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Zai Ski aus Disentis GR «Wir schauen genau,...2016/11/16  · Produktion Der Ski Zai Ski entstehen...

Date post: 31-Jan-2021
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Produktion Der Ski Zai Ski entstehen zum Teil in Handarbeit, zum Teil im Hightech-Labor. Ein Ski besteht teilweise aus über 160 Einzeltei- len. Unter dem Druck von 40 Tonnen werden die Ski auf rund 120 Grad Celsius erhitzt und eine halbe Stunde lang gepresst. Danach werden sie unter anderem von Hand präpariert. Je nach Modell dau- ert der Herstellungsprozess zwischen 5 und 10 Stunden. Verwendet werden Materialien wie Nussbaum-, Eichen- und Zedernholz, Gneis, Kunststoff- und Carbonfaser, Naturkautschuk, Filz oder rostfreier Edelstahl. Die Marke kommt ohne auffällige Logos aus und setzt lieber auf elegantes Understatement. Pro Jahr verlassen höchstens 1000 Exemplare die Manufaktur. Die allerdings haben ihren Preis: Zai Ski kosten zwischen 3300 und 10 000 Franken das Paar. Geschichte Das Unternehmen Der Name Zai entstammt dem Rätoromani- schen und bedeutet soviel wie «zäh». Und das sollen sie auch sein, die Ski des gleichnamigen Herstellers aus der Surselva: strapazier- und widerstandsfähig. Zai Ski werden seit 2003 in Disentis gefertigt. Das Unternehmen, welches von Gründer und Head of De- sign Simon Jacomet und CEO Benedikt Germanier geführt wird, beschäftigt 12 Mitarbei- tende. Inzwischen steht der Name Zai auch für Golf- schläger, Sportbekleidung und die Organisation von exklusiven Ski-Events. 7 Mittwoch, 16. November 2016 Büez Büez Mittwoch, 16. November 2016 6 Stein, Filz, Zedernholz: Die speziellsten Ski der Welt kommen aus Disentis und kosten bis zu 10 000 Franken. Gründer Simon Jacomet über verrückte Ideen, die Produktion in einer Randregion – und weshalb er fast ausschliesslich Einheimische einstellt. Text Flavian Cajacob Foto Stefano Schröter Zai Ski aus Disentis GR «Wir schauen genau, wen wir einstellen» Simon Jacomet, wie oft haben Sie sich in den letzten 13 Jahren beim Skifahren verletzt? Nicht einmal gravierend, da muss ich jetzt Holz anfassen! Weshalb fragen Sie? Weil Sie seit 2003 Ihre eigenen Ski fahren. Und die bestehen zum Teil aus Stein und Filz. Für mich nicht sehr vertrauenserweckend. Dieser Verdacht kann nur von Leuten kommen, die noch nie auf unseren Ski gestanden sind! Es gibt Gesteinsarten, die eine hohe Elastizität aufweisen. Zum Beispiel der Granit aus Andeer, den wir mit Carbonfasern um- manteln. Und gepresster Filz kann Schläge effektiv absorbie- ren. Vielleicht wirken diese Ma- terialien im ersten Moment exo- tisch, sie dienen letztendlich aber der Funktionalität. Wer schon auf Zai Ski gestanden ist, lobt Fahreigenschaften, Stabili- tät und Langlebigkeit. Danke, wir haben die Werbebot- schaft verstanden. Jetzt aber mal nebenbei erwähnt gibts bei uns auch Modelle, die um die 3000 Franken kos- ten. Wie kommt man eigentlich dazu, in der Surselva, die nicht unbedingt zu den wirt- schaftlichen und kreativen Hotspots im Lande gehört, teure Ski zu produzieren? Wo sollten wir es dann tun, wenn nicht in den Bergen? Das Bündner Oberland und der Skisport gehören zuei- nander. Das ist authentisch und macht Sinn. Und Sinn- haftigkeit ist für mich der gemeint: «Mit dem will ich nächste Saison auf die Piste, jetzt wird halt gespart!» Das zeigt mir, dass der Mehrwert, den wir bieten, durchaus er- kannt wird. Und dass man be- reit ist, dafür auch ein bisschen tiefer in die Tasche zu greifen. Heisst das, Sie streichen satte Gewinne ein? Nein. Unsere Strategie ist lang- fristig ausgelegt. Noch bewegen wir uns nicht in der Gewinnzone. 13 Jahre nach Gründung nach wie vor im Minus – manch anderes Unternehmen hätte unter diesen Voraussetzungen den Laden dicht- machen müssen. Zai Ski ist sehr gut aufgestellt. Die Marke ein starker Wert. Das zeigen Partnerschaften wie jene mit Hublot oder Bentley. Tech- nologisch sind wir um ein Viel- faches weiter als anfänglich er- hofft. Und bei bestimmten Zah- len sind wir ebenfalls weiter als geplant. Zusammen mit unse- ren Investoren haben wir einen strikten Businessplan ausgear- beitet, der uns den Break-Even in absehbarer Zeit erreichen lässt. Ich hüte mich aber davor, den genauen Zeitpunkt hier pu- blik zu machen. Wer sind diese Investoren – etwa Chinesen? Nein. Das