058 - StR - II Gemeinsames Prüfungsamt Dammtorwall 13 20354 Hamburg
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Rechtsanwältin Dr. Simona Paul Dresden, den 12. Juni 2015
Förstereistraße 3
01189 Dresden
Frau Rechtsreferendarin Claudia Wolf
– im Haus –
Sehr geehrte Frau Wolf,
wegen eines Verkehrsunfalls am 30. Mai 2015 befand ich mich vom 30. Mai bis zum 11. Juni
2015 im Krankenhaus. Daher bin ich nicht dazu gekommen, mich der nachfolgenden Angele-
genheit - in welcher Form auch immer - anzunehmen. Die Angelegenheit dürfte äußerst dring-
lich sein. Das schriftliche Urteil der Strafkammer des Landgerichts Dresden, einschließlich des
Protokolls, wurde mir bereits am 7. Mai 2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Revision
hatte ich schon am 10. April 2015 eingelegt.
Ich bitte Sie, die nachfolgenden Unterlagen durchzusehen. Es handelt sich um das Protokoll, das
Urteil, einige gerichtliche Verfügungen und meinen Schriftsatz vom 10. April 2015. Die Ankla-
geschrift benötigen Sie nicht. Die rechtliche Würdigung in der Anklageschrift entspricht in vol-
lem Umfang dem Tenor des Urteils der Strafkammer. Auch die vorgeworfenen Sachverhalte
haben sich in keinem Punkt geändert. Die Staatsanwaltschaft hatte im Übrigen von Anfang an
Anklage zum Landgericht erhoben. Vom Vorliegen einer der Gründe nach § 24 Abs. 1 Nr. 3
GVG ist die Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung nicht ausgegangen.
Ich bitte Sie, ein Gutachten zur Zulässigkeit der von mir eingelegten Revision sowie zu deren
Begründetheit anzufertigen. Vorsorglich bitte ich Sie auch, einen Revisionsantrag zu formulie-
ren. Bei der Formulierung des Revisionsantrags bitte ich Sie, unabhängig vom Ergebnis Ihres
Gutachtens, den vollumfänglichen Erfolg der Revision zu unterstellen.
GPA-Nr.:
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Die Mitangeklagte Manuela Dreier hat bereits unmittelbar nach Verkündung des Urteils auf
Rechtsmittel verzichtet. Mein Mandant, der Angeklagte Jürgen Mang, befürchtet nun, dass im
Falle des Erfolges unserer Revision Frau Dreier in einer dann möglicherweise erforderlichen
neuen Hauptverhandlung als Zeugin aussagen müsste. Bitte prüfen Sie schon jetzt vorsorglich,
ob Frau Dreier in diesem Fall tatsächlich als Zeugin aussagen müsste.
gez. Dr. Simona Paul
Rechtsanwältin
3
Geschäftszeichen: 1 KLs 211 Js 456/14 Sitzungsbeginn: 9:00 Uhr Sitzungsende: 13:55 Uhr
Protokoll
aufgenommen in öffentlicher Sitzung des Landgerichts Dresden – 1. Große Strafkam-
mer – am Donnerstag, den 9. April 2015
Gegenwärtig: Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Klar Richterin am Landgericht Ring Richterin am Landgericht Klotz Als Schöffen: Elisabeth Bender Petra Schundler
Staatsanwältin Lenckner als Vertreterin der Staatsanwaltschaft Justizangestellter Steg als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Strafverfahren gegen Jürgen Mang und Manuela Dreier erscheinen bei Aufruf der Sache: der Angeklagte Jürgen Mang mit seiner Verteidigerin, Rechtsanwältin Dr. Simona Paul, Dresden die Angeklagte Manuela Dreier mit ihrem Verteidiger, Rechtsanwalt Manfred Geiger, Dresden Zeugen sind auf später geladen. Über die persönlichen Verhältnisse erklärt der Angeklagte:
Jürgen Mang, geb. am 18. Januar 1972 in Dresden, ledig, Estrichleger, wohnhaft Lu-
kasstr. 50 in 01309 Dresden.
Über die persönlichen Verhältnisse erklärt die Angeklagte:
Manuela Dreier, geb. am 30. Juli 1991 in Meißen, geschieden, arbeitslos, wohnhaft
Lukasstr. 50 in 01309 Dresden.
