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Freiwilligen-Engagement professionell gestalten Engagierte und aktive Freiwillige gewinnen und beteiligen Katrin Matuschek und Johanna Niesyto Zu neuem Engagement. Akademie Management und Politik
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Freiwilligen-Engagement professionell gestalten

Engagierte und aktive Freiwillige gewinnen und beteiligen

Katrin Matuschek und Johanna Niesyto

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Eng

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AkademieManagement und Politik

Vorwort

„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“

(chinesisches Sprichwort)

Gemeinnützige Organisationen sind seit jeher auf die Mitarbeit von Freiwilligen angewiesen.Obwohl sich in Deutschland rund 23 Millionen Menschen in vielfältiger Form freiwillig enga-gieren und das Engagementpotenzial laut des dritten Freiwilligensurveys von 26 Prozent (1999)auf 37 Prozent (2009) enorm gestiegen ist, haben vor allem traditionelle Großorganisationen– wie Wohlfahrtsverbände, Parteien und Gewerkschaften – Schwierigkeiten, Engagierte fürdie Mitarbeit in ihrer Organisation zu gewinnen.

Wollen Organisationen dieses Engagementpotenzial jedoch ausschöpfen und Freiwillige füreine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Organisation gewinnen, müssen sie auf die Rahmen-bedingungen für freiwilliges Engagement, die sich in den letzten 20 Jahren sehr verändert ha-ben, verstärkt eingehen.

Ein Großteil der Freiwilligen von heute möchte sich nicht mehr längerfristig an eine Organisa-tion binden, sondern sich für eine begrenzte Zeit projektorientiert engagieren. Neben demMotiv „etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun“, rückt immer mehr der Wunsch der Engagier-ten nach individueller Weiterentwicklung und Selbstverwirklichung in den Vordergrund. En-gagement soll attraktiv sein, Spaß machen, Gestaltungsspielraum und Teilhabemöglichkeitenbieten und von der Organisation entsprechend unterstützt und anerkannt werden.

Neben der Entwicklung einer diese Rahmenbedingungen einbeziehenden Strategie und derBereitstellung von finanziellen und personellen Ressourcen für ein professionelles Freiwilligen-Management gilt es für gemeinnützige Organisationen deshalb, gerade diese individuellen Be-dürfnisse stärker mit einzubeziehen und so den Strukturwandel im Ehrenamt aktiv mitzuge-stalten.

Das stellt hohe Anforderungen an gemeinnützige Organisationen und deren MitarbeiterIn-nen und erfordert von ihnen, neue Wege des Freiwilligen-Managements einzuschlagen: Or-ganisationen müssen neben „traditionellen“ Möglichkeiten innovative und attraktive Formender Mitarbeit in der Organisation entwickeln, die den Bedürfnis- und Motivlagen der Freiwil-ligen gerecht werden. In weiteren Schritten können diese dann aktiv beworben und Freiwil-lige gezielt ausgewählt werden.

Für die erfolgreiche Zusammenarbeit müssen zudem Bedingungen und die Freiwilligenarbeitunterstützende Strukturen geschaffen werden, die ein erfolgreiches Miteinander zwischen ge-wachsenen traditionellen Strukturen und neuen Formen des Freiwilligen-Engagements ermög-lichen. Dazu gehören u.a. klare transparente und von der Hauptamtlichenarbeit abgegrenz-te Aufgaben und Zuständigkeiten, festgelegte Rechte und Pflichten der Freiwilligen und Haupt-amtlichen und eine konstante unterstützende Betreuung, die die Arbeit der Freiwilligen aner-kennt und die Weiterentwicklung dieser fördert.

Ein konsequentes Gehen dieses Weges wirkt sich gewinnbringend sowohl für die Organisa-tion als auch für die Freiwilligen aus.

In der vorliegenden Veröffentlichung, die bereits in der 3. Auflage erscheint, werden die wich-tigsten Ergebnisse der Fachtagung „Freiwilligen-Engagement professionell gestalten“ der Aka-demie Management und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung zusammengefasst und Sie erhal-ten wertvolle Praxistipps sowie Hinweise zum Vertiefen des Themas. Sie erfahren, wie gemein-nützige Organisationen mit Hilfe eines professionellen Freiwilligen-Managements Freiwilligegewinnen, erfolgreich mit ihnen zusammenarbeiten und an die Organisation binden können.

Viel Spaß bei der Lektüre und beim Folgen der Wegweiser hin zu einem professionellen undnachhaltigen Freiwilligen-Management.

Katrin MatuschekLeiterin der Akademie Management und Politik

Impressum:

Herausgeber:Friedrich-Ebert-StiftungAbteilung: Politische AkademieAkademie Management und PolitikGodesberger Allee 14953170 Bonn

Texte und Redaktion: Katrin Matuschek, Johanna Niesyto

Graphisches Konzept:inrhein, alfred friese, düsseldorf

Druck: Druckerei Brandt GmbH,Bonn

3. Auflage: Januar 2013

ISBN: 978-3-86872-296-3

Grundlage dieser Veröffentli-chung ist der Mitschnitt der Veranstaltung „Freiwilligen-Engagement professionell gestalten“ der Akademie Management und Politik. Die Texte können nicht alsNamensbeiträge zitiert werden.

Geäußerte Meinungen müssennicht in allen Teilen der Meinungder Friedrich-Ebert-Stiftung entsprechen.

2 P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t

„Wir brauchen das alte und dasneue Ehrenamt. Ohne Men-schen, die dauerhaft für eineSache einstehen, Funktionenübernehmen, die auch noch dasind wenn der Gegenwind bläst,können Gewerkschaften auch inZukunft nicht auskommen. Aufder anderen Seite – um in derMitte der Gesellschaft zu bleiben,um die Menschen zu gewinnen,für die diese Form der Mitwir-kung kein Modell ist, wollen wirklar neue Wege im Ehrenamtbeschreiten.“

Markus Römer, Leiter der Abteilung Bildung/Weiterbildung der Industrie-gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

INHALT

Vorwort

Vom „Wandel im Ehrenamt“zur professionellen Gestaltungvon Freiwilligen-ManagementSeite 4

Freiwillige für ein Engagementin der Organisation gewinnenSeite 8

Die erfolgreiche Zusammen -arbeit mit FreiwilligenSeite 13

Motivation undAnerkennungskultur in derArbeit mit FreiwilligenSeite 17

Professionelle Organisationdauerhafter Mitwirkung vonFreiwilligen. Ein Resümee.Seite 19

Die 10 Mythen desFreiwilligen-EngagementsSeite 22

1 PROFESSIONELLESFREIWILLIGEN-MANAGEMENT GEHT GANZ STILL UND LEISE.

2 FREIWILLIGEN-MANAGEMENT GEHT NUR IN KLEINENORGANISATIONEN.

3 DIE GEWINNUNG VONFREIWILLIGEN IST DASWICHTIGSTE.

4 DAS WICHTIGSTE INORGANISATIONEN SINDZAHLENDE MITGLIEDER.

5 FREIWILLIGE PASSEN SICHDER ORGANISATION AN.

6 FREIWILLIGE MACHENARBEIT, DIE KEIN ANDERERIN DER ORGANISATIONMACHEN WILL.

7 FREIWILLIGEN-ENGAGEMENT ISTUMSONST.

8 FREIWILLIGE SIND ALLEGLEICH.

9 FREIWILLIGE MÜSSEN INWATTE GEPACKT WERDEN.

10 DIE EHRENNADEL HAT AUSGEDIENT.

P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t 3

DIE 10 MYTHEN DESFREIWILLIGEN-ENGAGEMENTS

Es hat sich ein Strukturwandel im Ehrenamt vollzogen.

Im öffentlichen Diskurs wie im gemeinschaftlichen Handeln selbst ist Bedeutungsverschiebungdeutlich sichtbar: Nicht mehr das „klassische Ehrenamt“ steht im Zentrum der Aufmerksam-keit, veränderte Formen freiwilligen Engagements werden bereits seit den 1990er Jahren un-ter Begriffen wie „neues Ehrenamt“ oder „Freiwilligenarbeit“ thematisiert.

Neben einer Zunahme an freiwilligen Tätigkeiten insgesamt, einem Trend hin zu zeitlich be-grenztem projektorientiertem Engagement in kleineren Organisationen, haben sich auch dieMotive und Erwartungen der Engagierten verändert: Im „klassischen Ehrenamt“ haben Enga-gierte meist aus Tradition und Pflichtgefühl ein Ehrenamt langjährig und kontinuierlich aus-geführt. Jene ehrenamtlich engagierten BürgerInnen führten ihre freiwilligen, unbezahlten undöffentlichen Tätigkeiten vorwiegend in etablierten Organisationen sowie in bestimmten Mi-lieus aus und waren bereit, sich hierarchischen und komplexen Strukturen unterzuordnen. Da-gegen ist nun ein Großteil der Freiwilligen von heute in ihrem Engagement deutlich anspruchs-voller geworden und bezieht stärker Ideen der eigenen individuellen Weiterentwicklung undSelbstverwirklichung in die Wahl freiwilliger Tätigkeiten ein. Die klassischen Motivfelder „Hel-fen“ und „Pflichtbewusstsein“ werden so um die Motivfelder „Gestaltungswillen“ und „Selbst-bezug“ erweitert. Damit einhergehend sind auch die Ansprüche an die Tätigkeit gewachsen.Freiwillige von heute wollen zumeist:

• Spaß und Freude bei ihrem Engagement haben,

• mit interessanten Menschen zusammenkommen,

• mit ihrem Engagement etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft tun,

• ihre Kompetenzen in das Engagement mit einbringen, Aufgaben selbst gestalten,Verantwortung übernehmen, beteiligt werden und aktiv an der Entwicklung der Organisation mitwirken,

• Möglichkeiten für projektorientierte und Kurzzeit-Engagements geboten bekommen,

• weniger über Verbandszugehörigkeit, sondern über Themen begeistert werden und

• sich nicht sofort und lebenslang an eine Organisation binden.

4 P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t

„Die Rahmenbedingungenhaben sich immens verändert.Früher war es zumindest bei der AWO typisch, dass man eintritt und ein Leben lang dabeibleibt und sich dort engagiert.Das wollen Menschen nichtmehr. Freiwillige kommen heuteauch nicht mehr so selbstver-ständlich zu einer Organisationwie früher. Das sind veränderteBedingungen, auf die sich Orga-nisationen einstellen müssen.“

Barbara Helberg-Gödde,zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

„Wir leben heute in einer ande-ren Welt. Die Freiwilligensurveysvon Infratest und die Ergebnisseder Enquete-Kommission desBundestages zur Zukunft desbürgerschaftlichen Engagementsbelegen, dass es den vor über 20 Jahren diagnostizierten Struk-turwandel gibt. Dies wirkt sichz.B. auf die Zugänge zum Enga-gement aus. Es kommen auchzunehmend sogenannte selbst-bezogenen Motive – mit der Leitfrage: ‘Was habe auch ichvon diesem Engagement ?’ ins Spiel und der Fakt, dass sich viele Menschen heute auchbewußt als Nicht-Mitgliederengagieren wollen.“

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaftfür Bürgerengagement (Option BE)

Impulsgeber

Heinz Janning: Er ist Fortbild-ner, Berater und Fachartikelau-tor rund um das Thema Freiwil-ligen-Engagement und hat dieFreiwilligenagentur Bremenaufgebaut und 15 Jahre geleitet. Seit 2007 berät undbegleitet er als Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürgerengagement (OptionBE)Non-Profit-Organisationen bei der Einführung eines syste-matischen und nachhaltigenFreiwilligen-Ma nagements.

