WirtschaftsberichtÖsterreich 2015
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WirtschaftsberichtÖsterreich 2015
I M P R E S S U M
Herausgeber und Medieninhaber:Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und WirtschaftStubenring 11010 Wien Zentrale Beiträge für die Erstellung des Wirtschaftsberichts Österreich 2015 wurden vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und vom Bundesministerium für Finanzen bereitgestellt. Weitere wichtige Inputs und Informationen stammen vom Bundeskanzleramt (inkl. betr. Öffentlichen Dienst), Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Bildung und Frauen, Bundesministerium für Familie und Jugend, Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Inneres, Bundesministerium für Justiz, Bundesministerium für Landesver-teidigung und Sport, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, von der Bundeswettbewerbsbehörde, der Europäischen Kommission und der OECD, von WIFO und IHS sowie von namentlich genannten Ökonomen und Ökonominnen. Redaktionsschluss: 18. Juni 2015
Redaktion: Abteilung C1/1, BMWFW Layout: Zeitmassdesign, Kandlgasse 16/2/4, 1070 WienDruck: Stadtdruckerei, Kolingasse 12, 1090 Wien Wien, Juni 2015
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten 5
2. Wirtschaftliche Lage 15
2.1. Entwicklung 2014 und Prognosen 16
2.2. Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD 21
2.3. Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen 26
3. Wirtschaftspolitisches Programm 41
3.1. Wirtschafts- und budgetpolitische Strategie 42
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren und Binnenmarkt forcieren 45
3.3. Gründertum fördern 52
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken 55
3.5. Sektorelle Schwerpunkte 59
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken 65
3.7. Internationaler Handel 71
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen 72
3.9. Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen 77
3.10. Die Infrastruktur auf die Zukunft ausrichten 80
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen 82
4. Entwicklung und Maßnahmen 87
4.1. Stabilisierungspolitik 88
4.2. Wettbewerbspolitik 90
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen 94
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik 102
4.5. Außenwirtschaftspolitik 112
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik 116
4.7. Kapitalmarktpolitik 124
4.8. Infrastrukturpolitik 128
4.9. Beschäftigungspolitik 129
4.10. Bildungspolitik 134
4.11. Budgetpolitik 139
5. Tabellen 141
Inhalt Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Wirtschaftsbericht Österreich 2015
1Wettbewerbsfähigkeit stärken –
Neue Gründerzeit einläuten
6
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten
In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sind international wettbewerbsfähige Rahmenbedin-
gungen die Grundvoraussetzung für eine dynamische Wirtschaft. In diesem Sinne hat die Bun-
desregierung zahlreiche Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt, wie der Wirtschaftsbericht 2015
darstellt. Dennoch sind in allen Bereichen weitere Reformen notwendig, denn der internationale
Wettbewerb steigt und erfordert eine laufende Überprüfung und Anpassung der standortpoliti-
schen Rahmenbedingungen. Zur Unterstützung der Ziele bekennt sich die Bundesregierung zu
Reformen in den Bereichen Verwaltung, Förderungen, Arbeitsmarkt und Pensionen, wie sie auch
bereits im Regierungsübereinkommen festgelegt wurden. Zusätzlich braucht es weitere Refor-
men, um die Menschen länger in Beschäftigung zu halten und langfristig wieder mehr Spielraum
für Zukunftsinvestitionen in Wissenschaft und Forschung zu haben. Auch der Arbeitsmarkt steht
vor großen Herausforderungen, die eine Überprüfung der Instrumente der aktiven Arbeitsmarkt-
politik erfordern. Mit der Ausweitung der Beschäftigungsförderung für ältere Arbeitssuchende
entstehen neue Anreize und Chancen für den Wiedereinstieg nach Arbeitslosigkeit. Damit Unter-
nehmen wieder stärker investieren, müssen sie als Partner beim Ausbau ihrer Wettbewerbsfähig-
keit unterstützt werden. Zudem soll der bürokratische Aufwand reduziert werden. Entsprechende
Erfolge unterstützen Investitionen und Betriebserweiterungen und erleichtern das Anstellen zu-
sätzlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Zusätzlich zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts gibt es ein weiteres
klares Ziel: Österreich soll zum Gründerland Nummer 1 in Europa werden. Entscheidend ist, dass
wir das Umfeld für Gründer und Gründerinnen kontinuierlich verbessern, Innovationen fördern,
den Zugang zu Finanzierungen unterstützen und den Unternehmergeist im Land stärken. Ein be-
sonderes Augenmerk liegt dabei auch auf kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat
der heimischen Wirtschaft bilden.
Wirtschaftliche Entwicklung verhalten positiv
Noch immer ist die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und auch in Österreich von den Nach-
wirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise geprägt. Wir befinden uns im siebten Jahr der Wirt-
schaftskrise. Dennoch konnte die Eurozone 2014 die Rezession überwinden und sind auch für die
nächsten Jahre Aufwärtstendenzen zu erkennen. Auch in Österreich scheint die Talsohle durch-
schritten, mit dem niedrigen Ölpreis und dem schwächeren Euro sind gerade für die exportstarke
heimische Wirtschaft positive Entwicklungen zu erwarten. Nach dem realen Anstieg des Brut-
toinlandsprodukts um 0,3 Prozent im Jahr 2014 erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute für
2015 und 2016 höhere Steigerungsraten. Das WIFO prognostiziert für 2015 ein Wachstum von
0,5 Prozent, das IHS ist mit 0,8 Prozent noch optimistischer. Für 2016 gehen beide Institute von
Werten über der Ein-Prozent-Marke aus – das WIFO von 1,3 Prozent und das IHS von 1,6 Prozent.
Die Oesterreichische Nationalbank geht für 2015 von einem Wachstum von 0,7 Prozent aus. Für
2016 erwartet sie ein Plus von 1,9 Prozent.
Wirtschaftsentwicklung in Österreich bis 2016Quelle: Statistik Austria; Prognosen von WIFO, IHS und OeNB vom Juni 2015
WIFO IHS OeNB
Positive Impulse vom Außenhandel
Weltweit ist zurzeit ein Anziehen der Konjunktur zu beobachten. Auch für die Eurozone, die 2013
noch eine negative Entwicklung hinnehmen musste, wird nun eine höhere Steigerung des Brutto-
inlandsprodukts prognostiziert. Diese Entwicklung wird auch Österreich positiv beeinflussen und
so kann Österreich von der internationalen Beschleunigung der Konjunktur profitieren. 2014 konn-
te ein neuer Rekord in Hinblick auf die Anzahl der Exporteure erzielt werden: Rund 50.000 Un-
ternehmen bieten nun ihre Produkte im Ausland an. Im Vorjahr wurde der vierte Exportrekord in
Folge erzielt, was ein Indiz für eine hohe Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe, Produkte
und Dienstleistungen ist. Sowohl die Ausfuhren in die Europäische Union als auch in Drittstaaten
sind gestiegen. Die drei wichtigsten Exportländer außerhalb der EU waren die USA, die Schweiz
und China. Zum Erfolg beigetragen haben auch die Maßnahmen und Angebote der bewährten För-
deroffensive ‚go international‘. Diese unterstützt vor allem die Erschließung neuer Zukunftsmärk-
te mit neuen Produkten und Dienstleistungen. Damit verteilt sich auch das Risiko besser, wenn es
im Handel mit einzelnen Märkten, wie aktuell zum Beispiel Russland, zu Einbrüchen kommt.
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1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
1,7
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20102004 201320072002 20112005 201420082003 20122006 2015 20162009
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Investitionen ankurbeln
Investitionsoffensive für Europa
Investitionen erhöhen Wachstum, Produktivität und Arbeitsplätze. Sie ermöglichen zudem die
Entwicklung von innovativen Technologien und sind damit der Schlüssel für den langfristigen
Wohlstand Österreichs. Umso wichtiger ist es, die Investitionen der Unternehmen gezielt zu un-
terstützen, um die aktuelle Schwächephase zu überwinden. Einen wesentlichen Beitrag dazu wird
der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) leisten, über den öffentliche und
private Investitionen von zumindest 315 Milliarden Euro mobilisiert werden sollen. Als starkes
Exportland und offene Volkswirtschaft würde Österreich von einer Konjunkturbelebung in Europa
besonders profitieren und spricht sich für eine möglichst rasche und unbürokratische Umsetzung
des Programms aus, das nicht nur unmittelbar Investitionen stimulieren, sondern auch das ge-
samte Investitionsklima verbessern soll. Daher ist EFSI Teil eines integrierten, auf drei Säulen
basierenden Ansatzes der Europäischen Kommission: Neben der Investitionsoffensive sind das
energische Strukturreformen und eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik.
Nationale Maßnahmen zur Investitionsstärkung
In Österreich stehen über die Angebote der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) jährlich
rund eine Milliarde Euro an zinsgünstigen Krediten, Zuschüssen und Garantien zur Verfügung, um
die Finanzierung von Unternehmen zu unterstützen. Eine zusätzliche Initiative ist das Konjunktur-
paket zur Schaffung von leistbarem Wohnraum. Dieses wird kostengünstigere und längerfristige
Mittel der Europäischen Investitionsbank für den Bau von zusätzlichen 30.000 Wohnungen über
einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren bereitstellen. Das soll zur Belebung der Konjunktur
und zur Schaffung von bis zu 20.000 zusätzlichen Vollzeit-Arbeitsplätzen über die Laufzeit des
Programms führen. Insgesamt soll ein Gesamtinvestitionsvolumen von 5,75 Milliarden Euro aus-
gelöst werden. Das bringt leistbaren Wohnraum für rund 68.000 Bewohner und Bewohnerinnen.
Zusätzlich investiert die Austrian Real Estate, eine Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft BIG,
bis 2020 rund zwei Milliarden Euro in den heimischen Wohnbau. Das ermöglicht den Bau von zu-
sätzlichen rund 10.000 neuen Wohnungen.
Bürokratie abbauen, Wirtschaften erleichtern
Entbürokratisierung erleichtert den Unternehmen, sich auf das Wirtschaften zu konzentrieren.
Daher wurden unter Einbeziehung zahlreicher Rückmeldungen von Wirtschaftstreibenden über
eine Online-Plattform mehrere Verbesserungen erreicht: Seit April 2015 entfallen für tausende
kleinere Betriebe die bisher notwendigen gewerberechtlichen Anlagegenehmigungen. Wirtschaft
und Behörden ersparen sich dadurch zeitraubende Verfahren, die um rund 20 Prozent reduziert
werden. Ende März ist das neue »Gewerbeinformationssystem Austria« (GISA) in Betrieb ge-
gangen. Die bundeseinheitliche Lösung ersetzt die bisher 14 dezentralen Gewerberegister. Das
einzelne Unternehmen erspart sich dadurch Zeit, Aufwand und Kosten, weil etwa Gewerbeanmel-
dungen, Standortverlegungen und Betriebseröffnungen deutlich leichter möglich sind. Vor allem
Gründer und Gründerinnen profitieren. Durch GISA kann jeder Unternehmer und jede Unterneh-
merin österreichweit eine elektronische Gewerbeanmeldung durchführen, muss dafür also nicht
mehr persönlich zur Gewerbebehörde gehen. In einem ersten Schritt wurde zudem die Zahl der
Beauftragten um vier reduziert, was Aufwand und Kosten für die kumuliert bis zu 53.000 betrof-
fenen Unternehmen spürbar verringert. Viele Betriebe haben sich auch über die Bürokratie bei
Arbeitszeitaufzeichnungen beschwert. Daher wurden Verbesserungen erreicht, die Anfang 2015
in Kraft getreten sind. Zum Beispiel kommt es zu einer Ausweitung des Entfalls der Aufzeichnung
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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von Ruhepausen und einer stärkeren Möglichkeit von Saldenaufzeichnungen. Weiters entfällt die
Aufzeichnungspflicht bei täglich gleichbleibenden Arbeitszeiten. Auch die Meldeverpflichtung an
das Arbeitsinspektorat über Schichtpläne und Kurzpausen fällt weg. Aufbauend auf den Arbeiten
der Aufgaben- und Deregulierungskommission sind weitere Schritte zu setzen, um den bürokrati-
schen Aufwand für die Wirtschaft zu reduzieren.
Neue Gründerzeit etablieren
Die Gründerland-Strategie, in deren Erarbeitung die Gründerszene eingebunden war, hat das
Ziel Österreich zum gründerfreundlichsten Land in Europa zu machen. Österreichs Gründerland-
Community hat dafür fünf politische Handlungsfelder mit 40 prioritären Maßnahmen vorgeschla-
gen. Unternehmensgründer und -gründerinnen sind innovativ und schaffen Arbeitsplätze und
sollen daher auf allen Ebenen unterstützt werden. Notwendig ist, das Umfeld für Gründer und
Gründerinnen kontinuierlich zu verbessern, Innovationen und Finanzierungen zu unterstützen und
den Unternehmergeist im Land zu fördern. Zum Beispiel durch adäquate und wettbewerbsfähige
rechtliche Rahmenbedingungen für die Start-up-Szene. Private Kapitalströme und effiziente Wirt-
schaftsförderungen sollen Starthilfe geben, bis der Motor läuft. Zusätzlich muss Österreich die
Entwicklung einer eigenen Gründungskultur vorantreiben.
Crowdfunding erleichtern
Das neue Alternativfinanzierungsgesetz soll Crowdfunding als sinnvolle Ergänzung zur klassischen
Kreditfinanzierung etablieren und es Start-Ups, Gründern und Gründerinnen sowie KMUs erleich-
tern, sich zu finanzieren. Das Gesetz ermöglicht realwirtschaftliche Investitionen, stärkt den Wirt-
schaftsstandort, fördert Innovationen und sorgt für Beschäftigung. Im Kapitalmarktgesetz wird
die Grenze für den Kapitalmarktprospekt von 250.000 auf 5 Millionen Euro angehoben. Für ein
Emissionsvolumen zwischen 1,5 und 5 Millionen Euro wird in Zukunft nur ein vereinfachter Pros-
pekt zu erstellen sein. Neben Crowdfunding sind auch die Initiativen zur Förderung von Venture
Capital wichtig, um Finanzierungsengpässe abzumildern. Auch die OECD bestätigt, dass diese
Maßnahmen das Potential haben, Entrepreneurship und Unternehmensinvestitionen anzukurbeln.
Mit den neuen Crowdfunding-Regeln nimmt Österreich jedenfalls eine Vorreiterrolle in Europa ein.
Standortstrategie für Leitbetriebe weiter vorantreiben
Österreich braucht eine starke und innovative Industrie. Denn die heimischen Leitbetriebe sichern
Wachstum und Beschäftigung und sind in ihrer Wertschöpfungskette eng mit jeweils bis zu 1.000
kleinen und mittleren Unternehmen vernetzt. Daher haben die Vorstandsvorsitzenden bzw. CEOs
von 40 Leitbetrieben Vorschläge für eine Leitbetriebe-Standortstrategie erarbeitet. Ziel ist es, die
Attraktivität Österreichs als Standort weltweit und im innereuropäischen Wettbewerb zu stärken.
Eine Vielzahl an industrierelevanten Rechtsvorschriften wird auf europäischer Ebene entschieden.
Vor dem Hintergrund der Re-Industrialisierungsstrategie der EU eröffnet sich die Chance, durch
aktive Positionierung Österreichs wichtige Weichenstellungen auf europäischer Ebene für wettbe-
werbsfähige Rahmenbedingungen mitzugestalten, etwa im Energiebereich. Bei globalen Themen
wie dem Welthandel und dem Klimawandel sind globale Lösungen erforderlich, wofür sich Öster-
reich in den entsprechenden Gremien nachdrücklich einsetzt. Im Zuge der aktuell beschlossenen
Steuerreform konnten durch ein Paket für mehr Wachstum und Beschäftigung 15 konkrete Maß-
nahmen der Standortstrategie Leitbetriebe auf Schiene gebracht werden. Zum Beispiel wird die
Forschungsprämie ab 2016 von zehn auf zwölf Prozent erhöht.
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Ein weiterer Schwerpunkt der Bundesregierung liegt auf der verstärkten Förderung der Digitali-
sierung, zum Beispiel über die Breitband-Offensive, sowie des Umstiegs in Richtung Industrie 4.0.
Dieser Wandel ist für ein Hochtechnologie- und Industrieland wie Österreich eine enorme Chance.
Damit können wir nicht nur unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, sondern auch ein wichtiges
Alleinstellungsmerkmal entwickeln. Dazu kommt, dass die österreichische Industrie eng mit der
deutschen verbunden ist, die hier weltweit zu den Vorreitern zählt.
Das Thema Industrie 4.0 steht für Investitionen der Leitbetriebe in modernste Technologien, um
ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Es ist aber genauso zentra-
les Thema der Gründerland-Strategie und stellt eines der relevantesten Themen der kommenden
Jahre in der FTI-Politik dar.
Steuerreform wird Konsum ankurbeln
Die am 1. Jänner 2016 in Kraft tretende Steuerreform umfasst ein Volumen von insgesamt 5,2
Milliarden Euro und wird deutlich mehr als sechs Millionen Lohn- und Einkommenssteuerzahler
entlasten. Sowohl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Familien, Pensionisten und Landwirte
und Landwirtinnen, als auch 900.000 Selbstständige sowie die Unternehmen profitieren. Diese
Reform wird Kaufkraft und Konsum stärken und positive Konjunktureffekte auslösen, wie unter
anderem das WIFO in mehreren Studien bestätigt hat.
Die Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 auf 25 Prozent entlastet spürbar alle lohn- und
einkommensteuerzahlenden Personen. Die Arbeitnehmerabsetzbeträge werden um 55 Euro pro
Jahr und die Sozialversicherungserstattung (bisher Negativsteuer) für Menschen mit geringeren
Einkommen von derzeit maximal 110 Euro auf in Zukunft maximal 400 Euro erhöht. Auch Pensi-
onistinnen und Pensionisten werden von einer solchen Erstattung im Ausmaß von maximal 110
Euro pro Jahr profitieren. Zusätzlich kommt der Höchststeuersatz künftig ab 90.000 Euro im Jahr,
anstatt der bisherigen 60.000 Euro, zum Tragen. Zudem sollen ab dem Jahr 2018 stufenweise die
Lohnnebenkosten gesenkt werden. Finanzielle Spielräume für eine Senkung der Lohnnebenkosten
bestehen insbesondere beim Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Gleichzeitig mit
der Einführung eines Bonus-Malus-Systems werden die Lohnnebenkosten (FLAF-Beitrag) gesenkt.
In diesem Sinne sind bei den Lohnnebenkosten zusätzlich zu den im Vorjahr beschlossenen Sen-
kungen weitere Schritte notwendig, zu denen sich auch die Bundesregierung bekannt hat. Die
Senkung der Lohnnebenkosten ist ein starkes Signal, das den Unternehmen das Wirtschaften
erleichtert, das Wachstum steigert und die Beschäftigung erhöht. Als erster Schritt sind die Bei-
träge zur Unfallversicherung sowie zum Insolvenzentgeltfonds um 0,1 Prozentpunkte verringert
worden, womit Österreichs Wirtschaft um rund 200 Millionen Euro pro Jahr entlastet wird. Von der
teilweisen Vorziehung der Negativsteuererhöhung auf 2016 und von der automatischen Auszah-
lung der Negativsteuer ab 2017 werden zusätzliche konjunkturelle Impulse erwartet.
Konjunkturpaket stärkt Wirtschaft in vielen Facetten
Parallel zur Steuerreform wurden Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung im Ausmaß von
rund 200 Millionen Euro vereinbart. Dieses Konjunkturpaket enthält Maßnahmen, die sowohl kon-
junkturell wirken, als auch strukturell die Standortbedingungen verbessern.
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1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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Forschungsprämie erhöht, Zuzugsfreibetrag geschaffen, Stiftungen vereinfacht
Die Forschungsprämie ist ein wichtiger steuerlicher Anreiz für forschende Unternehmen. Mit der
Steuerreform wurde eine Erhöhung der Forschungsprämie von 10 auf 12 Prozent beschlossen,
was zur Attraktivierung des Standorts für die Ansiedlung internationaler Unternehmen und deren
F&E-Abteilungen beitragen wird. Von den Mitteln für die Hochschulen und Grundlagenforschung
sowie durch die nun beschlossene Erhöhung der Forschungsprämie profitieren natürlich auch die
Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Österreich durch Auftragsforschung, bilaterale Ko-
operation und Kooperation in Konsortien. Österreich steht in einem internationalen Wettbewerb
um die besten Köpfe. Optimale Rahmenbedingungen für Hochqualifizierte aus Wissenschaft und
Forschung sind daher ein wichtiger Standortfaktor. Die Bundesregierung hat sich daher darauf
geeinigt, zusätzlich zur derzeitigen Zuzugsbegünstigung einen pauschalen Zuzugsfreibetrag zu
schaffen.
Moderne rechtliche Rahmenbedingungen für die Gemeinnützigkeit stärken das zivilgesellschaft-
liche Engagement für Wissenschaft, Forschung, Kunst, Kultur, Soziales, Umwelt. Die Umsetzung
dieses Pakets vereinfacht das gemeinnützige Stiftungsrecht, sodass eine Gründung annähernd so
einfach und schnell wird, wie die Gründung eines Vereins.
Lehrberufspaket wertet duale Ausbildung auf
Um die Fachkräfteausbildung zu unterstützen, setzt die Bundesregierung umfangreiche Maß-
nahmen für die Stärkung der betrieblichen Lehre. Das Lehrberufspaket 2015 ist mit insgesamt
18 modernisierten und neuen Lehrberufen das größte Paket seit den 1980er Jahren, darunter
ist auch der Einzelhandel als der am stärksten nachgefragte Lehrberuf. Der neue Lehrberuf
„Hotelkaufmann/-frau“ bietet eine von der Tourismusbranche lange geforderte Ausbildung, um
Lehrlinge praxisgerechter ausbilden zu können. Zusätzlich liegt ein Schwerpunkt auf High-Tech-
Berufen wie der Mechatronik, die mit Modulen wie alternative Antriebe, Robotik und Medizinge-
rätetechnik aufgewertet wird. In der Labortechnik bieten Kompetenzchecks einen neuen Ansatz
zur Unterstützung des Ausbildungsfortschritts und zur Stärkung der Bemühungen um Qualität
in der Lehrlingsausbildung. Zudem wird die Lehre mit Matura noch attraktiver gestaltet. Weiters
schaffen neue Einstiegs- bzw. Teilqualifikationen im Rahmen der integrativen Berufsausbildung
ein durchlässigeres System und damit mehr Ausbildungschancen.
KMU-Finanzierung erleichtern
Vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen ist es zu einer Verschärfung der Vergabebedin-
gungen für Bankkredite gekommen. Ergänzend zu bestehenden Förderangeboten, wie zinsgüns-
tigen Krediten, schafft das KMU-Finanzierungspaket einen modernen und flexiblen steuerlichen
Rahmen für KMU-Finanzierungsgesellschaften und deren Investoren. Die maximale Beteiligungs-
höhe pro Zielgesellschaft wird von 1,5 auf 15 Millionen Euro pro Zielgesellschaft und Beteiligungs-
zeitraum erhöht. Auf Ebene der KMU-Finanzierungsgesellschaft werden eine Steuerneutralität
von Veräußerungsgewinnen und -verlusten für den Finanzierungsbereich, eine Gebührenbefreiung
sowie eine Gesellschaftssteuerbefreiung festgelegt. Für Investoren in die KMU-Finanzierungs-
gesellschaft wird eine gedeckelte Steuerbefreiung für Ausschüttungen vorgesehen. Diese Maß-
nahme mobilisiert vorhandenes, aber noch nicht investiertes privates Kapital und erreicht jene
Unternehmen, die wachsen und Arbeitsplätze schaffen wollen.
1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Mitarbeiterbeteiligungsmodelle ausbauen
Die langfristige Beteiligung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an Kapital und Erfolg des Unter-
nehmens forciert eine nachhaltig stabile Eigentümerstruktur, schafft neue Mitbestimmungsmög-
lichkeiten und leistet einen Beitrag zur Standortsicherung. Daher wird der Freibetrag für Mitarbei-
terkapitalbeteiligungsmodelle von 1.460 auf 3.000 Euro pro Jahr erhöht.
Arbeitslosigkeit: Negativen Trend stoppen
Trotz weiterhin steigender Beschäftigung steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich. Österreich liegt
im EU-Ranking noch immer auf einem guten dritten Platz, ist aber zuletzt zurückgefallen. Zusätz-
lich zu wachstumsfördernden Maßnahmen ist es notwendig, die Instrumente der aktiven Arbeits-
marktpolitik weiter zu optimieren und – wie zuletzt durch die Erhöhung der Mittel für die Beschäf-
tigungsinitiative 50+ geschehen – die Beschäftigungsförderung zu stärken. Beispielsweise gilt es,
Beschäftigungsförderung zu stärken sowie die arbeitsmarktrelevante Qualifizierung auszubauen.
Die Regierung wird eine Arbeitsgruppe einsetzen, um Maßnahmen für mehr Beschäftigung und
sichere Pensionen zu erarbeiten. Als einen ersten Schritt hat die Regierung die Einführung einer
Teilpension ab dem 62. Lebensjahr beschlossen. Das Konzept sieht vor, dass die Arbeitstätigkeit
auf 40 bis 60 Prozent reduziert werden kann und dafür ein teilweiser Lohnausgleich gewährt wird.
Die den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen dabei entstehenden Kosten werden aus Mitteln der
Gebarung Arbeitsmarktpolitik refundiert.
Die Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm zum Ziel gesetzt, flexible Rahmen-
bedingungen zu schaffen, um einerseits besser auf Auftragsschwankungen der Unternehmen re-
agieren zu können und andererseits auch den Bedürfnissen der Arbeitnehmer und Arbeitneh-
merinnen zu entsprechen.
Entwicklung der Arbeitslosenquote: Durchschnitt der Eurozone und BestperformerQuelle: Eurostat
Euroraum Luxemburg Niederlande Österreich Dänemark Deutschland
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20102004 2013200720022000 20112005 2014200820032001 20122006 2009
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1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Wissensgesellschaft stärken
Um die Wissensgesellschaft in Österreich weiter zu stärken, wird das Universitätsbudget in der
Leistungsvereinbarungsperiode 2016 bis 2018 um 615 Millionen Euro steigen, wodurch insgesamt
9,72 Milliarden Euro zur Verfügung stehen werden. Das sind 6,8 Prozent mehr als im Finanzie-
rungszeitraum 2013 bis 2015. Auch der Ausbau der Fachhochschulen wird mit zusätzlichen Bud-
getmitteln weiter vorangetrieben. Einen positiven Trend gibt es insbesondere bei Forschung und
Entwicklung: 2015 werden dafür hierzulande erstmals mehr als zehn Milliarden Euro investiert.
Im europäischen Vergleich liegt Österreich bei der Forschungsquote mit einem Wert von erstmals
über drei Prozent auf dem vierten Platz unter 28 EU-Ländern.
Trotz dieser guten Positionierung bedarf es weiterer Anstrengungen, um in die Liga der Innovati-
onsführer aufzusteigen. Beispielsweise muss die Umsetzung von Wissenschaftserkenntnissen in
die Praxis beschleunigt werden, weshalb unter anderem Wissenstransferzentren an den Univer-
sitäten eingerichtet werden. Als internationales Vorzeigemodell gelten auch die Christian Doppler
Labors, die weiter ausgebaut werden. Den Weg zum Innovationsland unterstützt zudem die For-
schungsförderungsgesellschaft (FFG) mit ihren Angeboten und Programmen. Einen entscheiden-
den Beitrag zum Innovationszyklus leistet die Grundlagenforschung, die insbesondere über den
Wissenschaftsfonds FWF und die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit zusätzlichen Mitteln
unterstützt wird. Mit dem im Zuge der Steuerreform vereinbarten »Österreich-Fonds« können in
Zukunft weitere Impulse gesetzt werden.
Bruttoinlandsausgaben für F&E in % des BIPQuelle: Statistik Austria
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
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1. Wettbewerbsfähigkeit stärken – Neue Gründerzeit einläuten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Zusammenarbeit wird Österreich voranbringen
Die Bundesregierung verfolgt mit den jetzigen und künftigen Reformen das Ziel, Wachstum, Wett-
bewerbsfähigkeit und Beschäftigung im Land zu fördern, um Österreich wieder nach vorne zu
bringen. Um Vertrauen in den beginnenden Wirtschaftsaufschwung zu erzeugen, sind alle Wirt-
schaftsakteure gefordert, bei den notwendigen Reformen mitzuziehen. Damit die Investitionstä-
tigkeit stärker steigt, braucht es aber nicht nur gute Rahmenbedingungen, sondern müssen auch
Stimmung und Zukunftsvertrauen verbessert werden.
2Wirtschaftliche
Lage
16
2.1 Entwicklung 2014 und Prognosen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
2.1. Entwicklung 2014 und Prognosen
Internationale und österreichische wirtschaftliche Entwicklung
Entwicklung der Weltwirtschaft
Mit 3,4% ist die Weltwirtschaft auch im Vorjahr nur moderat gewachsen. Der Wachstumspol ver-
schob sich allerdings von den Schwellenländern hin zu den traditionellen Industriestaaten in Nord-
amerika und Europa. Der ostasiatische und der südamerikanische Raum sahen sich hingegen mit
einem Rückgang der Wachstumsdynamik konfrontiert. Gegen Jahresende 2014 brach der Rohöl-
preis deutlich ein. Im Jänner 2015 konnten Tagesnotierungen von rund 50 US-Dollar registriert
werden, was einer Halbierung des Preises gegenüber dem Vorjahr entsprach.
USA
Die US-Wirtschaft expandierte 2014 mit 2,4% in etwa so stark wie in den beiden Jahren davor. Wie
bereits im Jahr 2013 lieferte der private Konsum den wesentlichsten Beitrag zum US-Wirtschafts-
wachstum. Dieser wuchs um real 2,5%. Besonders deutlich legten auch die privaten Investitionen
mit real fast 6% zu, wobei der Wohnbau mit einem Anstieg von 1,6% hierzu nur wenig beitrug.
Durch die stabile Aufwärtsentwicklung der US-Wirtschaft gelang es die Arbeitslosenquote weiter
zu drücken, sie sank von 7,4% auf 6,2%. Die Federal Reserve Bank beließ das sechste Jahr in Fol-
ge ihren Leitzinssatz nahe bei Null, jedoch wurde erstmals wieder auf eine mögliche Straffung der
Geldpolitik in naher Zukunft hingewiesen. Im Verlauf des Jahres 2014 wurde das Anleiheankaufs-
programm schrittweise zurückgeführt und im Oktober ganz beendet. Die Inflationsrate blieb mit
rund 1,5% gegenüber dem Vorjahr im Wesentlichen unverändert. Die Fortsetzung der Konjunk-
turbelebung ermöglicht trotz leicht steigender Staatsausgaben eine Reduktion des gesamtstaatli-
chen Defizits von 5,6% im Jahr 2013 auf knapp 5,0%. Die anhaltend steigende Risikobereitschaft
der Investoren und das international niedrige Zinsniveau ließen die Nachfrage nach Aktien auch
2014 kräftig weiter steigen. So erhöhte sich der Dow Jones Industrial Index zwischen Jahresbe-
ginn und Jahresende von rund 16.500 auf 18.000 Zähler, womit abermals ein Rekordhöchststand
erzielt wurde.
Ostasien
Für die japanische Wirtschaft verlief das Jahr 2014 enttäuschend, es ergab sich lediglich eine
Stagnation des BIP gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere das Unternehmervertrauen zeigte sich
deutlich rückläufig. In China senkte sich 2014 das Wirtschaftswachstum weiter ab, auf 7,4% nach
7,8% im Jahr zuvor. Obwohl sich die in den vergangenen Jahren zu beobachtende schrittweise
Aufwertung des Renminbi gegenüber dem US-Dollar im Vorjahr nicht weiter fortsetzte, entwi-
ckelte sich der Export relativ verhalten. Die schwache Binnennachfrage und die niedrigeren Roh-
stoffpreise drückten die Inflation nach unten und die chinesische Notenbank sah sich zu einer
Verringerung ihres Leitzinssatzes veranlasst. Die Inflation betrug 2014 rund 2%.
2.1 Entwicklung 2014 und Prognosen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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Lateinamerika
Der lateinamerikanische Wirtschaftsraum entwickelte sich 2014 recht uneinheitlich. Während die
Wirtschaft Mexikos, die zweitgrößte dieses Raumes, durch die gute Konjunktur in den USA ein
Wachstum von über 2% erreichen konnte, war die Entwicklung in der größten Volkswirtschaft die-
ses Raumes, Brasilien, von einer markanten Konjunkturschwäche (real +0,1%) gezeichnet. Auch
die drittgrößte Volkswirtschaft in Lateinamerika, Argentinien, musste aufgrund ihrer schwachen
konjunkturellen Entwicklung einen deutlichen Einbruch des Wirtschaftswachstums im Jahr 2014
in Kauf nehmen.
Wirtschaftsentwicklung in der Europäischen Union
Dem Euro-Raum gelang es 2014 sich aus der Rezession des Vorjahres zu lösen. Nach einem
Rückgang des BIP um real 0,4% in 2013, wuchs die Wirtschaft 2014 wieder um knapp 1%. In der
gesamten EU erhöhte sich das Wachstum im gleichen Zeitraum auf 1,3%. Diese Entwicklung war
von zwei Faktoren geprägt: Zum einen erzielte Deutschland aufgrund der robusten Binnennach-
frage – trotz einer schleppenden Industriekonjunktur – ein Wirtschaftswachstum von 1,6%, und
zum anderen gelang es einigen Ländern, die besonders unter den Nachwehen der Wirtschafts-
krise litten (wie beispielsweise Irland, Spanien und Portugal) erstmals wieder auf einen höheren
Wachstumspfad einzuschwenken.
Die Arbeitslosenquote im Euro-Raum reduzierte sich zwischen Jahresbeginn und Jahresende 2014
von 12,0 auf 11,6%. In der gesamten EU sank die Arbeitslosenquote 2014 von 10,9 auf 10,2%.
Die Länder mit den höchsten Arbeitslosenquoten im Euroraum waren Griechenland mit 26,5% und
Spanien mit 24,5%. Während in Spanien aufgrund der Erholungstendenzen in der Wirtschaft ein
deutlicherer Rückgang gegenüber dem Vorjahr festzustellen war, verringerte sich jene Griechen-
lands nur wenig. Die Länder mit den niedrigsten Quoten im Vorjahr waren Deutschland mit 5,0%
und Österreich (5,6%).
Das international niedrige Zinsumfeld ließ neben der Nachfrage nach Aktien auch die nach Staats-
anleihen weiter wachsen. In der Folge verringerten sich die langfristigen Renditen der Staatsan-
leihen von fast allen Mitgliedstaaten des Euro-Raums. Für die Länder mit den niedrigsten Werten,
wie beispielsweise Deutschland, Österreich und den Niederlanden, ergab sich unter Abzug der
Inflationsrate sogar ein negatives langfristiges Realzinsniveau. Lediglich für Griechenland erhöh-
te sich das Zinsniveau, da nach wie vor Unsicherheit hinsichtlich der Rückzahlungsfähigkeit der
griechischen Außenstände herrscht. Die gewichtete Sekundärmarktrendite für Staatsanleihen des
Euro-Raums mit 10-jähriger Laufzeit sank von 3% auf 2% und damit auf ein historisch niedriges
Niveau. Die noch schwache Konjunktur und die Entwicklung der internationalen Rohstoffpreise
dämpften den Preisauftrieb im Euro-Raum weiter. Die Inflationsrate sank von 1,4% im Jahr 2013
auf 0,4% im Jahr 2014. Im Jahresverlauf 2014 konnten wegen des starken Verfalls der Rohölpreise
sogar deflationäre Tendenzen beobachtet werden. Wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage im
Euro-Raum konnten europäische Aktien 2014, trotz der anhaltend niedrigen Zinslandschaft, keine
Wertgewinne verzeichnen. Sowohl zu Jahresbeginn als auch am Jahresende lag der Euro-Stoxx
50 Index bei rund 3.100 Zählern, wobei auch in Deutschland, nach einem sehr erfolgreichen Jahr
2013, die Aktienkurse im abgelaufenen Jahr kaum mehr zulegten.
18
2.1 Entwicklung 2014 und Prognosen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Entwicklung in Österreich
Die verhaltene Erholung der europäischen Konjunktur hat bis jetzt noch nicht auf Österreich über-
gegriffen. Die Wirtschaft wuchs lediglich um 0,3% und damit das dritte Jahr in Folge unter 1%.
Die Wertschöpfung in der Sachgüterproduktion stieg im selben Tempo wie die Gesamtwirtschaft.
Das Bauwesen verzeichnete mit 0,4% einen geringfügig höheren Wertschöpfungs zuwachs. Im
Dienstleistungsbereich gab es merkliche Unterschiede in der Wachstumsdynamik. Am stärksten
stieg die Wirtschaftsleistung im öffentlichen Sektor, erhöhte sich aber auch im Beherbergungs-
und Gaststättenwesen. Hingegen ging die Wertschöpfung in den Bereichen Verkehr, Handel und
unternehmensnahe Dienstleistungen zurück.
Die anhaltende Investitionszurückhaltung der heimischen Unternehmen, eine schwache Konsum-
nachfrage der privaten Haushalte sowie eine insgesamt träge Entwicklung im Außenhandel prägten
das abgelaufene Jahr. Dem deutlichen Rückgang der Investitionsnachfrage in 2013 folgte 2014 ein
recht zögerliches Wachstum. Die Bruttoanlageinvestitionen stiegen real um 0,5% nach -1,5% im
Jahr zuvor. Während die Ausrüstungsinvestitionen 2014 um real 1,7% zulegen konnten, erhöhten
sich jene in Bauten um 0,1%. Angesichts der geringen in- und ausländischen Nachfrage blieb die
Kapazitätsauslastung niedrig. Zudem drückten die geopolitischen Unsicherheiten sowie eine gene-
rell negative Stimmung in den heimischen Industrieunternehmen auf die Investitionsbereitschaft.
Der reale private Konsum wies das zweite Jahr in Folge eine annähernde Stagnation auf (0,2%).
Damit folgten die Konsumausgaben weitgehend den verfügbaren Einkom men. Die Exporte wur-
den von der schleppenden internationalen Investitionsnachfrage und der Nachfrageschwäche auf
wichtigen Exportmärkten (z.B. Italien) belastet. Für 2014 ergab sich ein realer Zuwachs von 1,8%
(2013: 1,4%). Mit der Belebung der Binnennachfrage zog auch die Importtätigkeit wieder etwas an,
sodass vom Außenhandel ein geringer negativer Wachstumsbeitrag ausging.
Im Jahresdurchschnitt 2014 betrug die Inflationsrate in Österreich 1,7%, womit der Preisauftrieb
weiter nachgelassen hat. Deutliche Preissteigerungen verzeichneten die Ausgabengruppen Nach-
richtenübermittlung, Alkoholische Getränke und Tabak, Restaurants und Hotels sowie Erziehung.
Hingegen dämpften die Gruppen Verkehr und Bekleidung den Preisauftrieb.
Die aufgrund der schwachen Konjunktur verhaltene Arbeitsnachfrage und das kräftig steigende
Arbeitskräfteangebot bestimmten im Vorjahr die Arbeitsmarktentwicklung. Im Jahresdurchschnitt
hat die Beschäftigung trotz der Konjunkturschwäche um 0,7% zugelegt. Da das Arbeitskräftean-
gebot in Österreich, wie bereits 2013, aufgrund der Zunahme der Erwerbsbeteiligung von Frauen
und älteren Arbeitskräften, sowie von zusätzlichen ausländischen Arbeitskräften aus der EU noch
stärker gestiegen ist als die Beschäftigung, kam es gleichzeitig zu einem weiteren Anstieg der
Arbeitslosigkeit. Letztere erhöhte sich auch durch den Rückgang der Schulungsaktivitäten des
AMS. Die Arbeitslosenquote (nationale Definition) stieg im Jahresdurchschnitt 2014 von 7,6% auf
8,4%. Die EU-weit harmonisierte Arbeitslosenquote lag 2014 bei 5,6% und war damit abermals die
zweitniedrigste in der gesamten EU.
