Achtung:
Die Vorlesung Anorganische Chemie II entfällt
am Dienstag 18. Juni
Prüfung:
Donnerstag 27. Juni 9:15 – 11:15
Anorganische Reaktionsmechanismen in Lösungen
Konturkarte der Energieflächen des linearen H + H2 = H2 + H
SystemsQuelle: Moore/Hummel Physikalische Chemie
De Gruyter 1986
Sattelpunkt auf der Potentialhyperfläche
Literatur• Holleman Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 102. Auflage
Walter de Gruyter (2007)
• E. Riedel (Hrsg.): Moderne Anorganische Chemie, 3. AuflageWalter de Gruyter (2007)
• James H. Espenson: Chemical Kinetics and Reaction Mechanisms; McGraw-Hill, Inc., New York (1995)
• Ralph G. Wilkins: Kinetics and mechanisms of reactions of transition metal complexes; 2. Auflage. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim, New York (1991)
• James E. Huheey, Ellen A. Keiter, Richard L. Keiter: Anorganische Chemie, Prinzipien von Struktur und Reaktivität; Ralph Steudel Hrsg. 4. Auflagede Gruyter (2012)
Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante
Zusammengesetzte Geschwindigkeitskonstanten
Druckabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante, Aktivierungsvolumen
Chemische Interpretation der Aktivierungsparameter
Theorie des Übergangszustandes
Energiediagramme
Prinzip der mikroskopischen Reversibilität
Spezielle Eigenschaften der Reaktionen in einem Lösungsmittel
Diffusionskontrollierte Geschwindigkeitskonstanten
Kinetik von Ionenreaktionen:
a) Einfluss der Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels
b) Einfluss gelöster Salze
Kinetische Isotopie-Effekte
Kinetik des Isotopenaustauschs
Inhalte
Elektronenübertragungsprozessea) Reaktionen des solvatisierten Elektronsb) Redoxreaktionen, die in der äußeren Sphäre ablaufen
Franck-Kondon PrinzipMarcus-Gleichung
c) Redoxreaktionen, die in der inneren Sphäre ablaufenouter-sphere oder inner-sphere
Mechanismus?verschiedene Brückenmechanismen
d) nicht-komplementäre Redoxreaktionene) photochemische Redoxreaktionen
5 NH3
Substitutionsreaktionen bei Übergangsmetallkomplexen
a) Molekularität
b) Ligandensubstitution bei oktaedrischen Komplexendissoziativer MechanismusStereochemie
c) Ligandensubstitution bei quadratisch-planaren Komplexen
assoziativer Mechanismustrans-Effekt
d) Reaktionen, die zu einer Änderung der Koordinationszahl führen
Chemie in wässrigen und nichtwässrigen Lösungen
• Sehr viele Reaktionen, die der anorganische Chemiker im Labor beobachtet, finden in Lösung statt.
• Wasser ist das wichtigste polare Lösungsmittel.
• Unpolare organische Lösungsmittel wie Toluol oder Cyclohexan werden eingesetzt, um unpolare Verbindungen zu lösen. Diese beiden LM bilden keine Solvate und zeigen keine Eigendissoziation.
• Gut koordinierende polare LM, die aber nicht dissoziieren, sind z.B. DMSO (Dimethylsulfoxid), oder Acetonitril. Es handelt sich dabei um Lewis-Basen, die sich an Kationen und andere Lewis-saure Zentren anlagern. Acetonitril wird oft als ersetzbarer Ligand verwendet.
Eigenschaften von LM• Schmelzpunkt und Siedepunkt grenzen den für chemische Reaktionen
nutzbaren flüssigen Bereich ein.
• Die Dielektrizitätskonstante ε. Die Coulomb‘sche Energie zwischen Ionen ist ε des Mediums umgekehrt proportional.
• d.h. die Anziehungsenergie zwischen zwei Ionen in Wasser beträgt bei gleichem Abstand d nur 1,22% der Anziehungsenergie im Vakuum.
