LICHTER DER NACHT24.09.2009
SAISON 2009/2010 ABONNEMENTKONZERT 1
PHILIPP AHMANN LEITUNG MITGLIEDER DES NDR SINFONIEORCHESTERS
PROGRAMMABFOLGE | 0302 | PROGRAMMABFOLGE
LICHTER DER NACHTLEITUNG
SOLISTEN
FRANZ SCHUBERT (1797–1828)
JOHANNES BRAHMS (1833 –1897)
ANTON BRUCKNER (1824 –1896)
DONNERSTAG, 24. SEPTEMBER 2009, 20 UHR
HAMBURG, ST. JOHANNIS-HARVESTEHUDE
19 UHR: Einführungsveranstaltung in der Kirche
PHILIPP AHMANNBIRGIT BACHHUBER HARFE
JENS PLÜCKER HORN
MARCEL SOBOL HORN
VOLKER SCHMITZ HORN
JOHANNES BIRK HORN
Nachtgesang im Walde D 913
für Männerchor und vier Hörner (1827)
Aus den „Fünf Gesängen op. 104“
für sechsstimmigen gemischten Chor (1888)
Nachtwache I op. 104, 1
Nachtwache II op. 104,2
Aus den „Vier Gesängen op. 17“ für Frauenchor,
zwei Hörner und Harfe (1860)
Es tönt ein voller Harfenklang op. 17, 1
Lied von Shakespeare op. 17, 2
Der Gärtner op. 17, 3
Abendzauber WAB 57
für Solostimme, Männerchor, 3 Frauenstimmen
von ferne und vier Hörner (1878)
CHRISTFRIED BIEBRACH BARITON
Das Konzert wird am 14. Februar 2010 um 22 Uhr auf NDR Kultur gesendet.
ROBERT SCHUMANN (1810 –1856)
GYÖRGY LIGETI (1923 –2006)
ERIC WHITACRE (*1970)
CAMILLE SAINT-SAËNS (1835 –1921)
CLAUDE DEBUSSY (1862 –1918)
ALBAN BERG (1885 –1935)
ANTON WEBERN (1882 –1945)
Mondnacht op. 39, 5 (1840)
Für Chor bearbeitet von Clytus Gottwald
PAUSE
Ejszaka (Nacht) und Reggel (Morgen)
für Chor (1955)
Sleep (1999)
Zwei Chorstücke op. 68 (1882)
Calme des Nuits (Ruhe der Nacht)
Les Fleurs et les Arbres (Die Blumen und die Bäume)
Trois Chansons (1908)
Dieu! Qu’il la fait bon regarder
Quant j’ai ouy le tabourin
GABRIELE BETTY KLEIN ALT
Yver, vous n’estes qu’un villain
STEPHANIE STILLER SOPRAN
URSULA RITTERS ALT
JOACHIM DUSKE TENOR
CHRISTFRIED BIEBRACH BARITON
Die Nachtigall (1904)
für Chor bearbeitet von Clytus Gottwald
Aus den „Acht frühen Liedern“ (1901–04)
Tief von fern | Heiter | Der Tod | Sommerabend
für Chor bearbeitet von Clytus Gottwald
Der NDR Chor wurde am 1. Mai 1946 gegründet.
Am 1. August 2008 übernahm Philipp Ahmann die
künstlerische Verantwortung für das Ensemble.
Nach Max Thurn, Helmut Franz, Roland Bader,
Horst Neumann, Robin Gritton und Hans-Christoph
Rademann ist er der siebente Chordirektor des
NDR Chors. In seiner zweiten Saison startet er
eine neue Initiative: Zum ersten Mal in seiner über
sechzigjährigen Geschichte bietet der Chor eine
eigene Konzert- und Abonnementreihe an.
Sie beginnt mit dem heutigen Programm und
findet ihre Fortsetzung mit Konzerten am 10. De-
zem ber, 28. Januar und 4. März. Der Chor zeigt
in Kooperation mit verschiedenen Instrumental-
ensembles die Weite seines Repertoires von der
Musik der Barockära bis zu neuen Werken unserer
Zeit. Mit dieser eigenen Veranstaltungsreihe er-
weitert der NDR Chor seine Konzertaktivitäten
beachtlich. Gleichzeitig ist dies ein konsequenter
Schritt zur Schärfung seines Profils und zum
Ausbau der Marke des NDR Chor.
In den ersten Jahren nach der Gründung lag der
Schwerpunkt vor allem bei Rundfunkaufnahmen
als Partner des NDR Sinfonieorchesters, begleitet
von öffentlichen Aufführungen der erarbeiteten
Werke. Dabei übernahm der Chor Pionieraufgaben:
Er wirkte u. a. an der konzertanten Uraufführung
von Arnold Schönbergs Oper Moses und Aron mit,
deren Chorpartien als nahezu unaufführbar galten.
03NDR CHOR | 0504 | LEITUNG
LEITUNG
Philipp Ahmann, geboren 1974, studierte in Köln
zunächst Schulmusik und Germanistik und erhielt
ersten Dirigierunterricht bei Eberhard Metternich.
Anschließend absolvierte er ein Dirigierstudium
bei Marcus Creed. Weitere Impulse erhielt er durch
die Arbeit mit Peter Neumann, Frieder Bernius
und Robin Gritton.
Schon während seines Studiums bewies er im
Hinblick auf Stilistik und musikalische Gattungen
große Vielseitigkeit. So arbeitete er als Dirigent
der Produktionen von Mozarts „Zauberflöte“ und
„Cosi fan tutte“ an der Jungen Kammeroper Köln.
Für das ChorWerk Ruhr führte er Ligetis „Lux
Aeterna“ auf und studierte für eine CD-Produktion
unter der Leitung von Bruno Weil „Die letzten
Dinge“ von Louis Spohr ein.
Von 2005 an übernahm er die künstlerische Lei-
tung des Bonner Kammerchores und der Kartäu-
serkantorei Köln, zwei der renommiertesten Chöre
des Rheinlandes. Gleichzeitig arbeitete er bis
zum März 2008 als Lehrbeauftragter für Chor-
leitung an der Musikhochschule Köln weiter eng
mit Marcus Creed zusammen.
Seit der Spielzeit 2005/06 ist Ahmann auch bei den
Rundfunkchören des SWR, WDR und NDR zu Gast.
Neben eigenen A-cappella-Produktionen studierte
er für Dirigenten wie Heinz Holliger, Jukka-Pekka
Saraste, Semyon Bychkow, Gerd Albrecht, Rafael
Frühbeck de Burgos und Christoph von Dohnányi
Werke wie Strawinskys „Les Noces“, Verdis „Othel-
lo“, Wagners „Lohengrin“, Debussys „Le martyre
de Saint Sébastien“ oder Mendelssohns „Lauda
Sion“ ein.