Die anhaltend schwache Konjunktur, die Konsolidierungsbemühungen sowie Ausgaben für die Fi-
nanzmarktstabilisierung dominierten im Jahr 2014 die Entwicklung der öffentlichen Haushalte.
Aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung und wegen der Maßnahmen zur Rekapitalisie-
rung des Bankensektors ist das Budgetdefizit von 1,3% in Relation zur Wirtschaftsleistung im Jahr
2013 auf 2,4% im Jahr 2014 gestiegen. Die öffentliche Verschuldung hat sich von rund 81% des
BIP auf 84,5% erhöht.
2.1 Entwicklung 2014 und Prognosen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
19
Prognose für 2015 und 2016
WIFO und IHS haben ihre Prognose am 18.6.2015 präsentiert. Für 2015 und insbesondere für 2016
wird wieder Aufwind erwartet. Das WIFO schätzt das BIP-Wachstum 2015 auf 0,5%, während das
IHS 0,7% erwartet. Für 2016 wird ein Anziehen der Wirtschaftsleistung und Wachstumsraten von
1,3% vom WIFO und 1,8% vom IHS erwartet.
Die Exporte werden 2015 deutlich steigen und 2016 weiter anziehen: das WIFO und IHS prognosti-
zieren für 2015 einen Anstieg der Warenexporte um 3,0%. Für 2016 geht das WIFO von 4,0% und
das IHS von 5,5% aus. Die Warenimporte werden schwächer ansteigen als die Exporte.
Die Ausrüstungsinvestitionen werden 2015 niedrig bleiben: Laut WIFO-Prognose steigen sie 2015
um 0,5%, während sie laut IHS um 0,3% ansteigen werden. Für 2016 soll es einen Anstieg um
2,5% laut WIFO und um 2,8% laut IHS geben. Die Bauinvestitionen werden 2015 von den Institu-
ten sehr unterschiedlich prognostiziert. Sie werden laut WIFO um 0,5% wachsen und laut IHS um
0,5% sinken. 2016 erwartet das WIFO einen Anstieg um 1,0%, das IHS von 1,3%.
Die Prognosen für die Inflation gehen von einer rückläufigen Preisentwicklung 2015 aus. WIFO und
IHS erwarten einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,2%. Für 2016 wird wieder ein Anziehen
der Inflation erwartet. Das WIFO erwartet eine Erhöhung um 1,7%, das IHS um 2,0%.
Bei der Entwicklung der privaten Konsumausgaben 2015 geht das WIFO von einem Plus von 0,4%,
das IHS von 0,8% aus. Für 2016 wird aufgrund der Steuerreform der Konsum gestärkt: Vom WIFO
wird ein Wachstum um 1,3% und vom IHS von 1,7% prognostiziert.
Für 2015 wird ein Beschäftigungswachstum von 0,6% (WIFO) und 0,8% (IHS) erwartet. Die Prog-
nosen für 2016 sind mit 0,7% (WIFO) und 1,1% (IHS) sehr unterschiedlich. Für den Jahresdurch-
schnitt 2015 erwartet das WIFO eine Arbeitslosenquote auf Registerbasis von 9,3%, das IHS von
9,1%. Für 2016 prognostiziert das WIFO einen Anstieg auf 9,6%, während das IHS bei 9,1% bleibt.
Entsprechend der EUROSTAT-Berechnungsmethode rechnet das WIFO mit einer Arbeitslosenquote
2015 von 5,7%, das IHS von 5,8%. Für 2016 gehen beide Institute von einem Wert von 5,8% aus.
Das Budgetdefizit des Staates wird für 2015 auf 2,1% des BIP (WIFO) bzw. 1,7% des BIP (IHS)
eingeschätzt. Für 2016 wird vom WIFO ein Rückgang auf 1,9% des BIP und vom IHS ein Anstieg
auf 2,0% erwartet.
20
2.1 Entwicklung 2014 und Prognosen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Prognose für 2015 und 2016Quelle: WIFO und IHS
(Veränderung zum Vorjahr, wenn nicht anders angegeben)
2015 2016
WIFO IHS WIFO IHS
Bruttoinlandsprodukt, real 0,5 0,7 1,3 1,8
Private Konsumausgaben, real 0,4 0,8 1,3 1,7
Bruttoanlageinvestitionen gesamt, real 0,5 -0,1 1,5 2,0
– Ausrüstungen 0,5 0,3 2,5 2,8
– Bauten 0,5 -0,5 1,0 1,3
Exporte i.w.S., real 2,3 2,9 3,2 5,0
Warenexporte, real* 3,0 3,0 4,0 5,5
Importe i.w.S., real 2,3 2,9 3,6 5,0
Warenimporte, real* 2,5 2,8 3,5 5,3
Unselbständig aktiv Beschäftigte 0,6 0,8 0,7 1,1
Arbeitslosenquote, national in % 9,3 9,1 9,6 9,1
Arbeitslosenquote, Eurostat in % 5,7 5,8 5,8 5,8
Verbraucherpreise 1,2 1,2 1,7 2,0
Finanzierungsaldo des Staates
lt. Maastricht.-Def., in % des BIP -2,1 -1,7 -1,9 -2,0
* WIFO laut Statistik Austria, IHS laut VGR
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2015
21
2.2. Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD
Wirtschaftspolitische Prioritäten für 2015
Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission
Wirtschaftliche Situation und Prognose
Der Konjunkturaufschwung in Europa ist robuster noch als im Vorjahr und der Motor dieses Wachs-
tums ist die Binnennachfrage. Das geht aus der Frühjahrsprognose hervor, die die Europäische
Kommission im Mai 2015 herausgegeben hat. Wir rechnen damit, dass der private Verbrauch in
diesem Jahr weiter anzieht und die Investitionen im kommenden Jahr wieder stärker zunehmen.
Rückenwind erhalten die Volkswirtschaften Europas momentan auch von externen Faktoren: Die
Weltwirtschaft wächst stetig, die Ölpreise sind weiterhin niedrig und der günstige Eurokurs beför-
dert Exporte. Außerdem wirkt sich die Politik der Europäischen Zentralbank auf die Finanzmärkte
aus, was vor allem zu niedrigeren Zinssätzen und positiven Erwartungen hinsichtlich günstigerer
Kreditbedingungen führt.
Die stärkere Wirtschaftstätigkeit wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt in der gesamten Europä-
ischen Union aus. Die Arbeitslosenquoten sind rückläufig. Dieser Trend sollte sich insbesondere in
Ländern, in denen Reformen in diesem Bereich umgesetzt wurden, fortsetzen. Allerdings gelingt das
in einigen Ländern nur langsam und die durchschnittliche Arbeitslosenquote der EU ist weiterhin hoch.
In Österreich entwickelt sich der Arbeitsmarkt dagegen – trotz der jüngsten Zunahme der Ar-
beitslosenquote – sehr gut. Die Arbeitslosenquote liegt niedriger und die wichtigsten Parameter
sehen viel günstiger aus als in den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten. Österreich steht vor
allem vor der Herausforderung, angesichts des demografischen Wandels langfristig genügend
Arbeitskräfte zu gewährleisten.
Insgesamt hat Österreich auf allen Stufen der EU-Integration ökonomisch profitiert durch ein
jährliches zusätzliches Wirtschaftswachstum von 0,9%. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stif-
tung gehört Österreich zu den drei größten Nutznießern der EU. Dank des EU-Beitritts hat jeder
Bürger jährlich 280 € mehr in der Tasche und Österreichs Auslandsinvestitionen sind 14 Mal höher
als zuvor. Trotz der schwierigen globalen Rahmenbedingungen sind die Preise – entgegen aller
Befürchtungen in der Bevölkerung – die stabilsten seit dem Zweiten Weltkrieg. Österreich ist also
der Beweis dafür, dass es sich lohnt, in das europäische Projekt einzuzahlen, vor allem Infrastruk-
tur, Landwirtschaft und Forschung haben profitiert.
Die Aussichten für Österreich hängen ebenso wie die Frühjahrsprognose der gesamten Europäi-
schen Union von einer Reihe Faktoren ab, die die Vorhersage schwer machen: Auf der einen Seite
könnte das Wachstum die Prognose übertreffen, sofern die positiven Rahmenbedingungen länger
anhalten oder sie sich stärker auswirken als erwartet. Auf der anderen Seite könnten geopoliti-
sche Spannungen oder Stress an den Finanzmärkten, wie etwa im Zuge der Normalisierung der
Geldpolitik in den Vereinigten Staaten, dazu beitragen, dass das Wachstum hinter den Erwartun-
gen zurückbleibt.
22
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union müssen sich also weiterhin wappnen, auch wenn
die in den vergangenen Jahren umgesetzten Haushaltskonsolidierungen zu wirken beginnen. In
Kombination mit dem Wirtschaftswachstum und den niedrigeren Zinszahlungen für öffentliche
Schulden ist in diesem Jahr mit einem weiteren Rückgang der durchschnittlichen Defizitquote in
der EU zu rechnen. Sie bleibt aber weiterhin zu hoch.
Zu unseren politischen Hausaufgaben gehören deshalb weiterhin Haushaltsdisziplin ebenso wie
Strukturreformen. Wir müssen mit unseren politischen Maßnahmen aber auch ein drittes Element
stärker fördern: Investitionen. Denn infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise ist das Investitions-
niveau in der Europäischen Union im Vergleich zu 2007 um 15% gesunken. Das können wir uns
langfristig nicht leisten.
Herausforderungen auf dem Weg zu mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit
Wir müssen auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene mehr tun, um ein kräftigeres, nach-
haltiges Wachstum zu erzeugen und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Denn trotz der
zahlreichen Anstrengungen ist die Wirtschaft in der Europäischen Union noch schwach.
Mit Amtsantritt meiner Kommission habe ich daher zehn Prioritäten vorgelegt. Wenn wir uns dar-
auf konzentrieren, können wir Impulse für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel
setzen. Unsere Wirtschafts- und Sozialpolitik ist darauf angelegt, dass der Wachstums-Dreisatz
nachhaltig aufgeht, wir setzen daher auf alle drei Elemente: Haushaltsdisziplin, Strukturreformen
und Investitionen:
Start einer Investment-Initiative: Europa muss seine Investitionsschwäche überwinden. Mehr
Impulse sind also nötig, um die Sozialsysteme zu modernisieren, um Bildung, Forschung und In-
novation zu finanzieren, die Energienutzung umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten, die
Verkehrsinfrastruktur zu modernisieren und um schnellere Breitbandverbindungen mit großer
Reichweite auszubauen. Gleichzeitig fehlt den öffentlichen Kassen das Geld dazu und neue Staats-
schulden wollen wir auch nicht.
Die Europäische Kommission hat deshalb eine Investment-Initiative gestartet, die Unternehmer-
geist fördert und auch den Innovations-Mut kleiner und mittlerer Unternehmen freisetzt. Konkret
funktioniert das mit Hilfe des Europäischen Fonds für strategische Investitionen, der von Herbst
an arbeitsfähig ist. Grundlage dafür bilden eine Garantie aus dem EU-Haushalt in Höhe von 16
Mrd. € sowie Kapital, das die Europäische Investitionsbank bereitstellt. Damit können 315 Mrd.
€ für Investitionen in der Realwirtschaft mobilisiert werden. Durch jeden Euro aus öffentlichen
Mitteln, der über den Fonds bereitgestellt wird, werden also Investitionen von insgesamt 15 €
generiert, die andernfalls nicht getätigt würden.
Mit der Investment-Initiative fördern wir so ganz konkrete, zukunftsgewandte Projekte unter an-
derem für die digitale Wirtschaft und richtungsweisende Technologien, die unsere Energie-Union
braucht. Österreich hat schon Projektideen im Umfang von 28 Mrd. € vorgeschlagen, die nun
geprüft werden können. Sie zielen vor allem auf den Breitband-Ausbau ab sowie auf Infrastruk-
turprojekte wie den Karawankentunnel, den Brennertunnel und den Semmeringtunnel.
Entschlossene Wiederaufnahme der Strukturreformen: Wir müssen Strukturreformen ent-
schlossen anpacken, um eine solide Grundlage für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachs-
tum zu legen. Auf EU-Ebene unterstützt die Vertiefung des Binnenmarktes die Modernisierung
unserer Volkswirtschaften und trägt dazu bei, Europa wettbewerbsfähiger und für Investoren
attraktiver zu machen. Konkret heißt, dass wir beim digitalen Binnenmarkt, der Energieunion
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2015
23
und der Kapitalmarktunion gemeinsam denken müssen, hier müssen wir nationale Beschränkun-
gen einreißen, die die Wirtschaft hindern und Unternehmer wie Bürger Geld und Geduld kosten.
Gleichzeitig werden wir auch das REFIT-Programm dafür nutzen, EU-Regelungen künftig regel-
mäßig auf den Prüfstand zu stellen. Das wird unsere EU-Rechtssetzung effizienter machen. Auf
Ebene der Mitgliedstaaten empfiehlt die Kommission, sich auf eine Reihe von Schlüsselreformen
mit folgenden Zielen zu fokussieren: dynamischere Arbeitsmärkte und Bekämpfung der hohen
Arbeitslosigkeit, leistungsfähige und adäquate Renten- und Sozialversicherungssysteme, flexib-
lere Waren- und Dienstleistungsmärkte, bessere Rahmenbedingungen für Investitionen von Un-
ternehmen und bessere Förderung von Forschung und Innovation sowie effizientere öffentliche
Verwaltungen.
Verantwortungsvolle Haushaltspolitik: Bei der Konsolidierung der Haushalte wurden bereits
erhebliche Fortschritte erzielt. Nachhaltiges Wachstum ist jedoch nur gewährleistet, wenn die
Haushaltsdefizite langfristig unter Kontrolle bleiben und hohe Schuldenstände abgebaut werden.
Hierzu bedarf es einer verantwortungsvollen und wachstumsfreundlichen Haushaltspolitik, die mit
dem Stabilitäts- und Wachstumspakt im Einklang steht und dabei gleichzeitig die besondere Lage
der betreffenden Mitgliedstaaten berücksichtigt. Länder mit einem größeren haushaltspolitischen
Spielraum haben mehr Möglichkeiten, die Inlandsnachfrage und Investitionen zu fördern. Gleich-
zeitig müssen die Steuersysteme fairer und effizienter werden. Zudem gilt es, entschlossen gegen
Steuerbetrug und Steuerhinterziehung vorzugehen.
Durch gemeinsame Anstrengungen können wir nachhaltiges Wachstum schaffen und so auch das
Vertrauen der Menschen in Europa wieder zurückgewinnen. Dafür können wir auf den bereits er-
zielten Fortschritten aufbauen. Für Österreich empfiehlt die Kommission insbesondere folgende
Maßnahmen:
• Die Einhaltung des mittelfristigen Budgetziels in den Jahren 2015 und 2016. Hierzu wäre es
förderlich, wenn die Reform, mit der die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit verringert
werden soll, so umgesetzt wird, dass dabei die Budget-Neutralität sichergestellt wird. Weiter-
hin sind die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen des Staates nach wie vor zu
komplex, sie führen in wesentlichen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu Effizienzver-
lusten. Dementsprechend sollten die verschiedenen Ebenen sowie ihre Ausgabenzuständig-
keiten besser abgestimmt werden. Die langfristige Funktionsfähigkeit des Pensionssystems
sollte sichergestellt werden, unter anderem, indem das gesetzliche Pensionsalter für Frauen
und Männer früher harmonisiert und das gesetzliche Pensionsalter an die Lebenserwartung
gekoppelt wird.
• Die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von älteren Arbeitnehmern und Frauen, beispielsweise
durch verstärkte Kinderbetreuungs- und Langzeitpflegedienste. Darüber hinaus sollten benach-
teiligte junge Menschen besser gefördert werden, um ihre Bildungsergebnisse zu verbessern.
• Die Beseitigung unverhältnismäßiger Schranken für Dienstleistungsanbieter sowie der Hin-
dernisse für die Gründung interdisziplinärer Unternehmen.
• Die Verringerung der potentiellen Anfälligkeit des Finanzsektors.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die umgesetzten Reformmaßnahmen in vielen Län-
dern bereits zu dem derzeitigen Konjunkturaufschwung in der Europäischen Union beigetragen
haben. Allerdings können wir uns nicht auf diesen Erfolgen ausruhen, denn das Wirtschaftswachs-
tum beruht weitgehend auf kurzfristigen Faktoren, während die langfristigen Herausforderungen
durch Demographie und geringes Produktivitätswachstum noch nicht gemeistert sind.
Wenn wir Europa fit machen wollen, müssen wir also unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, unsere
öffentlichen Finanzen in Ordnung bringen und in die Zukunft investieren. Mit meiner Agenda will ich
als Kommissionpräsident so dazu beitragen, Wachstum und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen.
24
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2015
General economic situation – an OECD perspectiveAngel Gurría, OECD Generalsekretär
The global recovery is on broadly on track underpinned by very supportive monetary conditions, a
slower pace of fiscal consolidation, further financial repair and lower oil prices. After a very weak
start of the year, mostly due to exceptional and temporary factors, global growth is projected
to strengthen in the course of 2015. As put forward in the Economic Outlook released in early
June by the OECD, global GDP growth would reach close to 4% in 2016 and world trade would
accelerate to 5½%. In both cases, this would be the fastest pace since 2011. The unemployment
rate in the OECD area is projected to fall from 7½% to 6½% by end-2016. This would however
still leave 40 million people out of work in the OECD- about 8 million more than before the global
financial crisis.
The composition of global growth is changing following the sharp appreciation of the dollar against
most currencies which is shifting global demand toward Europe, Japan and some EMEs. The stronger
dollar and falling investment in the energy sector will limit the strengthening of US growth after
the pause in early 2015. On the other hand, the euro area and Japan will experience a stronger
acceleration in the pace of growth. The 2016 acceleration in EMEs will be quite heterogeneous.
While Chinese growth is expected to edge down as a beneficial rebalancing of the economy goes
on, with Russia and Brazil will exit recession but still face sluggish growth, India will keep a strong
growth pace and Indonesia will see an acceleration in activity.
In the Euro area, the recovery has gained momentum in the first half of 2015 as domestic and
external demand firmed. Some of the countries that were hit the most by the crisis now have
quarterly growth rates above the area average. Unemployment is slowly declining from high
levels, but remains well above pre-crisis levels, with the main exception of Germany. GDP growth
is expected to strengthen gradually to 2¼ percent by the end of 2016, supported by lower oil
prices, the depreciation of the euro, improving financial conditions, additional stimulus from
further monetary expansion. The now broadly neutral stance of fiscal, which is appropriate in the
short run as the recovery is still weak and uncertain, will also help. However, unemployment will
decline only gradually, to a rate of 10½ per cent at end-2016. Still high economic slack and past
declines in oil and food prices have kept inflation very low, but risks of deflation have receded.
Inflation is expected to edge up to around 1½ per cent as the effects of lower energy prices
dissipate and monetary easing is stepped up.
The strength of the projected global pickup remains constrained by continued subdued investment.
Growth in gross fixed capital formation in the OECD area is projected to be only 2½ per cent in
2015, before accelerating to 4% in 2016. The main reason for the weakness in investment is
the weak recovery itself and doubts over the prospects for stronger growth. In particular, in
the Euro area, subdued confidence, reflecting uncertainty about the underlying strength of the
economy and world economic prospects, is still weighing on business investment. Reinvigorating
private and public investment is crucial to lift the economy to a higher growth trajectory. The
Investment Plan for Europe is expected to help but it is important that projects with high social
returns, and that would not be realised without public guarantees, are selected. A key example
is strengthening cross-border infrastructure in electricity, gas and rail networks. The OECD also
calls for complementary structural reform, supporting entrepreneurship and the full integration
of European capital markets, to help to unlock private investment.
2.2 Die Sicht von Europäischer Kommission und OECD Wirtschaftsbericht Österreich 2015
25
Risks to the global and European recovery path are broadly balanced. First, the projected pick-
up in investment could remain elusive, but on the other hand, investment could respond more
strongly than anticipated to an upturn in spending, reduced uncertainties and recent structural
reforms. Similarly, compensation could accelerate more than anticipated given the continued
improvements of labour market conditions in most large OECD areas, which would support more
consumption growth than projected. However, similar expectations have failed to materialise in
the past, and this pattern could continue. Second, sustained quantitative easing in the euro area
and Japan may prove less effective at stimulating demand than assumed. Third, weakness in the
first quarter in the United States and in many EMEs may signal more underlying weakness than
embedded in the OECD projections. Last, oil price changes could either reduce some of the recent
real income gains that are helping to boost global demand, or add to them.
In addition, a few extraordinary negative event risks could shift the global growth path substantially.
These include geopolitical upheavals and severe financial instability brought about by a disorderly
exit from the zero interest rate policy in the United States, failure to reach a satisfactory agreement
between Greece and its creditors, and a hard landing in China.
Avoiding these risks and moving the global economy to a higher and more stable growth path
require mutually reinforcing monetary, fiscal and structural policies. There are indeed limits in
relying on a single policy instrument to boost demand, both in terms of the scope for policy action
and of how effective a single tool can be without creating imbalances in the future. This, together
with uncertainties about the effectiveness of macroeconomic policies, suggests that there is a
need to pursue wide-ranging pro-growth policies. This would allow authorities to reap positive
synergies across various policies. For instance, structural policies to stimulate investment could
strengthen not only current demand but also future potential growth. This in turn could raise
neutral real interest rates and boost the effectiveness of monetary policy. Additional activity could
also restore room for fiscal policy to better adapt to economic conditions.
26
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
2.3. Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen
Um die große Bandbreite der Sichtweise der aktuellen Wirtschaftssituation darzustellen, wurden
auch heuer wieder Ökonomen und Ökonominnen um einen kurzen Beitrag zur wirtschaftlichen
Lage gebeten. Dies waren einerseits (in alphabetischer Reihenfolge) folgende, die in Forschungs-
instituten tätig sind:
• Prof. Dr. Karl Aiginger (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung),
• Prof. Dr. Bernhard Felderer (Präsident des Staatsschuldenausschusses),
• Dr. Christian Helmenstein (Economica Institut),
• Dr. Helmut Hofer (IHS),
• Dr. Ulrich Schuh (Eco Austria),
• Prof. Theresia Theurl (Universität Münster).
Andererseits die Chefökonomen und Zukunftsstrategen der wichtigsten Banken:
• Mag. Peter Brezinschek (Raiffeisen Zentralbank),
• Mag. Stefan Bruckbauer (UniCredit Bank Austria AG),
• Mag. Ingo Jungwirth (BAWAG-PSK),
• Dr. Doris Ritzberger-Grünwald (Oesterreichische Nationalbank).
Im Folgenden werden die Meinungen dieser externen Experten und Expertinnen wiedergegeben,
die sich von der Auffassung der Bundesregierung unterscheiden können:
Karl Aiginger: »Pause im Erfolgslauf Österreichs«
Die österreichische Wirtschaft wächst 2015 das dritte Jahr mit weniger als 1%. Das Wachstum
ist auch das zweite Jahr geringer als bei den europäischen Partnern, die Inflation dagegen höher.
Das ist eine neue Situation und die beiden Phänomene sind nicht unabhängig: Neben der kalten
Progression und einer hohen Belastung des Faktors Arbeit werden Gebühren erhöht, und nicht die
Produktivität der öffentlichen Leistungen.
Der Konsum lässt nach, weil die Realeinkommen seit Jahren stagnieren, für Unternehmen belas-
tende Lohnerhöhungen erwiesen sich nach Steuer und Inflation als sinkend. Das sollte sich aber
ändern, wenn die Steuerreform in Kraft tritt. Unternehmen investieren nicht, weil sie kein Markt-
wachstum erwarten und weil die neuen Exportmärkte im Schwarzmeer und am Balkan in eine
Krise geschlittert sind. Regulierungen, Bauordnungen, Verfahren sind komplex, Neugründungen
mühsam, Bewilligungen zu eng.
Die Probleme müssen in die richtige Perspektive gestellt werden: Österreich hat nach einem er-
folgreichen Aufholprozess Westeuropa und auch Deutschland im Pro-Kopf-Einkommen überholt
und liegt innerhalb der EU an zweiter Stelle beim Pro-Kopf-Einkommen. Die Leistungsbilanz ist
positiv. In der ökologischen Performance verliert Österreich in den letzten zehn Jahren allerdings
deutlich. Das Pensionssystem ist teuer, die Kluft zwischen hohen und niedrigen Pensionen groß.
Das niedrigere Wachstum und die höhere Inflation sind Warnsignale, auf die Österreich mit der
Auflösung des Reformstaus reagieren muss:
• Die Arbeitslosenquote steigt und wird sich bei den zu erwartenden Wirtschaftsaussichten auf
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
27
diesem höheren Niveau stabilisieren; die Beschäftigung steigt, aber die Unterschiede zwi-
schen nachgefragten und angebotenen Qualifikationen werden größer.
• Die Exporte Österreichs wachsen weniger als die Exporte der anderen Industrieländer.
• Die Forschungsausgaben stagnieren relativ zur Wirtschaftsleistung, und Österreich kann die
Strategie, zu einem führenden Innovationsstandort zu werden, nicht fortsetzen.
• Die Schulreformen erfolgen viel zu langsam und mit zu geringer Autonomie der Schulen. Leis-
tungskontrollen werden geheim gehalten und negative Resultate haben keine Konsequenzen.
• Österreich braucht eine Reformpolitik. Die globalen Rahmenbedingungen ändern sich rasant.
Ständig treten neue Konkurrenten auf den Plan. Stärkefelder Österreichs erodieren. Die Steu-
erreform war ein Signal für die Fähigkeit, Reformen durchzuführen. Sie wird aber die Wettbe-
werbsfähigkeit Österreichs nur stärken, wenn sie durch andere Reformen ergänzt wird.
• Energetische Sanierungen sollten als Wachstumschance genützt werden. Sanierungsschecks
und Handwerkerbonus werden wenig vermarktet, eher gekürzt. Neuer Wohnbau – nur nach
kurzfristiger »Leistbarkeit« beurteilt – zementiert eine falsche Gebäudestruktur für Jahrzehn-
te. Ein Verbot fossiler Heizsysteme in Neubauten von Büros und Wohnungen wie in Dänemark
und Passivhausstandard in der Wohnbauförderung würden Arbeitsplätze schaffen und Klima-
ziele erreichbar machen.
• Im Bildungsbereich müssen die Reformen von Kinderbetreuung bis zur Weiterbildung und die
Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze verstärkt werden. Im Forschungsbereich muss der
Rückstand zu den Spitzenländern verringert werden.
Die Entwicklung strategischer Vorschläge ist Kern eines Forschungsprogramms mit dem Titel
»Österreich 2025«, welches das WIFO in den nächsten zwei Jahren durchführen wird. Es soll die
Chancen Österreichs unter den neuen Rahmenbedingungen analysieren und die Erkenntnisse des
großen europäischen Forschungsprogramm WWWforEurope-Projektes für Österreich nutzbar ge-
macht werden.
Bernhard Felderer: »Wie kann der Staat die Wirtschaftsdynamik beeinflussen«
Bekanntlich ist Europa in den letzten Jahren in Bezug auf Wirtschaftswachstum hinter den USA und
Asien zurückgeblieben. Wie die EU in ihrer jüngsten Wachstumsprognose zeigt, ist es Österreich
nicht gelungen, nach der Krise mit dem Durchschnitt Europas mitzuhalten. 2015 belegt Österreich
im Vergleich zu den EU-28 einen der letzten Plätze im Ranking der Wachstumsraten. Hinter Öster-
reich liegen nur Kroatien, Zypern und Italien. Zypern und Kroatien befinden sich in einer Krise und
in Italien steigen die Lohnstückkosten immer noch stärker als in allen anderen Ländern Europas,
was die Wettbewerbsposition Italiens laufend verschlechtert. Auch bei der Arbeitslosigkeit zeigt
sich die fehlende Dynamik in Österreich: Während diese in den meisten Ländern sinkt, steigt sie
in Österreich. Diese Beobachtung passt durchaus in das Bild, dass die erwünschte Konvergenz von
Lohnstückkosten, Wachstumsraten und Arbeitslosigkeit in Europa zunimmt.
Die Gründe für das Zurückfallen Österreichs sind bisher nicht ausreichend diskutiert worden – von
den daraus zu ziehenden wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen ganz zu schweigen. In Veröf-
fentlichungen der EU und des Internationalen Währungsfonds ist deutlich gemacht worden, dass
in Österreich nicht die Konsumnachfrage, der Außenhandel oder die Nachfrage des Staates diese
Schwäche verursacht hat, sondern die privaten Investitionen. Diese liegen nach sechs Jahren
noch immer deutlich unter dem Niveau von 2008. Befragungen zeigen, dass die Unsicherheit und
Unzufriedenheit der Investoren – von dem günstigen internationalen Umfeld wenig beeinflusst –
28
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
im letzten Jahr weiter zugenommen hat. Der Staat kann als Investor nur in sehr beschränktem
Umfang einspringen, insbesondere weil 80–90% der gesamten Investitionen von privaten Unter-
nehmen durchgeführt werden.
Die angesprochene Unsicherheit der Unternehmen ist hausgemacht und hat zurzeit wenig mit den
internationalen Krisen zu tun. Eine der höchsten Abgabenquoten der Welt zusammen mit einer
permanenten Diskussion über Steuererhöhungen, steigende Staatsverschuldung, etc. muss Anrei-
ze reduzieren und die bei Investitionen ohnehin gegebene Unsicherheit verstärken. Die durch den
Staat vorgegebenen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sollten nur möglichst selten geändert
werden, um die Anpassungskosten der Besteuerten gering zu halten. Gegen dieses Grundprinzip
ist in den letzten Jahren oft verstoßen worden: So wurde die Steuer- und Stiftungsgesetzgebung
wiederholt zum Nachteil von Unternehmen und Kapitaleignern verändert. Ein grundsätzliches
Nachdenken über die Aufgaben des Staates, die Höhe der Abgaben und ihre Anreizwirkungen ist
heute dringender denn je.
Christian Helmenstein: »Heimische Konjunktur auf der Kriechspur«
Während der vergangenen Monate hat sich die allmähliche Aufhellung der konjunkturellen Per-
spektive in Europa fortgesetzt. Dazu hat eine Vielzahl von Faktoren beigetragen, beginnend bei
anhaltend niedrigen Rohölpreisen über die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bis
zur Abwertung der europäischen Gemeinschaftswährung. Anhaltende Reformerfolge in zahlrei-
chen EU-Mitgliedsländern wirken zusätzlich unterstützend. Zwar übt der geopolitische Gegenwind
nach wie vor einen dämpfenden Einfluss aus, dennoch nimmt der europäische Konjunkturgeleit-
zug allmählich Fahrt auf.
Für die USA lagen die letztverfügbaren Daten zum Konjunkturgeschehen hingegen am unteren
Ende des Erwartungsintervalls. Die Aufwertung des US-Dollars bremst die Aufschwungsdynamik,
kehrt den Trend aber nicht um. Auch aus China kamen wieder Signale einer schwächeren kon-
junkturellen Entwicklung. Diese sind jedoch teilweise nicht konjunktureller, sondern struktureller
Natur. Aufgrund des fortschreitenden demografischen Alterungsprozesses reduziert sich das chi-
nesische Potenzialwachstum bis zum Jahr 2020 um einen halben Prozentpunkt jährlich auf dann
nur noch 5% p.a.
Die für Österreich wichtigsten Handelspartner verzeichneten zuletzt Aufwärtsrevisionen bei den
Prognosen. Dabei vermögen die zentral- und osteuropäischen Länder ihren Wachstumsvorsprung
gegenüber dem westeuropäischen Durchschnitt aufrecht zu erhalten. Das Expansionstempo in
Deutschland liegt oberhalb der Potenzialwachstumsrate, sodass sich die dortige Kapazitätsaus-
lastung sukzessive verbessert. In weiterer Folge sollte dies Anlass zu einer verstärkten Investi-
tionstätigkeit der Unternehmen geben. Zudem erlauben rasche Fortschritte bei der Konsolidie-
rung der öffentlichen Haushalte auch eine höhere öffentliche Investitionsnachfrage. Die deutsche
Wirtschaft befindet sich somit inmitten eines Aufschwungs, der weitgehend dem historischen
Normalfall entspricht.
In einem scharfen Kontrast zum europäischen Geleitzug bewegt sich die österreichische Wirt-
schaft weiterhin auf der konjunkturellen Kriechspur. Ursächlich hierfür sind vor allem Austria-
ca, denn das anspruchsvolle internationale Umfeld trifft die wichtigsten Handelspartner Öster-
reichs ebenfalls, die aber überwiegend besser abschneiden. Auch gegenüber dem Durchschnitt
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
29
der OECD-Länder klafft eine immer größere Lücke zwischen der Dynamik in Österreich und in den
Vergleichsländern.
Zum einen tragen unzureichende strukturelle Reformfortschritte im Inland zu der Erosion der
Wettbewerbsfähigkeit Österreichs bei. Reformbedarf besteht insbesondere bei den Arbeitszusatz-
kosten, um den Sozialabgabenkeil zwischen Brutto-und Nettoverdiensten zu verringern. Ebenso
notwendig sind Reformen im Gesundheitswesen, im Pensionsbereich, in der öffentlichen Verwal-
tung und in den föderalen Strukturen. Zudem erfordern verbesserte Lebensgestaltungschancen
zusätzliche Anstrengungen im Bereich der Bildung, der Forschung und der Integration.
Zum anderen leidet der heimische Wirtschaftsstandort unter einer hohen Unsicherheit, was die
Verlässlichkeit der standortspezifischen Rahmenbedingungen betrifft. Eine Serie diskretionärer
wirtschafts- und fiskalpolitischer Interventionen – zum Teil sogar rückwirkenden Charakters – hat
das Investorenvertrauen beeinträchtigt. Kurzfristig führt die dadurch ausgelöste Investitions-
schwäche zu einem Nachfrageausfall. Vor allem aber trübt sie die mittel- und langfristigen Wachs-
tumsaussichten Österreichs, was die Investitionszurückhaltung abermals verschärft und zu einer
noch höheren Arbeitslosigkeit führt. Hier beginnt die Stagnation sich selbst zu nähren.
Helmut Hofer: »Reformen zur langfristigen Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich angezeigt«
Nach einer langandauernden Krise (»double-dip« Rezession) hat sich die Wirtschaft im Euroraum
seit dem Vorjahr spürbar belebt. Der Rückgang des Ölpreises und die Abwertung des Euro gegen-
über dem US-Dollar stützen dabei die Konjunktur. Die aktuellen Stimmungsindikatoren für den
Euroraum weisen deutlich nach oben. Vergleichsweise bescheiden stellt sich die Einschätzung der
Wirtschaftslage hingegen in Österreich dar. Nachdem die Wirtschaft in den letzten zehn Jahren in
Österreich merklich rascher als im Euroraum gewachsen ist, blieb der BIP-Anstieg im Vorjahr um
gut einen halben Prozentpunkt zurück und bisher zeigen sich keine Anzeichen für eine Trendwen-
de. Es mehren sich die Indizien dafür, dass der Wirtschaftsstandort Österreich langsam aber doch
an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verliert.
Seit 2012 wächst die österreichische Wirtschaft kaum noch. In Einklang mit der schwachen Wirt-
schaftsdynamik steigt die Arbeitslosigkeit seither wieder kräftig. Positiv ist dabei die gleichzeitig
steigende Beschäftigung trotz schwacher Konjunktur zu bewerten. Die Öffnung des österreichi-
schen Arbeitsmarktes hat es ermöglicht, dass durch die Arbeitskräfte aus Osteuropa dringend be-
nötigte Qualifikationen für den österreichischen Arbeitsmarkt verfügbar wurden. Das Wirtschafts-
wachstum ist aber zu schwach ausgefallen, um das gesamte Arbeitskräftepotenzial ausschöpfen
zu können, sodass Beschäftigung und Arbeitslosigkeit simultan zugenommen haben. Vor dem Hin-
tergrund der Bevölkerungsalterung ist die steigende Erwerbsneigung (insbesondere von Frauen
und Älteren) positiv zu bewerten. Wesentlich verhaltender als die Beschäftigungsentwicklung in
Köpfen verlief die Ausweitung der Arbeitsstunden. Der gesamte Anstieg entfällt auf Teilzeitstellen.
Gegeben die schwache Wirtschaftsdynamik und das stark steigende Arbeitskräfteangebot ist es
aber nicht verwunderlich, dass die Arbeitslosenquote seit dem Jahr 2010 kräftig angestiegen ist.
Aufgabe der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist es daher gegenwärtig, das Entstehen von verfestigter
Arbeitslosigkeit (»Hysteresis«) zu bekämpfen.
Im internationalen Vergleich ist Österreich ein Hochlohn-Standort und weist eine hohe Beschäfti-
gungsquote aus. Diese positive Stellung ist aber nur haltbar, wenn es gelingt, entsprechend hohe
30
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Produktivitätszuwächse zu erzielen. Seit der Finanzkrise liegen die Lohnzuwächse im Durchschnitt
über der Produktivitätsentwicklung. Mit anderen Worten die Lohnstückkosten sind gestiegen und
Österreich hat an Wettbewerbsfähigkeit (insbesondere gegenüber Deutschland) verloren. In
realer Rechnung sind aber die (Netto-)Lohnzuwächse nur bescheiden ausgefallen. Das Problem
besteht also nicht in zu hohen Löhnen, sondern vielmehr in der äußerst schwachen Produktivi-
tätsentwicklung.
Durch die Setzung adäquater Rahmenbedingungen kann der Staat die Qualität des Wirtschafts-
standorts erhöhen bzw. sichern. Permanente Reformschritte und eine vorausschauende Wirt-
schaftspolitik könnten die Stimmungslage der österreichischen Wirtschaftssubjekte verbessern
und die österreichische Wirtschaft auf einen stabilen Wachstumskurs führen. Nur so lässt sich
verhindern, dass die gegenwärtig eher konjunkturell bedingte Schwäche zu einem dauerhaften
Qualitätsverlust des Wirtschaftsstandortes Österreich führt.
Reformen sind daher unumgänglich, um das Wachstum des Produktionspotenzials der österrei-
chischen Wirtschaft zu erhöhen und die Qualität des Standorts zu sichern. Positiv ist in diesem
Zusammenhang die Steuerreform 2015/16 zu nennen, welche die Steuerlast auf dem Faktor Ar-
beit reduzieren wird und damit zusätzliche Beschäftigungsanreize schafft. Unbedingt notwendig
ist aber eine Bildungsreform, die es ermöglicht das Humankapitalpotenzial der Bevölkerung aus-
zuschöpfen. Verstärkte Früh-Kind-Förderung, die insbesondere bei den bildungsfernen Schichten
ansetzt, wäre eine äußerst kostengünstige Alternative zur Verhinderung von potenziellen Ar-
beitsmarktproblemen. Im Bereich der Integrationspolitik sind zusätzliche Maßnahmen zur Hebung
des Potenzials der Zuwanderer notwendig. Im Hinblick auf die Finanzpolitik des Staates ist die
langfristige Rückführung der Steuerquote bei Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Budgetpo-
litik erforderlich. Zur Finanzierung der produktiven staatlichen Investitionsausgaben (etwa für
Bildung, Forschung und Entwicklung, Innovationsförderung) sind Reformen im Bereich der kon-
sumtiven Staatsausgaben (Verwaltung, Pensionen, Subventionen) und eine anreizkompatiblere
Ausgestaltung des Finanzausgleichs angebracht.
