ZfU Fernseminar
Work-Life Balance
Aktives Selbstmanagement im Spannungsfeld
zwischen Arbeit, Familie und Freizeit
Autor
Dr. Klaus Linneweh
ZfU Core-Faculty
ZfU Fernseminar: Work-Life Balance
ZfU International Business School, Im Park 4, CH-8800 Thalwil, Tel +41 44 722 85 85, www.zfu.ch Seite 4
1 Lernziele
Als Führungs- und Fachkraft bewegen Sie sich häufig in einem Spannungsfeld zwischen
Arbeit, Freizeit und Familie:
■ Sie wollen und müssen das Unmögliche möglich machen, mehr leisten,
um im täglichen Wettbewerb zu bestehen.
■ Sie müssen die Balance halten zwischen beruflichen und familiären
Herausforderungen und wollen auch die persönlichen Interessen und das private
Beziehungsnetz nicht vernachlässigen.
Diese Fernlehrgangs-Lektion gibt Ihnen neue Ideen und Inspirationen, wie Sie Ihre
persönliche Balance im Zusammenspiel Ihrer unterschiedlichen Lebensbereiche und
Anspruchsgruppen erreichen und halten können. Sie lernen Möglichkeiten und Wege
kennen, Beruf und Privatleben miteinander ins Gleichgewicht zu bringen.
Sie erhalten zahlreiche Anregungen,
■ wie Sie Ihre individuellen Belastungen nachhaltig reduzieren können,
■ Ihr Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang bringen können,
■ Gefahrenquellen rechtzeitig erkennen,
■ Krisen und Konflikte vermeiden bzw. ihnen rechtzeitig entgegen wirken
■ und so in allen für Sie wichtigen Lebensbereichen wieder zu mehr Lebensqualität
kommen können.
Auf dieser Grundlage erarbeiten Sie ein persönliches Konzept, das Ihre individuellen
Bedürfnisse und Wünsche berücksichtigt und Sie dabei unterstützt, mehr
Lebensqualität, Leistung und Zufriedenheit zu erzielen. Sie erproben sich in einem
Balanceakt der Selbstfindung, in dem es letztlich darum geht, bedachtsam und
selbstkritisch eine neue Ordnung in das eigene Leben zu bringen, die unterschiedlichen
Komponenten des eigenen Lebens so miteinander zu integrieren und aufeinander
abzustimmen, dass Sie ein Optimum an Lebens- und Arbeitszufriedenheit und
Gesundheit erreichen. Die einmal gefundene Balance zu halten ist ein immerwährender
Prozess mit unterschiedlichen Prioritäten in den einzelnen Lebensabschnitten.
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Die wichtigste Voraussetzung für ein ausgeglichenes und glückliches Leben ist die Kunst,
sich zu entscheiden: Indem ich mich bewusst für eine stärkere Hinwendung zu einem
Bereich entscheide, werde ich auch Einschränkungen in den anderen Bereichen
akzeptieren müssen. Die Erkenntnis der Dualität, dass jedes „Ja“ zu einem Bereich auch
ein „Nein“ zu einem anderen beinhaltet, ist ein Schritt zur Akzeptanz von
Entscheidungen. Das heißt nicht, dass man auch für jeden Lebensbereich gleich viel Zeit
investieren sollte. Es geht nicht um Quantität - „das Balance- Modell lässt sich nicht
rechnerisch lösen, indem man jedem Bereich 25% der Zeit zugesteht“ - sondern um die
Qualität, die man aus seinem Zeiteinsatz gewinnt.
Die Führung der eigenen Person ist ein lebenslanger Prozess des Selbstmanagements.
Nur wer sich selbst dafür entscheidet, zu leben statt gelebt zu werden, hält das Steuer
auf seinem Lebensschiff fest in der Hand. Verpasste Gelegenheiten lassen sich nicht
zurückholen. Eine der Voraussetzungen für das Gelingen:
Sich selbst zum wichtigsten Menschen des eigenen Lebens machen, bewusst zu
entscheiden, was einem persönlich wert ist, getan zu werden. Erst dann kann man sein
Leben bewusst und eigenverantwortlich in die Hand nehmen. Die Amerikaner bezeichnen
diese balancierte Lebensgestaltung als Life-Leadership (Seiwert, Scholz, 2003).
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2 Standortbestimmung: Der Persönliche Energie-Index
Zum Start dieser Fernlektion analysieren Sie bitte anhand des folgenden Bogens Ihren
gegenwärtigen Energieindex:
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Auswertung des Energieindex:
Die Summe kann minimal –500 ergeben und maximal +500.
0 + 500- 500
sehr vielnegative Energie
sehr viel positive Energieneutral
Wie beurteilen Sie das Resultat und was möchten Sie ändern bezüglich der persönlichen
Zufriedenheit und/oder der aktiv investierten Zeit in den vier Bereichen?