Jede Organisation, jede Partei, jede Gewerkschaft wünscht siesich: Jene pflegeleichten Freiwilligen, die jederzeit zur Verfü-gung stehen und ohne Murren die ihnen zugeteilten Aufga-ben verrichten. Doch der Trend geht in eine andere Richtung.

Vom „Wandel im Ehrenamt“ zur professionellen Gestaltung vonFreiwilligen-Management

Mit diesem Wandel geht auch der Wunsch vieler Engagierter nach einer neuen Begrifflichkeitfür das für viele als etwas zu schwer klingende „Ehrenamt“ einher. Der neue Begriff des frei-willigen Engagements stellt stärker den Aspekt der Freiwilligkeit heraus und umfasst unent-geltliches, gemeinwohlbezogenes Engagement sowohl in selbstorganisierten Initiativen, Ak-tionsgruppen oder Projekten als auch in Vereinen und Non-Profit-Organisationen.

Eine moderne Engagementförderung in gemeinnützigen Organisationen erkennt die veränderten Motive für freiwilliges Engagement an und stellt ihre Angebote darauf ein.

Non-Profit-Organisationen, die Freiwillige für ihre Organisation gewinnen und erfolgreich mitihnen zusammenarbeiten möchten, müssen sich auf die veränderten Rahmenbedingungeneinstellen. Das bedeutet, dass neben Organisationsinteressen stärker auch die Bedürfnis- undMotivlagen der zu mobilisierenden Freiwilligen einzubeziehen sind, ohne jedoch gewachse-ne Organisationsstrukturen zu vernachlässigen. Es gilt für die Gewinnung und Bindung vonFreiwilligen, den „Eigensinn“ der Menschen zu pflegen und in der Zusammenarbeit zu berück-sichtigen. Organisationen müssen sich heute fragen: Was benötigen Menschen für ein frei-williges Engagement und was können Organisationen diesen Menschen bieten?

Gemeinnützige Organisationen können sich auf diese neuen Rahmenbedingungen einstellen,wenn sie u.a.:

• eine Strategie für die Zusammenarbeit mit Freiwilligen in der Organisation unter die-sen neuen Bedingungen entwickeln,

• neben den traditionell existierenden Arbeitsstrukturen und -formen in gemeinnützi-gen Organisationen, neue Formen der projektorientierten Mitarbeit mit interessanten,klar umrissenen Aufgaben entwickeln,

• Überlegungen anstellen, wie sie diese neuen Formen in die bestehende Organisations-struktur integrieren können,

• attraktive Rahmenbedingungen für Freiwilligen-Engagement in der Organisation be-reit stellen,

• neue Formen für die Ansprache von Freiwilligen finden und

• Geld und Ressourcen für das Freiwilligen-Engagement bereitstellen.

P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t 5

Quelle: Freiwilligensurveys 1999 und 2004 Sozialforschung

3,9

2,2

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1999

2004

Grafik 14Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit (1999 und 2004)Zeitaufwändigste freiwillige Tätigkeiten (Mittelwerte)

Grafik 14Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit (1999 und 2004)Zeitaufwändigste freiwillige Tätigkeiten (Mittelwerte)

Dass man damit eigene Probleme in die Hand nehmen und lösen kann

Dass man damit berechtigte eigene Interessen vertreten kann

Dass man für die Tätigkeit auch Anerkennung findet

Dass man die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen erweitern kann

Dass man eigene Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeiten hat

Dass man damit anderen Menschen helfen kann

Dass die Tätigkeit Spaß macht

Dass man etwas für das Gemeinwohl tun kann

Dass man mit sympathischen Menschen zusammenkommt

Dass die Tätigkeit auch für die beruflichen Möglichkeiten etwas nützt

unwichtigaußerordentlich

wichtig

„Unsere größte Herausforderungist zurzeit die Integration jungerMenschen in unsere Organisa-tion. Wir fragen uns, wie wir den Wandel vom ‚klassischenMitglied‘ hin zur Integration von Menschen, die uns unter-stützen, die uns gewogen sind,die uns kurzfristig Zeit spenden,gestalten können.“

Dorthe Kötter, Leiterin derAbteilung „Mitgliedschaft und Service“ bei Amnesty Inter -national Deutschland

„Wir in der AWO haben Schwie-rigkeiten, Menschen zu gewin-nen, die sich in unseren Institu-tionen engagieren. Wir habendagegen keine SchwierigkeitenMenschen für bestimmte Pro-jekte wie die Tafeln zu gewinnen.Das sind in der Regel Nicht-Mitglieder. Wir haben nun die Herausforderung diesen Spagatzwischen Ehrenamtlichen mitzeitlich begrenztem, projekt -basiertem Engagement undunseren aufgebauten Strukturenzu meistern.“

eine Teilnehmerin in der Abschlussdiskussionauf der MuP-Fachtagung2009

Voraussetzung für eine erfolgreicheZusammenarbeit mit Freiwilligen in einergemeinnützigen Organisation ist einganzheitlicher Ansatz, der Grundhaltung,Organisations strukturen und -strategienumfasst.

Die professionelle Gestaltung von Freiwilligen-Engagement erfordert in einem ersten SchrittÜberzeugungsarbeit nach innen, denn nachhaltige Zusammenarbeit mit Freiwilligen kann nurals zentraler Bestandteil der Organisationskultur verstanden und gestaltet werden. Nach derstrategischen Entscheidung auf Führungsebene der Organisation für eine verstärkte Zusam-menarbeit mit Freiwilligen und der Bereitstellung entsprechender Ressourcen gilt es erst ein-mal das „Haus zu richten“.

Folgendes Vorgehen empfiehlt sich, um in der Organisation Verständnis und Akzeptanz füreine nachhaltige Freiwilligenarbeit zu fördern und Freiwilligen-Engagement gewinnbringendsowohl für die Organisation als auch für die Freiwilligen zu gestalten:

• Entwicklung von Grundsätzen für ein Rahmenkonzept für die Freiwilligenarbeit mit:

– der Beantwortung der Frage: Warum ist die Arbeit mit Freiwilligen in unserer Or-ganisation so wichtig? (Stellenwert der Arbeit mit Freiwilligen),

– identifizierten Engagementmöglichkeiten,

– einer Abgrenzung der Arbeit der Hauptamtlichen und der Freiwilligen (Aufgaben,Verantwortung, Rechte und Pflichten),

– festgelegten Kooperationsformen zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen (aberauch Konfliktbearbeitungs- und Beschwerdewege),

– daraus abgeleiteten Leitlinien für die Umsetzung der Arbeit mit Freiwilligen in derOrganisation (Standards, Vorlagen, Routinen, Verantwortliche und Ansprechpart-nerInnen für Freiwilligenarbeit),

– Festlegungen, was die Organisation Freiwilligen bietet (Unterstützungsangebote,Formen der Anerkennung, Partizipationsmöglichkeiten, Qualifizierung) sowie

– mit Instrumenten für die kontinuierliche Verbesserung der Freiwilligenarbeit.

• Anpassung des Leitbilds.

• Kommunikation des Leitbildes nach innen und nach außen.

Die Einbeziehung der Verantwortlichen der Organisation in diesen Prozess der Leitbilderstel-lung und Aufgabenplanung für Freiwillige ermöglicht mögliche Ängste der Hauptamtlichenim Bezug auf die Freiwilligenarbeit zu entkräften und ist Voraussetzung, um ein plausibles Ver-ständnis für und die Akzeptanz von Freiwilligenarbeit in der Organisation zu schaffen.

Die professionelle Gestaltung der Zusammen arbeit mit Freiwilligen erfordert ein syste ma tisches und nachhaltiges Freiwilligen-Management.

Auf der Grundlage strategischer Vorüberlegungen und den vorangestellten organisationsin-ternen Kommunikationsprozess kann aufbauend die Konzeption eines Freiwilligen-Manage-ments mit entsprechenden finanziellen und personellen Ressourcen erfolgen.

Unter Freiwilligen-Management versteht man die kontinuierliche Planung, Organisation, Ko-ordination sowie Aus- und Bewertung der Freiwilligen-Arbeit in der Organisation. Freiwilligen-Management ist nach dem niederländischen Erfolgsmodell „5 X B- Modell für ein Frei-willigen-Management“ als umfassender Prozess zu betrachten, in dem jede der fünf Stufenvon binnenhalen (gewinnen), über begeleiden (begleiten) und behouden (behalten, binden)bis hin zu belonen (anerkennen) und beeindigen (beenden) Berücksichtigung finden muss.