Ulrich Schuh: »Problemzonen sollten zügig bearbeitet werden«
Im vergangenen Jahr konnte die österreichische Wirtschaft nicht in die Gänge finden. Während
der Euroraum in einen moderaten Wachstumspfad einschwenken konnte, litt die österreichische
Wirtschaft unter einem gedämpften Wachstum der Exporte und einer hartnäckigen Zurückhal-
tung der Investitionstätigkeit. Die wirtschaftlichen Folgen der geopolitischen Spannungen in der
Ukraine, die einen dämpfenden Effekt über den Außenhandel ausübten, können nur zu einem Teil
die mäßige Wachstumsperformance Österreichs erklären. Mit einem realen Wirtschaftswachstum
von 0,3% lag Österreich im Jahr 2014 deutlich hinter dem Durchschnitt des Euroraums (+0,9%)
oder Deutschland (+1,6%) zurück. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
hat sich die unselbständige Beschäftigung mit einem Wachstum von 0,6% vorzüglich entwickelt.
Allerdings ist auch die Arbeitslosigkeit kräftig angestiegen und lag gemäß nationaler Definition im
Jahresdurchschnitt bei 8,4%.
Im laufenden Jahr zeichnet sich eine Fortsetzung der Tendenzen des Vorjahres ab. Während
die Wirtschaft des Euroraums – unterstützt durch niedrige Energiepreise und einen günstigen
Wechselkurs des Euro – in einen stabilen Wachstumspfad einschwenkt, bleibt die wirtschaftliche
Dynamik in Österreich verhalten.
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
31
Vorliegende Wirtschaftsprognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, der Europäischen Kom-
mission und des Internationalen Währungsfonds deuten darauf hin, dass das Wachstumspotenzial
der österreichischen Wirtschaft derzeit unter dem Durchschnitt des Euroraums und weit hinter
Deutschland zurückbleibt.
Angesichts dieser Rahmenbedingungen erscheint es dringend angezeigt zentrale Problemzonen
der österreichischen Wirtschaftsentwicklung entschlossen zu bearbeiten. Es sind dies die hohe
Arbeitslosigkeit, der überhöhte Preisauftrieb und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen.
Hinter dem schmerzhaften anhaltenden Anstieg der Arbeitslosigkeit verbirgt sich ein strukturelles
Problemfeld des österreichischen Arbeitsmarkts. Die Arbeitslosenquote von Personen mit Pflicht-
schulabschluss als höchsten Bildungsstatus ist seit 2008 von 15% auf knapp 25% angestiegen.
Dieser unakzeptabel hohe Wert sollte mit gezielten Maßnahmen zur raschen Reintegration der
von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen zurückgeführt werden. Beispielhaft können hier die
Reformmaßnahmen in Deutschland als Vorbild dienen.
Die generell niedrige Inflation im Euroraum verschleiert die Tatsache, dass Österreich seit eini-
gen Jahren spürbar stärkeren Preisauftrieb verzeichnet als die Mehrzahl aller EU-Mitgliedstaa-
ten. Gegenwärtig weist Österreich die höchste Inflationsrate aller Mitgliedstaaten auf. Dauerhaft
überhöhte Preissteigerungen gefährden die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen
Wirtschaft und müssen auf breiter Front eingedämmt werden. Handlungsfelder in diesem Zusam-
menhang sind die Erhöhung des Wettbewerbs im Dienstleistungsbereich, die Lohnverhandlungen
sowie Abgaben und öffentliche Gebühren.
Der Staatshaushalt stellt sich gegenwärtig zwar solide dar, allerdings besteht im aktuellen Bud-
getrahmen keinerlei Spielraum für eine aktive Fiskalpolitik bzw. zur Vorsorge gegen eventuelle
Risiken aus Konjunkturentwicklung oder aus Belastungen aus der Abwicklung von Banken. Es
wäre daher angezeigt Spielraum durch Reformen in wesentlichen Ausgabenbereichen wie Pensi-
onen bzw. Finanzausgleich zu heben. Dies könnte auch zur Absicherung der finanziellen Nachhal-
tigkeit des Staatshaushaltes beitragen.
Theresia Theurl: »Mehr denn je ist wirtschaftspolitischer Mut gefordert«
Österreichs wirtschaftliche Perspektiven waren schon besser als im Frühjahr 2015. Während in
den vergangenen Jahren noch gute Makro- und Arbeitsmarktdaten berichtet werden konnten,
die zumindest im EU-Durchschnitt oder über diesem angesiedelt waren, und die die Kritik an un-
zureichenden Maßnahmen zur Beseitigung institutioneller Defizite und struktureller Schwächen
meist milde ausfallen ließen, hat sich dies nun gewandelt. Eine Analyse der vergangenen Jahre
lässt die Entwicklung deutlich werden. Österreich ist ins Gespräch gekommen, bei Länderanalys-
ten, Ratingagenturen und internationalen Organisationen. Ungelöste Probleme und Altlasten bei
Banken haben viel Aufmerksamkeit im Ausland erregt. Diverse Standortvergleiche zeigen bereits
seit einigen Jahren, dass Österreich Plätze in der Reihung der Standortqualität verliert. Auch
wenn solche Rankings nicht überbewertet werden sollten, muss das umfassende Bild, das diese
Indikatoren liefern und die Kontinuität in der Entwicklung beachtet werden. Marktanteile wurden
in Segmenten verloren, die für Österreich wichtig sind, Teile der Wertschöpfungsketten werden
verlagert. Das Wissen darum sowie die Kritik daran hat allerdings bisher wenig bewirkt. Zwar wur-
den punktuell auch Maßnahmen durchgeführt, allerdings kaum mit der notwendigen Konsequenz.
32
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Nun haben sich jedoch die Investitions-, Wachstums- und Beschäftigungsdaten weiter abge-
schwächt, während sich die Inflation stärker entwickelt als in anderen Euro-Ländern. Die einstige
Bewegung auf der internationalen »Überholspur« ist längst verlassen, die unauffällige Durch-
schnittsposition läuft Gefahr in ein »Zurückbleiben« abzugleiten. Die einschlägigen Indikatoren
informieren über eine realwirtschaftliche Stagnation. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen,
dass manche mittelständische Unternehmen trotz regulativer Hemmnisse höchst wettbewerbs-
fähig sind, einige von ihnen erreichen sogar den Status von Weltmarktführern. Dass die einge-
schränkte Makro-Performance sowie die Abschwächung des Exportwachstums mehr mit einer zu
geringen Reformambition im institutionellen und strukturellen Bereich und weniger mit der ge-
dämpften globalen Wirtschaftsdynamik zu tun haben, sollte nicht länger übersehen werden. Auch
die politischen Rahmenbedingungen in Österreich haben sich nicht als reformfördernd herausge-
stellt. Auf Reformbedarf wies zuletzt die EU-Kommission hin, die OECD äußerte sich knapp vorher.
Welche Kritikpunkte sind zu nennen und wo gilt es anzusetzen? Nur halbherzig und mit vielen
Kompromissen versehen wurde eine Steuerreform angegangen, deren markantes Gestaltungs-
merkmal die »Gegenfinanzierung« und nicht die Verbesserung der Budgetstruktur ist. Insgesamt
ist die Steuer- und Abgabenquote zu hoch und sie birgt schädliche Anreize für langfristig orien-
tierte und innovative Aktivitäten. Dies gilt für die Privatwirtschaft ebenso wie für die ausgedehnte
öffentliche Ökonomie. Bildungspolitische Maßnahmen spiegeln wortreich verkleidete Experimente
wider, die mehr das Bewährte beeinträchtigen als die Wettbewerbsfähigkeit der Auszubildenden
fördern. Nach wie vor weisen Pensions- und Gesundheitssystem kein nachhaltiges Fundament
auf. Die demografischen Herausforderungen wurden bisher allenfalls verbal in Angriff genommen.
Neben den unternehmerischen Aktivitäten nicht förderlichen Rahmenbedingungen belasten die-
se Mikro-Faktoren zusammengenommen die realwirtschaftliche Dynamik Österreichs, die derzeit
auch kaum internationale Impulse erhält. Nicht bewältigte Bankenrisiken bergen nach wie vor
Belastungen für die öffentlichen Haushalte, deren Struktur ohnehin investitions- und wachstums-
hemmend ist, dies auch in föderaler Hinsicht.
Die großen Herausforderungen für Österreich liegen aktuell darin, dass die angemahnten Re-
formen bewusste politische Entscheidungen voraussetzen und eine konsequente und stringente
Umsetzung erfordern. Weder kann man aus den aufgezeigten Problemen »herauswachsen« noch
bleiben sie ohne Folgen. Es ist also nicht nur politischer Mut und Lösungsorientierung aufzu-
bringen, sondern die Notwendigkeit der zeitnahen Inangriffnahme von Veränderungen ist auch
glaubwürdig zu kommunizieren. Beides ist in den vergangenen Jahren schwer gefallen. Doch die
aktuelle Situation kann auch positiv betrachtet werden: Da manches versäumt wurde, bietet sich
nun die Gelegenheit dieses nun zügig nachzuholen. Erstens sollte dabei weniger an der Verteilung
wirtschaftlicher Ergebnisse, sondern mehr an den Rahmenbedingungen für deren Schaffung an-
gesetzt werden. Zweitens sollten die langfristigen Wirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen
stärker als deren kurzfristige Folgen beachtet werden. Drittens sollte privaten Unternehmen mehr
zugetraut werden und der Staat sich auf seine eigentlichen Aufgaben zurücknehmen. Viertens
sollte eine konsequente Zukunftsorientierung die wirtschaftspolitische Strategie für Österreich
prägen und Abstand von den mut- und konturlosen Ansätzen der vergangenen Jahre genommen
werden.
Peter Brezinschek: »Reformeifer zahlt sich aus«
Die konjunkturelle Dynamik in der Eurozone hat in den vergangenen Quartalen an Schwung
gewonnen. Überdies stehen die Vorzeichen für eine weitere Festigung des Wachstums in der Wäh-
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
33
rungsunion günstig. Zugute kommt den Ländern der Eurozone dabei der nach wie vor auf einem
niedrigen Niveau notierende Ölpreis, der bei Konsumenten und Unternehmen wie eine mittlere
Steuersenkung wirkt. Der gesunkene Außenwert des Euro wiederum verbessert die Exportaus-
sichten der Unternehmen. Hinter der Konjunkturentwicklung in der gesamten Eurozone verbergen
sich jedoch teils deutliche Unterschiede auf Länderebene. Die Grenzen zwischen Peripherie und
Kern-Eurozone haben dabei längst ihre Gültigkeit verloren. Vielmehr verläuft die neue Trennlinie
zwischen Staaten, die in den letzten Jahren Reformen umgesetzt haben und nun die Früchte
dieser Bemühungen ernten und jenen Ländern, deren nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß
angegangene strukturelle Probleme einer dynamischeren Konjunkturentwicklung im Wege ste-
hen. So dürfte das Wachstum in Irland und Spanien 2015 an der Spitze der Eurozone stehen. Dem
stehen Länder gegenüber, deren Konjunktur trotz jüngster Hoffnungsschimmer noch nicht Fahrt
aufgenommen hat. Strukturelle Reformen wurden in Italien und besonders in Frankreich bis-
her nicht energisch genug in Angriff genommen. Nur umfassende Reformen können jedoch eine
nachhaltige Trendumkehr bewirken. Doch auch die konjunkturelle Entwicklung in Österreich wird
immer häufiger als »enttäuschend« beschrieben. Denn anstatt vom Aufschwung in der Eurozone
über die Außenhandelsverflechtung zu profitieren, ist Österreich selbst zu einem der Wachstums-
schlusslichter in der Währungsunion geworden.
Ein Charakteristikum der Wachstumsschwäche in Österreich sind die in den letzten Quartalen
auffallend schwachen Investitionen. Neben einer Kapazitätsauslastung, die aktuell noch keinen
Bedarf an Erweiterungsinvestitionen signalisiert, dürfte auch die seit 2012 unbefriedigend verlau-
fende Gewinnentwicklung der Unternehmen einen Anteil an der momentanen Investitionszurück-
haltung haben. So wirken sich deutliche Kostensteigerungen – besonders bei den Lohnnebenkos-
ten – in Verbindung mit schwacher Produktivitätsentwicklung belastend für die Unternehmen aus.
Dies bewirkt einen schleichenden Wettbewerbsverlust. Denn die Zeiten, in denen Österreich in
den meisten Standortrankings im Spitzenfeld rangierte, sind vorerst vorbei. Vielmehr ist Vorsicht
geboten, nicht dauerhaft ins Mittelmaß abzurutschen. Einen weiteren Weckruf lieferte das jüngste
Innovationsranking der EU-Kommission. Während Österreich 2009 noch die Gruppe der Innova-
tionsfolger (6. Platz insgesamt) angeführt hat, reichte es 2015 nur für das untere Ende dieser
Gruppierung (11. Platz insgesamt). Dabei sind zu geringe Mittel nicht das vorrangige Problem, im-
merhin weist Österreich mit 2,8% des BIP (2013) die fünfthöchsten F&E-Ausgaben in der EU auf.
Vielmehr gelingt es Österreich nicht, einen entsprechenden Nutzen aus diesen Aufwendungen zu
ziehen. Dabei wird es gerade für eine entwickelte Volkswirtschaft wie Österreich in Zukunft noch
mehr darauf ankommen, seinen komparativen Vorteil bei der Herstellung wissensbasierter Güter
und Dienstleistungen zu nutzen. Nur so kann langfristig das hohe Wohlstandsniveau gesichert
werden.
Wenig dynamisch entwickelte sich in den vergangenen Quartalen auch der private Konsum, nicht
zuletzt aufgrund der Reallohnentwicklung. Neben der kalten Progression litt diese insbesondere
unter der vergleichsweise hohen Inflation. Denn seit 2012 liegt die Teuerung deutlich über dem
Durchschnitt der Eurozone. Dies ist auch Folge der primär einnahmeseitigen Budgetmaßnahmen,
wobei nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und Gemeinden über Abgabenerhöhungen
ihren Finanzbedarf decken. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass Österreich
mit einer Steuer- und Abgabenquote von zuletzt (2014) 43,8% des BIP weiterhin im EU-Spitzen-
feld liegt. Obschon die im Rahmen der Einkommenssteuerreform vorgenommene Entlastung des
Faktors Arbeit begrüßenswert ist, bleibt das Grundproblem einer zu hohen Steuer- und Abga-
benquote bestehen, ein umfassender Reformansatz hätte daher zur Gegenfinanzierung des Ent-
lastungsvolumens vorrangig auf der Ausgabenseite ansetzen müssen. Doch auch die steigende
Zahl an Arbeitslosen lastet auf der Verbraucherstimmung. So notiert das Konsumentenvertrauen
sowohl verglichen mit der eigenen Historie als auch mit den übrigen Euroländern auf einem sehr
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2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
tiefen Niveau. Zwar nimmt das Beschäftigungsniveau weiter zu, dies wird aber vom Anstieg des
Arbeitskräftepotenzials mehr als ausgeglichen. Neben dem Zustrom ausländischer Arbeitskräfte
ist hierfür auch eine höhere Erwerbsquote bei Frauen und älteren Arbeitnehmern verantwortlich.
Nichtsdestotrotz besteht gerade bei den Pensionen dringender Handlungsbedarf. Zwar konnte die
Erwerbsquote bei älteren Arbeitnehmern (60-64) seit Ende 2012 von 21,8% auf 24,1% (Q4 2014)
erhöht werden – gleichzeitig gelang in der Eurozone jedoch ein Anstieg von 35,2% auf 40,4%.
Damit belegt Österreich weiterhin den fünftletzten Platz in der EU, bei den Frauen dieser Alters-
gruppe ist es sogar der drittletzte. Energischere Reformschritte zur Anhebung des faktischen in
Richtung des gesetzlichen Pensionseintrittsalters sind daher unabdingbar. Dabei hat Österreich
die Chance, aus einer Position der relativen Stärke heraus die Herausforderungen anzugehen.
Trotz der schwachen Entwicklung der vergangenen Quartale und der offensichtlichen Notwendig-
keit zur Umsetzung von Reformen sollte sich auch in Österreich die konjunkturelle Dynamik im
weiteren Jahresverlauf zunehmend beleben, gleichzeitig aber vergleichsweise moderat ausfallen.
Für das Gesamtjahr 2015 erwarten wir ein reales BIP-Wachstum von 0,7%, gefolgt von 1,8%
2016. Die entscheidenden Impulse sind dabei zunächst vom außenwirtschaftlichen Umfeld zu
erwarten. Erst im weiteren Prognoseverlauf sollte die Inlandsnachfrage den maßgeblichen Faktor
der unterstellten Konjunkturbelebung darstellen.
Stefan Bruckbauer: »Der Standort Österreich ist absolut gut, relativ hat er jedoch verloren«
Das Umfeld für die österreichischen Unternehmen hat sich in den ersten Monaten 2015 erheblich
verbessert. Trotz einiger Probleme in den Emerging Markets, allen voran China, ist die Stimmung
der Weltwirtschaft weiterhin deutlich im positiven Bereich, stark getrieben von den USA, aber
auch Osteuropa sendet dynamische Signale. Fast noch wichtiger für die österreichische Wirt-
schaft ist allerdings die deutliche Stimmungsverbesserung im Euroraum, vor allem in den beiden
wichtigsten Exportmärkten Deutschland und Italien. Daher irritiert, dass sich die Stimmung in
der österreichischen Wirtschaft nicht parallel dazu ebenfalls gebessert hat. Auch der sinkende
Eurokurs und der stark gesunkene Ölpreis konnten die Stimmung der österreichischen Industrie
nicht beleben. Ist Österreichs Wirtschaft plötzlich nicht mehr wettbewerbsfähig? Ist Österreich
vom Vorreiter zum Nachzügler geworden? Konnte Österreich zwischen 2000 und 2007 noch um
0,8 Prozentpunkte pro Jahr schneller wachsen als Deutschland, in der Krise und Erholungsphase
von 2008 bis 2013 immerhin noch um 0,1 Prozentpunkte im Jahr, ist das Wachstum in Österreich
2014 und heuer nicht einmal halb so hoch wie bei unserem Nachbarn und wir bleiben jährlich mehr
als einen Prozentpunkt zurück.
Die Begründung für diese Wachstumsschwäche Österreichs gegenüber Deutschland ist sicherlich
vielschichtig, es kristallisieren sich aber im Wesentlichen drei Punkte heraus:
• die Struktur der Exporte Österreichs,
• der Verlust relativer Wettbewerbsfähigkeit,
• die negative Stimmung.
Der wesentliche Treiber der Erholung im Euroraum ist bislang neben dem Export vor allem der
Konsum, während die Investitionsschwäche, die auch hauptverantwortlich für den Einbruch 2008
und danach war, weiter anhält. Österreichs Exportindustrie ist hingegen stark auf Investitionsgü-
ter bzw. langfristige Konsumgüter ausgerichtet, weniger auf kurzfristige Konsumgüter. Von der
Erholung beim Konsum in Deutschland etwa profitiert daher Österreichs Exportindustrie vorläufig
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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kaum. Allerdings werden der Erholung demnächst auch die Investitionen folgen, was Österreichs
Export unterstützen sollte.
Auch die relative Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hat sich in den letzten Jahren verschlechtert.
Wenngleich alle Messungen von Wettbewerbsfähigkeit umstritten sind und es nicht einfach zu ent-
scheiden ist, welche Zahlen am besten geeignet sind, zeigen doch die meisten ein ähnliches Bild.
Nimmt man etwa den Weltbankindikator »Ease of Doing Business«, so hat Österreich hier unter
den Euroländern eine sehr gute Position und liegt weltweit mit dem 21. Platz nur knapp hinter
Deutschland (14) und deutlich vor Frankreich (31), Spanien (33) oder Italien (56). Auch hat sich
Österreich seit 2009 um immerhin fünf Plätze verbessert, allerdings konnten sich unsere Konkur-
renten im Euroraum deutlich stärker verbessern, allen voran Deutschland um 13 Plätze, womit
uns die deutschen Nachbarn überholt haben. Auch andere Länder der Peripherie sind Österreich
näher gekommen, auch wenn sie uns bisher nicht überholen konnten. D.h. Österreichs Wettbe-
werbsfähigkeit ist weiterhin eine der besten im Euroraum, relativ haben wir jedoch zu anderen
Ländern verloren, besonders gegenüber Deutschland, das noch von Reformen der 2000er Jahre
profitierte. Diese relative Verschlechterung gegenüber unseren Mitbewerbern spüren Österreichs
Unternehmen. Dies erklärt, warum die Aussage, Österreichs Standortqualität ist weiterhin gut,
aber hat sich gleichzeitig im Vergleich zu unseren Mitbewerbern verschlechtert, stimmt.
Eine ähnliche Entwicklung erlebt Österreichs Industrie auch bei den Lohnstückkosten. Alle Länder
haben in den Jahren von 1999 bis 2007 relativ zu Deutschland an Konkurrenzfähigkeit verloren,
sprich stärkere Anstiege der Lohnstückkosten hinnehmen müssen, Österreich jedoch noch am
wenigsten. D.h. Österreich gewann gegenüber praktisch allen anderen Euroländern mit Ausnah-
me von Deutschland bis 2007 an Wettbewerbsfähigkeit. Dies hat sich ab 2007 und seitdem viele
Länder Reformen unternommen haben ins Gegenteil gedreht. Fast alle Euroländer gewannen
Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland mit Ausnahme Österreichs. Dies bedeutet, dass
sich die Position Österreichs seit 2007 gegenüber allen Euroländern, inklusive Deutschland, ver-
schlechtert hat. Österreich bleibt zwar im Vergleich zu 1999 noch in einer besseren Situation als
manche andere Länder, aber es ist wieder enger geworden und dies spüren viele Unternehmen im
internationalen Wettbewerb.
Dies alles drückt auf die Stimmung und dazu kommen noch einige österreichspezifische Themen,
die belasten. Diese reichen vom Umgang mit dem Hypo Alpe Adria-Desaster bis zur nicht erfolgten
Reduktion der Staatsverschuldung. Diese Probleme spiegeln sich sehr stark in der Stimmung der
österreichischen Konsumenten und Konsumentinnen wider, die konträr zur Entwicklung in prak-
tisch allen Euroländern zuletzt deutlich nach unten statt nach oben ging. Schlussendlich resultiert
dies in einer Stagnation des privaten Konsums in Österreich seit Ende 2012. Interessanterweise
beurteilen dabei die Konsumenten und Konsumentinnen die allgemeine wirtschaftliche Entwick-
lung bzw. die Aussichten deutlich negativer als im Euroraum, während sie bei der Frage nach ihrer
eigenen wirtschaftlichen Situation deutlich positiver sind als der Durchschnitt des Euroraums,
sogar ähnlich positiv wie in Deutschland. Dies legt den Schluss nahe, dass es mehr die Wahrneh-
mung der Wirtschaft als die persönliche eigene Situation ist, die negativ beurteilt wird. Ein wenig
erscheint es sogar, dass dieser Pessimismus, objektiv betrachtet, übertrieben ist. Dies lässt sich
auch an vielen Indikatoren, schlussendlich sogar an der weiterhin niedrigen, wenn auch steigen-
den, Arbeitslosigkeit und dem hohen Realeinkommensniveau ablesen.
Was bedeutet dies nun für den Ausblick? Zwei wesentliche Erkenntnisse: Österreich muss sich
anstrengen, das Vertrauen der Wirtschaft und der Bevölkerung wieder zurückzugewinnen und
braucht auch wieder neue Visionen, zusätzlich zu seiner zwar weiterhin sehr positiven, aber eben
nicht mehr ganz so strahlenden Vision Osteuropas. Sonst bleibt es hinter dem Durchschnitt des
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2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Euroraums zurück und würde seinen Vorsprung in den nächsten Jahren verlieren. Auch wenn es
klar ist, dass sich die Erholung in Deutschland, Osteuropa oder Italien bald auch positiv in der
österreichischen Wirtschaft bemerkbar machen wird, bleibt Österreich mit dem erwarteten Wirt-
schaftswachstum von 0,9% in 2015 und 1,5% in 2016 hinter dem Euroraumschnitt von rund 1,4%
bzw. 1,8% zurück, vor allem aber erneut hinter Deutschland, das sowohl heuer als auch nächstes
Jahr mit rund 2% wachsen wird.
Die Erholung der nächsten Monate sollte genützt werden, um positive Signale für den Standort zu
setzen, wobei die Steuerreform bereits ein guter Beginn ist. Vor allem sollte die Politik versuchen,
verunsichernde Maßnahmen (etwa die Probleme rund um HETA) zu vermeiden, um Vertrauen
zurückzugewinnen. Alle Reformen, von Verwaltung, Gesundheit oder Bildung, sollten nach den
unendlich langen Debatten entschlossen angegangen werden und dies muss der Bevölkerung und
Wirtschaft auch glaubhaft dargestellt werden. Dies wird darüber entscheiden, ob Österreich in
zehn Jahren weiterhin seinen Wohlstandsvorsprung gegenüber dem Rest des Euroraums halten
wird können, oder von den anderen Ländern überholt werden wird. Noch ist der Wirtschaftsstand-
ort Österreich überdurchschnittlich gut und wird auch an der Erholung der nächsten Monate par-
tizipieren können. Ob dies auch in zehn Jahren noch der Fall ist, hängt von der jetzigen Politik ab.
Ingo Jungwirth: »Private Haushalte und Chancen im Export sorgen für ausgewogenen Ausblick«
Rezession unwahrscheinlich
Zwar gehen wir davon aus, dass die österreichische Wirtschaft 2015 ein viertes Jahr in Folge BIP-
Wachstumsraten von unter 1% aufweist und unter weiterhin steigender Arbeitslosigkeit leidet.
Allerdings zeichnet sich mit Blick auf 2016 eine Erholung ab. Die Arbeitslosigkeit dürfte sich infol-
ge flexibler Lohnabschlüsse bei 5,8% stabilisieren, steigende Beschäftigung sorgt für Zuwächse
im privaten Konsum, hohe Immobilienbewertungen tragen zu einer Erholung des Bauwesens bei,
der schwache Euro beflügelt Exporte außerhalb der Eurozone und die vollendete Anpassung der
Produktionskapazitäten im Unternehmenssektor dürften zu einer Stabilisierung der Anlageinves-
titionen führen.
Die unmittelbaren Risiken für den Wachstumsausblick sind außenpolitischer Natur. Der geopoliti-
sche Konflikt mit Russland stellt trotz eines zu beobachtenden Gewöhnungseffekts nach wie vor
das größte Risiko dar. Der Finanzierungsengpass Griechenlands hat für Österreich eine unterge-
ordnete Rolle. Die Anwendung der europäischen Bail-In Regelung für Verbindlichkeiten der HETA
wurde insbesondere in Deutschland heftig kritisiert, während internationale Kommentare ausge-
wogen ausfielen. Für Unternehmen mit Zugang zu solider österreichischer oder internationaler
Finanzierung ist die Refinanzierungssituation jedenfalls unverändert gut. Darüber hinaus stellen
Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin ein günstiges Refinanzierungsumfeld
sicher.
Der von zahlreichen Studien dokumentierte Aufholbedarf Österreich in Sachen Wettbewerbsfä-
higkeit ist aus Sicht der hochentwickelten Ausgangslage unmittelbar wenig problematisch, bedarf
aber mittelfristig nach Reformen insbesondere zur Senkung der Steuerbelastung, zum Abbau von
Bürokratie und zur Deregulierung im Dienstleistungssektor. Der Dienstleistungssektor wird in den
kommenden Jahren in Österreich eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und
beim Erzielen von stabilem und nachhaltigem Wachstum spielen.
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
37
Der Wachstumsausblick stellt sich 2015 insgesamt ausgewogener dar als noch vor einem Jahr. Die
Gefahr einer Rezession hat deutlich abgenommen und stellt aus aktueller Sicht ein wenig realis-
tisches Risikoszenario dar. Die noch bis zumindest 2016 fortgesetzte unkonventionelle Geldpolitik
der EZB führte zu einer zwar nicht direkt beabsichtigten, aber dennoch sehr wirkungsvollen Ab-
wertung des Euro gegenüber anderen Hauptwährungen. Der schwache Euro bietet Chancen für
die flexible und anpassungsfähige österreichische Exportwirtschaft. Beispielsweise weist Öster-
reich in der High-Tech Produktion im europäischen Vergleich starke Zuwachsraten auf. Der sich
stabilisierende Arbeitsmarkt, niedrige Energiepreise und steuerliche Entlastungen im Zuge der
geplanten Einkommenssteuerreform 2016 könnten darüber hinaus den privaten Konsum unter-
stützen.
Österreichische Haushalte stützen Konjunktur
Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt weiterhin angespannt, allerdings zeichnet sich eine Stabilisierung
ab. Nachdem insbesondere externe Effekte wie die angespannte konjunkturelle Lage in Europa
den heimischen Arbeitsmarkt während der vergangenen Jahre belasteten, kommt der österrei-
chischen Konjunktur und damit der nationalen Wirtschaftspolitik in den nächsten Jahren zuneh-
mende Bedeutung zu. 2015 dürfte die Arbeitslosenquote das vierte Jahr in Folge ansteigen und
sich bei 5,8% (EU Definition) einpendeln. Die durchschnittliche Arbeitszeit wird sich aller Voraus-
sicht nach 2015 stabilisieren und nicht mehr sinken. Der österreichische Arbeitsmarkt reagierte
verhältnismäßig robust auf die niedrigen Wachstumsraten der vergangenen Jahre. Wir erwarten
eine Stabilisierung am Arbeitsmarkt, da das BIP 2015 mit 0,6% höher wachsen dürfte als in den
vergangenen Jahren und flexible Lohnabschlüsse für steigende Beschäftigung sorgen. Die Anzahl
der Beschäftigten wird voraussichtlich mit ähnlichem Tempo wachsen wie die Gesamtbevölke-
rung. Dieser Zuwachs der Beschäftigten stützt wesentlich das moderate Wachstum im privaten
Konsum. Die seit 2012 vorherrschenden BIP-Wachstumsraten unter der 1%-Marke wurden deut-
lich durch das konstante und positive Wachstum im privaten Konsum unterstützt, wodurch sich
die österreichischen Haushalte einmal mehr als Rückgrat der heimischen Wirtschaft bewiesen.
Familienpolitik, Zuwanderungspolitik, Kaufkraft der privaten Haushalte und Unterstützung des
Dienstleistungssektors sind darum unserer Meinung nach zentrale Eckpfeiler einer erfolgreichen
Wirtschaftspolitik in Österreich.
Die Verbraucherpreisinflation erreichte 2014 mit 1,5% in Österreich einen der höchsten Werte in
der Eurozone. Neben dem durch Immobilienpreisanstiege der vergangenen Jahre begründeten
Zuwachs in der wohnbezogenen Preiskomponente (u.a. Mieten), verzeichneten auch Nahrungsmit-
tel einen stärkeren Preisanstieg als in den meisten europäischen Ländern. Energiepreissenkungen
infolge des Preisverfalls bei Rohöl werden 2015 voraussichtlich zu niedrigeren Inflationsraten
führen.
Geringe Leistbarkeit am Immobilienmarkt dämpft Preisanstieg
Der österreichische Immobilienmarkt verzeichnete in den vergangenen Jahren starke Preissteige-
rungen. Während der letzten fünf Jahre stiegen Preise im Durchschnitt um 8,5% pro Jahr in Wien
und um 6,0% pro Jahr in Österreich. Dazu beigetragen haben neben anfänglich günstigen Bewer-
tungen und niedrigen Kreditzinsen auch Änderungen im Lebensstil. So sank die durchschnittliche
Haushaltsgröße (Ein-Personen Haushalte) und der Wohnraum pro Kopf stieg an. In den Ballungs-
zentren, die einen starken Bevölkerungszuwachs verzeichneten (insbesondere Wien), entwickelte
sich darüber hinaus ein urbaner Lebensstil mit hoher Lebensqualität.
38
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Zuletzt schwächte sich die Preisdynamik allerdings deutlich ab, wodurch Immobilienpreise nur
mehr geringfügig stärker wuchsen als das allgemeine Preisniveau (Verbraucherpreisinflation). Mit
dem Abflauen der Preisdynamik einher ging insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte 2014 ein
Rückgang der Nachfrage nach Wohneigentum, während die Nachfrage nach Mietimmobilien kon-
stant hoch blieb. Die Leistbarkeit des Immobiliensektors hat in den vergangenen Jahren deutlich
abgenommen. Gemessen am Haushaltseinkommen sind Immobilien in Wien ähnlich bewertet wie
vergleichbare Immobilien in Frankfurt oder Hamburg, jedoch deutlich günstiger als jene in Mün-
chen oder London. Wir gehen davon aus, dass die gestiegenen Immobilienbewertungen 2015 zu
einer Belebung des stagnierenden Bauwesens beitragen. Aufgrund der mittlerweile gesunkenen
Leistbarkeit von Wohnimmobilien erwarten wir keine großen Preissteigerungen mehr.
Doris Ritzberger-Grünwald: »Neuigkeiten aus der Geldpolitik«
Die noch relativ junge Geldpolitik des Eurosystems hatte bislang einen relativ überschaubaren
Instrumentenkasten. In der Krise wurden diese Instrumente nicht nur ausgereizt – so wurden
zum Beispiel die Zinsen an die Nullzinsgrenze gebracht – sondern teilweise auch erstmals einge-
setzt (z.B. der direkte Ankauf von Wertpapieren). Dabei orientierte man sich am Erfahrungsschatz
»älterer« Notenbanken, vorrangig der FED, aber auch der Bank of England.
Weiterentwicklung der geldpolitischen Kommunikation: »forward guidance« und »accounts«
Kommunikation ist ein zentrales Element jeder erfolgreichen Geldpolitik. Neben einer Orientierung
über die künftige Ausrichtung der Geldpolitik (»forward guidance«), mit der angekündigt wird, das
im aktuellen Fall niedrige Zinsniveau für einen gewissen Zeitraum beizubehalten, werden seit An-
fang 2015 auch Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen (»Accounts«) veröffentlicht.
Seit Beginn der Währungsunion im Jahr 1999 ist die Publikation der Protokolle der Sitzungen des
EZB-Rates ein Dauerbrenner in der Debatte zwischen jenen, die für Vertraulichkeit und jenen, die
für Transparenz plädieren. Für die Vertraulichkeit spricht die Unabhängigkeit der Entscheidungs-
träger – niemand soll durch die Veröffentlichung seiner Aussagen in seiner Entscheidungsfindung
beeinflusst werden. Für die Transparenz sprechen gewisse demokratische Prinzipien, aber auch
eine bessere Vorhersehbarkeit der geldpolitischen Entscheidungen. Die »Accounts« sind eine Art
von Mittelweg. Konkret wird »in der Halbzeit« zwischen zwei geldpolitischen Räten (deren Ab-
stand übrigens seit Anfang 2015 von vier auf sechs Wochen vergrößert wurde) eine Kurzversion
des Sitzungsprotokolls publiziert. Die »Accounts« spiegeln die in der geldpolitischen Diskussion
vorgebrachten Argumente wider und ergeben ein gutes Stimmungsbild, wenn auch ohne Namens-
nennung der an der Diskussion Beteiligten.
Weitreichende »unkonventionelle« geldpolitische Sondermaßnahmen
Weitere Neuerungen gibt es bei den geldpolitischen Instrumenten des Eurosystems. Ausschlag-
gebend für ihren Einsatz war, dass im Jahr 2014 trotz aller bis dahin erfolgten Zinssenkungen und
sonstiger großzügiger Liquiditätsversorgung das Kreditvolumen und damit auch die Investitionen
im Euroraum zurückgingen. Offensichtlich erreichten die niedrigen Zinsen die Unternehmen, und
zwar ganz besonders die Klein- und Mittelbetriebe, nicht. Die Gründe für die schleppende Kredi-
tentwicklung sind vielschichtig und finden sich sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Ange-
botsseite. Mittels gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte, den sogenannten Targeted
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
39
Longer-Term Refinancing Operations (TLTROs), die eine Laufzeit bis September 2018 haben, wird
den Banken eine weitere günstige Refinanzierungsmöglichkeit angeboten, die explizit an die Kre-
ditvergabe an Unternehmen und Haushalte (mit Ausnahme von Wohnbaukrediten) gekoppelt ist.
Im September 2014 beschloss der EZB-Rat weiters, eine dritte Tranche gedeckter Schuldver-
schreibungen, sogenannte Covered Bonds (CB), und verbriefte Kreditforderungen, sogenannte
Asset Backed Securities (ABS), anzukaufen. Die Käufe wurden im Oktober begonnen. Die Hoff-
nung in die Wirkung dieser Programme war von Land zu Land unterschiedlich und hing vor allem
von der Existenz und Bedeutung dieser Finanzmärkte in den einzelnen Euroraumländern ab. Hilf-
reich ist, dass in jenen Ländern, die einer besonderen Ankurbelung bedürfen, diese Märkte eher
vorhanden sind als in jenen Ländern, die aufgrund ihrer relativ guten Wirtschaftslage diese Form
der Unterstützung weniger brauchen.
Die ersten Ankaufsergebnisse waren durchaus positiv. Dennoch verfestigte sich gegen Jahresen-
de 2014 der Eindruck, dass die Inflation im Euroraum das Preisstabilitätsziel länger deutlich unter-
schreiten könnte. Parallel dazu halbierte sich der Ölpreis, was die Inflationsprognosen erschwer-
te und zur Verunsicherung beitrug. Den Ausschlag gab, dass die Inflationserwartungen gegen
Jahresende nicht mehr so stabil am Preisstabilitätsziel des EZB-Rates verankert waren wie noch
ein paar Monate zuvor. Dieses Signal konnte nicht übersehen werden und nicht nur Pessimisten
begannen ein japanisches Szenario für den Euroraum zu zeichnen.
Im Jänner 2015 beschloss der EZB-Rat daher die genannten Wertpapierankaufprogramme um
den Ankauf öffentlicher Wertpapiere (Public Sector Purchase Programme – PSPP) zu erweitern
(Expanded Asset Purchase Programme, EAPP). Die Ankäufe sollen mindestens bis September
2016 und in jedem Fall so lange erfolgen, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung
in Richtung 2% eintritt. Insofern enthält auch diese Entscheidung ein sehr klares Element von
»forward guidance«. Insgesamt werden monatlich euroraumweit Wertpapiere im Ausmaß von 60
Mrd. € gekauft. Die bisherigen Ankäufe zeigen, dass rund 10 Mrd. € in Covered Bonds und Asset
Backed Securities investiert werden, während die restlichen rund 50 Mrd. € auf Wertpapiere von
Staaten und von supranationalen Organisationen (wie zum Beispiel der Europäischen Investitions-
bank) aufgeteilt werden.
Was bedeutet das konkret für Österreich?
Der Anteil der OeNB am Kapital der EZB beträgt 2,8%, d.h. die OeNB kauft monatlich um rund
1,23 Mrd. € österreichische Staatsanleihen. Wenn wir von einer Laufzeit des Programms von März
2015 bis September 2016 ausgehen, dann werden voraussichtlich österreichische Staatsanleihen
im Volumen von 24 Mrd. € angekauft werden. Insgesamt haben die vom österreichischen Staat
begebenen Anleihen derzeit einen Nominalwert von rund 150 Mrd. € bzw. einen aktuellen Markt-
wert von knapp 200 Mrd. €. Durch das Ankaufsprogramm werden aus heutiger Sicht somit rund
1/6 des Nominalwerts bzw. rund 1/8 des Marktwerts gekauft.