Die Vorsitzende stellt fest, dass die Anklage vom 2. Oktober 2014 mit Eröffnungsbe-
schluss vom 2. Dezember 2014 zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Es wird wei-
ter festgestellt, dass die Angeklagten ordnungsgemäß am 8. Januar 2015 zur Haupt-
verhandlung geladen worden sind.
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Die Staatsanwältin verliest die Anklageschrift.
Es wird festgestellt, dass Erörterungen gemäß §§ 202a, 212 StPO, deren Gegenstand
die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO gewesen ist, nicht stattgefun-
den haben.
Die Angeklagten werden darauf hingewiesen, dass es ihnen freistehe, sich zur Anklage
zu äußern oder nicht auszusagen.
Der Angeklagte Mang erklärt: Ich sage nicht aus.
Die Angeklagte Dreier erklärt: Ich sage nicht aus.
Nach den Erklärungen der beiden Angeklagten wird die Vorsitzende von einer beisit-
zenden Richterin auf einen zeitungslesenden Zuhörer aufmerksam gemacht.
Der Zuhörer, der seinen Namen mit Hans Albrecht angibt, erklärt, er werde jetzt noch in
Ruhe den Sportteil zu Ende lesen und dann unter Umständen die Zeitung weglegen.
Es ergeht sodann folgende Anordnung der Vorsitzenden:
Der Zuhörer Hans Albrecht wird des Sitzungssaales verwiesen, weil er sich einer Un-
gebühr schuldig gemacht hat. Das Zeitunglesen während einer Hauptverhandlung ist
eine erhebliche Verletzung der Würde des Gerichts sowie der Ruhe und Ordnung der
Verhandlung.
Die Anordnung wird ausgeführt; der Zuhörer verlässt den Sitzungssaal.
Der Zeuge Beil wird um 9:45 Uhr hereingerufen. Dem Zeugen wird der Gegenstand
des Verfahrens bekannt gemacht. Der Zeuge wird gemäß § 57 StPO belehrt.
Zur Person:
Benno Beil, 73 Jahre, verheiratet, Rentner, wohnhaft Rosenstr. 36 in Dresden, mit den
Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert.
Zur Sache:
Der Zeuge erklärt zunächst, er habe vor dem Angeklagten Angst und wolle lieber gar
nichts mehr sagen. Schon gar nicht, wenn der Angeklagte dabei sei. Zur Begründung
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führt der Zeuge aus, gestern Abend habe ihn der Angeklagte noch angerufen und ge-
sagt, er (der Zeuge) „bekomme was aufs Maul, wenn er ihn reinhaue.“
Der Angeklagte sagt hierzu spontan, das mit dem Telefonat stimme. Er habe es aber
nicht ernst gemeint, was der Zeuge möglicherweise nicht erkannt habe.
Die Staatsanwaltschaft beantragt, den Angeklagten während der Vernehmung des
Zeugen Beil vorübergehend aus dem Sitzungssaal zu entfernen (§ 247 StPO). Der An-
geklagte und seine Verteidigerin erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.
Nach Wiedereintritt verkündet die Vorsitzende folgenden
Gerichtsbeschluss:
Während der Vernehmung des Zeugen Benno Beil hat sich der Angeklagte aus dem
Sitzungssaal zu entfernen.
Gründe: Es liegen die Voraussetzungen des § 247 StPO vor. Der Angeklagte hat dem Zeugen
vor dessen Vernehmung mit Gewalt gedroht, falls er Angaben machen sollte, die ihn,
den Angeklagten, belasten. Bei dieser Sachlage besteht Gefahr für die Sachaufklä-
rung, müsste der Zeuge in Anwesenheit des Angeklagten aussagen. Es besteht mithin
eine konkrete Gefahr für die Wahrheitsfindung.
Der Beschluss wird ausgeführt; der Angeklagte verlässt den Sitzungssaal.
Der Zeuge sagt zur Sache aus.
Innerhalb der Zeugenvernehmung wird die Lichtbildmappe Blatt 36 der Akten (Verlet-
zungen des Zeugen Beil, aufgenommen am 9. Mai 2014) in Augenschein genommen.
Auf Anordnung der Vorsitzenden wird von einer Vereidigung des Zeugen gemäß § 59
StPO abgesehen und dieser im allseitigen Einverständnis um 10:30 Uhr entlassen.
