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Wo und Was – Hellig- keit und Farbe in der Bildgestaltung...Bildgestaltung In der Bildgestaltung...

Date post: 24-Jan-2021
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91 sind Graustufen von denen es ergo 256 Stück gibt. Nach demselben Sche- ma werden selbstverständlich auch alle Mischfarben gebildet. Ein dunk- les Blau, dessen analoge Werte Rot 5 % Grün 45 % Blau 96 % wären, würde binär als Rot 14 Grün 114 Blau 245 be- zeichnet. Im Fall der Techniken, die mit drei einzelnen Sensoren bzw. einem dreischichtigen Sensor für die un- terschiedlichen Wellenlängeneberei- che des Spektrums arbeiten, werden die Werte für Rot, Grün und Blau direkt an jedem Pixel ermi�elt. Bei Bayer-Muster Sensoren ist das nicht möglich. Sie generieren Farbe durch den Demosaicing-Prozess. So wird der Vorgang genannt, in dem das primärfarbige Filtermuster (Color Filter Array, CFA) in ein fertiges Bild mit voller Farbinformation in jedem Pixel übersetzt wird. Da jede Sensorstelle nur Informationen über einen Bereich des Spektrums liefert (kurzwellig/ Blau, mi�elwellig/Grün, langwellig/ Rot), muss der Demosaicing-Algorith- mus die beiden jeweils fehlenden Da- ten interpolieren, quasi „raten“. Dabei stützt er sich auf die benachbarten Pi- xelwerte und stellt etwas an, das man im Englischen als educated guess be- zeichnet. Die einzelnen Pixel werden zu 2x2 Elemente messenden Feldern gruppiert und im Hinblick auf ihre räumlichen und/oder chromatischen Beziehungen miteinander verrechnet. Die Interpolation funktioniert, weil sich aufgrund des Rasters genug In- formationen über die Umgebung eines Pixels ergeben, um eine qualifizierte Vermutung über den wirklichen Farb- wert an dieser Stelle zu äußern. Die dahinterstehende Mathematik ist von Hersteller zu Hersteller verschieden und ein streng gehütetes Geheimnis, denn sie entscheidet maßgeblich über die Bildqualität. Zudem werden stän- dig neue Algorithmen publiziert. Die z.Zt. hochwertigsten beziehen auch das gespeicherte Wissen über eine Vielzahl natürlicher Szenen in ihre Be- rechnungen ein, sind im Hinblick auf den Bildinhalt also adaptiv. Wo und Was – Hellig- keit und Farbe in der Bildgestaltung In der Bildgestaltung können wir die Eigenscha�en der beiden weiter oben beschriebenen Wahrnehmungs- kanäle nutzen, um Bilder aufzuneh- men, die den Betrachter besonders ansprechen. Dazu ist es nötig seine Aufmerksamkeit durch die Stimulati- Wo und Was – Helligkeit und Farbe in der Bildgestaltung Auszug aus PhotoWissen Band 2 Helligkeit und Farbe Infos zum Buch auf www.buecherundbilder.de/photowissen
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sind Graustufen von denen es ergo 256 Stück gibt. Nach demselben Sche-ma werden selbstverständlich auch alle Mischfarben gebildet. Ein dunk-les Blau, dessen analoge Werte Rot 5 % Grün 45 % Blau 96 % wären, würde binär als Rot 14 Grün 114 Blau 245 be-zeichnet.

Im Fall der Techniken, die mit drei einzelnen Sensoren bzw. einem dreischichtigen Sensor für die un-terschiedlichen Wellenlängeneberei-che des Spektrums arbeiten, werden die Werte für Rot, Grün und Blau direkt an jedem Pixel ermi�elt. Bei Bayer-Muster Sensoren ist das nicht möglich. Sie generieren Farbe durch den Demosaicing-Prozess. So wird der Vorgang genannt, in dem das primärfarbige Filtermuster (Color Filter Array, CFA) in ein fertiges Bild mit voller Farbinformation in jedem Pixel übersetzt wird. Da jede Sensorstelle nur Informationen über einen Bereich des Spektrums liefert (kurzwellig/Blau, mi�elwellig/Grün, langwellig/Rot), muss der Demosaicing-Algorith-mus die beiden jeweils fehlenden Da-ten interpolieren, quasi „raten“. Dabei stützt er sich auf die benachbarten Pi-xelwerte und stellt etwas an, das man im Englischen als educated guess be-zeichnet. Die einzelnen Pixel werden zu 2x2 Elemente messenden Feldern gruppiert und im Hinblick auf ihre