Durch die Ankaufprogramme werden die Kurse dieser Anleihen steigen bzw. die Renditen sinken,
wodurch sich die Investoren auf der Suche nach höheren Erträgen anderen Wertpapierkategori-
en zuwenden. So weitet sich die Rendite-dämpfende Wirkung über Portfolioumschichtungen auf
andere Finanzmarktbereiche aus. Banken und Unternehmen können sich dadurch günstiger refi-
nanzieren. Beides sollte die Investitionen begünstigen.
40
2.3 Position von österreichischen Ökonomen und Ökonominnen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Eine erste Einschätzung der Wirksamkeit
Ein allererster Blick lässt eine Bodenfindung der Inflationsrate vermuten (im März 2015 lag die
Inflationsrate bei -0,1% und damit deutlich über jener von -0,6% im Jänner). Darüber hinaus hat
der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar und gegenüber anderen bedeutenden Währungen nach-
gegeben. Vor dem Hintergrund günstigerer Absatzchancen für die Euroraum-Exporteure, deutlich
gefallener Energiekosten und der sehr lockeren Finanzierungsbedingungen wurden die jüngsten
Konjunkturprognosen für den Euroraum daher von allen Prognoseinstituten (EZB, IWF, EK, OECD)
für das heurige und das kommende Jahr nach oben revidiert.
Auch wenn der Anlauf zu diesen Programmen lang gedauert hat, letztlich hat das Eurosystem
sehr flexibel reagiert und kommt seiner Aufgabe, Preisstabilität im Euroraum zu gewährleisten, im
Rahmen seines gesetzlichen Auftrages und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln nach. Nun
wäre es wichtig, dass andere Bereiche der Wirtschaftspolitik auch das ihre für den Aufschwung
und für nachhaltiges kräftigeres Wachstum tun.
3Wirtschaftspolitisches
Programm
42
3.1. Wirtschafts- und budgetpolitische Strategie Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.1. Wirtschafts- und budgetpolitische Strategie
Die österreichische Bundesregierung verfolgt eine langfristige und stabilitätsorientierte Budget-
und Wirtschaftspolitik für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und hohe Beschäftigung. Ihre Stra-
tegie ist auf vier Ziele ausgerichtet:
• eine umfassende Steuerreform,
• eine konsequente Fortsetzung der strukturellen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte,
• eine Fortführung der Strukturreformen in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Förde-
rungen, Pensionen und Arbeitsmarkt,
• Forcierung von Zukunftsinvestitionen in den Bereichen Bildung, Universitäten, Forschung
und Entwicklung, Infrastruktur und Wohnen für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Mit diesem Programm wird an dem langjährig erfolgreichen Konzept einer stabilitäts-, wachs-
tums- und beschäftigungsorientierten nachhaltigen Budget- und Wirtschaftspolitik festgehalten,
doch wird gleichzeitig den neuen strukturpolitischen Erfordernissen und enger werdenden Fi-
nanzierungsspielräumen Rechnung getragen. Vor dem Hintergrund einer Wachstumsschwäche
2013–2014 und nur leicht steigender Wachstumsprognosen bis zum Jahr 2019 wird besonderes
Augenmerk auf die Stärkung nachhaltigen Wirtschaftswachstums, auf soziale Ausgewogenheit
und die Erreichung der EU2020-Ziele gelegt. Die wirtschaftspolitischen Empfehlungen der EU, der
OECD und des IWF werden dabei angemessen berücksichtigt. Im Konkreten sind die folgenden
Vorhaben geplant:
Steuerreform 2015/2016
Die Steuerreform 2015/2016, die die Bundesregierung am 17. März 2015 beschlossen hat und mit
1. Jänner 2016 in Kraft treten wird, sieht die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik vor.
Die Attraktivierung des Standortes Österreich, die Stärkung der Kaufkraft und die erhöhten Ar-
beitsanreize durch Senkung des Steuerkeils stärken Wachstum und Beschäftigung.
Das Volumen beträgt insgesamt 5,2 Mrd. €. Das entspricht 1,5% des Bruttoinlandsprodukts. Ein
Betrag im Ausmaß von 4,9 Mrd. € ist für die Lohn- und Einkommensteuerentlastung sowie die
Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen vorgesehen. Von diesen Maßnahmen werden
deutlich mehr als 6 Mio. lohn- und einkommensteuerpflichtige Personen in Österreich profitieren.
Weitere 100 Mio. € kommen durch eine Verdoppelung des Kinderfreibetrags den Familien zugute.
Im Zuge der Steuerreform werden auch zusätzliche Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung
im Ausmaß von rund 200 Mio. € gesetzt, wie z.B. eine Erhöhung der Forschungsprämie, Erleich-
terung der KMU-Finanzierung, Zuzugsbegünstigung für Forscherinnen und Forscher. Im Zuge des
Reformpfads für Pensionen und Arbeitsmarkt werden gleichzeitig mit der Einführung eines Bonus/
Malus-Systems die Lohnnebenkosten (FLAF-Beitrag) gesenkt.
Durch die Reform sind nicht unbeträchtliche gesamtwirtschaftliche Auswirkungen zu erwarten.
WIFO und IHS haben die Wachstums- und Budgetwirkungen der Steuerreform 2015/16 berechnet.
Gemäß WIFO wird das BIP nachfrageseitig über einen Konsum- und Inflationseffekt angetrieben.
Die Wachstumsrate des realen BIP wird 2016–2019 um je 0,1 Prozentpunkte angehoben, jene
des nominellen BIP um durchschnittlich fast 0,3 Prozentpunkte. Gesamtwirtschaftlich sollte die
unselbständige Beschäftigung nach vier Jahren um 8.400 Personen angestiegen sein. Das WIFO
43
errechnet mittelfristig eine Nettoverbesserung der öffentlichen Haushalte aufgrund der Maßnah-
men von knapp 0,2% des BIP. Für das Jahr 2017 wird allerdings eine Nettobudgetbelastung von
unter 0,1% des BIP ausgewiesen. Vom IHS werden (im Gegensatz zum WIFO) einige Gegenfi-
nanzierungsmaßnahmen wegen der damit verbundenen Effizienzgewinne als wachstumsneutral
eingestuft. Langfristig wird der BIP-Niveaueffekt mit knapp 1% berechnet, die Beschäftigung soll
um über 29.000 Personen ansteigen. Der Arbeitsangebotseffekt wird auf rund 22.000 Vollzeit-
äquivalente geschätzt. Langfristig sieht das IHS eine Nettobudgetentlastung von 0,1% des BIP.
Kurzfristig, d.h. 2016, wird eine Belastung von 0,15% des BIP erwartet.
Qualitative Budgetkonsolidierung
Der Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2016-2019 hat ein nachhaltiges strukturelles Nulldefizit
bei gleichzeitiger Forcierung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums als zentrales Ziel. Dieses
Ziel wird durch die wachstumsfördernde Wirkung der Steuerreform und die Maßnahmen zur Ge-
genfinanzierung durch Einsparungen in der Verwaltung und bei Förderungen erreicht. Nach der
Nulllohnrunde 2013 stiegen die Gehälter der öffentlich Bediensteten auch in den Jahren 2014 und
2015 nur moderat. In Verbindung mit den Pensions- und Gesundheitsreformen der letzten Jahre
und einer Fortsetzung der strukturellen Reformen in den Bereichen Verwaltung, Förderungen,
Arbeitsmarkt und Pensionen wird auch die finanzielle Nachhaltigkeit abgesichert.
Gleichzeitig werden im Budget wichtige Weichenstellungen in Zukunftsbereichen wie Bildung, For-
schung, Wissenschaft und Infrastruktur gestellt und dadurch die Wachstumskräfte der Wirtschaft
gestärkt. Die Offensivmaßnahmen in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Unterricht, die
bereits in den vergangenen Jahren begonnen wurden, werden fortgeführt. Die Einrichtungen für
die Kinderbetreuung werden ausgebaut. Mehr finanzielle Mittel gibt es auch für die schulische
Tagesbetreuung, mit dem Ziel, das Angebot der ganztägigen Schulformen sowohl hinsichtlich der
Anzahl der Betreuungsplätze, als auch hinsichtlich der Betreuungsdauer auszubauen. Die Budgets
der Universitäten werden für die Jahre 2016-2019 beträchtlich erhöht. Der Ausbau des Breitband-
netzes wird beschleunigt. Bis zum Jahr 2020 werden hierfür von der Bundesregierung 1 Mrd. €
an Fördermitteln bereitgestellt (»Breitbandmilliarde«). Der Bereich der inneren Sicherheit wird –
auch in Folge der Terroranschläge in Paris vom Jänner 2015 – gestärkt. Ebenso werden die Mittel
der Landesverteidigung für Investitionen aufgestockt.
Die Staatsschuldenquote wird kurzfristig weiter ansteigen, dann jedoch voraussichtlich sinken.
Dieser kurzfristige Anstieg ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Kommunalkredit
Austria AG nur zum Teil privatisiert werden konnte und das restliche Portfolio auf die KA-Finanz
AG verschmolzen wird – eine Abbaubank, welche statistisch dem Sektor Staat zugeordnet ist.
3.1. Wirtschafts- und budgetpolitische Strategie Wirtschaftsbericht Österreich 2015
44
3.1. Wirtschafts- und budgetpolitische Strategie Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Gesamtwirtschaftliche Indikatoren zur Budgetentwicklung in % des BIPQuelle: Statistik Austria (2014), Bundesministerium für Finanzen (2015–2019)
2014 2015 2016 2017 2018 2019
Staatsausgaben 52,3 52,1 51,2 50,7 50,4 49,9
Staatseinnahmen 49,9 49,9 49,5 49,5 49,4 49,4
Steuern und Abgaben 43,1 43,2 42,8 42,9 42,9 42,9
Öffentliches Defizit (-)/ Überschuss
(+) (Maastricht) -2,4 -2,2 -1,6 -1,3 -0,9 -0,5
davon
Bund -2,5 -2,3 -1,8 -1,4 -1,1 -0,7
Länder und Gemeinden 0,0 0,0 0,1 0,1 0,1 0,1
SV-Träger 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1
Strukturelles Defizit (Gesamtstaat) -0,3 -0,5 -0,5 -0,5 -0,5 -0,4
Verschuldungsquote (Maastricht) 84,5 86,8 85,7 84,1 82,1 79,7
Primärsaldo 0,0 0,1 0,5 0,7 1,0 1,4
45
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren und Binnenmarkt forcieren
Wettbewerbspolitische Entwicklungen
Generelle wettbewerbspolitische Herausforderungen
Die Wettbewerbspolitik hat die Aufgabe, einen fairen Rahmen für die Märkte zu schaffen, indem
Konzentrationstendenzen überprüft und Marktmachtmissbrauch sowie Kartellbildung bekämpft
werden. Gerade durch neue Technologien, neue Marktstrukturen und disruptive Geschäftsmodelle
ergeben sich dabei neue Herausforderungen.
Vor dem Hintergrund der rasant wachsenden digitalen Wirtschaft, die mittlerweile ein
integraler Bestandteil der Wirtschaftswelt ist, nehmen dessen Kontrolle und die Abschätzung
möglicher Risiken für Verbraucher und Verbraucherinnen, aber auch für Unternehmen und ihre
Beschäftigten stetig zu. Die Europäische Kommission (EK) stellt zur Diskussion, ob für die digitale
Wirtschaft ein spezifischer Rechtsrahmen, wie er etwa bei der Energie gegeben ist, notwendig
wird, oder ob mit dem horizontalen Wettbewerbsrecht das Auslangen gefunden werden kann. Laut
Kommissionspräsident Juncker gehört die digitale Wirtschaft zu einem der vier Hauptthemen im
Wettbewerbsbereich.
Eine genaue Untersuchung der Sachlage im Fall des Plattformanbieters »Google« ist unbedingt
erforderlich. Bereits im Jahr 2010 hat die EK Untersuchungen gegen Google gestartet. Dabei
wurde Google vorgeworfen, dass es seine marktbeherrschende Stellung missbrauche, wenn bei
den Suchergebnissen eigene Inhalte vor Angeboten von Wettbewerbern aufgelistet würden. Auch
war die Europäische Kommission der Überzeugung, dass Google mit der Platzierung der Links zu
eigenen Angeboten den Internet-Verkehr in wettbewerbswidriger Weise umleite. Die Entscheidung
der Kommission ist noch ausständig.
Auch der Online-Handel ist in der heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr wegzudenken. Wesentlich
ist aber, dass das regulative Umfeld so gestaltet wird, dass keine Wettbewerbsverzerrung zulasten
des stationären Handels entsteht. Die Rahmenbedingungen, wie z.B. im Steuer-, Unternehmens-
und Umweltrecht, müssen so gestaltet werden, dass es zu keinen unfairen Kostennachteilen für
den stationären Handel kommt. Im Binnenmarkt müssen diese Rahmenbedingungen zumindest auf
europäischer Ebene geschaffen werden, und die Forderungen auch im globalen Diskussionsprozess
einfließen. Ein aktuelles Beispiel für eine Umsetzung ist der Versuch, die Entsorgungskosten bei
Elektroaltgeräten fair zwischen Online- und stationärem Handel zu verteilen.
Zweiseitige Märkte (two sided markets, oftmals auch multisided markets oder multisided
platforms genannt) finden auf Plattformen statt, auf denen zwei Nutzergruppen (oftmals Verkäufer/
Verkäuferinnen und Käufer/Käuferinnen) zusammenkommen. Der Nutzen einer Marktseite ist
von der Anzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sowie der durchgeführten Transaktionen
der anderen Seite desselben Marktes abhängig. Der Intermediär oder die Plattform stellt somit
einen Vermittler der Transaktionen zwischen beiden Kundengruppen auf einem Markt dar.
Beispiele eines Intermediärs sind Medienmärkte, Kreditkarten- und Zahlungssysteme, aber auch
46
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Softwareanbieter, Internetprovider, Börsen, Messen, Einkaufszentren, Immobilienhändler, etc.
Die Aufgabe des Intermediärs besteht darin, die Preise auf beiden Marktseiten so zu bestimmen,
dass der Nutzen der beiden Kundengruppen erhöht wird und eigene Gewinne maximiert werden.
Durch zweiseitige Märkte entstehen also Netzwerke, die umso attraktiver für eine der beiden
Gruppen sind, je mehr Personen der anderen Gruppe die Plattform verwenden und umgekehrt.
Aufgrund der Netzwerkeffekte können sich wettbewerbsrechtliche Herausforderungen ergeben,
insbesondere dann, wenn das Netzwerk zu einer Versorgungsleistung von öffentlichem Interesse
wird bzw. Monopolisierungstendenzen entstehen. Dies gilt es, genau zu beobachten und allfällige
weitere Schritte zu setzen.
Die Wettbewerbspolitik wird sich auch zunehmend mit dem neuen Phänomen der disruptiven
Geschäftsmodelle auseinandersetzen müssen, die in der digitalen, aber auch in der traditionellen
Wirtschaft eine zunehmende Rolle spielen. Der Begriff »disruptive innovation« geht auf Clayton M.
Christensen von der Harvard Business School zurück. Eine disruptive Technologie (engl. disrupt –
unterbrechen, zerreißen) ist lt. Wikipedia »eine Innovation, die eine bestehende Technologie, ein
bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt.
Disruptive Innovationen sind meist am unteren Ende des Marktes und in neuen Märkten zu finden.
Die neuen Märkte entstehen für die etablierten Anbieter in der Regel unerwartet und sind für diese,
besonders auf Grund ihres zunächst kleinen Volumens oder Kundensegmentes, uninteressant. Sie
können im Zeitverlauf ein starkes Wachstum aufweisen und vorhandene Märkte bzw. Produkte und
Dienstleistungen komplett oder teilweise verdrängen.« Anzumerken ist, dass selbst Wikipedia eine
Art disruptive Innovation für wissensbasierte Informationen ist.
Beispielsweise hat das US-Unternehmen Uber, das Fahrdienste vermittelt, einerseits mehr
Wettbewerb in das Taxigeschäft gebracht, aber auch viele Fragen aufgeworfen. Gegen die
Betreiber der Smartphone-App Uber, welche auch in den Niederlanden niedergelassen ist, hat es in
Deutschland Gerichtsverfahren gegeben, die sich auf das UWG wegen Nicht-Einhaltung von anderen
Gesetzen (Personenbeförderung) stützen. Das Landgericht Berlin hat kürzlich dem Unternehmen
verboten, seine Mietwagen-mit-Fahrer-Vermittlung UberBlack in Berlin anzubieten. Seit kurzem
ist Uber auch in Wien vertreten und arbeitet mit Wiener Fahrtendiensten und Limousinen-Services
zusammen. Auch das US-Unternehmen Airbnb, gegründet im August 2008 mit Sitz in San Francisco,
als Marktplatz für die Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften, das in steigender
Konkurrenz zum klassischen Hotelgewerbe steht, wirft viele wettbewerbs-, unternehmens- und
steuerrechtliche Fragen auf. Unter anderem hat sich das Wettbewerbskomitee der OECD dem
Themenkreis von disruptiven Innovationen angenommen und wird noch 2015 darüber diskutieren.
Österreich bringt sich in diese Diskussionen aktiv ein.
Umsetzung von Initiativen auf EU-Ebene
Im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen
nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen
der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union werden weitere gesetzliche Änderungen
erforderlich. Schon jetzt ist der Schadenersatz nach dem geltenden österreichischen Recht bei
Verstößen gegen Kartellrecht möglich und wurde bereits in diversen Verfahren zugesprochen. Mit
der neuen EU-Richtlinie werden diese bestehenden Bestimmungen weitgehend abgesichert und
ergänzt. Weitere Themen bei der Umsetzung werden etwa eine Sonderregelung der Verjährung
bei Schadenersatzansprüchen, bei der gesamtschuldnerischen Haftung und spezielle Ausnahmen
sowie etwa Regelungen bezüglich der Offenlegung von Beweismitteln sein.
47
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Am 9.7.2014 hat die EK das Weißbuch »Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle« mit Vorschlägen
betreffend eine bessere Prüfung nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen sowie die
Vereinfachung des Verweisungsverfahrens veröffentlicht und eine Konsultation dazu durchgeführt.
Darauf könnte ein Legislativvorschlag der EK für die Überarbeitung der Fusionskontrollverordnung
folgen. Die mögliche Änderung des Verweisungssystems ist (bis auf kleinere Ausnahmen)
grundsätzlich zu begrüßen. Die bei der EK eingelangten Stellungnahmen lassen aber nicht darauf
schließen, dass es bald zu einem konkreten Vorschlag der EK kommen wird.
In einem Policy Brief hat die Europäische Kommission ihre aktuellen Überlegungen zur
Marktabgrenzung bei der Fusionskontrolle im März 2015 veröffentlicht. So legen einerseits die
aktuellen Fälle eine Vergrößerung des geographischen Marktes nahe. In den letzten zwei Jahren
wurde in 61% der Fusionsfälle, die von der EK entschieden wurden, der gesamte EU-Raum oder
sogar ein noch größerer Markt als geographischer Markt definiert. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil
bei 48%. Einer der wesentlichen Gründe für die Vergrößerung der Märkte ist die Verbesserung des
Binnenmarktes. Gleichzeitig hat die EK auch einen Trend zu regionalen Märkten beschrieben wie
z.B. bei Fischfutter, täglichen regionalen Werbezeitungen und bei Glasverpackungen. Jedenfalls
betont die EK, dass die Beurteilung im Einzelfall getroffen wird und im Zeitablauf auch Änderungen
unterlaufen kann.
Die Europäische Kommission hat Ende 2014 eine öffentliche Konsultation zur Überarbeitung der
Versicherungs-Gruppenfreistellungsverordnung gestartet. Die derzeit geltende Versicherun gs-
Gruppenfreistellungsverordnung (Insurance Block Exemption Regulation – IBER) läuft mit März 2017
aus. Die Konsultation diente dazu festzustellen, ob die IBER verbesserungsbedürftig ist und ob sie
verlängert werden soll. Die EK wünschte im Speziellen Feedback aus der Praxis und plant dem EP
und dem Rat im März 2016 einen Bericht vorzulegen. Für Österreich ist dies deswegen von Relevanz,
weil ein bundesweites System zur gemeinsamen Erhebung und Verbreitung von Daten (HORA –
Hochwasserrisikozonierung Austria; Natural Hazard Overview and Risk Assessment Austria) über
mögliche Gefährdungen durch verschiedene Naturgefahren wie Hochwasser, Erdbeben, Sturm,
Hagel und Schnee, aktuelle Wetterwarnungen für Hochwasser, Hagel und Starkregenereignisse,
Erdbeben etc. existiert. Diese gemeinsame Erhebung und Verbreitung von Daten ins System HORA
durch Vereinbarung vieler Unternehmen des Versicherungssektors ist durch die Versicherungs-
GVO möglich geworden. Umso wichtiger ist deswegen auch die Verlängerung der Versicherungs-
GVO, denn die Daten aus dem System HORA werden auch nach dem Jahr 2017 von großem
Interesse für die Aufrechterhaltung eines Informationssystems sein.
Außerdem ersuchte die Europäische Kommission um Stellungnahmen zur Anwendung des EU-
Kartellrechts im Agrarsektor. Nach der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der
Europäischen Union gelten neue, spezifische Vorschriften für den Verkauf von Olivenöl, lebenden
Rindern und Kulturpflanzen. Diese sollen es den Erzeugern ermöglichen, die vorgenannten
Erzeugnisse unter gewissen Voraussetzungen gemeinsam zu vermarkten. Dazu wurde eine
öffentliche Konsultation zum Leitlinienentwurf über den gemeinsamen Verkauf von Olivenöl,
Rindern und Kulturpflanzen gestartet.
Mit der Novelle der Elektroaltgeräteverordnung, die mit 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist und die
die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE-RL) in innerstaatliches Recht umgesetzt
hat, soll in der Praxis dafür gesorgt werden, dass für die Entsorgung dieser Geräte nicht nur die
lokalen Geschäfte, sondern auch ausländische Hersteller und ausländische Versandhändler ihren
anteiligen Beitrag leisten.
48
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Vorhaben in Österreich
Um auf breiter Basis über mögliche Verbesserungen des Wettbewerbsrechts zu diskutieren, und zur
Umsetzung des Auftrags des österreichischen Regierungsprogramms und neuer EU-Regelungen
tagt in regelmäßigen Abständen eine Reformarbeitsgruppe mit Vertretern und Vertreterinnen der
für Wettbewerbsrecht zuständigen Ministerien, der Sozialpartner und weiteren Stakeholdern. Im
verfahrensrechtlichen Bereich sollen beispielsweise die Verjährungsbestimmungen dahingehend
angepasst werden, dass Verstöße gegen Wettbewerbs- und Kartellrecht in Hinkunft nicht während
laufender Ermittlungshandlungen verjähren können. Zusätzlich gibt es auch Diskussionen zum
Thema Hausdurchsuchungen aufgrund aktueller EDV-technischer Entwicklungen, z.B. wie
vorzugehen ist, wenn Unternehmensdaten auf Servern im Ausland oder in sogenannten Clouds
abgespeichert werden. Dies könnte gesetzliche Adaptierungen notwendig machen. Im materiellen
Bereich wurden neue Herausforderungen hinsichtlich vertikaler Vertriebsbindungen und
Beziehungen in der Lieferkette mit marktmächtigen Unternehmen als Thema in einem Workshop
aufgegriffen. Eine Fortsetzung der wettbewerbspolitischen Diskussionen in Zusammenhang mit
dem Missbrauch von Marktmacht ist mit einem Workshop im Herbst 2015 geplant.
Faire Geschäftspraktiken
Dem Marketing von Produkten und Dienstleistungen kommt immer mehr Bedeutung zu. Laut
einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts market-Institut sehen 71% der Befragten
das Marketing als wichtigstes Instrument, das zum Unternehmenserfolg beiträgt. Umso mehr
steigt auch die Bedeutung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb. Der Rechtsrahmen
dazu ist durch die EU-Richtlinie über »Unlautere Geschäftspraktiken« sehr genau eingegrenzt.
Der nationale Spielraum für zusätzliche Regelungen ist sehr eng. Mit 23.4.2015 ist eine weitere
Novelle zum österreichischen UWG in Kraft getreten, die im Sinne der Vorstellungen der Richtlinie
Klarstellungen zum Umsetzungsprozess bringt. Besondere inhaltliche Änderungen sind damit aber
nicht verbunden.
Überarbeitung des EU-Beihilferechts
Schwerpunktsetzungen im Bereich des EU-Beihilfenrechts werden in den kommenden Monaten
die beihilferechtlichen Beurteilungsmaßstäbe für die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen
durch die öffentliche Hand und die operative Umsetzung von Transparenzerfordernissen für
staatliche Beihilfen in den Mitgliedstaaten sein.
Ausgehend von einer vor kurzem eingeleiteten umfassenden Erhebung der Unternehmens-
besteuerungssysteme in den Mitgliedstaaten ist zu erwarten, dass die Kommission die Regeln für
staatliche Beihilfen in Form von Steuerbegünstigungen und -befreiungen grundlegend überarbeiten
bzw. neu fassen wird. Die entsprechende Kommissionsmitteilung mit den derzeit noch angewendeten
Bestimmungen geht zurück auf das Jahr 1998 und muss angesichts der dynamischen Entwicklung
des Europäischen Beihilferechts in den letzten Jahren als längst überholt betrachtet werden.
Trotz der weitreichenden Neuerungen im Rahmen von State Aid Modernisation ist eine Novellierung
zweier wichtiger Dokumente ausgeblieben, und zwar der Kommissionsmitteilungen über staatliche
Beihilfen in Form von Haftungen und über die Methode zur Ermittlung des Referenzzinssatzes. Im
Hinblick auf die schrittweise Einführung der Regeln nach dem BASEL-III-Regime ab 2014 wäre eine
baldige Anpassung der beiden Dokumente anzunehmen, doch wurde hierfür noch kein Zeitraum
avisiert.
49
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Vergabewesen
Öffentliche Vergaben sollen effizient und zugleich fair sein. Auch mittel- und langfristig sollen die
Kosten gering gehalten und zugleich Wachstumsimpulse gegeben werden. Im Zuge der Novelle
des Bundesvergabegesetzes ist daher vorgesehen: Die künftig vorgesehene Verpflichtung zur
Bekanntgabe aller Subunternehmer bereits im Angebot gewährleistet volle Transparenz für
den Auftraggeber. Auch nach Zuschlagserteilung ist, sowohl beim Wechsel als auch bei der
Heranziehung von neuen Subunternehmern, die Zustimmung des Auftraggebers, etwa in Form
einer Widerspruchsfrist, einzuholen. Diese Maßnahmen sichern Durchgriffsmöglichkeiten für
die Auftraggeber, wahren hohe Qualitätsstandards und helfen auch Lohn- und Sozialdumping
vorzubeugen. Im Zuge der geplanten Novelle des Bundesvergabegesetzes sind Kategorien
vorgesehen, bei denen verpflichtend das Bestbieterprinzip zu verwenden ist – etwa bei
geistigen Dienstleistungen oder wenn der Auftraggeber in der Ausschreibung Alternativangebote
ausdrücklich für zulässig erklärt. Das heißt, dass in diesen Fällen nicht mehr alleine der niedrigste
Preis eines Angebots entscheiden darf, sondern auch andere Kriterien (wie zum Beispiel Bauzeiten,
Betriebskosten und die fachliche Qualifikation des eingesetzten Personals) berücksichtigt
werden können. Der Zugang für KMU zu Aufträgen im wichtigen Oberschwellenbereich des
Bundesvergabegesetzes wird erleichtert: Es soll klargestellt werden, dass die vergebenden
Stellen Aufträge einfacher in Lose aufteilen dürfen und es soll eine Begründungspflicht bei Nicht-
Losvergabe vorgesehen werden.
Binnenmarkt
Digitaler Binnenmarkt
Die gemeinschaftlichen Regeln des europäischen Binnenmarktes haben Vorbildwirkung in der
Welt. Mit einer ambitionierten Strategie zum digitalen Binnenmarkt könnte Europa eine globale
Führungsrolle in vielen Bereichen einnehmen. Rasche Maßnahmen zur Vervollständigung des
digitalen Binnenmarkts könnten laut Studien von Copenhagen Economics zu einem Wachstum des
EU-BIP von 4% bis 2020 führen. Eine Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen
Parlaments geht von einer Effizienzsteigerung im Ausmaß von 260 Mrd. € pro Jahr durch den
digitalen Binnenmarkt aus. Im künftigen digitalen Binnenmarkt sollte an geeigneten Maßnahmen
zur verbesserten grenzüberschreitenden Vernetzung und Interoperabilität, zur Modernisierung der
Fertigung, zur zweckmäßigen Nutzung von Daten bzw. Entwicklung datengestützter Innovationen,
dem europaweiten Austausch von Dienstleistungen und zum intensivierten Wissensaustausch
gearbeitet werden. Umfangreiche Datennutzung und die Digitalisierung im Allgemeinen wird viele
Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche verändern. Es sollten daher grundlegende Instrumentarien
und Regeln zur positiven Nutzung der digitalen Potentiale auf europäischer Ebene entwickelt
werden. Die zunehmende Verschmelzung der realen mit der virtuellen Welt ist von nahezu
revolutionärem Charakter für die Industrie und insbesondere den Hochtechnologiebereich.
Für den europäischen Gesetzgeber gilt es, diese Trends möglichst frühzeitig zu erkennen und
unter weitgehender Einbindung der Sozialpartner europäische Standards zu erarbeiten bzw. die
Entwicklung interoperabler und innovativer Schlüsseltechnologien (Industrie 4.0) zu fördern.
Zur Gewährleistung der Sicherheit von grenzüberschreitenden Datenflüssen sind europäische
Grundlagen erforderlich. Ein modernes, europaweites Datenschutzrecht ist ein wichtiges
europäisches Thema für den digitalen Binnenmarkt. Ein modernes e-Government kann und soll
Innovationsmotor sein; interoperable elektronische IDs und digitale Unterschriften ermöglichen
ebenfalls europäisches Wachstumspotential. Eine starke Förderung der digitalen Kompetenzen
der Bevölkerung ist sowohl aus gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sicht, als auch aus
50
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
ökonomischer Sicht zentral, weil nur mit gut ausgebildeten Fachkräften die digitale Wirtschaft
florieren kann. Eine gut ausgebaute möglichst flächendeckende digitale Infrastruktur ist
ebenfalls Voraussetzung für digitale Wettbewerbsfähigkeit und wird in Österreich u.a. durch die
Breitbandmilliarde (siehe Abschnitt 3.10) gefördert.
Kapitalmarktunion
Die Kapitalmarktunion ist ein Plan der Europäischen Union zur Schaffung tiefer und besser
integrierter Kapitalmärkte in den 28 Mitgliedstaaten der EU. Dabei prüft die Kommission
Möglichkeiten, der Fragmentierung der Finanzmärkte entgegenzuwirken, die Finanzquellen
zu diversifizieren, die grenzübergreifenden Kapitalflüsse zu stärken und den Zugang vor allem
kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzmitteln zu verbessern. Investitionen sind in Europa
weiterhin stark vom Bankensektor abhängig, insbesondere für KMU ist der Zugang zu Finanzmitteln
weiterhin schwierig. Zwischen den Mitgliedstaaten bestehen große Unterschiede in den
Finanzierungsbedingungen, wobei Anleger und Anlegerinnen meist Aktien und Anleihen heimischer
Unternehmen kaufen. Für Produkte wie verbriefte Instrumente oder private Anlagen gelten
unterschiedliche Bestimmungen und eine unterschiedliche Marktpraxis. Mit der Kapitalmarktunion
soll daher ein diversifizierteres Finanzsystem entwickelt werden, das die Bankenfinanzierung
durch hochentwickelte Kapitalmärkte ergänzt. Europaweit soll inaktives Kapital freigesetzt
werden und in der Wirtschaft arbeiten. So können Sparer und Sparerinnen zwischen mehreren
Investitionsformen wählen, und Unternehmen haben mehr Möglichkeiten für eine preisgünstige
Finanzierung. Ziel der Kapitalmarktunion ist es, einen wirklichen EU-Binnenmarkt für Kapital
zu schaffen, in dem Anleger und Anlegerinnen problemlos grenzübergreifend investieren, ohne
auf bewährte Standards des Anlegerschutzes verzichten zu müssen, und Unternehmen sich
unabhängig von ihrem Standort aus unterschiedlichsten Quellen finanzieren können.
Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung
Das Patentpaket (Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung und Einheitliches Patentgericht)
tritt in Kraft, sobald 13 teilnehmende Mitgliedstaaten das Übereinkommen zum Einheitlichen
Patentgericht ratifiziert haben. Bis Ende Mai 2015 haben sieben Mitgliedstaaten – nämlich Österreich,
Frankreich, Schweden, Belgien, Dänemark, Malta, Luxemburg – die Ratifizierungsarbeiten
abgeschlossen. Bis zum Inkrafttreten sind noch wichtige Vorarbeiten zu leisten. Der Engere
Ausschuss des Verwaltungsrats des Europäischen Patentamts beschäftigt sich insbesondere mit
der Ausarbeitung finanzieller Bestimmungen zur Höhe und Verteilung der Jahresgebühren, während
der Vorbereitende Ausschuss zum Patentgericht insbesondere an einer Verfahrensordnung für das
Gericht sowie an finanziellen und personellen Bestimmungen arbeitet (z.B. Gerichtsgebühren,
Richterauswahl und -training etc.). Unterdessen beschloss der Ministerrat in Österreich die
Einrichtung einer lokalen Kammer des einheitlichen Patentgerichts im Österreichischen Patentamt.
Österreichische Beklagte sollen dadurch ihr Recht im eigenen Land verteidigen können. Ebenso
sollen österreichische Nutzer und Nutzerinnen auch aktiv bei der heimischen lokalen Kammer
klagen können, wenn eine Verletzung ihres Rechts in Österreich stattgefunden hat. Mit einem
Inkrafttreten des Patentpakets ist frühestens Anfang 2016 zu rechnen.
Berufsanerkennungs-Richtlinie
Im Rahmen der Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Berufsanerkennungs-Richtlinie wurden
im Jahre 2014 Eintragungen in die Datenbank der reglementierten Berufe vorgenommen.
Außerdem fanden auf EU-Ebene Evaluierungsdiskussionen zu einzelnen Berufen statt. Im
Frühjahr 2016 ist ein Endbericht der Europäischen Kommission vorgesehen. Außerdem sind bis
51
3.2. Wettbewerb stärken, Beihilfen modernisieren … Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Jänner 2016 Anpassungen einzelner Berufsgesetze vorzunehmen, die im Laufe des Jahres 2015
für die Gewerbeordnung, das Ziviltechnikergesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und des
Bilanzbuchhaltungsgesetz erarbeitet werden.
52
3.3. Gründertum fördern Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.3. Gründertum fördern
Gründerland-Strategie
2014 wurden 28.490 Unternehmen gegründet: Das dritte Mal in Folge ist somit die Zahl der Grün-
dungen in Österreich gestiegen. 43,5% der neugegründeten Unternehmen wurden von Frauen
gegründet, ein europäischer Spitzenwert.
Gemeinsam mit der gesamten Gründerszene soll Österreich zum Gründerland Nr. 1 in Europa ge-
macht werden. Die neue Gründerland-Strategie wurde in den vergangenen sechs Monaten unter
Einbindung von mehr als 250 Akteurinnen und Akteuren sowie Institutionen unterschiedlichster
Bereiche entwickelt. Beteiligt waren beispielsweise Start-ups, etablierte Gründer, Seed Investo-
ren, Business Angels, Venture Capital Geber, Förderagenturen, Forschungseinrichtungen, Inter-
essenvertretungen der Gründerszene usw.
Die Land-der-Gründer-Strategie ist das Herzstück zur Realisierung der Vision einer neuen Grün-
derzeit. Die Strategie definiert auf Basis umfangreicher Analysen die fünf wesentlichen politischen
Handlungsfelder: Innovation, Finanzierung, Bewusstseinsbildung, Netzwerke sowie Infrastruktur
& Regulatorik und beinhaltet insgesamt 40 Maßnahmen. Das Maßnahmenbündel reicht von neuen
Instrumenten zur Steigerung der Innovationsaktivitäten bzw. des Wissenstransfers an den Uni-
versitäten und Forschungseinrichtungen durch Spin-offs, über neue Tools zur Verbesserung der
Finanzierung wie zum Beispiel ein Börse-Wachstumssegment, bis hin zur dichteren nationalen und
internationalen Vernetzung der Gründer-, Start-up- und Innovations-Landschaft bzw. dem Abbau
bürokratischer Hürden im Gründungsprozess. Einige davon wie beispielsweise Crowdfunding oder
das Fördern neuer Inkubatoren sind bereits auf dem Realisierungsweg. Auch werden neue Formen
des Unternehmertums, wie Social Businesses und Social Entrepreneurship, die in erster Linie po-
sitive soziale und/oder ökologische Wirkung entfalten wollen, berücksichtigt, da auch die Anzahl
der Gründungen in diesem Bereich steigt.
Wenn es über die unterschiedlichen Maßnahmen gelingt, die Gründungsintensität zu steigern,
dann liegt das Potenzial bei rund 100.000 neuen Jobs bis zum Jahr 2020.
Unternehmensfinanzierung
Crowdfunding
Im Zusammenhang mit der Kreditlastigkeit in der Unternehmensfinanzierung gewinnen neben
Eigenkapitalinitiativen alternative Finanzierungsmodelle wie Crowdfunding an Bedeutung. Alleine
die Tatsache, dass im Jahr 2014 in Österreich pro 8.000 € über Crowdfunding investiertes Geld ein
Arbeitsplatz entstanden ist, zeigt das enorme Potential dieses Finanzierungsmodells. Allerdings
gibt es zu diesen hochriskanten Finanzierungsprojekten begründete Bedenken aus Anlegerschutz-
perspektive: Die Finanzskandale der letzten Jahre haben gezeigt, dass Banken und Finanzdienst-
leister trotz Aufsichtsregime hochriskante und für durchschnittliche Kleinanleger und -anlegerin-
nen nicht geeignete Produkte vertrieben haben, die falsche Erwartungen ausgelöst haben. Die
Österreichische Bundesregierung stellt mit dem Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG), das am
9. Juni 2015 im Wirtschaftsausschuss einstimmig beschlossen wurde, einen modernen und zeitge-
mäßen Rechtsrahmen zur Finanzierung von heimischen Unternehmern zur Verfügung. Das Gesetz
53
3.3. Gründertum fördern Wirtschaftsbericht Österreich 2015
soll ausschließlich realwirtschaftliche Investitionen für KMU ermöglichen, um den Wirtschafts-
standort zu sichern, Innovationen zu fördern und für Beschäftigung zu sorgen. Das Ziel ist das
Potential der innovativen, leistungsfähigen und kreativen jungen Unternehmen besser zu nutzen.
Im Kapitalmarktgesetz wird die Grenze für den Kapitalmarktprospekt von 250.000 auf 5 Mio. €
angehoben. Für ein Emissionsvolumen zwischen 1,5 Mio. und 5 Mio. € ist in Zukunft lediglich ein
vereinfachter Prospekt zu erstellen. Ein Investor darf pro Projekt maximal 5.000 € im Jahr inves-
tieren. Diese Grenze kann bei entsprechend hohem Einkommen oder Finanzmitteln überschritten
werden. Emittenten dürfen binnen sieben Jahren in Summe nicht mehr als 5 Mio. € über das AltFG
aufnehmen, es sei denn, es wird ein Kapitalmarktprospekt erstellt. Die Veranlagungen erfolgen
beim emittierenden KMU selbst oder über Crowdfunding Plattformen.