A) Gesundheit
B) Familie/soziale Kontakte
C) Beruf
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D) Ideeller Bereich
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3 Das Konzept: Work-Life-Balance
3.1 Die vier Lebensbereiche
Wörtlich übersetzt ist mit dem Begriff „Work-Life-Balance“ ein Gleichgewicht bzw. ein
Zustand der Harmonie zwischen Beruf und Leben gemeint. Dabei geht es im
Wesentlichen um folgende vier Lebensbereiche, die nachfolgend beschrieben sind:
Beruf, Leistung, Erfolg Familie, Freunde, soziale Kontakte
■ Zufriedenstellende Aufgaben
■ Geld und Erfolg
■ Karrierechancen
■ Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten
■ Anerkennung
■ Familie/Partnerschaft
■ Freunde
■ Geborgenheit
■ Beziehungsfähigkeit
■ Emotionale Bindung
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■ Selbstbestimmung und Einfluss
■ Führungs- und Kommunikationskultur
■ Freizeitkontakte
Gesundheit, körperliches Wohlbefinden Ideeller Bereich, Selbstkompetenz
■ Körperliche und emotionale Gesundheit
■ Ernährung
■ Sport und Bewegung
■ Entspannung und Musse
■ Erholung und Schlaf
■ Körperliche Risikofaktoren
■ Selbstverwirklichung
■ Visionen
■ Wertesystem & Ideale
■ Religion
■ Persönliche Erfüllung
■ Geistiges Wachstum
3.2 Work-Life-Balance als Wettbewerbsfaktor
Work-Life-Balance definiert die Frage nach der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, von
Beruf-, Familien- und Privatleben. Lange Zeit galt dies in erster Linie als ein individuell
zu lösendes Problem. Erst in den letzten Jahren wurde Work-Life-Balance (WLB) auch
bei uns zu einem neuen Leitbegriff für eine nachhaltig zukunftsorientierte
Personalpolitik, die dem gegenwärtig stattfindenden Wertewandel in der Arbeitswelt
Rechnung trägt.
Gerade hochmotivierte, innovative und kreative Arbeitskräfte lassen sich immer weniger
allein durch ökonomische oder Status-Anreize dauerhaft an ein Unternehmen binden. Sie
sind aber durchaus bereit, sich beruflich in hohem Maße zu engagieren, wenn auch alle
anderen für sie wichtigen Lebensbereiche zu ihrem Recht kommen.
Mehr und mehr Wirtschaftswissenschaftler sehen deshalb heute Work-Life-Balance als
„ökonomische Chance“, als wichtigen „Motor für wirtschaftliches Wachstum“ (Steiner,
2004), als entscheidenden „Wettbewerbsfaktor“ (Badura, Vetter, 2004) und
„Herausforderung“ sowohl für die betriebliche Gesundheitspolitik als auch für den Staat.
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Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit zur Flexibilisierung in den Unternehmen haben
sich im vergangenen Jahr namhafte Vertreter aus Wirtschaft und Politik in der Initiative
„Work-Life-Balance als Motor für wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftliche
Stabilität“ zusammen gefunden.
Sie haben erkannt:
Unternehmerische Maßnahmen, die den Beschäftigen mehr persönliche Zeitsouveränität
und eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben ermöglichen, nützen nicht
nur den Beschäftigten, sondern „rechnen sich“ auch für Arbeitgeber.
Durch verschiedene, die Work-Life-Balance der Beschäftigten fördernde Massnahmen
lassen sich eindeutig Wettbewerbsvorteile erzielen. Hierzu gehören:
■ individuelle Arbeitszeitmodelle
■ Flexibilität im Tagesablauf
■ Zeitspielräume durch Teamarbeit
■ eine stärker an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientierte Arbeitsorganisation
■ familienfreundliche Personalpolitik
■ Berücksichtigung familiärer Zeitbedürfnisse
■ Arbeit von Zuhause
■ Unterstützung bei der Kinderbetreuung
■ Gestaltung von Elternzeit und Wiedereinstieg
■ ein familienfreundliches Betriebsklima
■ eine Unternehmenskultur, die durch Vertrauen und Rücksicht auf die familiäre
Situation und die privaten Bedürfnisse der Mitarbeiter gekennzeichnet ist.
Die mit der Entwicklung unternehmerischer Work-Life-Balance-Konzepte verbundenen
Kosten werden durch Einsparungen aufgrund verringerter Ausfall- und Fehlzeiten und
geringerer Fluktuation mehr als wettgemacht.