Der Angeklagte wird sodann wieder in den Sitzungssaal gerufen. Er wird von der Vor-
sitzenden über den wesentlichen Inhalt der Zeugenaussage unterrichtet. Die Staats-
anwältin und die Verteidigerin des Angeklagten erklären, die Unterrichtung des Ange-
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klagten sei inhaltlich richtig und vollständig. Ergänzungen werden nicht gewünscht. Die
während der Zeugenvernehmung Beil in Augenschein genommene Lichtbildmappe
wird erneut in Augenschein genommen.
Sodann wird die Zeugin Beil um 10:45 Uhr hereingerufen. Der Zeugin wird der Gegen-
stand des Verfahrens bekannt gemacht. Sie wird gemäß § 57 StPO belehrt.
Zur Person:
Antonia Beil, 69 Jahre, verheiratet, Hausfrau wohnhaft Rosenstr. 36 in Dresden, mit
den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert.
Zur Sache:
Die Zeugin äußert sich zur Sache.
Auf Anordnung der Vorsitzenden bleibt die Zeugin gemäß § 59 StPO unvereidigt und
wird im allseitigen Einverständnis um 11:30 Uhr entlassen.
Sodann wird der Zeuge Dietrich um 11:35 Uhr hereingerufen. Dem Zeugen wird der
Gegenstand des Verfahrens bekannt gemacht. Der Zeuge wird gemäß § 57 StPO be-
lehrt.
Zur Person:
Mike Dietrich, 34 Jahre, ledig, arbeitslos, wohnhaft Krügerstr. 34 in Dresden, mit den
Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert.
Der Zeuge äußert sich zur Sache.
Auf Anordnung der Vorsitzenden bleibt der Zeuge gemäß § 59 StPO unvereidigt und
wird im allseitigen Einverständnis um 12:00 Uhr entlassen.
Sodann wird der Zeuge Krug um 12:02 Uhr hereingerufen. Dem Zeugen wird der Ge-
genstand des Verfahrens bekannt gemacht. Der Zeuge wird gemäß § 57 StPO belehrt.
Zur Person:
Werner Krug, 48 Jahre, verheiratet, Polizeiobermeister, zu laden über die Polizeidirek-
tion Dresden, mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert.
Der Zeuge äußert sich zur Sache.
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Auf Anordnung der Vorsitzenden bleibt der Zeuge gemäß § 59 StPO unvereidigt und
wird im allseitigen Einverständnis um 12:30 Uhr entlassen.
Die Verteidigerin des Angeklagten stellt sodann folgenden
"Beweisantrag: Zum Beweis der Tatsache, dass der Angeklagte Mang nicht nach dem Zeugen Beil mit
einem Messer geworfen hat, wird die Vernehmung der Zeugin Erika Schnabel, wohn-
haft Hauptstraße 111a in 01097 Dresden beantragt."
Die Vorsitzende fragt bei der Verteidigerin an, warum diese Zeugin die unter Beweis
gestellte Tatsache bekunden könne. Die Verteidigerin entgegnet darauf, sie sei nach
der Strafprozessordnung nicht gehalten, hierüber Auskunft zu geben. Sie habe einen
Beweisantrag gestellt, über den entschieden werden möge.
Das Gericht zieht sich daraufhin zur Beratung zurück.
Nach Wiedereintritt in die Sitzung verkündet die Vorsitzende den nachstehenden
Gerichtsbeschluss: Der Beweisermittlungsantrag des Angeklagten wird zurückgewiesen.
Gründe:
Bei dem Antrag der Verteidigung handelt es sich nur um einen Beweisermittlungsan-
trag. Dem geht die Kammer aus Gründen der Amtsaufklärungspflicht nicht nach, weil
nicht ersichtlich ist, dass die benannte Zeugin die unter Beweis gestellte Tatsache be-
kunden kann. Ganz offensichtlich war sie bei der Auseinandersetzung am 9. Mai 2014
gar nicht anwesend. Zumindest ergeben sich hierfür aus dem Gang der Hauptverhand-
lung und aus dem Inhalt der Strafakte keinerlei Anhaltspunkte.
Es wird durch Verlesen des Bundeszentralregisters festgestellt, dass die Angeklagten
nicht vorbestraft sind.