Seit der Saison 2008/09 ist Philipp Ahmann
Chordirektor des NDR Chores in Hamburg.
Mit seinen Aufführungen von Bachs Magnificat,
Händels Saul und mit A-cappella-Werken der
Romantik (Brahms) und der Moderne (Saariaho,
Carter, Messiaen, Ligeti, Sörensen) hat er be -
reits erste Akzente gesetzt.
Die neue Abonnement-Reihe mit vier Konzerten
innerhalb Hamburgs steht unter seiner Leitung.
Zusammen mit dem NDR Chor wird er sein En-
gagement im Bereich der A-cappella-Musik sowie
in der Zusammenarbeit mit Spezialensembles
der Alten und Neuen Musik weiter ausbauen.
PHILIPP AHMANN NDR CHOR
NDR CHOR
CHORDIREKTORPhilipp Ahmann
VORSTANDRegine Adam
Christa Diwiak
Andreas Pruys
SOPRANRegine Adam
Bettina Hunold
Sabine Szameit
Katharina Sabrowski
Stephanie Stiller
Akiko Schilke
Irmgard Mayr-Samson
Raphaela Mayhaus
Sylke Alshuth
Maren Roederer
Sonja Adam
ALTAlmut Pessara
Gabriele-Betty Klein
Ursula Ritters
Marie-Thérèse Kübel
Ina Jaks
Gesine Grube
Petra Wittenburg
Tiina Zahn
Christa Diwiak
TENORStephan Hinssen
Michael Schaffrath
Dantes Diwiak
Christian Beller
Ergin Onat
Joachim Duske
Jens Rademacher
Robin Bailey
BASSThomas Bonni
Christfried Biebrach
Hans-Christian Hinz
Joachim Gebhardt
Frederick Martin
Andreas Pruys
Kevin Gagnon
Manfred Reich
MITGLIEDER | 0706 | NDR CHOR
Das Spektrum der Anforderungen und Anfragen
erweiterte sich kontinuierlich. Unter Helmut Franz,
dem zweiten Chordirektor, rückte die A-cappella-
Literatur weiter ins Zentrum der Arbeit. Die Gegen-
wartsmusik fand im NDR Chor stets einen kom-
petenten und engagierten Interpreten. Werke von
Hans Werner Henze, Krzysztof Penderecki, György
Ligeti und Karlheinz Stockhausen wurden vom
NDR Chor aufgeführt, Leon Schidlowsky schrieb
für den Chor 1996 sein Laudate.
Im Laufe der Jahre verschoben sich für den NDR
Chor wie für die meisten Rundfunkchöre die
Schwerpunkte zugunsten von Live-Auftritten. Für
seine Arbeit konnte der Chor neben den prägen-
den Chefdirigenten immer wieder namhafte Gast-
dirigenten wie Eric Ericson, Marcus Creed, Michael
Gläser und Rupert Huber gewinnen. Heute ist der
NDR Chor als der professionelle Konzertchor des
Nordens mit einer großen Programmvielfalt im
gesamten Sendegebiet des NDR präsent. Regel-
mäßig wird er zum Schleswig-Holstein Musikfesti-
val, zum Festival Mecklenburg-Vorpommern, den
Niedersächsischen Musiktagen, den Hamburger
Ostertönen und den Göttinger Händelfestspielen
eingeladen. Zu seinen Partnern zählen neben
dem NDR Sinfonieorchester, der NDR Radiophil-
harmonie in Hannover und der NDR Bigband auch
Ensembles, die sich der historischen Aufführung-
spraxis widmen. Regelmäßig konzertiert der Chor
mit dem Elbipolis Barockorchester Hamburg.
Er wird vom Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks, vom WDR und HR Sinfonieorchester
sowie vom Konzerthausorchester Berlin für ge-
meinsame Projekte angefragt.
Die Medienerfahrung, die den NDR Chor durch
seine Geschichte als Rundfunkchor auszeichnet,
schlägt sich in zahlreichen CD-Aufnahmen mit
Repertoire aus allen Stilepochen nieder. Ein-
spielungen der A-cappella-Werke von Johannes
Brahms bis Max Reger wurden mit dem „Orphée
d’or“ und dem Preis der deutschen Schallplatten-
kritik ausgezeichnet. Die Verantwortung für das
Neue, die Rundfunkchöre seit jeher auszeichnet,
nimmt der NDR Chor nicht nur in seinem Reper-
toire, sondern auch im Engagement für die junge
und jüngste Generation wahr. Die Nachwuchs-
arbeit bezieht sich auf die künftigen Hörer und
die künftigen Profis. „Begegnungen“ heißt die
Zukunftsinitiative des Chores. Sie erstreckt sich
von der Arbeit mit Grundschülern über Workshops
mit Musikstudierenden bis zur Beteiligung am
Dirigentenforum des Deutschen Musikrats, die
vor allem die Förderung chorleiterischer Spitzen-
begabungen zum Ziel hat.
BRAHMS: NACHTWACHEN UND TAGHELLER KLANG Johannes Brahms’ „Nachtwachen“ nach Gedichten
von Friedrich Rückert (1788–1866) bieten Beispiele
für die romantische Kunst des Doppelsinns. Ihr
Titel bezieht sich sowohl auf denjenigen, der nachts
wach bleibt, weil er nicht schlafen kann oder will,
als auch auf den Nachtwächter, der die letzte
Stun de des Tages ausrief und dazu aufforderte,
auch an das eigene letzte Stündlein zu denken.
Die Gedichte sind aus der Perspektive des Einzel-
nen, des Einsamen formuliert. Die Vertonung für
Chor zu sechs Stimmen hebt sie jedoch in die
überindividuelle, allgemeine Bedeutung. Die musi-
kalische Gestalt beider Stücke trägt Symbolcha-
rakter. Das erste ist doppelchörig, wie ein Dialog
zwischen Frauen- und Männerstimmen angelegt.
