D., Hirschi H.U., Frick R. & Aebi P., 2013. Knaulgras: Prüfergebnisse von 31 Sorten. Agrarforschung Schweiz 4 (7–8), 324–329.
▪ Suter D., Hirschi H., Frick R. & Bertossa M., 2014. Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2015–2016. Agrarforschung Schweiz 5 (10), Beilage, 1–8.
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
New varieties of Westerwolds ryegrass and
persian clover recommended
From 2013 to 2015, Agroscope tested 33
varieties of Westerwolds ryegrass (Lolium
multiflorum Lam. var. westerwoldicum Mansh.)
and five varieties of Persian clover (Trifolium
resupinatum L.) as to their suitability for
cultivation. Yield, vigour, persistence, resi-
stance to leaf diseases, dry-matter content and
competitive ability were evaluated. In the case
of Westerwolds ryegrass, digestible organic-
matter content was also evaluated.
The following Westerwolds ryegrasses are
newly recommended: ILVO 135825 stood out
with very good performances in total yield and
disease resistance, Bendix exhibited solid
yields and the best digestibility of the test
series, and Prodag impressed with very good
vigour and high yields. The diploid variety
Pulse proved to be high-yielding whilst having
slightly lower digestibility. The new variety
Logics, which replaces Bravis 1, had the best
competitive ability of the trial as well as very
good vigour. Eight new varieties with very
good performances had to be classified as
replacement varieties, due to limitation of the
number of recommended varieties. The
previously recommended varieties Imperio,
Peleton, Primora and Melmondo were deleted
from the List owing to unsatisfactory perfor-
mances.
Two varieties of Persian clover are newly
recommended: Gorby, with top rankings in
vigour, juvenile development, competitive
ability, persistence and resistance to sooty
blotch, as well as Rusty, which exhibited the
best yield performance.
Key words: Lolium multiflorum Lam. var.
westerwoldicum Mansh., Westerwold ryegrass,
annual ryegrass, Trifolium resupinatum L.,
Persian clover, variety testing, yield, disease
resistance.
Raccomandate nuove varietà di loglio wester-
voldico e trifoglio persiano
Dal 2013 al 2015 Agroscope ha testato l'ido-
neità alla coltivazione di 33 varietà di loglio
westervoldico (Lolium multiflorum Lam. var.
westerwoldicum Mansh.) e di cinque varietà di
trifoglio persiano (Trifolium resupinatum L.). La
valutazione ha riguardato resa, aspetto
generale, persistenza, resistenza alle malattie
fogliari, contenuto di sostanza secca e forza di
concorrenza. Per il loglio westervoldico è stata
presa in considerazione anche la sostanza
organica digeribile.
Di recente sono state raccomandate le seguenti
varietà di loglio westervoldico: ILVO 135825 ha
spiccato per le ottime prestazioni quanto a resa
totale e resistenza alle malattie, Bendix ha
fatto registrare notevoli rese e la migliore
digeribilità della serie testata, mentre Prodag
ha convinto per l'ottimo aspetto generale e le
rese elevate. La varietà diploide Pulse ha
dimostrato di rendere molto, pur a fronte di
una minore digeribilità. La nuova coltura
Logics, che sostituisce la varietà Bravis 1, aveva
la migliore forza di concorrenza riscontrata
durante i test, oltre a un ottimo aspetto
generale. A causa della limitazione del numero
delle varietà raccomandate, è stato necessario
ripartire otto nuove colture dalle ottime
prestazioni tra le varietà alternative. Le varietà
finora raccomandate Imperio, Peleton, Primora
e Melmondo sono state eliminate dalla lista a
causa di prestazioni insufficienti.
D'ora in poi saranno raccomandate due nuove
varietà di trifoglio persiano: Gorby, ai primi
posti per qualità, velocità di insediamento,
forza di concorrenza, persistenza e resistenza
alla Cymadothea trifolii, e Rusty, che è riuscita a
offrire le migliori prestazioni in termini di resa.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 72–79, 2016
80 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilenLilia Levy Häner und Cécile Brabant
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Lilia Levy, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Auswirkung der Stickstoffdüngung auf verschiedene Weizensorten. Die Parzellen im Vordergrund erhielten keinen Stickstoffdünger.
E i n l e i t u n g
Seit 2015 bezahlen die Mühlen den Sammelstellen den
Weizen der Klasse Top aufgrund des Proteingehalts
(Beschluss von swiss granum, Sonderegger und Scheuner
2014). Jede Sammelstelle kann diese Massnahme je nach
ihrer Strategie an die Produzenten weitergeben.
Agroscope hat verschiedene Möglichkeiten getestet,
um den Proteingehalt (und entsprechend den Feuchtkle
bergehalt) in den Weizenkörnern zu erhöhen und den
Einfluss dieser Kriterien auf die Backqualität zu bestim
men. Der Kornertrag ist ein grundlegender Faktor für
die Produktion. Daher zielten die Versuche ebenfalls
darauf ab, Düngungsmethoden oder Anbautechniken
zu bestimmen, die zu einem Optimum zwischen Ertrag
und Qualität führen. Dieser Artikel behandelt landwirt
schaftliche Aspekte, während im zweiten Artikel (Bra
bant und Levy 2016) der Schwerpunkt auf der Qualität
der Ernte liegt.
Experimentelle Anordnung, Beobachtungen und Analysen
Sechs Sorten unterschiedlicher Qualitätsklassen – Runal
und CH Claro (Top), Suretta und CH Combin (Klasse I), Levis
(Klasse II) sowie Premio (französische Kontrolle, entspricht
Klasse II) – wurden an zwei Standorten (Changins, VD und
Goumoëns, VD) während drei Jahren (Ernten 2011 bis
2013) getestet. Acht Stickstoffdüngungsverfahren wurden
verglichen: drei verschiedene Düngemengen 0, 140 und
200 kg N/ha, kombiniert mit verschiedenen Aufteilungen.
Die Stickstoffmenge 140 kg N/ha wurde nach fünf
Düngungsverfahren eingesetzt, die sich hinsichtlich
Aufteilung und Entwicklungsstadium des Weizens zu
den Düngungszeitpunkten unterschieden (Tab. 1). Der
Stickstoff wurde in Form von Ammoniumnitrat 27,5%
ausgebracht.
Die Wirksamkeit der Stickstoffdüngung konnte in
Changins mit einer Bewässerung nach der Düngergabe
gewährleistet werden, nicht aber in Goumoëns. Es wur
den weder Fungizide noch Wachstumsregulatoren einge
setzt. Die Versuche waren als SplitPlot mit drei Wieder
holungen angelegt, mit dem NDünger als Hauptfaktor
und der Sorte als untergeordneter Faktor.
Die folgenden Parameter wurden beobachtet und
gemessen: Frühreife, Pflanzenlänge, Anzahl Ähren pro
m², Kornertrag, Hektolitergewicht (HLG), Tausendkorn
gewicht (TKG) und Proteingehalt. Auf dieser Grundlage
wurden zwei ergänzende Parameter berechnet: Protein
ertrag (Kornertrag * Proteingehalt) und die scheinbare
NAusnutzung (Apparent Nitrogen Recovery, ANR) in den
Körnern (siehe Gleichung 1, die an die Formel nach Collin
2012 angepasst ist). Die ANR misst die Verwertung des
eingetragenen Stickstoffs durch die Körner und wurde
für jede mit Stickstoff gedüngte Parzelle berechnet. Die
ser Parameter setzt die zusätzliche Stickstoffmenge in
Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen | Pflanzenbau
81Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
Die Branchenorganisation Getreide hat ein
System zur Bezahlung der Ernte von Weizen der
Klasse Top nach ihrem Proteingehalt eingerich-
tet. Agroscope hat Versuche durchgeführt, um
die Auswirkungen einer Aufteilung der Stick-
stoffdüngung auf den Ertrag und die Qualität
von Weizen zu untersuchen. Bei unseren
Klima- und Bodenbedingungen ergab eine
Aufteilung von 20-40-80 kg N/ha (3. Gabe im
Stadium CD 37: Erscheinen des Fahnenblattes)
hervorragende Resultate, sowohl in Bezug auf
den Kornertrag als auch auf den Proteingehalt.
Die Produzenten, die auf die Produktion von
Körnern mit möglichst hohem Proteingehalt
bedacht sind, könnten versucht sein, einfach die
eiweissreichste Sorte zu wählen und einen sehr
intensiven Anbau mit einer dritten Düngergabe
zum Zeitpunkt der Blüte zu betreiben. Diese
Strategie birgt jedoch ein hohes Risiko, dass der
Stickstoff von den Pflanzen nicht assimiliert
werden kann und es zu Ertragsverlusten kommt.
Aus wirtschaftlicher Sicht sind die ertragreichs-
ten Sorten am rentabelsten, selbst wenn sie zu
einer tieferen Qualitätsklasse gehören. Die
Studie hat auch gezeigt, dass in Situationen mit
eingeschränkter Stickstoffverfügbarkeit eine
grosse Pflanzenlänge und eine grosse Zahl
Ähren pro m² vorteilhaft sind. Dagegen wird die
Pflanzenlänge zum Nachteil für die Kornbildung
bei intensiv bewirtschafteten Systemen.
den untersuchten Körnern bei Stickstoffdüngung im Ver
gleich zur Stickstoffmenge in den Körnern ohne Stick
stoffdüngung in Beziehung mit der durch Düngung
zugeführten Stickstoffmenge.
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Tab. 1 | Gesamtmenge des pro Jahr ausgebrachten Stickstoffs und Aufteilung dieser Menge bei den acht untersuch-ten Düngungsverfahren. V2 stellt die vereinfachte Praxis dar, V3 entspricht der klassischen Aufteilung in drei Dün-gergaben, V4, V5 und V6 mit einer dritten höheren und/oder verzögerten Gabe im Hinblick auf die Unterstützung der Proteinsynthese, V7 und V8 sind Verfahren mit einer intensiveren Düngung mit Schwerpunkt auf dem Kornertrag (V7) bzw. auf dem Proteingehalt (V8).
Düng.verf.
N total[kg N/ha]
1. Gabe[kg N/ha]
Stadium2. Gabe
[kg N/ha]Stadium
3. Gabe[kg N/ha]
Stadium
V1 0 – – – – – –
V2 140 60 DC 21 80 DC 30 – –
V3 140 40 DC 21 60 DC 30 40 DC 37
V4 140 40 DC 21 60 DC 30 40 DC 59-61
V5 140 20 DC 21 40 DC 30 80 DC 37
V6 140 20 DC 21 40 DC 30 80 DC 59-61
V7 200 60 DC 21 80 DC 30 60 DC 37
V8 200 20 DC 21 40 DC 30 140 DC 59-61
DC 21: Beginn der Bestockung, bei Vegetationsbeginn; DC 30: Schossen (Ähren 1 cm);DC 37: Erscheinen des Fahnenblatts; DC 59-61: Ende Ährenschieben - Beginn Blüte
Gleichung 1 | Scheinbare N-Ausnutzung (ANR) in den Körnern
ANR = [(QND – QN0)/D]
QND: [Kornertrag pro ha beim Düngungsverfahren D bei 0% Feuchtigkeit * Proteingehalt / 5.7]QN0: [durchschnittlicher Kornertrag pro ha beim Verfahren V1 bei 0% Feuchtigkeit * Proteingehalt / 5.7]D: beim entsprechenden Düngungsverfahren eingetragene Stickstoffmenge
Die Qualitätsanalysen wie FeuchtkleberBestimmung,
ZelenyWert, rheologische Analysen und die verschiede
nen Versuche zur Brotherstellung werden im Artikel von
Brabant und Levy (2016) vorgestellt und diskutiert.
Es wurde eine grobe wirtschaftliche Prüfung durch
geführt (nach Bruttomargen), unter Berücksichtigung
der GetreideRichtpreise 2015 (Top: 52.– CHF/dt, Klasse
I: 50.– CHF/dt, Klasse II: 49.– CHF/dt), eines Durch
schnittspreises für Ammoniumnitrat von 1,80 CHF/kg N,
durchschnittlicher Kosten für das Ausbringen des Dün
gers von 89 CHF pro ha und Durchgang (Düngerstreuer,
Traktor und Chauffeur, Tarif FAT), der Zuschlags und
Abzugsskalen für das Hektolitergewicht von swiss gra
num sowie der neuen Regelung zur Bezahlung nach
Proteingehalt für Sorten der Klasse Top (Sonderegger
und Scheuner 2014).
Die Varianzanalysen (ANOVA) und die Homogeni
tätstests wurden mit dem Programm Statistica 12 durch
geführt, die Auswertung der Korrelationskoeffizienten
erfolgte mit XLSTAT 2014.
Pflanzenbau | Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen
82
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Vergleich des Einflusses von Umweltbedingungen, Sorte
und Stickstoffdüngung
Die Sorte und die Umweltbedingungen (Kombination
Standort x Jahr) spielen eine wichtige Rolle für die meis
ten untersuchten Faktoren (Tab. 2). Die Stickstoffdün
gung beeinflusst ebenfalls alle geprüften Kriterien
signifikant, mit Ausnahme des Hektolitergewichts. Ver
schiedene Wechselwirkungen stellten sich zwar als hoch
signifikant heraus, ihr Einfluss ist allerdings gering.
Für die Schwankungen des Kornertrags und des Pro
teingehalts sind zu etwa gleichen Teilen Boden und Kli
mafaktoren (Umweltbedingungen), die Stickstoffdün
gung und die Sorte verantwortlich (Abb. 2). Die
Sortenwahl ist damit der Faktor, mit dem sich der Prote
ingehalt am einfachsten beeinflussen lässt. Von den
untersuchten Parametern wird der Proteinertrag am
stärksten von der Stickstoffdüngung beeinflusst (44%).
Beim ANR erklären die Umweltbedingungen mehr als
drei Viertel der beobachteten Schwankungen.
Die Schwankungen der Dichte der fertilen Halme
(Ähren/m²) werden zu 88% durch die Umweltbedingun
gen bestimmt (Einfluss der Bestockung), während die
Sortenwahl und die Stickstoffdüngung einen moderate
ren Einfluss ausüben (5%). Die Pflanzenlänge kann
beträchtlich variieren. Nach den Umweltbedingungen
(61%) lassen sich die Unterschiede hauptsächlich durch
die Sortenwahl (24%) und die Stickstoffdüngung (12%)
erklären. Die Boden und Klimafaktoren wie fehlende
Niederschläge zum Zeitpunkt der Ernte sind entschei
dend für ein gutes Hektolitergewicht (69%). Dieses
Merkmal ist auch stark sortenabhängig (20%). Im Gegen
satz zu den Ergebnissen früherer Versuche (Levy et al.
2007) trug die Stickstoffdüngung nicht zu einem besse
ren HLG bei, wie dies auch von Charles et al. (2012)
beobachtet worden war. Für die Korngrösse waren im
Wesentlichen die Bedingungen des jeweiligen Jahres am
Ende des Zyklus verantwortlich (Umweltbedingungen),
welche zu Schwankungen des TKG führten (94%).
Wirkungen der Stickstoffdüngung
Betrachtet man den Kornertrag, unterscheidet sich das
Verfahren V1 (keine Stickstoffdüngung) sehr klar von
den übrigen Düngungsverfahren (Tab. 3; Abb. 3A). Die
Ertragsunterschiede innerhalb der verschiedenen Ver
fahren mit Stickstoffdüngung sind geringer. Diese Ver
suche zeigen, dass der Düngeraufteilung eine ebenso
grosse Bedeutung zufällt, wie der Düngermenge, da
mit einer Aufteilung des Düngereintrags bei einer
unterschiedlichen Gesamtmenge des Stickstoffs ein ver
gleichbarer Ertrag erreicht wird. Die Reduktion der bei
den ersten Stickstoffgaben um jeweils 20 kg N/ha
zugunsten der dritten Gabe (V3 > V5, V4 –> V6) hatte
keinen signifikanten Einfluss auf den Kornertrag. Dage
gen spielte der Zeitpunkt der dritten Gabe eine wichtige
Kornertrag
Ähren/m2
24% 33%
6% 0%
32% 44%
46%7%
78%
8%4% 3%4%4% 2%
29%35%
32%
6% 3%
1%
88% 61% 69% 94%
1%2% 3%
0%
12% 1%
20%
5% 5%
24%
2% 1%1%
Umweltbed.
5%5%
Pflanzenlänge Hektolitergewicht Tausendkorngewicht
Proteingehalt Proteinertrag (Körner) Scheinbare N-Ausnutzung
Düngungsverfahren Sorte Wechselwirkungen Restfehler
Abb. 2 | Einfluss der Umweltbedingungen, der Stickstoffdüngung und der Sorte auf verschiedene landwirtschaftliche Merkmale von Winter-weizen: mittlere Quadrate aus der Varianzanalyse, dargestellt als prozentuale Anteile.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen | Pflanzenbau
83
Rolle. Eine spätere Ausbringung zum Zeitpunkt der
Blüte hatte eine Reduktion des Ertrags zur Folge (1,3
dt/ha zwischen V3 und V4 und 4,4 dt/ha zwischen V5
und V6), wobei diese Verminderung statistisch nicht sig
nifikant war.
Wie beim Kornertrag beeinflusste der Verzicht auf
eine Stickstoffdüngung auch den Proteingehalt stark
(Tab. 3; Abb. 3B). Die auf eine Verbesserung des Protein
gehalts ausgelegte Versuchsanordnung vermochte die
Erwartungen zu erfüllen: Der Proteingehalt steigt stetig
vom Verfahren V1 bis zum Verfahren V8. Der Proteiner
trag, der die beiden Faktoren Kornertrag und Proteinge
halt kombiniert, wird stärker durch den Kornertrag als
durch den Proteingehalt beeinflusst (Tab. 3).
Durch den Verzicht auf eine Stickstoffdüngung
betrug die Zahl fertiler Halme nur 79% im Vergleich zur
dichtesten Variante, die mit 60 kg N/ha bei der ersten
Gabe (V2) erreicht wurde.
Die Werte für den durchschnittlichen Proteingehalt
(Abb. 3B) erwecken den irreführenden Eindruck, dass
eine Intensivierung der Stickstoffdüngung eine syste
matische Zunahme des Proteingehalts bewirkte. Die
Düngung bei der Blüte war 2013 in Goumoëns aufgrund
der Trockenheit unwirksam. Es ist bekannt, dass ein
Wassermangel, die Stickstoffaufnahme durch die
Pflanze reduziert (Sadras et al. 2004). Deshalb wurde in
diesem Jahr in Goumoëns mit dem Verfahren V5 der
höchste Proteingehalt erreicht (13,2%), während die
Verfahren V6 und V8 mit insgesamt jeweils nur 60 kg N/
ha vor der Blüte nur einen Proteingehalt von 10,5%
bzw. 10,6% ergaben. Selbst wenn der Proteingehalt
also mit einer zunehmenden Stickstoffdüngung ten
denziell steigt, stellt die verzögerte Ausbringung ein
nicht vernachlässigbares Risiko dar.
Es wurde eine grobe wirtschaftliche Auswertung
(nach Bruttomargen) unter Berücksichtigung der Anzahl
Ausbringungen, der Menge des eingesetzten Stickstoff
düngers, des Ertrags der Parzelle, des Preises für die
betreffende Qualitätsklasse, des Hektolitergewichts
sowie des Proteingehalts vorgenommen. Die Ergebnisse
Tab. 2 | Einfluss der Umweltbedingungen, der Stickstoffdüngung und der Sorte auf verschiedene landwirtschaftliche Merkmale von Winter-weizen: F-Werte der Varianzanalyse und Signifikanzniveau (n.s.: nicht signifikant, *: P<0,05, **: P<0,01, ***: P<0,001) der analysierten Faktoren.