6 P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t

„Wir stellen dann immer wiederfest, dass Ehrenamtskampagnenauch ein Thema der Organisa -tionsentwicklung sind und nichtvordergründig ein PR-Thema darstellen. Es funktioniert nicht,Dinge nach außen frisch undfröhlich zu kommunizieren,wenn es nach innen keine Veran-kerung dafür gibt. Wir habendarüber auch auf der MuP-Fach-tagung diskutiert: Man musszuallererst das ‘Haus richten’,damit es auch Gäste findet.“

Brigitte Kemphens, K2. agentur für kommunika-tion, Bonn

„Wenn wir Freiwillige als Partnergewinnen wollen, dann brau-chen wir hauptamtliches Perso-nal und wir müssen auch einManagement zur Verfügung stel-len, damit diese Partnerschaft zuguten Projekten befähigt werdenkann.“

Barbara Helberg-Gödde,zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

binnenhalen: gewinnen

Nachdem in der Strategiedebatte der Organisation u.a. Engagementfelder identifiziert, Bedar-fe geplant, Ressourcen bereit gestellt und ein Verantwortlicher für das Freiwilligen-Manage-ment qualifiziert und eingestellt wurde, ist es in dieser Phase wichtig, mehr über die Motiveder Freiwilligen oder potenziell Aktiven zu erfahren, um ihnen ansprechende Engagementan-gebote zu unterbreiten, sie richtig anzusprechen und adäquat einzusetzen.

begeleiden: begleiten

In dieser auch als Einführungsphase beschriebenen Stufe des „5XB –Modells“ geht es darum,als verantwortliche/r Freiwilligen-KoordinatorIn den Freiwilligen Orientierung innerhalb der Or-ganisation zu geben (Vermittlung von Organisationswissen: Leitbild, Ziele, Arbeitsweisen, Struk-turen, Regeln, wichtige AnsprechpartnerInnen), sie einzuarbeiten und unterstützend zu be-gleiten, damit ihnen der Einstieg erleichtert und eine erfolgreiche Arbeit in diesem Engagem-entfeld gefördert wird.

behouden: behalten, binden

In der Phase des Behaltens und Bindens geht es darum, Freiwillige auch über die Phase derEinarbeitung hinaus zu begleiten, bei Fragen, Anliegen und Problemen zu beraten, Motivän-derungen und Entwicklungswünsche der Freiwilligen frühzeitig zu erkennen, um darauf imRahmen der Möglichkeiten der Organisation entsprechend reagieren zu können. Das Führenvon regelmäßigen Feedback- und Entwicklungsgesprächen mit Freiwilligen ist in diesem Zu-sammenhang ein wichtiges Instrument.

belonen: anerkennen

Freiwilligen-Engagement ist unentgeltlich. Neben der Freude an der Tätigkeit selbst und demGefühl mit seinem Engagement etwas Gutes für die Gesellschaft zu bewirken, ist eine ange-messene Anerkennungskultur und ein wertschätzender Umgang miteinander in der Organi-sation – um die es in dieser Stufe geht – die Belohnung für das freiwillige Engagement. Fürdas Binden eines Freiwilligen an die Organisation gilt es aktiv in der Organisation eine Aner-kennungskultur, die alle in der Organisation Tätigen umfassen muss, zu fördern, verschiede-ne Formen der Anerkennung zu definieren und zu etablieren sowie regelmäßig abzugleichen,ob die Erwartungen der Freiwilligen noch zur Anerkennungs- und Belohnungskultur der Or-ganisation passen.

beeindigen: beenden

Organisationen, die mit Freiwilligen arbeiten, sollten das Thema „Abschied des Freiwilligen“– wie es in vielen Organisationen momentan noch üblich ist – nicht tabuisieren, sondern ei-ne Abschiedskultur etablieren. Beispielsweise sollte Freiwilligen in einem gemeinsamen Ab-schiedsgespräch und durch die Ausstellung eines Zertifikats über das Engagement auch in die-ser Phase Wertschätzung für das erbrachte Engagement in der Organisation entgegen gebrachtund aufzeigt werden, dass sie ohne schlechtes Gewissen gehen können und jederzeit wiederin der Organisation Willkommen sind. Neben dem Aufzeigen von Möglichkeiten, wie der Frei-willige mit der Organisation in Kontakt bleiben kann (Mitgliedschaft, Newsletter, Ehemaligen-netzwerk, Veranstaltungen), gilt es in dieser Phase zudem, die gemeinsame Zusammenarbeitabschließend zu evaluieren und zu dokumentieren, damit Feedback im Sinne eines kontinu-ierlichen Verbesserungsprozess wieder in die Freiwilligenarbeit der Organisation einfließen kann.

P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t 7

„Herausforderung ist, Themen zubearbeiten, die in den bisherigenStrukturen nicht aufgegriffenwerden können. Neue Menschenfür unsere Organisation zu inte -ressieren, für die es bisher keineAnknüpfungspunkte gab. AlteStrukturen auf ihre Sinnhaftigkeitund Aktualität zu prüfen und ggf.weiter zu entwickeln.“

Markus Römer, Leiter der Abteilung Bildung/ Weiterbildung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

„Als wichtigstes Ergebnis derMuP-Fachtagung nehme ich die Anregung zur Ausstiegskulturmit. Diese gibt es in der SPD indieser Form nicht. Vielmehr müssen sich ‘Aussteiger‘ rechtfertigen warum sie die Partei im ‘Stich‘ lassen. Hier kann und muss die Partei neueWege gehen.“

Lars Düsterhöft, Vorsitzenderder Jusos Berlin Treptow-Köpe-nick

In Deutschland gibt es auch nach den Ergebnissen des 3. Freiwilligensurveys ein großes nochunausgeschöpftes Potenzial bei noch nicht Engagierten für das Freiwilligen-Engagement, andem gemeinnützige Organisationen bei der Gewinnung und Mobilisierung Freiwilliger anset-zen können.

Quelle: Wissenschaftliche Befunde zum Thema Freiwilligen-Engagement in Deutschland: Bundesministeriumfür Familien, Senioren, Frauen und Jugend: Informationen zum 3. Frei willigensurvey (1999-2009), unter:www.bmfsfj.de

8 P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t

Impulsgeber

Frank Czwikla: Er nimmt imAWO Unterbezirk Dortmunddie Schnittstellenfunktion zwischen Verbandsarbeit undFreiwilligenarbeit wahr. Als zertifizierter Freiwilligenmana-ger ist er u.a. verantwortlich für den Aufbau, die Begleitungund Pflege von Freiwilligen -projekten in den Ortsvereinender AWO und hat das AWO-Modellprojekt „Freiwilligen -management in der Behinder-tenhilfe“ geleitet.

Wenn gemeinnützige Organisationen Freiwillige für ein Enga-gement gewinnen möchten, müssen sie eine Strategie für dieZusammenarbeit entwickelt haben, Strukturen und Ressour-cen für die Freiwilligenarbeit bereitstellen, sowie neben den„traditionellen“ Möglichkeiten, neue attraktive Formen der Mit-arbeit entwickeln, aktiv bewerben und Freiwillige gezielt aus-wählen.

Freiwillige für ein Engagement in der Organisation gewinnen

„In Umfragen in großen Unter-nehmen haben wir festgestellt,dass sehr viele Menschen Inte -resse daran haben, sich bei uns zu engagieren, aber noch nichtangesprochen wurden. Bei ver.disind wir nun auf der Suche nachWegen und Möglichkeiten, wiewir gerade diese Menschen erreichen können.“

Gabriele Schütze, ver.di

Bedürfnisse, Wünsche und Motive derFreiwilligen müssen verstanden und inattraktiven EngagementangebotenBerücksichtigung finden.

Die „traditionelle“ Art des Werbens von Freiwilligen durch persönliche Ansprache und die an-schließenden Überlegungen, wo man die Interessenten am besten in der Organisation ein-setzen kann, reichen allein nicht aus, um vorhandenes Engagementpotenzial aufzudecken undauszuschöpfen. Darüber hinaus sollte die Organisation ausgehend vom eigenen Bedarf neueattraktive, an den Bedürfnissen der Freiwilligen orientierte Engagementmöglichkeiten entwickeln.

Engagementfelder in der Organisationidentifizieren und daraus attraktiveTätigkeitsfelder formulieren

Zu Beginn geht es darum, im Sinne einer Bedarfserhebung systematisch möglicheEngage mentfelder in der Organisation zu identifizieren und festzulegen, für welche konkre-ten Aufgaben man Freiwillige benötigt. Es besteht aber auch die Möglichkeit Engagement-felder in der Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen zu identifizieren. Daran schließt sichdann die konkrete Beschreibung dieser Aufgaben in Abgrenzung zu den Tätigkeitsbereichender Hauptamtlichen an. Für die Identifizierung von Engagementfeldern empfiehlt sich folgen-des Vorgehen (s. auch: C. Reifenhäuser, S.G. Hoffmann, T. Kegel in: Freiwilligen-Management,2009):

• Dokumentation aller Tätigkeitsfelder der Organisation,

• Systematisierung der Aufgaben in jedem Tätigkeitsfeld und

• Herausfiltern bzw. Identifikation von geeigneten, attraktiven Aufgaben für Freiwillige, die entweder einzeln oder durch das Zusammenfassen mehrerer Aufga-ben zu einem eigenen Tätigkeitsbereich für Freiwillige werden.

Im nächsten Schritt geht es nun darum, das Tätigkeitsfeld näher zu beschreiben. Hierfür soll-ten u.a. folgende Fragen beantwortet werden:

• Was genau sollen Freiwillige tun? (Arbeitsinhalte, Arbeitsumfang)

• Welches Ziel wird mit der Erledigung dieser Aufgabe verfolgt? (Sinn der Aufgabe)

• Wie viel Zeit sollen Freiwillige mitbringen? (Arbeits- und Besprechungszeit)

• Welche Anforderungen, Wünsche hat die Organisation an die Freiwilligen? (Bedarf der Organisation)

• Welche Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten sollen die Freiwilligen mitbringen?(Kompetenzen der Freiwilligen)

• Wie kann der Tätigkeitsbereich attraktiv beschrieben werden? (Beschreibung derAufgaben)

Attraktive Engagementangebote erstellen

Nachdem Tätigkeitsbereiche formuliert wurden, steht die Frage im Mittelpunkt, was die Or-ganisation den Freiwilligen neben attraktiven Aufgaben und realistischen Zeitversprechen nochbieten kann, damit sie sich für ein Engagement gerade in dieser Organisation entscheiden. Ei-ne Möglichkeit hierfür bietet die Gestaltung von attraktiven Rahmenbedingungen durch dieOrganisation für das Engagement, wie:

• AnsprechpartnerIn /MentorIn in der Organisation,

• logistische Unterstützung (Telefon, Schreibtisch ...),

• Versicherungsschutz (Haftpflicht, Unfall ...),

• Erstattung finanzieller Aufwendungen (Fahrtkosten ...),

P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t 9

„Wir brauchen ein anderes Bild inunseren Köpfen von Menschen,die sich freiwillig engagieren.Unsere Organisationen müssensich um freiwillige MitarbeiterIn-nen bewerben. (...) Freiwilligewollen interessante Projekte und Aufgaben. (...) Die Leute, die sich bei uns melden oder die wir ansprechen, wollen etwasfür die Gemeinschaft tun, fragenaber auch: ‘Was habe ich denn davon? Was ist denn meinGewinn dabei?’. Auf diese Fakto-ren muss man heute Rücksichtnehmen, denn sie erforderneinen anderen Umgang mit Frei-willigen.“

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

„In Anbetracht einer Mobilisie-rungsquote von 10% bis 15%hat die SPD noch viel Potenzial.Es muss uns gelingen diesesPotenzial besser von Anfang aneinzubinden und aktiv zu halten.Angebote an die Mitglieder zuunterbreiten, die über eine Betei-ligung an Diskussionen hinausgehen, ist eher selten. Es gibtaber durchaus Möglichkeitenverstärkt Mitglieder in konkreteDinge einzubinden. Die JusosTreptow-Köpenick bieten bei-spielsweise kostenlose Nachhilfefür sozial benachteiligte Kinderan. So können sich gut ein Dut-zend junge Menschen konkret imRahmen der SPD engagieren undauch etwas bewirken.“

Lars Düsterhöft, Vorsitzender der Jusos BerlinTreptow-Köpenick

• Fortbildungsmöglichkeiten,

• Perspektiven /Entwicklungsmöglichkeiten für Freiwillige in der Organisation und

• Ermöglichung von zusätzlichen Kontakten, Erlebnissen und Erfahrungen in der Organisation.