räumlichen und/oder chromatischen Beziehungen miteinander verrechnet. Die Interpolation funktioniert, weil sich aufgrund des Rasters genug In-formationen über die Umgebung eines Pixels ergeben, um eine qualifizierte Vermutung über den wirklichen Farb-wert an dieser Stelle zu äußern. Die dahinterstehende Mathematik ist von Hersteller zu Hersteller verschieden und ein streng gehütetes Geheimnis, denn sie entscheidet maßgeblich über die Bildqualität. Zudem werden stän-dig neue Algorithmen publiziert. Die z.Zt. hochwertigsten beziehen auch das gespeicherte Wissen über eine Vielzahl natürlicher Szenen in ihre Be-rechnungen ein, sind im Hinblick auf den Bildinhalt also adaptiv.

Wo und Was – Hellig-

keit und Farbe in der

Bildgestaltung

In der Bildgestaltung können wir die Eigenscha�en der beiden weiter oben beschriebenen Wahrnehmungs-kanäle nutzen, um Bilder aufzuneh-men, die den Betrachter besonders ansprechen. Dazu ist es nötig seine Aufmerksamkeit durch die Stimulati-

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on des zuerst und sehr schnell anspre-chenden Wo-Systens anzuregen. Dazu dienen die in der klassischen Bildgestal-tung als achromatische Bestandteile bekannten Elemente. Dies sind:

• Linien – gerade, aber in unter-schiedlichen Winkeln zueinander

• Objektformen und -gestalten – zweidimensional als Silhoue�en, dreidimensional durch seitliche Be-leuchtung

• Kontrastreiche Oberflächentex-turen – besonders hervorgehoben durch von der Seite einfallende Be-leuchtung

• Muster – die bewußt geordnete Wiederholung der zuvor genannten Elemente

Kontrastreiche, klare Objektkanten, Linien, Formen, Winkel und die Andeutung von räumlicher Tiefe sind wichtige Marksteine für die Fähigkeit unseres visuellen Systems, Objekte zu erkennen und zu differenzieren. Abb. 56 baut primär auf die genannten Ge-staltungsmerkmale und triggert das Wo-System mit dem hohen Kontrast, den klaren Kanten, den Linien, Formen und Winkeln. Betrachten Sie das Bild eine Zeitlang und versuchen Sie sich be-wußt zu werden, wohin Ihr Blick wan-dert und wo er verweilt. Der Wo-Kanal kategorisiert den Bildinhalt schnell, ver-

liert dann das Interesse und sucht au-ßerhalb nach neuen Reizen. Gehalten wird der Blick des Betrachters durch Merkmale die das intellektuelle Was-System ansprechen. Dazu zählen:

• Geschwungene und gebogene Linien

• Geringere Kontraste• Eine große Zahl von Einzelheiten

• A l l m ä h l i c h e Tonwertübergänge

• Farben

Abb. 57 bedient sich dieser Elemente und bdient das Was-System mit dem niedrigeren Kontrast, den allmählichen Tonwertübergängen, den Texturen, Details und Farben. Haben Sie den Blick erst einmal auf die Abbildung gelenkt, was Ihnen sicher schwerer fällt als beim ersten Bild, so hält er sich dort länger, strei� umher und mustert alles genau, weil der Was-Kanal zwar langsamer, aber andau-ernder reagiert. Farbe wird in dieser Hinsicht zu Recht erst an letzter Stelle genannt. Dies soll ihre Rolle nicht ent-werten, sondern in der Hierarchie nur den gerechten Wert zuweisen.

Das erste Bild ist also zu Wo-orientiert, um die Aufmerksamkeit des Betrachters lange zu halten, das zweite ist zu Was-lastig, um seine

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Aufmerksamkeit leicht und schnell zu erregen. Erst die Kombination aller Eigenscha�en triggert beide Wahrnehmungskanäle, wie es Abb. 58 demonstriert. Die kontrastreichen Kanten und vielfältigen Formen zie-hen den Blick unwiederstehlich ins Bild, wo er von den abwechslungsrei-chen Texturen, Details und der Farbe zuverlässig festgehalten wird.