Ertrag Proteine Prot.Ertrag ANR Ähren/m2 Länge HLG TKG
Umweltbedingungen 18,2 *** 135,9 *** 32,6 *** 59,0 *** 121,9 *** 106,0 *** 22,5 *** 5053,6 ***
Düngungsverfahren (DV) 31,5 *** 146,3 *** 56,5 *** 6,6 *** 20,2 *** 18,6 *** 0,6 n.s. 17,9 ***
Sorte 172,5 *** 402,4 *** 33,1 *** 43,8 *** 51,1 *** 287,8 *** 51,9 *** 52,3 ***
Umweltbed.*DV 2,5 *** 17,9 *** 2,9 *** 1,6 n.s. 0,8 n.s. 2,3 ** 1,9 ** 9,6 ***
Umweltbed.*Sorte 23,2 *** 18,2 *** 14,4 *** 12,8 *** 3,8 *** 4,1 *** 5,3 *** 59,1 ***
DV*Sorte 1,8 ** 2,1 *** 2,0 ** 1,0 n.s. 1,4 n.s. 1,6 * 1,4 n.s. 2,7 ***
Umweltbed.*DV*Sorte 1,2 n.s. 1,3 * 1,2 n.s. 0,9 n.s. 0,9 n.s. 1,2 n.s. 1,3 * 2,2 ***
DV: Düngungsverfahren; Proteine: Proteingehalt; Prot.Ertrag: Proteinertrag; ANR: Scheinbare N-Ausnutzung; HLG: Hektolitergewicht; TKG: Tausendkorngewicht
Tab. 3 | Einfluss der Stickstoffdüngung auf die verschiedenen landwirtschaftlichen Merkmale von Winterweizen: Durchschnitt aus zwei Standorten, drei Jahren, sechs Sorten und drei Wiederholungen (n=108). Die Buchstaben zeigen signifikante Unterschiede zwischen den Durchschnitten bei einem Signifikanzniveau von P<0,05.
Düngungsverfahren[kg N/ha]
Ertrag[dt/ha]
Proteine[%]
Prot. Ertrag[kg/ha]
ANRÄhren
/m2
Länge[cm]
HLG[kg/hl]
TKG[g/1000 Körner]
Wirtsch.[CHF]
V1: 0 44,6 d 11,0 e 415 c 497 c 70,8 d 77,2 a 46,5 b 2228 d
V2: 60-80 66,9 abc 12,8 d 723 b 0,39 a 631 a 84,0 ab 77,2 a 46,0 c 2928 a
V3: 40-60-40 (FB) 67,1 ab 12,9 d 730 b 0,40 a 616 a 84,0 ab 77,9 a 47,4 a 2853 ab
V4: 40-60-40 (FLO) 65,8 abc 13,1 c 731 b 0,40 a 603 ab 82,8 abc 77,4 a 47,4 a 2789 ab
V5: 20-40-80 (FB) 67,8 ab 13,3 bc 759 ab 0,43 a 603 ab 83,5 ab 77,8 a 47,7 a 2891 ab
V6: 20-40-80 (FLO) 63,4 bc 13,3 b 721 b 0,39 a 579 b 81,7 bc 77,9 a 47,5 a 2674 bc
V7: 60-80-60 (FB) 68,6 a 13,7 a 792 a 0,33 b 623 a 85,2 a 77,2 a 47,8 a 2824 ab
V8: 20-40-140 (FLO) 62,7 c 13,9 a 740 b 0,29 b 584 b 80,1 c 77,9 a 47,6 a 2531 c
Proteine: Proteingehalt; Prot.Ertrag: Proteinertrag; ANR: Scheinbare N-Ausnutzung; HLG: Hektolitergewicht; TKG: Tausendkorngewicht; Wirtsch.:Wirtschaftlichkeit
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Pflanzenbau | Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen
84
zeigen, dass das Verfahren V2 mit nur zwei Düngeraus
bringungen sowie das Verfahren V5 am interessantesten
sind (Tab. 3). Die Variante ohne Stickstoffdüngung (V1)
sowie die Verfahren mit einer dritten Ausbringung zum
Zeitpunkt der Blüte (V4, V6 und V8) sind dagegen weni
ger rentabel.
Einfluss der Sorte
Obwohl die Sorten Runal und Suretta den höchsten Pro
teingehalt erreichten, ergaben Premio und CH Combin
den höchsten Ertrag an Protein (Tab. 4). CH Combin und
Suretta sind in Bezug auf die Ausnutzung des eingetra
genen Stickstoffs (ANR) am effizientesten und Runal ist
am wenigsten effizient: Die NAusnutzung von CH Com
bin liegt um 40% über jener von Runal. Für den hohen
Ertrag von Premio ist die sehr hohe Zahl von Ähren/m²
verantwortlich, während die Leistungsfähigkeit der
Sorte CH Combin auf ihrem hohen Korngewicht (TKG)
beruht. Runal zeichnet sich durch die grössten Pflanzen
längen und HLG der Serie aus. Bei den aktuell geltenden
80
70
60
50
40
30
20
10
0
8
9
10
11
12
13
14
15
Runal
Korn
ertr
ag [d
t/ha]
A
B
Prot
eing
ehal
t [%
]
CH Claro Suretta CH Combin Levis Premio
V1: 0V2: 60-80V3: 40-60-40 FBV4: 40-60-40 BLÜV5: 20-40-80 FBV6: 20-40-80 BLÜV7: 60–80-60 FBV8: 20-40-140 BLÜ
V1: 0V2: 60-80V3: 40-60-40 FBV4: 40-60-40 BLÜV5: 20-40-80 FBV6: 20-40-80 BLÜV7: 60–80-60 FBV8: 20-40-140 BLÜ
Runal CH Claro Suretta CH Combin Levis Premio
Abb. 3 | Durchschnitte (mit Standardabweichung) A) des Kornertrags und B) des Proteingehalts nach Sorte und Düngungsverfahren(n= 18 bei jeder Säule des Diagramms).
Tab. 4 | Einfluss der Sorte auf die verschiedenen landwirtschaftlichen Merkmale von Winterweizen: Durchschnitt aus zwei Standorten, drei Jahren, acht Düngungsverfahren und drei Wiederholungen (n = 144). Die Buchstaben zeigen signifikante Unterschiede zwischen den Durchschnitten an bei einem Signifikanzniveau von P<0,05.
SorteErtrag[dt/ha]
Proteine[%]
Prot. Ertrag[kg/ha]
ANR Ähren/m2 Länge[cm]
HLG[kg/hl]
TKG[g/1000 Körner]
Wirtsch.[CHF]
Runal 54,5 d 14,1 a 656 d 0,29 d 589 c 89,8 a 79,1 a 47,2 b 2397 e
CH Claro 61,7 c 13,1 c 691 c 0,36 c 626 a 87,3 b 78,1 b 47,3 b 2737 c
Suretta 61,6 c 13,6 b 715 b 0,40 b 562 d 79,4 c 77,5 c 47,8 a 2608 d
CH Combin 68,0 b 12,5 e 732 a 0,42 a 609 b 75,6 e 77,2 c 48,0 a 2924 b
Levis 62,4 c 12,7 d 683 c 0,38 c 537 e 79,8 c 78,5 b 47,1 b 2593 d
Premio 71,9 a 11,9 f 735 a 0,38 c 628 a 77,2 d 75,1 d 46,1 c 3031 a
Proteine: Proteingehalt; Prot.Ertrag: Proteinertrag; ANR: Scheinbare N-Ausnutzung; HLG: Hektolitergewicht; TKG: Tausendkorngewicht; Wirtsch.:Wirtschaftlichkeit
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Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen | Pflanzenbau
85
Beim Sortenvergleich (Abb. 4B) zeigt sich, dass Runal
den Stickstoffdünger sehr schlecht verwertet. Die meis
ten Parzellen der Sorte CH Combin erreichten dagegen
eine hohe NAusnutzung, was die Spitzenleistung dieser
Sorte erklärt. Auch die grosse Bandbreite der ANRWerte
von CH Claro ist bemerkenswert. Etwa 30% der Parzel
len dieser Sorte weisen sehr tiefe ANRWerte auf, wohin
gegen einige Parzellen sehr hohe Werte erreichen. Diese
Beobachtung liefert eine Erklärung dafür, weshalb diese
Sorte oft so kontrovers bewertet wird: Während ein Teil
der Landwirte extrem zufrieden ist, sind andere ent
täuscht von der Leistung dieser Sorte.
Einflussfaktoren des Kornertrags
Der Kornertrag wird von zahlreichen Faktoren beein
flusst. Je nach Düngermenge und Aufteilung haben
unterschiedliche Parameter einen Einfluss auf den
Kornertrag. Ein Faktor, der bei einem Düngungsver
fahren einen positiven Effekt hat, kann bei einem
anderen Verfahren negative Auswirkungen haben.
Ohne Stickstoffdüngung (V1) besteht eine enge posi
tive Korrelation zwischen dem Kornertrag und der
Anzahl Ähren pro m² (r=0,777***) sowie der Pflanzen
länge (r=0,701***). Bei allen Verfahren mit Düngung
korreliert der Kornertrag signifikant mit der Anzahl
Ähren pro m², aber dieser Faktor verliert an Einfluss
Übernahmebedingungen für die Ernte sind die ertrags
stärksten Sorten auch die profitabelsten.
Bei der Analyse aller Kombinationen Sorte x Dün
gungsverfahren (Abb. 3A) fällt ein tendenziell gegen
sätzliches Verhalten der Sorte Suretta auf: Während sie
die hohen frühzeitigen NGaben (60 kg N/ha) besonders
gut nutzen konnte, wirkte sich bei ihr eine Erhöhung der
2. und 3. Einträge auf Kosten der ersten Gabe (V4, V6
und V8) sehr ungünstig aus.
Scheinbare N-Ausnutzung (ANR)
Die scheinbare Stickstoffausnutzung (Apparent Nitro
gen Recovery, ANR) in den Körnern ist ein Mass für die
Effizienz, mit welcher der Stickstoffdünger verwertet
wird. Während das Verfahren V5 die Spitze einnimmt,
schneiden die Verfahren V7 und V8 am schlechtesten ab
(Abb. 4A). Selbst wenn der Kornertrag bei Verfahren V7
am höchsten ist, rechtfertigt der erreichte Zuwachs die
gegenüber V2 bis V6 eingesetzten zusätzlichen 60 kg N/
ha nicht. Sadras und Rodriguez (2010) bestätigen, dass
die NAusnutzung mit zunehmendem Düngereinsatz
sinkt. Andere Studien (Arvalis 2014) haben gezeigt, dass
die Kapazität zur Stickstoffverwertung vom Entwick
lungsstadium der Kultur abhängig ist. Am Ende des Sta
diums Schossen wird der Stickstoff beispielsweise dop
pelt so gut verwertet wie zum Zeitpunkt der Bestockung.
Abb. 4 | Scheinbare N-Ausnutzung (ANR) in den Körnern A) nach Düngungsverfahren (n=108 Parzellen pro Verfahren) und B) nach Sorte (n=126 Parzellen pro Sorte). Innerhalb eines Verfahrens sind die Parzellen in aufsteigender Reihenfolge ihres ANR-Werts geordnet.
-0,220 40 60 80 100 120
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
V2: 60-80V3: 40-60-40 FBV4: 40-60-40 BLÜV5: 20-40-80 FBV6: 20-40-80 BLÜV7: 60–80-60 FBV8: 20-40-140 BLÜ
Sche
inba
re N
-Aus
nutz
ung
(AN
R)
A
20 40 60 80 100 120 140
CH ClaroCH CombinLevisPremioRunalSuretta
Sche
inba
re N
-Aus
nutz
ung
(AN
R)
-0,2
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
B
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
Pflanzenbau | Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen
86
bei den Verfahren, welche die höchsten Erträge erga
ben. Während die Pflanzenlänge ohne Stickstoffdün
gung (V1) zu einem hohen Kornertrag beitrug, wirkte
sich eine grosse Höhe nachteilig auf den Ertrag von
gut mit Stickstoff versorgten Pflanzen aus (negativer
Korrelationskoeffizient). Es lässt sich in diesen Fällen
vermuten, dass die Vorteile eines gut ausgebildeten
Blattapparates durch die Konkurrenz zwischen Blät
tern und Körnern um verfügbare Nährstoffe aufgeho
ben wurden. Die Dichte der Körner (HLG) korreliert
positiv mit dem Kornertrag bei den meisten Dün
gungsverfahren. Ein hohes Tausendkorngewicht trug
nur bei zwei Düngungsverfahren (V3 und V7) zu einem
guten Ertrag bei.
Der Verdünnungseffekt der Proteine in den Körnern
mit zunehmendem Ertrag wurde bereits eingehend
untersucht (Waldon1933; Grant und McCalla 1949; Stu
ber et al. 1962). Unsere Versuche zeigen, dass diese
negative Korrelation nicht statistisch signifikant ist,
solange der Kornertrag gering ist. Wenn bei den bei uns
herrschenden Boden und Klimabedingungen jedoch
der Ertrag über etwa 65 dt/ha liegt, wird diese negative
Korrelation signifikant und enger (r zwischen 0,281**
und 0,438***)
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
• Um einen interessanten Kornertrag und Proteingehalt
zu erzielen, ist eine minimale Stickstoffdüngung erfor
derlich.
• Für 33% der Variabilität des Proteingehalts ist die
Sorte verantwortlich. Die Produzenten können den
Proteingehalt des Weizens am einfachsten durch die
Sortenwahl beeinflussen.
• Durch die Aufteilung des Stickstoffdüngers auf drei
Gaben (statt zwei) lässt sich der Proteingehalt bei den
meisten Sorten signifikant erhöhen. Bei günstigen
Bedingungen ergibt eine Aufteilung von 204080 kg
N/ha mit der dritten Düngergabe beim Erscheinen des
Fahnenblattes (V5) einen zufriedenstellenden Protein
gehalt ohne den Ertrag signifikant zu beeinflussen.
Wenn die letzte Gabe später erfolgt (Blüte), wird bei
(pedologischen und klimatischen) Bedingungen, die
für die Stickstoffaufnahme der Pflanze günstig sind,
der Proteingehalt erhöht, der Kornertrag allerdings
vermindert.
• Die untersuchten Sorten unterscheiden sich stark
bezüglich ihrer Verwertung des eingetragenen Stick
stoffdüngers. CH Combin nutzt den Stickstoff viel bes
ser als Runal (ANR um 40% höher). Auch die Aufteilung
der Stickstoffdüngung beeinflusst die NAusnutzung. In
unseren Versuchen war das Düngungsverfahren V5 am
effizientesten, bei dem etwa die Hälfte des eingetrage
nen Stickstoffs von den Körnern verwertet werden
konnte. Die zusätzlich eingetragenen 60 kg N/ha in den
beiden intensivsten Düngungsverfahren (V7 und V8)
konnten relativ schlecht verwertet werden (tiefere
ANRWerte).
• Die Faktoren, die den Kornertrag beeinflussen, unter
scheiden sich je nach Intensität der Stickstoffdüngung.
Wäre dies verständlicher? Bei knapper Stickstoffver
sorgung erzielen längere Pflanzen und jene mit höhe
rer Ährendichte einen bedeutenderen Ertrag. Bei
günstigeren Bedingungen tritt die Biomasse der Blät
ter dagegen in Konkurrenz mit der Bildung von Kör
nern. Ausserdem wird die negative Korrelation zwi
schen Kornertrag und Proteingehalt mit zunehmendem
Ertrag immer ausgeprägter.
• Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Variante V2 mit nur zwei
StickstoffGaben am interessantesten, dicht gefolgt vom
Verfahren V5. Von einer DüngerGabe zum Zeitpunkt der
Blüte wird unabhängig von der Menge abgeraten. n
Ähren/m2
Länge
Proteingehalt
Hektolitergewicht
TausendkorngewichtV1
-0,6
-0,4
-0,2
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
V8 V6 V4 V2 V3 V5 V7
Düngungsverfahren
Korr
elat
ions
koef
fizie
nt (r
)
Abb. 5 | Korrelationskoeffizient (r) zwischen Kornertrag und den verschiedenen untersuchten Parametern nach den verschiedenen Düngungs-verfahren (n= 108). Die Düngungsverfahren sind in aufsteigender Reihenfolge nach dem Kornertrag geordnet. Es sind nur Punkte mit einem si-gnifikanten (P<0,05) Korrelationskoeffizienten r dargestellt.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
Die Kunst, den Stickstoffdünger für einen optimalen Ertrag und Proteingehalt von Weizen aufzuteilen | Pflanzenbau
87
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
The art of splitting nitrogen applications to
optimise wheat yield and protein content
The cereals trade association has set up a
harvest payment system based on the
protein content of ‘TOP’ class wheats.
Agroscope has implemented tests to study
the impact of splitting the application of
nitrogen fertiliser on wheat yield and
quality. In Swiss soil and weather conditions,
a 20-40-80 kg N/ha split – the third input
being made at the CD-37 stage (flag-leaf
sprouting) – yielded excellent results, both in
terms of grain yield and protein content.
Producers keen to produce grains with a high
protein content may be tempted to choose
the varieties highest in protein, and to
manage them very intensively, with a
significant third input at flowering; however,
this strategy carries a very high risk of
non-assimilation of the nitrogen by the
plant, and of loss of grain yield. From an
economic perspective, the most productive
varieties are also the most profitable, even if
they belong to lower quality categories. The
study also highlighted the fact that in
situations of low nitrogen availability, a
high-straw variety developing a large
number of spikes per m² has the edge. By
contrast, the size of the plant militates
against grain formation in the more inten-
sive systems.
Key words: nitrogen fertilization, winter
wheat, grain yield, varieties, protein content,
apparent coefficient of nitrogen use.
L'arte di frazionare l'azoto per ottimizzare la
resa e il tenore proteico del grano
L'interprofessione nel settore dei cereali ha
instaurato un sistema di pagamento dei
raccolti basato sul tenore proteico del grano
della classe TOP. Agroscope ha effettuato degli
esperimenti per studiare l'impatto del frazio-
namento della concimazione azotata sulla resa
e sulla qualità del grano. Nelle nostre condi-
zioni pedoclimatiche una ripartizione di
20-40-80 kg N/ha – con il 3o apporto allo
stadio CD 37 (comparsa dell'ultima foglia) - ha
portato a risultati eccellenti, per quanto
riguarda sia la resa in semi sia il tenore
proteico. I produttori desiderosi di ottenere
semi dall'elevato tenore proteico sono
probabilmente tentati di scegliere le varietà
più ricche di proteine e di coltivarle in maniera
molto intensiva con un 3o apporto importante
al momento della fioritura. Tuttavia, questa
strategia presenta un altissimo rischio di non
assimilazione dell'azoto da parte della pianta
nonché di perdita di resa in semi. Da un punto
di vista economico, le varietà più produttive
sono al contempo le più redditizie, anche se
appartengono a classi qualitative inferiori. Lo
studio ha altresì messo in evidenza che, nelle
situazioni di scarsa disponibilità di azoto,
risulta avvantaggiata una varietà a paglia alta
e in grado di produrre un grande numero di
spighe per m². Al contrario, la statura della
pianta diventa un elemento negativo per la
formazione dei semi nei sistemi più intensivi.