Formulierung eines Engagementangebots

Aus den zusammengetragenen Informationen, kann nun ein Engagementangebot erstellt wer-den, in dem das Ziel des Engagements, die Beschreibung der Tätigkeit, der genaue Zeitauf-wand, der Einsatzort, die für das Engagement erwarteten Kompetenzen und die unterstüt-zenden Maßnahmen der Organisation aufgeführt sind.

Mit solch einem Engagementangebot erhalten Freiwillige eine genaue Vorstellung davon, was– sollten sie sich für dieses Engagement entscheiden – auf sie zukommen wird. Es empfiehltsich insbesondere auch abgestufte Engagementangebote abzuleiten, um auch niedrigschwel-lige Einstiege zu ermöglichen.

Folgende Elemente sollten in einem Engagementangebot enthalten sein:

• griffige Überschrift, die das Engagementangebot beschreibt („Wir suchen ...“),

• Ziel des Engagements,

• Beschreibung der Tätigkeit,

• Einsatzdauer und Zeitaufwand,

• Einsatzort,

• erwartete Kompetenzen (Sie haben, wollen, können ...),

• unterstützende Maßnahmen (Wir bieten Ihnen...),

• AnsprechpartnerInnen und Kontaktdaten.

Auszug aus einem Engagementangebot

Quelle: Caritasverban des für die Diözese Augsburg e.V., unter: www.caritas-augsburg.de

10 P r o f e s s i o n e l l e s F r e i w i l l i g e n - M a n a g e m e n t

„Wir werden versuchen, exem-plarisch – mit ausgewählten VertreterInnen unserer örtlichenGliederungen – ‘Mitmachauf-rufe‘ zu ausgewählten Themenzu starten. Nach einer anschlie-ßenden Auswertung wollen wir die Erkenntnisse in einerhandhabbaren Form für unseregesamte Organisation nutzbarmachen.“

Markus Römer, Leiter derAbteilung Bildung / Weiterbil-dung der IndustriegewerkschaftBergbau, Chemie, Energie

„Ja, wir orientieren uns sehr andem niederländischen Beispielund raten dazu, Menschengleichberechtigt auf der Straßeins Gespräch zu bringen. Für diedeutsche Kultur ist dies sehrungewöhnlich. Damit haben wirimmens gute Erfahrungengemacht, weil Menschen indivi-duell in der Regel wissen, welcheKompetenzen sie besitzen, abernicht wissen, dass gerade dieseKompetenzen von anderengebraucht bzw. gesucht wer-den.“

Wolfgang Nafroth, Kommunikationsberater

Paxis-Tipps:

Beispiel einer Kompetenzda-tenbank von Amnesty Interna-tional: Hier tragen Mitglieder ihre Kenntnisse und Fähigkeiten,die sie sich innerhalb und außer-halb ihrer Tätigkeit bei AmnestyInternational angeeignet haben,ein, um die Arbeit der Organisa-tion in verschiedenen Feldern zu unterstützen. unter: https://intranet.amnesty.de (Registrierung erforderlich)

Infos und Beispiele für Mitmachaufrufe als Mittel der Gewinnung von Freiwilligen,auf: Portal „Wegweiser Bürger-gesellschaft“ – ein Projekt derStiftung MITARBEIT, unter: www.buergergesellschaft.de/praxishilfen (-> Freiwilligen kultur -> Freiwillige gewinnen)

Anregungen für Video-Mitmachaufrufe: www.ehrenamts-videothek.de

Liste von Freiwilligen -agenturen: http://bagfa.de

Der Erfolg für die Gewinnung von Freiwilligenist maßgeblich davon abhängig, ob diegeeigneten InteressentInnen ziel gruppen gerechtund über die richtigen „Werbekanäle“angesprochen werden.

Am erfolgreichsten ist eine Werbeaktion je stärker der Fokus im Engagementangebot auf denpersönlichen und gesellschaftlichen Nutzen gelegt wird und je konkreter die Angebote ge-halten sind. Nach der Erstellung des Engagementangebotes gilt es deshalb als erstes entspre-chend der erwarteten Kompetenzen und Fähigkeiten zu recherchieren, welche potenziellenFreiwilligen – auch die Bekannten und Mitglieder der Organisation zählen zu potenziellen Frei-willigen – diese Fähigkeiten mitbringen und für dieses Angebot am ehesten in Frage kommen.

In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob das Angebot zu den Interessen, Motiven, Lebens-lagen der Zielgruppe passt, diese auch ausreichend im Engagementangebot berücksichtigt undin einer zielgruppengerechten Sprache formuliert sind. Im Anschluss daran gilt es das Enga-gementangebot diesbezüglich anzupassen und über zielgruppengerechte Kanäle zu bewer-ben.

Beim Bewerben der Engagementangebote, gibt es mehrere Möglichkeiten, z.B. über:

• hauseigene Medien wie Internetseiten, E-Mail, schwarzes Brett, Verbandspublikatio-nen, Flyer / Plakate oder durch direkte persönliche Ansprache (z.B. zum Tag der offe-nen Tür, in der Fußgängerzone ...),

• externe Medien wie Anzeigen / Artikel in Zeitungen, Werbespots im Radio und Kinooder Infostände (bei Veranstaltungen, Messen, bei Bürgerfesten, bei Partnerorgani-sationen) oder

• über Kooperationen mit Freiwilligenagenturen / -börsen oder Partnerorganisationen.

Die gezielte Auswahl der Freiwilligen für einbestimmtes Engagementangebot ist einwichtiger Schritt, wenn es um die Gewinnungund den weiteren Verbleib der Freiwilligen inder Organisation geht.

Melden sich nun InteressentInnen auf ein Engagementangebot geht es in der letzten Phaseder Gewinnung darum, sicherzustellen, dass die Vorstellungen und Forderungen der Organi-sation zu den Wünschen und Möglichkeiten der Freiwilligen passen und diese gezielt auszu-wählen.

Hierfür bieten sich das Führen von Erstgesprächen an, in dem Freiwillige und die Organisa -tion sich gegenseitig kennenlernen können, Interessen, Motivation und Erwartungen mitein-ander abgeglichen, Orientierung gegeben und Verbindlichkeiten für die Zusammenarbeit –wenn möglich auch schriftlich – festgelegt werden. Das Angebot einer Schnupperphase isteine weitere Möglichkeit, festzustellen, ob Organisation und Freiwillige wirklich zusammenpassen, und bietet wie das Erstgespräch auch eine Basis für eine gute Zusammenarbeit.

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Ein Erstgespräch führen – Ein Beispiel-Leitfaden

Quelle: Aus einer Zusammenstellung für die ehrenamtliche Arbeit des Caritasverbands Rhein-Sieg e.V.

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„Freiwillige müssen gezielt aus-gewählt werden, damit sieimmer an dem passenden Ortihren Fähigkeiten entsprechendin einer passenden Aufgabe ein -gesetzt werden. Zudem bietenwir neben fachlichen Qualifika-tionen auch eine Art Coachingfür unsere freiwilligen Mitarbeite-rInnen an.“

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

„Die verschiedenen Engagement-formen müssen sich innerhalbeiner Organisation allein wegender immer stärkeren Ausdifferen-zierung der Motive und Einstel-lungen von Engagierten ebenfallsunterscheiden. Ein wichtigerSchritt für ein erfolgreiches Frei-willigen-Management ist dasErreichen eines positiven Neben-einander des traditionellen unddes so genannten neuen Ehren-amtes, bei dem man sich mitgegenseitiger Akzeptanz – jasogar Respekt begegnet.“

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürgerengagement (Option BE)

Unterschiedliche Rollen und Interessen derHauptamtlichen und Freiwilligen undUnsicherheiten bzgl. der Zuständigkeiten undder Informations- und Kommunikationswegebehindern die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Non-Profit-Organisationen sind auf die Unterstützung der Freiwilligen angewiesen. Viele Haupt-amtliche sehen die Freiwilligen jedoch als Konkurrenz, haben Angst durch den Einsatz von Frei-willigen ihren Arbeitsplatz zu verlieren und Bedenken das die Arbeitsqualität dadurch absinkt.Freiwillige fühlen sich auf der anderen Seite oft von Hauptamtlichen nicht ernst genommenund deren Entscheidungsgewalt, was die Ressourcen, Informationsweitergabe, aber auch Mit-sprachemöglichkeiten betrifft, ausgeliefert.

Diese speziellen Beziehungsdynamiken können eine professionelle Zusammenarbeit stark be-hindern, deshalb gilt es genauer zu analysieren, was die Ursachen dafür sind.

Unterschiedliche Rollen und Erwartungen vonHauptamtlichen und Freiwilligen

Unterschiedliche Rollen von Hauptamtlichen und Freiwilligen und damit zusammenhängen-de unterschiedliche Erwartungen an die Zusammenarbeit sind eine Ursache.

Hauptamtliche sind vertraglich an die Organisation gebunden mit fixierten Rechten, Pflich-ten und Verantwortungsbereichen. Sie erhalten ein Einkommen und sehen sich selbst in derVerantwortung, was die Arbeitsergebnisse der Freiwilligen betrifft, da sie diese oft in der Or-ganisation vertreten müssen. Dies, aber auch der Aspekt, dass in vielen Organisationen keinKonzept bzgl. der Zusammenarbeit mit Freiwilligen erstellt und keine weiteren Ressourcen hier-für bereit gestellt werden, schürt die Erwartung vieler Hauptamtlicher, dass die freiwilligen Mit-

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Der Erfolg einer Non-Profit-Organisation hängt maßgeblich vonder guten Zusammenarbeit der Hauptamtlichen mit Freiwilli-gen und den Mitgliedern der Organisation ab.

Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Freiwilligen

Impulsgeberin

Barbara Helberg-Gödde: Sie berät und betreut für denAWO Unterbezirk Ennepe-Ruhr31 Ortsvereine. Als zertifizierteAWO-Freiwilligenmanagerinund Supervisorin (DGSV) ist sieu.a. für den Aufbau, die Beglei-tung und Pflege von Freiwilli-genprojekten auf Kreisebenesowie für die Qualifizierungvon Freiwilligen in der AWOverantwortlich.

arbeiterInnen sich den Regeln der Organisation bedingungslos unterzuordnen haben, dass siedie Hauptamtlichen unterstützen müssen, wenig Ansprüche haben dürfen und keine zusätz-liche Arbeit machen sollen.