sind alles Leute aus der Schweizer Wirtschaftswelt. Walter Bosch, ehemaliger VR-Vi- ehrlich: 10 000 Franken für einen Ski zu verlangen, das ist doch ein- fach dreist! Finden Sie? Ich liefere Ihnen gerne mal zwei Vergleichswer- te. Ein industriell gefertigter Ski geht binnen dreissig Minuten vom Band. Unser Ski hinge- gen wird von Hand und teilweise mit extra dafür entwickelten Hightech- Maschinen hergestellt. Und das kann bis zu zehn Stunden in Anspruch nehmen. Zudem verlieren Zai Ski nach 100 Ge- brauchstagen lediglich 5 Prozent ihrer Spannung; bei massenproduzierten Ski liegt der Spannungsver- lust bei 25 Prozent – und das nach nur 30 Tagen. Un- ser Ski hält locker vier- bis fünfmal länger als ein Mas- senprodukt. Sie investieren also in langlebige Qualität. Wenn Sie den Preis auf ge- fahrene Kilometer herun- terbrechen, fahren Sie so- gar recht günstig. Und ganz Arbeitsplätze zu schaffen, von denen die lokale Bevölkerung profitiert, gehört für mich zur ganzheitlichen Denkweise eines Unternehmers. » Simon Jacomet Fünf Ratschläge für KMU von Simon Jacomet Mut Ja zur Eigenständigkeit, Ja zur Einmaligkeit. Offenheit Geheimniskrämerei gegenüber Partnern, Kunden und Angestellten schadet dem Vertrauen. Teamgeist Nur gemeinsam mit motivierten Mitarbeitenden kann Innovation erfolgreich umgesetzt werden. Verantwortung Ich kenne meine Rolle im Unternehmen und bin bereit, verantwortungsvolle Aufgaben abzugeben. Kundenkontakt Der Austausch zwischen Hersteller und Konsumenten ist der wichtigste Motivationsmotor. 1. 2. 3. 4. 5. zepräsident der Swiss und frü- her einmal BLICK-Chefredak- tor, Thomas Staubli, Partner der Partners Group, Internet-Unter- nehmer Patrick Lütjens und Ri- cardo Cordero, Ex-CEO der BZ Bank. Sie halten zusammen rund 90 Prozent an Zai Ski. Wenn man sich Ihr Team anschaut, fällt der hohe Anteil Einheimischer auf. Zufall oder gewollt? Gewollt, eindeutig. Wirtschaft- lich zählen wir hier im Bündner Oberland zu den Randregionen. Arbeitsplätze zu schaffen, von denen die lokale Bevölkerung profitiert, gehört für mich zur ganzheitlichen Denkweise ei- nes Unternehmers. Es hat aber auch praktische Gründe. Nämlich welche? Hier oben sind alle super Skifahrerinnen und Ski- fahrer. Sie wissen also ganz genau, worauf es ankommt, wenn man einen Ski entwickelt. Sie glauben gar nicht, wie kritisch meine Leute sind, wenn ich mal wieder eine Idee habe, welches Mate- rial man neu einsetzen könnte. Zudem hält ein hoher Anteil Einheimischer die Fluktuation im Betrieb tief, was wiederum den ungewollten Transfer von Know-how unter- bindet. Wir müssen sehr genau schauen, wen wir anstellen. Ich erlebe, dass die Konkurrenz bei uns Praktikanten als Spione ein- schleusen will, damit diese das eine oder andere unserer Be- triebsgeheimnisse in Erfahrung bringen. Sie scherzen! Nein, überhaupt nicht. Zai ist mittlerweile bekannt für seine innovativen Ideen. Wir fliegen nicht mehr unter dem Radar wie in den ersten Jahren. Und als Arbeitgeber sind wir sehr gefragt, wir erhalten Bewerbun- gen aus der ganzen Schweiz. Aber was bringt es mir, wenn ich einen Zürcher oder Genfer einstelle, der nach zwei Jahren merkt, dass ihm das Leben in den Bergen doch nicht so zu- sagt? Ein Einheimischer, der mitunter schon ein gewisses Alter hat, ist verwurzelt mit sei- nem Dorf, seiner Region. Der überlegt sich zwei- bis dreimal, ob er den Job hinschmeisst. Da- rüber, mit wem offene Stellen besetzt werden, entscheiden auch die Mitarbeitenden. Sie müssen letztlich ja mit den neu- en Kollegen auskommen. Sie haben vor ein paar Jahren mit Benedikt Germanier einen CEO an Bord geholt. Damit Sie mehr Zeit auf der Piste verbringen können? Ich bin von Natur aus der krea- tive Typ, tüftle gerne, entwerfe, vertiefe mich in die Entwick- lung. Benedikt, den ich seit un- serer gemeinsamen Zeit als Ski- lehrer kenne, hat als ehemaliger UBS-Banker viel mehr Gespür fürs Geschäft als ich. Leider ver- bringe ich heute aber auch nicht mehr Zeit auf den Brettern als früher, ganz im Gegenteil. Dafür geniesse ich es unglaublich. Um mich auf der Piste anzutreffen, muss man aber früh aufstehen – ich nehme immer die erste Bahn auf den Berg, um neue Ski noch vor dem grossen Ansturm auf Herz und Nieren zu testen. Meist bin ich dann auch als Ers- ter wieder im Tal. Gesund, wie Sie eingangs sagten! Natürlich