Weil die Helligkeitswerte, die das farbenblinde Wo-System sieht, nicht in unsere bewußte Wahrnehmung drin-gen, sondern zuvor mit den Farbinfor-mationen des Was-Systems vereinigt werden, ist es schwer eine Szene so zu visualisieren, wie sie der Wo-Ka-nal sieht. Um den Effektivitätsgrad einer Komposition vor der Aufnahme besser einschätzen zu können, sollten Sie Ihre Farbbilder daher immer wie-der mal in Graustufen betrachten. Am besten im Luminanz-Kanal des Lab-Farbmodells, weil seine Umsetzung der Farbwerte unserer Wahrnehmung am nächsten kommt.

Die SW-Photographie hat die achromatischen Gestaltungsmerkmale natürlich schon immer favorisiert und darin könnte der Grund dafür liegen, daß uns diese Bilder so zufriedenstel-len und nur wenige Betrachter das Ge-fühl haben es fehle die Farbe. – Denn Farbe ist im neurologischen Sinn zur eine Zugabe! Abb. 58: Foto Wo- und Was-System

Abb. 57: Foto Was-System

Abb. 56: Foto Wo-System

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Abb. 59: Farbkreis mit Primär-, Sekundär- und Tertiarfarben

Farbkontraste – Gegen-

farbkombinationen in

der Bildgestaltung

Nicht alle Farbkombinationen wirken auf uns gleich. Zu große Buntheit schreckt uns schnell ab und einfarbige Gestaltungen empfinden wir als genauso langweilig, wie bei-spielsweise die Aneinanderreihung

gänzlich ungesä�igter Farben. Mit dem doppelten Gegenfarbenmecha-nismus haben wir im Abschni� „Drit-te Verarbeitungsstufe – Hinzufügen eines räumlichen Aspekts für Farbe“ eine Möglichkeit kennengelernt, mit der das visuelle System in der Lage ist, räumliche Beziehungen zwischen Farbarrangements herzustellen. In ih-nen finden wir die neurologische Basis dafür, daß sich jene Farbkombinatio-nen, von denen wir im Abschni� „Die Beziehung zwischen den additven- und subtraktiven Grundfarben“ fest-gestellt haben, daß sie sich zu Weiß ergänzen (also quasi neutralisieren), wenn man sie mischt, gegenseitig ver-stärken, wenn sie räumlich nebenein-ander stehen. Bei den komplementä-ren Lichtfarben sind dies die Paarun-gen Rot + Cyan, Grün + Magenta sowie Blau + Gelb und alle anderen analog vorkommenden Kombinationen. Im „richtigen“ Verhältnis empfinden wir solche Kombinationen als harmonisch, im „falschen“ dagegen als unharmo-nisch. Wie diese Bewertung zu Stande kommt, ist derzeit zwar noch unklar, nichtsdestoweniger lassen sich einige grundsätzliche Regeln herleiten, die uns in der Bildgestaltung nützlich sind.

Eine übersichtliche Möglichkeit die Farbwerte im Hinblick auf ihre Har-moniewirkung zu ordnen, ist ihre Dar-

Helligkeit und Farbe in der Photographie

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stellung in einem Farbkreis. Sie ordnet die Grundfarben unterschiedlich an je nach dem, ob sie die additive- oder die subtraktive Farbmischung darstellen. Die Mischung von Licht im Compu-ter-Monitor oder Fernseher basiert auf den additiven Grundfarben Rot, Grün und Blau. Der Farbdruck arbeitet mit den subtraktiven Primärfarben Gelb, Magenta (Viole�) und Cyan (Blau-grün). Durch die Mischung von zwei Primärfarben entsteht eine Sekundär-farbe, durch die einer Primär- und ei-ner Sekundärfarbe entsteht eine Terti-ärfarbe.

In einem Farbkreis sind die Primärfarben, Sekundärfarben und Tertiärfarben in der Regel so angeord-net, daß die Sekundärfarben zwischen den Primärfarben liegen und die Ter-tiärfarben zwischen den Primär- und Sekundärfarben, aus denen sie ge-mischt werden. Aus den Primärfarben Gelb und Rot entsteht in der subtrak-tiven Mischung die Sekundärfarbe Orange, aus Rot und Blau wird Viole�, aus Blau und Gelb wird Grün. Mischt man die Primärfarbe Gelb und die Se-kundärfarbe Orange, erhält man die Tertiärfarbe Gelborange. Auf die glei-che Art entstehen die restlichen Terti-ärfarben.