Literatur ▪ Arvalis 2014. Optimiser l’alimentation de la plante en fractionnant l’azote. Zugang: http://www.cetiom.fr/fileadmin/cetiom/kiosque/arvalis-info/2014janvier/ACI_janvier2014_interventions_printemps_cereales.pdf [23.11.2015].
▪ Brabant C. et Levy L., 2016. Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Auftei-lung auf die Backqualität von Weizen. Agrarforschung Schweiz 7 (2), 88–97.
▪ Charles R., Collaud J.-F., Levy L. & Sinaj S., 2012. Sorten, Saatdichte und Stickstoffdüngung bei Wintergerste. Agrarforschung Schweiz 3 (2), 88–95.
▪ Collin F., 2012. Modélisation du coefficient apparent d'utilisation de l'azote issu d'un engrais minéral apporté sur blé tendre d'hiver. Agricultural scien-ces. 2012. <dumas-00741001> Zugang: http://dumas.ccsd.cnrs.fr/du-mas-00741001/document [23.11.2015].
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▪ Levy L., Schwaerzel R. & Kleijer G., 2007. Stickstoffdüngung und Brotgetreide qualität. Agrarforschung 14 (10), 484–489.
▪ Sadras V.O., Baldock J., Cox J., Bellotti B., 2004. Crop rotation effect on wheat grain yield as mediated by changes in the degree of water and nitro-gen co-limitation. Aust. J. Agric. Res. 55, 599-607.
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▪ Sonderegger O. et Scheuner S., 2014. Bekenntnis zur Qualitätsstrategie – Ge-treidebranche einigt sich auf Proteinbezahlung. Zugang: http://www.swiss-granum.ch/files/2014-05-28_mm_loesung_proteingehalt_d.pdf [23.11.2015].
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Agrarforschung Schweiz 7 (2): 80–87, 2016
88 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen
Cécile Brabant und Lilia Levy Häner
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Cécile Brabant, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war die Backqualität immer eines der wichtigsten Kriterien bei der Weizenzüchtung von Agroscope.
E in le i tung
Die schweizerischen Sorten weisen einen hohen Protein
gehalt und eine gute Backqualität auf. Sie gehören
mehrheitlich zu den Klassen Top und I, die höchsten
Qualitätsklassen des Systems von swiss granum. Dies
überrascht nicht, da die Backqualität seit Beginn des 20.
Jahrhunderts stets ein vorrangiges Ziel des Weizen
Züchtungsprogramms von Agroscope war. In Frankreich
werden die Schweizer Sorten meist als Aufmisch und
Qualitätsweizen eingestuft (Qualität BAF: «blé amélio
rant ou de force»).
In gewissen Jahren wurden in der Schweiz allerdings
instabile Proteinwerte beobachtet, die teilweise ziem
lich tief fielen (Abb. 1). Für dieses Verhalten können in
erster Linie die besonderen klimatischen Bedingungen
bestimmter Jahre verantwortlich gemacht werden (Was
serüberschuss oder Trockenheit), welche die Stickstoff
aufnahme störten (vorzeitige Auswaschung der Nitrate
aus dem Oberboden, Beeinträchtigung der Mineralisie
rung des Bodens, Störung der Wurzelfunktion). Die Aus
wirkungen klimatischer Faktoren auf den Proteingehalt
der Körner wurden von Arvalis (2013) auf +/ 0,5 bis 2
Prozentpunkte geschätzt.
Eine Instabilität des Proteingehalts wurde auch in
anderen Ländern Europas festgestellt (Arvalis 2014),
namentlich in Frankreich und Deutschland (Abb. 1).
Seit 2001 schwankt der Proteingehalt in der Schweiz
stärker als in Frankreich oder Deutschland. Eine Erklä
rung dafür könnten die in der Schweiz geltenden tiefe
ren NDüngungsnormen sein (140 kg N/ha bis 160 kg N/
ha je nach Zielertrag; Richner et al. 2010). Die Schweizer
Landwirtschaftsbetriebe verfügen also über weniger
Mittel, um einer Verminderung des Proteingehalts ent
gegenzuwirken.
Der in ungünstigen Jahren resultierende geringe
Proteingehalt kann für Abnehmer ein Problem darstel
len, die proteinreichen Weizen für bestimmte Brother
stellungen benötigen, wie zum Beispiel für Brote aus
Kältetechnologie, tiefgefrorene Brote beziehungsweise
Croissants oder intensivere Brotherstellungsmethoden.
Seit 2009 haben die Abnehmer ihre Anforderungen an
den Feuchtglutengehalt erhöht, der auch ein bestim
mendes Kriterium für die Qualitätsklasse der Sorten ist,
die in der Liste der empfohlenen Sorten aufgeführt sind
(Kleijer et al. 2011).
Um den Proteingehalt der Ernten zu verbessern,
bezahlen die Mühlen seit der Ernte 2015 die Weizen der
Klasse Top nach ihrem Proteingehalt. Dieses BonusMalus
System der Getreidebranchenorganisation gilt für Weizen
mit einem Proteingehalt ausserhalb der Bandbreite von
12,5%–14,0% (Sonderegger und Scheuner 2014).
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen | Pflanzenbau
89Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Bestimmte Arten der Brotherstellung erfordern
einen hohen Proteingehalt und genau defi-
nierte rheologische Eigenschaften. Der Protein-
anteil von Schweizer Weizensorten ist hoch,
schwankt jedoch beträchtlich und ist in
gewissen Jahren für die Brotherstellung
unzureichend. Von 2011 bis 2013 wurde eine
Studie mit vier Weizensorten und sieben
verschiedenen Stickstoffdüngungsverfahren
durchgeführt. Dabei sollte einerseits der
Einfluss der Stickstoffdüngung (Dosis und
Aufteilung) auf den Proteingehalt der Körner
und andererseits die Beziehung zwischen
Proteinanteil und rheologischen Eigenschaften
beziehungsweise Merkmalen der Backqualität
bei verschiedenen Sorten untersucht werden.
Die Aufteilung der Düngung in drei Gaben
(statt zwei) erhöht nicht nur deutlich den
Gehalt an Feuchtgluten, sondern verbessert
auch dessen qualitative Merkmale. Eine
Aufteilung nach dem Düngungsverfahren
20-40-80 kg N/ha mit der letzten Gabe zum
Zeitpunkt des Erscheinens des Fahnenblattes
ist optimal für eine Erhöhung des Feuchtglu-
tengehalts ohne Beeinträchtigung der rheolo-
gischen Merkmale und des Ertrags. Diese
Aufteilung kann für den Anbau der Klasse Top
empfohlen werden. Die Ergebnisse zeigen auch,
dass eine Erhöhung des Proteingehalts die
Qualität des Glutens nicht zwingend verbessert,
da mit einer intensiveren Düngung mehrere
Parameter wie der Zeleny-Index, der Dehnwi-
derstand des Teiges, der Gluten-Index oder das
Volumen von Brot aus Kältetechnologie
stagnieren oder sich sogar verschlechtern.
Diese Beobachtung lässt sich mit dem gleich-
bleibenden Anteil der Glutenine sowie mit
einer Verminderung der Gliadine zugunsten der
Albumine und Globuline erklären.
Unabhängig vom angewendeten Düngungsver-
fahren ist der Proteingehalt bei der Sorte Runal
immer am höchsten. Obwohl der Proteingehalt
der Sorte CH Claro tiefer als bei der Sorte Runal
liegt, erreicht diese Sorte in den Tests zum
rheologischen Verhalten und zur Backqualität
gleichwertige Ergebnisse.
Abb. 1 | Entwicklung des durchschnittlichen Proteingehalts (%) der Ernten in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland über den Zei-traum der letzten 15 Jahre. Die Daten für die Schweiz beruhen auf der Qualitätserhebung der Ernten bei 21 Sammelstellen.
Diese Studie wurde im Zeitraum 2011 bis 2013 durch
geführt, um die Landwirtschaftsbetriebe und Bäckereien
im Hinblick auf eine Verbesserung des Proteingehalts zu
unterstützen. Ein erster Artikel, der ebenfalls in dieser
Ausgabe erschienen ist, zeigt den Einfluss der Stickstoff
düngung (Dosis und Aufteilung) auf den Proteingehalt
und den Kornertrag unter Schweizer Anbaubedingun
gen (Levy und Brabant 2016). Dieser zweite Artikel
beschreibt den Einfluss der Stickstoffdüngung (insbeson
dere nach Entwicklungsstadium und nach Dosis der drit
ten Gabe) auf die rheologischen Eigenschaften und die
Backqualität von Weizen.
Mater ia l und Methoden
Die Versuche wurden unter ExtensoBedingungen
(das heisst ohne Wachstumsregulatoren oder Fungi
zide) durchgeführt, in Changins mit Bewässerung
nach der Düngergabe und in Goumoëns ohne Bewäs
serung. Die Versuchsanordnung ist detailliert im ers
ten Artikel beschrieben (Levy und Brabant 2016). Sie
umfasste sechs Sorten mit unterschiedlicher Backqua
lität, wovon vier Sorten in diesem Artikel berück
sichtigt wurden: Runal und CH Claro (Klasse Top), CH
Combin (Klasse 1) und Premio (Klasse 2). Insgesamt
wurden acht Düngungsverfahren getestet, sieben
davon werden hier betrachtet:
•• V1: 0, ohne Stickstoffdüngung
•• V2: 6080 kg N/ha, vereinfachtes Verfahren ohne 3.
Düngergabe
•• V3: 406040 kg N/ha FB, mit 3. Gabe beim Erschei
nen des Fahnenblattes
•• V4: 406040 kg N/ha BLÜ, mit späterer 3. Gabe zum
Zeitpunkt der Blüte
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Frankreich Deutschland Schweiz
Quelle: swiss granum, FranceAgriMer und Besondere Ernteermittlung (BEE)
102000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
1211
13
141516
Prot
eing
ehal
t (%
)
Pflanzenbau | Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen
90
•• V5: 204080 kg N/ha FB, mit höherer 3. Gabe beim
Erscheinen des Fahnenblattes
•• V6: 204080 kg N/ha BLÜ, mit höherer 3. Gabe zum
Zeitpunkt der Blüte
•• V8: 2040140 kg N/ha BLÜ, intensive Düngung mit 200
kg N/ha, mit hoher 3. Gabe zum Zeitpunkt der Blüte.
Bei den Verfahren V2, V3, V4, V5 und V6 werden 140
kg N/ha ausgebracht. Die Wahl der verschiedenen Dün
gungsverfahren erfolgte auf der Grundlage der gängigen
Praxis in der Schweiz und von Ergebnissen französischer
Versuche (A.D.A. 2011; Triboï und TriboïBlondel 2002) zur
Wirkung von Düngergaben auf den Proteingehalt.
Zehn Parameter zur Qualität wurden im Agroscope
Labor gemessen (Kleijer 2002):
•• Proteingehalt durch Nahinfrarotspektroskopie (NIRS
Büchi)
•• Feuchtglutengehalt (ICCStandard 137) und Gluten
Index (ICCStandard 155) mit dem GlutomaticGerät
•• ZelenyIndex (ICCStandard 116/1)
•• Wasseraufnahme, Knetwiderstand und Widerstands
verlust mit dem Farinographen (ICCStandard 115/1)
•• Dehnwiderstand, Dehnbarkeit und Zähigkeit des
Teigs mit dem Extensographen (ICCStandard 114/1).
Es wurden drei verschiedene Tests zur Backqualität
durchgeführt (Abb. 2): Kastenbrote durch das Agroscope
Labor, 1kgGrossbrote durch die Bäckereifachschule
Richemont und Brote aus Kältetechnologie durch ein
Labor in Deutschland. Bei diesen drei Brotarten wurde
das Volumen gemessen und bei den Grossbroten von der
Berufsschule Richemont eine Bewertung nach zehn Krite
rien vorgenommen (Abb. 3).
Abb. 2 | Drei Backversuche: Kastenbrot (A), Grossbrot (B) und Brot aus Kältetechnologie (C).
A
Abb. 3 | Bei der Bewertung der Brote von der Bäckereifachschule Richemont berücksichtigte Parameter. Jeder Parameter wird mit einer Note zwischen 1 und 10 bewertet (Endnote maximal 100 Punkte). Hier sind die Noten für die Sorte Runal nach Anwendung des Düngungs-verfahrens V3 im Jahr 2013 dargestellt.
0123456789
10Krustenfarbe
Geruch
Geschmack Form und Aussehen
Ausbund
Volumen
Krustenstruktur
Krumenfarbe
Porung
Krumen-struktur
B
C
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen | Pflanzenbau
91
Als Ergänzung zu diesen Tests wurden durch das
AgroscopeLabor SEHPLCAnalysen (Morel et al. 2000)
zur Quantifizierung der verschiedenen Weizenprote
ine durchgeführt.
Die Analysen des Proteingehalts erfolgten pro Par
zelle. Die rheologischen Tests, die Tests zur Herstellung
von Kastenbrot und Broten aus Kältetechnologie sowie
die SEHPLCAnalysen wurden jeweils bei einer Mischung
aus den drei Feldwiederholungen durchgeführt. Die
Grossbackversuche fanden jeweils bei einer Mischung
aus den drei Feldwiederholungen und den beiden Stand
orten statt.
Die Varianzanalysen und die NewmanKeulsVer
gleichstests wurden mit der Software SigmaStat durch
geführt.
Resu l t ate und D i skuss ion
Proteingehalt
Bei fünf von sechs Umweltbedingungen (Standort x
Jahr) reagierte der Proteingehalt in vergleichbarer Weise
auf die verschiedenen Düngungsverfahren. Der bei Ver
fahren V1 (ohne Stickstoffdüngung) gemessene Protein
gehalt lag um mehr als zwei Prozentpunkte unter dem
Proteingehalt, der bei allen anderen Plänen festgestellt
wurde. Wenn dieselbe Stickstoffdosis von 140 kg N/ha
(V2 bis V6) angewendet wurde, konnte durch eine späte
dritte Gabe zum Zeitpunkt der Blüte der Proteingehalt
im Vergleich zu einer früheren dritten Gabe gesteigert
werden (Abb. 4A). Wir stellten eine signifikante
Zunahme des Proteingehalts um 0,43 Prozentpunkte bei
V4 im Vergleich zu V3 fest und um 0,62 Prozentpunkte
bei V6 im Vergleich zu V4. Bei klimatischen Bedingun
gen, die eine gute Verwertung des spät eingetragenen
Stickstoffs begünstigen, kann damit durch eine Auftei
lung der 140 kg N/ha mit einer späten Gabe von 80 kg/ha
bei der Blüte (V6) der Proteingehalt um rund 0,5 Pro
zentpunkte gesteigert werden. Das Verfahren V8 (200
kg N/ha/Jahr, mit 140 kg N/ha bei der Blüte) führte aus
nahmslos zum höchsten Proteingehalt.
Unabhängig vom gewählten Düngungsverfahren
wies die Sorte Runal immer den höchsten Proteingehalt
auf, gefolgt in absteigender Reihenfolge von CH Claro,
CH Combin und Premio.
Bei einer von sechs Umweltbedingungen (Goumoëns
2013) nahm der Proteingehalt bei V4 gegenüber V3 und
bei V6 gegenüber V5 unerwartet ab (0,8 bzw. 2,6 Pro
zentpunkte). In dieser Situation wurde der Stickstoff bei
der Blüte auf einen trockenen und durchlässigen Boden
ausgebracht und es folgte kein Regen auf die Düngung.
Es lässt sich vermuten, dass der Stickstoff der letzten
Gabe nicht von den Pflanzen aufgenommen oder zumin
dest nicht für die Körner verwertet werden konnte.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Pro
teingehalt durch eine dritte späte Düngergabe bei der
Blüte zwar erhöht werden kann, dass dies jedoch wegen
des zu hohen ökologischen und finanziellen Risikos für
die Praxis nicht empfohlen wird.
Rheologische Tests
Die Ergebnisse für den Gehalt an Feuchtgluten
(Abb. 4B) sind den Resultaten zum Proteingehalt recht
ähnlich. Das Verfahren V1 unterscheidet sich durch
einen deutlich tieferen Gehalt. Durch die späte Stick
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Abb. 4 | Einfluss des Düngungsverfahrens und der Sorte auf den Proteingehalt (A) und den Feuchtglutengehalt (B), jeweils errechnet aus dem Durchschnitt von fünf Kombinationen Standort x Jahr (Changins 2011–2013 und Goumoens 2011–2012). Die Ergebnisse der Kombination Gou-moens 2013 wurden nicht berücksichtigt, da sie sich stark von den übrigen fünf Kombinationen unterscheiden (Erklärungen im Text). Die Werte bei den Düngungsverfahrens mit insgesamt 140 kg N/ha sind rot umrahmt. Die Grossbuchstaben deuten auf signifikante Unterschiede (P < 0,05) zwischen den Durchschnitten der jeweiligen Düngungsverfahrens.
8 9
10 11 12 13 14 15 16
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
0 5
10 15 20 25 30 35 40 45
Prot
eing
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t (%
)
Feuc
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)
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N
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F E D CC B A
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0-80
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0-40
-80
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V8:2
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-140
BLÜ
V1:0
N
V2:6
0-80
V3:4
0-60
-40
LB
V4:4
0-60
-40
BLÜ
V5:2
0-40
-80
LB
V6:2
0-40
-80
BLÜ
V8:2
0-40
-140
BLÜ
+0.43% +0.62%
Pflanzenbau | Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen
92
stoffgabe wird der Feuchtglutengehalt erhöht. Mit
dem Verfahren V6 (140 kg N/ha mit einer späten drit
ten Gabe von 80 kg N/ha bei der Blüte) können im Ver
gleich zum Verfahren V3 3,5 Prozentpunkte gewon
nen werden. Im Gegensatz zum Proteingehalt nahm
der Feuchtglutengehalt von Verfahren V2 gegenüber
V3 signifikant zu (+1,2 Prozentpunkte). Die Aufteilung
in drei Düngergaben (statt zwei Gaben) erhöht den
Feuchtglutengehalt also signifikant. Ausserdem ist der
Gehalt bei Verfahren V5 signifikant höher als bei Ver
fahren V3. Durch eine höhere Gabe zum Zeitpunkt des
Erscheinens des Fahnenblattes (80 kg N/ha statt 40 kg
N/ha) kann der Feuchtglutengehalt ebenfalls signifi
kant gesteigert werden (+1,9 Prozentpunkte). Dieser
Unterschied ist sehr wichtig, da mit dem Verfahren V5
der Feuchtglutengehalt erhöht werden kann, ohne
das Risiko einzugehen, dass der in die Kultur ausge
brachte Stickstoff nicht verwertet werden kann.
Die mit dem Farinographen gemessenen Parame
ter Wasseraufnahme (Abb. 5A) und Knetwiderstand
(Abb. 5B) liegen bei Verfahren V1 tiefer als bei allen
anderen Verfahren. Die Unterschiede zwischen den
Verfahren V2 bis V6 sind gering, das Verfahren V8
erreicht aber die signifikant höchsten Werte. Es ist
bekannt, dass der Proteingehalt einen grossen Einfluss
auf diese beiden Parameter hat.