haut es auch mich ab und zu hin. Das gehört schliess- lich zum Job! Dadurch, dass ich mich intensiv mit der Biomecha- nik auseinandergesetzt habe, weiss ich aber, wie man die Fliehkräfte nutzt, um nach dem Sturz gesund wieder aufzuste- hen. Auch das hat mit der ganz- heitlichen Herangehensweise zu tun, wie ich sie einst als Kloster- schüler kennengelernt habe. Na- türlich gehört aber immer auch ein Quäntchen Glück dazu. Und wie unser Ski bin auch ich ziem- lich zäh, oder wie es auf Räto- romanisch heisst: «zai». wichtigste Antreiber überhaupt. Ich habe in Florenz Kunst stu- diert, später bei verschiedenen grossen Skimarken gearbeitet. Irgendwann wurde mir klar, dass ich hierher gehöre, in die Surselva. Die Frage war bloss, womit ich fortan mein Geld sinnvoll verdienen sollte. Da kamen Sie auf die Idee mit der eigenen Skimarke? Die hatte ich zusammen mit einem Freund. Er kommt im Winter jeweils nach Disentis zum Skifahren und ist heute un- ser Verwaltungsratspräsident. Beim Skifahren haben wir uns gefragt, ob wir es schaffen wür- den, eine gemeinsame Idee in die Tat umzusetzen. Wir wollten einen Ski bauen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Ein waghalsiges Vorhaben, wenn man die Entwicklung im Skisektor anschaut. Das kann man sagen, ja. In den 70er-Jahren wurden weltweit jährlich acht Millionen Paar Ski verkauft. Heute sind es noch drei Millionen. Uns war klar: Ohne Qualität, ohne Exklusivi- tät, ohne Innovation haben wir als Nischenplayer keine Chance in diesem schrumpfenden, hart umkämpften Markt. Gleichzei- tig glaubten und glauben wir daran, dass ein eigenständiges Produkt unter all der Massen- ware seine Abnehmer findet. Tut es das? Natürlich. Es gibt Enthusiasten, die reisen extra aus den USA an, um dabei zu sein, wenn bei uns in Disentis ihr Ski entsteht. Das ist natürlich ein Extrembeispiel. Gleichzeitig bin ich aber felsen- fest davon überzeugt, dass in ei- ner Welt mit lauter austausch- baren Produkten die Authenti- zität und die Einzigartigkeit im- mer mehr an Gewicht gewin- nen. Schauen Sie: Im letzten Winter hat mich ein Einheimi- scher am Skilift auf meine Ski angesprochen. Als ich ihm ge- sagt habe, was der kostet, hat er keinen Moment gezögert und Zur Person Simon Jacomet wurde 1963 in Disentis GR geboren und hat nach Klosterschule und Matura Kunst in Florenz studiert. Daneben arbeitete er als Skilehrer, später übernahm er den Posten des Technischen Trainers im Schweizer Skiteam. Bevor der Bündner 2003 Zai Ski gründete, war er für Völkl und Salomon in der Skientwicklung tätig. Simon Jacomet ist ver- heiratet, hat zwei Kinder und lebt in Surrein in der Surselva. Bewegt sich mit seinem Unternehmen Zai Ski auf wirtschaftlich schwankendem Parkett: Gründer Simon Jacomet. Ski-WM- Ausrüster Zai wird offizieller Ausrüster bei den Alpinen Ski-Weltmeister- schaften. Ein Engagement, wel- ches 2013, 2015 und 2017 erneu- ert wird. Lancierung des Skis «Zai laisa Double Tip» sowie der Bekleidungslinie «cassacca». Gründung Zai Golf Lancierung des Skis «Zai nezza». Grün- dung von Zai Golf. Gründung Gründung von Zai Ski in Disentis GR durch Simon Jacomet. 200 Prototypen werden gebaut, zum Einsatz gelangen unge- wöhnliche Material- kombinationen. Geburt des Spada Der «Zai spada» wird geboren, der weltweit einzige Ski, dessen Kern aus Gneis – also einem Gestein – besteht. Neuer CEO Der Ökonom und Banker Benedikt Germanier wird CEO von Zai. Für den englischen Autobauer Bentley entwickeln die Bündner Skibauer einen Ski, der dank eines neuartigen Verbundstoffes aus Carbonfaser lediglich 1,5 Kilo wiegt. Zusammenar- beit mit Hublot Zusammen mit der Uhrenmarke Hublot entwickelt Zai einen Ski, dessen Oberfläche mit einem vul- kanisierten Naturkautschuk belegt wird. Fortan verwendet Zai als ein- zige Skimarke schützende Kanten an der Oberfläche, die rostfrei sind. Im Gespräch Ohne Qualität, ohne Exklusivität, ohne Innovation haben wir als Nischenplayer keine Chance.» Simon Jacomet 13 Jahre Zai Ski Neues Material «Zai spada» mit Cellulose-Acetat wird lanciert, eine Material- anwendung, die in der Geschichte des Skis erstmals umgesetzt werden kann. Der jüngste Wurf Lancierung von «Zai laisa» mit Oberfläche aus Leinen- und von Hand gewickelten Car- bonfasern.
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  • Produktion

