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·"= Seit 1985 befindet sich die Geschäftsstelle 18.00 Uhr Musikalische Eröffnung
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der Friedrich-Naumann-Stiftung im Tereze Rozenberga, Piano u
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Margarethenhof in Königswinter. Zum Nilss Silkalns, Violine E ..c
Jahreswechsel wird das Vergangenheit. Stipendiaten der Friedrich Naumann Q.J c
Die Stiftung zieht nach Potsdam. Stiftung (!) (!) (!) ~
Unseren Abschied von Königswinter und Begrüßung c-< ..... Q.J
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der ganzen Region möchten wir gemeinsam Rolf Berndt, ' E N 0 Q.J
mit allen Freunden und Partnern feiern, die Geschäftsführendes Vorstandsmitglied 0 N M Q.J
in den vergangenen Jahren so erfolgreich der Friedrich Naumann Stiftung w Cl N r...:
mit uns zusammengearbeitet haben. N 0 E
Gedanken zum rheinischen !:i "' c °' Deshalb laden wir Sie am 7. Dezember 1999 Liberalismus :::J c
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noch einmal in den Margarethenhof ein. Dr. Guido Westerwelle Mdß, Cii +"' c +"' c
Zu einem unterhaltsamen Rückblick auf Generalsekretär der F.D.P. .2 Vl Q.J (lJ c c ] "' 0
Geschichte und Geschichten des rheinischen v ~ ~ -.::> Q.J
Liberalismus. Zu Kompositionen von Beet- Liberalismus in den neuen 0 ..... 0....
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Bundesländern N -0 .2 hoven und Mendelssohn, die beide zeitweilig N
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' ~ sowohl in Bonn als auch in Berlin/Potsdam Renate Schneider, N <l'. 0 0
zu Hause waren. Vorsitzende der Karl-Hamann-Stiftung M
und Mitglied des Kuratoriums der w N N
Und natürlich auch zu einen Ausblick in Friedrich Naumann Stiftung 0
die Zukunft. Ein Ausblick auf unser neues !:i c :::J
Umfeld in Potsdam, auf zukünftige Heraus- Kabarettistisches Intermezzo X
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forderungen und - nicht z:._uletzt auch auf Manfred Richter, „ Wasserwerker'' v o._
unser neues Erscheinungsbild. v -.::>
Von Königswinter nach Potsdam 0
"' Eine humorvolle Rück- und Vorausschau Dr. Otto Graf Lambsdorff, "' ~ wird auch Manfred Richter, langjähriger Vorsitzender des Vorstands der v
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Bundestagsabgeordneter in Bonn und Friedrich Naumann Stiftung E (lJ
> Mitglied der parlamentarischen Kabarett- ~ 0
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Gruppe „Die Wasserwerker", geben. Kabarettistisches Intermezzo ..;
"' °' Manfred Richter :0 c (!) .., ~ 0 t 4:'. '<!" "' ><'. ·.;::::; Q.J
Die Friedrich Naumann Stiftung freut sich, 19.30 Uhr Musikalischer Abschluß v V1 (!:! ..... ~ c ~ Q.J c c +"' +"'
Sie am Dienstag, den 7. Dezember 1999, Tereze Rozenberga, Piano c "' V1
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um 18 Uhr im Margethenhof in Königs- Nilss Silkalns, Violine (lJ ~ ~ Vl
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winter-lttenbach zu begrüßen. "' z ~ c ~ :o .E ..c -~ ~ u c:i> Vl (!) ·c C1
Anschließend sind Sie zu einem Empfang eingeladen. ;:: -0 ·- (")
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Zur Unterhaltung spielt „Mamas Jazz Express''. ·c :o (")
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ADL, Biographische Sammlung
Anrede,
wie so oft in den vergangenen Wochen und Monaten stehen
wir heute wieder einmal vor einem Abschied. Ich hoffe, alle
Anwesenden haben Taschentücher und Feuerzeuge parat.
Die FNS nimmt nach 15 Jahren Abschied von ihrem . .
"Stammsitz", und verlegt ihr Domizil von der rheinischen
Akropolis Margarethenhof ins flache preussische Potsdam -
rein geografisch gesehen. Abschied nehmen tut stets ein
bisschen weh. Und wie der angelernte Rheinländer Konrad
Beikircher meint: "weil der Rheinländer nichts so sehr hasst wie
das Endgültige, hat er auch vor dem Abschied einen
ungeheuren Respekt".
Diesem Respekt möchte ich als eingeborener Rheinländer
meinen Tribut zollen. Getreu dem Spruch der alten Lateiner
"Wahrer Humor ist eine ernste Sache" darf ich mich
gemeinsam mit Ihnen und der gebotenen Ernsthaftigkeit einem
äußerst ernsthaften Thema zuwenden.
Dem rheinischen Liberalismus.
Tiefgründige Studien in den vergangenen Wochen haben in mir
eine These reifen lassen, die ich Ihnen nicht vorenthalten
möchte:
Liberalismus ist rheinisch!