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Mit der Einführung von WLB-Maßnahmen kann ein positiver Return on Investment (ROI)
realisiert werden; in einer auf die betrieblichen Controllingdaten gestützten Mo-
dellrechnung sogar ein ROI von bis zu 25% (Steiner, 2004).
„Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen, in denen der Mitarbeiter als „ganzheitlich
soziales Wesen“ ernst genommen wird, wesentlich produktiver sind als solche, die ihr
Personal ständig überlasten. So sind die Kosten für die klinische Behandlung eines BURN
OUT um ein Vielfaches höher als beispielsweise ein durchdachtes Betriebsfreizeit- und
Sportprogramm“ (Seiwert, Scholz, 2003).
Obwohl der unternehmerische Nutzen unmittelbar einleuchtet, ist, was die Realisie-
rungschancen anbelangt, Skepsis angebracht. Bisher hat nur eine Minderheit der
Unternehmen umfassende Konzepte realisiert.
In vielen Unternehmen sieht es immer noch ganz anders aus. Hier sind traditionelle Werte
wie Pflichtbewusstsein, Fleiß und eine ausgedehnte Arbeitszeit noch immer
karriereentscheidend. Karrieren werden immer noch in der Arbeitszeit nach Feierabend
entschieden. Einzelne WLB- Elemente sind eher Benefits zur Mitarbeiterbindung, die es
schon lange gibt und die heute – vielleicht aus Imagegründen – nach außen als
Fördermaßnahmen zur Work-Life-Balance dargestellt werden (Oechsle, 2002).
In einigen Unternehmen, die bereits erste Schritte zu einer größeren Vereinbarkeit von
Arbeits- und Privatleben realisiert haben, indem sie ihren Angestellten mehr Freiheiten
bei der Einteilung ihrer Arbeitszeiten einräumen, mussten diese oft gegen z.T.
erheblichen Widerstand der Betroffenen durchgesetzt werden (Markett, o.J.). Für einen
großen Teil der Angestellten hat sich – paradoxerweise – durch die größere Freiheit bei
der Einteilung ihrer Arbeitszeit der Druck verstärkt: Sie arbeiten jetzt länger als früher.
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Der Arbeitgeber ist aus der Konfrontation verschwunden. An seine Stelle ist jetzt der
eigene Kollege getreten, der von sich aus länger arbeitet. Betriebsräte und Betriebsärzte
sprechen in diesem Zusammenhang von einem besorgniserregenden neuen Phänomen
zunehmender „Selbstausbeutung“, mit noch nicht absehbaren Folgen für Gesundheit
und Leistungsfähigkeit. So konnten beispielsweise in einer Untersuchung zur Arbeitszeit
im Nutzfahrzeug-Betrieb von DaimlerChrysler im Jahr 2000 über 750 000 verfallene Über-
stunden – ein Potential von 500 Arbeitsplätzen – nachgewiesen werden. Das gleiche
Phänomen lässt sich überdurchschnittlich häufig auf den Führungsetagen vor allem bei
Führungskräften unter 35 Jahren beobachten.
Angesichts dieser Realitäten ist zu vermuten, dass Work-Life-Balance – trotz ihres
unbestreitbaren gesellschaftlichen, ökonomischen und individuellen Nutzens – noch für
einen längeren Zeitraum sowohl auf der unternehmerischen als auch auf der ge-
sellschaftlichen und der privaten Ebene ein nur mühsam zu realisierendes Ziel bleiben
wird.
Video-Sequenz:
Schauen Sie sich an dieser Stelle die Videosequenz auf myzfu.ch an.
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3.3 Die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit
Ein Vergleich der Situation in unterschiedlichen Hochtechnologie-Ländern zeigt, dass die
Voraussetzungen für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben bei uns
vergleichsweise schlecht sind:
Eine Repräsentativerhebung in allen Mitgliedsstaaten der EU und in Norwegen im Jahr
1998 (Bielenski, 2000) kommt zu dem Ergebnis, dass die tatsächliche wöchentliche
Arbeitszeit aller Beschäftigten in Deutschland 38,8 Stunden beträgt, die tatsächliche
Wochenarbeitszeit von Beschäftigten, die sich selbst als Vollzeitkräfte bezeichnen, 44,4
Stunden und damit 1,3 Stunden mehr als der europäische Durchschnitt. Neue Formen
der Arbeitsorganisation und neue Managementmethoden haben hier stärker als in den
anderen Ländern zu Verlängerungen der Arbeitszeit über die vertraglich oder tariflich
vereinbarten Arbeitszeiten hinaus geführt – besonders stark bei hochqualifizierten
Angestellten. 23% aller Vollzeitbeschäftigten arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche.
Nur jeder 10. männliche Beschäftige wünscht sich Arbeitszeiten von 48 Stunden – aber
jeder 4. arbeitet so lange!