Im Gegensatz zu den Parametern, die mit dem Pro
teingehalt zusammenhängen, nimmt der Gluten-Index
(Abb. 6A) und damit die GlutenQualität im Falle einer
hohen Stickstoffgabe bei der Blüte (V8) signifikant ab
(Abb. 6). Der Zeleny-Index (Abb. 6B) steigt signifikant
zwischen den Verfahren V1 und V2, zwischen V2 und V3
sowie zwischen V3 und V4. Durch die Aufteilung der
Düngung in drei statt zwei Stickstoffgaben sowie eine
späte dritte Gabe lässt sich also die Qualität der Prote
ine verbessern. Die Verfahren V5 bis V8, mit einer höhe
ren letzten Gabe, führen jedoch nicht zu einer Erhö
hung des ZelenyIndexes. Diese Stagnation lässt sich
auch beim Dehnwiderstand des Teiges (Abb. 6C) und
bei der Dehnbarkeit feststellen (Abb. 6D). Durch die
zusätzliche Proteinmenge, die durch eine intensivere
Stickstoffdüngung gewonnen wird, lässt sich also die
Qualität des Glutens nicht verbessern.
Beim GlutenIndex, ZelenyIndex und der Dehnbar
keit des Teiges reagieren die Sorten auf dieselbe Weise
auf die verschiedenen Verfahren. Beim Dehnwiderstand
des Teiges lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem
Düngungsverfahren und der Sorte feststellen. Das inten
sivste Verfahren V8 verbesserte den Dehnwiderstand des
Teiges bei den Sorten CH Combin und Premio, die damit
auf die beiden anderen Sorten aufschliessen konnten.
Bei zahlreichen rheologischen Tests (ZelenyIndex, Glu
tenIndex, Dehnbarkeit des Teigs) erreichten CH Claro
und CH Combin trotz tieferem Proteingehalt ähnliche
Ergebnisse wie Runal und dies unabhängig vom ange
wendeten Düngungsverfahren.
Backversuche
Das Volumen des Kastenbrots steigt schrittweise mit der
Intensivierung der Stickstoffdüngung (Abb. 7A).
Abb. 5 | Einfluss des Düngungsverfahrens und der Sorte auf die Wasseraufnahme (A) und den Knetwiderstand (B), jeweils errechnet aus dem Durchschnitt von sechs Kombinationen Standort x Jahr (Changins 2011–2013 und Goumoens 2011–2013, die in den Varianzanalysen als Wiede-rholungen angesehen werden). Die Werte bei den Düngungsverfahrens mit insgesamt 140 kg N/ha sind rot umrahmt. Die Grossbuchstaben deu-ten auf signifikante Unterschiede (P < 0,05) zwischen den Durchschnitten der jeweiligen Düngungsverfahrens.
0 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72
1
2
3
4
5
6
7
8
Knet
wid
erst
and
(min
)
H 20-A
ufna
hme
(%)
E CD C BC BC AB A
A BC B B BB B A
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N
V1:0
N
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-140
BLÜ
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen | Pflanzenbau
93
Das Volumen der Brote aus Kältetechnologie (Abb. 7B)
nahm mit der Aufteilung auf drei statt zwei StickstoffEin
träge zwischen V1 und V2 sowie zwischen V2 und V3 signi
fikant zu. Dieses Volumen veränderte sich zwischen den
Verfahren V3 bis V8 nicht mehr signifikant. Bei dieser Art
Brotherstellung wird die These der Bäcker nicht bestätigt,
dass der Proteingehalt für das Volumen eine wichtige
Rolle spielt.
Das Volumen der Grossbrote (Abb. 7C) wird stärker
von den verschiedenen Düngungsverfahren beeinflusst.
Das Volumen steigt signifikant, wenn die Düngung in
drei Gaben aufgeteilt wird und wenn die letzte Gabe
zum Zeitpunkt der Blüte erfolgt. Die erhaltenen Kurven
sehen den Kurven für den Feuchtglutengehalt sehr ähn
lich. Das lässt vermuten, dass das Volumen der Gross
brote eng mit dem Feuchtglutengehalt zusammenhängt.
Die anderen bei den Grossbroten untersuchten Parame
ter werden ebenfalls vom Düngungsverfahren beein
flusst, entweder positiv (Form und Geruch), oder negativ
(Porung der Krume). Im Gegensatz dazu wird die
abschliessende Bewertung (zehn Kriterien, Abb. 7D) der
Grossbrote durch die Intensivierung der Stickstoffdün
gung nicht verbessert.
Runal und CH Claro erreichen das beste Brotvolumen
in den verschiedenen Tests zur Brotherstellung und ihre
Werte liegen im Allgemeinen unabhängig vom Dün
gungsverfahren sehr nahe beieinander. Die Sorte Premio
entwickelt das unvorteilhafteste Brotvolumen und das
Volumen wird durch eine Intensivierung der Stickstoff
düngung nicht verbessert.
Anteile der verschiedenen Proteine
Die Anteile der Glutenine mit hohem Molekulargewicht
(HMG) und niedrigem Molekulargewicht (NMG) variie
ren mit den verschiedenen Düngungsverfahren nur sehr
wenig (Abb. 8). Im Gegensatz dazu lässt sich eine signi
fikante Zunahme des Anteils der Albumine und Globu
line sowie eine Verringerung des Anteils der Gliadine
beobachten. Während bei steigendem Proteingehalt
die prozentualen Anteile der hochmolekularen und
Abb. 6 | Einfluss des Düngungsverfahrens und der Sorte auf den Glutenindex (A), den Zeleny-Index (B), den Dehnwiderstand des Teigs (C) und die Dehnbarkeit (D), jeweils errechnet aus dem Durchschnitt von sechs Kombinationen Standort x Jahr (Changins 2011–2013 und Goumoens 2011–2013, die in den Varianzanalysen als Wiederholungen angesehen werden). Die Werte bei den Düngungsverfahrens mit insgesamt 140 kg N/ha sind rot umrahmt. Die Grossbuchstaben deuten auf signifikante Unterschiede (P < 0,05) zwischen den Durchschnitten der jeweiligen Düngungsverfahrens.
C BC BC BC B A A D C B A A A A
C B AB AB AB AB AB A A A A A A
A B
C D
50 55 60 65 70 75 80 85 90 95
100
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V1:0
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BLÜ
V5:2
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-80
BLÜ
V8:2
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BLÜ
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V1:0
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BLÜ
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CH CLARO CH COMBIN
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CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Pflanzenbau | Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen
94
niedermolekularen Glutenine stabil bleiben (Abb. 9A
und 9B), steigt der prozentuale Anteil der Albumine
und Globuline (Abb. 9C) und der prozentuale Anteil der
Gliadine nimmt ab (Abb. 9D). Diese Ergebnisse decken
sich mit den Resultaten von Dandan et al. (2013), wider
sprechen aber den Ergebnissen von Daniel et al. (2000)
und Lebrun et al. (2001), die zeigten, dass der Anteil der
Gliadine mit zunehmender StickstoffGesamtdosis und
steigendem Proteingehalt wächst. Diese Autoren beob
achteten wie wir, dass der Gluteningehalt nicht von der
Stickstoffdüngung, aber wesentlich durch die Sorte
beeinflusst wird. Die verschiedenen Studien lassen sich
aber nur mit Vorbehalten vergleichen, da sich die ange
wendeten Düngungsverfahren stark unterscheiden.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei gleichbleibender
Stickstoffdosis von 140 kg N/ha die Aufteilung des Stick
stoffs die Anteile der verschiedenen Proteine beein
flusst. In zahlreichen Studien (Gupta et al. 1992; Meta
kovsky et al. 1997; Branlard et al. 2001; Eagles et al.
2002) wurde nachgewiesen, dass die Glutenine den
günstigsten Einfluss auf die Backqualität ausüben. Die
Gliadine haben eine zwar geringere, aber ebenfalls vor
teilhafte Wirkung auf die Backqualität. Die zu den Glu
tenproteinen gehörenden Glutenine und Gliadine
spielen eine wichtige Rolle für die rheologischen Eigen
schaften des Teiges (Dehnwiderstand des Teiges, Dehn
barkeit, Zähigkeit) und für das Endvolumen des Brotes.
Die Gliadine beeinflussen eher die Dehnbarkeit, die
Glutenine eher die Zähigkeit und die Elastizität des Tei
ges. Albumine und Globuline sind kleine Proteine, die
Abb. 7 | Einfluss des Düngungsverfahrens und der Sorte auf das Volumen von Kastenbrot (A), von Brot aus Kältetechnologie (B) und von Gross-brot (C) sowie Bewertung der Grossbackversuche (D), jeweils errechnet aus dem Durchschnitt der drei Jahre (2011–2013, die in den Varianzana-lysen als Wiederholungen angesehen werden; die Proben der beiden Standorte wurden vor den Backversuchen gemischt). Die Werte bei den Düngungsverfahrens mit insgesamt 140 kg N/ha sind rot umrahmt. Die Grossbuchstaben deuten auf signifikante Unterschiede (P < 0,05) zwischen den Durchschnitten der jeweiligen Düngungsverfahrens.
A B
C D
300
F DE BC CD BC A A
D C BC BC AB AB A
B A A A A A A
C B A A A A A
350
400
450
500
550
600
V1:0
N
V2:6
0-80
V3:4
0-60
-40
FB
V4:4
0-60
-40
BLÜ
V5:2
0-40
-80
FB
V6:2
0-40
-80
BLÜ
V8:2
0-40
-140
BLÜ
Volu
men
Kas
tenb
rote
(ml)
Volu
men
Gro
ssbr
ote
(ml)
Bew
ertu
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ross
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vers
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kte)
Volu
men
Bro
t aus
Käl
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logi
e (m
l)
350
400
450
500
550
600
650
700
750
V1:0
N
V2:6
0-80
V3:4
0-60
-40
FB
V4:4
0-60
-40
BLÜ
V5:2
0-40
-80
FB
V6:2
0-40
-80
BLÜ
V8:2
0-40
-140
BLÜ
2500 2700 2900 3100 3300 3500 3700 3900 4100 4300
V1:0
N
V2:6
0-80
V3:4
0-60
-40
FB
V4:4
0-60
-40
BLÜ
V5:2
0-40
-80
FB
V6:2
0-40
-80
BLÜ
V8:2
0-40
-140
BLÜ
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
V1:0
N
V2:6
0-80
V3:4
0-60
-40
FB
V4:4
0-60
-40
BLÜ
V5:2
0-40
-80
FB
V6:2
0-40
-80
BLÜ
V8:2
0-40
-140
BLÜ
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
CH CLARO CH COMBIN
PREMIO RUNAL
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen | Pflanzenbau
95
Abb. 8 | Einfluss des Düngungsverfahrens auf den Anteil der verschiedenen Weizenproteine, errechnet aus dem Durchschnitt von vier Sorten und sechs Kombinationen Standort x Jahr. Die Grossbuchstaben deuten auf signifikante Unterschiede (P < 0,05) zwischen den Durchschnitten der jeweiligen Düngungsverfahren. HMG = hohes Molekulargewicht; NMG = niedriges Molekulargewicht.
Glutenine HMG
V1:=ON V2:60-80 V3:40-60-40 FB V4:40-60-40 BLÜ
Glutenine NMG Gladine Albumine + Globuline
V5:20-40-80 FB V6:20-40-80 BLÜ V8:20-40-140 BLÜ
0
5
10
15
20
25
30
35
40
%
A A A A A A A
A A A A A A A
A B B B B D D D BC B B B A A
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
Abb. 9 | Beziehung zwischen dem Proteingehalt und dem Anteil der verschiedenen Weizenproteine: Glutenine HMG (A), Glutenine NMG (B), Albumine und Globuline (C) sowie Gliadine (D). n = 28, 7 Düngungsverfahren x 4 Sorten.
0
Prot
eing
ehal
t (%
)Pr
otei
ngeh
alt (
%)
Prot
eing
ehal
t (%
)Pr
otei
ngeh
alt (
%)
A B
Anteil Glutenine HMG (%) Anteil Glutenine NMG (%)
C D
Anteil Albumine und Globuline (%) Anteil Gliadine (%)
02468
10121416
02468
10121416
02468
10121416
02468
10121416
5 10 15 20 25 30 35 40
0 2 4 6 8 10 12 14 18,5 19 19,5 20 20,5 21 21,5 22
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
y = -0,488x + 29,635R2 = 0,683
y = -0,410x – 1,118R2 = 0,677
y = -0,999x – 24,085R2 = 0,158
y = -0,232x + 17,510R2 = 0,021
Pflanzenbau | Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen
96
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Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
hauptsächlich in der Aleuronschicht der Körner zu fin
den sind und wenig Einfluss auf die Backqualität haben
(Singh et al. 1991). Diesen Proteinen fällt im Wesentli
chen eine enzymatische Funktion zu (AlphaAmylase,
BetaAmylase, Protease).
Diese Ergebnisse zu den Anteilen der verschiedenen
Proteine erklären, weshalb die rheologischen Eigen
schaften des Glutens auch bei hohem Proteingehalt
nicht verbessert werden.
Sch luss fo lgerungen
Bei derselben StickstoffdüngerMenge (140 kg N/ha)
kann der Proteingehalt um durchschnittlich 0,5 Prozent
punkte erhöht werden, wenn die Düngergabe aufge
teilt und bei der letzten Gabe 80 kg N/ha ausgebracht
wird. Eine hohe letzte Gabe erhöht den Proteingehalt
jedoch nur, wenn die Boden und Klimabedingungen die
Aufnahme des Stickstoffs zulassen.
Durch die Aufteilung der Düngung auf drei statt
zwei Gaben steigt der Feuchtglutengehalt und die Qua
lität der Proteine signifikant (ZelenyIndex, Brotvolumen
bei drei Backversuchen). Für die Produktion von Weizen
der Qualität Top ist die Düngungsmethode mit einer
Aufteilung in drei Gaben (204080 kg N/ha, mit der letz
ten Gabe beim Erscheinen des Fahnenblattes) sehr emp
fehlenswert.
Die Zunahme des Proteingehalts bei bestimmten
intensiven Düngungsverfahren (V4, V6 und V8) ist nicht
mit einer Verbesserung der Qualität des Glutens verbun
den: die Werte für den ZelenyIndex, den Dehnwider
stand des Teiges, den GlutenIndex und das Volumen von
Brot aus Kältetechnologie stagnieren oder vermindern
sich sogar mit der Intensivierung der Stickstoffdüngung.
Dieses Ergebnis lässt sich mit der Stagnation des Anteils
der Glutenine und mit der deutlichen Abnahme der Glia
dine zugunsten der Albumine und Globuline erklären.
Der Proteingehalt des Weizens lässt sich am einfachs
ten durch die Sortenwahl beeinflussen. Von den geteste
ten Sorten erreicht Runal bei diesem Merkmal die besten
Ergebnisse. Obwohl die Sorte CH Claro einen etwas tie
feren Proteingehalt aufweist, erweist sie sich bei den
Tests zum rheologischen Verhalten und zur Backqualität
der Sorte Runal als ebenbürtig. n
Einfluss der Stickstoffdüngung und ihrer Aufteilung auf die Backqualität von Weizen | Pflanzenbau
97
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Influence of splitting the application of
nitrogenous fertilisers on the baking quality
of wheat
Certain types of bread products require a
high protein content and well-defined
rheological qualities. Although Swiss
wheat varieties have a high protein
content, said content fluctuates a great
deal, and in some years is too low for
breadmaking. From 2011 to 2013, a study
was carried out on four varieties of wheat
and seven nitrogen fertiliser application
methods. The aim was on the one hand to
analyse the influence of the nitrogen
fertiliser (dose and splitting of application)
on protein levels, and on the other to
examine the relationship between the
protein levels of the varieties and their
rheological and baking qualities.
The splitting of nitrogenous fertiliser
applications into three rather than two
doses not only significantly increases wet
gluten content, but also substantially
improves qualitative properties. A 20-40-80
kg N/ha split with a final dose when the
flag-leaf appears is ideal for increasing wet
gluten content without affecting either
rheological quality or yield. This split can
be recommended when cultivating ‘Top’
class varieties. The results also show that
an increase in protein content does not
necessarily improve gluten quality, since
several parameters stagnate or decrease
when nitrogen fertilisation is intensified.
This observation can be explained by the
stagnation in the proportion of glutenins,
as well as by a decrease in gliadins in
favour of albumins and globulins.
No matter what nitrogenous fertilisation
method is used, the variety ‘Runal’ always
achieves the best protein levels. Despite its
lower protein content, the variety ‘CH
Claro’ obtains equivalent results to Runal
in the rheological and baking tests.
Key words: nitrogen fertilization, winter
wheat, varieties, protein, baking quality,
dough properties.
Influenza della concimazione azotata e del
suo frazionamento sulla qualità del grano
destinato alla panificazione
Alcuni tipi di panificazione necessitano di
tenori proteici elevati e di qualità reologiche
ben definite. Sebbene il tasso proteico delle
varietà svizzere di grano sia elevato, è
soggetto a forti variazioni e in certi anni si
rivela insufficiente per la panificazione. Dal
2011 al 2013 è stato condotto uno studio su
quattro varietà di grano e su sette proce-
dure di concimazione azotata. Da una parte,
è stata analizzata l’influenza della concima-
zione azotata (dose e frazionamento) sul
tasso proteico e, dall’altra, è stata esaminata
la relazione tra il tasso proteico e i criteri
reologici e di panificazione delle varietà.
Il frazionamento in tre apporti azotati (al
posto di due) aumenta in modo significativo
il tenore di glutine umido, ma anche le sue
proprietà qualitative. Un frazionamento di
20-40-80 kg N/ha, con un ultimo apporto
quando compare l’ultima foglia, è ideale per
aumentare il tenore di glutine umido senza
intaccare né la qualità reologica né la resa.
Questo frazionamento può essere raccoman-
dato per la coltivazione delle varietà della
classe TOP. I risultati mostrano che un
aumento del tenore proteico non porta
necessariamente a una migliore qualità del
glutine, in quanto diversi parametri restano
invariati o diminuiscono con l’intensifica-
zione della concimazione azotata. Questo
dato di fatto può essere spiegato sia con
l’invariabilità della proporzione delle
glutenine sia con la diminuzione delle
gliadine a vantaggio delle albumine e
globuline.
Qualunque sia la procedura di concimazione
azotata usata, la varietà Runal ottiene
sempre i migliori tassi proteici. Nonostante
presenti dei tenori proteici più scarsi, la
varietà CH Claro ottiene risultati equivalenti
a quelli della Runal nei test reologici e di
panificazione.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 88–97, 2016
98 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz
Hans Ramseier¹, Magali Lebrun¹ und Thomas Steinger²
¹Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
²Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz
Auskünfte: Hans Ramseier, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Gemäss Direktzahlungsverordnung sind die Landwirte ver-pflichtet, bei direkten Pflanzenschutzmassnahmen die Bekämpfungs-schwellen zu berücksichtigen und Warndienste und Prognosesysteme anzuwenden.