Unabhängig von den verwende-ten Primärfarben können sich aus den Farbkreisen verschiedene Kon-

trastarten und Harmonien ableiten lassen, die der Forderung nachkom-men, daß die Farbwerte das Bestre-ben zum gegenseitigen Ausgleich in einem neutralen Mi�elwert haben sollen, damit ein Bild harmonisch auf uns wirkt. Farbkombinationen, die diese Bedingungen erfüllen, scheinen sich gegenseitig zu verstärken, lassen die jeweils andere Farbe gesä�igter erscheinen und ihre Wirkung ist in-tensiver als die der einzelnen Farbe. Beispiele sind Abstufungen von ei-nem gesä�igten zu einem ungesä�ig-ten Gelb für den Qualitätskontrast, die Kombination von Rot und Grün für den Komplementärkontrast oder die gemeinsame Verwendung von Blau, Rot und Gelb für den Farbtonkontrast.

KomplementärkontrastDer Komplementärkontrast grei�

das eingangs Gesagte exakt auf und die Gestaltung mit ihm nutzt den physiologischen Gegenfarbmechanis-mus praktisch aus. Komplementäre Paare stehen sich auf dem Farbkreis gegenüber. Farben, die in einer Kom-plementärbeziehung stehen, bilden ein besonderes Harmonieverhältnis, da sie sich gegenseitig in ihrer Farbin-tensität und Leuchtkra� steigern. Sie befinden sich in einem Gleichgewicht der Krä�e, das zwar stabil ist, aber gleichzeitig unruhig vibriert.

Farbkontraste – Gegenfarbkombinationen in der BildgestaltungKomplementärkontrast

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monisch, ruhig und ausgeglichen hin zu dynamisch oder sogar aggressiv. Jeder Komplementärfarbenkontrast beinhaltet systembedingt zugleich immer auch einen Hell-Dunkel- und einen Kalt-Warm-Kontrast. In der Malerei gilt auch die Definition, daß sich zwei komplementäre Farben zu einem neutralen Grau ausmischen lassen. Die stärkste Kontrastwirkung haben Magenta und Grün, da sie gleichhell sind. In der Gestaltung ist dieser Kontrast ein Blickfänger, der schnell verbraucht, wenn er nicht mit Mischfarben augenschonend gemil-dert wird.

Auf einem in sechs Teile geglieder-ten Farbkreis lassen sich die folgen-den drei Haupt-Komplementärpaare bilden: Rot/Grün, Blau/Orange, Gelb/Viole�. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß ihre gemeinsame Verwendung die Farbwirkung und Sä�igung bei-der Farben steigert. Da echte Komple-mentärfarbenkontraste sehr bildwirk-sam sind, ist das Flächenverhältnis, in dem die beiden Komplementärfarben zueinander stehen, für die Komposi-tion entscheidend. Die Kombination von Grün und Rot erscheint bei glei-cher Verteilung der Flächenanteile harmonisch. Cyan (Blaugrün) und Rot sollten dagegen schon im Ver-hältnis von 2:1, Blau und Gelb sogar von 3:1 stehen. Die Abweichung von diesen visuellen Optimalwerten ver-schiebt die Bildgestaltung von har-

Helligkeit und Farbe in der Photographie

Abb. 61: Farbkreis Komplementärfarben

Abb. 60: Motiv in den Komplementärfarben Blau-Gelb

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Hell-Dunkel-KontrastDer Hell-Dunkel-Kontrast ist ein

optischer Primärkontrast, der we-sentlich zur Bildspannung beiträgt und eine visuell sehr starke Polarität bildet. Augenfällige Beispiele sind natürlich Schwarz und Weiß, Blau und Gelb oder Schwarz und Gelb als Kombination der dunkelsten Unbunt-farbe und des hellsten Bun�ons. Das Zusammenwirken unterschiedlich heller Farben bewirkt aber auch noch andere visuelle Effekte. So erscheinen helle Flächen größer als gleichgro-ße dunkle, weil die helle Fläche die dunkle überstrahlt. Dies wird Irradia-

tion genannt. Darüber hinaus wirken dunkle Objekte schwerer als helle und helle Körper erscheinen uns näher zu sein als dunkle. Ordnet man die Far-ben also in der richtigen Reihenfolge zueinander an (z.B. Gelb vor Schwarz), so stellt sich eine überzeugende plas-tische Bildwirkung ein.