Ein steigender Anteil ist abends länger im Büro oder arbeitet auch am Wochenende: 51%
geben an, manchmal zwischen 19 und 22 Uhr im Büro weiter zu arbeiten; 27% sind mehr
oder weniger regelmäßig noch nach 22 Uhr anwesend. Aber:
Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten wünscht sich vor allem mehr Zeit bzw. ein hö-
heres Maß an persönlicher Zeitsouveränität. 51% würden auch bei geringerem Ein-
kommen gerne weniger arbeiten. Jeder 6. Arbeitnehmer ist davon überzeugt, dass der
permanente Zeitdruck nicht nur das Privatleben belastet und die Leistungskraft
beeinträchtigt, sondern auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Nach einer
Markstudie der GFK würden
■ 50% die gewonnene Zeit für mehr Schlaf,
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■ 47% für Hobbys und persönliche Interessen,
■ 44% für den Kontakt mit Freunden und Verwandten,
■ 42% für das Zusammensein mit Kindern und Partner
verwenden. Insgesamt erwarten alle von einem geringeren Zeitdruck einen deutlichen
Zuwachs an persönlicher Lebensqualität.
3.4 Die Situation von Führungskräften im internationalen Vergleich
Die folgenden Befunde sind das Ergebnis einer internationalen Befragung von Top-
Managern, durchgeführt von Kienbaum Management Consultants in den Jahren 2002 und
2003 (Hunziger/Kesting, 2004). Erfasst wurden die Bereiche Arbeit, Familie, Freizeit und
Gesundheit.
Über 70% aller befragten Topmanager arbeiten mehr als 50 Stunden pro Woche. Jeder 5.
arbeitet mehr als 60 Stunden – ein Drittel arbeitet weniger als 50 Stunden. Mit
durchschnittlich 57 Wochenstunden liegen die Schweizer Führungskräfte auf Rang 1;
Deutschland liegt mit durchschnittlich 54 im Mittelfeld; den letzten Platz belegen die
Franzosen mit 51 Wochenstunden.
Grosse Übereinstimmung herrschte bei der subjektiven Einschätzung, dass die per-
sönliche Arbeitsbelastung in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen ist.
Dieser Meinung waren vor allem Manager unter 35 Jahren, die ihre Führungsposition erst
seit kurzem inne hatten und noch dabei waren, ihre Führungskompetenzen zu
entwickeln. Arbeit zu Hause spielt nur eine geringe Rolle – bei den meisten sind es
weniger als 5 Stunden pro Woche. Wochenendarbeit ist für viele Top-Führungskräfte
üblich. Sie wird allerdings überwiegend im Büro erledigt. Spitzenreiter sind Deutschland,
die Niederlande und die Schweiz mit über 80%, während in Österreich nur 25% der
Führungskräfte regelmäßig auch am Wochenende arbeiten.
25% aller Befragten halten eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit bereits heute für möglich.
Teilzeitmodelle finden auf dieser Ebene in allen Ländern allerdings noch keine Ak-
zeptanz. Hier gilt immer noch: Wichtigster Indikator für Leistungsfähigkeit ist die Länge
der Arbeitszeit.
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Weniger als ein Drittel aller Führungskräfte ist mit dem eigenen Zeitmanagement
zufrieden. Als wichtigste Zeitfresser gelten in allen untersuchten Ländern:
■ Interne Meetings
■ Telefongespräche
■ Emails
■ das operationale Tagesgeschäft
Der jährliche Urlaub der Top-Manager beträgt in
■ Frankreich 28 Tage
■ Niederlande 25 Tage
■ Deutschland, Schweiz 24 Tage
■ Griechenland, Österreich 19 Tage.
Der Hauptgrund für diese in allen europäischen Ländern relativ kurze Dauer des Jah-
resurlaubs liegt nach Ansicht der Autoren der Studie vor allem in dem in Chefetagen
immer noch vorherrschenden „Mythos der Unersetzbarkeit“, zum anderen aber auch in
mangelnden Zeitmanagement-Kompetenzen.
90% aller befragten Führungskräfte sind verheiratet oder leben in einer festen Part-
nerschaft. Die überwiegende Mehrheit gab an, dass sie bei der Erfüllung ihrer beruflichen
Aufgaben auf den Rückhalt ihres Partners bauen könne. In Deutschland sind 80% der
weiblichen Führungskräfte kinderlos; in allen übrigen Ländern liegt dieser Wert nur bei
ca. 30%! Ihre Freizeit verbringen alle Befragten überwiegend zusammen mit Partner und
Familie.