KMU-Finanzierungsgesellschaften
Die für die Ausgestaltung eines KMU-Finanzierungsgesellschaften-Regimes maßgeblichen unions-
rechtlichen Rahmenbedingungen des Beihilfenrechts – die Risikokapital-Leitlinien bzw. die Grup-
penfreistellungsverordnung – wurden im Jahr 2014 erneuert. Wie bei der Regierungsklausur im
März 2015 beschlossen, wird für Österreich im Lichte dieser erweiterten unionsrechtlichen Spiel-
raums eine moderne und flexible Neuregelung für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften (»Mi-
FiG Neu Regime«) geschaffen.
COSME – EU-Programm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für KMU
Zur Förderung von KMU verfolgt COSME als einziges Programm der EU die Ziele Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit, Förderung des Wachstums, Förderung unternehmerischen Handelns und
gezielte Unterstützung europäischer KMU. Auf Basis des Rahmenprogramms COSME besteht auch
ein Rückhaftungsvertrag der aws mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF), wodurch auch in
Zukunft die Attraktivität der aws-Garantien für österreichische KMU erhalten werden kann. Der
aktuelle Vertrag wurde am 12. März 2015 vom EIF und der aws unterzeichnet und erlaubt der aws,
das Garantievolumen für KMU mit beschränkten Sicherheiten für die nächsten beiden Jahre auf
170 Mio. € zu erhöhen. Es wird erwartet, dass mehr als 1.500 österreichische Unternehmen von
dieser Transaktion profitieren werden.
Jump Start
Das vorerst als Pilotaktion geplante Programm »JumpStart« (2015-2018) fördert auf Basis von
wettbewerblichen Ausschreibungen Gründerzentren und darin angesiedelte Start-ups mit dem
Ziel der Entwicklung von exzellenten Inkubatoren/Akzeleratoren. Damit soll eine Dynamisierung
der dort inkubierten Unternehmen im Sinne einer effektiven und schnelleren Markterschließung,
einer Verbesserung des »Time-to-market«-Verhältnisses sowie einer wirksameren Unterstützung
der Wachstumsphase (Akzeleratorfunktion) erfolgen. Das Programm soll auch mittels einer Vor-
bildfunktion der geförderten Inkubatoren/Akzeleratoren einen Anstoß geben, die strukturelle
Qualität des österreichischen Inkubator- und Akzeleratorangebotes anzuheben und bestehende
Programme wie AplusB zu komplementieren. Damit soll in Folge ein Beitrag geleistet werden, die
Entwicklung von Gründungen zu forcieren und insbesondere das Wachstumspotenzial von jungen
Unternehmen auszuschöpfen. Das Programm trägt in einem zweiten Fördermodul dazu bei, dass
vielversprechende, sehr selektiv ausgewählte Start-ups rasch Entwicklungsprozesse umsetzen
können. Für die Pilotaktion, die in Form von zwei Calls durchgeführt wird, werden insgesamt
3 Mio. € zur Verfügung gestellt.
54
3.3. Gründertum fördern Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Innovative Unternehmen im ländlichen Raum
Im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung und Belebung des ländlichen Raumes, in
dem rund 78% der österreichischen Bevölkerung leben, spielen Unternehmen als Arbeit- und
Impulsgeber für die Gesellschaft eine zentrale Rolle. Die Bedeutung des ländlichen Raumes wird
auch auf europäischer Ebene durch das Programm für ländliche Entwicklung LE 2014-2020 un-
terstrichen. Das österreichische Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes wurde von
der Europäischen Kommission im Dezember 2014 genehmigt (siehe Abschnitt 3.5). Innerhalb der
komplexen Programmarchitektur wurde ein neues Förderprogramm erarbeitet, das die Gründung
von innovativen Kleinunternehmen (bis 50 Beschäftigte) im ländlichen Raum unterstützen soll.
Dafür stehen im Zeitraum 2014-2020 3,5 Mio. € nationale Fördermittel zur Verfügung, die mit
Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER)
verdoppelt werden.
55
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken
Europäischer Fonds für strategische Investitionen (EFSI)
Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise leidet die EU unter einer Investitionsschwäche.
Als Reaktion darauf gilt der Investitionsplan für Europa von Kommissionspräsident Jean-Clau-
de Juncker. Zusammen mit Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen soll
die Umsetzung dieses Plans nicht nur die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union unter Be-
weis stellen, sondern die Vertrauenskrise überwinden. Investitionen in horizontale Schlüsselinf-
rastrukturbereiche (wie etwa Breitband, Energie und Verkehr) sowie in Bildung, Forschung und
Entwicklung, Informations- und Kommunikationstechnologie, Gesundheit, Umwelt und Soziales
sollen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsdiffusion fördern und damit für mehr Wachstum und
Beschäftigung sorgen. Die österreichische Bundesregierung begrüßt und unterstützt die Investi-
tionsoffensive für Europa.
Der Juncker Investitionsplan besteht aus drei Säulen. Zum einen aus dem Europäischen Fonds für
strategische Investitionen (EFSI) und der dazugehörenden Verordnung, die die Rechtsgrundlage
für die Investitionsoffensive bildet. Zum anderen soll sichergestellt werden, dass die zusätzlichen
Finanzierungsmittel so für die Wachstumsförderung eingesetzt werden, dass sie auf die betref-
fende Branche und die spezifischen Gegebenheiten zugeschnitten sind. Des weiteren muss das
Investitionsklima in Europa verbessert werden. Aus dem Europäischen Fonds für strategische In-
vestitionen, der bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) eingerichtet wird, werden Infrastruk-
tur- und KMU-Finanzierungen für risikoreichere und wirtschaftlich tragfähige Investitionsprojekte
mit europäischem Mehrwert, die zwischen 2015 und 2017 umsetzbar sind, angeboten. Der EFSI
wird mit 21 Mrd. € ausgestattet und voraussichtlich ab Herbst 2015 operativ tätig sein. Der EU-
Haushalt soll für einen Maximalbetrag von 16 Mrd. € garantieren. 5 Mrd. € kommen aus Rücklagen
der EIB. Mit dieser Mittelausstattung sollen 315 Mrd. € an öffentlichen und privaten Investitionen
in der Realwirtschaft gehebelt werden. Rund 240 Mrd. € davon sollen für langfristige Investitionen
und rund 75 Mrd. € für KMU und Mid Cap Unternehmen (bis zu 3.000 Beschäftigte) zur Verfü-
gung gestellt werden. Es bestehen keine geografischen oder sektoralen Quoten. Der Hebeleffekt
beruht auf Erfahrungen der EIB mit Finanzierungen von Infrastrukturen und der Abwicklung von
EU-Programmen.
Österreich hat in die erste indikative Projektpipeline 19 Projekte mit einem Investitionsvolumen
von insgesamt 28 Mrd. € eingemeldet. Die Projekte stammen vorwiegend aus dem Bereich Ver-
kehr, darüber hinaus aus den Bereichen Energie und Energieeffizienz, Forschungsinfrastruktur,
Breitband, Hochwasser- und Lawinenschutz. Weitere 5 Projekte (Wasserkraft) mit einem Investi-
tionsvolumen von 7 Mrd. € wurden nachgemeldet.
Leitbetriebe – Standortstrategie
Starke Leitbetriebe sichern Wachstum, Beschäftigung und Innovation. Allein in Österreich stehen
33 weltmarktführende Leitbetriebe für eine gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung von 15 Mrd. €
56
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
und sichern 214.000 Arbeitsplätze. Zudem kooperieren sie mit rund 30.000 KMU-Zulieferern im
In- und Ausland. Das verdeutlicht auch, wie eng Leitbetriebe und KMU miteinander vernetzt sind
und voneinander profitieren. 80% der Leitbetriebe kooperieren regelmäßig mit Fachhochschulen
und Universitäten. Insgesamt investieren die ausgewählten Leitbetriebe rund 1,1 Mrd. € in For-
schung und Entwicklung. Daher müssen die Rahmenbedingungen für sie schrittweise verbessert
werden, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. In diesem Sinne wurde im Juni 2014 ein
Diskussionsprozess mit betroffenen Leitbetrieben gestartet. Basis dafür waren strukturierte Vor-
gaben in den folgenden fünf Themenfeldern:
• Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis,
• Faire Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene,
• Klima, Energie, Umwelt & Ressourcen,
• Skills und internationale Spitzenkräfte,
• Finanzierung und Rechtsrahmen.
Dem Ministerrat wurde am 24. Juni 2014 die geplante Vorgangsweise für die Erstellung der Stand-
ortstrategie vorgelegt. Dementsprechend haben rund 40 CEOs von heimischen Leitbetrieben auf
Basis einer Bestandsanalyse konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um die Attraktivität Öster-
reichs als Wirtschaftsstandort zu sichern und auszubauen. Zudem wurden internationale Experten
und Expertinnen einbezogen, indem insbesondere die Vorschläge an Vertreter und Vertreterin-
nen der Europäischen Kommission, des Ratssekretariats der Europäischen Union, der OECD, des
Internationalen Währungsfonds, des World Economic Forum und des Institute for Management
Development übermittelt wurden. Parallel dazu wurden junge Wissenschafter und Wissenschaf-
terinnen eingeladen, Vorschläge für konkrete wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Verbesserung
des Wirtschaftsstandortes Österreich zu entwickeln. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurden Inte-
ressierte gebeten, aus bestehenden wissenschaftlichen Arbeiten innovative wirtschaftspolitische
Handlungserfordernisse oder Maßnahmen in den fünf Themenfeldern abzuleiten. Jeder prämierte
Vorschlag wurde mit 1.000 € dotiert.
Abweichungen zum Regierungsprogramm waren dabei erlaubt. Im nächsten Schritt erfolgte eine
politische und inhaltliche Prüfung und Bewertung mit der Unterstützung der betroffenen Ressorts
und Stakeholder. Einige der vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht im Regierungsprogramm ent-
halten. Andere Maßnahmen befinden sich in Umsetzung oder die Umsetzung ist in Vorbereitung.
Zu wesentlichen Forderungen der CEOs, über die eine Einigkeit im Zuge der Steuerreform bzw.
des Konjunkturpakets erzielt werden konnte, zählen u.a. die Errichtung des Österreich-Fonds, die
Erhöhung der Forschungsprämie, der Breitbandausbau, die sprachliche Frühförderung, der Zu-
zugsfreibetrag, das Anerkennungsgesetz, die Förderung der Mitarbeiterbeteiligung, die Erleichte-
rung von Crowdfunding und KMU-Finanzierungsgesellschaften sowie das Gemeinnützigkeitspaket.
Verwaltungskosten senken
Betriebsanlagenrecht und Gewerberegister
Mit der so genannten GISA-Novelle wurden die legislativen Eckpfeiler für das neue Gewerbeinfor-
mationssystem Austria – GISA gesetzt. GISA wird zusätzlich zur bundeseinheitlichen Datenfüh-
rung auch e-government-Funktionen für die Unternehmen anbieten und für die Gewerbeverfahren
im Berufszugangsrecht bundesweit Standards schaffen, durch welche die Gewerbeprozesse ver-
einheitlicht und vereinfacht werden.
57
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Mit der Novelle zur Gewerbeordnung 1994 wurde 2015 das derzeitige System der Gewerberegis-
terführung, das aus insgesamt 14 dezentralen Gewerberegistern besteht, deren Daten an das
zentrale Gewerberegister übermittelt werden, durch ein bundeseinheitliches Gewerberegister ab-
gelöst. Dieses neue bundeseinheitliche Gewerberegister ermöglicht seit Ende März 2015 neben
einer einheitlichen Datenführung auch österreichweit standardisierte Gewerbeprozesse, die online
geführt werden können. Damit werden die Gewerbeprozesse harmonisiert und vereinfacht. Bei
Erreichen des mit GISA verbundenen Mindestziels kann eine Verwaltungslastenreduktion für die
Wirtschaft um ca. 5 Mio. € bewirkt werden. Das Potential liegt bei bis zu 30 Mio. €.
Entbürokratisierungsoffensive
Die im August 2014 gestartete Entbürokratisierungsoffensive wird auch 2015 fortgesetzt. Auch
im Rahmen der Regierungsklausur in Schladming vom 26. bis 27. September 2014 wurde als Teil
des Maßnahmenpakets bürgernaher Staat eine Reihe an Maßnahmen beschlossen: Es fallen u.a.
einige der bisher verpflichtenden Beauftragten oder statistischen Meldepflichten für bis zu 5.500
Unternehmen weg, Regelungen bei Eichvorschriften und Arbeitszeitaufzeichnungen werden ad-
aptiert oder gestrichen. Mit der neuen Genehmigungsfreistellungsverordnung wird der bürokra-
tische Aufwand für tausende Klein- und Kleinstbetriebe verringert. Pro Jahr sollen rund 2.800
gewerberechtliche Neugenehmigungs- oder Änderungsverfahren von Betriebsanlagen entfallen.
Einzelhandelsbetriebe mit einer Betriebsfläche von bis zu 200 Quadratmetern mit Ausnahme des
Lebensmitteleinzelhandels werden vom gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren freigestellt.
Die Erleichterung gilt unter anderem für Textilhandel, Floristik, Drogerien, Uhren- und Schmuck-
handel, Foto/Optik, Spielwarenhandel, sowie den Elektroartikel-Handel. Ebenfalls freigestellt sind
Bürobetriebe (hier gilt keine Flächenbegrenzung) wie Reisebüros, Versicherungsdienstleister,
Immobilienverwalter, Bauträgerbüros, Ingenieurbüros, IT-Dienstleister, Unternehmensberater,
Werbeagenturen und Werbegrafikbüros, Lagerbetriebe für Waren und Betriebsmittel mit einer
Betriebsfläche bis 600 Quadratmetern sowie Änderungsschneidereien, Schuhservicebetriebe, Fo-
tografenbetriebe, Kosmetik-, Fußpflege-, Massage-, Bandagisten- und Frisörbetriebe. Die Ver-
ordnung soll auch die bisher länderweise unterschiedliche Genehmigungspraxis der zuständigen
Behörden beenden und durch den klar definierten Entfall der Genehmigungspflicht für bestimmte
Betriebstypen Rechtssicherheit schaffen. Auch die Verwaltungsabläufe werden beschleunigt.
Rechnungslegungsrecht
Eines der Ziele des Rechnungslegungs-Änderungsgesetzes RÄG 2014 ist die Entlastung von Un-
ternehmen im Bereich der Rechnungslegung. Insbesondere für kleine Unternehmen sieht die
Bilanz-Richtlinie einige Erleichterungen vor. Die zukünftig bessere Vergleichbarkeit von Rech-
nungslegungsdaten erleichtert die Einschätzung der Marktsituation und die Errichtung von Nie-
derlassungen im Ausland und wirkt sich daher positiv auf die Internationalisierung der Unterneh-
men aus. Die Unternehmen wurden durch das RÄG 2014 von Berichtspflichten befreit, die für die
Abschlussadressaten von geringer Relevanz sind. Durch geänderte Informationsverpflichtungen
wird insgesamt eine Entlastung von rund 10 Mio. € pro Jahr verursacht. Die Zwangsstrafen-Re-
gelung wurde erleichtert, indem der Strafrahmen für Kleinstkapitalgesellschaften abgesenkt und
verhindert wird, dass mehrere Zwangsstrafverfügungen für unterschiedliche Strafzeiträume von
ein und demselben Jahresabschluss kumuliert werden können. Weiters wurde vorgesehen, dass
für die Dauer eines Insolvenzverfahrens keine Zwangsstrafverfügung zu verhängen ist, und dass
auch Zwangsstrafen gestundet und nachgelassen werden können.
58
3.4. Investitionen fördern und Standort stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Mit der Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) wurden die Regelungen der GesbR
über die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenrecht) weitgehend an die
Bestimmungen der Offenen Gesellschaft (OG) angeglichen. Außerdem wurde der Vorgang der
Umwandlung in eine offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft nun klar geregelt, wobei zur
Erleichterung des Unternehmensübergangs eine Gesamtrechtsnachfolge der neu gegründeten OG
oder KG in die Rechte und Pflichten der GesbR vorgesehen ist.
Reform der Sozialversicherungs-Meldepflicht
Die Bundesregierung hat vereinbart, eine monatliche Beitragsgrundlagen-Meldung ab 1. Jänner
2017 zu schaffen. Damit werden Lohnverrechnung und Beitragsmeldung verzahnt und der büro-
kratische Aufwand verringert. Das Lohnsummenverfahren ist nicht mehr nötig und wird abge-
schafft, somit müssen Unternehmer auch keinen Jahresausgleich in der Sozialversicherung durch-
führen. Die geltenden Meldeverpflichtungen werden reduziert, gleichzeitig greift eine vereinfachte
Anmeldung vor Arbeitsantritt. Damit können in Zukunft zeitintensive Daten-Überprüfungen unter-
bleiben. Den Versicherten können sehr zeitnah Auskünfte über Beitragsdaten gegeben werden.
Zudem wird der Verzugszinsensatz in der Sozialversicherung um 4 Prozentpunkte gesenkt. Dieser
wird dann 4% plus Basiszinssatz (derzeit: -0,12%) und somit nur 3,88 betragen (anstelle von der-
zeit 7,88). Die tägliche Geringfügigkeitsgrenze wird abgeschafft. Die in der (Muster-)Satzung der
Krankenversicherungen vorgesehenen Arbeits- und Entgeltbestätigungen werden entsprechend
der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung eingeschränkt, was zu einer Vereinfachung und Ent-
bürokratisierung führt.
59
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.5. Sektorelle Schwerpunkte
Gemeinnützigkeit
Umfang des gemeinnützigen Sektors Der gemeinnützige Sektor oder Nonprofit Sektor (NPO) umfasst laut Volkswirtschaftlicher Ge-
samtrechnung Organisationen, deren Sinn nicht im Erwirtschaften von Profiten liegt. Abgrenzun-
gen zum staatlichen Sektor und zu Marktproduzenten mit Gewinnabsicht sind nicht immer ganz
einfach zu treffen. Die Grenzen verschwimmen auch zunehmend, da die gemeinnützigen Un-
ternehmen vielfach auch Aufgaben wahrnehmen, die traditionellerweise als staatliche Aufgaben
gesehen werden (etwa im Sozial- und Gesundheitswesen). Der Sektor Staat umfasst laut Europä-
ischem System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Institutionen, die längerfristig weniger
als 50% der Kosten durch Verkäufe decken (d.h. die Nichtmarktproduzenten sind), die sich mit
Zwangsabgaben finanzieren, sowie Institutionen, die hauptsächlich Einkommen und Vermögen
umverteilen. Der gemeinnützige Sektor hat jedenfalls keine Möglichkeit, Zwangsabgaben zu erhe-
ben, es gibt allerdings sowohl Organisationen, die das 50% Kriterium erreichen und damit zu den
Marktproduzenten zählen, als auch solche, die das nicht tun und damit Nichtmarktproduzenten
sind, d.h. sie stellen ihren Produktionswert zum größten Teil unentgeltlich oder zu wirtschaftlich
nicht signifikanten Preisen zur Verfügung.
Übersicht: Einteilung staatlich – gemeinnützig – gewinnorientiert gem. VGR
Nichtmarktproduzent
StaatGemeinnütziger
SektorGewinnorientierte
Unternehmen
Zwangsabgabenohne
Gewinnabsichtkeine
Zwangsabgabenmit
Gewinnabsicht
Marktproduzent
60
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Der gemeinnützige Sektor ist in Österreich nicht systematisch erfasst, da er keine eigenständi-
ge Kategorie in Wirtschaftsstatistiken bzw. Wirtschaftsklassifikationen ist. In Österreich gibt es
bislang keine regelmäßige Erfassung relevanter Merkmale des Sektors, wie dies etwa in Form
einer VGR-Satellitenrechnung erfolgen könnte. Eine Abgrenzung des Sektors ist auch schwierig,
da der Gemeinnützigkeitsstatus einer NPO nicht immer leicht feststellbar ist. Allerdings liegen
Hochschätzungen der Statistik Austria in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozialpolitik der
WU Wien vor, die auf einer 2006 durchgeführten Untersuchung der NPOs basieren, die mindestens
einen bezahlten Beschäftigten hatten. Die NPOs haben abgesehen von der Gemeinnützigkeit gem.
Bundesabgabenordnung wenig Gemeinsamkeiten, sondern sind in Rechtsform, Tätigkeitsbereich
und Entwicklung sehr heterogen. Die bedeutendste Rechtsform im Nonprofit Sektor ist der Ver-
ein, wobei hier mit Stichtag 31.12.2013 120.168 Vereine registriert waren. Im Jahr 2008 waren
rund 715 Stiftungen gemeinnützig, was einen Anteil von 20% aller Stiftungen darstellt. Von den
GmbHs und AGs ist der Gemeinnützigkeitsstatus nur dann erkennbar, wenn der Begriff im Namen
aufscheint. Mit Stichtag 3.1.2012 konnten bei einer Firmenbuchabfrage anhand des Namens 514
Organisationen ermittelt werden, hier ist zu vermuten, dass auf diesem Weg nur ein kleiner Teil
der gemeinnützigen Unternehmen erkannt wurde. Von den Genossenschaften wurden 95 ermit-
telt, die wiederum die Bezeichnung »gemeinnützig« im Namen trugen. Die so ermittelten AG und
Genossenschaften sind ausschließlich im Wohnungsbau tätig. Gemeinnützige GmbHs sind auch in
anderen Aktivitätsfeldern, wie Kultur, Gesundheit, Soziales und Bildung anzutreffen.
Übersicht: Rechtsform und typische WirtschaftszweigeQuelle: Handbuch der Nonprofit-Organisation, 2013
Rechtsform Typische Wirtschaftszweige
Vereine, Stiftungen, Kultur, Gesundheit, Soziales, Bildung, Forschung,
Anstalten, Fonds Interessensvertretungen, Kirchl. Vereinigungen, Polit. Parteien
GmbH Kultur, Gesundheit, Soziales, Bildung, Forschung
AG, Genossenschaften Wohn- und Siedlungsbau
Österreichische NPOs haben gemäß Berechnungen der WU Wien im Jahr 2010 5,9 Mrd. € an Brut-
towertschöpfung erwirtschaftet. Der Wert von Leistungen, die NPOs unentgeltlich oder zu Preisen
unterhalb des Marktpreisniveaus abgeben, wird auf Basis ihrer Faktorkosten geschätzt. Die Be-
rechnung stellt eine Untergrenze dar, da der Wert der ehrenamtlich geleisteten Arbeit nicht ein-
bezogen wird. Im Nonprofit Sektor arbeiteten im Jahr 2010 Hochrechnungen zufolge 5,2% aller in
Österreich Erwerbstätigen über 15 Jahren. Es bestanden ca. 212.000 Vertragsverhältnisse, wobei
in den 10 Jahren zwischen 2000 und 2010 eine deutliche Zunahme zu verzeichnen war (rund 39%).
Der größte Anteil dieser Beschäftigten war im Sozialwesen beschäftigt (36%), 20% entfielen auf
den Bereich »Interessensvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen«,
die drittwichtigste Kategorie ist der Bereich »Erziehung und Unterricht«. In der letztgenannten
Kategorie fand gleichzeitig auch das stärkste Wachstum zwischen den Jahren 2000 und 2010 statt
(+93%).
Gemäß einer neuen Studie der Donauuniversität Krems, die Gemeinnützigkeit noch viel weiter
definiert, ergibt sich für Österreich eine jährliche Wertschöpfung von rund 10 Mrd. € im Bereich
der Gemeinnützigkeit. Dabei sind alle Bereiche der Gemeinnützigkeit – vom Bereich Freiwilligkeit/
Gemeinnützigkeit/Non-Profit-Organisationen über Spenden und CSR bis hin zur informellen Frei-
willigkeit – berücksichtigt. Die geleistete Wertschöpfung entspricht einem Anteil von rund 3% des
BIP. Darüber hinaus können rund 70.000 Arbeitsplätze dem Bereich Gemeinnützigkeit zugerech-
61
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
net werden. Am bedeutendsten ist Gemeinnützigkeit in den Querschnittssektoren Gesundheit,
Sozialwirtschaft, gemeinnütziger Wohnbau, Sport, Kultur und Bildung.
Gemeinnützigkeitspaket
2014 wurden in Österreich 550 Mio. € gespendet. Ungleich weniger wird durch gemeinnützige In-
vestitionen durch Stiftungen mobilisiert: Stiftungen in Deutschland investieren rund 15 Mrd. € pro
Jahr in den gemeinnützigen Bereich, Schweizer Stiftungen investieren 1,2 Mrd. €. In Österreich
sind es nur rund 20-25 Mio. € pro Jahr. Ziel des Gemeinnützigkeitspaketes, das mit Beginn 2016 in
Kraft treten soll, ist es, das Engagement gemeinnütziger Organisationen bzw. der Zivilgesellschaft
zu stärken, indem bürokratische Hürden abgebaut, ein attraktiveres gemeinnütziges Stiftungs-
recht geschaffen und steuerliche Anreize für den Gemeinnützigkeitssektor gesetzt werden. Es soll
frisches Kapital für gemeinnützige Zwecke wie Mildtätigkeit, Soziales, Kunst, Kultur, Wissenschaft,
Umwelt- und Naturschutz etc. mobilisiert werden. Damit wird die Basis gelegt, um langfristig das
Spenden- und Stiftungsniveau für den gemeinnützigen Bereich wie in Deutschland zu erreichen.
Umgelegt auf Österreich liegt das langfristige Potential bei rund 1 Mrd. € jährlich. Die gesetzlichen
Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stiftungen (Bundesstiftungs- und Fondsgesetz) sollen
vereinfacht werden, in dem etwa kein Bewilligungssystem, sondern ein (Nicht-)Untersagungssys-
tem vergleichbar der Vereinsgründung geschaffen wird. Ein Mindestvermögen von 50.000 € wird
notwendig sein. Gelder sollen einfacher von einer gemeinnützigen Organisation an eine andere
weitergegeben werden können, ohne dass der Gemeinnützigkeits- bzw. Spendenbegünstigungs-
status verloren geht. Steuerliche Erleichterungen zur Mobilisierung von Kapital für Wissenschaft,
Forschung und andere gemeinnützige Zwecke für gemeinnützige Körperschaften werden vorge-
sehen. Auch die steuerliche Berücksichtigung des Kunst- und Kulturbereichs wird ausgeweitet:
durch die Etablierung eines privat finanzierten, spendenbegünstigten Instituts für Kunst- und
Kulturfinanzierung. Ein ähnliches Ziel verfolgt das Institut für soziale Innovation.
Attraktiver wird der Standort Österreich auch durch eine rasche Novellierung des NGO-Gesetzes.
Gezielte amtssitzrelevante Maßnahmen bringen Vorteile für Quasi-Internationale Organisationen,
deren Gemeinnützigkeit anerkannt wurde, deren Tätigkeit in einem engen Zusammenhang mit
einer internationalen Organisation steht und deren Mitglieder mehrheitlich Staaten, Internationale
Organisationen oder Einrichtungen sind.
Unternehmerische Verantwortung/Corporate Social Responsibility (CSR)
Unternehmen, die verantwortungsvoll agieren und eine sozial, ökonomisch und ökologisch nach-
haltige Unternehmensführung betreiben, sind wichtiger Teil des gesellschaftlichen Kapitals Ös-
terreichs und Erfolgsfaktor für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort. Bei der Umsetzung der EU
CSR-Strategie (»NAP CSR«) legt die Bundesregierung großen Wert auf die Einbindung aller we-
sentlichen Akteure und Akteurinnen, der Sozialpartnerorganisationen, respACT und NeSoVe. Die
Unternehmensplattform respACT – austrian business council for sustainable development – un-
terstützt ihre (mittlerweile über 260) Mitgliedsunternehmen dabei, ökologische und gesellschaft-
liche Ziele ökonomisch, nachhaltig und eigenverantwortlich zu erreichen. Das Netzwerk Soziale
Verantwortung (NeSoVe) ist ein Zusammenschluss von Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen-
vertretungen und NGOs zur Förderung, Weiterentwicklung und Beobachtung der sozialen Verant-
wortung im Sinne der von Unternehmenspolitik betroffenen Interessensgruppen und fungiert als
Informations- und Kommunikationsdrehscheibe.
Auf internationaler Ebene haben sich besonders die OECD-Leitsätze für multinationale Unterneh-
men und der »UN Global Compact« (UNGC) als CSR-Instrumente etabliert. Die OECD-Leitsätze für
62
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
multinationale Unternehmen sind der umfassendste multilaterale Verhaltenskodex für Unterneh-
men, der UNGC ist mit über 12.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen und 100 lokalen Netzwer-
ken die weltgrößte Initiative zu CSR und Nachhaltiger Entwicklung. Die Bundesregierung arbeitet
im Zuge der Erstellung eines Nationalen Aktionsplanes »Menschenrechte« an der Umsetzung der
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Hierbei finden neben den UN-Leitprinzipien
mit ihren drei Säulen »Protect, Respect and Remedy« vor allem die OECD-Leitsätze, die mit den
UN-Leitprinzipien voll im Einklang stehen und zu deren Einhaltung sich die Teilnehmerstaaten
völkerrechtlich verpflichtet haben, sowie die in ihrem Rahmen eingerichteten Nationalen Kontakt-
punkte Berücksichtigung.
Wohnungswirtschaft
Der Ministerrat hat am 24. März 2015 eine Reihe von Maßnahmen im Rahmen eines Wohnbaupa-
kets beschlossen. Dieses Konjunkturpaket zur Schaffung von leistbarem Wohnraum stellt Mittel
für den Bau von zusätzlichen 30.000 Wohnungen (ca. 6.000 Wohnungen jährlich) bereit, welche
derzeit am Kapitalmarkt nur zu vergleichsweise hohen Konditionen besorgt werden können. Da-
durch wird leistbarer Wohnraum für rund 68.000 Bewohner über einen Zeitraum von fünf bis
sieben Jahren sowie siedlungsbezogene Wohn-Infrastruktur errichtet. Dies soll zur Belebung der
Konjunktur und zur Schaffung von 16.000 bis 20.000 zusätzlichen Vollzeit-Arbeitsplätzen über die
Laufzeit des Programms führen. Durch die direkten Investitionseffekte und indirekte Nachfra-
geeffekte ist eine Erhöhung des jährlichen BIP um 1,316 Mrd. € oder 0,4 Prozentpunkte zu er-
warten. Insgesamt soll durch diese Wohnbauinitiative des Bundes ein Gesamtinvestitionsvolu men
von 5,75 Mrd. € ausgelöst werden; davon 5 Mrd. € für die Wohnraumschaffung und 750 Mio. €
für siedlungsbezogene Wohn-Infrastruktur über die gesetzliche Erweiterung des Geschäftskreises
von Wohnbaubanken.
Zusätzlich und zur Umsetzung wurden u.a. folgende gesetzliche Änderungen und Begleitmaßnah-
men für mehr Neubau und Sanierung akkordiert:
1. Erweiterung des Geschäftsfeldes der Wohnbaubanken um die Finanzierung von siedlungs-
bezogener Infrastruktur.
2. Anpassungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) zur Verwendung endfälliger
EIB-Kredite sowie zur Beteiligung von gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) an Wohn-
baubanken.
3. Maßnahmen im WGG:
• Verankerung des Generationenausgleichs im gemeinnützigen Wohnbau: Die gesetz-
lich beschränkten Erträge der GBV sollen ausdrücklich auch zugunsten nachträglicher
Nachfrager-Generationen verwendet werden.
• Nachverdichtung vor Sanierung: GBV werden verpflichtet, bei umfassenden Sanierun-
gen eine Nachverdichtung zu prüfen.
• Um Mietwohnungen/Gebäude leichter sanieren zu können, soll künftig eine ¾ Mieter-
Mehrheit für die Erhöhung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ausreichen,
sofern thermisch/energetische oder barrierefreie Sanierungen öffentlich gefördert
sind.
• Einführung einer Spekulationsfrist bei Verkauf von gemeinnützigem Wohnungseigentum.
• Steigerung der Investitionskraft der GBV: Nach objektbezogenem Auslaufen von Kapi-
talmarkt- und Förderdarlehen und vor Einsetzen der betragsmäßigen Entgeltsbegren-
zung auf den burgenländischen Richtwert minus 30 % sollen – im Interesse eines
Generationenausgleichs – eigenmittelfinanzierte Vorlagen für Erhaltungs- und Verbes-
serungsarbeiten sowie alle zur längerfristigen Wohnkostensenkung getätigten Eigen-
63
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
mitteleinsätze wie Fremdmittel behandelt werden und als Kostenentgelt von einer GBV
zugunsten eines zwingenden Wiedereinsatzes in Neubau und Sanierung vereinnahmt
werden dürfen. Damit sollen thermisch/energetische Sanierungsmaßnahmen vorgezo-
gen werden können.
• Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft wird zugunsten ihrer Wohnungsnutzer ver-
pflichtet, gegebenenfalls auch nachträglich, entsprechend der Entwicklung am Kapi-
talmarkt möglichst günstige Um- und Anschlussfinanzierungen zu wählen. Erzielbare
Entgeltreduktionen sind jedenfalls an die Mieter und Mieterinnen sowie Nutzungsbe-
rechtigten der GBV zwingend weiterzureichen.
• »Fit&Proper« im Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht: Die im WGG normierten Zuverläs-
sigkeitskriterien (»Fit&Proper«) für Organwalter und Funktionsträger in den gemein-
nützigen Unternehmen sollen in Anlehnung an die im Bankenbereich vorgesehenen
Regelungen adaptiert und entsprechend rasch novelliert werden.
Das Wohnpaket wird derzeit erarbeitet.
Die Austrian Real Estate, eine Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft BIG, investiert bis 2020
2 Mrd. € in den heimischen Wohnbau. Das ermöglicht insgesamt rund 10.000 neue Wohnungen,
davon 6.000 Miet- und 4.000 Eigentumswohnungen. Ziel ist es, im freifinanzierten Bereich der
Mietwohnungen das mittlere Preissegment abzudecken. Insbesondere wird in Ballungsräume in-
vestiert. Es soll aber auch in kleinere bis mittelgroße Wohnobjekte in Bezirkshauptstädten, in
Seniorenwohnen in Speckgürtellagen sowie in studentisches Wohnen investiert werden. Die Refi-
nanzierung erfolgt nach Fertigstellung über Mieten bzw. Abverkauf. Allein 2015/2016 werden Pro-
jekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 575 Mio. € gestartet, damit können 2.500
Wohnungen errichtet werden.
Gesundheitswesen
Im Rahmen der Gesundheitsreform (Zielsteuerung-Gesundheit) wurde als wesentlicher Meilen-
stein das Konzept zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung in Österreich
(»Das Team rund um den Hausarzt«) von Bund, Ländern und Sozialversicherung in der Bundes-
Zielsteuerungskommission am 30.06.2014 einstimmig beschlossen. Die Gesetzesänderungen sol-
len im Laufe des Jahres 2015 beschlossen werden. Bis Ende 2016 sollen mindestens 1% der Bevöl-
kerung pro Bundesland in multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgungsmodellen
versorgt werden. Die ersten Pilotprojekte sollen 2015 in Wien in Betrieb gehen.
Die Ergebnisqualitätsmessung im intramuralen Bereich durch Austrian – Inpatient Quality Indica-
tors (A-IQI) wird kontinuierlich weiterentwickelt und regelmäßig ausgewertet. Für den ambulanten
Bereich wurde ein Konzept für eine vergleichbare Ergebnisqualitätsmessung auf Basis von Rou-
tinedaten erarbeitet. Seit Anfang 2014 ist eine bundesweit einheitliche Dokumentation von Leis-
tungen im ambulanten Bereich inklusive Pseudonymen verpflichtend. Pseudonyme ermöglichen,
den Weg von Patienten und Patientinnen durch das Gesundheitssystem zu verfolgen, ohne deren
Identität zu kennen. Im Jahr 2014 wurden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um auch die
bereits seit langem verpflichtend zu meldenden Daten aus dem stationären Versorgungsbereich
ab 2015 mit Pseudonymen zu versehen.
Insgesamt beliefen sich die für die Festlegung des Ausgabendämpfungspfads maßgeblichen öf-
fentlichen Gesundheitsausgaben für das Jahr 2012 auf 21.740 Mio. €. Damit wurde für diesen
Zeitraum die vereinbarte Ausgabenobergrenze um rund 130 Mio. € (bzw. 0,61%) unterschritten
und die vereinbarten Zielwerte somit aus derzeitiger Sicht sowohl im Bereich der Länder (Kran-
kenanstalten) als auch im Bereich der sozialen Krankenversicherung erreicht.
64
3.5. Sektorelle Schwerpunkte Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tourismus und Freizeitwirtschaft
Die touristische Wertschöpfung trägt in vielen Regionen Österreichs wesentlich zur wirtschaft-
lichen Entwicklung bei. Als zentrales Element zur Unterstützung der regionalen Entwicklung gilt
die EU-Kohäsionspolitik, wobei in Österreich vor allem dem Europäischen Fonds für regionale Ent-
wicklung (EFRE-Programm) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums (ELER-Programm) besondere Bedeutung zukommt. In der neuen Programmpe-
riode 2014-2020 sind diese beiden Programme Teil der sogenannten »Europäischen Struktur- und
Investitionsfonds (ESI-Fonds)«. In den österreichischen Umsetzungsakten (Partnerschaftsverein-
barung und Operationelle Programme) ist es gelungen, die Bedeutung des Tourismus hervorzu-
heben. Sowohl im IWB/EFRE-Regionalprogramm als auch im Österreichischen Programm zur Ent-
wicklung des ländlichen Raumes wurden Interventionsbereiche zur Unterstützung touristischer
Investitionen und Kooperationsprojekte definiert. Damit besteht bis 2020 die Möglichkeit, beson-
ders innovative betriebliche und überbetriebliche Projektvorhaben im Tourismus auch weiterhin
mit EU-Mittel zu unterstützen.
Landwirtschaft und ländlicher Raum
Die Kernziele der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) sind eine marktorientierte Förderung
der Landwirtschaft sowie eine innovative und wachstumsorientierte Politik zur Entwicklung des
ländlichen Raums. Neben den Maßnahmen zur Stützung der Märkte (1. Säule der GAP) ist die Po-
litik zur Entwicklung des ländlichen Raums (2. Säule der GAP) zu einer wesentlichen Komponen-
te des europäischen Agrarmodells geworden, das auf der Multifunktionalität der Landwirtschaft
basiert. Ziel ist dabei die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums, welcher über die bloße
Lebensmittelerzeugung hinaus eine Vielzahl an Gemeinwohldienstleistungen erbringen kann. Die
Umsetzung erfolgt auf nationaler Ebene im Rahmen des Österreichischen Programms für ländliche
Entwicklung 2014-2020, das am 12. Dezember 2014 von der Europäischen Kommission geneh-
migt wurde. Für die Finanzierung des Programms stehen pro Jahr 1,1 Mrd. € öffentliche Mittel zur
Verfügung, wovon 562,5 Mio. € vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums und 537,5 Mio. € national durch Mittel des Bundes und der Länder bereitgestellt
werden. Neben den zentralen Maßnahmen zur Stärkung einer innovativen wettbewerbsfähigen
Land- und Forstwirtschaft sowie zur Verbesserung und zum Schutz der Umwelt, sind auch Maß-
nahmen im Sozialbereich, für KMU und für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur vorgesehen.
Dadurch sollen lokale Arbeitsplätze geschaffen, Abwanderung verhindert und eine Diversifizie-
rung der Erwerbstätigkeit im ländlichen Raum unterstützt werden. Mit der GAP-Reform 2013 än-
dert sich in Österreich ab 2015 auch das System der Direktzahlungen (1. Säule der GAP). Diese
sind mit ca. 700 Mio. € pro Jahr eine wichtige Einkommensstütze für die Landwirtschaft. Ab 2015
wird schrittweise das sogenannte »Regionalmodell« eingeführt. Dies bedeutet den Übergang von
den bisherigen individuellen Hektarsätzen zu einem einheitlichen Flächensatz von ca. 284 €/ha.