Er rückt das Zwiegespräch von Liebenden in den
größeren Raum der Menschheitsangelegenheit,
gleichsam ins Angesicht der Ewigkeit. Das zweite
ist aus einem Ruf („Ruhn sie?“), seiner direkten
(„Sie ruhn!“) und ausführlichen Antwort („Hörst du,
zagendes Herz“) entwickelt; auch in dieser Struk-
tur liegt ein Symbol für den letzten Ruf, der an
Menschen ergehen kann. Im Raum der Nacht, die
Ruhe, Schlaf, Zeitvergessenheit und Ewigkeit be -
deuten kann, muss der Doppelsinn nicht aufgelöst
werden, denn er steht unter dem fundamentalen
Gegensatz von Leben und Tod, den Polen unseres
Daseins. Die Nacht erscheint als Übergang zwischen
ihnen, als das Reich, in dem beide zu Hause sind.
Die Chöre op. 104 gehören zu Brahms’ Spätwerk,
zum kreativen Epilog nach den großen Werken für
und mit Orchester. Er schlug darin die Verbindung
zur Musik früherer Epochen und fand zugleich zu
überraschend modernen Tönen und Formen.
Gedanken an die letzten Dinge beschäftigten
Brahms aber nicht erst in seinen letzten Werken.
Sie begleiten sein Schaffen von früh an als eine
bald düstere, bald zart verlockende Melancholie.
Die Stücke für Frauenchor, zwei Hörner und Harfe
sind Nachtstücke im romantischen Doppelsinn.
Die Instrumentalbesetzung könnte man für ein
nächtliches Ständchen wählen. Doch der Frauen-
chor – damals eine ästhetische und soziale Neuheit,
ein Stück Emanzipation – singt nicht nur von der
Liebe, sondern von Tod und Grab, von der traurigen
Seite des Dunkels. Der helle Klang des Ensembles
aber weist über solche Finsternis hinaus – als
Trost, als Sinnbild unverlorener, wenngleich un -
erfüllter Liebe. Gewiss klingt in den Stücken der
tiefe Schmerz nach, den sich Brahms durch die
Trennung von der Göttinger Professorentochter
Agathe von Siebold bereitete, auch der Volkston
in der Nachfolge Mendelssohns und Schumanns –
den bewegte das Liebesleid mindestens ebenso
PROGRAMM | 0908 | PROGRAMM
Johannes Brahms
LICHTER DER NACHT
Was sprichst du wirr wie in Träumen Zu mir, phantastische Nacht?
Es funkeln auf mich alle Sterne Mit glühendem Liebesblick, Es redet trunken die Ferne Wie von künftigem, großem Glück!
Eichendorff. Beste, tiefste Romantik. Nacht und
Dunkel haben, wie es scheint, ihren Schrecken ver-
loren. Sie verwandeln sich in den Hoffnungsaufent-
halt der Menschen. Die Nacht ist groß, sie öffnet
sich zum Universum, in ihr liegt Zukunft, unbe-
stimmt, aber besser, schöner als die verquere Ge -
genwart. Die ferne Natur scheint Seele zu haben:
die Sterne werfen Liebesblicke. Der „Nachtgesang
im Walde“, den Franz Schubert kurz vor seinem
dreißigsten Geburtstag komponierte, wirkt wie der
musikalische Bruder dieser Poesie, auch wenn er
über einen ganz anderen Text geschrieben ist. Die
Verse des jungen Johann Gabriel Seidl (1804 – 1875)
erreichen Eichendorffs dichte Lyrik nicht, doch
sie gaben dem älteren Freund Schubert genügend
An lass, ein kleines Panorama romantischer Sehn-
sucht und romantischen Drängens zu entfalten.
Vier Hörner, die Instrumente des Waldes, der Natur,
des Freien, eröffnen das Stück. Ihre Echos und
die dynamischen Schattierungen ihres Vorspiels
suggerieren weiten Raum, den der Männerchor
mit menschlichen Tönen füllt. Drei unterschiedli-
che Versformen durchläuft Seidls Dichtung, drei
verschiedene Ausdrucksbereiche durchmisst
Schuberts Musik. Die Unterschiede werden im
Rhythmischen deutlich. Dem ersten Teil liegt ein
mazurka-ähnlicher Rhythmus zugrunde, der auch
gern für Studenten- und für Freiheitslieder ge wählt
wurde, Beispiel: „Gaudeamus igitur“. Den zweiten
Teil charakterisiert eine wiegende Bewegung,
jedoch von wesentlich schnellerem Tempo als sie
für Schlaflieder in Frage käme, „Waldweben“
hätte Richard Wagner eine solche Stelle genannt.
Den dritten Teil aber bestimmt eine feste Rede-
wendung in Schuberts Musik: der so genannte
„Wanderer-Rhythmus“. Er steht, je nach Energie,
mit der er vorgetragen wird, für Zwang und Not
des unsteten Lebens oder für den Drang, weiter,
ins Offene, zur Freiheit zu gelangen. Dem Wechsel
der rhythmischen Gestalten entspricht eine steti-
ge Zunahme des inneren Tempos, die manchmal
retardierend aufgehalten wird. Der „Nachtgesang
im Walde“ ist ein Freiheitslied.
PROGRAMM | 1110 | PROGRAMM
In Ligetis Chor-Diptychon von „Nacht“ und „Morgen“
wird der Übergang zum Programm. Die Stücke
schließen entstehungsgeschichtlich eine große
Werkgruppe ab, die Ligeti in der Nachfolge Béla
Bartóks, des großen Ideals seiner jungen Jahre,
komponierte. Zugleich lassen sie ahnen, in welche
Richtung sich sein Komponieren weiterbewegen
würde. Die stichwortartig knappe, im zweiten Stück
auch lautmalerische Lyrik von Sándor Weöres wirkt
dabei wie ein Motor. „In ,Nacht‘“, schreibt der Kom -
ponist, tauchen zum ersten Mal Cluster-Flächen
auf, die aus kanonartigen Stimmführungen ent-
stehen. ,Morgen‘ ist eines der frühesten Beispiele
einer ‚maschinenähnlichen’ automatischen Imita-
torik, der montageartigen Übereinanderschichtung
von Klangebenen.“
AUSFLÜGE DES ROMANTISCHEN GEISTES
Kulturgeschichtlich war die Romantik eine kurze
Epoche, ihr Zentrum lag in Deutschland. Sie
strahlte jedoch aus – historisch und geographisch.
Musikalisch reicht ihre Wirkung bis in die Gegen-
wart. In Werken junger Komponisten scheint heute
in ganz unterschiedlichen Facetten wider. Eric
Whitacre, Jahrgang 1970, selbst erfahrener Chor-
leiter, wollte in „Sleep“ die Situation zwischen
Wa chen und Schlafen musikalisch einfangen, also
jenen Dämmerzustand, der überaus ruhige, aber
auch kristallin klare und unversehens energische
Züge annehmen kann. Sein Stück ist ein großer
Klangfluss, der den Zeittakt eher überspielt als
betont, ein Crescendo, das über eine lange Strecke
in eigentümlichen Klängen anwächst und sich dann
zum zehn Mal wiederholten Wort „Schlaf“ in die
Stille zurückzieht. Die Klänge unterscheiden sich
durch ihre stoffliche Dichte, ihre Härte, ihre Wand-
lungsfähigkeit. Ihre Farben verfließen ineinander.