Kalt-Warm-KontrastBegriffe wie kalt und warm in Be-

zug auf Farben zu verwenden mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, je-doch besteht diese Identifizierung zu Recht. Daß wir den blau-grünen Teil des Spektrums als kalt, den gelb-ro-ten dagegen als warm empfinden, hat sich in verschiedenen Experimenten bestätigt. Probanden, die in mit sol-chen Farbtönen gestrichenen Räumen au�ielten, schätzen beispielsweise

Abb. 62: Farbkreis Hell-Dunkel-Kontrast

Abb. 63: Motiv das den Hell-Dunkel-Kontrast nutzt

Farbkontraste – Gegenfarbkombinationen in der BildgestaltungHell-Dunkel-Kontrast, Kalt-Warm-Kontrast

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die Temperatur bei blaugrün um meh-rere Grad niedriger ein als bei gelbrot. Dieser Kalt-Warm-Kontrast besteht auch zwischen verwandten Farben. Kalt-Warm-Klänge aus Komponen-ten eines Farbtons wie zum Beispiel Rotviole�-Blauviole�-Cyan wirken intensiv, aktivierend und bewegt. Die-se Farbspannung hat einen Aufforde-rungscharakter, der sich gut für The-men wie Sport und Internet-Shopping eignet. Darüber hinaus läßt sich mit der Kombination solcher Farbwerte auch der Raumeindruck eines Bildes nachdrücklich gestalten: warme Far-ben erscheinen näher, kalte ferner. Ein Landscha�sphoto wirkt räumlicher, wenn im Hintergrund kalter blauer Himmel ist. Kalte Farben sind distan-ziert undberuhigend, warme nah und aufregend. Dieser Nah-Fern-Kontrast

ist mitverantwortlich für die Farbper-spektive. Der Kalt-Warm-Kontrast tri� in der Regel zusammen mit dem Hell-Dunkel-Kontrast auf.

Farbe-an-sich-KontrastDie gleichzeitige Verwendung vie-

ler bunter und stark gesä�igter Farben läßt ein Bild sehr unruhig wirken, ja kann es unter Umständen sogar ganz zerreißen. Bilder, die dagegen in we-nige gut unterscheidbare Farben ge-gliedert sind, erfahren eine erhebliche positive Steigerung der Bildwirkung. Dies Gestaltungsschema nennt man Primärfarbenkontrast oder auch Farb-tonkontrast. Er findet seine stärkste

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Abb. 65: Farbkreis Kalt-Warm-Kontrast

Abb. 64: Motiv im Kalt-Warm-Kontrast Rot-Blau

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Ausprägung in der Kombination der subtraktiven- bzw. additiven Grund-farben, die sich jedoch in ihrer Aus-sage und Wirkung unterscheiden. Während die subtraktiven Grundfar-ben Gelb, Magenta und Cyan freund-lich-laut erscheinen, wirkt die davon entfernte Kombination der additiven Grundfarben Blau, Grün und Rot eher dezent und ruhig. Eine flächenmä-ßig gleiche Verteilung der Farben ist keine unbedingte Voraussetzung für eine harmonische Bildwirkung, eine- oder zwei Farben dürfen die Gestal-tung ruhig dominieren. Ist dennoch eine Abschwächung des Kontrastes gewünscht, so kann dies durch die

Einbeziehung von Unbun�önen, wie Schwarz und Weiß, geschehen. In frei-er Natur finden sich die Grundfarben selten in gut gestaltbarer Form. Mas-senveranstaltungen, wie die Kirmes, der Zirkus oder der Karneval greifen sie dagegen gern auf.