    Der SkiZai Ski entstehen zum Teil in Handarbeit, zum Teil im Hightech-Labor. Ein Ski besteht teilweise aus über 160 Einzeltei-len. Unter dem Druck von 40 Tonnen werden die Ski auf rund 120 Grad Celsius erhitzt und eine halbe Stunde lang gepresst. Danach werden sie unter anderem von Hand präpariert. Je nach Modell dau-ert der Herstellungsprozess zwischen 5 und 10 Stunden. Verwendet werden Materialien wie Nussbaum-, Eichen- und Zedernholz, Gneis, Kunststo� - und Carbonfaser, Naturkautschuk, Filz oder rostfreier Edelstahl. Die Marke kommt ohne au� ällige Logos aus und setzt lieber auf elegantes Understatement. Pro Jahr verlassen höchstens 1000 Exemplare die Manufaktur. Die allerdings haben ihren Preis: Zai Ski kosten zwischen 3300 und 10 000 Franken das Paar.

    Geschichte

    Das UnternehmenDer Name Zai entstammt dem Rätoromani-

    schen und bedeutet soviel wie «zäh». Und das sollen sie auch sein, die Ski des

    gleichnamigen Herstellers aus der Surselva: strapazier- und

    widerstandsfähig. Zai Ski werden seit 2003 in Disentis gefertigt.

    Das Unternehmen, welches von Gründer und Head of De-sign Simon Jacomet und CEO Benedikt Germanier geführt wird, beschäftigt 12 Mitarbei-tende. Inzwischen steht der Name Zai auch für Golf-schläger, Sportbekleidung und die Organisation von exklusiven Ski-Events.