Ursprünglich auf Robert Frosts (1874 – 1963) Ge -
dicht „Stopping by Woods on a Snowy Evening“
komponiert, musste Whitacre das Stück in der
ursprünglichen Form aus Urheberrechtsgründen
zurückziehen. Charles Anthony Silvestri (*1965),
als Dichter auf Poesie für Chorvertonungen spezi-
alisiert, schrieb auf die bereits fertige Musik den
neuen Text „Sleep“.
Geographisch griff die Romantik vor allem auf
Frankreich über – mit nachhaltiger Wirkung. Camille
Saint-Saëns’ Chorstücke op. 68 vereinen, nach gut
Mendelssohnschem Vorbild, Volkston und klangli-
ches Raffinement auf kleinstem Raum. Meisterlich,
wie er im ersten („Ruhe der Nächte“) die Anfangs-
strophe bei ihrer Wiederkehr teils verdichtet, teils
dehnt und dann lang ausklingen lässt: ein Klangbild
der Ruhe, das durch milde Kontraste wirkt. Das
zweite ist ein innig bewegter Lobgesang auf die
Trösterin Natur und ihre schöne Schwester, die
Trösterin Kunst. Beide fließen hier – auch das eine
Sehnsuchtskonstante der Romantik – nahezu in eins.
Ganz aus dem Geist der Romantik aber komponie r -
te Claude Debussy seine „Trois Chansons“ nach
Versen des Charles d’Orléans (1394 – 1465). Der
französische Adlige aus der Zeit des Hundertjähri-
gen Krieges büßte die Niederlage Frankreichs 1415
mit 25 Jahren britischer Gefangenschaft. Bald
danach zog er sich aus der Politik zurück, konzen-
trierte sich auf Wissenschaft und Dichtung. In den
drei Gedichten, die Debussy vertonte, erinnert er
an Welt und Leben der Minnesänger, die damals
bereits der Geschichte angehörten. Debussy wie-
derum beschwört mit seinem Chorsatz die Atmo-
sphäre, inhaltliche Details und die geschichtliche
Distanz herauf. Im zweiten Lied entwickelt er aus
der Nachahmung des Tambourin einen Klanghinter-
grund, von dem sich die Hauptmelodie wie eine
Solostimme abhebt. Im dritten komponiert er ein
Stimmgeflecht wie in einer Renaissancemotette.
intensiv wie die Liebesfreud. Die taghelle Atmo-
sphäre dieser Lieder aber ist durch das Ensemble
inspiriert, das die Stücke im Mai 1860 erstmals
sang: den Chor junger Frauen, der 1859 in Ham-
burg ad hoc für eine Hochzeitsfeier gegründet
wurde, und der sich dann unter der Leitung des
26-jährigen, gut aussehenden Johannes Brahms
weiterhin wöchentlich traf.
SZENE EINES SYMPHONIKERS: BRUCKNERS ABENDZAUBERSchon bei Brahms wird gern übersehen, dass un -
gefähr die Hälfte seines Œuvres für und mit Gesang
komponiert ist. Noch stärker aber treten bei Anton
Bruckner, seinem Zeitgenossen und Antipoden in
Wien, die Chorkompositionen in den Hintergrund
der öffentlichen Wahrnehmung. Man kennt seine
Messen, einige seiner geistlichen Motetten, das
„Te Deum“. Doch das Vokalschaffen nahm auch bei
ihm einen viel breiteren Raum ein. Das meiste
entstand allerdings vor der Zeit, da er mit seinen
Symphonien im großen Musikleben Fuß fassen
wollte. Er zählte es daher auch selbst nicht zu
seinen „eigentlichen“ Werken, sondern zu den
„Vorarbeiten“. Für den „Abendzauber“ in der apar-
ten Besetzung von Solostimme, Männerchor, drei
Jodlerinnen aus der Ferne und Hörnern trifft dies
nicht zu. Bruckner schrieb ihn 1878 nach dem
Uraufführungsdesaster seiner Dritten Symphonie.
Das Stück entwirft eine Abendszene in den Alpen.
Merkmale: die Hornrufe, die Signale, Zäsuren,
Zeitmaße setzen und wie bei Schubert weiten
Raum suggerieren, die Jodler von ferne und der
Männerchor mit seiner eigentümlichen Vortragsart:
das Ensemble summt, die Solostimme hebt sich
aus dieser „Klanglandschaft“ heraus. Bruckner gibt
in diesem Gelegenheitswerk mehr von seinem
Denken und Empfinden preis, als man zunächst
annehmen mag: Leopold Nowak wies einst in sei-
nen Wiener Universitätsvorlesungen darauf hin,
wie stark, und manchmal auch: wie detailliert, die
Monumentalität von Bruckners Symphonien durch
die Majestät der Alpen, ihren Anblick und ihren
„Klang“ beeinflusst wurde. Mit dem „Abendzauber“
schrieb der Komponist eine Hymne auf die tröst-
liche Größe und Vielfalt jener imposanten Natur.
INBEGRIFF UND ÜBERGANG Sollte man die Romantik mit einem Musikwerk
benennen, dann wäre es Schumann/Eichendorffs
„Mondnacht“. Lyrik und Musik bleiben in der Schwe-
be. Die Sprache bewegt sich vor allem im „Als ob“,
die Musik umgeht lange die Ankunft in der Haupt-
tonart. Das Lied ist ursprünglich für Sing stimme
und Klavier geschrieben. Clytus Gottwalds Chorbe-
arbeitung intensiviert den Eindruck einer Kunst, die
den Boden der Tatsachen meidet. Er ist ihr zu hart.