Neben der Vereinheitlichung der Förderungssätze je Hektar hat das neue Direktzahlungsmodell
mit dem »Greening« eine ökologische Komponente. Dieses beinhaltet Auflagen für die Anbau-
diversifizierung (mindestens 2 oder 3 Anbaukulturen je Betrieb), die Verpflichtung zum Erhalt
des Dauergrünlandes und die Notwendigkeit, mindestens 5% der Ackerflächen als ökologische
Vorrangflächen auszuweisen. Ca. 210 Mio. € (30% der Direktzahlungen) sind für diese Greening-
Prämie reserviert.
65
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken
Mit der österreichischen FTI-Strategie »Der Weg zum Innovation Leader« wurden längerfristi-
ge Perspektiven vorgelegt, mit dem Ziel, dass Österreich in die Gruppe der Innovation Leader
aufsteigt. Da auch andere Mitgliedstaaten ihre FTI-Politik verbessern, liegt Österreich trotz um-
fassender Maßnahmen weiter im Mittelfeld der EU-Länder des Innovation Union Scoreboard. Die
Österreichische Bundesregierung hält aber an der FTI-Strategie und dem Ziel, zu einem Innova-
tions-Leader zu werden, fest.
Forschungsaktionsplan
2014 wurde ein Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigen Forschungsraum erarbeitet – ein Maß-
nahmenpaket zur verstärkten Umsetzung der FTI Strategie der Bundesregierung in ausgewählten
Themenfeldern, das 2015 und in den Folgejahren umgesetzt werden soll. Der Schwerpunkt liegt
auf wissenschaftlichen Einrichtungen und ihrer Rolle im Innovationssystem sowie auf Rahmen-
bedingungen, die für die Zusammenarbeit öffentlich finanzierter Forschung und Forschung durch
Unternehmen als wichtig und verbesserungswürdig erachtet werden. Zu den einzelnen Zielset-
zungen und Maßnahmen des Forschungsaktionsplans zählen:
• Verbesserung der Karrieremöglichkeiten in Wissenschaft und Forschung, was eine Opti-
mierung des universitären Personalmanagements sowie eine damit verbundene verbes-
serte universitäre Personalstrukturplanung einschließt.
• Ausbau der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft: Geplant ist neben einem
Leitfaden zur Weiterentwicklung der Schutzrechts- und Verwertungsstrategien der Univer-
sitäten, die Stärkung von Entrepreneurship an Universitäten, die Forcierung von akade-
mischen Unternehmensgründungen sowie die Schaffung von Kooperationsanreizen durch
spezifische Förderprogramme (z.B. Wissenstransferzentren und IPR-Verwertung) und die
Fortsetzung und Weiterentwicklung bereits etablierter Unterstützungsmaßnahmen (z.B.
COMET-Zentren, CD-Labors) und gemeinsame Nutzung von Forschungsinfrastruktur.
• Vertiefung des Dialogs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft u.a. durch Popularisierung
von Forschung und Verankerung von Responsible Science an österreichischen Wissen-
schaftseinrichtungen, unter anderem durch die Gründung einer Allianz für Responsible
Science.
• Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Wissenschaft und Forschung, wozu
die Schaffung adäquater gesetzlicher Rahmenbedingungen z.B. im Hinblick auf die Grün-
dung gemeinnütziger Stiftungen, aber auch die notwendige Professionalisierung des Fund-
raising in Wissenschaft und Forschung gehört.
• Strategische Weiterentwicklung der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften: Hierfür
soll eine eigene Strategie erarbeitet und die Digitalisierung sowie Vernetzung und Interna-
tionalisierung vorangetrieben werden.
• Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Forschungsraums: Dazu zählen
u.a. Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Kooperation, wie die Ausschreibung für
Plattformen zu missionsorientierten Forschungsthemen in Horizon 2020, sowie eine Ver-
besserung der Willkommenskultur durch die Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot Karte.
66
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Exkurs: Open Innovation und Open Access
Das Konzept der »Open Innovation« wurde von Henry William Chesbrough geprägt und bezeichnet
die Öffnung des Innovationsprozesses, in dem aktiv außerhalb des Unternehmens nach neuen
Technologien und Ideen gesucht wird und Kooperationen mit anderen Unternehmen zur Erhöhung
des Innovationspotenzials eingegangen werden. Traditionell fanden unternehmerische Innova-
tionen in den Grenzen der Unternehmen statt. Durch die gestiegene Mobilität vor allem höher
qualifizierter Personen, die verbesserten Möglichkeiten für Spin-offs und Venture Capital sowie die
gestiegene Bedeutung anderer Unternehmen in der Wertschöpfungskette wurde die »geschlosse-
ne Innovation« immer mehr zurückgedrängt. Open Innovation beschreibt dagegen den Prozess,
dass interne und externe Ideen kombiniert und sowohl interne als auch externe Wege beschritten
werden, um neue Technologien zu entwickeln. Das Konzept der open innovation soll auch in den
Förderprogrammen des Bundes (z.B. in JumpStart, siehe Abschnitt 3.3) verstärkt Berücksichti-
gung finden.
Open Access to Publications
Im Zeitalter der elektronischen Medien, in dem die meisten wissenschaftlichen Publikationen pri-
mär elektronisch verfügbar sind, stellt sich die Frage nach der erweiterten Zugänglichkeit von
Forschungsergebnissen. Die Steigerung der Sichtbarkeit muss für ein kleines Land ein klares
Ziel sein. Unter »Open Access« wird verstanden, dass wissenschaftliche Literatur kostenfrei und
öffentlich im Internet zugänglich ist, so dass Interessierte diese Volltexte lesen, herunterladen,
kopieren, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie somit auf jede denkbare legale
Weise benutzen können. Open Access ist ein weltweites Movement, das von den englischspra-
chigen Ländern Europas dominiert wird und ausschließlich von den öffentlich finanzierten Uni-
versitäten und Forschungseinrichtungen ausgeht. Für ein kleines Land wie Österreich bedeutet
Open Access u.a., dass die wissenschaftlichen Beiträge weltweit gelesen werden können. Das
Thema Open Access ist eng verknüpft mit Fragen nach der Qualitätssicherung, der Speicherung
der Arbeiten und der technischen Standards sowie mit dem nationalen Urheberrecht also der Fra-
ge, unter welchen Bedingungen Beiträge Aufnahme in die entsprechenden Datenbanken finden.
Aufgrund seiner Bedeutung für die österreichische Forschung wurde das Thema Open Access in
den Leistungsvereinbarungen 2013-2015 aller Universitäten verankert und – abhängig von der
universitätsspezifischen Ausgangssituation – universitäre Vorhaben dazu festgelegt. Das Thema
spielt allerdings auch bei den großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen (etwa ÖAW,
ISTA, FWF) eine zentrale Rolle. Alle wissenschaftlichen Einrichtungen haben sich zum Open Ac-
cess Network Austria zusammengeschlossen, im Rahmen dessen eine nationale Strategie für den
wissenschaftlichen Bereich ausgearbeitet werden soll. Im Zuge der Ausschreibung von Anschubfi-
nanzierungen für Kooperationen im Rahmen der Hochschulraum-Strukturmittel wurde das Projekt
»E-Infrastructure« mit insgesamt 1,4 Mio. € (Gesamtsumme der Ausgaben 4,2 Mio. €) gefördert.
Ziel des Projektes ist der koordinierte Aufbau eines österreichischen Netzwerkes zur Einrichtung
einer gemeinsamen e-Infrastruktur. 20 Universitäten, die Österreichische Nationalbibliothek, die
OBVSG, das IST Austria, die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die Arbeiterkam-
mer Wien sind in das Projekt eingebunden.
67
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Innovationsfördernde Initiativen
IP-Strategie
Immaterielles Vermögen ist ein bedeutender Faktor für Innovation, Produktivität und Wachstum.
Heute beruht ein erheblicher Teil des Wertes von Industrieunternehmen auf Immaterialgüter wie
z.B. gewerbliche und andere Schutzrechte, aber auch Know-how oder Humankapital. Österreich
liegt bei dem Anteil von immateriellen Vermögenswerten mit 6% des BIP im europäischen Mittel-
feld. Ein internationaler Vergleich zeigt, dass viele der führenden Forschungsnationen über eine
IP-Strategie verfügen. Österreich hat in den letzten Jahren im Bereich des immateriellen Kapitals
einen Aufholprozess verzeichnet, steht aber vor einigen wichtigen Herausforderungen, die die
Entwicklung einer nationalen IP-Strategie geboten erscheinen lassen, was auch vom Ministerrat
im August 2014 beschlossen wurde.
Globale Entwicklungen, wie die Einführung des EU-Patents und aggressive IPR-Strategien insbe-
sondere der »emerging markets«, werden zu massiven Änderungen im gesamten Umfeld führen.
Neben den Erleichterungen durch das EU-Patent werden österreichische Unternehmen durch die
Zunahme an Patenten aus dem Ausland mit einem Mehr an Einschränkungen konfrontiert werden:
Viele Unternehmen aus dem asiatischen oder US-amerikanischen Raum werden ihre Patente mit
Wirkung in der gesamten EU und somit auch automatisch in Österreich anmelden. Das gemeinsa-
me Ziel ist es, die österreichische Wirtschaft und Forschung auf diese neue Situation vorzuberei-
ten. Darüber hinaus soll die Strategie für Geistiges Eigentum die österreichische IP-Kultur weiter-
entwickeln und stärken und das Bewusstsein österreichischer Unternehmen – insbesondere des
Mittelstands – für die Bedeutung von IP für die Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die
IP-Strategie soll den Stellenwert des geistigen Eigentums in Wirtschaft und Gesellschaft erhöhen
und dazu beitragen, dass Österreich sein gesamtes Potential im Bereich des geistigen Eigen-
tums entfaltet. Die nationale IP-Strategie soll dazu beitragen, dass Österreich zu den Innovation
Leadern aufschließen kann. Sie soll bis Jahresende 2015 fertiggestellt werden.
Erhöhung der Forschungsprämie
Die Forschungsprämie ist das wichtigste steuerliche Instrument für forschende Unternehmen, um
F&E-Investitionen am Standort Österreich voranzutreiben. Die mit der Steuerreform beschlosse-
ne Erhöhung der Forschungsprämie von 10 auf 12% macht den Standort noch attraktiver für die
Ansiedlung internationaler Unternehmen und deren F&E-Abteilungen. Diese Maßnahme setzt eine
zentrale Forderung aus der Standortstrategie Leitbetriebe um und unterstützt den Weg Öster-
reichs zum Innovation Leader.
Industrie 4.0
Produktion muss effizienter und intelligenter werden, um im globalen Wettbewerb bestehen zu
können. Es herrscht weitgehender Konsens über einen bevorstehenden grundlegenden Struktur-
wandel in gewerblicher und industrieller Produktion. Dieser wird im derzeit weltweit geführten
Diskurs als »Smart Manufacturing«, »Advanced Manufacturing«, »Factory of the Future« oder
eben »Industrie 4.0« bezeichnet.
Im Lichte der wirtschaftlichen Potenziale von Industrie 4.0 wurde 2014 die »Agenda Industrie/
Produktion 4.0 – Initiative zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU und Leitbetriebe in
Kooperation mit den Bundesländern« initiiert. Beabsichtig wird die österreichweite Ausrollung von
Industrie 4.0 bzw. die Unterstützung der Anwendung von Industrie 4.0-Technologien, indem einer-
68
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
seits die regionalen Bedürfnisse erhoben, dargestellt und analysiert, und andererseits konkrete
nationale Handlungsfelder und Maßnahmen zur Umsetzung von Industrie/Produktion 4.0 identifi-
ziert und ausgewiesen werden.
Im Rahmen der Agenda Industrie 4.0 wird darüber hinaus in ausgewählten FTI-Programmen seit
2014 der Schwerpunkt »Industrie 4.0« umgesetzt: So wurde bei der Dienstleistungsinitiative (DL-
I) der Schwerpunkt Industrie 4.0 gesetzt und bereits erste Industrie 4.0 Projekte über die Schiene
»Dienstleistungsinnovationen« gefördert. 2015 ist wiederum geplant, die DL-I mit dem Schwer-
punkt Industrie 4.0 fortzusetzen, wofür wieder 5 Mio. € bereitstehen. Die Höherqualifizierung
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unternehmen im MINT-Bereich wird als eine wichtige
Maßnahme gesehen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und den Veränderungspro-
zessen im Zusammenhang mit Industrie 4.0 standzuhalten. Daher wird auch im Programm For-
schungskompetenzen für die Wirtschaft die Schwerpunktsetzung ab 2015 vor allem auf dem The-
ma »Industrie 4.0« liegen. Auch im Rahmen von ProTrans – 4.0 – dem Programm zur Förderung
von Produktfindungsstrategien von KMU im Kontext mit Produkt-, Prozess- oder Dienstleistungen
– wird der Schwerpunkt Industrie 4.0, nach einer Pilotphase, 2015 weitergeführt. Dabei soll in
ProTrans-4.0 vor allem der Schwerpunkt der Förderung der Entwicklung neuer innovativer Ge-
schäftsmodelle sowie intelligenter Produkte und Prozesse bei KMU abgebildet werden. Bereits seit
einigen Jahren wird technologische Forschung und Innovation, die den Weg zur zukünftigen, ver-
netzten Produktion ebnen, etwa durch das Forschungsprogramm »Produktion der Zukunft« geför-
dert. Aber auch im Forschungsprogramm für Informations- und Kommunikationstechnik »IKT der
Zukunft« hat Produktionstechnik als Anwendungsfeld einen festen Platz (zur Breitbandmilliarde
siehe Abschnitt 3.10). Auch in anderen thematisch verwandten und relevanten Programmen (z.B.
»Mobilität der Zukunft«) wird das Thema Industrie 4.0 berücksichtigt. Darüber hinaus können
auch entsprechende Schwerpunktsetzungen bei Ausschreibungen weiterer FTI-Programme vor-
genommen werden (wie beispielsweise beim Programm Research Studios Austria).
Flankierend wurden im Jahr 2014 gemeinsam mit der Marshallplan-Jubiläumsstiftung die ers-
ten Stiftungsprofessuren für Produktionstechnik vergeben. Im Jahr 2015 wird eine weitere Stif-
tungsprofessur speziell für Industrie 4.0 ausgeschrieben, die dem interdisziplinären Charakter
von Industrie 4.0 Rechnung tragen soll. Ein neues rechtliches Rahmenwerk erlaubt erstmals die
Förderung von Forschungsinfrastruktur, die explizit den Transfer von Forschungsergebnissen und
Innovationen in die wirtschaftliche Nutzung ermöglicht. 2015 wird daher erstmals eine Pilotfabrik
gefördert. Die erste Pilotfabrik für Industrie 4.0 soll bereits heuer an der Technischen Universität
Wien eröffnet werden. Sie erlaubt das Kennenlernen neuer Technologien in einem neutralen Um-
feld ohne Beeinträchtigung der Abläufe in den Fabriken der interessierten Firmen. Die Ausschrei-
bung weiterer Pilotfabriken ist in den nächsten Jahren geplant.
Neue Anreize für internationale Forscher und Forscherinnen
Österreich steht in einem internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Optimale Rahmenbe-
dingungen für Hochqualifizierte aus Wissenschaft und Forschung sind daher ein wichtiger Stand-
ortfaktor. Die Ausweitung der steuerlichen Anreize macht Österreich attraktiver für internationale
Forscher und Forscherinnen. Die Bundesregierung hat sich geeinigt, zusätzlich zur derzeitigen
Zuzugsbegünstigung einen pauschalen Zuzugsfreibetrag zu schaffen. Der Freibetrag berücksich-
tigt den Zuzugsmehraufwand (z.B. Unterschiede im Preisniveau, Kosten für Umzug, Sprachkurse
etc.) und/oder den durch den Zuzug erwachsenden Steuernachteil (z.B. Steuerfreiheit von bis zu
30% der Bezüge).
69
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Wissenschaft-Wirtschaft Kooperationen
Christian Doppler Forschungsgesellschaft
Als erstes österreichisches Public Private Partnership Modell für F&E fördert die Christian Doppler
Forschungsgesellschaft seit 1995 hochwertige Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirt-
schaft in der angewandten Grundlagenforschung. Die ungebrochen starke Nachfrage aus Wissen-
schaft und Wirtschaft sowie bisherige Evaluierungen zeigen, dass dieses Kooperationsmodell der
CDG bis heute hoch geschätzt wird. Aktuell (Stand: 3. Juni 2015) werden 72 F&E-Kooperationen
(65 CD-Labors und 7 JR-Zentren, siehe weiter unten) jeweils zur Hälfte von knapp 140 Unter-
nehmenspartnern und dem Bund finanziert. Dort arbeiten rund 700 Forscherinnen und Forscher
an komplexen und wirtschaftsrelevanten Forschungsfragen. Die Neugründungen im aktuellen
Berichtsjahr zeigen den vielfältigen Bedarf an Spitzenforschung in den unterschiedlichsten Berei-
chen.
Neue CD-Labors seit der letzten Berichtsperiode (ab 01.06.2014):
• CD-Labor für Grenzflächen in metallgestützten elektrochemischen Energiewandlern
(Forschungszentrum Jülich GmbH),
• CD-Labor für Glycerin Biotechnologie (Universität für Bodenkultur Wien),
• CD-Labor für Alterung, Gesundheit und Arbeitsmarkt (Universität Linz),
• CD-Labor für Klinische Molekulare MR Bildgebung (Medizinische Universität Wien).
Fachhochschulen: COIN Aufbau und Josef Ressel Zentren
Neben Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben einige Fachhoch-
schulen ein beachtliches Niveau an Forschungskompetenz erreicht. Seit 2012 werden mit dem
neuen CDG-Programm für Josef Ressel (JR)-Zentren längerfristige Forschungskooperationen an
forschungsstarken Fachhochschulen gefördert. Das belebt die forschungsgeleitete Weiterentwick-
lung an den Fachhochschulen und unterstützt deren strukturellen, profilbildenden Ausbau inner-
halb des Hochschulsektors.
Neue JR-Zentren seit der letzten Berichtsperiode (ab 01.06.2014):
• JR-Zentrum für Angewandtes Wissenschaftliches Rechnen in Energie, Finanzwirtschaft
und Logistik (FH Vorarlberg GmbH),
• JR-Zentrum für die Konsolidierte Erkennung gezielter Angriffe (FH St. Pölten).
Zur Entwicklung und Stärkung zentraler Kompetenzen und Funktionen bei Anbietern von orien-
tierter FEI-Kompetenz im österreichischen Innovationssystem, wie Fachhochschulen, kooperative
und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auf der einen Seite und zur Verbesserung der
Innovationsfähigkeit österreichischer Unternehmen – insbesondere KMU – durch Kooperationen
und Netzwerke auf der anderen Seite wird das Programm COIN fortgesetzt. Bei der Programmlinie
»Aufbau« geht es um die Verbreiterung der Wissensbasis, die Entwicklung des entsprechenden
Humanpotenzials und den Ausbau von Kernaufgaben bei Anbietern orientierter FEI-Kompetenz. Es
sind dies Fachhochschulen und ihre Transferstellen und außeruniversitäre bzw. kooperative For-
schungseinrichtungen. Diese Akteure sollen zu stärkeren Partnern für Unternehmen (v.a. KMU)
bei der Umsetzung von Wissen in Innovation werden.
Eine aktuelle Evaluierung FH-relevanter Förderprogramme hat den spezifischen Nutzen der JR-
Zentren und von COIN-Aufbau festgestellt bzw. eine Weiterführung dieser Initiativen empfohlen.
Nach budgetärer Maßgabe soll die FH-Forschung im Wirkungskreis dieser Förderprogramme auch
in Zukunft gestärkt werden.
70
Research Studios Austria (RSA)
Das Programm Research Studios Austria (RSA) fördert die Anwendung und Umsetzung von For-
schungsergebnissen aus der Grundlagenforschung im Vorfeld unternehmerischer Forschung. Der
Transfer des anwendungsorientiert aufbereiteten Wissens in die Wirtschaft erfolgt unter Beteili-
gung von Unternehmen über Auftragsforschungsprojekte oder Spin-Off-Gründung. 2014 wurden
für 17 neue Studios (9 zum Schwerpunkt »Ökoinnovationen«, 8 zu »Life Sciences & Medizintech-
nologie«) insgesamt Fördermittel in der Höhe von 15,8 Mio. € vergeben. 2015 wird eine weitere
Ausschreibung mit einem geplanten Fördervolumen von 10 Mio. € stattfinden, wobei als Schwer-
punkt u.a. »Technologien für Industrie 4.0« vorgesehen sind.
COMET
Das Kompetenz- und Exzellenzprogramm COMET ist das größte Innovationsprogramm des Bundes.
In der Förderperiode 2014 wurden 21 COMET-Zentren und 24 K-Projekte gefördert, wobei auslau-
fende Zentren und Projekte durch die 2014 erfolgte Genehmigung von 11 neuen K-Projekten und
10 neuen K1-Zentren mit einem Fördervolumen von 75,3 Mio. € ersetzt wurden. Darüber hinaus
wurden zwei bestehende K2-Zentren um weitere 5 Jahre verlängert und ein Fördervolumen von
19,4 Mio. € zugesagt. Als wesentlich ist die Verbesserung der Förderbedingungen für K1-Zentren
hervorzuheben. Unter anderem wurde die Laufzeit von sieben auf acht Jahre verlängert und die
Bundesförderung von 1,5 Mio. € auf maximal 1,7 Mio. € je Zentrum und Jahr erhöht. Im Jahr 2015
startet in diesem Format neuerlich eine Ausschreibung mit einem Fördervolumen von rund 47
Mio. € für K1-Zentren, die Förderentscheidung erfolgt im Sommer 2016. Eine Neuausrichtung für
die 2017 auslaufenden K2-Zentren wird bereits vorbereitet. Wichtig ist es, dass in den K2-Zentren
auch zukünftig internationale Spitzenforschung u.a. in industriellen Schlüsseltechnologien betrie-
ben wird und die Forschungsarbeiten klar an den Bedürfnissen der Industrie ausgerichtet sind.
EU und Internationales
Horizon 2020 wurde im Wirtschaftsbericht 2014 umfassend dargestellt. Nach Vorliegen der Er-
gebnisse mit Stand März 2015 wurden 492 österreichische Beteiligungen in 359 Projekten zur
Förderung ausgewählt. Somit liegt die Erfolgsrate für österreichische Beteiligungen bei 18,4%
und damit über der EU-weiten Erfolgsrate in Höhe von 16,9%. Auf österreichische Unternehmen
entfallen 162 Beteiligungen, was einen Anteil von 32,9% ausmacht. Insgesamt entfallen auf öster-
reichische Forschungsorganisationen und Unternehmen 190 Mio. € an Förderzusagen, was einen
Anteil von 2,9% an den bisher im Rahmen von Horizon 2020 erfolgten Förderzusagen bedeutet.
Durch Horizon 2020 wird auch die gemeinsame Programmplanung der Mitgliedstaaten (Joint
Programming) forciert. Im Rahmen von Joint Programming Initiativen werden strategische For-
schungs- und Innovationspläne zu großen gesellschaftlichen Herausforderungen entwickelt. Sie
folgen einem integrierenden Ansatz und richten sich an Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft,
Politik und Gesellschaft. Die Umsetzung erfolgt durch verschiedene gemeinsame Aktivitäten und
Fördermaßnahmen. Derzeit laufen 10 Initiativen, von denen Österreich an 7 beteiligt ist.
Im Rahmen der KIC Ausschreibung für Rohstoffe hat sich erstmals ein Konsortium mit öster-
reichischer Beteiligung (unter der Leitung der Montanuniversität Leoben) erfolgreich beworben.
Dabei wird eine Rohstoff-Strategie für Ost- und Südosteuropa entwickelt und umgesetzt. Von die-
sem ausgehend werden u.a. Rohstoff-Forschungsprojekte initiiert und neue Ausbildungsprogram-
me eingerichtet. Die Region verfügt über wichtige kritische Rohstoffe, für deren wirtschaftliche
Nutzung vor allem im Bereich der Exploration, des Abbaus, der Aufbereitung und der metallurgi-
schen Verarbeitung Lösungen gesucht werden.
3.6. Forschung, Technologie und Innovation stärken Wirtschaftsbericht Österreich 2015
71
3.7. Internationaler Handel Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.7. Internationaler Handel
Gemäß Prognose des WIFO sollen die Warenexporte 2015 real um 3,0% steigen, 2016 wird ein Zu-
wachs von 4,0% prognostiziert (IHS: 3,0% bzw. 5,5%). Der Leistungsbilanzsaldo wird vom WIFO
für 2015 und 2016 auf 0,9% des BIP geschätzt.
Freihandels- und Investitionsabkommen der Europäischen Union
Als kleine und offene Volkswirtschaft mit einer Exportquote von fast 60% sind qualitativ hochwer-
tig ausgestaltete Freihandelsabkommen der EU von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für
Österreich, da diese österreichischen Unternehmen einen verbesserten Marktzugang sowie eine
Diversifizierung ihrer Exporte ermöglichen. Die Europäische Union führt seit einigen Jahren mit
einer Reihe von wichtigen Handelspartnern Verhandlungen über Freihandels- und Investitionsab-
kommen. Zu den umfassendsten und bedeutendsten Verhandlungen der EU zählen jene mit den
USA über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Die seit Juli 2013
geführten Verhandlungen haben eine verstärkte Öffnung der Märkte, sowohl in der Europäischen
Union als auch in den USA, durch den Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen
im transatlantischen Handel zum Ziel. Mit Hilfe eines starken transatlantischen Wirtschaftsraums
wird es der EU und den USA gelingen, globale Standards für den Welthandel zu setzen und somit
unsere gewohnt hohen Standards gegenüber dem Wettbewerb aus dem transpazifischen Raum
zu etablieren. Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission zur
Ausgestaltung der Investitionsschutzbestimmungen, insbesondere bezüglich Mechanismen der
Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS), wurden im Jänner 2015 präsentiert. In Reaktion auf die
überwiegend kritischen Eingaben, die eine hohe Skepsis gegenüber dem bestehenden System
insbesondere auch in Österreich erkennen ließen, legte die Kommission im Mai 2015 Vorschläge
für einen reformierten Investitionsschutz in TTIP und potentiell anderen künftigen EU-Abkommen
vor. Eine Entscheidung über eine modifizierte Verhandlungsposition gegenüber den USA wird für
Herbst 2015 erwartet. Österreich fordert ein qualitativ gut gemachtes Abkommen und betont,
dass es sich bei TTIP nicht um ein isoliertes Abkommen, sondern um ein Element einer breiten
EU-Wettbewerbsstrategie und um ein mögliches Modell für zukünftige EU-Handels- und Investiti-
onsabkommen handelt.
EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation
Die außenpolitische Auseinandersetzung zwischen der EU und der Russischen Föderation haben im
Vorjahr auch die österreichische Außenwirtschaft geprägt. Direkt betroffen von Sanktionen und
Gegenmaßnahmen sind in Österreich Dual Use Güter, Verteidigungsgüter, sanktionierte Agrargü-
ter sowie der Technologiebereich für die Ölindustrie (Maschinenbau, Metallindustrie). Die spürba-
ren negativen volkswirtschaftlichen Effekte resultieren aus einer generellen Verschlechterung der
Wirtschaftsbeziehungen sowie der Abnahme von Zulieferleistungen österreichischer Unterneh-
men. Um den Auswirkungen der Sanktionen auf die heimische Exportwirtschaft gegenzusteuern,
wurden einige Abfederungsmaßnahmen getroffen: Die Internationalisierungs-Offensive wurde bis
Ende 2015 um 2,5 Mio. € aufgestockt. Damit werden Russland- und Ukraine-Exporteure, die durch
Sanktionen und politische Maßnahmen beeinträchtigt werden, bei der Suche und Erschließung von
Ersatz- und Ausweichmärkten unterstützt. Als weitere Maßnahmen hat die Förderbank aws ihre
Garantieinstrumente erweitert. Mit den neuen Überbrückungsgarantien soll eine Existenzgefähr-
dung betroffener Unternehmen verhindert und eine Neuausrichtung ermöglicht werden. Zusätz-
lich stehen Instrumente wie die Kurzarbeit und Arbeitsstiftungen bereit.
72
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen
Klima- und Energiepolitik
Klimaschutz als globale Herausforderung
Abgeleitet von den Empfehlungen des Intergovernmental Panel on Climate Change müssten – um
das 2° Ziel zu erreichen – die globalen Emissionen bis 2050 um 50% und die Emissionen aller
Industrieländer um 80–95% sinken. Laut Internationaler Energieagentur verursachen die USA
und China rund 40% der weltweiten CO2-Emissionen. Hingegen ist Europa nur noch für 11% der
globalen CO2-Emissionen verantwortlich – Tendenz sinkend. Um die gesetzten Ziele zu erreichen
braucht es daher globale Anstrengungen, auch der aufstrebenden Schwellenländer.
CO2 Ausstoß in t pro Kopf CO2 Ausstoß in kg pro BIP-Einheit der größten Emittenten in USD der größten EmittentenQuelle: IEA, World Energy Statistics 2014 Quelle: IEA, World Energy Statistics 2014
Im Dezember 2015 wird in Paris anlässlich der 21. Vertragsstaatenkonferenz unter der UN Klima-
Rahmenkonvention ein neuer Anlauf genommen, die wichtigsten Wirtschaftsräume in ein globales
Abkommen einzubinden. Alle Vertragsstaaten wurden aufgerufen, bis Ende des ersten Quartals
2015 ihre Vorstellungen zur Zielausgestaltung vorzulegen. Bis Anfang Juni haben neben der EU,
der Schweiz, Norwegen, Mexiko, USA, Gabun, Russland, Liechtenstein und Andorra auch Kanada
seine indikativen Beiträge bekannt gegeben. Die EU hat ein Zielangebot von zumindest -40%
Treibhausgas-Emissionsreduktion bis 2030 gegenüber 1990 unterbreitet.
Europäische Klima- und Energiepolitik von 2020 bis 2030
Beim Europäischen Rat im Oktober 2014 wurde der Rahmen für eine Klima- und Energiepolitik bis
2030 beschlossen. Dabei wurden folgende Ziele festgelegt:
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
0 0
4 0,4
2 0,2
8 0,8
6 0,6
12 1,2
10 1
16 1,6
14 1,4
20 2
18 1,8
US
A
Japan
EU
Chin
a
Indie
n
Chin
a
Indie
n
US
A
Japan
EU
Welt
73
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
• Reduktion der Treibhausgas-Emission um mindestens 40% im Vergleich zu 1990, wobei
die Zielerreichung möglichst kostenwirksam erfolgen muss. Es wird auch weiterhin
Maßnahmen zum Schutz vor Carbon Leakage geben, um die Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie sicherzustellen.
• ein EU-weites Ziel von einem Anteil von mindestens 27% im Bereich Erneuerbare Energien
sowie
• ein EU-weites indikatives Ziel von 27% Energieeffizienz.
Der Emissionshandelssektor wird auch weiterhin den größten Beitrag zur Erreichung des
40%-Klimaziels leisten. Er muss seine Emissionen bis 2030 um 43% gegenüber 2005 verrin-
gern, was eine Anpassung des jährlichen linearen Reduktionsfaktors auf 2,2% ab 2021 erfordern
wird. Gleichzeitig hat der Europäische Rat auch klar gemacht, dass die exportexponierte Indus-
trie weiterhin »Carbon Leakage Schutz« – die Verhinderung der Abwanderung von Unternehmen
aufgrund von zu hohen Kosten für CO2 Zertifikate – durch Gratiszertifikate (bemessen an ambi-
tionierten Benchmarks) erhalten soll und künftige Zuteilungen der Gratiszertifikate stärker an
das sich ändernde Produktionsniveau in verschiedenen Sektoren angepasst werden sollen. Die
Gesamtrevision der Emissionshandelsrichtlinie wird eine Anpassung der Carbon Leakage Rege-
lungen vorsehen und soll im 2. Halbjahr 2015 seitens der Europäischen Kommission vorgelegt
werden.
Zur Erreichung dieser Ziele wurde vereinbart, ein zuverlässiges und transparentes Governance
System zu entwickeln, das bestehende Berichtspflichten im Bereich Klima und Energie strafft
und zusammenführt. Zudem soll anhand der Überwachung von Schlüsselindikatoren die Rolle
der Verbraucher und Verbraucherinnen sowie die Investitionssicherheit gestärkt werden. Weiters
wurde zur Stärkung des europäischen Energiebinnenmarktes ein Mindestziel von 10% bis 2020
bzw. 15% bis 2030 bei den Stromverbindungen beschlossen. Dieses soll in erster Linie durch die
Umsetzung der Infrastrukturprojekte von Gemeinsamem Europäischen Interesse erreicht werden.
Ebenso sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit getroffen werden, u.a. im
Bereich der Energieaußenpolitik. Bei der Erarbeitung von nationalen Strategien für den Klima- und
Energiebereich mit Zeithorizont 2030 werden die EU-Vorgaben zu berücksichtigen sein.
Energieeffizienzgesetz
Wesentliches Ziel des Energieeffizienzgesetzes, das im Jänner 2015 in Kraft getreten ist, ist die
Umsetzung der Richtlinie über Energieeffizienz und die damit in enger Verbindung stehende Forcie-
rung von Energieeffizienzmaßnahmen (20% Energieeffizienzverbesserung bis 2020). Mittelbar soll
jedoch auch die Versorgungssicherheit durch geringere Energieimporte verbessert, der Anteil
erneuerbarer Energien im Energiemix erhöht und eine Reduktion von Treibhausgasemissionen
erzielt werden. Das Energieeffizienzgesetz soll durch den effizienteren Energieeinsatz eine Verbes-
serung des Input-Output-Verhältnisses herbeiführen und ein Bewusstsein für die Notwendigkeit
des effizienten Einsatzes von Energie schaffen. Auf diese Weise sind nicht nur erhebliche Energie-
und Kosteneinsparpotentiale zu realisieren, die Verbesserung der Energieeffizienz hat auch posi-
tive Auswirkungen auf die Umwelt. Österreich verpflichtet sich im Rahmen dieses Gesetzes bis
2020 zur Erreichung eines kumulativen Endenergieeffizienzziels in der Höhe von 310 PJ. Dieser
Zielzustand wird über die Lieferantenverpflichtung und über sogenannte strategische Energieef-
fizienzmaßnahmen (Maßnahmen wie z.B. die Wohnbauförderung oder die thermische Sanierung)
erreicht. Ferner wurde im Energieeffizienzgesetz ein österreichischer Endenergieeffizienzricht-
wert für das Jahr 2020 in Höhe von 1.050 PJ normiert.
74
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Energielieferanten haben, sofern sie 25 GWh oder mehr an österreichische Endenergieverbrau-
cher absetzen, die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren eigenen oder fremden
Endkunden im Umfang von 0,6% ihrer Vorjahresenergieabsätze nachzuweisen. Entscheidend ist
also, dass eine Maßnahme gesetzt wurde, die das Input-Output-Verhältnis (z.B. eines Gerätes
oder Prozesses) verbessert und dem Energielieferanten auch mittels Nachweis zurechenbar ist.
Es werden damit weder Unternehmen dazu gezwungen, ihre Produktion einzuschränken, noch
werden Lieferanten dazu verpflichtet, ihren Energieabsatz an Endkunden zu reduzieren. Erfüllen
die Energielieferanten ihre Verpflichtung nicht selbst oder mittels Direktvergabe oder Ausschrei-
bung der Maßnahmen, so können sie alternativ auch eine Ausgleichszahlung mit schuldbefrei-
ender Wirkung leisten, die in einen Topf zur Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen fließt.
Das Einhalten dieser Verpflichtung wird von einer nationalen Energieeffizienzmonitoringstelle
überprüft. Große (energieverbrauchende) Unternehmen werden verpflichtet, ein Energiemanage-
mentsystem (EMS) zu implementieren oder alle vier Jahre ein Energieaudit (EA) durchzuführen.
Eine Verpflichtung, die Maßnahmen auch umzusetzen, die auf Basis eines EMS oder EA empfohlen
werden, besteht nicht.
Der Bund hat 3% jener Gebäudefläche zu sanieren, die in sein Eigentum fallen und auch von ihm
genutzt werden. Der Bund muss sich hierbei aber nicht auf thermische Sanierungsmaßnahmen
beschränken. Auch Verbesserungen im Bereich Facility Management, Verhaltensänderungen
der Gebäudenutzer, Einsparungen durch Energieeinsparcontracting etc. sind zulässig. Damit ist
sichergestellt, dass die Vorgabe auf die effizienteste und kostengünstigste Weise erreicht wird.
Ökostromgesetz
Das Ökostromgesetz 2012 sieht eine Förderzuwachsdeckelung von 50 Mio. € vor, wobei aufgrund
der im Ökostromgesetz 2012 festgelegten automatischen Degression der Fördersumme um 1
Mio. € pro Jahr im Jahr 2015 ein Kontingent von insgesamt 46 Mio. € für neu hinzukommende
Ökostromanlagen zur Verfügung steht. Derzeit werden rund 650 Mio. € an jährlichen Beihilfen für
die Erzeugung von Ökostrom ausgeschüttet. Das Ökostromgesetz 2012 basiert in Bezug auf die
Vergabe von Betriebsbeihilfen auf den damals gültigen Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche
Umweltschutzhilfen. Am 9. April 2014 verabschiedete die Europäische Kommission neue Leitli-
nien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen für den Zeitraum 2014–2020. Eine allfäl-
lige Weiterentwicklung des in Österreich gut etablierten und bewährten Ökostromsystems sowie
die Anpassung an die Bedürfnisse aller Marktteilnehmer und -teilnehmerinnen bedarf vor dem
Hintergrund einer möglicherweise erforderlichen Gesamtanpassung des Ökostromgesetzes 2012
an diese neuen Leitlinien einer genauen Abwägung.
Energieunion
Die Energieunion soll einen politikfeldübergreifenden, strategischen Rahmen für die Neuausrich-
tung der Energiepolitik auf EU- und nationaler Ebene schaffen, mit den Zielen Sicherung der Ener-
gieversorgung, Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, sozial verträgliche
und leistbare Energiepreise sowie Reduktion des Energiebedarfes durch Effizienzmaßnahmen –
bei Umsetzung der Klima- und Energieziele 2030. Gleichzeitig gilt es, Maßnahmen gegen ein
drohendes »carbon leakage« zu setzen und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken.
Die Energieunion gehört zu den Leitinitiativen von EK-Präsident Jean Claude Juncker und beruht
inhaltlich auf fünf miteinander verbundenen Dimensionen:
• Sicherheit der Energieversorgung, Solidarität und Vertrauen,
• ein vollständig integrierter europäischer Energiemarkt,
75
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
• Energieeffizienz als Beitrag zur Senkung der Nachfrage,
• Verringerung der CO2-Emissionen der Wirtschaft,
• Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
Zusammen mit dem Strategischen Rahmen für die Energieunion hat die Europäische Kommission
einen Aktionsplan Energieunion, eine »Roadmap to Paris« für die COP 21-Konferenz sowie eine
Mitteilung zur Erreichung der Interkonnektivitätsziele vorgelegt, die bei den Energieministerräten
und dem Europäischen Rat erörtert werden.
Elektromobilität In und Aus Österreich
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die großen Potenziale für Elektromobilität in und
aus Österreich aus umweltpolitischer als auch wirtschaftspolitischer Sicht bestmöglich zu nutzen.
Bei der Implementierung des Umsetzungsplans »Elektromobilität in und aus Österreich« sind
schon wesentliche Fortschritte erzielt worden (siehe auch Wirtschaftsbericht 2014).