    Zai Ski entstehen zum Teil in Handarbeit, zum Teil im Hightech-Labor. Ein Ski besteht teilweise aus über 160 Einzeltei-len. Unter dem Druck von 40 Tonnen werden die Ski auf rund 120 Grad Celsius erhitzt und eine halbe Stunde lang gepresst. Danach werden sie unter anderem von Hand präpariert. Je nach Modell dau-ert der Herstellungsprozess zwischen 5 und 10 Stunden. Verwendet werden Materialien wie Nussbaum-, Eichen- und Zedernholz, Gneis, Kunststo� - und Carbonfaser, Naturkautschuk, Filz oder rostfreier Edelstahl. Die Marke kommt ohne au� ällige Logos aus und setzt lieber auf elegantes Understatement. Pro Jahr verlassen höchstens 1000 Exemplare die Manufaktur. Die allerdings haben ihren Preis: Zai Ski kosten zwischen 3300 und 10 000 Franken das Paar.

    Der Name Zai entstammt dem Rätoromani-schen und bedeutet soviel wie «zäh». Und das sollen sie auch sein, die Ski des

    gleichnamigen Herstellers aus der Surselva: strapazier- und

    widerstandsfähig. Zai Ski werden seit 2003 in Disentis gefertigt.

    Das Unternehmen, welches von Gründer und Head of De-sign Simon Jacomet und CEO Benedikt Germanier geführt wird, beschäftigt 12 Mitarbei-tende. Inzwischen steht der Name Zai auch für Golf-schläger, Sportbekleidung und die Organisation von exklusiven Ski-Events.

    7Mittwoch, 16. November 2016 BüezBüez Mittwoch, 16. November 20166

    201120112011201020102010200320032003 200620062006 200920092009200820082008 201520152015 201620162016

    Stein, Filz, Zedernholz: Die speziellsten Ski der Welt kommen aus Disentis und kosten bis zu 10 000 Franken. Gründer Simon Jacomet über verrückte Ideen, die Produktion in einer Randregion – und weshalb er fast ausschliesslich Einheimische einstellt.Text Flavian Cajacob Foto Stefano Schröter

    Zai Ski aus Disentis GR

    «Wir schauen genau, wen wir einstellen»

    Simon Jacomet, wie oft haben Sie sich in den letzten 13 Jahren beim Skifahren verletzt?Nicht einmal gravierend, da muss ich jetzt Holz anfassen! Weshalb fragen Sie?

    Weil Sie seit 2003 Ihre eigenen Ski fahren. Und die bestehen zum Teil aus Stein und Filz. Für mich nicht sehr vertrauenserweckend.Dieser Verdacht kann nur von Leuten kommen, die noch nie auf unseren Ski gestanden sind! Es gibt Gesteinsarten, die eine hohe Elastizität aufweisen. Zum Beispiel der Granit aus Andeer, den wir mit Carbonfasern um-manteln. Und gepresster Filz kann Schläge e� ektiv absorbie-ren. Vielleicht wirken diese Ma-terialien im ersten Moment exo-tisch, sie dienen letztendlich aber der Funktionalität. Wer schon auf Zai Ski gestanden ist, lobt Fahreigenschaften, Stabili-tät und Langlebigkeit.

    Danke, wir haben die Werbebot-schaft verstanden. Jetzt aber mal

    nebenbei erwähnt gibts bei uns auch Modelle, die um die 3000 Franken kos-ten.

    Wie kommt man eigentlich dazu, in der Surselva, die nicht unbedingt zu den wirt-schaftlichen und kreativen Hotspots im Lande gehört, teure Ski zu produzieren?Wo sollten wir es dann tun, wenn nicht in den Bergen? Das Bündner Oberland und der Skisport gehören zuei-nander. Das ist authentisch und macht Sinn. Und Sinn-haftigkeit ist für mich der

    gemeint: «Mit dem will ich nächste Saison auf die Piste, jetzt wird halt gespart!» Das zeigt mir, dass der Mehrwert, den wir bieten, durchaus er-kannt wird. Und dass man be-reit ist, dafür auch ein bisschen tiefer in die Tasche zu greifen.

    Heisst das, Sie streichen satte Gewinne ein? Nein. Unsere Strategie ist lang-fristig ausgelegt. Noch bewegen wir uns nicht in der Gewinnzone.