Anton Bruckner
PROGRAMM | 1312 | PROGRAMM
Dra matik des kurzen Vierzeilers wird durch die ge -
drängte Vertonung noch gesteigert. Ganze 16 Takte
umfasst das einminütige Stück. Man ahnt den
späteren Webern, den Meister der extrem kompri-
mierten expressionistischen Stücke. In diesen
kleinen, aber ausdrucksstarken Liedern ist, klang-
lich noch traditionell, die hohe Kunst angelegt,
„einen Roman durch eine einzige Geste, ein Glück
durch ein einziges Aufatmen auszudrücken“, wie
Schönberg esan Weberns späteren Bagatellen für
Streichquartett rühmte. Auf dem Weg der Musik
in die Moderne spielt der Gesang, spielen Lieder
eine bedeutsame Rolle. Ihre bevorzugten Texte
bewegen sich in Stimmungen der Nacht, der ge -
dankenvollen Zeit, in der vieles äußerlich verbor-
gen, aber innerlich erkannt wird, in der sich Sphä-
ren öffnen, Liebe und Weite des Alls ineinander
verschmelzen und die Dinge in einem merkwürdi-
gen Schwebezustand verharren, sich verwandeln,
und an deren Ende das unerwartet, ungekannt
Neue uns überraschen kann. Die Moderne wurde
aus dem Geist der Romantik geboren – an der
schönen Grenze ins Leben, der Nacht.
Habakuk Traber
So entsteht eine doppelte „Evokation“ – Charles’
durch Debussy, der Minnesänger durch Charles.
Die Romantik liebte Rückblenden ins Mittelalter.
Bei Debussy entsteht dadurch das Traumbild einer
„schönen Fremde“, die in der Vergangenheit oder
der Zukunft liegen kann. In Nachtstücken wie
diesen verschwimmen die Zeitperspektiven.
SÖHNE DER ROMANTIK: ALBAN BERG UND ANTON WEBERN Über die Anfänge des Unterrichts, den Alban Berg
bei ihm nahm, äußerte Arnold Schönberg: Sein
Schüler sei „ein außerordentliches Kompositions-
talent. Aber in dem Zustande, in dem er zu mir
gekommen ist, war es seiner Phantasie scheinbar
versagt, etwas anderes als Lieder zu komponieren.
Ja, selbst die Klavierbegleitungen zu diesen hatten
etwas vom Gesangsstil“. Clytus Gottwalds Chor-
bearbeitung der „Nachtigall“, des frühesten unter
seinen „Sieben frühen Liedern“, bestätigt das
Urteil aufs Schönste. Berg schrieb es für Singstim-
me und Klavier, orchestrierte es dann 1928. Das
rein vokale Stimmengeflecht, in das die Hauptme-
lodie bei Gottwalds Chorbearbeitung eingewoben
wird, wirkt konsequent und selbstverständlich bis
in die Textverteilung hinein. Der romantische Zau-
ber des Stückes – Bergs Storm-Vertonung steht
der Liedkunst eines Schumann und Brahms noch
recht nahe – entfaltet sich darin nicht weniger
berückend als in des Komponisten eigener Orche-
strierung des ursprünglichen Klavierlieds.
Anton Weberns „Acht frühe Lieder“, die erst 1965
in der Originalfassung für Singstimme und Klavier
veröffentlicht wurden, entstanden wie Bergs „Frühe
Lieder“ noch ehe die beiden jungen Künstlermen-
schen bei Arnold Schönberg Unterricht nahmen.
In ihnen suchte der 18- bis 21-Jährige nach eige-
nem, persönlichem Ausdruck; er sichtete die Tra-
dition. Die vier Lieder, die Clytus Gottwald für Chor
setzte, deuten das romantische Lieblingsgenre der
Nachtstücke in verschiedene Richtungen. Der Text
des ersten nimmt die Nacht als Passage zwischen
Abend und Morgen und entdeckt Sinnbildliches in
der Konstellation von Mond und Sternen. Richard
Dehmel, ein Lieblingspoet der Musiker um 1900,
verstand sich auf solchen Symbolismus besonders
gut. Nietzsches heiteren Verse lassen im zweiten
Lied mit typisch romantischer Entgrenzung – die
Liebe schafft sie – die Unterschiede zwischen
Nacht und Tag verschwimmen in „tiefer, süßer Ein-
samkeit“: „Heiter“ ist eine Serenade en miniature.
Ihre Gegenwelt: Matthias Claudius’ hartes, knappes
Todes-Gedicht aus dem „Wandsbecker Bothen“,
jener Gedichtsammlung, der er als Untertitel den
Namen der Zeitung gab, für die er als junger Mann
arbeitete. Webern las diese Gedichte gern. Die
Alban Berg Anton Webern
DIE GESUNGENEN TEXTE
LIEDTEXTE | 1514 | LIEDTEXTE
FRANZ SCHUBERT NACHTGESANG IM WALDE
Sei uns stets gegrüßt, o Nacht,
aber doppelt hier im Wald,
wo dein Aug verstohlner lacht,
wo dein Fußtritt leiser hallt!
Auf der Zweige Laubpokale
gießest du dein Silber aus;
hängst den Mond mit seinem Strahle
uns als Lamp ins Blätterhaus.
Säuselnde Lüftchen sind deine Reden,
spinnende Strahlen sind deine Fäden,
was nur dein Mund beschwichtigend traf,
senket das Aug’ und sinket in Schlaf!
Und doch, es ist zum Schlafen zu schön,
drum auf, und weckt mit Hörnergetön,
mit hellerer Klänge Wellenschlag,
was früh betäubt im Schlummer lag!
Es regt in den Lauben des Waldes sich schon,
die Vöglein, sie glauben, die Nacht sei entflohn,
die wandernden Rehe verlieren sich zag;
sie wähnen, es gehe schon bald an den Tag,
die Wipfel des Waldes erbrausen mit Macht,
vom Quell her erschallt es, als wär’ er erwacht!
Und rufen wir im Sange:
„Die Nacht ist im Walde daheim!“,
so ruft auch Echo lange:
„Sie ist im Wald daheim!“
Drum sein uns doppelt hier im Wald gegrüßt,
o holde, holde Nacht,
wo Alles, was dich schön uns malt,
uns noch weit schöner lacht.
Johann Gabriel Seidl
FRANZ SCHUBERT Nachtgesang im Walde
JOHANNES BRAHMS Zwei Chöre aus op. 104
Nachtwache I
Nachtwache II
Drei Gesänge aus op. 17
Es tönt ein voller Harfenklang
Lied von Shakespeare
Der Gärtner
ANTON BRUCKNER
Abendzauber
ROBERT SCHUMANN
Mondnacht
GYÖRGY LIGETIÉjszaka (Nacht)
Reggel (Morgen)
ERIC WHITACRESleep
CAMILLE SAINT-SAËNSZwei Chorstücke op. 68
Calme des nuits
(Stille der Nacht)
Les Fleurs et les Arbres
(Die Blumen und die Bäume)
CLAUDE DEBUSSYTrois Chansons de
Charles d‘Orléans
ALBAN BERG Die Nachtigall
ANTON WEBERNTief von fern Heiter
Der Tod
Sommerabend
LIEDTEXTE | 1716 | LIEDTEXTE
DER GÄRTNER
Wohin ich geh’ und schaue,
In Feld und Wald und Tal,
Vom Berg hinab in die Aue;
Viel schöne, hohe Fraue,
Grüß ich dich tausendmal.