Im Oktober 2014 wurde eine neue Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates erlassen,
die einen gemeinsamen Rahmen für Maßnahmen zum Aufbau einer Infrastruktur für alter-
native Kraftstoffe fördern soll. Die Richtlinie schafft gemeinsame technische Spezifikationen
für Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, Erdgas- und Wasserstofftankstellen und verpflichtet alle
Mitgliedstaaten, bis November 2016 einen nationalen Strategierahmen im Sinne eines weiteren
Infrastrukturaufbaus und Erhöhung der Planungssicherheit für Investoren zu entwickeln. Bei der
Umsetzung der Richtlinie in Österreich wird eine gute Einbindung in bestehende verkehrliche
Strategien, die Schaffung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen für den Aufbau der Infrastruktur
und die Schaffung eines zentralen Registers, welches Informationen zu öffentlich zugänglicher
Infrastruktur bereitstellt, angestrebt.
Die Modellregionen E-Mobilität mit Strom aus erneuerbaren Energien werden im Rahmen des
Klima- und Energiefonds gefördert. Die sieben Modellregionen (VLOTTE/Vorarlberg; ElectroDrive/
Salzburg; e-mobility/Graz, E-mobility on demand/Wien, e-mobility/Post; eLOG/Klagenfurt) mit
unterschiedlichen E-Mobilitätskonzepten und Zielsetzungen, u.a. der Integration mit Öffentlichem
Verkehr und e-Logistik, schaffen wesentliche Erkenntnisse für die Alltagstauglichkeit und die
breite Markteinführung der Elektromobilität in Österreich.
Das Programm klimaaktiv mobil unterstützt Gemeinden, Betriebe, Verbände und Vereine bei
der Umrüstung der Fuhrparks auf umweltfreundliche Fahrzeuge und alternative Antriebe, insbe-
sondere Elektrofahrzeuge mit erneuerbarer Energie. Im Jahr 2014 wurden mehr als 1.800 Elekt-
rofahrzeuge (vorwiegend E-Fahrräder und E-Scooter sowie E-PKW und leichte E-Nutzfahrzeuge)
gefördert. Mit der Fördersumme von rund 2,6 Mio. € wurden Investitionen von rund 17,3 Mio. €
ausgelöst und etwa 190 Beschäftigungsverhältnisse geschaffen bzw. gesichert.
Im Rahmen des neu gestarteten Programms »E-Mobilität für alle: Urbane Elektromobilität«,
welches auf die Umsetzung von E-Taxi- und E-Car-Sharing Systemen in Ballungsräumen mit
mindestens 50.000 Einwohnern und Einwohnerinnen abzielt und damit den Ansatz »nutzen statt
besitzen« stärkt, wurden vier Machbarkeitsstudien in Wien, Graz, Klagenfurt und dem Wiener
Umland gefördert. Ab 2015 werden in maximal zwei urbanen Ballungsräumen großflächige Umset-
zungsprojekte, die E-Taxis und E-Car-Sharing Systeme einführen, gefördert.
Mit der Neuausrichtung des Technologieprogramms »Leuchttürme der Elektromobilität«
wurden erstmals eine strategische Perspektive über mehrere Jahre (2014-18) festgelegt sowie
76
3.8. Ressourcen nachhaltig nutzen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
klare verkehrs- und technologiepolitische Zielsetzungen fixiert. Ausschreibungsschwerpunkt der
Leuchttürme im Jahr 2015 sind Low-Emission Electric Fleets, womit der Einsatz elektrischer Fahr-
zeuge in Flotten wesentlich beschleunigt werden soll. Ein besonderes Anliegen ist die Einbezie-
hung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie von Start-Ups. Erstmals wird es daher im Herbst
einen Start-up Wettbewerb geben. Die Ausschreibung der Studie zu intelligenten Produktions-
technologien dient zur Vorbereitung des Leuchtturm-Ausschreibungsschwerpunktes 2016: Low-
Emission/Low Cost Industrial Production for Electromobility. Das Forschungsprogramm Mobilität
der Zukunft wird 2015 wieder einen Schwerpunkt bei alternativen Antriebstechnologien setzen.
77
3.9. Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.9. Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen
Nach der Finalisierung der zentralen Rechtsakte zur Schaffung einer Bankenunion lag der Fokus
nun auf der Implementierung sowie der Verabschiedung der delegierten Rechtsakte. Im Vorfeld
der Übernahme der operativen Aufsichtsverantwortung durch die Europäische Zentralbank
(EZB) am 4. November 2014 wurden alle von der EZB zukünftig direkt beaufsichtigten Banken
umfassend geprüft. Die Durchführung dieses Comprehensive Assessment, bestehend aus einem
»asset quality review« und einem Stress Test, war angesichts der hohen Prüfungsstandards
eine große Herausforderung. Das Ergebnis ist weitgehend positiv ausgefallen, da Bilanzprüfung
und der Stresstest viele Institute im Vorhinein motivierte, ihre Kapitalausstattung quantitativ
und qualitativ deutlich zu verbessern. Darüber hinaus wurde die Transparenz der Finanzberichte
erheblich gesteigert. In Österreich waren insgesamt sechs Bankengruppen betroffen. Was die
Implementierung des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM) betrifft, wurde auf EU-Ebene
der implementierende Rechtsakt für die Berechnung der Beitragsleistungen der Banken zum
Einheitlichen Abwicklungsfonds verabschiedet. Weiters nahm das Europäische Abwicklungsgremium
(Single Resolution Board) mit 1. Jänner 2015 seine Tätigkeit auf.
Auf nationaler Ebene wurde mit dem Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von
Banken ein gesetzlicher Rahmen für ein wirksames Krisenmanagement bei Kreditinstituten
geschaffen, der mit 1. Jänner 2015 in Kraft getreten ist und die Richtlinie zur Sanierung und
Abwicklung der Banken und Wertpapierunternehmen (BRRD) umsetzt. Ziel ist die rasche und
effiziente Stabilisierung von ausfallgefährdeten Banken, wobei vermieden werden soll, öffentliche
Mittel für die Stabilisierung von Banken aufwenden zu müssen. Um im Falle eines Ausfalls
einer Bank eine geordnete Abwicklung durchführen und die Finanzmarktstabilität wahren zu
können, sind weitreichende Befugnisse vorgesehen, die von der FMA als Abwicklungsbehörde
ausgeübt werden. Um die operative Unabhängigkeit der Abwicklungstätigkeit sicherzustellen und
Interessenskonflikte zwischen der Abwicklungsfunktion und den anderen Aufsichtsfunktionen
der FMA auszuschließen, wurden organisatorische Vorkehrungen getroffen. Die Oesterreichische
Nationalbank wird mit der FMA in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde eng zusammenarbeiten.
In Umsetzung der 2014 beschlossenen EU-Richtlinie zur Einlagensicherung kommt es
2015 zu Verbesserungen des bestehenden Sicherungssystems. Schon jetzt sind Einlagen EU-
weit bis zu einer Höhe von 100.000 € gesichert. Mit der Überarbeitung der Richtlinie wird die
Information der Einleger und Einlegerinnen weiter verbessert und die Geltendmachung von
Ansprüchen im Sicherungsfall erleichtert. Im Sicherungsfall werden Ansprüche antragslos
ausbezahlt und die Auszahlungsfristen verkürzt. Auszahlungen erfolgen nunmehr aus finanziellen
Mitteln der Banken, ohne dass eine Inanspruchnahme von Bundesmitteln vorgesehen ist;
eine Garantiezusage der Republik für Kredite bei großen Sicherungsfällen ist aber nicht
ausgeschlossen. Ein Einlagensicherungsfonds, der mit finanziellen Mitteln der Banken dotiert
wird, soll die Finanzierungskapazität des Einlagensicherungssystems zusätzlich zu den schon jetzt
vorgesehenen Zahlungsverpflichtungen der Banken im Anlassfall verbessern. Zur Wahrung der
Finanzmarktstabilität in Sicherungsfällen wird zudem die Information über die Österreichische
Einlagensicherung durch Transparenzverpflichtungen und Informationen bei Kontoeröffnung
weiter verbessert.
Seit Mai 2014 laufen die Verhandlungen zum EK-Verordnungs-Vorschlag betreffend strukturelle
Maßnahmen zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit europäischer Kreditinstitute, »Verordnung
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zur Bankenstrukturreform«. Der Vorschlag sieht für systemisch relevante Banken ein Verbot
des Eigenhandels sowie eine Auslagerung weiterer Handelstätigkeiten in eine eigene Gesellschaft
vor, falls diese Tätigkeiten gewisse Schwellenwerte überschreiten. Die lettische Präsidentschaft
plant den Abschluss der Verhandlungen zu diesem Dossier im Rat bis zum Sommer 2015.
Im Bereich des Europäischen Zahlungsverkehrs gibt es zwei Regulierungsinitiativen, die das
Ziel haben, den Europäischen Zahlungsverkehrsmarkt effizienter zu gestalten: Die Richtlinie
über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (PSD 2) baut den 2007 durch die PSD 1 geschaffenen
Rechtsrahmen weiter aus. Dieser dient der umfassenden Integration des europäischen Marktes
für Massenzahlungen und legt einheitliche Bedingungen und Rechte für Zahlungsdienste fest.
Es werden gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für sämtliche Zahlungsdienstleister geschaffen,
sowie innovative Dienste für Karten- und Internetzahlungen und der mobile Zahlungsverkehr
erleichtert. Auch die Rechte der Verbraucher und Verbraucherinnen werden weiter gestärkt.
Aufgrund der 2-jährigen Umsetzungsfrist der Richtlinie treten diese Neuerungen voraussichtlich
Ende 2017 in Kraft. Mit der Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene
Zahlungsvorgänge (MIF-VO) sollen Interbankenentgelte, die zwischen Acquirern (Abrechnern von
Zahlungskarten) und Kartenemittenten angewandt werden und von der Europäischen Kommission
als großes Hindernis für einen funktionierenden Binnenmarkt für Kartenzahlungen erachtet
werden, gedeckelt werden. Gleichzeitig werden einheitliche Anforderungen für Transaktionen mit
Debit- oder Kreditkarte festgelegt. Die neuen Höchstbeträge für Interbankenentgelte kommen
bereits sechs Monate nach Inkrafttreten der Verordnung und damit voraussichtlich noch Ende
2015 zur Anwendung.
Das neue risikobasierte Aufsichtssystem für Versicherungsunternehmen, Solvabilität II, wird mit
dem Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 umgesetzt, das mit 1. Jänner 2016 in Kraft tritt.
Die betroffenen Unternehmen wurden im Vorfeld zur Vorbereitung auf Solvabilität II verpflichtet
und haben damit den Anforderungen beim Mindestkapital, dem Risikomanagement und den
Berichtspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit zu genügen. Die
entsprechende Gesetzesnovelle ist die rechtliche Grundlage für die Anwendung der Leitlinien der
Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen (EIOPA), welche Vorgaben für die
Vorbereitung der Versicherungsunternehmen auf Solvabilität II enthalten.
Durch die Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für
Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte soll es zu einer strukturierten Information
von Anlegern über unterschiedliche Anlageprodukte durch ein kurzes, konzises Kunden-
informationsdokument (»KID«) kommen. Damit soll die Transparenz für Kleinanleger und
Kleinanlegerinnen und somit deren Vertrauen in Anlageprodukte gestärkt werden. Das
Informationsblatt bezieht sich auf »verpackte« Produkte (Packaged Retail and Insurance-based
Investment Products = PRIIPs), d.h. auf Produkte, bei denen verschiedene Vermögenswerte
kombiniert, ummantelt oder gebündelt werden. Die entsprechende Verordnung wurde am 9.
Dezember 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt ab 31. Dezember
2016.
Die EK hat im September 2013 einen Verordnungsvorschlag über Indizes, die bei Finanz-
instrumenten und Finanzkontrakten als Benchmark verwendet werden (BenchmarkVO),
vorgelegt. Ziel der Initiative ist, nach der Manipulation von LIBOR und EURIBOR das Vertrauen in
die Integrität von Benchmarks wiederherzustellen, indem die Kontrolle beim Benchmark-Prozess,
sowie die Qualität der verwendeten Eingabedaten und Methoden verbessert werden. Durchaus
realistisch erscheint, dass die Verordnung noch 2015 veröffentlicht werden kann. Konsequenz
der Benchmark-VO ist, dass die OeKB mit 1.4.2015 sämtliche Sekundärmarktrenditen nicht mehr
3.9. Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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3.9. Stabile Rahmenbedingungen für den Kapitalmarkt schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
berechnet und zur Verfügung stellt, da ihre Berechnung den strengen Anforderungen dieser VO nicht
mehr entsprechen. Deshalb trat mit 1.1.2015 das UDRBG (Umlaufgewichtete Durchschnittsrendite
Bund Gesetz) in Kraft, das die OeNB verpflichtet, die UDRB für die Emittentengruppen Bund,
Inländischen Nichtbanken, Inländischen Emittenten und Emittenten Gesamt zu berechnen und zu
veröffentlichen.
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3.10. Die Infrastruktur auf die Zukunft ausrichten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.10. Die Infrastruktur auf die Zukunft ausrichten
Investitionen in die Bundesverkehrsinfrastruktur
Im aktuellen Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums belegt Österreich im
Bereich Qualität der Infrastruktur den 7. Platz von 144, wobei u.a. die Qualität der Schieneninfra-
struktur (11. Platz) und der Straßeninfrastruktur (3. Platz) hervorsticht.
Das Infrastruktur-Investitionsprogramm der ASFINAG umfasst Investitionen in das Bestandsnetz
(bauliche Erhaltung, Tunnelsicherheit, Verkehrstelematik, Lärmschutz, Rastplätze etc.), die zü-
gige Umsetzung der bereits in Bau befindlichen Projekte sowie ein bedarfsgerechtes Neu- und
Ausbauprogramm. Die ASFINAG wird in den Jahren 2015 bis 2020 gemäß ASFINAG-Infrastruktur-
Investitionsprogramm rund 7,2 Mrd. € in den Neubau und die Erhaltung des hochrangigen Stra-
ßennetzes (Autobahnen und Schnellstraßen) in Österreich investieren.
Investitionen der ASFINAG in Mio. €
2015 2016 2017 2018 2019 2020
1.052 1.257 1.311 1.308 1.167 1.081
Im ÖBB-Rahmenplan 2014–2019 ist für die 6-jährige Rahmenplanperiode ein Gesamtinvestitions-
volumen (zahlungswirksame Finanzmittel) von rund 13,2 Mrd. € vorgesehen (inkl. des österreichi-
schen Anteils des Brennerbasistunnels).
Investitionen gemäß ÖBB-Rahmenplan 2015–2019 in Mio. € (zahlungswirksame Finanzmittel inkl. Brenner Basistunnel)
2015 2016 2017 2018 2019
2.054 2.279 2.440 2.225 2.379
Laut einer Studie der Industrieellenvereinigung zum ökonomischen Fußabdruck des Systems Bahn
folgen aus einer einmaligen Investition in die Schieneninfrastruktur in der Höhe von 1 Mrd. € (und
der zur Werterhaltung der Infrastruktur notwendigen Folgeinvestitionen) langfristig zusätzliche
Wirtschaftsleistungen von rund 1,5 Mrd. € jährlich. Dies schafft und sichert rund 15.000 Arbeits-
plätze.
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3.10. Die Infrastruktur auf die Zukunft ausrichten Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Bundesimmobilien
Für 2015 plant der BIG Konzern bauliche Investitionen von rund 631 Mio. €. Davon entfallen rund
475 Mio. € auf den Bereich Neubau und Generalsanierung und rund 156 Mio. € auf den Bereich
Instandhaltung. Zusätzlich zu den Investitionen des BIG Konzerns sind 2015 durch die Burghaupt-
mannschaft Österreich rund 32 Mio. € sowie durch die Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebs-
gesmbH, die Schönbrunner TiergartengesmbH und die Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und
BetriebsgesmbH zusammen rund 15,5 Mio. € an Investitionen in die historische Bausubstanz
geplant.
Ausbau der Breitbandnetze
Um Informations- und Kommunikationstechnologien bestmöglich nützen zu können, muss nicht
zuletzt die entsprechende Infrastruktur vorhanden sein. Im Rahmen der »Breitbandstrategie
2020« wurde das Ziel der flächendeckenden Verfügbarkeit von ultraschnellen Breitbandzugängen
mit Datenraten von mindestens 100Mbit/s bis 2020 gesetzt. Mit insgesamt 1 Mrd. € wird 2015
damit begonnen, diese Entwicklung aufbauend auf dem 2014 vorgestellten Masterplan zur Breit-
bandförderung über vier Förderschienen voranzutreiben. Ziel ist es, leistungsstarke Zugangsnet-
ze in der Fläche auszudehnen, die Anbindung von Insellösungen an Kernnetze zu unterstützen
und die Mitverlegung von Leerverrohrungen für Kommunikationsnetze bei laufenden kommuna-
len Tiefbauarbeiten zu erleichtern. Zudem werden gezielt Breitband-basierte Technologien mit
Schwerpunkt auf IKT-Diensten und -Anwendungen gefördert. Gleichzeitig ist es wichtig, auch für
entsprechende Regulierungsmechanismen Sorge zu tragen. Aufgrund der immer größeren Be-
deutung internetbasierter Dienste ist zu klären, unter welchen Bedingungen Dienstanbieter bzw.
Endkunden Zugang zu diesem Medium erhalten. Die Frage der Netzneutralität wird daher auch in
Zukunft ein wesentliches Thema im Bereich Telekom-Regulierung sein. Auch bei der Frequenznut-
zung zeichnen sich Veränderungen ab. So ist absehbar, dass global gesehen ein Teil des derzeit
noch für Rundfunk gewidmeten Bereiches in Zukunft der Telekommunikation gewidmet werden
wird. Mögliche neue europäische Vorgaben müssten dann auch in Österreich entsprechend um-
gesetzt werden.
82
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen
Prognose für den Arbeitsmarkt 2015 und 2016
Nach europäischer Definition schätzen das WIFO und das IHS die Arbeitslosenquoten für die 2015
auf 5,7% (WIFO) und 5,8% (IHS) und für 2016 beide auf 5,8%. In der Einschätzung der Arbeitslo-
senquote nach nationaler Definition ist das IHS optimistischer und geht für beide Jahre von 9,1%
aus. Das WIFO prognostiziert für 2015 eine Arbeitslosenquote von 9,3% und für 2016 von 9,6%.
Das Wachstum der Aktiv-Beschäftigten wird vom IHS 2015 auf 0,8% und für 2016 auf 1,1% ge-
schätzt, während das WIFO von 0,6% (2015) respektive 0,7% (2016) ausgeht.
Arbeitsmarktpolitische Neuerungen
Senkung der Lohnnebenkosten und höhere Beschäftigung von Älteren
Im Zuge des Reformpfads für Pensionen und Arbeitsmarkt werden gleichzeitig mit der Einführung
eines Bonus/Malus-Systems die Lohnnebenkosten (FLAF-Beitrag) gesenkt. Gemeinsam mit den
Sozialpartnern wird dazu bis Sommer 2015 ein Konzept erarbeitet.
Neue Teilpension
Um den Beschäftigten Anreize zu einer längeren Erwerbstätigkeit zu bieten, schafft die Bundesre-
gierung eine Teilpension nach der Logik der Altersteilzeit bis zum Regelpensionsalter (Anhebung
des Anteils der älteren Beschäftigten, damit späterer abschlagsfreier Pensionsantritt). Dabei soll
die wöchentliche Arbeitszeit um 40 bis 60% reduziert werden, sobald der Arbeitnehmer bzw. die
Arbeitnehmerin die Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension erfüllt. Die Beschäftigten
erhalten für die reduzierte Arbeitszeit einen Lohnausgleich durch Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin-
nen, denen die Kosten für den Lohnausgleich voll abgegolten werden. Für die Sozialversicherung
gilt weiterhin die volle Beitragsgrundlage.
Zuwanderung und Anerkennung ausländischer Abschlüsse
Zur Bewältigung der Herausforderungen im Hinblick auf die Migration ist eine umfassende Migrati-
onsstrategie erforderlich. Die Arbeit des mit namhaften Expertinnen und Experten besetzten »Mi-
grationsrats für Österreich« soll dafür eine wichtige Grundlage bilden. In der weiteren Entwicklung
im Bereich der legalen Migration wird dem kriteriengeleiteten Zuwanderungssystem besonderes
Augenmerk zu schenken sein. Dabei wird das Niederlassungswesen auch künftig stark von euro-
parechtlichen Vorgaben geprägt sein.
Für die Anerkennung von ausländischen Berufs- und Bildungsabschlüssen bestehen keine ver-
einheitlichten oder aufeinander abgestimmten Verfahren. Gerade Personen mit Migrationshinter-
grund, die im Ausland eine Ausbildung und Qualifikation erworben haben, müssen oft unterhalb
ihrer Qualifikationen in Österreich arbeiten. Dadurch geht für Österreich ein teils erhebliches
Potenzial verloren. Der Beschluss eines Anerkennungsgesetzes ist bis Herbst 2015 vorgesehen.
Dadurch sollen die Verfahrensprozesse bei der Anerkennung aufeinander abgestimmt und verein-
83
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
facht werden. Ein elektronisches Portal für Anerkennung erleichtert für EU-Bürger und -Bürgerin-
nen sowie Drittstaatsangehörige die Antragsstellung. Verfahrensabläufe werden dadurch ebenso
präzisiert wie der Anwendungskreis. Ebenso können die bereits erfolgreich arbeitenden Anerken-
nungsstellen so abgesichert werden.
Die Bewertung ausländischer Abschlusszeugnisse soll die Einschätzung des Werts im Ausland er-
worbener Schulabschlüsse erleichtern sowie eine grundsätzliche Beurteilung der Vergleichbarkeit
mit einem österreichischen Schulabschluss ermöglichen. Eine Bewertung der ausländischen Zeug-
nisse ist kostenlos. Der Antrag ist unter www.asbb.at einzubringen. Das Bewertungsverfahren ist
im März 2015 online gegangen, nach zwei Monaten sind ca. 300 Anträge eingelangt. Durch die
ausgestellte Bewertung sollen potentielle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen besser einschätzen
können, für welche Qualifikationsanforderungen die Bewerber und Bewerberinnen ausgebildet
wurden. Letzteren soll wiederum der Einstieg in den österreichischen Arbeitsmarkt erleichtert
werden. Die Bewertung unterstützt darüber hinaus die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie
über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.
Berufsausbildung
Novelle des Berufsausbildungsgesetzes
Im Jahr 2015 werden mit einer Novelle des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) wesentliche Vorha-
ben aus dem Regierungsprogramm umgesetzt. Die Novelle passierte am 18. Juni den Nationalrat.
Neue Einstiegs- bzw. Teilqualifikationen im Rahmen der integrativen Berufsausbildung schaffen
ein durchlässigeres System und damit mehr Ausbildungschancen für die Jugend. Gleichzeitig wird
die Zielgruppe, die für diese Ausbildungen in Frage kommt, besser definiert. Niederschwellige
arbeitsmarktrelevante Ausbildungsangebote entsprechen der Initiative »AusBildung bis 18«. Die
Lehre mit Matura wird für Betriebe und Jugendliche noch attraktiver, indem die für die Kurse
zur Berufsreifeprüfung notwendige Zeit das Lehrverhältnis entsprechend verlängert. Das System
»Qualitätsmanagement Lehre« wird gesetzlich verankert, um besser analysieren zu können, wo
die Lehrqualität auf Ebene der Branchen und Regionen verbessert werden kann, um die Erfolgs-
quoten bei der Lehrabschlussprüfung zu steigern.
Großes Lehrberufspaket 2015
Das aktuelle Lehrberufspaket 2015 ist mit insgesamt 18 modernisierten und neuen Lehrberufen
das größte Paket seit den 1980er Jahren: So ermöglicht der neue Lehrberuf »Hotelkaufmann/-
frau« eine spezielle Ausbildung für die Tourismusbranche. Eine neue Ausbildungsordnung erhält
auch der Einzelhandel als zahlenmäßig größter Lehrberuf. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Me-
chatronik, die mit den Modulen Medizingerätetechnik, alternative Antriebe und Robotik aufgewer-
tet wird. In der Labortechnik wird überdies mit Kompetenzchecks, die nach dem Grundmodul ab-
solviert werden können, ein neuer Ansatz zur Unterstützung des Ausbildungsfortschritts erprobt.
Darüber hinaus steht im Lehrberuf Kraftfahrzeugtechnik seit Jänner 2015 ein neues Spezialmodul
(»Hochvolt-Antriebe«) für die Ausbildung an Elektrofahrzeugen zur Verfügung.
84
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Bildungspolitische Reformen
Sprachliche Förderung
Frühe sprachliche Bildung ist eine Investition in die Zukunft. Für die Sprachförderung stellt die
Bundesregierung 20 Mio. € (bis 2017) für die frühe sprachliche Förderung in institutionellen Kin-
derbetreuungseinrichtungen zur Verfügung. Diese Mittel werden von den Ländern mit 10 Mio.
€ ergänzt. Im Schulbereich werden 25 Mio. € jährlich für »Sprachförderung für Außerordentli-
che Schüler und Schülerinnen« zur Verfügung gestellt. Durch Umsetzung einer durchgängigen,
kompetenzorientierten Sprachförderung im Kindergarten und in der Grundschule soll weiters die
Qualität der frühen sprachlichen Bildung sichergestellt und weiterentwickelt werden.
Schulpolitische Schwerpunkte
Um die österreichische Schulverwaltung übersichtlicher zu gestalten, will die Bundesregie-
rung gemeinsam mit den Bundesländern das System grundlegend reformieren. Im Mittelpunkt
der Reform steht die beste Bildung für jedes Kind als Bildungsgarantie. Dafür braucht es den Aus-
bau der Schulautonomie, eine Verbesserung der Transparenz und Qualitätskontrolle sowie klare
Zuständigkeiten und die Steuerung über Gesetzgebung und Ergebniscontrolling durch den Bund.
Eckpunkte für die Reform stehen bereits fest: Den Schulen werden vermehrt Freiräume in päda-
gogischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Aspekten gegeben. Das Bildungsres-
sort des Bundes sorgt für einheitliche Bildungsziele und Bildungsinhalte, Aus-, Fort- und Weiter-
bildung, zielgerichtete und transparente Finanzierung sowie einen einheitlichen Qualitätsrahmen
und prüft die Qualität einzelner Schulen und des gesamten Schulsystems. In den Ländern wird
das regionale Bildungsangebot geplant, die Ressourcen werden bedarfsgerecht an die Schulen
verteilt, und die Schulen in deren Entwicklung zur autonomen Schule begleitet. In der nächsten
Sitzung der Bildungsreformkommission Mitte 2015 wird ein konkreter Fahrplan definiert und erste
Eckpunkte zu Umfang und Detaillierung der Autonomie, zur neuen Verwaltungs- und Finanzie-
rungsstruktur sowie zu notwendigen gesetzlichen Änderungen festgelegt. Eine politische Einigung
auf Basis eines Ministerratsvortrags ist bis zum 17.11.2015 geplant.
Mit dem Schuljahr 2014/15 beträgt der Ausbaugrad der Neuen Mittelschule 95,9% (1.073
Standorte, 7.527 Klassen). Im Schuljahr 2015/16 haben alle Hauptschulen die Entwicklungsar-
beit aufgenommen. Österreichweit gibt es im Schuljahr 2015/16 an 1.118 Standorten ca. 9.003
Klassen (Stand Jänner 2015). Der Vollausbau auf allen Schulstufen ist mit dem Schuljahr 2018/19
abgeschlossen. Zur Umsetzung des pädagogischen Konzeptes der Neuen Mittelschule (Stichwor-
te Individualisierung, Differenzierung, inklusive Pädagogik, Begabungs- und Begabtenförderung,
Teamteaching) stellt der Bund derzeit sechs Lehrpersonenstunden pro Klasse – derzeit einge-
schränkt auf die Gegenstände Deutsch, Mathematik, Lebende Fremdsprache – zur Verfügung.
Diese Reglementierung, eingeschränkt auf drei Gegenstände, engt die Schulstandorte in ihrem
pädagogischen Handlungsspielraum und Wirken ein. Mit den gesetzlichen Änderungen, die im Mai
2015 im Parlament beschlossen wurden, wird die Einsatzmöglichkeit der zusätzlich zur Verfügung
gestellten Lehrpersonalressourcen auch auf (schulautonome) Schwerpunktfächer ausgeweitet und
damit den standortbezogenen Lehr- und Lernbedürfnissen besser entsprochen werden können.
Die Strategie zur Umsetzung der inklusiven Bildung ist vor allem darauf ausgerichtet, dass
bei allen Maßnahmen die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen und
dass die Qualität der pädagogischen Förderung kontinuierlich verbessert wird. Hierfür sollen in
Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Inklusive Modellregionen eingerichtet
und bis 2020 Inklusive Bildung flächendeckend umgesetzt werden. In den Modellregionen wird
85
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
die Entwicklung einer gemeinsamen Schule für alle erprobt, sodass eine Segregation nach son-
derpädagogischem Förderbedarf, Sprachdefiziten sowie Entwicklungsstand aufgehoben wird. Ziel
ist es, in allen Bildungseinrichtungen von Kindergärten über Schulen bis zur beruflichen Bildung
durch begleitende Beobachtung und individuelle und bedarfsgerechte Förderung die Bildungs-
und Entwicklungspotenziale aller Kinder und Jugendlichen in höchstem Ausmaß anzusprechen. Im
Schuljahr 2015/16 nehmen die Inklusiven Modellregionen in der Steiermark, Kärnten und in Tirol
den Betrieb auf.
Tertiäre Bildung
Als Instrument im Kontext einer neuen kapazitätsorientierten und studierendenbezogenen Univer-
sitätsfinanzierung konzipiert, ist ein gesamtösterreichischer Universitätsentwicklungsplan
als umfassendes neues Planungsinstrument vorgesehen. Die quantitativen Größen, die künftig als
(Berechnungs-)Basis der neuen Universitätsfinanzierung dienen sollen, werden im gesamtöster-
reichischen Universitätsentwicklungsplan in einen bildungs-, wissenschafts- und forschungspoli-
tischen Gesamtkontext gesetzt. Künftig sollen daraus die Handlungsstränge für den Universitäts-
bereich abgeleitet und die Leitlinien für den Ausbau des Universitätswesens für einen Zeitraum
von sechs Jahren (zwei Leistungsvereinbarungsperioden) festgelegt werden. Ein Prototyp des
gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplans wurde erarbeitet und befindet sich derzeit
in einer umfassenden Konsultationsphase. Nach inhaltlicher Einarbeitung wird im Herbst 2015 ein
konsolidiertes Papier vorliegen.
In Österreich gibt es unterschiedliche Typen hochschulischer Einrichtungen, die jeweils von unter-
schiedlichen Hochschulzugängen gekennzeichnet sind. Während der Zugang an Fachhochschulen,
Pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten mit klaren Regelungen und beschränkten
Studienplätzen gekennzeichnet ist, ist der Zugang an den öffentlichen Universitäten, bei denen
rund 80% der Gesamtstudierenden inskribiert sind, uneinheitlich geregelt. Es bestehen in ver-
schiedenen Studien Zugangsregelungen, deren Geltungsdauer entweder Ende 2015 oder 2016
ausläuft und für die eine Evaluierung durchzuführen ist. Zugangsregelungen gemäß § 124b Uni-
versitätsgesetz betreffen medizinische Studien, veterinärmedizinische Studien, Psychologie und
Studien der Kommunikationswissenschaft und gelten für alle Universitäten. Zugangsregelungen
gemäß § 14h Universitätsgesetz in den besonders stark nachgefragten Studienfeldern Architek-
tur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaft kamen bisher in den Wintersemestern 2013
und 2014 zur Anwendung, um den unbefriedigenden Studienbedingungen entgegenzusteuern.
Darüber hinaus können für die Zulassung zu PhD-Doktoratsstudien und Masterstudien qualitative
Zugangsbedingungen im Curriculum vorgeschrieben werden. Da die bisherigen Entwicklungen
zeigen, dass Zugangsregelungen eine stärkere Selbstreflexion in der Studienwahl auslösen bzw.
in Verbindung mit deutlich besseren Betreuungsverhältnissen zu höherer Motivation, gestiegener
Prüfungsaktivität und wesentlich höheren Erfolgsquoten führen, sollen diese im Universitätsge-
setz auf Grundlage der gesetzlichen Evaluierungen verlängert beziehungsweise ausgeweitet und
entfristet werden. Im Kontext von Regelungen des Studienzugangs ist auch die Evaluierung der
Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) zu erwähnen, welche ebenfalls zur Verlänge-
rung ansteht.
Die Universitäten hatten Ende April 2015 die Entwürfe der Leistungsvereinbarungen für die
Periode 2016–2018 vorzulegen. Bis Ende des Jahres 2015 sollen die Verhandlungen mit den ein-
zelnen Universitäten zum Abschluss gebracht und die 22 Leistungsvereinbarungen unterzeichnet
werden. Verbesserungen bei der Nutzung der Ressourcen in Forschung und Lehre sowie die weite-
re Abstimmung bei Profilbildung und Schwerpunktsetzungen werden bei den Verhandlungen auch
künftig im Vordergrund stehen. Neben den Kernbereichen Forschung und Lehre sollen die Leis-
86
3.11. Mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
tungen der Universitäten im Bereich der gesellschaftlichen Aktivitäten (»Dritte Mission«) besser
sichtbar gemacht werden. Hier sind beispielsweise Vorhaben der Universitäten betreffend Wissen-
schaftskommunikation, Interaktion von Universität, Wirtschaft und Gesellschaft, Entrepreneur-
ship oder Lebensbegleitendes Lernen zu subsumieren. Weiters sollen die Themenbereiche Perso-
nalstruktur, Karrieremodelle sowie Internationalisierung stärker in den Leistungsvereinbarungen
verankert werden. Für die Finanzierung der Universitäten in der kommenden Periode konnten
zusätzliche Mittel in der Höhe von 615 Mio. € verhandelt werden, sodass den Universitäten in der
Leistungsvereinbarungsperiode 2016–2018 rund 9,7 Mrd. € zur Verfügung stehen werden. Dabei
werden die Hochschulraum-Strukturmittel, die neben dem Grundbudget aus den Leistungsverein-
barungen ein leistungsorientiertes Steuerungsinstrument für hochschulpolitische Zielsetzungen
darstellen, von bisher 450 auf 750 Mio. € aufgestockt.
Im Rahmen der Offensivmittel und der Hochschulraumentwicklung ist ein quantitativer Ausbau
des Fachhochschulbereiches im Ausmaß von rund 5.300 zusätzlichen vom Bund geförderten
Studienplätzen bis 2018/19 vorgesehen. Die Bundesförderung für Studienplätze im Fachhoch-
schulsektor hat sich von rund 244 Mio. € im Jahr 2013 auf rund 255 Mio. € im Jahr 2014 erhöht.
Des Weiteren werden den Fachhochschulen für den Zeitraum 2016 bis 2018 zusätzliche Mittel in
der Höhe von 60 Mio. € für die Erhöhung der Fördersätze zur Verfügung gestellt.
4Entwicklung und
Maßnahmen
88
4.1 Stabilisierungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.1. Stabilisierungspolitik
Stabilitäts- und Wachstumspakt
In den Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) werden derzeit keine verschär-
fenden Korrekturschritte eingemahnt oder finanzielle Sanktionen verhängt. Zwei Mitgliedstaaten
(Griechenland und Zypern) sind noch in einem makroökonomischen Anpassungsprogramm. Die
Verfahren der neun Mitgliedstaaten (Malta, Großbritannien, Irland, Frankreich, Portugal, Polen,
Spanien, Slowenien und Kroatien), die aktuell in einem Verfahren wegen einem übermäßigen De-
fizit sind, werden in Schwebe gehalten. Bei Malta sieht es derzeit danach aus, dass die Excessive
Deficit Procedure (EDP) aufgehoben werden könnte. Frankreich dürfte ausreichend Maßnahmen
getroffen haben, die eine Fristerstreckung bis 2017 gerechtfertigt erscheinen lassen. Bei Finn-
land, Italien und Belgien wurde entschieden, dass aufgrund von Ausnahmetatbeständen keine
EDP wegen einer zu hohen bzw. nicht rasch genug sinkenden Schuldenquote eingeleitet wird. Im
präventiven Arm des SWP wurde im Jahr 2014 bei Tschechien, Dänemark, Deutschland, Luxem-
burg, Rumänien und Schweden eine strikte Einhaltung der Regeln dieses »Frühwarnsystems«
festgestellt. Bei den anderen Mitgliedstaaten hat es eine gewisse Abweichung, bei einigen sogar
signifikante Abweichungen (inkl. Österreich) gegeben. Diese können zu Frühwarnungen und letzt-
endlich auch zu verzinslichen Einlagen als Sanktion führen, wenn die signifikanten Abweichungen
nicht korrigiert werden. Gleichzeitig wurde jedoch für den präventiven Arm des Pakts eine größere
Flexibilität beim budgetären (strukturellen) Anpassungspfad eingeräumt, vor allem bei mehr In-
vestitionen und der verstärkten Durchführung von Strukturreformen.
Geldpolitik der EZB
In den letzten Jahren haben zahlreiche wichtige Notenbanken der Welt (US-Notenbank, EZB,
Notenbanken von Japan und Großbritannien) »Quantitative Easing« als geldpolitische Maßnahme
eingesetzt, um die Konjunktur zu stützen, um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten bzw. um
anhaltende Deflation zu verhindern. Die Notenbanken kaufen dabei private und/oder öffentliche
Anleihen mit neu geschaffenem Geld auf. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB)
kann derzeit als deutlich expansiv und konjunkturstützend bezeichnet werden. Die EZB verfolgt
ein mittelfristig ausgerichtetes Inflationsziel von »unter, aber nahe 2%«.
Die EZB hat in den letzten Jahren zahlreiche liquiditätserhöhende Maßnahmen bzw. Zinssenkun-
gen beschlossen. Die EZB hat im September 2014 den Leitzins der Eurozone auf 0,05% gesenkt
und im Juni 2014 einen negativen Zinssatz für Übernachteinlagen der Banken bei der EZB einge-
führt. Außerdem hat die EZB ab Dezember 2011 mehrjährige Kredite an Banken zu sehr niedri-
gen Zinsen vergeben, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Am 22. Jänner 2015 hat die EZB das
sog. »expanded asset purchase programme« bekanntgegeben: Mit diesem Anleihekaufprogramm
(hauptsächlich Staatsanleihen) sollen von März 2015 bis September 2016 Anleihen in Höhe von
60 Mrd. € pro Monat von der EZB und den nationalen Notenbanken aufgekauft werden, um de-
flationären Entwicklungen im Euroraum entgegenzuwirken, die Bilanzsumme zu erhöhen und um
die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Neben Staatsanleihen umfasst dieses Programm
auch Anleihen von europäischen Institutionen/Agenturen sowie gedeckte und forderungsbesi-
cherte Anleihen (Covered Bonds und Asset-backed Securities).
4.1 Stabilisierungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
89
Finanzhilfen für Länder der Eurozone
Während der Schuldenkrise in der Eurozone kamen verschiedene, neu geschaffene Stabilitäts-
mechanismen zum Einsatz. Dazu gehörten temporäre Mechanismen, wie der European Financial
Stabilisation Mechanism (EFSM) sowie die European Financial Stability Facility (EFSF), oder auch
der permanent eingerichtete Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Ein Großteil der Finanz-
hilfeprogramme im Rahmen dieser Mechanismen konnte bereits wieder beendet werden. Derzeit
laufen noch die Programme für Griechenland und Zypern. Irland schloss sein Programm, zu dem
EFSM und EFSF 40,2 Mrd. € beigetragen haben, im Dezember 2013 ab. Seither unterliegt das
Land einem Post-Programm Überwachungsverfahren. Dies gilt auch für Spanien, dessen ESM-
Programm mit einem Volumen von 41,3 Mrd. € – wovon bereits 3,1 Mrd. € zurückbezahlt wur-
den – bis Januar 2014 lief, sowie Portugal, das im Juni 2014 vorzeitig sein Programm beendete.