E i n l e i t u n g
Gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV) Art. 18 sind die
Landwirte in der Schweiz verpflichtet, bei direkten Pflan
zenschutzmassnahmen Schadschwellen sowie Empfeh
lungen von Prognose und Warndiensten zu berücksichti
gen (BLW 2015; Abb.1). In der offiziellen Liste der
Bekämpfungsschwellen (BKS) im Feldbau sind über 70
Schwellen aufgeführt (Agridea 2015), welche gemäss DZV
zur Anwendung kommen sollten. Aus Rückmeldungen
von den Kantonalen Pflanzenschutzdiensten und Mitglie
dern der schweizerischen Arbeitsgruppe Bekämpfungs
schwellen im Feldbau muss davon ausgegangen werden,
dass BKS in der Praxis stark an Bedeutung verloren haben
und kaum mehr angewendet werden. Zu diesem vermu
teten Rückgang dürften mehrere Gründe beigetragen
haben wie etwa veraltete Schwellenwerte, sich ändernde
Rahmenbedingungen (Preise, Kosten, Qualitätsansprü
che) und vermehrtes Auftreten von «Begleitschaderre
gern» (z.B. Fusarienbefall nach Maiszünslerbefall). Aber
auch komplizierte und zeitaufwändige Erhebung der
Schwellenwerte, allgemein fehlende Zeit für die Erhe
bung der Schwellen und immer mehr Spritzarbeiten
durch Lohnunternehmer könnten Gründe für die Nicht
anwendung der Schwellen sein. Im Rahmen eines laufen
den Forschungsprojektes «Bekämpfungsschwellen im
Feldbau»1, in dem die BKS in drei Wichtigkeitskategorien
eingeteilt werden und die wichtigsten Schwellen wissen
schaftlich überprüft werden, wurde auch eine Umfrage
bei Landwirten und Lohnunternehmern durchgeführt,
um herauszufinden in welchem Ausmass die Bekämp
fungsschwellen heute in der Praxis angewendet werden.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Mittels eines standardisierten Fragebogens wurde im
Winter 2013/14 eine anonyme Umfrage bei Landwirten
und Lohnunternehmern durchgeführt. Neben allgemei
nen Fragen zum Betrieb (Landwirt und/oder Lohnunter
nehmer, Grösse des Betriebes und Standortkanton)
wurde in erster Linie erfragt, welche BKS wie häufig
angewendet werden. Ebenfalls erfasst wurde die
Bekanntheit und Anwendung von Prognosesystemen
und Warndiensten.
Der Fragebogen wurde in den Ackerbaukantonen
der Schweiz über die kantonalen Pflanzenschutz
dienste an die Landwirte verteilt, respektive verschickt.
Zudem konnte der Fragebogen beim Fachverband
«Lohnunternehmer Schweiz» einem Vereinsversand
beigelegt werden.
Total wurden 477 Fragebogen zurück geschickt. Aus
den Kantonen Schaffhausen (105 Fragebogen), Bern
(99), Waadt (79), Freiburg (70) und Jura (69) stammten
die meisten Fragebogen. In der eigentlichen Auswer
tung konnten 456 Fragebogen verwendet werden. Die
meisten (76,7%) entfielen auf die Kategorie Landwirte,
18,1% auf Landwirte, welche Spritzarbeiten im Lohn
ausführen und nur 1,3% auf reine Lohnunternehmer.
1Die Studie wird vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW finanziert, von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, Agroscope Changins und den kantonalen Pflan-zenschutzdiensten durchgeführt.
Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz | Pflanzenbau
99Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
Gemäss Direktzahlungsverordnung sind die
Schweizer Landwirte verpflichtet, bei direkten
Pflanzenschutzmassnahmen Schadschwellen
sowie Empfehlungen von Prognose- und
Warndiensten zu berücksichtigen. Um abschät-
zen zu können, wie gut diese Vorgabe im
Feldbau noch befolgt wird, wurde 2013-2014
eine anonyme Umfrage bei Landwirten und
Lohnunternehmern durchgeführt. Insgesamt
wurden 477 Fragebogen zurückgeschickt, 456
konnten für die Auswertung berücksichtigt
werden. Die Resultate zeigen, dass die Bekämp-
fungsschwellen bei Unkräutern und Ungräsern
nur noch sehr bedingt angewendet werden. Als
Gründe wurden die fehlende Zeit und eine
bekannte Verunkrautung angegeben. Insgesamt
deutlich besser sieht die Situation bei den
Krankheiten aus. Am häufigsten wird die
Bekämpfungsschwelle bei den Blattflecken in
Zuckerrüben angewendet. 81% der Landwirte
gaben an, die Bekämpfungsschwelle immer
oder häufig anzuwenden. Am wenigsten
Beachtung findet die Bekämpfungsschwelle von
Rhizoctonia bei Kartoffeln. 47% der Befragten
wenden die Schwelle nie oder selten an. Bei den
Schädlingen wird die Bekämpfungsschwelle am
häufigsten angewendet, insbesondere bei
Schädlingen, welche ein hohes Schadenspoten-
zial haben und die Bekämpfungsschwelle
einfach und präzis mit wenig Zeitaufwand
erhoben werden kann. Dies ist zum Bespiel
beim Rapsglanzkäfer der Fall. 92,6% der
Antwortenden gaben an, die Schwelle immer
oder häufig anzuwenden. Die vorhandenen
Prognosesysteme Phytopre und Fusaprog sind
vielen Landwirten nicht bekannt und werden
wenig genutzt. Warndienste werden dagegen
von sehr vielen Landwirten genutzt. 87% gaben
an, dass sie die Warndienste in der Fachpresse
immer oder häufig nutzen. Auch die kantonalen
Beratungsdienste werden als Informations-
quelle geschätzt. Die Studie zeigt auf, in
welchen Bereichen zusätzliches Potenzial zur
Verminderung von Risiken beim Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln besteht.
Einige Fragebogen konnten keiner Kategorie zugeord
net werden. Eine Rücklaufquote konnte nicht bestimmt
werden, da keine Kontrolle darüber bestand, wie viele
Fragebogen effektiv verteilt wurden.
Ausgewertet wurden die Daten mittels Excel, der Sta
tistik und Analysesoftware Statistical Package for the
Social Sciences 21 (SPSS 2012) und der freien Software R,
Version 3.1.3. Für die Identifikation von signifikanten
Unterschieden wurden ein ChiQuadratTest (Hope 1968;
Patefield 1981; Agresti 2007) und ein ChiQuadrat Post
HocTest aus dem RPackage fifer (Fife 2015) verwendet.
Der PostHocTest ermöglicht multiple paarweise Ver
gleiche auf der Basis des Fisher Exact Tests (Fisher 1966).
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Herbizid-Einsatz in Getreide (Unkräuter und Ungräser)
Auf eine detaillierte Befragung zur Anwendung von
Schwellenwerten bei der Bekämpfung einzelner Unkräu
ter und Ungräser wurde verzichtet. Wichtig war, heraus
zufinden, ob Landwirte überhaupt noch in die Felder
gehen und UnkrautAuszählungen machen. 63% der
befragten Landwirte gaben an, nie oder selten die
Bekämpfungsschwelle anzuwenden, 25,8% wenden sie
häufig und 11,2% immer an. Im Kanton Bern wenden
die Landwirte die Bekämpfungsschwelle signifikant häu
figer an, als in den Kantonen Freiburg und Jura. Als
Begründung, warum die Bekämpfungsschwelle nicht
angewendet wird, wurde recht häufig die fehlende Zeit
angegeben. Ebenfalls recht häufig wurde argumentiert,
man kenne ja die Verunkrautung auf den einzelnen Par
zellen und wisse, ob eine Behandlung nötig sei.
Anwendung der Bekämpfungsschwellen bei Krankheiten
Die Auswertung der Fragebogen beinhaltet im Folgen
den nur Produzenten, welche nach ÖLN produzieren.
ExtensoProduzenten von Raps und Getreide wurden
ausgeschlossen. Bei den meisten Krankheiten werden die
Bekämpfungsschwellen häufiger beachtet als bei den
Unkräutern (Abb. 2).
Am häufigsten wird die Bekämpfungsschwelle bei
den Blattflecken in den Zuckerrüben beachtet. Die Kate
gorie «immer» (52%) und «oft» (29%) wurde in 81% der
Antworten angekreuzt. Nur 19% wenden die Bekämp
fungsschwelle selten oder nie an. Dieses erfreuliche
Resultat ist möglicherweise auf die intensive Beratung
und Sensibilisierung in der Fachpresse zurückzuführen.
Am wenigsten Beachtung findet die Bekämpfungs
schwelle von Rhizoctonia bei Kartoffeln. 47% der
Befragten wenden die Schwelle nie oder selten an.
Die Anwendung der Bekämpfungsschwelle im
Getreide ist bei den verschiedenen Krankheiten recht
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Pflanzenbau | Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz
100
ähnlich. Ungefähr ein Viertel (bei Netzflecken, Septoria,
DTR (Drechslera triticirepentis), Braunrost, Gelbrost) bis
ein Drittel (bei Halmbruch, Mehltau) aller Befragten gab
an, die Bekämpfungsschwelle immer anzuwenden.
Anwendung der Bekämpfungsschwellen bei den Schäd-
lingen
Schädlinge spielen eine sehr unterschiedliche Rolle im
Ackerbau. Einige können zu einem grossem Ertragsaus
fall führen wie zum Beispiel der Rapsglanzkäfer, bei
anderen wie zum Beispiel Rapserdfloh oder Erbsenwick
ler gibt es Anzeichen, dass die Bedeutung und die Schä
den in den letzten Jahren eher zugenommen haben. Die
Resultate zeigen, dass bei den Schädlingen (Abb. 3) die
Bekämpfungsschwellen deutlich häufiger angewendet
werden als bei den Unkräutern/Ungräsern und bei den
Krankheiten (Ausnahme Blattflecken in Zuckerrüben).
Beim Rapsglanzkäfer haben 69.1% der Befragten ange
geben, dass sie die Bekämpfungsschwelle immer erhe
ben. Ebenfalls hohe bis sehr hohe Werte erreichen Blatt
läuse in den Erbsen (64,0%), Erbsenblattrandkäfer
(58,7%), Getreidehähnchen (57,3%), Getreideblattläuse
(56,7%) und der Erbsenwickler (52,2%). Das sind alles
Schädlinge, bei welchen das Erreichen der Bekämpfungs
schwelle mit relativ wenig Zeitaufwand und einfach
bestimmt werden kann. Dies dürfte vermutlich der
Hauptgrund dafür sein, dass die Landwirte diese Schwel
len im Feld erheben, neben regelmässigen Hinweisen in
der Fachpresse. Am wenigsten beachtet wird die Bekämp
fungsschwelle beim Maiszünsler, wo 42,6% der Antwor
tenden die BKS nie bestimmen. Ebenfalls wenig beachtet
wird die BKS bei Rapsblattwespen (37,3% mit der Ant
wort nie), Rapsblattläusen (36,8%) und Eulenraupen
(32,5%). Wenn man die beiden Klassen «nie» und «sel
ten» zusammenfasst, ergibt sich die Reihenfolge Raps
blattläuse (62,4%), Rapsblattwespen (60,8%) Maiszünsler
(59,9%), Eulenraupen (51,2%). Mit Ausnahme des Mais
zünslers handelt es sich dabei um eher unbedeutende
Schädlinge, welche nur sporadisch auftreten und selten
wirtschaftlich grössere Schäden anrichten. Dies könnte
eine Erklärung für die Resultate sein. Erstaunlich ist
jedoch das Resultat beim Maiszünsler. Obwohl ein gut
bekannter Maisschädling, erheben nur 40% der Befrag
ten die Bekämpfunsschwelle immer oder häufig. Aus den
Kommentaren kann gefolgert werden, dass ein Teil der
Landwirte sowieso Trichogrammen bestellt und deshalb
gar nicht erst ins Feld geht, um die Bekämpfungsschwelle
zu erheben. Ein weiterer Grund könnte sein, dass die
Schwelle bereits im Vorjahr vor der Ernte des Maises
erhoben werden muss.
Der Fragebogen hat es erlaubt, eine Aufschlüsselung
der Daten nach Betriebsgrösse zu machen. Es wurden
drei Klassen gebildet:
• Kleine Betriebe: <20ha
• Mittelgrosse Betriebe: 2040ha
• Grosse Betriebe: >40ha
Die Analyse hat gezeigt, dass es in Bezug auf die
Anwendung von Bekämpfungsschwellen nur geringe
Unterschiede gibt zwischen den Betriebsgrössen. Einzig
bei den Getreideblattläusen, den Getreidehähnchen
und beim Rapserdfloh gab es statistisch gesicherte
Unterschiede: kleine Betriebe wenden die Bekämp
fungsschwelle weniger häufig an gegenüber grossen
Betrieben.
Anwendung von Prognosesytemen
Gemäss Direktzahlungsverordnung müssen die Land
wirte nicht nur die Schadschwellen anwenden, sondern
sie müssen auch die Empfehlungen von Prognose und
Warndiensten berücksichtigen. Deshalb wurden zu die
100 10080 8060 6040 4020 200
nie
selten
oft
immer
Rhizoctonia Kartoffeln n=103
Blattflecken ZR n=265
Netz-, Blattflecken, Gerste n=121
Septoria, DTR Getreide n=148
Braunrost Getreide n=139
Gelbrost Getreide n=129
Mehltau Getreide n=136
Halmbruch Getreide n=111
Abb.2 | Anwendung der Bekämpfungsschwellen bei Krankheiten in Getreide (ohne Extenso), Zuckerrüben (ZR) und Kartoffeln in Prozent der Antworten, eingeteilt in die Kategorien die Bekämpfungsschwelle wird nie, selten, oft, immer angewendet.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz | Pflanzenbau
101
sem Thema in der Umfrage entsprechende Fragen
gestellt (Abb .4). Gefragt wurde, ob die beiden Infor
mations und Prognosesysteme Phytopre (Warn und
Prognosesystem zur Bekämpfung der Kraut und Knol
lenfäule in den Kartoffeln) und Fusaprog (Informati
onssystem zur Risikobeurteilung von Fusarienbefall
und Mykotoxinbelastung im Getreide) einerseits
bekannt sind und andererseits angewendet werden. In
der Auswertung wurden nur diejenigen Landwirte auf
geführt, welche bei Phytopre auch Kartoffeln respek
tive bei Fusaprog auch Getreide (in NichtExtenso)
anbauen.
Das Resultat ist erstaunlich. Fast ein Drittel der Kar
toffelproduzenten kennen das Informations und Prog
nosesystem Phytopre nicht. Von denjenigen, welche das
Angebot kennen, wenden es nicht einmal die Hälfte
immer oder oft an. Noch deutlich schlechter sieht die
Situation beim Prognosesystem Fusaprog aus. 60% der
Getreideproduzenten kennen das Programm nicht. Bei
den Landwirten, die das Programm kennen, fehlt häufig
eine Begründung, warum sie es nicht anwenden. Als
Begründung wird etwa angegeben, dass die Warn
dienste in der Presse berücksichtigt werden (wo die
Empfehlungen von Fusaprog auch einfliessen), eine
Abb.3 | Anwendung der Bekämpfungsschwellen bei Schädlingen in Prozent der Antworten, eingeteilt in die Kategorien die Bekämpfungs-schwelle wird nie, selten, häufig, immer angewendet (ZR=Zuckerrüben). Bei Getreide und Raps beziehen sich die abgebildeten Werte auf Nicht-Extenso-Anbau.
Abb.4 | Anwendung von Informations- und Prognosesystemen in Prozent der Antworten.
Erbsenwickler n=67
Erbsenblattläuse n=86
Erbsenblattrandkäfer n=75
Rapsblattläuse n=96
Schotenrüssler n=147
Rapsglanzkäfer n=224
Rapsstängelrüssler n=216
Rapsblattwespen n=85
Rapserdflöhe n=115
Maiszünsler n=202
Kartoffelblattläuse n=100
Kartoffelkäfer n=137
ZR Eulenraupen n=123
ZR Schwarze Blattläuse n=136
ZR-Erdflöhe n=136
Getreideblattläuse n=97
Getreidehähnchen n=110
100 10080 8060 6040 4020 200
nie
selten
oft
immer
80
Fusaprog n=130
Phytopre n=122
Prozent der Antworten
8060 6040 4020 200
nie
selten
oftimmer
kenneich nicht
80 80100 100
Prozent der Antworten
60 6040 4020 200
nie/seltenoft/immer
kenneich nicht
Chemische Industrien=403a
Fenaco-Beratungn=342b
Offizialberatung Kant.n=401c
Fachpressen=439d
Abb.5 | Berücksichtigung von Warndiensten. Angaben in Prozent der Antworten. Chi-Quadrat Post hoc Test, unterschiedliche Hochbuchsta-ben kennzeichnen signifikante Unterschiede (P<0,05).
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
Pflanzenbau | Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz
102
Zusammenarbeit mit dem Pflanzenschutzberater besteht
oder kein InternetAnschluss vorhanden ist. Es ist sehr
erstaunlich, dass erprobte und gute Instrumente wie
Phytopre und Fusaprog nicht besser bekannt sind res
pektive so schlecht genutzt werden.
Berücksichtigung von Warndiensten
Es interessierte auch, wo die Landwirte die Informatio
nen und Entscheidungshilfen holen. Eine hohe Anzahl
der Befragten hat auf diese Frage geantwortet. Dies
deutet darauf hin, dass den Warndiensten eine hohe Pri
orität eingeräumt wird (Abb. 5). Viele Befragte benüt
zen mehrere Warndienste zur Information. Für die
statistische Auswertung wurden die Klassen «nie» und
«selten» sowie «oft» und «immer» zusammengefasst.
Am intensivsten genutzt wird die Fachpresse. 87% der
Antwortenden gaben an, dass sie die Warndienste in der
Fachpresse immer oder häufig nutzten, was doch als sehr
hoher Wert bezeichnet werden kann. Aber auch die kan
tonalen Beratungsdienste werden als Informations
quelle sehr geschätzt. 70% der Antwortenden geben an,
diese Quelle immer oder häufig zu nutzen. Etwas weni
ger oft werden Informationsquellen der chemischen
Industrie und des FenacoBeratungsdienstes genutzt.
Insgesamt sind diese Resultate als sehr erfreulich zu
werten. In den Kommentaren wird mehrfach erwähnt,
dass die Fachpresse und die kantonalen Beratungs
dienste geschätzt werden, weil sie fachlich gut beraten,
neutral sind und eine wertvolle Entscheidungshilfe dar
stellen. Einige Landwirte erwähnen auch, dass die Warn
dienste dazu veranlassen, eine Feldkontrolle durchzu
führen, welche dann über eine Behandlung entscheidet.
Als Mangel wird angegeben, dass die Informationen und
Empfehlungen für gewisse Regionen zu spät kommen.
Als besonders wertvoll werden SMSDienste von einigen
Beratungsdiensten erwähnt. Die Antworten der
Umfrage zeigen auf, dass über die Fachpresse und die
kantonalen Beratungsdienste doch ein grosses Potenzial
vorhanden ist, um die Landwirte gezielt zu informieren
und in ihren Entscheidungen zu unterstützen.
Sch luss fo lgerungen
Mit insgesamt 477 zurückgeschickten Fragebogen
kann die Umfrage als Erfolg gewertet werden. Der
Aufbau des Fragebogens und die gestellten Fragen
können im Rückblick als gut eingestuft werden. Der
grösste Teil der Fragen wurde von den Antwortenden
offensichtlich verstanden und beantwortet. Insgesamt
dürften die Antworten betreffend der Anwendungs
häufigkeit der BKS etwas zu positiv ausgefallen sein.
So kontrastiert etwa die hohe Anwendungshäufigkeit
der BKS beim Rapsglanzkäfer (93% der Antwortenden
erheben die BKS immer oder häufig) mit dem Befund,
dass im Raps im Mittel mehr als zwei Insektizidbehand
lungen durchgeführt werden (de Baan et al. 2015).