In meinem Garten find’ ich
Viel’ Blumen schön und fein,
Viel’ Kränze wohl draus wind’ ich
Und tausend Gedanken bind’ ich
Und Grüße mit darein.
Ihr darf ich keinen reichen,
Sie ist zu hoch und schön,
Die müssen alle verbleichen,
Die Liebe nur ohnegleichen
Bleibt ewig im Herzen stehn.
Ich schein wohl froher Dinge
Und schaffe auf und ab,
Und, ob das Herz zerspringe,
Ich grabe fort und singe,
Und grab mir bald mein Grab.
Joseph von Eichendorff
ANTON BRUCKNER ABENDZAUBER
Der See träumt zwischen Felsen,
es flüstert sanft der Hain,
den Bergeshang beleuchtet
des Mondes Silberschein.
Und aus des Waldes dunkel
hallt Nachtigallensang,
und von dem See weh’n Lieder
mit zauberhaftem Klang.
Ich saß am Seegestade
vertieft im süßen Traum,
da träumte ich zu schweben
empor zum Himmelsraum.
Wer könnte je vergessen
den wonnevollen Ort,
noch tief im Herzen klingen
die Zaubertöne fort.
Text: Heinrich von der Mattig
JOHANNES BRAHMS ZWEI CHÖRE AUS OP. 104
NACHTWACHE I
Leise Töne der Brust,
Geweckt vom Odem der Liebe,
Hauchet zitternd hinaus,
Ob sich euch öffen ein Ohr,
öff’n ein liebendes Herz,
und wenn sich keines euch öffnet,
trag ein Nachtwind euch seufzend in meines zurück.
Friedrich Rückert
NACHTWACHE II
Ruhn Sie? rufet das Horn des Wächters
drüben aus Westen,
und aus Osten das Horn rufet entgegen: Sie ruhn.
Hörst du, zagendes Herz, die flüsternden Stimmen
der Engel?
Lösche die Lampe getrost, hülle in Frieden dich ein!
Friedrich Rückert
DREI GESÄNGE AUS OP. 17
ES TÖNT EIN VOLLER HARFENKLANG
Es tönt ein voller Harfenklang
den Lieb’ und Sehnsucht schwellen,
er dringt zum Herzen tief und bang
und läßt das Auge quellen.
O rinnet, Tränen, nur herab,
o schlage Herz, mit Beben!
Es sanken Lieb’ und Glück ins Grab,
verloren ist das Leben!
Friedrich Ruperti
LIED VON SHAKESPEARE
Komm herbei, komm herbei, Tod,
Und versenk’ in Cypressen den Leib;
Lass mich frei, lass mich frei, Not,
Mich [erschlägt]1 ein holdseliges Weib.
Mit Rosmarin mein Leichenhemd,
O bestellt es!
Ob Lieb’ ans Herz mir tötlich kommt,
Treu‘ hält es.
Keine Blum, keine Blum süß,
Sei gestreut auf den schwärzlichen Sarg;
Keine Seel’, keine Seel’ grüß
mein Gebein, wo die Erde es verbarg.
Um Ach und Weh zu wenden ab’,
bergt alleine
mich, wo kein Treuer wall’ ans Grab
und weine.
William Shakespeare / August Wilhelm Schlegel
LIEDTEXTE | 1918 | LIEDTEXTE
ROBERT SCHUMANN MONDNACHT
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Joseph von Eichendorff
GYÖRGY LIGETIÉJSZAKA
Rengeteg tövis, rengeteg...
csönd!
Én csöndem szívem dobogása.
Éjszaka.
Sándor Weöres
REGGEL
Már üti, üti már
a torony a hajnalban!
A idöt bemeszeli a korai
kikeriki: Szép reggel!
Reggel van!
Sándor Weöres
NACHT
Wälder voller Stacheln, dornige Wildnis ...
Still! Stumm!
Stummer und düsterer Wald!
Stumm! Mitternacht.
Deutsche Fassung: György Ligeti
MORGEN
Tag, ticke, ticke
Hell, laut, lang, schnell!
Spitzer Glanz, kratze Ritze in die zeit’ge Hetze, Hitze
Kikeriki! Laut, lang, schnell!
Hell, schnell, laut, lang! Ah!
Deutsche Fassung: György Ligeti
ERIC WHITACRESLEEP
The evening hangs beneath the moon,
A silver thread on darkened dune.
With closing eyes and resting head
I know that sleep is coming soon.
Upon my pillow, safe in bed,
A thousand pictures fill my head,
I cannot sleep, my mind’s a-flight;
And yet my limbs seem made of lead.
If there are noises in the night,
A frightening shadow, flickering light;
Then I surrender unto sleep,
Where clouds of dream give second sight.
What dreams may come, both dark and deep,
Of flying wings and soaring leap
As I surrender unto sleep,
As I surrender unto sleep.
Charles Anthony Silvestri
LIEDTEXTE | 2120 | LIEDTEXTE
CLAUDE DEBUSSYTROIS CHANSONS DE CHARLES D‘ORLÉANS
I.
Dieu qu’il la fait bon regarder!
La gracieuse bonne et belle!
Pour les grands bien que sont en elle.
Chascun est pres de la loüer.
Qui se pourroit d’elle lasser?
Tousjours sa beauté renouvelle.
Dieu qu’il la bon regarder.
La gracieuse bonne et belle!
Par de ca, ne de là, lamer.
Ne scay dame ne damoiselle
Qui soit en tous bien parfais telle.
C’est ung songe que d’i penser:
Dieu qu’il la fait bon regarder!
II.
Quant j’ai ouy le tabourin
Sonner, pour s’en aller au may
En mon lit n’en ay fait affray
Ne levé mon chief du coissin
En disant: il est trop matin
Ung peu je me rendormiray:
Quant j’ai ouy le tabourin
Sonner pour s‘en aller au may.
Jeunes gens partent leur butin:
De non cha loir m’accointeray
A lui je m’a butineray
Trouvé l’ay plus prouchain voisin;
Quant j’ai ouy le tabourin
Sonner pour s’en aller au may.
En mon lit n’en ay fait affray
Ne levé mon chief du coissin.
I. Gott! Schön hast du mein Lieb gemacht,
gabst Anmut ihr zu eigen!