• Nur LM mit großer ε ermöglichen eine elektrolytische Dissoziation. In LM mit kleinen Dielektrizitätskonstanten gibt es nur „schwache Elektrolyte“.
dqqE
41
00
10122,017,812
2
OHOH
Protonenhaltige LM zeigen Eigendissoziation
• NH3 ist basischer als Wasser. Daher verhält sich Essigsäure darin als starke Säure (reagiert zu NH4
+ und Acetat)
Physikalische Eigenschaft Wasser Ammoniak
Siedepunkt 100°C -33,38°CSchmelzpunkt 0°C -77,7°CDichte 1,00 g cm-3 (4°C) 0,725 g cm-3 (-70°C)Dielektrizitätskonstante ε 81,7 ε0 (18°C) 26,7 ε0 (-60°C)
Spezifische Leitfähigkeit 4∙10-8 Ω-1 cm-1 (18°C) 1∙10-11 Ω-1 cm-1 (-60°C)
Viskosität 1,01 g cm-1 s-1 (20°C) 0,254 g cm-1 s-1 (-33,38°C)
Ionenprodukt 1,008∙10-14 mol2L-2 (25°C) 5,1∙10-27 mol2L-2 (-60°C)
Salzschmelzen als Lösungsmittel• Sehr widerstandsfähig gegen Zersetzung bei hohen Temperaturen
und anderen extremen Bedingungen.• Manche Reaktionen, die in Wasser nicht möglich sind, weil das
Wasser mit-reagiert, lassen sich in Salzschmelzen ausführen, z.B. Reaktionen mit Chlor oder Fluor in geschmolzenen Chloriden bzw. Fluoriden.
• Höhere Konzentrationen an koordinierenden Anionen, als in gesättigten wässrigen Lösungen erhalten werden können.
• Beim Schmelzen des Salzes wird die Fernordnung des Kristalls zerstört, es bleibt jedoch eine Nahordnung weiter bestehen.
• Lösungen von Metallen in Salzschmelzen möglich, z.B. lösen sich Alkalimetalle gut in geschmolzenen Alkalimetallhalogeniden.
Ionische Flüssigkeiten als LM• IF sind bei Raumtemperatur oder unterhalb 100°C flüssige Salze.
• Die positive Ladung der Kationen wird über eine große Zahl von Atomen verteilt, wodurch die Anziehung der Anionen vermindert und der Schmelzpunkt erniedrigt wird. Beispiele:
• Trioctylmethylammoniumthiosalicylat• 1-Butyl-3-methyl -imidazolium-bis- (trifluormethylsulfonyl)-imid
• Gute Lösekraft für polare und unpolare Substanzen, kaum Dampfdruck, unbrennbar, hohe thermische Stabilität
C8H17
N C8H17
C8H17
CO2
SH
Das Studium von Reaktionsmechanismen
- ermöglicht das Design von Synthesewegen zu neuen Verbindungen
- ermöglicht die Entwicklung optimaler Katalysatoren
Reaktionen von Komplexverbindungen können extrem schnell oder sehr langsam sein
In einer Femtosekunde legt das Licht eine Strecke von 0,3 µm zurück.
d3
aus: William W. Porterfield, Inorganic Chemistry, San Diego, 1993
Anwendung von Femtosekundenlasern
• Das „Arbeitspferd“ ist der Titan-Saphir-Laser, der im infraroten Bereich arbeitet.
• Mit Hilfe ultrakurzer Lichtpulse lassen sich Strukturänderungen der an der Reaktion beteiligten Moleküle analysieren und reaktive Zwischenverbindungen untersuchen.
• Besonders wichtig zur Aufklärung photochemischer Reaktionen z.B. Photosynthese, Atmosphärenchemie
Quelle: Institut für Physik, Universität Kassel
1 fs=10-15 sec: diese Zeit benötigt eine chemische Bindung, um
aufzubrechen
Da Laser sehr kurze und intensive elektromagnetische Strahlungspulse emittieren können, sind sie zur Untersuchung von Vorgängen auf einer sehr kurzen Zeitskala geeignet. Quelle: Atkins/Jones: Chemie - einfach alles, Wiley-VCH 2006
Zerfall des Ionepaares Na+I- in der Gasphase in Atome
Eine Molekül-schwingung verändert den Bindungszustand. Gleichgewichtsabstand 0.28 nm. Bei längeren Abständen ist die Bindung ionisch, bei kürzeren kovalent. Bei einem bestimmten kritischen Abstand entscheidet sich, ob das Molekül in die Atome zerfällt.
Ein Reaktionsmechanismus
beschreibt die aufeinanderfolgenden molekularen Vorgänge während einer chemischen Reaktion von den Reagenzien bis zu den Produkten. (Wir wollen sozusagen die Bewegungen der Atome während der Bildung und Umwandlung der Moleküle beobachten.)