Simultankontrast Der Simultankontrast ist uns

schon in den Abschni�en „Zweite Verarbeitungsstufe – Umformung der Signale in Gegenfarbkanäle“ und

„Dri�e Verarbeitungsstufe – Hinzu-fügen eines räumlichen Aspekts für Farbe“ begegnet. Dort haben wir uns auch eingehend mit seiner neurophy-siologischen Basis befasst. Er entsteht, weil das visuelle System zu einer ge-gebenen Farbe quasi die jeweilige Komplementärfarbe „verlangt“. So

Abb. 66: Farbkreis Farbe-an-sich-Kontrast

Abb. 67: Motiv im Primärfarbenkontrast

Farbkontraste – Gegenfarbkombinationen in der BildgestaltungFarbe-an-sich-Kontrast, Simultankontrast

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scheinen an farbige Flächen grenzen-de graue Flächen in der Komplemen-tärfarbe gefärbt zu sein, was eine Kon-traststeigerung zur Folge hat. Betrach-ten wir einen roten Balken einmal auf einer orangefarbenen, dann auf einer viole�en Fläche, so haben wir den Eindruck, daß rot im orangefarbenen Feld dunkler und bräunlicher ist. Glei-che Farben können auf unterschied-lichen Farben verändert erscheinen. Helle Farben auf gesä�igten Hinter-grundflächen haben den stärksten si-multanen Effekt. Diesem Effekt kann man durch Beimischen der jeweiligen Farbe entgegenwirken bzw. durch ihren Entzug verstärken. Simultan-effekte werden meist nur unbewusst wahrgenommen, spielen aber auch im S/W-Bereich eine entscheidende Rolle. Der Simultankontrast gilt neben dem Komplementärkontrast als wichtigs-ter Beeinflussungsfaktor im Zusam-menspiel der Farben.

Eng damit verwandt ist der Sukzessiv-Kontrast, auch Nachfolge-Kontrast genannt. Er erzeugt ein komplementäres Nachbild. Schaut man zum Beispiel lange auf eine vio-le�e Fläche und dann schnell auf eine weiße, erscheint diese in der Komple-mentärfarbe Gelb zu leuchten. Dieser Effekt tri� auch bei Schwarz und Weiß auf. Bei Grauwerten ist der Simultan-kontrast neben dem Sukzessivkon-

trast der einzige Kontrast, der auch in der Hell-Dunkel-Wahrnehmung Bestand hat. Hier wirkt er zum einen als Flächenkontrast, zum anderen als Randkontrast.

QualitätskontrastDer Qualitätskontrast, auch

Intensitäts-Kontrast, bezeichnet den Kontrast zwischen den Sä�igungs- bzw. Helligkeitsabstufungen einer einzelnen Farbe (Farbqualität = Rein-heitsgrad einer Farbe) oder die ge-meinsame Wirkung von solchen Far-ben, die im Farbkreis dicht beieinan-der liegen. Deswegen wird er auch als Kontrast der verwandten Farben be-zeichnet. In der Perspektive entspricht er der Lu�perspektive. Gelb, Orange und Rot haben beispielsweise ge-meinsam, daß sie alle drei zugleich warme und helle Farben sind. Die Verwandtscha� von Viole�, Blau und Blaugrün besteht auf der anderen Sei-te darin, daß sie kalt und dunkel sind. Bilder, die nach dem Prinzip des Qua-litätskontrastes gestaltet sind, zeich-nen sich durch eine dezente und sehr disziplinierte Farbwirkung aus. Der Qualitätskontrast kann durch benach-barte Farben stark verändert werden, beispielsweise wirken sehr schwache Farbtöne neben reinem Grau immer noch leuchtend und intensiv. Er dient unter anderem zur Verstärkung von

Helligkeit und Farbe in der Photographie

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Scheinräumlichkeit, da leuchtende Farben nach vorne streben. Außerdem trägt er wesentlich zur Stimmung ei-nes Bildes bei. Die Farbqualität kann praktisch durch vier verschiedene Vorgehensweisen verändert werden:

• Beimischen von Weiß ergibt meist kältere, immer aber hellere Farben.

• Beimischen von Schwarz nimmt den Farben ihren Lichtcharakter. Schwarz entfremdet die Farben dem Licht und tötet sie mehr oder weniger schnell.

• Beimischen von Weiß und Schwarz, also mit Grau führt vielfach zu gleichhellen, helleren oder dunkleren, aber immer trüberen Farbtönen. Farben werden mehr oder weniger neutralisiert und blind.