    13 Jahre nach Gründung nach wie vor im Minus – manch anderes Unternehmen hätte unter diesen Voraussetzungen den Laden dicht-machen müssen.Zai Ski ist sehr gut aufgestellt. Die Marke ein starker Wert. Das zeigen Partnerschaften wie jene mit Hublot oder Bentley. Tech-nologisch sind wir um ein Viel-faches weiter als anfänglich er-ho� t. Und bei bestimmten Zah-len sind wir ebenfalls weiter als geplant. Zusammen mit unse-ren Investoren haben wir einen strikten Businessplan ausgear-beitet, der uns den Break-Even in absehbarer Zeit erreichen lässt. Ich hüte mich aber davor, den genauen Zeitpunkt hier pu-blik zu machen.

    Wer sind diese Investoren – etwa Chinesen?Nein. Das sind alles Leute aus der Schweizer Wirtschaftswelt. Walter Bosch, ehemaliger VR-Vi-

    ehrlich: 10 000 Franken für einen Ski zu verlangen, das ist doch ein-fach dreist!Finden Sie? Ich liefere Ihnen gerne mal zwei Vergleichswer-te. Ein industriell gefertigter Ski geht binnen dreissig Minuten vom Band. Unser Ski hinge-gen wird von Hand und teilweise mit extra dafür entwickelten Hightech-Maschinen hergestellt. Und das kann bis zu zehn Stunden in Anspruch nehmen. Zudem verlieren Zai Ski nach 100 Ge-brauchstagen lediglich 5 Prozent ihrer Spannung; bei massenproduzierten Ski liegt der Spannungsver-lust bei 25 Prozent – und das nach nur 30 Tagen. Un-ser Ski hält locker vier- bis fünfmal länger als ein Mas-senprodukt. Sie investieren also in langlebige Qualität. Wenn Sie den Preis auf ge-fahrene Kilometer herun-terbrechen, fahren Sie so-gar recht günstig. Und ganz

    Arbeitsplätze zu scha� en, von denen die lokale Bevölkerung

    profi tiert, gehört für mich zur ganzheitlichen Denkweise eines

    Unternehmers. » Simon Jacomet

    Fünf Ratschlägefür KMU von Simon Jacomet

    Mut Ja zur Eigenständigkeit, Ja zur Einmaligkeit.

    O� enheit Geheimniskrämerei gegenüber Partnern, Kunden und Angestellten schadet dem Vertrauen.

    Teamgeist Nur gemeinsam mit motivierten Mitarbeitenden kann Innovation erfolgreich umgesetzt werden.

    Verantwortung Ich kenne meine Rolle im Unternehmen und bin bereit, verantwortungsvolle Aufgaben abzugeben.

    Kundenkontakt Der Austausch zwischen Hersteller und Konsumenten ist der wichtigste Motivationsmotor.

    Mut Ja zur Eigenständigkeit,

    Mut Mut Mut 1.

    O� enheit Geheimniskrämerei gegenüber

    O� enheit O� enheit O� enheit O� enheit 2.

    Teamgeist Nur gemeinsam mit motivierten

    Teamgeist Teamgeist Teamgeist Teamgeist 3.

    Verantwortung Ich kenne meine Rolle im Unternehmen

    Verantwortung Verantwortung Verantwortung Verantwortung 4.

    Kundenkontakt Der Austausch zwischen Hersteller

    Kundenkontakt Kundenkontakt Kundenkontakt Kundenkontakt 5.

    zepräsident der Swiss und frü-her einmal BLICK-Chefredak-tor, Thomas Staubli, Partner der Partners Group, Internet-Unter-nehmer Patrick Lütjens und Ri-cardo Cordero, Ex-CEO der BZ Bank. Sie halten zusammen rund 90 Prozent an Zai Ski.

    Wenn man sich Ihr Team anschaut, fällt der hohe Anteil Einheimischer auf. Zufall oder gewollt?Gewollt, eindeutig. Wirtschaft-lich zählen wir hier im Bündner Oberland zu den Randregionen. Arbeitsplätze zu scha� en, von denen die lokale Bevölkerung profi tiert, gehört für mich zur ganzheitlichen Denkweise ei-nes Unternehmers. Es hat aber auch praktische Gründe.