Die Beweisaufnahme wird geschlossen, die §§ 240, 257 StPO werden beachtet. Eine
Verständigung nach § 257c StPO hat nicht stattgefunden.
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Die Staatsanwaltschaft hält ihren Vortrag und beantragt:
a. Beim Angeklagten Mang eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Mona-
ten b. Bei der Angeklagten Dreier eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren, deren Voll-
streckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Verteidiger halten ihre Schlussvorträge und beantragen jeweils Freispruch.
Die Angeklagten haben das letzte Wort. Sie verzichten beide auf Ausführungen.
Das Gericht zieht sich sodann zur Beratung zurück.
Nach geheimer Beratung verkündet die Vorsitzende durch Verlesen der Urteilsformel
und mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe im Namen des
Volkes folgendes
Urteil:
Der Angeklagte Mang ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung, der Beihilfe zum
Raub und der versuchten gefährlichen Körperverletzung. Er wird deshalb zu der Ge-
samtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Die Angeklagte Dreier ist schuldig des Raubs und der gefährlichen Körperverletzung.
Sie wird deshalb zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstre-
ckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird bei der Angeklagten Dreier zur Bewährung aus-
gesetzt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens. Das Gericht verkündet folgenden Bewährungsbeschluss: (…) Rechtsmittelbelehrung wird erteilt. Die Angeklagte Dreier erklärt nach Rücksprache mit ihrem Verteidiger, sie verzichte auf
Rechtsmittel gegen das soeben verkündete Urteil.
Vorgelesen und genehmigt
Das Protokoll wurde fertiggestellt am 14. April 2015.
gez. Dr. Klar gez. Steg Vorsitzende Richterin am Landgericht Justizangestellter
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Dr. Simona Paul Dresden, den 10. April 2015
Rechtsanwältin
Förstereistraße 3
01189 Dresden
Landgericht Dresden
- Große Strafkammer -
Lothringer Str. 1
01069 Dresden
In der Strafsache gegen
Jürgen Mang
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
- Aktenzeichen 1 KLs 211 Js 456/14 -
lege ich gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 9. April 2015
Revision ein.
gez. Dr. Simona Paul
Rechtsanwältin
Landgericht Dresden Eingang:
10. April 2015
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Aktenzeichen: 1 KLs 211 Js 456/14 Landgericht Dresden Strafabteilung
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Strafverfahren gegen Jürgen Mang (…) und Manuela Dreier (…) hat das Landgericht Dresden, 1. Große Strafkammer, aufgrund der öffentlichen Haupt-verhandlung vom 9. April 2015, an der teilgenommen haben (...)
für Recht erkannt:
Der Angeklagte Mang ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung, der Beihilfe zum
Raub und der versuchten gefährlichen Körperverletzung. Er wird deshalb zu der Ge-
samtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Die Angeklagte Dreier ist schuldig des Raubs und der gefährlichen Körperverletzung.
Sie wird deshalb zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstre-
ckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird bei der Angeklagten Dreier zur Bewährung aus-
gesetzt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Strafvorschriften:
Beim Angeklagten Mang:
§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 4, 249, 22, 23, 25 Abs. 2, 27, 53 StGB
Bei der Angeklagten Dreier:
§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4, 249, 25 Abs. 2, 53 StGB
Gründe:
(für die Angeklagte Dreier abgekürzt gemäß § 267 Abs.4 StPO)
Eingegangen bei der Geschäftsstelle am
6. Mai 2015 Rechtskräftig seit 9. April 2015 bezüg-lich der Angeklagten Dreier
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I. (Zur Person)
(…) II.