Freiwillige möchten hingegen als MitarbeiterInnen auf gleicher Augenhöhe angesehen wer-den und nicht als Lückenbüßer fungieren. Sie ziehen ihre Motivation aus der Tätigkeit für dieOrganisation und aus dem guten Gefühl des Helfens und Gebrauchtwerdens. Deshalb wol-len sie nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten projekt- oder themenorientiert eingesetzt wer-den, wollen Ideen einbringen und Spaß bei ihrem Engagement haben, aber auch Anerken-nung und Partizipationsmöglichkeiten sind ihnen wichtig.

Nur durch eine Offenlegung dieser unterschiedlichen Rollen, einen Abgleich der Erwartungenin einem gemeinsamen Gespräch zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen sowie ein auf-einander Eingehen, kann diesen Dynamiken begegnet werden.

Unsicherheiten im Bezug auf Zuständigkeitensowie Informations- und Kommunikationswege

Zusätzliche Ängste, Vorurteile und Konflikte zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen wer-den geschürt, da in vielen Organisationen Unsicherheiten herrschen, was die Zuständigkeitensowie die richtigen Informations- und Kommunikationswege zwischen beiden Gruppen be-trifft.

Eine gemeinsam entwickelte Strategie für dieFreiwilligenarbeit, geklärte Zuständigkeiten,festgelegte Informations- und Kommunikations -wege zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligensowie ein funktionierendes Betreuungssystem bereiten den Boden für eine professionelle und erfolgreiche Zusammenarbeit.

Trotz der unterschiedlichen Interessenlagen und Motive und den damit zusammenhängen-den Erwartungen der einzelnen Akteure an die gemeinsame Arbeit, kann durch folgende Vor-gehensweise der Boden für eine professionelle und erfolgreiche Zusammenarbeit in der Or-ganisation bereitet werden:

Eine Organisationskultur, die Freiwilligenarbeitwertschätzt und als integralen Bestandteil derArbeit der Organisation betrachtet

Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Hauptamtlichen und Freiwilligen isteine Organisationskultur, die den Wert der Freiwilligenarbeit zu schätzen weiß und diese alsintegralen Bestandteil der Arbeit der Organisation betrachtet. Ein gemeinsam mit den Verant-wortlichen entwickeltes Leitbild für den Umgang mit Freiwilligen in der Organisation, das ge-wachsene Strukturen mit berücksichtigt, bildet hierfür die Grundlage und kann bereits mög-liche Ängste und Vorbehalte ausräumen.

Klarheit und Transparenz über Aufgaben,Einsatzbereiche sowie über Rechte undPflichten von Hauptamtlichen und Freiwilligen

Für die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen ist es zudem entscheidend,unnötige Konkurrenz zu vermeiden und Verbindlichkeiten und Verlässlichkeiten für beide Sei-ten aufzubauen. Bereits im Vorfeld der Anwerbung von Freiwilligen sollte deshalb eine klareArbeitsteilung vorgenommen werden mit abgegrenzten Zuständigkeiten, Verantwortungsbe-

„Das Verhältnis von haupt- undehrenamtlich Tätigen muß trans-parent, sowohl abgrenzend (spezifisch) als auch im Verhältniszueinander (komplementär),definiert und möglichst in Tätig-keitsprofilen beschrieben sein.“

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürgerengagement (Option BE)

„Schaut man sich heute Leitbil-der von NPOs an, kommen Frei-willige darin kaum oder oft nichtangemessen vor. Wenn manaber freiwilliges Engagement alseigenwertigen Bestandteil derZielerreichung von Organisatio-nen ernst nehmen möchte, dannsollte dies auch im Selbstver-ständnis und in der zugrunde -liegenden Mentalität der Organisation sicht- und fühlbarzum Ausdruck kommen.“

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„Wir haben vierteljährlich Mitar-beiter- und Freiwilligenversamm-lungen, aber wir sind auch einbisschen streng mit unseren Frei-willigen. Wir entlassen Freiwil-lige, wenn sie z.B. fremdenfeind-liches Verhalten zeigen oder sichselbst die Taschen vollmachen.“

Edeltraut Graeßner, Vorsit-zende des Landesverbands derTafeln in Niedersachsen und Bremen e.V.

reichen und Aufgaben. Die jeweiligen Aufgabenbereiche müssen zudem genau definiert undentsprechend kommuniziert werden, damit sowohl hauptamtliche als auch freiwillige Mitar-beiterInnen wissen, was auf Sie zukommt.

Für eine sich gegenseitig bereichernde Zusammenarbeit gilt es zudem sich gegenseitig ken-nen zu lernen, die Erwartungen abzuklären und zu vereinbaren, an welchen Stellen man mit-einander kooperiert und welche Regeln der Zusammenarbeit und gegenseitigen Informationgelten.

In sogenannten Erstgesprächen, wenn sie auf gleicher Augenhöhe stattfinden, können Haupt-amtliche und Freiwillige Sicherheit für die gemeinsame Zusammenarbeit gewinnen, indem:

• unterschiedliche Erwartungen und Interessen miteinander abgeklärt und Aufgaben-bereiche ggf. angepasst werden,

• die klare Teilung der Aufgaben und Verantwortungsbereiche zwischen der Hauptamt-lichen- und Freiwilligenarbeit transparent gemacht wird,

• gemeinsam Qualitätsmerkmale der Arbeit festgelegt werden,

• Rechte und Pflichten beider Seiten aufgezeigt und festgelegt werden („Was kann derFreiwillige von der Organisation erwarten?”, „Was wird vom Freiwilligen erwartet?“),

• gemeinsame Informations- und Kommunikationswege vereinbart werden und

• Mechanismen für eine konstruktive und lösungsorientiert geführte Auseinandersetzun-gen besprochen werden.

Es ist empfehlenswert die besprochenen und abgestimmten Punkte in einer Engagementver-einbarung, die im gegenseitigen Einvernehmen ausgehandelt und individuell gestaltet wer-den muss, festzuschreiben. Eine solche Engagementvereinbarung schafft Sicherheit und Ver-bindlichkeit und ist Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Beispiel für eine Engagementvereinbarung

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Quelle: Aus einer Zusammen stellung für die ehrenamtliche Arbeit des Caritasverbands Rhein-Sieg e.V.

Konstante unterstützende Begleitung der Freiwilligen

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Freiwil-ligen ist der Aufbau eines Betreuungssystems. Hauptamtlichen MitarbeiterInnen muss ein Zeit-kontingent für die professionelle Organisation der Zusammenarbeit mit Freiwilligen eingeräumtwerden. Es gilt Freiwillige für ihr Engagement zu befähigen und sie während ihres Engage-ments unterstützend zu begleiten. Hierzu zählen u.a.:

• das Führen eines Erstgespräches und die Feststellung der Passung,

• eine professionelle Einarbeitung (Vorstellung des Leitbilds, der Ziele, Arbeitsweisen, Struk-turen, Regeln und der MitarbeiterInnen der Organisation, Kennenlernen der Tätigkeit,notwendige Qualifikationsmaßnahmen),

• die Unterstützung von Freiwilligen bei der Erfüllung der Aufgaben (Bereitstellung vonInfrastruktur, schnelle Antworten bei Fragen, Abhilfe bei Problemen, einfacher Zugangzu benötigten Ressourcen),

• regelmäßige Feedback- /MitarbeiterInnengespräche (Lob, Anerkennung, konstrukti-ve Kritik),

• das Heranführen von Freiwilligen an bestehende Strukturen in der Organisation,

• eine Kultur der Wertschätzung und Anerkennung,

• das Aufzeigen von Partizipationsmöglichkeiten,

• das Erkennen von Entwicklungspotenzialen, die Förderung von Kompetenzen Freiwil-liger und

• wenn notwendig, die Bereitschaft der Organisation ggf. Tätigkeitsbereiche hauptamt-licher Arbeit umzustrukturieren.

Werden diese Aspekte berücksichtigt, mögliche Beziehungs-Dynamiken offen angesprochenund auftretende Unstimmigkeiten auf konstruktive Art und Weise gelöst, ist der Weg für ei-ne erfolgreiche Zusammenarbeit von Hauptamtlichen und Freiwilligen geebnet und Freiwilli-genarbeit wird in der Organisation nicht als Konkurrenz und störend, sondern als Sahnehäub-chen hauptamtlicher Arbeit wahrgenommen.

„Nicht nur die AWO, alle Organi-sationen müssen hauptamtlichesPersonal wie AnsprechpartnerIn-nen und KoordinatorInnenbereitstellen, die für diese verän-derten Bedingungen ausgebildetsind und einen geschulten Blickbesitzen.“

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

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Nicht nur Organisationen son-dern auch ganze Kommunenkönnen Rahmenbedingungenschaffen, die bürgerschaftlichesEngagement fördern. Die Nürtin-ger „3 Ws“ der Anerkennungwerden ausführlicher beschrie-ben in: Broschüre „NürtingerAnerkennungskultur“, Quelle:Stadt Nürtingen, unter:www.buergerorientierte-kommune.de (-> Best Practices -> Anerkennungskultur)

„Zirka 40 Prozent der NürtingerBürgerInnen engagieren sich.Eine angemessene Anerken-nungskultur, die in Nürtingen mitHilfe der ‘Nürtinger 3 Ws’ (Wert-schätzung, Würdigung und Wei-terbildung) praktiziert wird, hatfür die Nachhaltigkeit in derZusammenarbeit mit Engagierteneinen sehr hohen Stellenwert.“

Otmar Heirich, Oberbürger-meister der bürgerorientiertenKommune Nürtingen

Weitere Informationen zu derbürgerorientierten KommuneNürtingen finden Sie unter:

www.nuertingen.de/engagement

Praxis-Tipp:

Es gibt neben der Ehrennadelviele Formen der persönlichenWertschätzung und Anerken-nung, die in der täglichenZusammenarbeit Anwendungfinden können. Beispiele hierfürfinden Sie in:

„101 Möglichkeiten Danke!zu sagen“ der Freiwilligen -agentur Bremen, unter:

http://seminare.fes-online-akademie.de/send_file.php/dokumente/sem_109/Danke.pdf

Eine Kultur der Anerkennung innerhalb der Organisation ist entscheidend für die Motivationund das dauerhafte Engagement von Freiwilligen in der Organisation.

Die Form der Anerkennung ist abhängig von derMotivation des Einzelnen, sich einzubringen.

Es gibt jedoch kein Patentrezept oder die einzig wahre Lösung. Freiwillige engagieren sich ausganz unterschiedlichen Motiven – häufig aus einer Kombination altruistischer und selbstbe-zogener Motive heraus. Sie haben ihre eigenen Vorstellungen, Wünsche, Ziele und ihr eige-nes Verständnis für eine gute Zusammenarbeit, die es für Organisationen zu berücksichtigengilt. Ein Gespür für die Eigenmotivation der Freiwilligen ist deshalb Voraussetzung für eine an-gemessene Anerkennung. Organisationen müssen ihre Freiwilligen gut kennen und dement-sprechend angemessene Formen der Wertschätzung und Anerkennung etablieren.