Jeder möcht’ sich vor ihr neigen,
dem solch ein Bild voll Liebreiz lacht.
Wer, könnt’ entfliehen ihrer Macht?
Kein Tag kann ihren Reizverschweigen.
Gott! Schön hast du mein Lieb gemacht,
gabst Anmut ihr zu eigen!
Nah und fern, sei’s bei Tag und Nacht:
Kein Mädchen im lieblichen Reigen
wird sich mir vollkomm’ner zeigen.
Holder Traum, der mein Herz entfacht:
Gott! Schön hast du mein Lieb gemacht.
II. Hör ich der Trommel laut Getön,
sie ruft zum Maientanz heraus,
dann spring ich nicht gleich aus dem Haus:
s’ ist viel zu früh noch, aufzustehen,
viel gescheiter, sich umzudrehen!
Ich streck mich lieber noch mal aus.
Hör ich der Trommel laut Getön,
sie ruft zum Maientanz heraus:
Junges Volk muss auf Brautschau gehn,
ein hitzig Spiel um Katz und Maus!
Doch ich fand längst im Nachbarhaus
meinen Schatz. der mich ausersehn.
Hör ich der Trommel laut Getönt,
sie ruft zum Maientanz heraus,
dann spring ich nicht gleich aus dem Haus:
s’ ist viel zu früh noch, aufzustehen.
CAMILLE SAINT-SAËNSZWEI CHORSTÜCKE OP. 68
CALME DES NUITS
Calme des nuits, fraîcheur des soirs,
Vaste scintillement des mondes,
Grand silence des antres noirs
Vous charmez les âmes profondes.
L’éclat du soleil, la gaieté,
Le bruit plaise aux plus futiles;
Le poète seul est hanté
Par l’amour des choses tranquilles.
Dichter unbekannt
LES FLEURS ET LES ARBRES
Les fleurs et les arbres,
Les bronzes, les marbres,
Les ors, les émaux,
La mer, les fontaines,
Les monts et les plaines
Consolent nos maux.
Nature éternelle
Tu sembles plus belle
Au sein des douleurs,
Et l’art nous domine,
Sa flame illumine
Le rire et les pleurs.
Dichter unbekannt
STILLE DER NACHT
Ruhe der Nacht, Kühle des Abends,
Weites Funkeln des Firmaments,
Große Stille der dunklen Höhlen
Ihr bezaubert die tiefen Seelen.
Der Glanz der Sonne, der Frohsinn
Der Lärm gefallen den Geringen.
Allein der Dichter ist beherrscht
von der Liebe zu den ruhigen Dingen.
Dichter unbekannt
DIE BLUMEN UND DIE BÄUME
Die Blumen und die Bäume,
Die Bronze- und die Marmorfiguren,
Das Gold, die Edelsteine,
Das Meer und die Fontänen,
Die Berge und die Ebenen
Lindern unser Leid.
Oh, ewige Natur,
Du scheinst viel schöner
Inmitten des Schmerzes!
Die Kunst überwältigt uns,
Ihr Licht erhellt
Das Lachen und die Tränen.
Dichter unbekannt
LIEDTEXTE | 2322 | LIEDTEXTE
III.
Yver, vous n’estes qu’un villain;
Esté est plaisant et gentil
En témoing de may et d’avril
Qui l’accompaignent soir et main.
Esté revet champs, bois et fleurs
De sa livrée de verdure
Et de maintes autres couleurs
Par l’ordonnance de nature.
Mais vous Yver trop estes plein
De nège, vert, pluye et grézil.
On vous deust banir en éxil.
Sans point flater je parle plein,
Yver, vous n‘estes qu’un villain.
Charles d’Orléans
III. Hej, Winter! Bist ein übler Wicht!
Der Sommer ist so lieblich und schön,
o Lust, durch die Auen zu gehen,
wo er den Blumenteppich flicht!
Der Sommer hüllt ein in sein Grün
die Hecken, Wiesen und Felder,
lässt bunt alle Gärten erblühn,
Sonne durchdringt die tiefsten Wälder.
Doch du, o Winter, gehst hart ins Gericht,
du kommst mit Eis und Schnee ins Land,
mit Graupelschauern stürmst du ins Land:
Ach wärst du auf ewig verbannt!
Hej, Winter! Bist ein übler Wicht!
Charles d’Orléans
ALBAN BERG DIE NACHTIGALL
Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.
Sie war doch sonst ein wildes Blut;
Nun geht sie tief in Sinnen,
Trägt in der Hand den Sommerhut
Und duldet still der Sonne Glut,
Und weiß nicht, was beginnen.
Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.
Theodor Storm
ANTON WEBERNTIEF VON FERN
Aus des Abends weißen Wogen
taucht ein Stern;
tief von fern
kommt der junge Mond gezogen.
Tief von fern
aus des Morgens grauen Wogen,
langt der große blasse Bogen
nach dem Stern.
Richard Dehmel
HEITER
Mein Herz ist wie ein See so weit,
Drin lacht dein [Antlitz]1 sonnenlicht
In tiefer süßer Einsamkeit,
Wo leise Well an Well sich bricht.
Ist‘s Nacht, ist’s Tag?
Ich weiß es nicht,
Lacht doch auf mich so lieb und lind
Dein [sonnenlichtes]2 [Angesicht]3
Und selig bin ich wie ein Kind.
Friedrich Nietzsche
KONZERTVORSCHAU | 2524 | ABONNEMENT / KONZERTVORSCHAU
DER TOD
Ach, es ist so dunkel in des Todes Kammer,
Tönt so traurig, wenn er sich bewegt
Und nun aufhebt seinen schweren Hammer
Und die Stunde schlägt.
Matthias Claudius
SOMMERABEND
Du Sommerabend! Heilig, goldnes Licht!
In sanftem Glühen steht die Flur entzündet.
Kein Laut, der dieses Friedens Lauschen bricht,
in ein Gefühl ist alles hingemündet.
Auch meine Seele sehnt sich nach der Nacht
und nach des Dunkels taugeperltem Steigen
und will nur lauschen, wie in Rosenpracht
die dunklen Himmelsstunden leuchtend schweigen.