(Sachverhalt)
1. Am Abend des 8. Mai 2014 begaben sich beide Angeklagte, die zum damaligen
Zeitpunkt seit einigen Wochen ein Paar waren, zu den ihnen aufgrund gemeinsamer
Gaststättenbesuche oberflächlich bekannten, in Dresden in der Rosenstraße wohnhaf-
ten Eheleuten Benno und Antonia Beil. Bei dem Ehepaar Beil handelt es sich um zwei
psychisch auffällige Menschen mit eingeschränktem kognitivem Leistungsvermögen,
die zudem durch jahrelangen Alkoholmissbrauch gezeichnet sind. Im Verlaufe des zu-
nächst friedvollen Besuchs trank der Angeklagte eine halbe Flasche Bier. Im Ge-
sprächsverlauf äußerte der damals 73-jährige Herr Beil, ob die Angeklagte mit ihm
nicht ins Schlafzimmer wolle, er werde sich das auch was kosten lassen. Seinen
Wunsch begründete er damit, seine fast 70-jährige Ehefrau sei an solchen Sachen
nicht mehr interessiert. Über dieses Ansinnen war der Angeklagte erbost, die Mitange-
klagte eher belustigt. In seiner Wut schlug der Angeklagte mit den Händen auf Herrn
Beil ein und traf ihn dabei mehrmals im Gesicht. Die Wucht und die Vielzahl der Schlä-
ge führten dazu, dass Herr Beil zu Boden ging und dort wimmernd sitzen blieb. Vorher
hatte sich die Mitangeklagte dem Herrn Beil so in den Weg gestellt, dass dessen
Fluchtversuche in ein anderes Zimmer erfolglos waren. Frau Beil floh bei Beginn der
Auseinandersetzung ins Schlafzimmer und schloss sich dort ein.
Im Bewusstsein ihrer körperlichen Überlegenheit und im Wissen darum, dass Herr Beil
aus Angst vor weiteren Schlägen zu keiner Gegenwehr bereit und in der Lage sein
würde, fasste die Angeklagte Dreier den spontanen Entschluss, die Wohnung nach
Wertgegenständen zu durchsuchen und sie sich anzueignen. Dies ließ Herr Beil, womit
die Angeklagte rechnete, unter dem Eindruck des vorangegangenen Geschehens wi-
derstandslos zu.
Der Angeklagte Mang stand während der Beutesuche der Angeklagten Dreier in deren
Nähe und ermunterte sie lautstark: „Nimm ruhig alles mit, was du findest.“
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Kurze Zeit später entnahm die Angeklagte aus einem Geldbeutel des Herrn Beil Bar-
geld in Höhe von 83,84 EUR. Das Geld behielt sie für sich.
2. Am nächsten Tag war der Angeklagte Mang über das Verhalten des Herrn Beil und
dessen „Angebot“ gegenüber seiner Freundin noch immer erbost. Um Herrn Beil
nochmals zur Rede zu stellen, suchte der Angeklagte ihn in dessen Wohnung in der
Rosenstraße auf. In seiner Wut darüber, dass Herr Beil nicht bereit war, sich zu ent-
schuldigen, ergriff der Angeklagte ein auf dem Tisch liegendes, ca. 30 cm langes Mes-
ser. Er schleuderte es ohne Tötungsabsicht in Richtung des in der gegenüberliegenden
Ecke des Zimmers stehenden Herrn Beil. Dabei wusste er, dass dieser verletzt werden
würde, wenn das Messer ihn träfe, weil das Messer seiner Art und Beschaffenheit nach
dazu in der Lage war, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Herrn Beil gelang es,
sich rechtzeitig zur Seite zu drehen, so dass das Messer auf Höhe seines Oberkörpers
an ihm vorbeiflog und unmittelbar neben ihm gegen die Wand schlug. Das dann auf
dem Boden liegende Messer trat Herr Beil mit seinem Fuß unter ein Sofa.
Nach den örtlichen Gegebenheiten wäre es zwar möglich gewesen, unter das Sofa zu
greifen und das Messer hervor zu holen, um es wieder an sich zu nehmen. Der Ange-
klagte verließ allerdings die Wohnung kommentarlos.
III.
(Beweiswürdigung)
Die Angeklagten haben sich zur Sache, wie auch schon im Ermittlungsverfahren, nicht
eingelassen. Die Kammer ist aber von dem festgestellten Geschehensablauf aufgrund
der Aussage der Eheleute Beil überzeugt. Die Geschehensabläufe haben beide Zeu-
gen stimmig und nachvollziehbar geschildert. Zu Falschbekundungen sind beide, be-
dingt durch ihre auf jahrelangen Alkoholkonsum zurückgehende, verminderte intellek-
tuelle Fähigkeit ersichtlich nicht in der Lage.
Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen Beil spricht zudem, dass er im Sinne
einer Selbstbelastung unumwunden sein Angebot für ein „Schäferstündchen“ zugege-
ben hat. Der Aussage des Zeugen Beil lässt sich zudem entnehmen, dass er die auf
ihn erfolgten Übergriffe nicht dramatisiert hat. Schlussendlich wird seine Schilderung
des Vorgefallenen nachhaltig durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder bestä-
tigt, die am 9. Mai 2014 durch die Polizei von seinen erlittenen Gesichtsverletzungen
gefertigt wurden.