65% wünschen sich mehr Zeit für gemeinsame Aktivitäten. Eine Mehrheit wünscht
sich zusätzlich mehr Zeit für sportliche Aktivitäten; z.Zt. sind es im Durchschnitt weniger
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als 2 Stunden pro Woche. 80% verbringen pro Woche weniger als 4 Stunden ihrer Freizeit
für sich allein; 25% wünschen sich hier ein größeres Zeitkontingent.
50% aller Befragten sagen, dass sie regelmäßig auf ihre Gesundheit achten; 30% tun
dies zeitweise. Realität ist aber immer noch, dass sich Top-Führungskräfte zu wenig
bewegen, keine Pausen einlegen und sich kaum Zeit für ihre Mahlzeiten nehmen: 50%
aller Befragten leiden unter extremen Bewegungsmangel, sie bewegen sich pro Tag
weniger als 1 km zu Fuß oder mit dem Fahrrad, treiben praktisch keinen Sport. Lediglich
ein Drittel nimmt sich jeden Tag Zeit für eine Pause während der Arbeit; ein Drittel aber
macht nie Pausen.
Den deutschen Führungskräften bescheinigt die Studie im Vergleich zur deutschen
Gesamtbevölkerung dennoch insgesamt ein günstigeres gesundheitliches Risikoprofil:
Der Alkohol- und Nikotin-Konsum sowie der auf Ernährungsfehler zurückzuführende
Cholesterin-Spiegel liegen bei ihnen unter dem Durchschnitt vergleichbarer Alters-
gruppen. Dennoch gaben mehr als 50% der deutschen Top-Manager an, regelmäßig unter
Befindlichkeitsstörungen wie Rücken- oder Gelenkschmerzen, Schlafstörungen oder
Herz-Rhythmus-Störungen zu leiden. Besonders hoch ist hier der Anteil der unter
35jährigen!
Zentralen Einfluss auf das Auftreten von Befindlichkeitsstörungen haben vor allem die
Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsumfeld:
60% der Führungskräfte, die mit ihrer aktuellen Arbeitssituation zufrieden sind, leiden
nicht unter Befindlichkeitsstörungen; bei den Unzufriedenen leiden 70%.
Während die Situation der männlichen Top-Führungskräfte international relativ einheit-
lich ist, treffen Frauen z.B. in Deutschland auf wesentlich schlechtere Rahmenbedin-
gungen als in anderen Ländern. Für die überwiegende Mehrheit im Management wird das
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gesamte Leben von ihrer beruflichen Position dominiert. Sämtliche anderen
Lebensbereiche spielen nur eine untergeordnete Rolle oder werden delegiert – eine
Situation, die die meisten als nicht änderbar ansehen. Zeitwohlstand ist für diese
Berufsgruppe eine unbekannte Größe.
Die Initiative zu einer ausgeglichenen Work-Life-Balance müsste wohl primär von den
Betroffenen selbst ausgehen. Sie müssten Abschied nehmen vom Mythos der
Unersetzbarkeit und dem Glauben, Leistungsfähigkeit entscheide sich an der Länge der
Arbeitszeit.
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3.5 Beruf und Lebensprioritäten
Work-Life-Balance ist eine Verteilung und Organisation der Arbeitszeit, die es jedem
ermöglicht, den von ihm gewünschten Rhythmus seines Lebens zu finden. Work-Life-
Balance ist demnach ein subjektives Phänomen: Jeder findet seine Harmonie in den
Zielen, die er sich gesteckt hat. Daher kann eine Person, die 10 -12 Stunden pro Tag
arbeitet, sehr viel mehr mit sich selbst im Einklang sein, als jemand, der nur Teilzeit
arbeitet (Pucci, 2004).
Zum persönlichen Problem wird Work-Life-Balance erst dann, wenn der Betroffene
selbst unter dem Gefühl leidet, dass sein Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist und er
selbst nicht weiß, wie er – angesichts seiner beruflichen Gegebenheiten – zu seinem
Rhythmus zurückfinden kann.
Wichtig für eine hohe Lebenszufriedenheit sind Sicherheit im Lebens- und im
Erwerbsverlauf, eine ausreichende materielle Grundlage sowie ein ausreichendes Maß
an „Zeitwohlstand“.
Lebenszufriedenheit resultiert aus der Kombination von Güter- und Zeitwohlstand.
Beide sind wichtige Voraussetzungen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können,
in dem alle persönlich relevanten Lebensbereiche konfliktfrei miteinander harmonieren.
Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter und Führungskräfte Maßnahmen und Programme
im Bereich der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben planen, sollten daher zunächst
einmal sicherstellen, dass die Betroffenen weitgehend frei von Befürchtungen um ihre
berufliche Zukunft in diese Programme hineingehen können.