Trotz gewisser Vorbehalte dürften die Antworten aber
aussagekräftig sein. Die Einschätzung bezüglich Schad
potenzial und der Anwendung der Bekämpfungs
schwellen dürften stimmen.
Die Umfrage zeigt, dass der Erhebung der BKS bei
den Unkräutern nur noch eine geringe Bedeutung zuge
messen wird und die Landwirte kaum mehr ins Feld
gehen, um die Bekämpfungsschwelle zu erheben. Man
gelnde Zeit und eine offenbar bekannte Verunkrautung
sind die Hauptgründe. Schon etwas wichtiger werden
die Krankheiten eingeschätzt, insbesondere bei den
Blattflecken der Zuckerrüben wird die BKS häufig erho
ben. Am Wichtigsten werden die Bekämpfungsschwel
len bei den Schädlingen wahrgenommen. Besonders
häufig werden die BKS erhoben, wenn folgende Voraus
setzungen erfüllt sind:
• hohes Schadenspotenzial des Schädlings.
• die BKS einfach und präzis erhoben werden kann.
• für die Erhebung wenig Zeit investiert werden muss.
• regelmässige Aufrufe der Warndienste erscheinen, die
Situation im Feld zu beurteilen.
Interessante Resultate hat die Umfrage auch gelie
fert bezüglich Anwendung von Prognosesystemen und
Gebrauch von Warndiensten. Es ist erstaunlich, wie
wenige Landwirte die Prognosesysteme Phytopre und
Fusaprog kennen respektive anwenden. Sehr viele Land
wirte berücksichtigen aber die Warndiensthinweise in
der Presse. Am meisten Beachtung finden die Warn
dienste in der Fachpresse gefolgt von den Informationen
der Offizialberatung.
Die Umfrage liefert aber auch wichtige Hinweise,
bei welchen weiteren Schaderregern eine Überprüfung,
eventuell auch Vereinfachung der BKS gemacht wer
den sollte. Daneben sollten aber in Zukunft einfache
Modelle zur Risikoabschätzung von Schaderregern
erarbeitet werden, um einen gezielteren Pflanzen
schutzmittelEinsatz anzustreben. Das Potenzial von
Warndiensten über die Fachpresse und die Offizialbera
tung soll weiterhin konsequent genützt werden. Damit
können die Landwirte davon abgehalten werden,
unnötige Behandlungen durchzuführen. Noch grosses
Potenzial besteht bei den Informations und Prognose
systemen. Diese wertvollen Werkzeuge für einen ange
passten und gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmit
teln müssen unbedingt besser bekannt gemacht und
der Nutzen aufgezeigt werden. n
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
Anwendung der Bekämpfungsschwellen und Warndienste in der Schweiz | Pflanzenbau
103
Literatur ▪ Agresti A., 2007. An Introduction to Categorical Data Analysis, 2nd ed., New York: John Wiley & Sons. Page 38.
▪ Agridea, 2015. Bekämpfungsschwellen für Massnahmen gegen Schadorga-nismen im Feldbau (ÖLN). Zugang: http://www.agridea.ch/fileadmin/thema-tic/Grandes_cultures-Listes_varietales/Bekaempfungsschwellen_2014.pdf [10.2015].
▪ BLW, 2015. Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft. Bundesamt für Landwirtschaft, Bern. 9-10.
▪ De Baan L., Spycher S. & Daniel O., 2015. Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012. Agrarforschung Schweiz 6, 48–55.
▪ Fife D., 2015. fifer: A collection of miscellaneous functions. R package version 1.0.
▪ Fisher, R. A. (1966). The Design of Experiments (8. Aufl.). Edinburgh: Oliver and Boyd
▪ Hope A. C. A., 1968. A simplified Monte Carlo significance test procedure. J. Roy. Statist. Soc. B 30, 582–598.
▪ Patefield W. M., 1981. Algorithm AS159. An efficient method of generating r x c tables with given row and column totals. Applied Statistics 30, 91–97.
▪ SPSS (2012) IBM SPSS Statistics for Windows, Version 21.0. Armonk, NY: IBM Corp.
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Use of economic damage thresholds, forecasting
systems and warning services in Switzerland
According to Direct Payment regulations, Swiss
farmers are obliged to take into account economic
damage thresholds and the recommendations of
forecasting and warning services before taking
phytosanitary measures. In order to assess how well
these requirements were being fulfilled in arable
farming, farmers and agricultural contractors were
anonymously surveyed in 2013-2014. Out of 477
returned questionnaires, 456 were evaluated. The
results showed that control thresholds for weeds and
grasses were only considered to a limited extent. Lack
of time and a known weed infestation were given as
reasons for this. Control thresholds were better
respected in the treatment of disease. Most commonly,
the control threshold was applied in treating leaf spot
in sugar beets. Eighty-one per cent of farmers stated
that they always or often used the control threshold
for leaf spot. Least attention was paid to the control
threshold in the treatment of Rhizoctonia in potatoes:
47% of respondents never or rarely used the thresh-
old. The control thresholds were most often used
when treating pests, especially pests with a high
potential for causing damage, and for which the
control threshold could be monitored easily and
precisely, with little time expenditure. This was the
case with pollen beetle: 92.6% of respondents stated
that they always or often applied the threshold. The
existing forecasting systems such as Phytopre and
Fusaprog were unknown to many farmers and
therefore not used. The warning services, on the other
hand, were used by many farmers: 87% said that they
always or often used the warning services in the trade
press. The cantonal advisory services were also valued
as a source of information. The study shows the areas
in which there is still additional potential for reducing
risks caused by the use of pesticides.
Key words: plant protection, economic damage
thresholds, forecasting systems, pest alert.
L'utilizzo di soglie di tolleranza e servizi di previ-
sione e d’allarme in Svizzera
Secondo l'ordinanza sui pagamenti diretti, gli
agricoltori svizzeri sono obbligati, quando impie-
gano pesticidi, a prendere in considerazione le soglie
di tolleranza (o d’intervento), oppure le raccomanda-
zioni dei servizi di previsione e d’allarme. Per
valutare se e in che misura questo requisito è sempre
rispettato nelle colture erbacee, gli autori hanno
condotto un sondaggio anonimo presso agricoltori e
imprenditori nel 2013 e 2014. Dei 477 questionari
restituiti 456 hanno potuto essere analizzati ed
entrare nel progetto. Per quanto riguarda la lotta
contro le erbe infestanti (graminacee a foglia larga), i
risultati mostrano che le soglie di tolleranza vengono
applicate solo in modo molto limitato. Tra le ragioni
indicate si trovano la mancanza di tempo o l’infesta-
zione con una malerba nota. Per le malattie la
situazione è molto migliore. Il livello d'azione più
spesso utilizzato è il foglio illustrativo sulla malattia
foliare nelle barbabietole da zucchero: l'81% degli
agricoltori ha affermato di impiegare "sempre" o
"spesso" la soglia di tolleranza. Al contrario, per
Rhizoctonia questo approccio è nettamente meno
seguito: il 47% degli intervistati ha dichiarato di non
tenerne conto "mai" o solo "raramente". Soglie di
tolleranza considerate frequentemente sono quelle
contro gli insetti nocivi, in particolare quando si
tratta di insetti altamente dannosi e quando gli indici
possono esse identificati facilmente e con precisione
in poco tempo. I meligeti della colza ne sono un
esempio: il 92,6% degli intervistati ha indicato di
applicare "sempre" o "spesso" la soglia. Molti
agricoltori non conoscono i sistemi di previsione già
esistenti, PhytoPRE e FusaProg, che vengono
raramente utilizzati. Tuttavia, sono in molti a
ricorrere ai servizi di avviso. L'87% afferma di fare
"sempre" o "spesso" riferimento all'avviso stampa
dei servizi specializzati. I servizi di divulgazione
agricola cantonali sono anch’essi molto apprezzati
come fonte di informazione. Tramite questo studio è
stato possibile identificare le aree dove vi è un
ulteriore potenziale per ridurre i rischi legati all'uso
di prodotti fitosanitari.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 98–103, 2016
104 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller
¹Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8356 Ettenhausen, Schweiz
²ETH Zürich, Institut für Umweltentscheidungen, 8092 Zürich, Schweiz
Auskünfte: Christian Willersinn, E-Mail: [email protected]
L e b e n s m i t t e l
Abb. 1 | 15% der Schweizer Speisekartoffeln landen im Abfall. (Foto: Katja Heudorfer)
bisher zu wenige empirische Daten vorhanden waren,
um die Verluste vom Feld bis zum Teller zuverlässig zu
berechnen.
Diese vom Schweizerischen Nationalfonds (Nationa
les Forschungsprogramm «Gesunde Ernährung und
nachhaltige Lebensmittelproduktion» [NFP 69], www.
nfp69.ch) finanzierte Studie erarbeitete eine Datenbasis,
mit der Kartoffelverluste für Speise und Verarbeitungs
ware vom Feld bis zum Teller in der Schweiz berechnet
werden. Wir beziffern die Unterschiede zwischen Kar
toffeln, die biologisch und gemäss den Richtlinien des
ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) bzw. von IP
Suisse produziert werden. Darüber hinaus wurden die
Gründe für die Verluste untersucht. Aufseiten der Kon
sumenten wird geschaut, inwiefern deren Ansprüche an
Frische und Qualität oder gesetzliche Auflagen die Ver
luste verursachen (Canali et al. 2014). Darüber wird
E i n l e i t u n g
Das öffentliche Interesse an einer Reduzierung der
Lebensmittelverluste ist aus ökologischen, ökonomi
schen, sozialen und ethischen Gründen in Europa sehr
gross. Das zeigt sich an einer Vielzahl von Studien, die
sich mit diesem Thema befassen (Beretta et al. 2012;
Katajajuuri et al. 2014; Kranert et al. 2012; Quested und
Johnson 2009). Vergleichsweise hohe Verluste von
40–60% treten laut früheren Schätzungen bei Kartof
feln und Frischgemüse auf (Gustavsson et al. 2011;
Quested und Johnson 2009), wobei viele Autoren ver
muten, dass die Konsumentenansprüche an Frische und
Qualität dafür verantwortlich sind. Detaillierte Anga
ben über den Umfang der qualitätsbedingten Lebens
mittelverluste, deren Gründe sowie über den Einfluss
der Konsumentenansprüche gibt es jedoch kaum, weil
Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller | Lebensmittel
105Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Diese Studie erhebt aufgrund von Befragungen
die Kartoffelverluste entlang der Wertschöp-
fungskette vom Feld bis zum Teller in der
Schweiz. Die Resultate zeigen, dass 41–46%
aller produzierten Verarbeitungskartoffeln und
53–56% aller Speisekartoffeln nicht vom
Konsumenten verzehrt werden. Diese Verluste
sind aber nicht einfach verloren. Drei Viertel
der Verluste bei Speisekartoffeln und 90% der
Verluste bei Verarbeitungskartoffeln werden
als Tierfutter verwendet. 3–8% der Kartoffel-
verluste werden zur Energieherstellung in
Biogasanlagen genutzt. Von den Verarbei-
tungskartoffelverlusten landen insgesamt nur
etwa 5%, von den Speisekartoffelverlusten
28% im Abfall.
Nebst den Ernteüberschüssen beeinflussen die
Qualitätsstandards die Verlustmenge in gewis-
sen Jahren stark. Über 50% aller Verluste entste-
hen, weil Kartoffeln Qualitätsmängel aufweisen.
Rund ein Drittel aller Knollen mit Qualitätsmän-
geln werden ausgemustert, weil sie gesund-
heitsschädigend sind. Zwei Drittel der Knollen
werden aussortiert, weil sie die Anforderungen
der Handelspartner und Konsumenten an
Frische und Qualität nicht erfüllen.
erhoben, in welchem Ausmass die in den Schweizeri
schen Handelsusanzen festgelegten Qualitätsstandards
für die Verluste verantwortlich sind.
M e t h o d e
Definition der Lebensmittelverluste
Zu den Verlusten zählen wir alle speziell für den mensch
lichen Konsum angebauten, prinzipiell essbaren
Bestandteile einer Kartoffel, die nicht vom Menschen
verzehrt werden. Um die Vergleichbarkeit mit anderen
europäischen Studien zu gewährleisten, folgen wir
dabei einer Definition von Östergren et al. (2014), die
Grundlage des Projekts FUSIONS (Food Use for Social
Innovation by Optimising Waste Prevention Strategies)
der Europäischen Union ist. Zum einen gelten demnach
diejenigen Lebensmittel als Verluste, die durch «unsach
gemässe Erntetechnologien, mangelhafte Lagerung,
Schädlingsbefall, Verarbeitungs oder Planungsfehler
verderben und aus dem Produktionsprozess herausge
nommen werden müssen». Zum anderen zählen solche
Lebensmittel dazu, die «für den Verzehr geeignet sind,
aber infolge mangelnder Nachfrage (Überproduktion),
abgelaufener Mindesthaltbarkeitsdaten oder zu grosser
Portionen entsorgt werden». Gemäss dieser Definition
handelt es sich auch um einen Verlust, wenn ursprüng
lich für die menschliche Ernährung hergestellte Lebens
mittel als Viehfutter oder als Substrat für Biogasanlagen
(z. B. aussortierte Kartoffeln auf dem Feld) genutzt wer
den. Da heute in der Schweiz so gut wie keine Kartoffeln
mehr für Futterzwecke angebaut werden, zählen wir
alle an Tiere verfütterte Kartoffeln zu den Verlusten.
Auch Kartoffelschalen zählen nach dieser Definition zu
den Verlusten, da diese grundsätzlich essbar sind.
Wir berechnen die Verluste bei Speisekartoffeln
vom Feld bis zum Teller für eine hierzulande sehr ver
breitete Lieferkette, die vom Landwirt über den Gross
und Detailhandel verläuft und die privaten Haushalte
als Endverbraucher einschliesst. Die Verluste bei der
Verarbeitungsware berechnen wir beispielhaft für eine
Chips sowie eine PommesfritesLieferkette, die vom
Feld über den Grosshandel und die Verarbeitungsindus
trie sowie den Detailhandel in die privaten Haushalte
verläuft. Diese drei Lieferketten machen etwa 80% der
gesamten Schweizer Kartoffelproduktion aus. Da es bei
Kartoffeln nur einen geringfügigen Aussenhandel gibt,
erfassen wir nur die Verluste, die in der Schweiz anfal
len. Für den Schweizer Kartoffelhandel gelten die
Bestimmungen der «Schweizerischen Handelsusanzen
für Kartoffeln». Darin sind auch die Qualitätsanforde
rungen an Speise und Verarbeitungsware sowie deren
Kontrolle festgelegt.
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Lebensmittel | Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller
106
Datengrundlagen
Für die Studie wählten wir ein mehrstufiges Datenerhe
bungsverfahren. Wir nutzten zuerst alle öffentlich
zugänglichen Datenquellen. Diese kombinierten wir mit
Daten, die uns private Institutionen auf Anfrage zur Ver
fügung stellten. Alle übrigen Kennzahlen, die danach
noch fehlten, wurden eigens für diese Studie erhoben.
Andreas Keiser von der Hochschule für Agrar, Forst
und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) stellte uns seine
in den Jahren 2001 bis 2003 erhobenen Feldversuchsda
ten zur Abschätzung der qualitätsbedingten Kartoffel
verluste und deren Ursachen in der Schweiz zur Verfü
gung. Diese Versuchsdatenbank umfasst Anbau,
Qualitäts und Verlustkennzahlen für mehrere Tausend
Kartoffelknollen, die aus einem über die gesamte
Schweiz verbreiteten, dreijährigen Feldversuch mit ins
gesamt 821 Parzellen stammen. Für diese Studie wurden
diejenigen Parzellen mit Anbauverfahren und Sorten
ausgewählt, die heute noch in der Schweizer Landwirt
schaft relevant sind (44 936 Knollen aus biologischem
Anbau; 176 309 Knollen aus integriertem Anbau; für
Speisekartoffeln die Sorten Charlotte und Bintje, für
Verarbeitungskartoffeln die Sorten Agria und Eba).
Der Kartoffelanbau ist in der Schweiz sehr starken wit
terungsbedingten Schwankungen unterworfen, dies
erklärt die regelmässigen Überschüsse in der Produktion.
Da die hohe Preisdifferenz zwischen der inländischen Pro
duktion und der Kartoffelproduktion im Ausland einen
Export der Überschüsse praktisch verhindert, müssen
diese Mengen denaturiert, das heisst der tierischen Ver
wertung zugeführt werden. Auf Anfrage stellte uns Qua
liservice Schweiz einen Datensatz mit den in den Jahren
2011 bis 2013 in der Schweiz denaturierten Kartoffelmen
gen (detailliert für den biologischen und ÖLNAnbau
sowie für Speise und Verarbeitungsware) zur Verfügung.
Auf den Stufen Grosshandel, Verarbeitung, Detail
handel waren keine Daten über Verluste und deren
Ursachen verfügbar, weshalb Experteninterviews
durchgeführt wurden. Wir befragten die für den Kar
toffeleinkauf zuständigen Personen von 14 Schweizer
Unternehmen auf der Grundlage eines standardisierten
Fragebogens (Tab. 1). Der Fragebogen beinhaltete Fra
gen zur Unternehmensstruktur, zur Kartoffelverarbei
tungsmenge sowie zu den Verlusten und deren Ursa
chen. Die befragten Unternehmen decken auf der
jeweiligen Stufe der Lieferkette den Schweizer Kartof
felmarkt zu 53–94% ab (Tab. 1).
Auf der Stufe Endverbraucher wurde ein Fragebogen
an 2000 zufällig aus dem Telefonbuch ausgewählte Haus
halte in der deutschsprachigen Schweiz verschickt. Um
realistische Angaben über die Verluste zu erhalten, wurde
die massgeblich für die Essenszubereitung im Haushalt
Anzahl der befragten Unternehmen Marktabdeckung in der Schweiz
Grosshandel (Speisekartoffeln) 3 53%
Grosshandel (Verarbeitungskartoffeln) 2 81%
Verarbeitungsindustrie 4 91%
Detailhandel 5 94%
Tab. 1 | Befragte Unternehmen je Stufe der Kartoffelwertschöpfungskette in der Schweiz.
Tab. 2 | Vergleich der Personen, die lediglich den schriftlichen Fragebogen beantworteten, und den Teilnehmenden, die sowohl den Fragebogen als auch das Konsumententagebuch ausfüllten. M = arithmetisches Mittel, s = Standardabweichung
Teilnehmende, die nur den schriftlichen Fragebogen ausfüllten
Teilnehmende, die den schriftlichen Fragebogen und das Tagebuch ausfüllten
M s M s
Teilnehmende (Anzahl) 617 87
Geburtsjahr (Jahr) 1956 15,02 1958 13,49
Frauen (Anteil) 73,2 – 79,3 –
Personen im Haushalt 2,6 1,27 2,6 1,22
Personen unter 18 Jahren im Haushalt (Anzahl) 0,5 0,90 0,8 1,04
Personen je Mahlzeit (Anzahl) 2,4 1,17 2,6 1,09
Warme Mahlzeiten je Woche (Anzahl) 6,9 2,25 7,8 1,93
Bildungsniveau (Skala von 0–8) 3,58 2,25 4,22 2,24
Einkommen (Skala von 1–8) 3,67 1,83 3,70 1,56
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller | Lebensmittel
107
verantwortliche Person nach deren Einkaufs, Verzehrs,
Lagerungs und Entsorgungsgewohnheiten befragt. Die
Befragten konnten ihre Abfälle (Überschüsse, Rüstabfälle
sowie Speisereste) in einer Skala von 0–40% und grösser
als 40% in jeweils 10%Schritten angeben. 704 Personen
sandten einen vollständig ausgefüllten Fragebogen
zurück, wovon 215 bereit waren, ein vierwöchiges Tage
buch zu führen und den Kartoffelverzehr sowie die dabei
anfallenden Abfälle im Detail zu protokollieren. Davon
wiederum schickten 87 Teilnehmende ein vollständig aus
gefülltes Tagebuch zurück. Die sozioökonomischen
Kennzahlen der teilnehmenden Haushalte zeigt Tabelle 2.