Persönliche Anerkennung und die Vermittlungdes „Gebrauchtwerdens“ ermöglichen denAufbau Emotionaler Bindungen des Freiwilligenan die Organisation.

Neben einer sinnstiftenden, herausfordernden und an den Bedürfnissen der Freiwilligen ori-entierten Engagementmöglichkeit sowie passenden von der Organisation bereitgestellten Rah-menbedingungen für das Engagement (z.B. Infrastruktur, Versicherungsschutz, Fortbildung,Partizipations- und Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Organisation) geht es insbesonde-re auch darum, Freiwilligen im täglichen Umgang zu vermitteln und vorzuleben, dass sie einwichtiger Teil der Organisation sind. Freiwillige wollen das Gefühl haben, dass sie gebrauchtwerden und sowohl ihre Arbeit anerkannt als auch sie als Personen in der Organisation ge-schätzt werden.

Ein wertschätzender Umgang miteinander und eine gelebteKultur der Anerkennung, die Freiwillige in ihrem Engagementanerkennt, fördert und unterstützt, stärkt freiwilliges Engage-ment innerhalb der Organisation sowie die Organisation selbst.

Motivation und Anerkennungskultur in der Arbeit mit Freiwilligen

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Impulsgeber

Werner Zimmer-Winkel-mann: Er ist Geschäftsführervon Quest network und MuP-Trainer. Seit 1990 berät undbegleitet er Personal- undOrganisationsentwicklungspro-jekte, u.a. in Verbänden undGewerkschaften. Seine The-menschwerpunkte sind Organi-sationsveränderung, Projekt-management und Gruppendy-namik.

Um Freiwilligen diese Art von persönlicher Anerkennung zu zeigen, gilt es folgende Aspektezu berücksichtigen:

Gute Betreuung und regelmäßigeKommunikation auf Augenhöhe

Es gilt in regelmäßigen Feedback-, MitarbeiterInnen- und Teamgesprächen Freiwillige wäh-rend ihres Engagements ausreichend zu informieren und unterstützend zu begleiten. In die-sem Zusammenhang ist es wichtig, eine offene Kommunikationskultur zu etablieren sowie ei-ne Gesprächskultur aufzubauen, in der Ängste und Unsicherheiten offen angesprochen wer-den können. Um dies gewährleisten zu können muss es eine/n Verantwortliche/n für die Be-treuung der Freiwilligen (eine/n Freiwilligen-KoordinatorIn) geben.

Die Weiterentwicklung der Freiwilligen fördern

In regelmäßigen Feedback- und Entwicklungsgesprächen sollten Freiwilligen-Koordinatorenerfragen, ob das Tätigkeitsfeld für die Freiwilligen noch interessant genug ist, ob es konkreteWünsche nach Weiterentwicklung gibt und ihnen darauf aufbauend aufzeigen, welche Per-spektiven und Entwicklungen für sie in der Organisation möglich sind. Förderung von Weiter-entwicklung bedeutet aber auch Freiräume innerhalb der Aufgabe zuzulassen und Freiwilli-gen Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen.

Den Freiwilligen etwas zutrauen und sie inOrganisationsprozesse mit einbinden

Es gilt Freiwilligen aufzuzeigen, dass man ihnen vertraut und bereit ist Verantwortung an siezu übertragen. Das beginnt mit der gemeinsamen Abstimmung zwischen Freiwilligen und Haupt-amtlichen, wenn es um die Erstellung und Änderung von Freiwilligenaufgaben geht und kannbis hin zur Einbeziehung der Freiwilligen in Entscheidungsprozesse der Organisation durch ver-schiedene Mitbestimmungs- und Partizipationsmöglichkeiten reichen. Voraussetzung hierfürist allerdings, dass Hauptamtliche auch bereit sind Verantwortung abzugeben.

Räume für Begegnungen ermöglichen und so etwas wie Heimat schaffen

Viele Freiwillige haben neben ihrem Engagement das Bedürfnis nach Kontakten, Erlebnissenund zusätzlichen Erfahrungen innerhalb der Organisation. Organisationen sollten diesen Be-dürfnissen z.B. durch die Schaffung von Räumen für Begegnung (Ausflüge, gesellige Feste,Veranstaltungen), die dem Austausch und der Vernetzung der Organisationsmitglieder die-nen, entgegen kommen, da dies die emotionale Bindung der Mitglieder an die Organisationfördert.

Der Freiwillige als Mensch zählt

Freiwilligen sollte ebenfalls vermittelt werden, dass sie auch als Mensch von der Organisationgeschätzt werden. Das kann dadurch geschehen, dass sich Verantwortliche in der Organisa-tion Zeit für echte Kommunikation mit den Freiwilligen nehmen, ein offenes Klima für das Ei-gentliche herrscht und Freiwilligen mit kleinen Aufmerksamkeiten (persönliche Gespräche, Kar-ten ...) z.B. zum Geburtstag, zu Weihnachten oder für langjährige Mitarbeit gezeigt wird, dasssie zur „Familie“ der Organisation gehören.

Da Freiwillige keine finanziellen Anreize für ihr Engagement erhalten, geht es vor allem umden Aufbau emotionaler Bindungen des Freiwilligen zur Organisation. Ein wertschätzenderUmgang miteinander und eine gelebte Kultur der Anerkennung tragen entscheidend dazu beiund ermöglichen, dass Freiwillige sich besser mit den Zielen und Anliegen der Organisationidentifizieren.

„Die Kommune Nürtingen hatseit 1991 eine Geschäftsstelle fürBürgerengagement mit einemHauptamtlichen eingerichtet, diesich ausschließlich dem Struktur-aufbau von bürgerschaftlichemEngagement widmet. DieseGeschäftsstelle fungiert alsAnsprechpartner für Freiwillige,verfügt über Kontakte zum hiesi-gen Gemeinderat und führtsogenannte Sozialkonferenzendurch, so dass eine Schnittstel-lenfunktion strukturell geschaf-fen wurde.“

Otmar Heirich, Oberbürger-meister Nürtingen

„In der Alltagssprache des Frei-willigen-Managements findensich oft Analogien zur Arbeits-welt. Das passt m.E. nicht. Frei-williges Engagement ist ein Wertan sich, dessen Merkmal u.a.auch die Freiwilligkeit ist. Freiwil-ligkeit ist hier nicht nur gemeintals Chance auf Auswahl, sondernals Möglichkeit zur Selbstbestim-mung. Viele Freiwillige wollenz.B. gut vorbereitet sein und qua-lifiziert handeln können, aberbewußt Laien bleiben und nichtSemi-Professionelle sein unddazu geschult werden. DiesenEigensinn der Engagierten gilt esim Freiwilligen-Management zuerkennen und zu unterstützen.“

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bür-gerengagement (Option BE)

„Wir bieten auch den Raum, dass Freiwillige zu anderen Freiwilligen Kontakt finden.“

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

„Unsere Ehrenamtlichen bei denTafeln sind in sämtliche Prozessemit eingebunden. Wir haben dieEhrenamtlichen z.B. auch an derEntwicklung eines gemeinsamenLeitbilds beteiligt.“

Edeltraut Graeßner, Vorsit-zende des Landesverbands der Tafeln in Niedersachsen undBremen e.V.

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„Auf der MuP-Fachtagung habendie TeilnehmerInnen viel überkurzfristiges Engagement gespro-chen, aber es geht auch darum,eine Bindung herzustellen.Immer wieder neue Menschen zu mobilisieren ist für die ver-schiedenen Organisationen zu aufwändig. Es geht alsodarum eine Kultur zu schaffen, in der Einzelne natürlich kommenund gehen können, aber ebennicht permanent.“

Brigitte Kemphens, K2. agen-tur für kommunikation, Bonn

Dauerhafte Bindung von Freiwilligen kann nur gelingen, wenn professionelles Freiwilligen-Ma-nagement Hand in Hand geht mit einer Organisationskultur, die von Anerkennung und Ak-zeptanz geprägt ist.

Verschiedene Elemente sind neben einer guten Vorbereitung der Freiwilligenarbeit in der Or-ganisation grundlegend für ein nachhaltiges Freiwilligen-Management und somit für die dau-erhafte Einbindung von Freiwilligen.

Eine wertschätzende anerkennendeOrganisationskultur

Die Organisationskultur sollte neben einem wertschätzenden Umgang miteinander, Freiwilli-gen ermöglichen, sich selbst in der Organisation wiederzufinden, sie mit zu gestalten und sichin ihr weiterzuentwickeln. Das erfordert von Seiten der Organisation eine gewisse Offenheitund eine wohlwollende, aufgeschlossene Haltung gegenüber Anregungen von Freiwilligenaber auch gegenüber der zum Teil habitualisierten Arbeitsabläufe. Freiwillige müssen sich zu-dem – und das gehört ebenfalls zu einer guten Organisationskultur dazu – ohne moralischenZwang von der Organisation verabschieden können und einen wertschätzenden Abschied er-fahren.

Funktionierende Modelle der Zusammenarbeitzwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen

Eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen ist Ba-sis für eine dauerhafte Bindung der Freiwilligen an die Organisation. Diese kann z.B. durch ei-ne kooperative Zusammenarbeit gelingen, in der Hauptamtliche und Freiwillige gemeinsamaber mit klar aufgeteilten und voneinander abgegrenzten Aufgaben und selbstverantwortlichan einem Projekt arbeiten.

Eine andere Variante ist das eigenständige Modell, bei dem Freiwilligen ihre eigenen Projek-te entwickeln und durchführen, die Organisation sie jedoch, was Wissen, Ressourcen und In-frastruktur betrifft, unterstützt.

Freiwillige über einen langen Zeitraum zu halten heißt, sie immer wieder für eine Mitarbeit zu begeistern.

Professionelle Organisation dauerhafter Mitwirkung vonFreiwilligen. Ein Resümee.

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Impulsgeberin

Anneke Gittermann: Sie istGeschäftsführerin des Freiwilli-gen-Zentrums Kassel und Pro-jektleiterin des „Kasseler Frei-willigentag“. Seit 2007 arbeitetsie für die Beratungsgesell-schaft für Bürgerengagement(OptionBE) und berät undbegleitet als zertifizierte Freiwil-ligenkoordinatorin NPOs imBereich Freiwilligenmanage-ment.

„Wenn ich mich darauf einlasse,mit Freiwilligen zu arbeiten, hatdas zur Konsequenz, dass ich inder Organisationsentwicklung inmeiner eigenen OrganisationVeränderungen vornehmenmuss. Freiwillige bringen etwasNeues mit, bringen neue The-men, neue Sichtweisen undeinen kritischen Blick auf unserehauptamtliche Arbeit mit. UnsereOrganisatoren müssen sich dar-auf einstellen und sich dement-sprechend verändern.“

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

Bei jeglicher Form der Zusammenarbeit ist darauf zu achten, dass Klarheit und Transparenzüber Aufgaben und Einsatzbereiche von Hauptamtlichen und Freiwilligen besteht, dass eineklare Arbeits- und Verantwortungsteilung sowie Rechte und Pflichten festgelegt und gemein-sam Kommunikations- und Informationswege vereinbart werden.