Nach einer neuen Kienbaum-Studie sind mehr als 80% der befragten Führungskräfte auf
der Suche nach Möglichkeiten und Wegen, eine Balance zwischen Beruf und Privatleben
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zu finden (Titze, 2003). Die Frage ist: Lässt sich eine solche Work-Life-Balance unter den
heutigen Arbeitsbedingungen überhaupt realisieren?
Mit vagen Vorsätzen wie, „ab morgen werde ich weniger arbeiten und mich mehr um mich
und meine Familie kümmern“, lässt sich das Ungleichgewicht meist nicht lösen. Wenn
das eigene Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist, ist dies nur zu einem Teil Folge von
Fremdbestimmtheiten. Die gegenwärtigen äußeren Lebens- und Arbeitsbedingungen,
das Unternehmen oder die Familie sind nicht allein verantwortlich dafür.
Mitverursacht wird das Ungleichgewicht auch von uns selbst, von der Art und Weise, in
der wir mit den Rahmenbedingungen unseres Alltags umgehen. Erst wenn man weiß, wo
man steht, kann man entscheiden, was man künftig ändern, welche konkreten Ziele man
erreichen will: Mehr Zeit und Engagement für Kinder, intensiveren Gedankenaustausch
mit dem Partner, Freiraum für eigene Interessen, Kontakte zu guten Freunden, mehr Zeit
für sich selbst.
Work-Life-Balance bedeutet ein neues Lebenskonzept mit neuen, veränderten eigenen
Prioritäten und Lebenszielen, das die unterschiedlichen persönlichen Bedürfnisse und
Wünsche individuell gewichtet und entsprechend berücksichtigt (Titze, 2003). Work-Life-
Balance heißt aber auch, bereit zu sein, sich frei zu machen von äußeren und inneren
Zwängen: Von Gruppenzwängen am Arbeitsplatz, im Familien- oder Freundeskreis, vom
Erwartungsdruck, den Vorgesetzte oder Kollegen ausüben, ebenso wie von überhöhten
Erwartungen an die berufliche Karriere oder von einem unrealistisch hohen
Anspruchsniveau an sich selbst.
Wir haben viele Jahre versucht, Menschen „Systemen“ anzupassen. Anpassungsin-
telligenz gilt als Tugend. Herausgekommen sind Menschen ohne Profil, zu jedem
Kompromiss bereit, „Ja-Sager“. Was wir aber brauchen sind Menschen, die wieder nach
ihrer persönlichen Überzeugung handeln, die auch unbequem „Nein“ sagen, die eins sind
mit sich selbst, deren Leben im Gleichgewicht ist, die Kreativität und heitere
Gelassenheit vorleben:
Das Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben ist kein statischer Zustand, sondern
ein Prozess, der im Lauf des Lebens immer wieder Korrekturen und Neubewertungen
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erfordert. Je nach Lebensphase oder aktuellen Ereignissen (z.B. wenn die Kinder das
Elternhaus verlassen) können sich die Prioritäten verändern. Gleich bleibt nur das
übergeordnete Ziel: Schritt für Schritt aus einer selbstbestimmten Verantwortung heraus
mehr Lebensqualität zu erreichen. Dies erfordert viel Geduld mit sich selbst, denn kaum
etwas ist schwerer zu verändern als eingeschliffene Verhaltensgewohnheiten und
vermeintliche Selbstverständlichkeiten. Gelegentliche Rückfälle in den alten Lebensstil
lassen sich kaum vermeiden. Statt zu resignieren sollte man sich an die Lebensweisheit
erinnern:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Fremdbestimmtheiten zu ertragen, die Kraft, das zu
verändern, was ich verändern kann, und die Weisheit, zwischen beiden zu
unterscheiden“.
Auf den Punkt gebracht, heißt dies:
love it,
change it,
or leave it,
but change yourself.
Man sollte seine Ziele also häufiger auf Realisierbarkeit und Inhalt überprüfen. Quali-
tative Überprüfung eigener Ziele heißt, wieder zu entdecken, dass es auch
selbstbestimmte Zielsetzungen und Wünsche gibt, die außerhalb des täglichen
fremdbestimmten Umfeldes Freude, Erfolg und höhere Stresstoleranz ermöglichen. Für
Führungskräfte bestehen Konflikte vor allem zwischen dem Beruf, der Öffentlichkeit und
der Familie. Die gleichzeitige Anhäufung von Belastungssituationen in mehreren
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Bereichen und nicht erfüllte Aufstiegswünsche schaffen hohe psychische Belastungen.
Wer sich ständig eingeklemmt fühlt zwischen „oben und unten“, wie es zum Beispiel in
mittleren Leitungsebenen heute häufig der Fall ist, wird mit der Zeit zermürbt.