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Der Zeuge Beil hat zwar die Aufforderung des Angeklagten Mang an die Angeklagte
Dreier, bei ihrer Beutesuche mitzunehmen, was sie finde, nicht bestätigt. Dies spricht
allerdings nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Es ist bei dem vorausgegan-
genen, turbulenten Geschehen – dem Streit und den stattgefundenen Schlägen –
durchaus nachvollziehbar, dass die diesbezügliche Wahrnehmung des zum Tatzeit-
punkt verängstigten Zeugen eingeschränkt war.
Das Vorstehende, dass nämlich der Angeklagte Mang die Angeklagte Dreier bei ihrer
Suche nach verwertbarer Beute in der von der Kammer festgestellten Weise unterstützt
hat, ergibt sich aus der Zeugenaussage Dietrich. Nach der nicht zu widerlegenden
Aussage des Zeugen Dietrich suchten beide Angeklagten unmittelbar nach dem Tatge-
schehen am 8. Mai 2014 in Dresden die Gaststätte „Zum Adler“ auf, wo sie das erbeu-
tete Geld in Alkohol umsetzten und dabei auch den Zeugen Dietrich kennenlernten.
Ihm erzählten beide Angeklagten von den Geschehnissen in der Wohnung Beil, auch
davon, dass der Angeklagte Mang seine Freundin aufforderte, bei der Beutesuche mit-
zunehmen, was sie finde. Von der inhaltlichen Richtigkeit dieser Zeugenaussage hatte
die Kammer auszugehen. Die Kammer kann zwar nicht verschweigen, dass es sich bei
dem erst 2013 wegen Meineids vorbestraften Zeugen um einen von Drogen und Alko-
hol gezeichneten Mann handelt. Gleichwohl sind die aufgrund des persönlichen Ein-
drucks der Kammer bei der Vernehmung des Zeugen entstandenen, nicht ganz uner-
heblichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit des Zeugen nicht objek-
tiv belegbar.
Von dem Tatgeschehen am 9. Mai 2014 ist das Gericht ebenfalls aufgrund der Zeu-
genaussage Beil überzeugt. Auch über diese Tat hat der Zeuge stimmig und detailreich
berichtet. Zudem hat am selben Tag der ermittelnde Polizeibeamte Krug unter dem
vom Zeugen bezeichneten Sofa das Messer, mit dem der Angeklagte geworfen hatte,
aufgefunden. Auch die vom Zeugen Krug festgestellte Beschädigung an der Wand
passt folgerichtig zum Geschehensablauf, wie vom Zeugen Beil anlässlich seiner poli-
zeilichen Vernehmung und in der gerichtlichen Hauptverhandlung berichtet.
IV.
(Strafbarkeit)
14
Damit haben sich die Angeklagten wegen der im Tenor genannten Straftaten schuldig
gemacht, wobei die Kammer hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung von Mittä-
terschaft und hinsichtlich des Raubes von einer Beihilfehandlung des Anklagten Mang
ausgeht.
V. (Strafzumessung)
(…) VI.
(Kosten) (…)
Unterschriften (…)
Verfügung der Vorsitzenden vom 5. Mai 2015 - Aktenzeichen 1 KLs 211 Js 456/14 –
Urteil mit Akten der Geschäftsstelle zur weiteren Veranlassung in eigener Zuständig-
keit.
gez. Dr. Klar Vorsitzende Richterin am Landgericht
Verfügung vom 6. Mai 2015 - Aktenzeichen 1 KLs 211 Js 456/14 –
1. Urteil und Protokoll an die Verteidigerin Rechtsanwältin Dr. Paul zustellen (EB)
2. Urteil formlos an den Angeklagten Mang unter Hinweis darauf, dass der Ver-
teidigerin das Urteil förmlich zugestellt worden ist
3. Urteil formlos an Rechtsanwalt Geiger, die Angeklagte Dreier und Staatsanwalt-
schaft
gez. Steg Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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Vermerk zur Bearbeitung
1. Das von Rechtanwältin Dr. Simona Paul erbetene Gutachten ist zu fertigen. Im Gutachten ist auf alle durch den Aufgabentext aufgeworfene Rechtsfragen ein-zugehen. Zweckmäßigkeitserwägungen sind nicht anzustellen. Der geforderte Antrag ist zu entwerfen. Ein Sachbericht ist nicht zu fertigen. Der Bearbeitungszeitpunkt ist der 12. Juni 2015.