Wilhelm Weigand (1862-1949)
ABONNEMENT / KONZERTVORSCHAU
ABONNEMENT 65 €Mit einem Abonnement haben Sie die freie Aus-
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PREISEEINZELKARTEN | NDR CHOR 2009/2010
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in der Laeizhalle
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Platzgruppe II | 27,00 €
Platzgruppe III | 20,00 €
Platzgruppe IV | 15,00 €
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Einzelkartenpreise der ABO-Konzerte
St. Johannis-Har ves te hude und
Rolf-Liebermann-Studio des NDR
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NDR CHORABONNEMENTKONZERTE
MAGNUM MYSTERIUMABO-KONZERT 2
DO, 10.12.2009, 20 UHR*
HAMBURG, ST. JOHANNIS-HARVESTEHUDE
Dirigent
PHILIPP AHMANN
Solisten
BAROCKENSEMBLE QUARTBONE
FRANCIS POULENC
Quatre motets pour le temps de noël
JOHANN HERMANN SCHEIN
Deutsche Suite
JAN SANDSTRÖM/MICHAEL PRAETORIUS
„Det är en ros utsprungen“
(„Es ist ein Ros’ entsprungen“)
MORTEN LAURIDSEN
„O Magnum Mysterium“
TIELMAN SUSATO
Englische Suite
BENJAMIN BRITTEN
„A hymn to the virgin“
PETER MAXWELL DAVIES
„O Magnum Mysterium“, vier Motetten
DIEGO ORTIZ
Spanische Suite
19 Uhr: Einführungsveranstaltungin der Kirche
*
26 | ABONNEMENT / KONZERTVORSCHAU
DIXIT DOMINUSABO-KONZERT 3
DO, 28.01.2010, 20 UHR*
HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
In Kooperation mit NDR Das Alte Werk
Dirigent
PHILIPP AHMANN
Solisten
SIBYLLA RUBENS SOPRAN
CHRISTINA LANDSHAMER SOPRAN
ANN HALLENBERG ALT
ELBIPOLIS BAROCKORCHESTER HAMBURG
GIOVANNI BATTISTA PERGOLESI
„Missa Romana“
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
Concerto grosso d-moll op. 3
Nr. 5 HWV 316
„Dixit Dominus“ HWV 232
19 Uhr: Einführungsveranstaltungin der Kirche
Für dieses Konzert in der Laeiszhalle erhalten Abonnenten des Alten Werkes einen Rabatt von 30 % auf alle Preiskategorien.
URLICHTABO-KONZERT 4
DO, 04.03.2010, 20 UHR*
HAMBURG, ROLF-LIEBERMANN-STUDIO
In Kooperation mit NDR das neue werk
Dirigent
PHILIPP AHMANN
Solisten
ELBTONAL PERCUSSION
MITGLIEDER DES NDR SINFONIEORCHESTERS
MAURICIO KAGEL
„Mitternachtsstük“
über vier Fragmente aus dem Tagebuch
von Robert Schumann
I. „Mitternachtsstük“
II. „Nachtphaläne aus der Selene“
GUSTAV MAHLER/CLYTUS GOTTWALD
„Urlicht“
„Ich bin der Welt abhanden gekommen“
WILHELM KILLMAYER
„... was dem Herzen kaum bewusst ...“
Acht Chorlieder von J. v. Eichendorff
für Männerchor a cappella
Kammermusik Nr. 2
„Schumann in Endenich“
ROBERT SCHUMANN
Romanzen für Frauenchor op. 69
18.45 Uhr: Klangradar 3000: Klangwellen
*
*
NDR SINFONIEORCHESTERABONNEMENTKONZERT
REIHE AB2SO, 11.10.2009, 11 UHR
MO, 12.10.2009, 20 UHR
HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
Dirigent
ALAN BURIBAYEV
Solistin
ALICE SARA OTT KLAVIER
MODEST MUSSORGSKY /
NIKOLAI RIMSKY-KORSAKOV
Eine Nacht auf dem kahlen Berge
SERGEJ RACHMANINOW
Rhapsodie über ein Thema
von Paganini a-moll op. 43
FRANZ LISZT
Totentanz
für Klavier und Orchester
SERGEJ RACHMANINOW
Sinfonische Tänze op. 45
12.10.2009: 19 Uhr Einführungsveranstaltung
NDR DAS ALTE WERKABONNEMENTKONZERTE
ABO-KONZERT 1MI, 30.09.2009, 20 UHR
HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
MAX EMANUEL CENCIC COUNTERTENOR
DOROTHEE OBERLINGER BLOCKFLÖTE
HUBERT HOFFMANN CHITARRONE
FRANCESCO GALLIGIONI VIOLONCELLO
ERICH TRAXLER CEMBALO
ANTONIO CALDARA
Kantaten für Alt und B.c.
Sonate F-Dur für Blockfl öte und B.c.
SIGNORE DETRI
Sonate c-moll für Altblockfl öte und B.c.
DOMENICO SCARLATTI
Kantaten für Alt und B.c.
19 Uhr: Einführungsveranstaltungim Kleinen Saal der Laeiszhalle
KONZERTVORSCHAU | 27
IMPRESSUM | 29
ABO-KONZERT 2
DI, 20.10.2009, 20 UHR
HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
LES TALENS LYRIQUES
CHRISTOPHE ROUSSET CEMBALO UND LEITUNG
FRANÇOIS COUPERIN
„Les Nations“
Sonates et suites de symphonies
en trio en quatre livres (Auszüge)
19 Uhr: Einführungsveranstaltungim Kleinen Saal der Laeiszhalle
ABO-KONZERT 3
DO, 26.11.2009, 20 UHR
HAMBURG, LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
ANIMA ETERNA
JOS VAN IMMERSEEL LEITUNG
ROBERTA INVERNIZZI SOPRAN (SERPINA)
THOMAS BAUER BASS (UBERTO)
HINRICH HORSTKOTTE REGIE (VESPONE)
FRANCESCO DURANTE
Konzert Nr. 1 f-moll für Streicher und B. c.
PADRE ANTONIO SOLER
Concierto Nr. 3 G-Dur für zwei Cembali solo
GIOVANNI BATTISTA PERGOLESI
Concerto C-Dur für zwei Cembali und Streicher
„La serva padrona“. Intermezzo
(halbszenische Aufführung)
Achtung Änderung: Einführungsveranstaltung fällt aus
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„BAROCK LOUNGE“MI, 11.11.2009, 21 UHR
HAMBURG, KAMPNAGEL, JARRESTR. 20
ELBIPOLIS BAROCKORCHESTER HAMBURG
TIM EXILE DJ
„ELBIPOLIS GOES UNDERGROUND“
englische Grounds und Variationen,
nicht nur höfi sch
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MATTEIS, ECCLES, HÄNDEL
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NORDDEUTSCHEN RUNDFUNK
PROGRAMMDIREKTION HÖRFUNK
BEREICH ORCHESTER UND CHOR
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