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Für Führungskräfte ist ein Wertsystem interessant, welches für das traditionelle ame-
rikanische Management kennzeichnend ist. Führung bezieht sich hier auf folgende vier
Lebensprioritäten:
■ Sich selbst,
■ die Familie,
■ die Nachbarschaft,
■ den Job.
Diese Rangfolge ist aus der Tradition und Entwicklung des amerikanischen Managements
zu verstehen: Der Pionier musste lernen, sich selbst zu führen. Die Familie war die Basis
seines Erfolges. Auf soziale Beziehungen war er angewiesen. Sein Job war letzten Endes
austauschbar. Die Familie spielt in den USA noch immer eine wesentliche Rolle - nicht
nur in Wahlkämpfen, sondern auch bei Bewerbungen, wo bei Einstellungsgesprächen die
Ehefrauen dazu gebeten werden. Ein intaktes Familienleben gilt als stress- und
konfliktausgleichend. Die sozialen Beziehungen in Vereinen und Clubs dienen weniger
den Statusansprüchen als in Deutschland. Und der Begriff „profession“ wird eben nicht
nur auf das Berufsleben angewandt.
Für welche Rangfolge Sie sich in Ihrem Leben auch immer entscheiden, die Führung der
eigenen Person sollte immer an erster Stelle stehen. Nur so erhalten Sie die Kraft für
weitere Lebensprioritäten. Fragen Sie sich auch: Vor wem verantworte ich mein Tun? Sie
sind dann gefährdet, wenn Sie den Job an die erste Stelle setzen. Man trifft diese in der
Stressforschung sog. „A-Typen“ mit „Burn-out-Syndromen“ häufig in Rehabilitations-
kliniken wieder.
Wenn man weiß, dass viele Führungskräfte über Jahre hinweg fast 80 % ihrer Zeit und
mehr als 70 % ihrer Energie ausschließlich in den Beruf investieren (Rosch, 1995),
verwundert es nicht, dass gerade dieser Personenkreis vor allem in der zweiten Hälfte
des Berufslebens überdurchschnittlich häufig unter dem Gefühl leidet, ausgebrannt und
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leer zu sein. Diese starke körperliche und geistig-emotionale Erschöpfung trifft man in
hohem Maß gerade bei den Führungskräften an, die mit besonders großem Engagement
und mit hoher Einsatzbereitschaft, mit großem Idealismus und hohen Erwartungen ins
Berufsleben gestartet sind.
Führungskräfte mit einer eher „instrumentellen Berufsorientierung“ (Richter; Hacker,
1998), die sich für ihre künftige Tätigkeit weniger aus idealistischen und mehr aus ratio-
nalen Gründen entschieden haben („gute Möglichkeit, viel Geld zu verdienen, bringt
Ansehen“ etc.), erleben diesen Zustand dagegen vergleichsweise selten.
Ziehen die „Idealisten“ nach Jahren Bilanz, müssen sie sich nicht selten eingestehen,
dass vieles nicht so gelaufen ist, wie sie es sich vorgestellt haben. Viele sind enttäuscht
und frustriert, zweifeln an der Sinnhaftigkeit ihres Engagements. Antriebskraft, Energie
und Tatkraft sind aufgebraucht. Sie ergreifen keine Initiative, entwickeln keine eigenen
Ideen mehr, Auf Neuerungen reagieren sie negativ oder mit Pessimismus und Misstrauen,
Apathie und Gleichgültigkeit. Die Arbeit wird für sie zur Strapaze. Sie fühlen sich nicht
nur geistig sondern auch körperlich überfordert und enden im Stadium der chronischen
Ermüdung (Chronic Fatigue Syndrom) oder der totalen psychophysischen Erschöpfung
(Burn-Out-Syndrom).
3.6 Rollenkonflikte
Bei der Suche nach Ursachen für die subjektive Überforderungssituation, in der sich viele
Führungskräfte ihrer eigenen Einschätzung nach zurzeit befinden, stößt man auf zwei für
diese Berufsgruppe spezifische Phänomene:
Das eine ist das Übergewicht der Arbeitszeit gegenüber der frei verfügbaren „Freizeit”
und die damit einhergehende permanente hohe physische und psychische berufliche
Beanspruchung, die ständig geforderte Flexibilität in Denken und Handeln:
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So sind 12-14 Arbeitsstunden pro Tag im mittleren und höheren Management eher die
Regel als die Ausnahme. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt hier bei 55
Stunden, bei einer Bandbreite von 40-80 Stunden. Im Mittel werden 70-80 % der
Wachzeit für die Erledigung beruflicher Aufgaben aufgewendet. Die individuelle Freizeit,
also die Zeit, in der die Führungskraft „tun und lassen kann, was sie will”, liegt zwischen
maximal 28 und minimal 10 Stunden pro Woche. Dies sind, das Wochenende
eingeschlossen, 1,5 bis 4 Stunden am Tag. Je höher die Führungskraft in der
Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto geringer fällt das individuelle
Freizeitbudget aus.