Attraktive an den Bedürfnissen der Freiwilligenorientierte Aufgaben

Freiwillige sind keine Lückenbüßer. Grundsätzlich geht es darum, sich als Organisation in dieLage derer zu versetzen, die für aktives Engagement dauerhaft motiviert werden sollen undihnen – je nach Bedarf der Organisation – an ihren Bedürfnissen und Interessen orientierteherausfordernde Aufgaben zu ermöglichen, an denen sie selbstverantwortlich und projekt-orientiert arbeiten können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Verantwortliche in Organi-sationen auch bereit dazu sind, solche Aufgaben und somit auch Verantwortlichkeiten abzu-geben.

Quelle: Flipchart von Anneke Gittermann aus dem MuP-Fachtagungsworkshop „Organisation dauerhafterMitwirkung”

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„Das A und O des Freiwilligen-Managements ist der Perspektiv-wechsel. Auch wenn’s schwerfällt, sollten Organisationen nichtauf ihre (vordergründigen)Bedürfnissen fixiert sein. Sondernsich in die Lage derer versetzen,die sie für eine aktive Mitarbeitdauerhaft motivieren wollen:Was bieten wir Freiwilligen aninteressanten und herausfordern-den Aufgaben? Warum solltensich ausgerechnet für unsereOrganisation jemand engagie-ren?“

Anneke Gittermann,Geschäftsführerin des Freiwilli-genZentrums Kassel

„Institutionen, in denen sowohlEhrenamtliche als auch Haupt-amtliche tätig sind, müssen denUmgang miteinander und dasVerhältnis zueinander neu gestal-ten. Aus- oder aufgebaut werdenkönnten (mehr) eigenverantwort-liche und autonome, aber pro-fessionell unterstützte Gelegen-heits-Strukturen für Engagement-bereite.“

Heinz Janning, Leiter der Bera-tungsgesellschaft  für Bürgeren-gagement (Option BE)

„Ich glaube wir Tafeln haben esam einfachsten. Jeder kann denSinn erkennen.“

Edeltraut Graeßner, Vorsit-zende des Landesverbandes derTafeln in Niedersachsen und Bre-men e.V.

Die Vermittlung des Sinns und der Ziele der Freiwilligen-Tätigkeit

Ein wichtiger Grund für viele Freiwillige sich zu engagieren ist etwas Gutes für die Gesellschaftzu tun. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, Freiwilligen immer wieder die Sinn-haftigkeit ihres Tuns zu vermitteln und ihnen aufzuzeigen, welcher Vision die Organisation folgtund an welchem großen Ganzen sie mitarbeiten. Nur wenn Freiwillige einen Sinn in ihrer Ar-beit erkennen, ist zum einen Verständnis dafür da, auch dazugehörende weniger attraktiveTätigkeiten zu erledigen, und sich auch dauerhaft für die Organisationsziele einzusetzen.

Die Schaffung von Gestaltungs- und Entwicklungsräumen

Wollen Organisationen Freiwillige auf Dauer binden, müssen sie deren Entwicklungswünscheberücksichtigen, denn Menschen und ihre Lebensumstände verändern sich. Sie brauchen, ummotiviert bei der Sache zu bleiben, immer wieder einmal neue Aufgaben, möchten andereSchwerpunkte setzen und gefordert werden. Organisationen, in denen eine Organisations-kultur herrscht, in der Unzufriedenheit und Weiterentwicklungswünsche z.B. in regelmäßigenEntwicklungsgesprächen geäußert werden können und ernst genommen werden, und in de-nen die individuelle Weiterentwicklung von Freiwilligen mitgedacht und gefördert wird, wer-den erfolgreicher sein, wenn es darum geht Freiwillige zu „halten“.

Der Aufbau einer emotionalen Bindung

Die emotionale Bindung von Freiwilligen zur Organisation ist eine entscheidende Komponen-te, wenn man Freiwillige dauerhaft in der Organisation halten möchte. Wenn sich Freiwilligemit den Werten und Zielen der Organisation identifizieren und Spaß an ihrem Engagementhaben, wenn sie in Kontakt sind und ihre Arbeit Wertschätzung erfährt, ist das eine wichtigeVoraussetzung für die Schaffung von Verbundenheit. Wenn die Organisation Freiwilligen dar-über hinaus aufzeigt, dass sie auch als Mensch für die Organisation zählen, dass sie Freiwilli-ge und ihre Ideen ernst nimmt und sie mit einbezieht in alle wesentlichen Entscheidungspro-zesse der Organisation, dann sind das weitere wichtige Aspekte, um emotionale Bindung vonFreiwilligen zur Organisation zu fördern.

Ein Verantwortlicher mit Zeitbudget – einen Kümmerer

Die bisher aufgeführten Punkte für die dauerhafte Einbindung von Freiwilligen zeigen vor al-lem eins: Es muss eine zuständige Person geben – einen gut qualifizierten mit entsprechen-dem Zeitbudget ausgestatteten Kümmerer oder Freiwilligenkoordinator, der/die für die Um-setzung des Freiwilligen-Managements in der Organisation und für die kontinuierliche Betreu-ung der Freiwilligen verantwortlich ist. Er /sie fungiert u.a. als Ansprechpartner für Freiwilligeund sorgt dafür, dass ihnen wichtige Informationen zugänglich gemacht werden. In regelmä-ßigen MitarbeiterInnengesprächen gibt er / sie ihnen konstruktives Feedback und wertschätztsie und ihre Arbeit, erkennt Veränderungswünsche und Weiterentwicklungspotenzial und zeigtFreiwilligen Perspektiven auf. Ein Freiwilligenkoordinator fungiert aber auch als Konfliktmana-ger und kann durch einen professionellen Umgang mit den Freiwilligen die so wichtige emo-tionale Bindung von Freiwilligen zur Organisation aufbauen.

Wenn Organisationen ein professionelles Freiwilligen-Management unter Berücksichtigung dergenannten Aspekte etablieren und in regelmäßigen Abständen die Evaluationsergebnisse vonFreiwilligenarbeit in ihre Arbeit im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozess einflie-ßen lassen, kann eine dauerhafte Bindung von Freiwilligen an die Organisation gelingen. Insolchen Organisationen treffen Freiwillige auf gute Rahmenbedingungen und Strukturen, dieihnen genug Sicherheit geben und signalisieren: für diese Organisation ist meine Arbeit ech-te Chefsache. Auf der anderen Seite lässt die wertschätzende Haltung den Freiwilligen genü-gend Freiheit, den eigenen Platz innerhalb der Organisation zu bestimmen, sich auszuprobie-ren, sich weiter zu entwickeln und ohne Reue Abschied zu nehmen, mit der Option auf eineWiederkehr.

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„Die Förderung freiwilliger Mitar-beit muß durch finanzielle undpersonelle Investitionen unter-mauert werden. Ehrenamtlichewollen zwar keine Bezahlung,aber sie wollen auch nicht unbe-dingt noch Geld mitbringen(Auslagenerstattung, etc.), siewollen unter gesicherten Verhält-nissen tätig sein (Versicherung),aber mehr noch: Sie wollen ein-geführt und begleitet werden,Fortbildungen zur persönlichenund fachlichen Unterstützungnutzen und auf eine fachlich und persönlich qualifizierte undzuständige Ansprechpersonzurückgreifen können.“

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürger-engagement (Option BE)

„Mitarbeiterbindung heißt nichtMitarbeiter’gängelung’. Freiwil-lige ernst zu nehmen bedeutet,sie mit einzubeziehen in allewesentlichen Entscheidungs -prozesse der Organisation. Ihnen die Möglichkeit zu eröffnen,sowohl Ziele als auch Inhaltebeeinflussen zu können. IhreIdeen aufzugreifen und derenUmsetzung zu ermöglichen.Geht nicht, gibt’s nicht! In denNiederlanden bezeichnet mandas als ‘Ja-Kultur’.“  

Anneke Gittermann,Geschäftsführerin des Freiwilli-genZentrums Kassel

1 Professionelles Freiwilligen-Management geht ganz still und leise.

Um Freiwilligen-Management nachhaltig in einer Organisation zu verankern, braucht es eineintensive Phase, in welcher über das eigene Selbstverständnis und Leitbild bzgl. der Freiwilli-genarbeit in der Organisation ganzheitlich diskutiert wird. Um eine breite Akzeptanz für Frei-willigenarbeit zu sichern und erforderliche Strukturanpassungen in der Organisation vorzuneh-men, ist neben der internen Kommunikation mit allen Beteiligten die vorbehaltlose Zustim-mung der Führungsebene Grundvoraussetzung.

2 Freiwilligen-Management geht nur in kleinen Organisationen.

Erfolgreiches Freiwilligen-Management, das sich an den veränderten Bedürfnissen und Moti-ven von Freiwilligen ausrichtet, kann in jeder Non-Profit-Organisation verankert werden. Ins-besondere Großorganisationen wie Gewerkschaften, Parteien oder Wohlfahrtsverbände müs-sen Strategien entwickeln, wie sie sowohl projektzentrierte und zeitlich begrenzte Engage-mentmöglichkeiten schaffen als auch bereits gewachsene Engagementstrukturen berücksich-tigen können. Hier gilt es über Rahmenkonzepte nachzudenken, welche dauerhaftes Enga-gement sinnvoll mit innovativen Projekten in Verbindung bringen und eine Einbindung neu-er Formen in traditionelle Strukturen ermöglichen.

3 Die Gewinnung von Freiwilligen ist das Wichtigste.

Neue Freiwillige zu rekrutieren und für die eigene Organisation zu mobilisieren ist nicht dererste Schritt in einem Prozess nachhaltigen Freiwilligen-Managements. Um den Grundsteinfür eine gewinnbringende und dauerhafte Zusammenarbeit mit Freiwilligen zu legen, müssenzuallererst Organisationsstruktur und -kultur hinterfragt und ggf. angepasst werden: Ist dasHaus gerichtet? Ist geklärt, welchen Stellenwert Freiwillige in der Organisation haben? Sindgenügend finanzielle und personelle Ressourcen bereit gestellt? Ist festgelegt, ob und wennja, welche Aufgaben Freiwillige mit ihren Kompetenzen vor allem auch in Abgrenzung zu denHauptamtlichen übernehmen sollen? Sind Organisationsstrukturen und -kultur so ausgerich-tet, dass Freiwillige willkommen geheißen und unterstützt werden können?