R e s u l t a t e
Verluste bei Speise und Verarbeitungskartoffeln fallen
auf nahezu jeder Stufe der Lieferkette an. Die befrag
ten Experten gaben an, dass vor allem qualitative Män
gel für die Höhe der Verluste ausschlaggebend sind.
Aus ökonomischen Gründen seien alle Handelspartner
daran interessiert, die Verluste so gering wie möglich zu
halten. Nachfolgend werden die Ergebnisse zur Höhe
der Kartoffelverluste sowie deren Ursachen und deren
Verwendung stufenweise und für die komplette Kette
dargestellt.
Qualitätsbedingte Kartoffelverluste
Die Auswertung der Feldversuchsdaten von Keiser et al.
(2007) ergab, dass im Dreijahresmittel 21% aller nach
ÖLN bzw. IPSuisseRichtlinien sowie 29% aller nach Bio
Richtlinien angebauten Speisekartoffeln nicht die Quali
tätsstandards der Schweizerischen Handelsusanzen erfül
len. Die Mehrzahl der qualitativen Mängel stellt jedoch
kein Risiko für die Gesundheit der Konsumenten dar.
Lediglich 5–7% der Speisekartoffeln müssen aus Gesund
heitsgründen (faulige, grüne und angefressene Knollen)
aussortiert werden. Die übrigen Knollen werden aussor
tiert, da sie die Anforderungen an Frische, Qualität und
Lagerfähigkeit nicht erfüllen.
Die Verarbeitungskartoffeln weisen im Dreijahres
mittel einen höheren Anteil an mangelhaften Knollen
als Speisekartoffeln auf. 28% (ÖLN und IPSuisse) bezie
hungsweise 33% (Bio) aller Knollen sind hier mit Män
geln entsprechend den Schweizerischen Handelsusan
zen behaftet. Als Gründe für die höheren qualitativen
Verluste im Vergleich zur Speiseware können Sortenun
terschiede sowie eine durchschnittlich längere Kultur
zeit bei Verarbeitungskartoffeln angeführt werden.
Auch hier weisen lediglich 6–7% der Knollen gesund
heitsgefährdende Mängel auf. Konsumentenpräferen
zen sowie die Lager und Verarbeitungseignung sind
ausschlaggebend für die übrigen Beanstandungen.
ProduktlinieQualitätsbeding
te VerlusteÜberproduk
tionGesamtverlust
Speisekartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
15% 9% 24%
Speisekartoffeln (Bio) 14% 1% 15%
Verarbeitungskartof-feln (ÖLN, IP-Suisse)
17% 8% 25%
Verarbeitungskartof-feln (Bio)
13% 0% 13%
Tab. 3 | Qualitätsbedingte Verluste, Verluste durch Überproduktion und Gesamtverluste auf Stufe Landwirtschaft in der Schweiz. 100% = Gesamtbestand an Kartoffeln zum Erntezeitpunkt im Feld.
Gründe Speisekartoffeln Verarbeitungskartoffeln
ÖLN, IP- Suisse
Bio ÖLN, IP-Suisse Bio
Stufe Grosshandel
QualitätsbedingteVerluste
10% 21% 3% 8%
Lagerungs- undTransportverluste
2% 3% 2% 3%
GrosshändlerTotal
12% 24% 5% 11%
Stufe Verarbeitung
QualitätsbedingteVerluste
2% 2%
Schälverluste 10% 11%
Lagerungs- undTransportverluste
2% 2%
Verarbeitung (Total)
14% 15%
Stufe Detailhandel
Fehlkalkulation 1% 3%
Detailhandel(Total)
1% 3%
Tab. 4 | Verluste und ihre Ursachen auf den Stufen Grosshandel, Verarbei-tung und Detailhandel. Werte stellen gewichtete Mittelwerte aus den Ex-perteninterviews dar. 100% = gesamte Bruttoproduktion im Feld.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Lebensmittel | Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller
108
Verluste in der landwirtschaftlichen Produktion
In der Schweiz werden mangelhafte Qualitäten nicht nur
auf Stufe Landwirtschaft, sondern auch auf Stufe Gross
händler und Verarbeitungsindustrie aussortiert. Die auf
Stufe Landwirtschaft insgesamt anfallenden Verluste
zeigt Tabelle 3: Neben den qualitätsbedingten Verlusten
treten im mehrjährigen Durchschnitt auch Verluste durch
Überproduktion auf. Mechanisch beschädigte Knollen
sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht berücksichtigt, da
sie erst durch die maschinelle Ernte verursacht werden,
während beim Feldversuch von Keiser et al. (2007) jedoch
manuell geerntet und bonitiert wurde. Auf den nachfol
genden Stufen wurden diese Schäden berücksichtigt.
Verluste bei Gross- und Detailhandel sowie Verarbei-
tungsindustrie
Auf den zwei Stufen (Speisekartoffeln) respektive drei
Stufen (Verarbeitungskartoffeln) zwischen landwirt
schaftlicher Produktion und privaten Haushalten sind
die Unterschiede zwischen Speise und Verarbeitungs
ware aufgrund unterschiedlicher Prozessschritte sehr
gross. Tab. 4 zeigt die prozentualen Verluste bezogen
auf die Referenzmenge (Bruttoproduktion ab Feld) der
jeweiligen Produktlinie. Die Werte berechnen sich als
gewichteter Mittelwert aus den Experteninterviews
und beziehen sich auf die Dreijahresmittelwerte der
einzelnen Unternehmen. Speziell bei Verarbeitungs
kartoffeln schwanken die Angaben zwischen den
Unternehmen sehr stark, je nachdem welche Produkte
aus den Kartoffeln hergestellt werden. Im Detailhan
del fallen lediglich bei Speisekartoffeln geringe Ver
luste aufgrund von Fehlkalkulationen an. Verarbei
tungsprodukte zeichnen sich hier durch ihre lange
Haltbarkeit aus.
Verluste in privaten Haushalten
Auch im privaten Konsum unterscheiden sich die Ver
luste von Speisekartoffeln und von verarbeiteten Kartof
felprodukten stark (Tab. 5). Unterschiede zwischen den
Haushaltsverlusten von Speisekartoffeln aus unter
schiedlichen Produktionsweisen konnten statistisch nicht
bestätigt werden (Unterschiede Bio vs. NichtBio bei
Beutelverluste: p = 0,527; Rüstabfälle: p = 0,561; Speise
reste: p = 0,248). Bei den verarbeiteten Kartoffelproduk
ten wurde nicht zwischen Bio und NichtBio unterschie
den, da ohnehin keinerlei Gründe vorlagen, weshalb es
zu unterschiedlichen Verlusten kommen könnte. Rech
net man die Gesamtverluste auf dieser Stufe auf die
ursprünglich produzierte Menge der jeweiligen Pro
duktlinie im Feld um, so ergibt sich ein Gesamtverlust
von 15% aller produzierten Speisekartoffeln respektive
von 2% aller produzierten Verarbeitungskartoffeln.
Verluste über die gesamte Wertschöpfungskette
Abbildung 2 stellt die Verluste über die komplette Wert
schöpfungskette für die vier Produktlinien graphisch dar.
41–46% aller ursprünglich produzierten Verarbeitungs
kartoffeln beziehungsweise 53–56% der Speisekartof
feln gehen auf ihrem Weg vom Feld zum Teller verloren.
Die Knollenqualität ist der wichtigste Grund für die Ent
stehung von Verlusten. Etwa die Hälfte aller Verluste ist
qualitätsbedingt, wobei nur etwa ein Viertel bis ein Drit
tel dieser qualitätsbedingten Verluste der Nahrungsmit
telsicherheit und der Rest den Konsumentenpräferen
zen für ästhetisch ansprechende Produkte bzw. der
Lager und Verarbeitungsfähigkeit der Knollen geschul
det ist (Abb. 3). Die Gründe für die Verluste über die
gesamte Verarbeitungskette zeigt Tabelle 6.
Des Weiteren untersuchten wir, was mit den Verlus
ten nach deren Ausscheiden passiert. Abbildung 4 zeigt,
welcher Anteil der Gesamtverluste je Produktlinie wel
cher Nutzung zugeführt wird. Demnach werden mindes
tens zwei Drittel der Verluste als Tierfutter zumindest
indirekt wieder der menschlichen Ernährung zugeführt.
Besonders Verluste auf den ersten Stufen der Wert
schöpfungskette werden also noch als Tierfutter oder
zumindest in einer Biogasanlage genutzt. Je später in
der Kette Verluste auftreten, umso höher ist der Anteil,
der im Abfall landet.
SpeisekartoffelnVerarbeitete
Kartoffelprodukte
N M (%) s (%) N M (%) s (%)
Beutelverluste 682 8 9 n/a n/a n/a
Rüstabfälle 87 13 6 n/a n/a n/a
Speisereste 557 3 4 618 3 n/a
Gesamtverluste 25% 3%
Tab. 5 | Beutelverluste, Rüstabfälle und Speisereste in Schweizer Privat-haushalten für Speisekartoffeln und Kartoffelprodukte. 100% = jeweilige Gesamtmenge, die von den Privathaushalten gekauft wird; N = Anzahl Teilnehmende; M = arithmetisches Mittel; s = Standardabweichung; n/a = nicht angegeben
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller | Lebensmittel
109
Verarbeitungskartoffeln (Bio)
Verarbeitungskartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
Speisekartoffeln (Bio)
Speisekartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
Landwirtschaft Grosshändler Verarbeitung Detailhändler Konsument
24%
25%
13% 11% 15% 2%
5% 13% 2%
12% 1%
2%24%15%
15%
15%
Verarbeitungskartoffeln (Bio)
Verarbeitungskartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
Speisekartoffeln (Bio)
Speisekartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
Nahrungsmittelsicherheit
5%
7%
6%
6%
20%
28%
16%
17%
Konsumentenpräferenzen bzw. Lager- und Verarbeitungsfähigkeit
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Tierfutter Biogas Abfall
90%
100%
Speisekartoffeln (ÖLN, IP-Suisse)
Verarbeitungskartoffeln(ÖLN, IP-Suisse)
Verarbeitungskartoffeln (Bio)Speisekartoffeln (Bio)
68%
3%
29% 28%
5%
6%
4% 5%
8%
67% 90% 87%
Abb. 2 | Gesamtverluste von Speise- und Verarbeitungskartoffeln in der Schweiz. Angaben in Prozent der ursprün-glich produzierten Menge im Feld zum Zeitpunkt der Ernte der jeweiligen Produktlinie.
Abb. 3 | Qualitätsbedingte Verluste von Speise- und Verarbeitungskartoffeln in der Schweiz. Angaben in Prozent der ursprünglich produzierten Menge im Feld zum Zeitpunkt der Ernte der jeweiligen Produktlinie.
Abb. 4 | Verlustverwendung in Prozent der Gesamtverluste der vier untersuchten Produktlinien.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Lebensmittel | Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller
110
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Diese empirische Studie belegt, dass die Verluste entlang
der Wertschöpfungskette bei der Kartoffel hoch sind.
Etwa die Hälfte aller in der Schweiz für den menschlichen
Verzehr angebauten Kartoffeln gehen insgesamt
irgendwo auf ihrem Weg vom Feld zum Teller verloren.
Die Studie zeigt gleichzeitig auch, dass zwei Drittel (bei
Speisekartoffeln) respektive 90% (bei Verarbeitungskar
toffeln) dieser Verluste als Tierfutter verwertet werden.
Zur Energieherstellung in der Biogasanlage werden
heute 3–8% der Kartoffelverluste genutzt. Von den Ver
arbeitungskartoffelverlusten landen demnach nur etwa
5% im Abfall, von den Speisekartoffelverlusten hingegen
28%. Diese Abfälle fallen vorwiegend im Haushalt an.
Die Gründe für die Verluste sind vielfältig. Nebst den
Ernteüberschüssen beeinflussen die Qualitätsmängel laut
Handelsusanzen die Verlustmenge stark. Über 50% aller
Verluste entstehen aufgrund mangelhafter Knollenquali
tät, jedoch nur 25–35% sind auf Vorschriften zur Lebens
mittelsicherheit und zum Konsumentenschutz zurückzu
führen. Theoretisch könnte man also mit einer Lockerung
der Qualitätsvorschriften, die nicht die Lebensmittelsi
cherheit betreffen, die Verluste entlang der gesamten
Lieferkette senken. Dies ist aber nicht einfach zu bewerk
stelligen, da verschiedene Zusammenhänge innerhalb
der Wertschöpfungskette bestehen. Beispielsweise
könnte mehr Toleranz gegenüber äusseren Schäden auf
dem Feld zu höheren Verluste durch Fäulnis am Lager
führen oder höhere Rüstabfällen während der Verarbei
tung oder der Zubereitung im Haushalt verursachen.
Ausserdem wissen wir nicht, wie weit und unter welchen
Umständen die Verbraucher niedrigere Kartoffelqualitä
ten akzeptieren würden.
Eine Verbesserung der Knollenqualität durch gezielte
Massnahmen (Anbau, Züchtung) könnte entlang der
gesamten Wertschöpfungskette für geringere Verluste
sorgen. Jedoch bestehen hier häufig Zielkonflikte zwi
schen Umweltschutz und Verlustminimierung (z.B. che
mische Drahtwurmbekämpfung). Erst eine umfassende
Nachhaltigkeitsbewertung hilft, die Hebel zu finden,
um die Kartoffelverluste vom Feld bis zum Teller zu ver
kleinern. n
SpeisekartoffelnVerarbeitete
Kartoffelprodukte
Gründe für Verluste ÖLN, IP-Suisse Bio ÖLN, IP- Suisse Bio
Qualitätsmängel 48% 63% 48% 56%
Überschüsse in der Landwirtschaft
17% 2% 17% 1%
Lager- und Transportverluste
4% 5% 8% 11%
Verarbeitungsbedingte Schälverluste
0% 0% 22% 26%
Fehlkalkulation im Detailhandel
2% 5% 0% 0%
Überschüsse im Haushalt
10% 9% 0% 0%
Schälverluste im Haushalt
15% 14% 0% 0%
Speisereste 4% 3% 4% 5%
Tab. 6 | Gründe für Verluste von Speise- und Verarbeitungskartoffeln über die gesamte Lieferkette. 100% = Gesamtverlust der jeweiligen Pro-duktlinie.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
Kartoffelverluste in der Schweiz vom Feld bis zum Teller | Lebensmittel
111
Literatur ▪ Beretta C., Stoessel F., Baier U. & Hellweg S., 2012. Quantifying food losses and
the potential for reduction in Switzerland. Waste Management 33, 764–773. ▪ Canali M., Östergren K., Amani P., Aramyan L., Sijtsema S., Korhonen O., Sil-vennoinen K., Moates G., Waldron K., Clementine & O’Connor C., 2014. Dri-vers of current food waste generation, threats of future increase and oppor-tunities for reduction. The European Commission, Bologna.
▪ Gustavsson J., Cederberg C., Sonesson U., v. Otterdijk R. & Meybeck A., 2011. Global food losses and food waste. Extent, causes and prevention. Food and Agriculture Organization of the United Nations, Rome.
▪ Katajajuuri J.-M., Silvennoinen K., Hartikainen H., Heikkilä L. & Reinikainen A., 2014. Food waste in the Finnish food chain. Journal of Cleaner Production 73, 322–329.
▪ Keiser A., Häberli M., Schnyder E. & Berchier P., 2007. Einfluss des
Anbausystems, der Anbautechnik und des Standorts auf die Kartoffelqualität in der Schweiz. Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, Zollikofen.
▪ Kranert M., Hafner G., Barabosz J., Schuller H., Leverenz D., Kölbig A., Schneider F., Lebersorger S. & Scherhaufer S., 2012. Ermittlung der wegge-worfenen Lebensmittelmengen und Vorschläge zur Verminderung der Weg-werfrate bei Lebensmitteln in Deutschland. Universität Stuttgart, Stuttgart.
▪ Östergren K., Gustavsson J., Bos-Brouwers H., Timmermans T., Hansen O.-J., Møller H., Anderson G., O’Connor C., Soethoudt H., Quested T., Easteal S., Politano A., Bellettato C., Canali M., Falasconi L., Gaiani S., Vittuari M., Schneider F., Moates G., Waldron K. & Redlingshöfer B., 2014. FUSIONS Defi-nitional Framework for Food Waste. Projekt FUSIONS (Food Use for Social In-novation by Optimising Waste Prevention Strategies), Europäische Union.
▪ Quested T. & Johnson H., 2009. Household Food and Drink Waste in the UK. WRAP, Banbury.
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Potato losses in Switzerland from field to
fork
This study ascertains potato losses in
Switzerland along the value chain from
field to fork on the basis of question-
naires. The results show that 41–46% of
all processing potatoes and 53–56% of
all table potatoes are not eaten by
consumers. These losses do not repre-
sent a complete waste, however. Three-
quarters of table-potato losses and 90%
of processing-potato losses are used as
animal feed. Another 3–8% of potato
losses is used to generate energy in
biogas plants. Only about 5% of process-
ing potato losses and 28% of table
potato losses in total wind up as waste.
In addition to harvest surpluses, quality
standards exert a strong influence on
quantities lost. Over 50% of all losses are
due to quality defects in the potatoes.
Around one-third of all potatoes with
quality defects are rejected owing to their
potential harmfulness to human health,
whilst two-thirds of these potatoes are
rejected because they fail to meet the
freshness and quality criteria of trading
partners and consumers.
Key words: food loss, potato supply chain,
quality standards, loss treatment, con-
sumer preferences.
Perdite di patate in Svizzera dal campo
alla tavola
Sulla base di sondaggi, il presente studio
rileva le perdite di patate lungo la catena
di creazione del valore in Svizzera, dal
campo fino alla tavola. I risultati mostrano
che il 41–46 per cento di tutte le patate di
trasformazione prodotte e il 53–56 per
cento di tutte le patate da tavola non
vengono consumate dalla popolazione a
scopi alimentari. Tuttavia, tali quantità
non vanno semplicemente perse. Tre
quarti delle perdite delle patate da tavola
e il 90 per cento di quelle delle patate di
trasformazione sono usati come alimenti
per animali, mentre il 3–8 per cento delle
perdite di patate è sfruttato per produrre
energia negli impianti di biogas. Nei rifiuti
finisce complessivamente solo circa il 5 per
cento delle perdite delle patate di trasfor-
mazione e il 28 per cento delle perdite
delle patate da tavola. Oltre alle ecce-
denze di raccolto, sono gli standard
qualitativi a influenzare fortemente la
quantità delle perdite. Oltre il 50 per cento
di tutte le perdite è causato dal fatto che
le patate presentano difetti qualitativi.
Circa un terzo di tutti i tuberi con difetti
qualitativi viene scartato in quanto
dannoso per la salute. Due terzi dei tuberi
vengono invece scartati perché non
soddisfano le aspettative dei partner
commerciali e dei consumatori.