Das zweite ist die außerordentlich große Vielfalt unterschiedlicher Rollen und mit diesen
einhergehender Rollenerwartungen bzw. -anforderungen, der sich Führungskräfte
gegenübersehen. Rollenverhalten ist gelerntes Verhalten, d.h. es wird durch das
bestimmt, was die Gesellschaft oder eine bestimmte Gruppe in einer bestimmten
Situation vom Inhaber der jeweiligen Rolle erwarten. Er versucht, diesen Erwartungen
dann durch mehr oder minder rollenkonformes Verhalten zu entsprechen.
Die spezifische Situation der Führungskräfte besteht nun zum einen darin, dass bei
ihnen, zumal wenn sie noch nicht die Spitze der Karriereleiter erreicht haben, die eigene
Berufsrolle sich mehrfach ändert: Ein Studienrat an einem Gymnasium bleibt entweder
bis zu seiner Pensionierung Kollege der übrigen Lehrkräfte und Mitarbeiter des
Schulleiters oder wird selbst irgendwann Schulleiter. Eine Führungskraft wird im
gleichen Zeitraum in aller Regel mehrere Hierarchieebenen durchlaufen, u. U. mehrfach
das Unternehmen wechseln oder in unterschiedlichen Abteilungen bzw.
Tochterunternehmen tätig sein, und auf diesem Wege unterschiedliche Mitarbeiter-,
Kollegen- und Vorgesetztenrollen ausfüllen müssen. Aus den Kollegen von heute können
morgen Vorgesetzte oder auch Mitarbeiter werden, aus Vorgesetzten Kollegen etc.
Zum anderen sind für sie im Gegensatz zu vielen anderen Berufsgruppen Beruf und
Privatleben zwei Bereiche mit höchst unterschiedlichen ethischen und moralischen
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Anforderungen und unterschiedlicher Wertigkeit. Viele Führungskräfte leiden darunter,
dass sie in diesen beiden Lebensbereichen nicht selten mit gegensätzlichen bzw. nur
schwer miteinander zu vereinbarenden Verhaltenserwartungen konfrontiert werden und
dadurch immer wieder in eine nur schwer lösbare Konfliktsituation geraten. So verlangen
Unternehmen von ihren Führungskräften in der Regel ein hohes Maß an
Mobilitätsbereitschaft, während Ehefrau und Kinder einem Ortswechsel wegen der damit
für sie verbundenen hohen sozialen Kosten (wie etwa Verlust des Freundeskreises,
Schulwechsel, Eingewöhnung in ein neues soziales Umfeld) meistens ablehnend
gegenüberstehen.
Führungskräfte sind sich der unterschiedlichen Rollenanforderungen durchaus bewusst.
Sie wissen, dass Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensweisen, die für die
erfolgreiche Bewältigung beruflicher Aufgaben unverzichtbar sind, im privaten Bereich
für die hier zu lösenden Aufgaben völlig ungeeignet sein können und vielfach auf
Ablehnung stoßen. Und umgekehrt!
Beispielsweise sind nach einer Untersuchung von Streich Begriffe wie „Effizienz”,
„Leistungswille” und „Rationalität” im Empfinden der Führungskräfte sehr stark in die
berufliche Sphäre eingebunden, während sie für den privaten Bereich eine eher
untergeordnete Bedeutung haben. Auch „Komplexität”, „Autorität” und „Macht” werden,
wenn auch in geringerem Maße, eher dem Berufsleben zugeordnet. Gegenteilig
eingeordnet wurde nur der Begriff „Gefühl”; er spielt die wichtigste Rolle im privaten und
die geringste im beruflichen Bereich, d.h., Führungskräfte sind der Meinung, dass sie im
Privatleben eher gefordert sind und eher die Möglichkeit haben, Gefühle zu äußern als im
Arbeitsleben.
Die Bedeutung dieses Ergebnisses erhöht sich noch, wenn man es in Beziehung setzt zu
den gleichzeitig ermittelten Sympathiewerten für die Berufs- und Freizeitrollen. Hier
zeigt sich ein deutliches Sympathiegefälle zwischen beiden Lebensbereichen: Am
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sympathischsten ist den Befragten die Rolle des Ehemannes. Es folgen die Rollen des
Vaters, des Vorgesetzten, des Freundes, des Kollegen, des Mitarbeiters und als letzte die
des Funktionärs.
Die größte Sympathie hegen Führungskräfte danach also gerade für diejenigen Rollen, für
die sie am wenigsten Zeit aufwenden können – die Rollen des Ehemannes und Vaters.
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