    Nämlich welche?Hier oben sind alle super

    Skifahrerinnen und Ski-fahrer. Sie wissen also ganz genau, worauf es ankommt, wenn man einen Ski entwickelt. Sie glauben gar nicht, wie kritisch meine Leute sind, wenn ich mal wieder eine Idee habe, welches Mate-

    rial man neu einsetzen könnte. Zudem hält ein

    hoher Anteil Einheimischer die Fluktuation im Betrieb tief, was wiederum den ungewollten Transfer von Know-how unter-bindet. Wir müssen sehr genau schauen, wen wir anstellen. Ich erlebe, dass die Konkurrenz bei uns Praktikanten als Spione ein-schleusen will, damit diese das eine oder andere unserer Be-triebsgeheimnisse in Erfahrung bringen.

    Sie scherzen!Nein, überhaupt nicht. Zai ist mittlerweile bekannt für seine innovativen Ideen. Wir fl iegen nicht mehr unter dem Radar wie in den ersten Jahren. Und als Arbeitgeber sind wir sehr gefragt, wir erhalten Bewerbun-gen aus der ganzen Schweiz. Aber was bringt es mir, wenn

    ich einen Zürcher oder Genfer einstelle, der nach zwei Jahren merkt, dass ihm das Leben in den Bergen doch nicht so zu-sagt? Ein Einheimischer, der mitunter schon ein gewisses Alter hat, ist verwurzelt mit sei-nem Dorf, seiner Region. Der überlegt sich zwei- bis dreimal, ob er den Job hinschmeisst. Da-rüber, mit wem o� ene Stellen besetzt werden, entscheiden auch die Mitarbeitenden. Sie müssen letztlich ja mit den neu-en Kollegen auskommen.

    Sie haben vor ein paar Jahren mit Benedikt Germanier einen CEO an Bord geholt. Damit Sie mehr Zeit auf der Piste verbringen können?Ich bin von Natur aus der krea-tive Typ, tüftle gerne, entwerfe, vertiefe mich in die Entwick-lung. Benedikt, den ich seit un-serer gemeinsamen Zeit als Ski-lehrer kenne, hat als ehemaliger UBS-Banker viel mehr Gespür fürs Geschäft als ich. Leider ver-bringe ich heute aber auch nicht mehr Zeit auf den Brettern als früher, ganz im Gegenteil. Dafür geniesse ich es unglaublich. Um mich auf der Piste anzutre� en, muss man aber früh aufstehen – ich nehme immer die erste Bahn auf den Berg, um neue Ski noch vor dem grossen Ansturm auf Herz und Nieren zu testen. Meist bin ich dann auch als Ers-ter wieder im Tal.

    Gesund, wie Sie eingangs sagten!Natürlich haut es auch mich ab und zu hin. Das gehört schliess-lich zum Job! Dadurch, dass ich mich intensiv mit der Biomecha-nik auseinandergesetzt habe, weiss ich aber, wie man die Fliehkräfte nutzt, um nach dem Sturz gesund wieder aufzuste-hen. Auch das hat mit der ganz-heitlichen Herangehensweise zu tun, wie ich sie einst als Kloster-schüler kennengelernt habe. Na-türlich gehört aber immer auch ein Quäntchen Glück dazu. Und wie unser Ski bin auch ich ziem-lich zäh, oder wie es auf Räto-romanisch heisst: «zai».

    wichtigste Antreiber überhaupt. Ich habe in Florenz Kunst stu-diert, später bei verschiedenen grossen Skimarken gearbeitet. Irgendwann wurde mir klar, dass ich hierher gehöre, in die Surselva. Die Frage war bloss, womit ich fortan mein Geld sinnvoll verdienen sollte.

    Da kamen Sie auf die Idee mit der eigenen Skimarke?Die hatte ich zusammen mit einem Freund. Er kommt im Winter jeweils nach Disentis zum Skifahren und ist heute un-ser Verwaltungsratspräsident. Beim Skifahren haben wir uns

    gefragt, ob wir es scha� en wür-den, eine gemeinsame Idee in die Tat umzusetzen. Wir wollten einen Ski bauen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.

    Ein waghalsiges Vorhaben, wenn man die Entwicklung im Skisektor anschaut.Das kann man sagen, ja. In den 70er-Jahren wurden weltweit jährlich acht Millionen Paar Ski verkauft. Heute sind es noch drei Millionen. Uns war klar: Ohne Qualität, ohne Exklusivi-tät, ohne Innovation haben wir als Nischenplayer keine Chance in diesem schrumpfenden, hart umkämpften Markt. Gleichzei-tig glaubten und glauben wir daran, dass ein eigenständiges Produkt unter all der Massen-ware seine Abnehmer fi ndet.