4 Das Wichtigste in Organisationen sind zahlende Mitglieder.

Zahlende Mitglieder sind in vielen Organisationen eine wichtige Basis für die Organisations-arbeit. Dennoch sind viele gemeinnützige Organisationen ebenfalls auf die Unterstützung ge-rade auch von Nichtmitgliedern angewiesen, die sich mit ihrem Engagement in die Organisa-tion einbringen. Hinzu kommt, dass das Potenzial vieler Freiwilliger aber auch von Mitgliedern,die die Organisation aktiv durch ihr Engagement unterstützen würden, noch lange nicht aus-geschöpft ist. Für Organisationen gilt es deshalb, sich auf die veränderten Rahmenbedingun-gen von Freiwilligen-Engagement einzustellen und mit u.a. zeitlich befristeten, attraktiven, anden Bedürfnissen der Freiwilligen und Mitgliedern orientierten Engagementangeboten auchdiese Interessierten ins Engagement zu bringen. Hat man als Freiwilliger sein Engagement inder Organisation als attraktiv erlebt, ist auch der Weg zu einer Mitgliedschaft geebnet.

Die 10 Mythen des Freiwilligen-Engagements

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5 Freiwillige passen sich der Organisation an.

Zweifelsohne müssen Freiwillige als Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit das Leitbild unddie Ziele einer Organisation teilen. Aber es gilt nicht nur zu fragen, welche Freiwilligen zu ei-ner Organisation passen. Gleichzeitig muss vor der Ansprache der Freiwilligen auch die Fragegestellt werden: Inwieweit passen die Angebote der Organisation zu den Bedürfnissen undWünschen von Freiwilligen und was kann die Organisation diesen bieten? Eine solche Reflek-tionsphase dient dann der Vorbereitung und Konzeption von Engagementangeboten, die so-wohl der Organisation wichtige Aufgaben zu lösen hilft als auch an den individuellen Kom-petenzen des Einzelnen ansetzt. Inwiefern Organisation und Freiwillige zu einander passen istdann das zentrale Thema im Erstgespräch.

6 Freiwillige machen Arbeit, die kein anderer in der Organisation machen will.

Freiwillige sind keine Lückenbüßer. Die Zeiten, in denen sie ohne Murren alle ihnen zugeteil-ten Aufgaben erledigt haben, sind vorbei. Freiwillige wollen nach ihren Bedürfnissen und Fä-higkeiten eingesetzt werden, auf Augenhöhe mit Hauptamtlichen zusammenarbeiten und sichgleichzeitig im Engagement persönlich weiterentwickeln und Spaß dabei haben. Darauf müs-sen sich Organisationen einstellen und dafür sorgen, dass das Engagement gewinnbringendsowohl für den Freiwilligen als auch für die Organisation gestaltet ist.

7 Freiwilligen-Engagement ist umsonst.

Freiwilligenarbeit ist weder umsonst noch kostenlos. Auch wenn Freiwillige ihre Arbeitskraftunentgeltlich zur Verfügung stellen, gilt es diese einzuarbeiten, sie mit Fortbildungsmaßnah-men im Hinblick auf ihre Aufgaben vorzubereiten, sie während ihres Engagements unterstüt-zend zu begleiten, ausreichend zu versichern und Auslagen wie z.B. Fahrgeld zu erstatten. Fürdie Verankerung eines professionellen Freiwilligen-Managements in der Organisation sind so-mit sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen bereit zu stellen.

8 Freiwillige sind alle gleich.

Für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Freiwilligen gibt es kein Patentrezept. Das Engage-ment ist immer multimotiviert, so dass Organisationen sich auf den Einzelnen einstellen müs-sen, um individuell auf ihn eingehen zu können, ihn angemessen zu wertschätzen und Aner-kennung zu schenken, aber auch um Entwicklungspotenziale des Einzelnen für die Organisa-tion zu erkennen. Um dies gewährleisten zu können und Freiwillige kontinuierlich zu betreu-en sind deshalb Ansprechpartner – so genannte „Kümmerer“ – ein zentrales Element für dieerfolgreiche Zusammenarbeit.

9 Freiwillige müssen in Watte gepackt werden.

Freiwillige müssen Wertschätzung und Anerkennung erfahren, aber auch konstruktive Kritikannehmen können. Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist immer auch das Einhaltenvon Vereinbarungen mit Rechten und Pflichten für die Organisation und für die Freiwilligen.Deshalb ist es wichtig von Beginn an gemeinsam klare Regeln für die Zusammenarbeit z.B. ineiner Engagementvereinbarung festzuhalten. Auf dieser Grundlage können dann sowohl Frei-willige ihre Rechte einfordern als auch Organisationen negative Rückmeldungen geben, Ver-stöße sanktionieren oder gar Freiwillige entlassen, die durch ihr Verhalten die Tätigkeiten ei-ner Organisation negativ beeinflussen.

10 Die Ehrennadel hat ausgedient.

Der Einkaufsgutschein verdrängt die Jubilars- und Ehrennadeln genauso wenig wie den Blu-menstrauß. Freiwillige engagieren sich aus jeweils ganz unterschiedlichen Motiven heraus, sodas dementsprechend unterschiedliche Anerkennungsinstrumente notwendig sind. Die Schaf-fung neuer Engagementstrukturen darf nicht bestehende Strukturen und Kulturen ersetzen.Neue und alte Formen des Engagements genau wie die Art ihrer Wertschätzung müssen ne-beneinander und miteinander existieren können.

Wir danken:

Unseren Unterstützern in der Vorbereitung der Fachtagung

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürger -engagement (Option BE)

Markus Römer, Leiter der Abteilung Bildung / Weiterbildung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Unseren Referentinnen und Referenten der Fachtagung

Frank Czwikla, zertifizierter AWO-Freiwilligen-Manager

Anneke Gittermann, Geschäftsführerin des FreiwilligenZentrums Kassel

Barbara Helberg-Gödde, zertifizierte AWO-Freiwilligen-Managerin

Heinz Janning, Leiter der Beratungsgesellschaft für Bürger -engagement (Option BE)

Erika Weber, freie Journalistin, Trainerin und Beraterin

Werner Zimmer-Winkelmann, Geschäftsführer von Quest network

Unseren Gästen der abschließenden Gesprächsrunde

Edeltraud Graeßner, Vorsitzende des Landesverbands der Tafeln in Niedersachsen und Bremen e.V.

Otmar Heirich, Oberbürgermeister der bürgerorientierten Kommune Nürtingen

Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fachtagung Freiwilligen-Engagement professionell gestalten vom 19.11.2009, die sich mit ihren Erfahrungen und Ideen mit eingebracht haben.

Vom „Wandel im Ehrenamt“ zur profes-sionellen Gestaltung von Freiwilligen-Management

Wissenschaftliche Befunde zum Thema Freiwilligen-Engagement in Deutschland:

Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend: Informationenzum 3. Freiwilligensurvey(1999-2009), unter:www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Enga-gementpolitik/buergerschaftli-ches-engagement.html

Thomas Gensicke, Sibylle Picot,Sabine Geiss: Freiwilliges Engagement in Deutsch-land 1999–2004: Ergebnisseder repräsentativen Trend -erhebung zu Ehrenamt, Freiwil-ligenarbeit und bürgerschaftli-chem Engagement, durchge-führt im Auftrag des: Bundes-ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, München 2005, unter: www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Engagementpolitik/buergerschaftliches-engagement.html

Konkrete Handlungsempfeh-lungen für ein professionellesstrategisches Freiwilligen-Management in NPOs:

Carola Reifenhäuser, Sarah G.Hoffmann, Thomas Kegel:Freiwilligen-Management.Augsburg 2009.

Sehr praxisnahe Handreichungfür die Gestaltung der Frei -willigenarbeit in gemein -nützigen Organisationen:

Paritätischen Akademie (Hg.):Toolbuch Handreichung für das Ehrenamtsmana -gement – Arbeit mit Ehren-amtlichen, Berlin 2007, unter: http://paritaetische-akademie.de (-> Downloadcenter)

Freiwillige für ein Engagement in derOrganisation gewinnen

Hinweise, was NPOs vor derGewinnung von Freiwilligenalles bedenken und planensollten und wie Freiwilligegewonnen werden können:

Karen Sommer-Loeffen (Diako-nischen Werk Rheinland):Gewinnung von Ehren -amtlichen, ein Text auf derWebsite des Forum Senioren-werk NRW, unter: www.forum-seniorenarbeit.de (-> Schwerpunkte)

Gewinnung von Ehrenamt-lichen im DRK/ Neue For-men des Ehrenamts, unter: www.drk-zollernalb.de/intern/dokumente/GewinnungvonEhrenamtlichen.pdf

Die erfolgreiche Zusam-menarbeit mit Freiwilligen

Hier finden Sie Tipps und Modelle zur erfolgreichenZusammenarbeit zwischenHauptamtlichen und Freiwilli-gen:

Thomas Kegel: Kooperationvon Haupt- und Ehrenamt-lichen, Lernmodul Bürger-schaftliches Engagement desCentrums für Bürgerschaftli-ches Engagement, unter: www.cbe-mh.de(-> Suchwort: Lernmodule)

Peter Wattler-Kugler: Konflikte zwischen Haupt-und Ehrenamtlichen, Lernmodul BürgerschaftlichesEngagement des Centrums für Bürgerschaftliches Engage-ment, unter: www.cbe-mh.de(-> Suchwort: Lernmodule)

Motivation undAner kennungskultur in derArbeit mit Freiwilligen

Eckart Pankoke: Kulturen der Verantwortung – imWandel der Werte, Motive,Qualifikationen, Partizipa-tion verbindlichen Engage-ments, Lernmodul Bürger-schaftliches Engagement desCentrums für Bürgerschaftli-ches Engagement, unter: www.cbe-mh.de(-> Suchwort: Lernmodule)

Hannes Wezel: Anerken-nungskultur der Freiwi l -ligenarbeit: Wertschät-zung, Würdigung, Weiterbildung, unter: www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de(-> Suchwort: Anerkennungskultur)

Barbara Moschner: Altruis-mus und Egoismus - Wasmotiviert zum Ehrenamt?,Bielefeld 2000plus – For-schungsprojekte zur Region,Januar 2002, unter: www.uni-bielefeld.de(-> Suchwort: Ehrenamt)

ProfessionelleOrganisation dauerhafterMitwirkung von Freiwilli-gen. Ein Resümee.

Sehr praxisnahe Inhalte zurGewinnung und IntegrationFreiwilliger in Non-Profit-Organisationen:

Brigitte Krepl, Tobias Feurstein: Personalmana -gement in Non-Profit-Organisationen, unter: www.vorarlberg.at(-> Suchwort: Personalmanagement)

Annette Zimmer, MatthiasFreise: Personalmanage-ment in Nonprofit-Organi-sationen, in: „Wohlfahrtsver-bände im Wandel. Qualitäts-management und Professiona-lisierung“, unter: www.stiftungsverbund-westfalen-lippe.de/download/ZimmerFreise_Personalmanagement_in_NPOs.pdf

Weiterführende Informationen:


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