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 104–111, 2016
112 Agrarforschung Schweiz 7 (2): 112–113, 2016
Hervé Vanderschuren: Pflanzenzüchtung als Instrument für die internationale Kooperation
I n t e r v i e w
Hervé Vanderschuren forscht seit 2003 an der ETH Zürich
in der Professur für Biotechnologie. Seine Forschung
befasst sich mit der biotechnologischen Verbesserung
von Maniokpflanzen. Maniok ist in den tropischen und
subtropischen Regionen in Südamerika, Afrika und
Asien eine der wichtigsten Grundnahrungsmittel für Mil-
lionen von ärmeren Menschen. Seit 2014 ist Hervé Van-
derschuren Professor für Pflanzengenetik an der Univer-
sität Liège in Belgien, sein Forschungsengagement an
der ETH Zürich bleibt bestehen.
Herr Vanderschuren, Sie arbeiten im Bereich Biotechno-
logie mit Maniok. Womit beschäftigen Sie sich in Ihrem
Forschungsbereich?
Das von mir geleitete Forschungsteam beschäftigt sich
mit unterschiedlichen Aspekten des ManiokAnbaus in
den drei Kontinenten Südamerika, Afrika und Asien. Wir
engagieren uns insbesondere für lokale Probleme im
ManiokAnbau. Beispielsweise untersuchen wir gemein
sam mit Kollegen aus Afrika VirusResistenzen, da
Viruserkrankungen in Afrika das grösste Problem im
Anbau darstellt. Mit Forschenden aus Brasilien untersu
chen wir, welches die molekulare Antwort des Wurzel
systems von Maniok auf Trockenstress ist; denn in Nord
ostBrasilien ist Wasserknappheit der bedeutendste
abiotische Stress für Maniok.
Was fasziniert Sie an diesem Forschungsgebiet?
Dieses Forschungsgebiet ist faszinierend, weil man Men
schen mit verschiedenen Horizonten trifft und Partner
schaften entwickelt, um gemeinsam wichtige Themen der
Landwirtschaft anzugehen. Unsere Forschung ist in Netz
werken verschiedener NordSüdKooperationen eingebet
tet. Hier gibt es ein grosses Potenzial, kreativ zu sein, da die
Art und Weise, wie diese NordSüdKooperationen derzeit
ausgeführt werden, überdacht werden muss. Zudem bein
haltet das Forschungsgebiet auch eine starke philosophi
sche und ethische Komponente, da wir den potenziellen
Nutzen der Pflanzenbiotechnologie in einem Umfeld
erklären müssen, welches der Anwendung solcher Techno
logien in der Landwirtschaft eher kritisch gegenübersteht.
Welche biotechnologischen Techniken wenden Sie an?
Mein Team hat mehrere TechnologiePlattformen etab
liert um Maniok genetisch zu transformieren, Wir nut
zen diese TechnologiePlattformen, um transgene
ManiokPflanzen mit verbesserten Eigenschaften wie
beispielsweise PathogenResistenz, Trockenheitstoleranz
und Haltbarkeit der Maniokwurzel zu erzeugen. Wir
beschäftigen uns nicht nur mit biotechnologischen
Methoden, sondern wir arbeiten auch mit internationa
len Partnern zusammen, um die genetische Diversität
von Maniok bezüglich der oben genannten Eigenschaf
ten zu erforschen und um Sorten mit unterschiedlicher
StressResistenz zu identifizieren. Wir verwenden dazu
modernste Technologien, um zu verstehen, welche
genetischen Eigenschaften Maniok resistent oder anfäl
lig für diese Stressoren macht.
Welche agronomischen Probleme gibt es im Maniok-Anbau?
Maniok ist anfällig auf virale und bakterielle Krankheits
erreger. Diese können schwere Epidemien auslösen und
Ertragsausfälle verursachen, was häufig zu einer Nah
rungsmittelknappheit führt. Trotz der relativ guter
Ertragsstabilität von Maniok bei kurzzeitigem Wasser
mangel bleibt langanhaltender Trockenheitsstress einer
der limitierenden Faktoren im Maniokanbau. Zudem
bleibt Trockenheitsstress eine der HauptEinschränkun
gen des ManiokAnbaus, obwohl die Produktivität von
Maniok unter wasserlimitierenden Bedingungen in den
letzten Jahren verbessert wurde. Der Klimawandel wird
diesen Trend in mehreren ManiokAnbaugebieten noch
verschärfen. Ein allgemeines Problem aller Anbauge
biete ist die geringe Haltbarkeit der Maniokwurzel.
Kaum geerntet, beginnt sie schon zu verderben. Die
Bauern und die Verarbeitungsindustrie benötigen effizi
ente und bezahlbare Lösungen, um die Haltbarkeit der
Maniokwurzel zu erhöhen.
113
Hervé Vanderschuren, Wissenschaftler in der Professur für Biotechnologie an der ETH Zürich | Interview
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 112–113, 2016
Wie geschieht der Wissens- und Technologietransfer von
der Grundlagenforschung an der ETH zu den Forschern
und Landwirten in den Ländern, in welchen Maniok
angebaut wird?
Wir bilden viele Wissenschaftler aus den ManiokAnbauge
bieten aus. Als ich begonnen habe, das ForschungsTeam
zu leiten, habe ich die Rekrutierung von Wissenschaftlern
und Studierenden aus Maniokanbauenden Regionen pri
orisiert. Einige der Studierenden kehrten danach an ihre
Heimuniversität zurück und etablierten dort die Techniken,
die sie an der ETH Zürich gelernt haben. Im Verlauf der
letzten Jahre habe ich ausserdem den Transfer der Maniok
Transformationstechnologie zu Forschern in mehreren Län
dern gefördert, indem ich Workshops und Trainings für
lokale Wissenschaftler organisiert habe. Dadurch gibt es
nun Forschungszentren in mehreren Entwicklungs und
Schwellenländern, in welchen mittels Pflanzenbiotechno
logie verbesserter Maniok gezüchtet werden kann.
Dadurch kann der Nutzen der Pflanzenbiotechnologie
direkt zu den Menschen gebracht werden. Die Forscher vor
Ort können somit die lokalen landwirtschaftlichen Schwie
rigkeiten selbständig angehen und Lösungen für eine
nachhaltigere Landwirtschaft entwickeln.
Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforde-
rungen Ihrer Forschung und welche Möglichkeiten gibt
es, um diese Herausforderungen anzugehen?
Eine der Herausforderungen besteht darin, den Land
wirten und Konsumenten die Komplementarität der
biotechnologischen und der traditionellen Methoden
aufzuzeigen, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu
gestalten. Der wachsende Wettkampf um Finanzierung
und Ressourcen in der Wissenschaft stellt eine weitere
wichtige Herausforderung dar, da dieser Trend tendenzi
ell zu niedrigeren ethischen Standards führt sowohl in
den entwickelten wie auch in den Entwicklungsländern.
Die Natur unserer Tätigkeit und die stark vom Training
der lokalen Wissenschaftler abhängigen Auswirkungen
verpflichten uns zu grösster Wachsamkeit.
Im europäischen Raum herrscht eher Skepsis gegenüber
dem Anbau und der Verwendung von biotechnologisch
veränderten Pflanzen. Wie ist die Situation in den
Anbaugebieten von Maniok?
Mehrere afrikanische und asiatische Regierungen haben
das Potenzial der Biotechnologie zur Verbesserung ver
schiedener landwirtschaftlicher Schwierigkeiten erkannt.
Obwohl noch keine transgenen Maniokpflanzen kommer
ziell erhältlich sind, erlauben zum Beispiel Kenia, Uganda
und Nigeria Feldversuche mit transgenem Maniok. Aller
dings ist es schwierig vorherzusagen, wann der Anbau von
transgenem Maniok in den afrikanischen Ländern in
Zukunft erlaubt sein wird.
Welches sind gemäss Ihrer Sicht die Chancen und Risi-
ken beim Anbau biotechnologisch veränderter Maniok-
pflanzen?
Die Chancen und Risiken unterscheiden sich nicht von
denen anderer Kulturpflanzen. Beispielsweise kann durch
den Anbau von BtBaumwolle in Indien und Burkina Faso
der Einsatz von Pestiziden verringert werden. Dagegen
wurde aber auch ein erhöhter Gebrauch von Herbiziden
in anderen Kulturen festgestellt. Man muss gegenüber
vorgeschlagenen Lösungen immer kritisch bleiben und
beurteilen, ob sie tatsächlich zu einer nachhaltigeren
Landwirtschaft beitragen. Wichtig ist, dass die Entwick
lung, Genehmigung und Verbreitung der Biotechnologie
in Maniok von lokalen Wissenschaftlern, Politikern und
Konsumenten durchgeführt werden. Diesbezüglich ist
das pro als auch der antiBiotechnologie Lobbying in
Ländern nicht akzeptabel, in welchen das politische Sys
tem und der Verwaltungsapparat leicht durch externe
Kräfte beeinflusst werden können.
Wie werden die Landwirte über Chancen und Risiken von
biotechnologisch veränderten Maniokpflanzen infor-
miert und instruiert?
Das liegt in der Verantwortung der lokalen Universitäten
und Institutionen, die in der landwirtschaftlichen Bera
tung tätig sind. Daher ist es wichtig, dass lokale Wissen
schaftler in verschiedenen Disziplinen im Bereich der Bio
technologie ausgebildet werden. Nicht nur um die
Technologie den Landwirten und Konsumenten zu erklä
ren, sondern auch um lokale Beamte, die im Bereich
Landwirtschaft tätig sind, zu beraten. Dies daher, weil die
Beteiligung von westlichen Akteuren in diesem Prozess
schnell als Interventionismus interpretiert werden kann.
Sie arbeiten mit einer tropischen Pflanze. Können Erfah-
rungen aus Ihrer Forschung auch in der Schweizer Land-
wirtschaft genutzt werden? Wie?
Wir arbeiten an Problemen, die in vielen agrarwissen
schaftliche Systemen vorkommen und auf andere Kul
turpflanzen übertragen werden können. Bakterielle und
virale Krankheitserreger befallen auch verschiedene Kul
turpflanzen, die in der Schweiz angebaut werden. Da
Maniok eine vegetativ vermehrte Kulturpflanze ist, wie
beispielsweise die Kartoffel, könnte unsere Arbeit auch
diesbezüglich zu Innovationen in der Schweizer Land
wirtschaft führen. Darüber hinaus lässt sich unsere For
schung über Nachernteverluste auf andere Kulturpflan
zen in der Schweiz anwenden. Zudem arbeiten wir aktiv
mit Teams von Agroscope zusammen, um die Erkennt
nisse auf andere Anwendungen insbesondere auf Kar
toffeln anzuwenden. n
Brigitte Dorn, ETH Zürich
114
Die betriebsspezifische Betrachtung der Grössenverhält
nisse des Melkpersonals und der Herde sind somit aus
schlaggebend für eine ergonomisch optimierte Gestal
tung des Melkstandes. Mit den Ergebnissen dieser
Untersuchung wurde für Autotandem, Fischgräten30°,
Fischgräten 50°, SidebySide und KarussellMelkstände
ein individueller Koeffizient für den jeweiligen Melk
standtyp ermittelt. Anhand der durchschnittlichen Mel
kergrösse und der Euterbodenhöhe kann mit diesem
Koeffizienten die optimale Höhe der Standfläche für jede
Melkerin und jeden Melker bestimmt werden.
Marianne Cockburn, Pascal Savary et Matthias Schick, Agroscope
Agroscope Transfer Nr. 102 / 2015
Die Melkarbeit ist im Melkstand ergonomisch günstiger
als im Anbindestall. Trotzdem sind bei vielen Tierhalterin
nen und Tierhaltern, die ihre Tiere im Laufstall halten,
häufig Erkrankungen des MuskelSkelettSystems erkenn
bar. Beschwerden entstehen insbesondere in den oberen
Extremitäten des Körpers sowie im Bereich des Nackens
und der Schultern. Diese Bereiche werden beim Anhän
gen des Melkzeuges stark beansprucht.
Ziel dieser Studie war daher eine objektive Analyse und
Bewertung der physischen Arbeitsbelastung in verschie
denen Melkstandtypen anhand der Körperhaltungen bei
der jeweiligen Melkroutine. Die Ergebnisse zeigen, dass
nicht vorrangig der Melkstandtyp über das Ausmass der
Arbeitsbelastung bestimmt, sondern die Interaktion des
Melkstandtyps mit dem Verhältnis von Melkergrösse und
Euterbodenhöhe.
www.agroscope.admin.ch/publikationen
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 114, 2016
Autoren
Marianne CockburnPascal SavaryMatthias Schick
Dezember 2015
Die Melkarbeit ist im Melkstand ergono-misch günstiger als im Anbindestall. Trotz-dem sind bei vielen Tierhalterinnen und Tierhaltern, die ihre Tiere im Laufstall hal-ten, häufig Erkrankungen des Muskel-Ske-lett-Systems erkennbar. Beschwerden ent-stehen insbesondere in den oberen Extre-mitäten des Körpers sowie im Bereich des Nackens und der Schultern. Diese Bereiche werden beim Anhängen des Melkzeuges stark beansprucht.Ziel dieser Studie war daher eine objektive Analyse und Bewertung der physischen Arbeitsbelastung in verschiedenen Melk-standtypen anhand der Körperhaltungen bei der jeweiligen Melkroutine. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht vorran-gig der Melkstandtyp über das Ausmass
der Arbeitsbelastung bestimmt, sondern die Interaktion des Melkstandtyps mit dem Verhältnis von Melkergrösse und Euterbo-denhöhe. Die betriebsspezifische Betrach-tung der Grössenverhältnisse des Melkper-sonals und der Herde sind somit ausschlag-gebend für eine ergonomisch optimierte Gestaltung des Melkstandes. Mit den Ergebnissen dieser Untersuchung wurde für Autotandem-, Fischgräten-30°-, Fisch-gräten-50°-, Side-by-Side- und Karussell-Melkstände ein individueller Koeffizient für den jeweiligen Melkstandtyp ermittelt. Anhand der durchschnittlichen Melker-grösse und der Euterbodenhöhe kann mit diesem Koeffizienten die optimale Höhe der Standfläche für jede Melkerin und jeden Melker bestimmt werden.
TechnikAgroscope Transfer | Nr. 102 / 2015
Optimierung der Arbeitshaltung beim Anhängendes Melkzeuges Empfehlungen zur idealen Arbeitshöhe der Standfläche verschiedener Melkstandtypen
Analyse der Arbeitsbelastung im Melkstand mit dem CUELA-System (Fotos: Agroscope).
Inhaltsverzeichnis
Problemstellung 2
Methoden 2
Ergebnisse und Diskussion 3
Schlussfolgerung 7
Literaturnachweis 8
A k t u e l l
Aktuell
115
V e r a n s t a l t u n g e n
Februar 2016
15.02.2016Tagung ErnährungssicherheitBLW und AgrideaHAFL, ZollikofenInformationen: www.hafl.bfh.ch
April 2016
07.04.2016
11. Netzwerktagung Pferdeforschung SchweizSchweizer Nationalgestüt SNGAvenches
26.– 27.01.201613. Tagung Landtechnik im AlpenraumAgroscope und BLT Wieselburg (A)AT6803 Feldkirch
Mai 2016
11.05.2016
Frühjahrstagung 2016ETH Zürich, Vetsuisse Zürich und Bern, Agroscope INTETHZentrum, Zürich
August 2016
29.08.– 01.09.2016
20th Eucarpia General CongressEUCARPIA, Agroscope und ETH ZurichETH Zürich
September 2016
28.09.2016
Nutztiertagung Agroscope 2016Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INTLandwirtschaftliches Institut Grangeneuve in Posieux
I n t e r n e t l i n k s
2016 – Internationales Jahr der Hülsen-früchte
https://www.unesco.de/infothek/gedenkanlaesse-der-un/internationale-jahre.html
Die UNO hat 2016 zum Internationalen Jahr der Hülsen
früchte erklärt. Unter der Leitung der Ernährungs und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen
(FAO) soll das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit
für die ernährungsphysiologischen Vorzüge von Hülsen
früchten gestärkt werden. Im Rahmen einer nachhalti
gen Nahrungsmittelproduktion zur Nahrungsmittelsi
cherheit und Ernährung spielen Hülsenfrüchte eine sehr
wichtige Rolle.
März 2016 / Heft 3
Honigbienen spielen aufgrund ih-rer Fähigkeit Pflanzen zu bestäu-ben und Honig zu erzeugen eine sehr wichtige ökologische und ökonomische Rolle. Seit etwa zwanzig Jahren zeigen Bienenvöl-ker beunruhigende Sterblichkei-ten. Forschende von Agroscope und weiteren Institutionen haben den Einfluss der in der Landwirt-schaft heute üblichen Zwischen-kulturen auf die Bienengesund-heit untersucht.
V o r s c h a u
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Agrarforschung Schweiz 7 (2): 115, 2016
•• Einfluss von HerbstZwischenkulturen auf die Entwicklung und Überwinterung von Honigbienenvölkern, JeanDaniel Charrière, Agroscope et al.
•• Serie LACTOBEEF: Wirtschaftlicher Ansatz unter Praxisbedingungen auf zwei Sömmerungbetrieben, Béatrice Manceau und JeanLuc Martrou, Agridea
•• Zerstörungsfreie Methode zur Schätzung der Biomasse von Zwischenkulturen, Lucie Büchi et al., Agroscope
•• Methodische Herausforderungen bei der Umweltproduktdeklaration von Landwirtschaftsprodukten, Jens Lansche et al., Agroscope und Koch Consulting
•• Die finanziellen Auswirkungen von Investitionen im Vorfeld abschätzen, Markus Lips und Christian Gazzarin, Agroscope
•• Die Bodenbiologie vereint Landwirte und Wissenschaftler, Marie Fesselet et al., Agroscope et al.
•• Marktgerichtete Innovationsförderung des Bundesamtes für Landwirtschaft, Priska Dittrich, BLW
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Emma auf Hoftour – live @ SäulistallAuf verschiedenen Bauernhöfen und auf dem Campus der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Berner Fach-hochschule warten spannende Informationen, Spiel und Spass auf Junge und Junggebliebene.
Vorbeischauen lohnt sich!Tierisch gut
Infos: emmashoftour.ch
23./24. April 2016
Neu – Bestellungen ab sofort möglich!
Grundlagen für die Düngung landwirtschaftlicher Kulturen in der Schweiz GRUD 2016
Die neueste Auflage der Düngungsgrundlagen von Agroscope wird im Frühjahr 2016 erscheinen; Vorbestellungen sind ab sofort möglich!
Die «GRUD 2016» lösen die bisherigen sepa raten Düngungsgrundlagenwerke ab und vereinen neu in einem einzigen Dokument alle landwirt schaftlichen Kulturen der Schweiz: Ackerbau, Futter bau, Weinbau, Obstbau, Gemüsebau, Beeren, Medizinal und Aroma pflanzen sowie Zierpflanzen und Gehölze.
Die «GRUD 2016» erscheinen als Sonderbeilage der «Agrarforschung Schweiz», erhältlich ohne Aufpreis für die Abonnenten der Zeitschrift. Weitere Interessierte können das Dokument zum voraussichtlichen Preis von CHF 16.– für die gedruckte und von CHF 6.– für die elektronische Version auf der folgenden Webseite erwerben:
www.agroscope.ch/grud
Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBFAgroscope
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