    Tut es das?Natürlich. Es gibt Enthusiasten, die reisen extra aus den USA an, um dabei zu sein, wenn bei uns in Disentis ihr Ski entsteht. Das ist natürlich ein Extrembeispiel. Gleichzeitig bin ich aber felsen-fest davon überzeugt, dass in ei-ner Welt mit lauter austausch-baren Produkten die Authenti-zität und die Einzigartigkeit im-mer mehr an Gewicht gewin-nen. Schauen Sie: Im letzten Winter hat mich ein Einheimi-scher am Skilift auf meine Ski angesprochen. Als ich ihm ge-sagt habe, was der kostet, hat er keinen Moment gezögert und

    Zur PersonSimon Jacomet wurde 1963 in Disentis GR geboren und hat nach Klosterschule und Matura Kunst in Florenz studiert. Daneben arbeitete er als Skilehrer, später übernahm er den Posten des Technischen Trainers im Schweizer Skiteam. Bevor der Bündner 2003 Zai Ski gründete, war er für Völkl und Salomon in der Skientwicklung tätig. Simon Jacomet ist ver-heiratet, hat zwei Kinder und lebt in Surrein in der Surselva.

    Bewegt sich mit seinem Unternehmen Zai Ski

    auf wirtschaftlich schwankendem Parkett:Gründer Simon Jacomet.

    Ski-WM- AusrüsterZai wird o� zieller Ausrüster bei den Alpinen Ski-Weltmeister-schaften. Ein Engagement, wel-ches 2013, 2015 und 2017 erneu-ert wird. Lancierung des Skis «Zai laisa Double Tip» sowie der Bekleidungslinie «cassacca».

    Gründung Zai Golf

    Lancierung des Skis «Zai nezza». Grün-dung von Zai Golf.

    GründungGründung von Zai Ski in Disentis GR durch Simon Jacomet. 200 Prototypen werden gebaut, zum Einsatz gelangen unge-wöhnliche Material-kombinationen.

    Geburt des Spada

    Der «Zai spada» wird geboren, der weltweit

    einzige Ski, dessen Kern aus Gneis –

    also einem Gestein – besteht.

    Neuer CEODer Ökonom und Banker Benedikt Germanier wird CEO von Zai. Für den englischen Autobauer Bentley entwickeln die Bündner Skibauer einen Ski, der dank eines neuartigen Verbundsto� es aus Carbonfaser lediglich 1,5 Kilo wiegt.

    Zusammenar-beit mit HublotZusammen mit der Uhrenmarke Hublot entwickelt Zai einen Ski,

    dessen Oberfl äche mit einem vul-kanisierten Naturkautschuk belegt wird. Fortan verwendet Zai als ein-zige Skimarke schützende Kanten an der Oberfl äche, die rostfrei sind.

    Im Gespräch

    Ohne Qualität, ohne Exklusivität, ohne Innovation haben wir als

    Nischenplayer keine Chance.»Simon Jacomet

    nicht unbedingt zu den wirt-schaftlichen und kreativen Hotspots im Lande gehört, teure Ski zu produzieren?Wo sollten wir es dann tun, wenn nicht in den Bergen? Das Bündner Oberland und der Skisport gehören zuei-nander. Das ist authentisch und macht Sinn. Und Sinn-haftigkeit ist für mich der

    vom Band. Unser Ski hinge-gen wird von Hand und

    bei massenproduzierten Ski liegt der Spannungsver-lust bei 25 Prozent – und das nach nur 30 Tagen. Un-ser Ski hält locker vier- bis fünfmal länger als ein Mas-senprodukt. Sie investieren also in langlebige Qualität. Wenn Sie den Preis auf ge-fahrene Kilometer herun-terbrechen, fahren Sie so-gar recht günstig. Und ganz

    Unternehmers.

    Geburt des

    13 Jahre Zai Ski

    Neues Material

    «Zai spada» mit Cellulose-Acetat wird

    lanciert, eine Material-anwendung, die in der

    Geschichte des Skis erstmals umgesetzt

    werden kann.

    Der jüngste

    WurfLancierung von «Zai

    laisa» mit Oberfl äche aus Leinen- und von

    Hand gewickelten Car-bonfasern.


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