• Beimischen der Komplementärfarbe führt zur Trübung reiner Farben. Bei passendem Mischverhältnis entsteht ein gebrochenes Grau, bei wenig Zugabe der Komplementärfarbe eine gedämp�e Version des ursprünglichen Tons.

Abb. 68: Qualitätskontrast

Abb. 69: Foto mit Qualitätskontrast

Farbkontraste – Gegenfarbkombinationen in der BildgestaltungQualitätskontrast

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QuantitätskontrastDer Quantitätskontrast bezieht sich

auf die Größenverhältnisse von Farb-flächen und deren Leuchtkra�. Wenn man gleichgroße Farbflächen zusam-menstellt, dann treten einige Farben in den Vordergrund (wie zum Beispiel Gelb) und andere treten zurück (wie zum Beispiel Viole�). Bei der Bestim-mung von Farbquantitäten sind zwei Kriterien anzulegen: A) die Leuchtkra� und B) die Größe der Farbflächen. Als Faustregel für den Größenvergleich der Farbgewichte gelten bis heute die Re-lationen, die schon Goethe bestimmt hat und die durch die unterschiedliche Empfindlichkeit der Zapfenrezeptoren erklärt werden können.

Gelb = 9,Orange = 8Rot = 6

Damit eine Farbkombination der Summe als ausgewogen und harmo-nisch empfunden wird, sollten ihre Anteile im umgekehrten Helligkeits-verhältnis stehen. Viole� und Grün beispielsweise stehen für 3 und 6 und deswegen sollten die Mengenan-teile dieser Farben im Verhältnis 6:3 stehen. Das Bild sollte als doppelt so viel Viole� als Grün enthalten, damit es ausgeglichen erscheint. Ist dies gegeben, so nennt man den Mengen-kontrast harmonisch. Weichen die Verhältnisse dagegen stark voneinan-der ab, spricht man vom exzessiven Quantitätskontrast. Dieser ist ein gut geeignetes Mi�el, um einem Bild zu Spannung und Dramatik zu verhel-fen. Setzt man eine intensive Farbe allerdings nur punktuell da ein, wo es wichtig ist, spricht man von einer Signalwirkung. Addiert man jeweils die Werte der komplementären Farb-paare, so erhält man jedesmal den Wert 12:

Orange + Viole�-Blau = 3 + 9 =12Orangerot + Cyan = 4 + 8 = 12Magenta + Grün = 6 + 6 = 12

Abb. 70: Quantitätskontrast

Helligkeit und Farbe in der Photographie

Viole� = 3Blau = 4Grün = 6

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Konstanz ausgeschlos-

sen – Die Rolle der Be-

leuchtungsqualität

Ihnen ist sicher auch schon aufge-fallen, daß das Mi�agslicht deutlich weißer und kühler erscheint als das eher rötliche und warme Spätnach-mi�agslicht. Diese Empfindung kön-nen wir physikalisch durch die Farb-temperatur ausdrücken, die in Kelvin (K) gemessen wird. Hohe Gradzahlen bedeuten eine kalte bläuliche Färbung, niedrige Zahlen dagegen warmes, mehr gelbes oder rötliches Licht. Das liegt daran, daß die Farbtemperatur an der Färbung eines erhitzten Metall-körpers orientiert wird (der sogenann-te „schwarze Körper“). Wenn man ihn erwärmt, leuchtet er rötlich, erhitzt man ihn stärker strahlt er blauweiß. In der photographischen Praxis rech-net man in der Regel nicht mit Kelvin-Angaben, sondern mit den handliche-ren Mired-Werten (Micro Reciprocal Degree) bzw. Dekamired-Werten. Sie leiten sich nach den folgenden For-meln aus den Kelvin-Werten her:

Mired = 1000000 / Kelvin

Dekamired = Mired / 10

Einige Beispiele für Farbtempera-turen und ihre Äquivalentwerte:

Tabelle 1 Lichtsituationen und Farbtemperaturen

Licht-situation

Farbtemperatur in

Kelvin Mired Dekamired

Blauer Himmel

12000 83 8

MittleresTageslicht

5600 179 18

Glühlampe 3200 313 31

Kerzenlicht 1500 667 67

Konstanz ausgeschlossen – Die Rolle der Beleuchtungsqualität

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