ADL, Biographische Sammlung
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Bevor die Protestbrieffiut vornehmlich aus den deutschen
Südstaaten über das Thomas-Dehler-Haus hereinbricht, eines
vorab: Ausgewiesenes "Mutterland" des organisierten
Liberalismus in Deutschland ist und bleibt natürlich
Baden-Württemberg. Beim rheinischen Liberalismus handelt es
sich sozusagen um den Archetyp des Liberalismus, den
Urliberalismus an sich und überhaupt.
Das ist beweisbar und diesen Nachweis möchte ich führen.
Karl-Hermann Flach hat 1971 geschrieben: "Die ersten liberalen
Regungen haben sich gezeigt, als die Menschen zu denken
b '' egannen ..... , .
Einer der wichtigsten Vertreter der Menschwerdung ist
bekanntlich der Neanderthaler. Wo liegt das Neanderthal?
Im Rheinland begann also das Denken und damit der
Liberalismus schlechthin.
Ich weiss ja, dass 1907 bei Heidelberg der Unterkiefer des
angeblich ältesten Menschen Europas gefunden wurde, tippe
hier aber nach wie vor auf die Schlampigkeit eines pleistozänen
Zahntechnikers. Und ein bisschen mehr als nur einen
Unterkiefer haben wir im Neanderthal schon gefunden.
Es gibt aber weitere Beweise für jahrtausendalte Tradition des
rheinischen Liberalismus.
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In seinem Bühnenstück "Des Teufels General" beschreibt Carl
Zuckmayer das Rheinland als "die Kelter Europas". Das, was er .
über das Rheinland unserer Vorfahren sagt, möchte ich Ihnen
nicht vorenthalten:
"Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl,
braun wie 'ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen
Latein beigebracht. Und dann kam ein jüdischer
Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der
ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische
Haustradition begründet. - Und dann kam ein griechischer Arzt
dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner
Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons,
ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein
wandernder Müllerbursch vom Elsaß, ein dicker Schiffer aus
Holland, ein Magyar, ein Pandur, ein Offizier aus Wien, ein
französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant - das
alles hat am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und
Kinder gezeugt. Es waren die besten der Welt! Und warum?
Weil sich die Völker dort vermischt haben, vermischt wie die
Wasser aus Quellen und Bächen und Flüssen, damit sie zu
einem großen, lebendigen Strom zusammenrinnen. Vom Rhein
- das heißt: vom Abendland. Das ist natürlicher Adel."
Den letzten Satz zitiere ich in Anwesenheit von Graf
Lambsdorff besonders gern.
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Aber, man stelle sich vor: Das Zusammenleben eines solchen
Völkergemischs wie es Zuckmayer beschrieben hat, ohne den
rheinischen Liberalismus? Undenkbar.
Ein liberales Markenzeichen heißt Toleranz. Wer, wenn nicht
der Rheinländer, ist die personifizierte Toleranz - sofern es
sich nicht um die diplomatischen Beziehungen zwischen Köln
und Düsseldorf oder umgekehrt handelt.
"Jeder Jeck ist anders" lautet ansonsten seine simple
Umschreibung für Toleranz. Ein ähnliches Völkergemisch wie
es Zuckmayer beschrieb, fiel 1949 in das bis dahin eher stille
und beschauliche Bonn ein, als es auf listige Weise von
Adenauer zum Sitz von Parlament und Regierung gemacht
wurde. Nur mit grenzenloser liberaler rheinischer Toleranz war
die Flut der damals nach Bonn strömenden "Ausländer" -
Bayern, Hamburger, Baden-Württemberger, Hessen,
Schleswig-Holsteiner, Berliner etc. pp. zu verkraften.
Eingedenk des Spruches "Rheinländer werden nicht geboren,
Rheinländer werden erzogen", hat sich der rheinische
Liberalismus dann auch umgehend seinem Erziehungsauftrag
gewidmet.
Dabei war er alles andere als pingelig: Bonn hat sie alle an sein
weites rheinisches Herz. genommen, Otto Graf Lambsdorff und
Walter Scheel genauso wie Hans-Dietrich Genscher und
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Wolfgang Mischnick, gebürtige Hallenser bzw. Dresdner. Still
und leise sind auch sie im Grunde ihres Herzens ein Stück weit
Rheinländer geworden. Besonders hoch anzurechnen ist dem
rheinischen Liberalismus, dass er sogar vor so extrem harten
Brocken wie den pechschwarzen Bayerischen nicht
zurückgeschreckt ist, für die alles, was 100 Meter nördlich der
Münchner Stadtgrenze liegt, als unkultivierter Dschungel und
zumindest unfreundlich gesonnenes Ausland galt.
Sie allen haben sich in fünfzig Bonner Jahren dort offensichtlich
so wohl gefühlt, dass der Abschied den meisten mehr als
schwer gefallen ist. Das ist unwiderlegbar dem rheinischen
Liberalismus zu verdanken. Jetzt stehen neue Aufgaben vor
uns: Wir müssen den rheinisch-liberalen Erziehungsauftrag an
der Spree weiterführen. Erster greifbarer Erfolg: Berlin hat ein
Karnevalsprinzenpaar und es gibt auch schon mehr als eine
Kneipe, die Kölsch ausschänkt.