2. Zustellungen, Vollmachten, Ladungen und sonstige Formalien des Gerichtsver-
fahrens sind in Ordnung, soweit sich nichts Gegenteiliges aus dem Aufgabentext ergibt.
3. Die nicht abgedruckten Aktenbestandteile sind für die Bearbeitung ohne Bedeu-
tung. Der Inhalt der mit „(…)“ gekennzeichneten Passagen ist für die Bearbei-tung ohne Bedeutung oder wurde zu Prüfungszwecken entfernt.
4. Sollten für die gutachterliche Prüfung ergänzende Urteilsgründe in den Abschnit-
ten I., V. und VI. des Urteils für erforderlich gehalten werden, ist davon auszu-gehen, dass diese auch nicht in den mit „(…)“ gekennzeichneten Urteilsgründen enthalten sind.
5. Dresden liegt im Bezirk des Amtsgerichts Dresden, Landgerichts Dresden und
des Oberlandesgerichts Dresden.
6. Auf den im Anhang abgedruckten Jahreskalender 2015 wird hingewiesen.
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Kalender 2015
Januar 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
1 1 2 3 4
2 5 6 7 8 9 10 11
3 12 13 14 15 16 17 18
4 19 20 21 22 23 24 25
5 26 27 28 29 30 31
Februar 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
5 1
6 2 3 4 5 6 7 8
7 9 10 11 12 13 14 15
8 16 17 18 19 20 21 22
9 23 24 25 26 27 28
März 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
9 1
10 2 3 4 5 6 7 8
11 9 10 11 12 13 14 15
12 16 17 18 19 20 21 22
13 23 24 25 26 27 28 29
14 30 31
April 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
14 1 2 3 4 5
15 6 7 8 9 10 11 12
16 13 14 15 16 17 18 19
17 20 21 22 23 24 25 26
18 27 28 29 30
Mai 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
18 1 2 3
19 4 5 6 7 8 9 10
20 11 12 13 14 15 16 17
21 18 19 20 21 22 23 24
22 25 26 27 28 29 30 31
Juni 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
23 1 2 3 4 5 6 7
24 8 9 10 11 12 13 14
25 15 16 17 18 19 20 21
26 22 23 24 25 26 27 28
27 29 30
Juli 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
27 1 2 3 4 5
28 6 7 8 9 10 11 12
29 13 14 15 16 17 18 19
30 20 21 22 23 24 25 26
31 27 28 29 30 31
August 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
31 1 2
32 3 4 5 6 7 8 9
33 10 11 12 13 14 15 16
34 17 18 19 20 21 22 23
35 24 25 26 27 28 29 30
36 31
September 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
36 1 2 3 4 5 6
37 7 8 9 10 11 12 13
38 14 15 16 17 18 19 20
39 21 22 23 24 25 26 27
40 28 29 30
Oktober 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
40 1 2 3 4
41 5 6 7 8 9 10 11
42 12 13 14 15 16 17 18
43 19 20 21 22 23 24 25
44 26 27 28 29 30 31
November 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
44 1
45 2 3 4 5 6 7 8
46 9 10 11 12 13 14 15
47 16 17 18 19 20 21 22
48 23 24 25 26 27 28 29
49 30
Dezember 2015
KW MO DI MI DO FR SA SO
49 1 2 3 4 5 6
50 7 8 9 10 11 12 13
51 14 15 16 17 18 19 20
52 21 22 23 24 25 26 27
53 28 29 30 31
Feiertage:
01.01.2015 Neujahrstag 24.05.2015 Pfingstsonntag
03.04.2015 Karfreitag 25.05.2015 Pfingstmontag
05.04.2015 Ostersonntag 03.10.2015 Tag der Deutschen Ein-
heit
06.04.2015 Ostermontag 25.12.2015 1. Weihnachtstag
01.05.2015 Tag der Arbeit 26.12.2015 2. Weihnachtstag
14.05.2015 Christi Himmelfahrt