Der Reaktionsmechanismus zeigt, ob eine gegebene chemische Reaktion als einzelner molekularer Prozess abläuft – als Elementarreaktion – oder als Aufeinanderfolge mehrerer Elementarreaktionen,
und ob es dann nur einen einzigen Reaktionsweg gibt, oder mehrere im Wettbewerb befindliche Reaktionsfolgen vorliegen.Wenn mehrere Reaktionsschritte (=Elementarreaktionen) hintereinander stattfinden, treten in allen Fällen kurzlebige Zwischenverbindungen auf.
Man bemüht sich, Struktur und Zusammensetzung jeder der vermuteten Zwischenverbindungen zu bestimmen.Eventuell durch sehr schnelle spektroskopische Techniken.In manchen Fällen gelingt es, ein Reagenz zu finden, das mit der kurzlebigen Zwischenverbindung zu einem stabilen Produkt reagiert (“chemical trapping“). Struktur und Zusammensetzung des „gefangenen“ Produkts lassen dann auf die Eigenschaften der Zwischenverbindung schließen.Eine weitere Möglichkeit, die Zwischenverbindung zu stabilisieren, ist “freeze trapping“ (sehr rasches Abschrecken auf tiefe Temperaturen).
K. Moffat und R. Henderson
– „freeze trapping“ wird z.B. kombiniert mit
– Röntgenstrukturanalyse,– EPR (electron paramagnetic
resonance) Spektroskopie, – Elektronenmikroskopie – solid-state NMR– 57Fe-Mössbauer-Spektroskopie (für
Eisen enthaltende Moleküle),
um die Zwischenverbindungen zu charakterisieren
Chemical trapping Route A: Radikal-Kation als Zwischenverbindung?
Route B: Naphtyl-Eisen als Zwischenverbindung?
Hinzufügen eines Radikal-Trapping Reagens hatte keinen Einfluss auf die Reaktion, also stimmt Route B------------------------------2,2,6,6-tetramethylpiperidinyl-N-oxyl (TEMPO) -------------------------------
Xin-Le Li et al., Org. Lett. Vol. 13, No. 18, 2011
• An der experimentellen und theoretischen Erforschung von Reaktionsgeschwindigkeiten und Reaktionsmechanismen gewisser Typen von Reaktionen wird seit Jahrzehnten intensiv geforscht, die Erkenntnisse werden immer detaillierter.
Besonders betrifft das:
• Elektronentransfer-Reaktionen• Nucleophile Substitutionen, besonders
Hydrolysereaktionen
Theoretische Modelle
wurden entwickelt, die die Reaktionsgeschwindigkeiten von Elementarreaktionen erklären oder sogar voraussagen können.
Die Grundlage für diese theoretischen Modelle bildet die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante von Temperatur und Druck.
Aus dieser experimentell zu bestimmenden Abhängigkeit lässt sich auf die Aktivierungsparameter schließen:
Aktivierungsenthalpie,Aktivierungsentropie und Aktivierungsvolumen.
Die Aktivierungsparameter lassen Schlüsse auf den Reaktionsmechanismus zu.
Jacobus Henricus Van‘t Hoff hat 1884 die Regel aufgestellt, dass sich bei Erhöhung der Temperatur um 10°C die Reaktions-geschwindigkeit verdoppelt, ein Thema, für das sich Arrhenius sehr interessierte.
Arrhenius verwendete für seine Ableitung die kinetische Ableitung des MWG, 1864, von Guldberg und Waage.
Idee: Es gibt für die Hinreaktion und die Rückreaktion einen GEMEINSAMEN Zwischenzustand erhöhter Energie.
• Aktivierungsenergie Ea = Energie des aktivierten Zustands minus mittlere Energie der reagierenden Moleküle.
• Ea ist daher immer >0
H2 + I2 = 2 HI
Max Bodenstein (1871-1942)
Begründer der chemischen Kinetik, Entdecker der Kettenreaktion
Bodenstein hielt diese Reaktion zunächst für eine bimolekulare Elementarreaktion (Geschwindigkeitsgesetz 2. Ordnung )
H2 + I2 = 2 HI
• Diese Reaktion wurde bereits 1894 von Max BODENSTEIN eingehend untersucht, er hielt sie zunächst für eine Elementarreaktion
• doch handelt es sich nicht um eine bimolekulare Elementarreaktion, der Mechanismus ist in Wirklichkeit komplizierter.