Deutschland und die deutschen Liberalen haben dem
rheinischen Liberalismus noch viel mehr zu verdanken.
Wer kennt nicht den berühmten Spruch:
3 Liberale = 5 Meinungen. Rein psychosoziologisch betrachtet,
immer noch die beste Garantie für Zoff. Dass diese
Kontroversen nie ausarten, ist ganz ohne Zweifel der Tatsache
zu verdanken, dass bei drei zusammenstehenden Liberalen
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immer ein rheinischer dabei ist. NRW ist nun mal der größte
Landesverband. Egal, ob eingeboren oder angelernt,
rheinische Liberale als solche sind große Monologisierer. Und
dieses elementare _monologische Mitteilungsbedürfnis erledigt
über kurz oder lang alle emporlodernden Streitflammen.
Der rheinische Urliberalismus kann aber auch ein Schwimmring
auf den Wogen der Zeit und des Lebens sein.
Wir alle wissen, dass die Geschichte des organisierten
deutschen Liberalismus eine Geschichte mit Höhen und Tiefen
ist. Gerade am Ende dieses Jahres erspare ich mir dazu
weitere Ausführungen.
Wie aber wäre das alles auszuhalten, wenn man sich nicht ein
wenig an die berühmten rheinischen Grundweisheiten
klammern könnte:
"Et kütt, wie et kütt" und "Et hätt noch immer jotjejange".
Erstes rettet einen notfalls wenigstens vor den allertiefsten
Depri-Phasen an manchem Wahlabend. Das zweite ist Trost
vorher.
Rheinischer Liberalismus ist zur Selbstkritik fähig. Deshalb
gebietet es die Aufrichtigkeit, auch die drei kleineren Brüder der
genannten rheinischen Grundweisheiten zu nennen.
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Erstens: Das haben wir noch nie so gemacht.
Zweitens: Da könnte ja jeder kommen.
Drittens: Wo kämen wir denn da hin?
Alle drei sind probate Mittel zum unverzüglichen Erschlagen
jeglicher neuer Ideen. Quasi die rheinische
Reform-Fliegenklatsche.
Als geborenen rheinischen Liberalen beschleicht mich aber der
Verdacht, dass diese 3 kleinen Brüder wohl doch Bastarde
sind. Hier liegt aus meiner Sicht ein weites Feld für die
Liberalismusforschung, die da unbedingt einmal ansetzen
sollte.
Karl-Hermann Flach hat darauf hingewiesen, dass der
"Liberalismus keine letzten-menschlichen Wahrheiten und
politischen Endlösungen anerkennt." Diese in knappe Worte
gegossene Tatsache ist ein weiterer Beweis für den
fruchtbaren Einfluß des rheinischen Liberalismus. Dem
Rheinländer ist alles Endgültige ein Gräuel. Er liebt das
Unfertige, das noch zu Formende. Weshalb wohl haben die
Kölner ihren Dom über Jahrhunderte ohne Türme dastehen
lassen? Ständig haben meckernde Touristen nach den Türmen
gefragt. Gebaut wurden sie dann von den Preussen, die
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ihrerseits alles Unfertige verabscheuen, wie man jetzt auch an
der emsigen Bautätigkeit in Berlin sehen kann.
Anrede,
diesen Ausführungen ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Oder doch? Nachdem ich mich emsig strebend bemüht habe,
endlich auch einmal einen Bindestrich-Liberalismus, nämlich
den Rhein-Liberalismus zu kreieren, komme ich ins Stacken.
C Glücklicherweise dürfte in nächster Zeit kein erneuter
Regierungsumzug anstehen, dann hätte ich vermutlich meine
Ausführungen zum Spree-Liberalismus zu machen. Und was ist
mit dem Donau-, dem Elb,- oder dem Main-Liberalismus?
Liberalismus ist eine Geisteshaltung, deren Wirksamkeit von
den Menschen getragen wird, die sich ihr verpflichtet fühlen. In
diesem Sinne hat der deutsche Liberalismus dem Rheinland
ganz bestimmt viel zu verdanken. Und zwar genausoviel wie
den Liberalen aller anderen Bundesländer auch.
Liberalismus nur an einer Bevölkerungsschicht festzumachen,
ist genauso falsch, wie ihn irgendwo geografisch anbinden zu
wollen. Natürlich gibt es mentale Unterschiede. Liberalismus
nimmt die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit an und schöpft
daraus seine Kraft. Der bedächtige Schleswiger und der pfiffige
Sachse sind weder bessere noch schlechtere Liberale als der
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bodenständige Bayer, der fröhliche Rheinländer oder der
gemütliche Schwabe. Diese Unterschiedlichkeiten sollten es
sein, die wir - wie in Zuckmayers schönem Bild -
zusammenfliessen_ lassen zu einem großen verbindenden
Strom. Dann nämlich werden alle dem Liberalismus
nachträglich aufgedrückten Adjektive wie links-, rechts-, sozial
oder wirtschafts- absolut überflüssig. Halten wir es mit
Karl-Hermann Flach: "Das Adjektiv liberal ist in jeder Beziehung
( ein schmückendes Beiwort." Dabei sollte es bleiben.
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