Insgesamt hat Portugal 50,3 Mrd. € vom EFSM sowie der EFSF erhalten. Darüber hinaus erhielten
sowohl Portugal als auch Irland Finanzhilfe vom IWF. Irland wurde zudem von einigen Ländern
bilateral unterstützt. Das Programm für Zypern, mit einem Volumen von bis zu 10 Mrd. €, läuft
plangemäß bis März 2016. Während der IWF bis zu 1 Mrd. € bereitstellt, soll der ESM bis zu 9 Mrd.
€ auszahlen. Bisher gelangten rund 5,7 Mrd. € durch den ESM zur Auszahlung. Die sechste Mission
zur Überprüfung der Programmfortschritte fand Ende April/Anfang Mai 2015 statt; die zwei Vor-
bedingungen zur Auszahlung der nächsten Tranche sieht die EK als erfüllt an. Schließlich hat man
sich im Februar 2015 darauf geeinigt, das zweite Finanzhilfeprogramm für Griechenland, das ein
maximales Volumen von 143,6 Mrd. € hat, bis Ende Juni 2015 zu verlängern.
90
4.2. Wettbewerbspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.2. Wettbewerbspolitik
Aktivitäten der Bundeswettbewerbsbehörde
Die gesetzlich determinierte Aufgabenstellung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ist es,
funktionierenden Wettbewerb sicherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkun-
gen im Sinne des Kartellgesetzes 2005 oder der europäischen Wettbewerbsregeln hintanzuhalten.
Die Bilanz der letzten zehn Jahre zeigt, dass die BWB diese Aufgabenstellung erfolgreich bewerk-
stelligen konnte. So verursachte die BWB dem Bundesbudget »Kosten« von insgesamt 23 Mio. €.
Dem standen im gleichen Zeitraum auf Antrag der BWB vom Kartellgericht wegen Wettbewerbs-
verstößen verhängte (und bereits rechtskräftig gewordene) Geldbußen in Höhe von 150 Mio. €
gegenüber, die in das allgemeine Bundesbudget fließen. Die BWB geht jährlich – auf Basis von
Informationen von Kronzeugen und auf Grund von Beschwerden – einer Vielzahl von potentiellen
Wettbewerbsverstößen nach. Die folgende Statistik beleuchtet dies, wobei sie sich auf die ei-
gentlichen Wettbewerbsfälle beschränkt und demgemäß den Aufwand für Competition Advocacy,
internationale Kooperationen und Administratives außer Betracht lässt:
Wettbewerbsfälle im Berichtszeitraum (1.4.2014–31.3.2015) Quelle: BWB
2014 2015
2. Qu. 3.Qu. 4.Qu. 1.Qu. Summen
FÄLLE national
Zusammenschlussanmeldungen 68 86 96 75 325
Sonstige Zusammenschlussakte 9 7 4 10 30
Kartellfälle (wettbewerbswidrige Vereinbarungen) 9 14 9 10 42
Marktmachtmissbrauchsverfahren 3 3 11 4 21
Fälle Diverses (inkl. UWG/VerbrSchutz/ORF-Ges.) 22 26 20 24 92
SUMME Fälle national 111 136 140 123 510
FÄLLE EU
Kartell- und Marktmachtmissbrauch (EU) 1 0 0 0 1
Fusionsfälle (EU) 90 84 85 73 332
SUMME Fälle EU 91 84 85 73 333
SUMME Fälle national und EU 202 220 225 196 843
Kartellbekämpfung
Wie in den vergangenen Jahren legte die BWB auch 2014/15 den Schwerpunkt der Kartellrechts-
durchsetzung auf die Bekämpfung illegaler Absprachen (Kartellbekämpfung). Bei Kartellen kön-
nen gerichtsverwertbare Hinweise beinahe ausschließlich oft nur über Hausdurchsuchungen ge-
wonnen werden, wobei 2014 18 Hausdurchsuchungen durch die BWB durchgeführt wurden.
Einen Schwerpunkt bildeten weiterhin Preisabsprachen im Lebensmitteleinzelhandel und bei des-
sen Lieferanten, wobei eine erhebliche Zahl von Fällen positiv abgeschlossen werden konnte. Noch
nicht rechtsgültig entschieden sind die Verfahren gegen die Spar AG. Hinsichtlich des Antrages
der BWB in Bezug auf Molkereiprodukte wurde das Unternehmen in erster Instanz zu einem Buß-
4.2. Wettbewerbspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
91
geld von 3 Mio. € verurteilt. Dieser Gerichtsschluss ist noch nicht rechtskräftig, der Abschluss des
Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof steht noch aus. Einen weiteren Fokus stellte der Online-
Handel im Elektro- und Elektronikbereich bzw. dessen Behinderung durch etablierte Unternehmen
dar. Untersuchungen der BWB seit dem Jahre 2013 hatten ergeben, dass die Elektronikindust-
rie dem Online-Handel Weiterverkaufspreise vorgibt und diese auch über wirtschaftlichen Druck
durchsetzt. Mittlerweile konnten bereits fünf Verfahren rechtskräftig abgeschlossen werden. Ins-
gesamt wurden vom Kartellgericht bislang Bußgelder in Höhe von 2,1 Mio. € verhängt. Derzeit
sind weitere Verfahren betr. Online-Handel auch außerhalb des Elektronikbereichs anhängig. Auch
die beiden das Speditionsgewerbe betreffenden Verfahren (für Details siehe Wirtschaftsbericht
2014), die seit 2010 beim Kartellgericht anhängig waren, wurden im Sinne der Anträge der BWB
abgeschlossen.
Die meisten Kartellfälle können im Rahmen von Settlements zum Abschluss gebracht werden.
Diese Vorgangsweise erlaubt es der BWB, den prozeduralen Aufwand in bewältigbaren Grenzen
zu halten, entbindet sie aber nicht von der Pflicht einer vollumfänglichen Beweisführung. Um
Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten, hat die BWB gemeinsam mit zahlreichen Ver-
tretern der anwaltlichen Praxis einen Standpunkt zu Settlements erarbeitet und publiziert. Er gibt
Aufschluss über alle für das Verfahren wesentlichen Punkte und klärt sowohl die Voraussetzungen
und Ausschlussgründe als auch den Inhalt einer Settlement-Erklärung sowie den Umfang der zu
erwartenden Abschläge von den beantragten Geldbußen. Um insbesondere kleineren und mittle-
ren Unternehmen das Erkennen kartellrechtswidrigen Verhaltens zu erleichtern, veröffentlichte
die BWB einen Standpunkt zu vertikalen Preisbindungen. Diese Leitlinie dient der Information und
Prävention und wird den Unternehmen, Interessenvertretungen etc. in Vorträgen und Gesprächs-
runden nahegebracht.
Unternehmenszusammenschlüsse
2014 betrug das Prüfvolumen, also die aus den eingebrachten Unternehmenszusammenschlüssen
resultierenden Umsätze, 96,3 Mrd. €. Zwei Zusammenschlussfälle, die beide erst nach Akzeptie-
rung von Auflagen freigegeben werden konnten, sollen – der Anschaulichkeit halber – herausge-
griffen werden:
Die voestalpine Weichensysteme GmbH und die Weichenservice GmbH, eine Tochter der ÖBB In-
fra, notifizierten die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Angelpunkt der wettbewerb-
lichen Bedenken waren die starke Stellung der voestalpine auf dem »Primärmarkt« für Weichen
einerseits und die überragende Bedeutung der ÖBB als Nachfrager für Weichen und Weichenser-
vice andererseits. Um die wettbewerblichen Bedenken auszuräumen, verpflichtete sich die ÖBB
Infra u.a., den Weichenservice künftig auszuschreiben.
Auf dem Medienmarkt stießen zwei Zusammenschlussvorhaben der Axel Springer Gruppe mit
der Funke Mediengruppe, die insbesondere Frauen- und Programmzeitschriften betrafen, auf Be-
denken der BWB. Der Zusammenschluss konnte mit Auflagen genehmigt werden: Diese betrafen
insbesondere die Begrenzung der Marktstellung am Anzeigenmarkt und die Sicherung der Vielfalt
bei den Programmhinweisen.
Branchenuntersuchung Telekom
Am 12. Dezember 2012 hat die Europäische Kommission die Übernahme des Mobilfunkunterneh-
mens Orange durch Hutchison 3G genehmigt. Die damit einhergehende Reduktion des Marktes
von vier auf drei Marktteilnehmer bewirkte in der Folge einen deutlichen Preisanstieg im öster-
92
4.2. Wettbewerbspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
reichischen Mobilfunkmarkt. Daher erachtete es die BWB als notwendig, diesen hoch konzentrier-
ten Markt genauer unter die Lupe zu nehmen und einer umfassenden Kontrolle zu unterziehen:
Eine allgemeine Untersuchung des Wirtschaftszweigs Telekommunikation soll sicherstellen, dass
Konsumenten und Konsumentinnen nicht durch (kartell-)rechtswidriges Verhalten benachteiligt
werden, vermutete oder drohende Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen bekämpft
werden und freier, fairer und transparenter Wettbewerb gewährleistet ist.
Da die Thematik nicht nur das Wettbewerbsrecht sondern, bei einer gesamtwirtschaftlichen Be-
trachtung, auch andere Rechtsmaterien betrifft, war es für die BWB wichtig, eine breite Zusam-
menarbeit der betroffenen Behörden und Institutionen im Sinne aller Marktteilnehmer zu erzielen:
Folglich wurde diese Marktuntersuchung in Zusammenarbeit mit Bundeskartellanwalt, Arbeiter-
kammer, Verein für Konsumenteninformation sowie RTR GmbH erstellt.
Überarbeitung des EU-Beihilferechts
Der Abschluss des Reformprogramms SAM (»State Aid Modernisation«) zur Modernisierung des
EU-Beihilfenrechts und die Vorkehrungen zur Implementierung der Reform prägten 2014 die Ar-
beiten im Bereich Beihilfen. Der letzte wesentliche Reformschritt auf dem Gebiet des Materiellen
Beihilferechts erfolgte im Juli 2014 und betraf die »Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung
und Umstrukturierung nicht-finanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten«. Die Novellierung die-
ser Leitlinien war wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise zweimal aufgeschoben worden.
Ein Großteil der neugefassten Regelungswerke ist nach jeweils einem halbjährigen Übergangs-
zeitraum mit 1. Jänner 2015 in Kraft getreten. Zentrale Rechtsgrundlage für die Beihilfevergabe
seit Jahresbeginn ist die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) 2014-2020, auf Ba-
sis welcher der überwiegende Teil der Beihilfen eines Mitgliedstaates freigestellt, also ohne ver-
pflichtende vorherige Anmeldung an die Kommission, gewährt werden kann. Die neue AGVO hat
eine substanzielle Ausweitung der Freistellungstatbestände, insbesondere um die Einbeziehung
von Infrastrukturbeihilfen verschiedenster Kategorien, mit sich gebracht. Schon allein aufgrund
der Minimierung des eigenen Verwaltungsaufwandes wünscht sich die Kommission, dass jeder
Mitgliedstaat mittelfristig 90% seiner Beihilfen im Rahmen der AGVO abwickelt und den Anteil
notifikationspflichtiger Beihilfen auf 10% beschränkt. Österreich praktiziert die AGVO bereits in
einem hohen Ausmaß, vor allem betreffend Regional-, KMU- und F&E&I-Beihilferegelungen. Die
meisten der neuen österreichischen Förderungsrichtlinien wurden bereits in den letzten Monaten
zur Freistellung der Kommission mitgeteilt, wodurch ein fließender Übergang von der früheren zur
gegenwärtigen Förderungsprogrammperiode gewährleistet werden konnte.
Vergabewesen
Der Anhang XX des Bundesvergabegesetzes 2006 wurde 2014 – in Umsetzung von Durchfüh-
rungsrechtsakten der Europäischen Kommission in nationales Recht – aktualisiert. Dieser enthält
die Anforderungen an die Energieeffizienz, die zentrale Auftraggeber bei der Vergabe von Liefer-
und Dienstleistungsaufträgen im Oberschwellenbereich zu beachten haben. Die mit ursprünglich
31. Dezember 2014 befristete Schwellenwerteverordnung 2012 wurde bis 31. Dezember 2016 ver-
längert. In der Praxis profitieren insbesondere regional orientierte Klein- und Mittelbetriebe. Sie
werden für kleinere Aufträge direkt zur Anbotslegung eingeladen, ohne sich zuvor an einem kom-
plexen Vergabeverfahren beteiligen zu müssen. Aufgrund der Verordnung können Bund, Länder
und Gemeinden Aufträge im Bau-, Liefer-und Dienstleistungsbereich bis zu einem Volumen von
100.000 Euro direkt an Unternehmen vergeben. Ohne Verlängerung würde dieser Wert auf 50.000
4.2. Wettbewerbspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
93
Euro zurückfallen. Auch der Schwellenwert für das so genannte »nicht offene Verfahren ohne
Bekanntmachung« bei Bauaufträgen liegt weiterhin bei einer Million Euro anstatt bei nur 300.000
Euro. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Schwellenwerte-Verordnung im Schnitt zu einer
Verkürzung der Dauer der Vergabeverfahren um zwei bis drei Monate führt, in Einzelfällen sind die
Verfahren sogar um bis zu fünf Monate kürzer. Dazu sinken die Verfahrenskosten um bis zu 75%,
in komplexeren Fällen sogar um mehr als 90%.
Anfang 2014 wurde das Richtlinienpaket zur gänzlichen Neuregelung des öffentlichen Beschaf-
fungswesens von Europäischem Parlament und Rat beschlossen. Die drei neuen Richtlinien er-
setzen die bestehenden Vergaberichtlinien und sollen eine Vereinfachung und Flexibilisierung der
bestehenden Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe bewirken sowie Möglichkeiten für
die Auftraggeber schaffen, die Auftragsvergabe besser zur Unterstützung gemeinsamer gesell-
schaftlicher Ziele zu nutzen. Die neuen Richtlinien sehen überdies eine vollständige Umstellung
der öffentlichen Beschaffung auf elektronische Verfahren vor. Erstmals wurde auch die Vergabe
von Bau- und Dienstleistungskonzessionen in einer eigenen Richtlinie geregelt. Die Richtlinien
sind bis April 2016 in nationales Recht umzusetzen.
94
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen
Unternehmensgründungen- und förderungen
2014 wurden 28.490 Unternehmen gegründet, mit Personenbetreuern waren es 37.120. Weitere
Schritte zur sozialen Absicherung wurden 2014 gesetzt wie z.B. die Möglichkeit einer zinsen-
freien Versicherungsnachzahlung bis zum 3. Jahr nach Gründung eines Unternehmens, um
Liquiditätsengpässe zu verhindern und Investitionen zu erleichtern. Neu ist auch der Überbrü-
ckungsbeihilfefonds der Sozialversicherungsanstalt für die gewerbliche Wirtschaft für EPU und
KMU, der Kleinverdienern im Falle einer Notlage einen Zuschuss zu den Pensions- und Kranken-
versicherungsbeiträgen gewährt. Durch die 2014 erfolgte unbefristete Verlängerung der Lohn-
nebenkostenförderung des Arbeitsmarkt Service (AMS) für den ersten Mitarbeiter bzw. die erste
Mitarbeiterin erhalten EPU für die Dauer des Dienstverhältnisses bzw. für längstens 1 Jahr 25%
des Bruttogehalts zurück. Mit 1.7.2014 trat die erste Stufe einer Senkung der Lohnnebenkosten
in Kraft. Der Unfallversicherungs-Beitrag sank per 1.7.2014 um 0,1 Prozentpunkte, per 1.1.2015
folgt eine Senkung des Beitrags zum Insolvenzentgeltfonds um 0,1 Prozentpunkte.
Unternehmensfinanzierungen
Neue aws Richtlinien
Jungunternehmer und -unternehmerinnen beleben Österreichs Wirtschaft durch neue Ideen, Pro-
dukte und Dienstleistungen, haben es jedoch oft besonders schwer an langfristige Finanzierun-
gen zu gelangen. Daher sehen die mit Juli 2014 eingeführten neuen aws Förderrichtlinien eine
Fokussierung auf Unternehmensgründungen und Garantieübernahmen vor. Die Erfolge zeigen
sich an der hohen Überlebensquote: 80% der von der aws geförderten Gründungen waren auch
nach sechs Jahren noch am Markt aktiv.
Mit Start der neuen aws Richtlinien (Juli 2014 bis Ende 2016) wird durch die Rückhaftung des
Euro päischen Investitionsfonds (EIF) eine Verbesserung der Konditionen auch für Garantienehmer
und -nehmerinnen mit besseren Bonitäten erreicht. Eine Halbierung der Mindestgarantieentgelte
von 0,6% auf 0,3% pro Jahr hebt die derzeit existierende Benachteiligung auf und ermöglicht
ein Angebot von attraktiveren Konditionen angepasst an die individuelle Ratingklasse. Die am
12. März 2015 unterzeichneten neuen Garantierahmen COSME und InnovFinSME belaufen sich für
die nächsten 2 Jahre auf insgesamt 290 Mio. €. Gemäß aktuellen Schätzungen werden ca. 1.500
Unternehmen durch vergünstigte Kredite von diesen Maßnahmen profitieren können. Insgesamt
wurden deutliche Finanzierungserleichterungen für Unternehmensgründungen und KMU erreicht.
Durch die neuen aws Förderrichtlinien wurde außerdem erstmalig das Prinzip der 2. Chance um-
gesetzt, womit eine gescheiterte unternehmerische Tätigkeit kein formales Ausschlusskriterium
mehr für eine Förderzusage darstellt.
Um den Zugang zu alternativen Finanzierungsformen zu erleichtern, unterstützt die aws mit dem
neuen Zuschussprogramm »Zuschussförderung für Kapitalmarktprospekte« mit einem 50%-Zu-
schuss von bis zu 50.000 € die externe Erstellung eines Kapitalmarktprospektes von KMU. Ein
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
95
solches Prospekt ist erforderlich, wenn Kapital für Finanzierungen über die Öffentlichkeit (z.B. im
Rahmen von Crowdfunding) aufgebracht werden soll. Als ergänzende Servicemaßnahme wurde
von der aws im August 2014 die Plattform www.equityfinder.at eingerichtet, die den Zugang zu
Crowdfunding sowie auch anderen alternativen Finanzierungsformen wie z.B. Risikokapital und
Business Angels erleichtert. Auf dieser Kontaktplattform können sich Start-ups sowie KMU prä-
sentieren und mit alternativen Geldgebern in Österreich vernetzen.
ERP Fonds
Die ERP-Großkredite und das ERP-Kleinkreditprogramm werden auch im Jahr 2015 mit einem
Gesamtkreditvolumen bis zu einer maximalen Höhe von insgesamt 600 Mio. € erfolgreich weiter-
geführt. Die Ausweitung des Adressatenkreises auf Handel und Dienstleistungen zusätzlich zum
Schwerpunkt auf Industrie und Gewerbe soll einen weiteren starken Impuls für die Konjunktur
ermöglichen und neue Investitionsanreize für heimische Unternehmen bringen.
Eigenkapitalschwerpunkt
Der Eigenkapitalschwerpunkt der aws wurde bereits im Wirtschaftsbericht 2014 ausführlich be-
schrieben. Der aws Business Angel Fonds ermöglicht mit einer Dotierung von insgesamt 22,5 Mio.
€ gemeinsam mit den Investitionen der Business Angels ein Finanzierungsvolumen von bis zu
45 Mio. €. Bis Ende 2014 konnten bereits vier erfolgreiche Partnerschaften mit einem Gesamt-
volumen von 6,85 Mio. € mit ausgewählten privaten Business Angels eingegangen werden. Bis
2018 soll der aws Gründerfonds mit insgesamt 68,5 Mio. € ausgestattet werden. Bis Ende 2014
konnte bereits erfolgreich in elf junge, österreichische Start-ups investiert werden. Durch die in-
tensive Investitionstätigkeit in den letzten vier Jahren entwickelte sich der aws-Mittelstandsfonds
zum aktivsten Player am österreichischen Mittelstandsfinanzierungsmarkt. Bis Ende 2014 konnten
insgesamt 17 Beteiligungen in Höhe von 50,65 Mio. € eingegangen werden. Der Fonds ist mit ins-
gesamt 80 Mio. € ausgestattet.
KMU Politik
In Österreich sind rund 99,6% aller Unternehmen Klein- und Mittelunternehmen (KMU), das sind
mehr als 313.700 Unternehmen. Diese KMU bieten über zwei Drittel aller Beschäftigten einen
Arbeitsplatz und sind für rund 64% der Umsatzerlöse (450 Mrd. €) sowie für rund 59% der Brutto-
wertschöpfung (108 Mrd. €) der marktorientierten Wirtschaft verantwortlich.
Durch den »Small Business Act« (SBA) mit seinen aktuell 10 Grundsätzen werden zentrale
Themen stellungen für KMU angesprochen und auf europäischer Ebene fortentwickelt. Von be-
sonderem Interesse in diesem Zusammenhang sind Initiativen zur Sicherung und Förderung der
Beschäftigung junger Menschen. In jüngster Zeit liegt der Fokus verstärkt auch bei der sicheren
Nutzung der Möglichkeiten des Internets. Wesentliche Ziele des SBA sind besserer Zugang zu
Finanzmitteln und Märkten für KMU und die Förderung von unternehmerischem Handeln von KMU
sowie das EU-Programm zur »Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für
KMU« (COSME) mit einem Budget von 2,3 Mrd. € (siehe Abschnitt 3.3).
Zu den konkreten Maßnahmen in Österreich zählt u.a. die im August 2014 gestartete Entbürokra-
tisierungsoffensive, mit welcher bisher verpflichtende Beauftragte oder statistische Meldepflich-
ten für 5.500 Unternehmen wegfallen. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch das neue
zentrale Gewerberegister (siehe Abschnitt 3.4.). Auch eine Senkung der Lohnnebenkosten trat
96
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
in zwei Stufen mit 1. Juli 2014 bzw. mit 1. Jänner 2015 in Kraft, wodurch die Arbeitskosten um
200 Mio. € entlastet werden. Dem »Mittelstandsbericht 2014«, der gleichzeitig der österreichi-
sche SBA-Umsetzungsbericht ist, sind weitere konkrete Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen.
Bis Mitte Dezember 2014 lief eine Online-Konsultation zum Thema »Neufassung des SBA«. Als
Ergeb nis dieser Konsultation soll im 2. Halbjahr 2015 ein überarbeiteter SBA vorgelegt werden,
mit welchem die prioritären Ziele Verringerung administrativer und gesetzlicher Belastungen,
verbesserter Zugang zu den Märkten, Förderung des Unternehmertums und Bekämpfung des
Fachkräfte mangels verfolgt werden sollen.
Betriebsansiedlungspolitik
Österreichs Betriebsansiedlungsagentur ABA-Invest in Austria konnte 2014 das beste Jahres-
ergebnis der 33-jährigen Unternehmensgeschichte erreichen. Im Vorjahr beriet ABA-Invest in
Austria gemeinsam mit den Regionalgesellschaften 276 neue ausländische Unternehmen bei der
Ansiedlung in Österreich und verbuchte damit ein Plus von mehr als 21% gegenüber 2013. Die mit
den Neuansiedlungen verbundene Investitionssumme erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um
knapp 7% auf 371 Mio. €, während die Zahl der durch die Ansiedlungen geschaffenen heimischen
Arbeitsplätze um 79% auf 2.645 stieg.
Investitionen und realisierte Projekte 2005–2014Quelle: ABA-Invest in Austria
Höhe der Investitionen in Mio. € | Realisierte Projekte
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
217,
9
230,4
394,3
425,9
83,1
221,1
296,2
282,4
347,
8
371,0
123
152
201
256
158
198
183
201
228
276
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
97
Deutschland blieb auch im Vorjahr wichtigstes Investorenland: 88 deutsche Unternehmen such-
ten 2014 die Betreuung bei der Ansiedlung in Österreich – knapp 4% mehr als 2013. Auch der
Aufwärtstrend bei den Betriebsansiedlungen aus Italien hielt an und brachte 2014 mit 43 italie-
nischen Neuansiedlungen das beste Ergebnis für Italien seit Bestehen der ABA. Markant ist auch
das weiterhin zunehmende Interesse von Investoren aus dem CEE- und SEE-Raum am Wirt-
schaftsstandort Österreich – diese Gruppe zeichnet sich mittlerweile für rund 27% aller ABA-
Betriebsansiedlungen verantwortlich. Die Kampagne »Forschungsplatz Österreich« trägt Früchte
und wurde daher bis 2016 verlängert. Der deutliche Zuwachs bei Unternehmen, die in Österreich
F&E betreiben (13 gegenüber 4 im Jahr 2013) untermauert das steigende Interesse.
Sektorelle Politik
Tourismus
2014 war ein erfolgreiches Jahr für den österreichischen Tourismus, mit 37,6 Mio. Gästen wurde
ein neuer Rekordwert erreicht. Der Tourismus erreicht einen Anteil von 7,7% am BIP und zählt
mit rund 200.000 Beschäftigten zu den wichtigsten Beschäftigungsmotoren der österreichischen
Wirtschaft. Leicht rückgängig war die Zahl der Nächtigungen, die mit 131,9 Mio. um 0,6% gesun-
ken ist. Ein Grund dafür war der russische Markt, der nach einem Rückgang von knapp 8% im
Jahr 2014 auch in den nächsten Monaten eine Herausforderung darstellen wird. Im Gegensatz
dazu legten die Nächtigungen aus den anderen zentral- und osteuropäischen Ländern wie schon
in den vergangenen Jahren signifikant zu. Rückläufig waren auch die Tourismusumsätze, die auf
das geänderte Reiseverhalten der Gäste zurückzuführen sind. 2014 war aus Sicht des Tourismus
das Jahr der Städte. Rekorde in Wien, Salzburg und Graz sowie Zuwächse in den anderen Landes-
hauptstädten bestätigen den Trend zum Städtetourismus. In diesem Sinne ist der Fokus der
Tourismusstrategie des Bundes auf Städte und Kultur und auf den weiteren Ausbau des Ganzjah-
restourismus aufgegangen. Der Großteil der Nächtigungen wird jedoch nach wie vor im Ferien-
tourismus generiert. Österreichs Naturlandschaft ist das Haupturlaubsmotiv der Gäste.
Seit 1. Juli 2014 gelten die neuen Richtlinien über den TOP-TOURISMUS-IMPULS 2014–2020, mit
denen die betriebliche Tourismusförderung für die kommenden Jahre auf eine neue rechtliche Ba-
sis gestellt wurde. Die neuen Tourismus-Förderungs-Richtlinien des Bundes legen den Fokus auf
die Unterstützung der Gründung und Übernahme von Tourismusunternehmen sowie auf die For-
cierung innovativer Projekte. Kredite und Haftungen werden verstärkt angeboten. Die enge Ab-
stimmung der Förderungsaktivitäten von Bund und Bundesländern wird weiterhin fortgesetzt und
das Förderungsangebot über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H.
(ÖHT) ist auch künftig pyramidenförmig nach Projektgröße aufgebaut. Um die notwendigen In-
vestitionen zu sichern, wurde eine Umwidmung von 250 Mio. € des Haftungsrahmens der ÖHT
umgesetzt. Dadurch kann eine Kreditlinie der Europäischen Investitionsbank abgerufen werden,
die es ermöglicht, jährlich zusätzlich zinsgünstige Kredite für die Tourismuswirtschaft in Höhe von
38 Mio. € ohne zusätzliche Budgetbelastung zur Verfügung zu stellen. Dadurch konnte die Finan-
zierungsschwelle der ÖHT auf Investitionskosten von 700.000 € gesenkt werden (zuvor 1 Mio. €)
und es werden Investitionen in Höhe von mehr als 500 Mio. € ausgelöst.
Filmwirtschaft
Mit rund 2.270 Unternehmen und insgesamt rund 7.500 Beschäftigten erzielte die Filmwirtschaft
zuletzt Umsätze in Höhe von knapp 873 Mio. € pro Jahr. Zwei Drittel der Unternehmen in der
Filmwirtschaft sind im Bereich Kino- und TV-Film tätig. 2014 trat das Filmstandortgesetz in Kraft,
98
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
durch welches das Filmförderungsprogramm »FISA – Filmstandort Österreich« gesetzlich veran-
kert wurde, um der österreichischen Filmwirtschaft die für ihre mehrjährigen Projekte erforder-
liche langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten. Die mit Jänner 2014 in Kraft getretenen
Filmförderungsrichtlinien sehen nun auch die Förderung von Serviceproduktionen vor. Dadurch
konnte man u.a. die Produktionen »Mission Impossible 5« und »James Bond – Spectre« für Dreh-
arbeiten in Österreich gewinnen. Diese Filmproduktionen haben einen hohen filmtouristischen
Wert und stellen aufgrund des Ausmaßes und der Qualität der Drehtage, der Höhe der Produkti-
onsausgaben und der Beschäftigung österreichischer Filmschaffender einen bedeutenden Mehr-
wert für Österreich als Filmland im internationalen Wettbewerb dar. Mit einem Fördervolumen von
7,5 Mio. € wurden im Jahr 2014 durch »FISA – Filmstandort Österreich« 24 Kinofilme genehmigt,
darunter sechs internationale Ko-Produktionen. Damit wurde 2014 alleine aus der Herstellung
eine Wertschöpfung im Ausmaß von über 31 Mio. € in Österreich erzielt. Zusätzlich zu nationalen
Förderschienen wird an der Erweiterung des Portfolios an bi-/multilateralen Gemeinschaftspro-
duktionsabkommen gearbeitet, mit deren Hilfe bei österreichisch-ausländischen Gemeinschafts-
produktionen auch auf Fördertöpfe der jeweiligen Vertragspartner zugegriffen werden kann. Im
Oktober 2014 wurde ein Filmabkommen mit dem Staat Israel unterzeichnet, welches 2015 in
Kraft tritt. Für 2015 ist eine neuerliche Überarbeitung der Filmförderungsrichtlinien »Filmstand-
ort Österreich« vorgesehen, um für die weiteren Jahre einen optimalen Einsatz der jährlich zur
Verfügung stehenden Budgetmittel zu garantieren.
Kreativwirtschaft
Die österreichischen Kreativwirtschaftsunternehmen sind von Wachstum und Innovationskraft
geprägt. Gemäß dem aktuellen Sechsten Österreichischen Kreativwirtschaftsbericht sind mehr
als 39.000 bzw. 10,4% der Unternehmen in diesem Wirtschaftszweig tätig. Sie beschäftigten 2012
etwa 140.000 Personen und erzielten einen Umsatz von 20,3 Mrd. €. Mit einer Wertschöpfung von
rund 7,9 Mrd. € ist die Kreativwirtschaft für etwa 4% der Wirtschaftsleistung in Österreich verant-
wortlich. Die Kreativwirtschaft zählt damit zu den besonders dynamischen Branchen. Zwischen
2008 und 2012 hat sich die Zahl der Unternehmen um 8% erhöht. Beschäftigung und Umsätze
stiegen jeweils um rund 10% an. Dies ist deutlich mehr als in der Gesamtwirtschaft. In diesem
Zusammenhang wird die bewährte »evolve«-Strategie zur Förderung kreativwirtschaftsbasierter
Innovationen weiterhin fortgeführt. Diese umfasst neben angebotsseitigen Fördermaßnahmen
(aws impulse XS, aws impulse XL) auch den erfolgreichen Kreativwirtschaftsscheck als nachfrage-
seitiges Instrument.
Gesundheitswesen
Im Jahr 2014 erwirtschafteten die Krankenversicherungsträger laut Prognose einen Bilanzgewinn
von 82,8 Mio. €. Für das Jahr 2015 wird mit einem Bilanzverlust aller Krankenversicherungsträ-
ger in der Größenordnung von 137,0 Mio. € gerechnet. Für die Jahre 2016 und 2017 werden nach
derzeitigem Stand Bilanzverluste in der sozialen Krankenversicherung in der Höhe von 276,8 Mio.
€ bzw. 366,0 Mio. € prognostiziert. Die Gebarungsvorschaurechnungen stellen eine nach dem
Prinzip der kaufmännischen Vorsicht vorgenommene Grobschätzung dar, sodass sich die tatsäch-
lichen Ergebnisse dieser Jahre noch verbessern können. Selbst wenn die negativen Gebarungs-
prognosen in voller Höhe zutreffen sollten, würden die Träger der gesetzlichen Krankenversiche-
rung in Summe und die Gebietskrankenkassen als Teilsegment davon ein positives Reinvermögen
(und somit keine Schulden) aufweisen.
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
99
Verwaltungskostenreduktion – IKT-Strategie
Mit 58,6% liegt Österreich im Digital Agenda Scoreboard der Europäischen Kommission im
Bereich der E-Government-Nutzung deutlich über dem EU-Schnitt von 46,7%. Von 2013 auf 2014
konnte im Bereich der heimischen E-Government-Nutzung eine Steigerung von 5% erzielt werden.
Beim 2014 veröffentlichten Benchmark ist Österreich erneut Vorreiter im E-Government. Öster-
reich zählt bei Verfügbarkeit und Nutzerfreundlichkeit der untersuchten E-Government Lebens-
lagen zu den am besten aufgestellten Ländern Europas und hat mit vergleichsweise geringen
Investitionskosten ein hohes Serviceniveau erreicht. Beim Kriterium »Transparenz« ist Öster-
reich deutlich über dem europäischen Durchschnitt platziert. Die Einbeziehung der sogenannten
»Schlüsseltechnologien« (zum Beispiel Integration der Handy-Signatur und Bürgerkarte) ist in
Österreich weit fortgeschritten.
Der Schaden, der weltweit jährlich aufgrund von Internetangriffen entsteht, ist beträchtlich, die
Tendenz stark steigend. Pro Tag werden rund 1 Mio. Menschen Opfer von Cyber Angriffen, in
den meisten Fällen völlig unbemerkt. Die Abwehr von Angriffen und der Schutz heimischer
IT-Systeme stellte daher auch 2014 eine zentrale Herausforderung für die Plattform Digitales
Österreich dar. Ein wichtiger Teilaspekt am Weg zu mehr Sicherheit ist die sichere und daten-
schutzkonforme Identifizierung und Authentifizierung im Rahmen von E-Services. Diese Anforde-
rungen werden durch das Konzept »Bürgerkarte« – sowohl in Form der zur Bürgerkarte aktivierten
e-card als auch durch die gleichbedeutende Handy-Signatur als Funktion am Mobiltelefon – erfüllt.
Im Herbst 2014 wurde mit der Projektgruppe »HanSi – Verlässliche und einfache elektronische
Identifikation und Authentifizierung mit der Handy-Signatur« eine Plattform mit dem Ziel geschaf-
fen, die Handy-Signatur als eID-Lösung aktiv an Unternehmen heranzutragen. Im vergangenen
Jahr konnte mit monatlich rund 20.000 Neuaktivierungen und mehr als 440.000 Handy-Signatur
Nutzenden österreichweit der Durchbruch im Bereich eID erzielt werden.
Auf EU-Ebene wurde 2014 die Verordnung für elektronische Identifizierung und Vertrauensdiens-
te für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-VO) beschlossen. Damit werden die
Mitgliedstaaten verpflichtet, Systeme zur elektronischen Identifizierung (eID) anderer EU-
Länder offiziell anzuerkennen. Die Verordnung muss schrittweise ab 2016 umgesetzt werden. Für
Österreich bringt dies vor allem die künftige rechtssichere und umfassende Verwendbarkeit der
Handy-Signatur auch im grenzüberschreitenden Bereich.
Der sukzessive Ausbau des bundesweiten Open-Government-Data-Portal führte 2014 zu
wichtigen Wirtschaftsimpulsen (v.a. in den Bereichen Apps und Visualisierungen). Das österreichi-
sche Open-Government-Data Portal gewann 2014 mit rund 117.000 Anwendersitzungen (+ 67%)
und 380.000 Seitenansichten (+ 44%) weiter an Bedeutung und wurde 2014 bei den Public Service
Awards in der Kategorie »Improving the Delivery of Public Services« mit dem renommierten UN
Public Service Award ausgezeichnet.
Das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) dient der authentischen Kundmachung der
im Bundesgesetzblatt und in den Landesgesetzblättern zu verlautbarenden Rechtsvorschriften
sowie der Information (z.B. in konsolidierter Form) über das Recht von Bund und Ländern. Mit der
authentischen Publikation der Landesgesetzblätter konnte 2014 ein wichtiger Meilenstein erreicht
werden. Weiters bietet das RIS den Zugang zum EU-Recht, zur Rechtsprechung (z.B. der Höchst-
gerichte), zu ausgewählten Rechtsnormen von Gemeinden und zu ausgewählten Erlässen von
Bundesministerien. 2014 wurden bereits 1,9 Mrd. Dokumente über RIS.bka.gv.at abgefragt. Im
100
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Jahr 2015 ist die Aufnahme der authentischen, amtlichen Verlautbarungen der österreichischen
Sozialversicherung geplant.
Für E-Government-Services sind Register mit hoher Datenqualität und Verfügbarkeit ein elemen-
tarer Bestandteil. Am 1. November 2014 konnte mit dem Zentralen Personenstandsregister
(ZPR) eine wesentliche Lücke in diesem Bereich geschlossen werden. Das ZPR versetzt die Ver-
waltung in die Lage, auch im Backoffice weitere moderne Prozesse zu entwickeln. Für die Bürger
und Bürgerinnen bedeutet dies die Einführung von One-Stop-Verfahren, den Wegfall des Urkun-
dennachweises und den Zugang zu Dokumenten, unabhängig von örtlichen Gegebenheiten. Das
Projekt »Antragslose Gewährung der Familienbeihilfe anlässlich der Geburt« wird bereits seit 1.
Mai in der Praxis umgesetzt. Auslöser für dieses Verfahren ist die Übermittlung der Geburtsdaten
aus dem ZPR an die Finanzverwaltung.
Das Unternehmensserviceportal stellt alle für Unternehmen relevante Informationen der
öffentlichen Verwaltung über eine Website zur Verfügung. Der Transaktionsbereich bietet der-
zeit Zugang zu über 20 wichtigen E-Government-Anwendungen des Bundes (z.B. die Services
der Sozialversicherung, Datenverarbeitungsregister oder die E-Rechnung an den Bund) mittels
Single-Sign-On und wird laufend erweitert.
Mit der elektronischen Zustellung verfügt die öffentliche Verwaltung über ein Werkzeug, dass
das Potential in sich trägt, einerseits ihre Budgets mittels Einsparungen weiter zu entlasten und
andererseits ihre Services im Sinne eines modernen Dienstleisters zu verbessern. 2014 konnte
mit der Zulassung des vierten elektronischen Zustelldienstes (Exthex GmbH mit eVersand) ein
weiterer Meilenstein erreicht werden. Bei den Zustellzahlen über behördlich zugelassene Zusteller
kam es im vergangenen Jahr zu einer Verdoppelung.
Erhöhte Sicherheit zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes
Wirtschaftskriminalität und Korruption
Zur effizienten Bekämpfung der Korruption in Österreich erfolgte eine Verschlankung der Struk-
turen im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zu Gunsten
der Aufwertung des Ermittlungsbereichs. Durch die Forcierung der vermögensrechtlichen Maß-
nahmen auch bei Korruptionsdelikten sollen generalpräventive Maßnahmen gestärkt werden. Ein
weiterer Fokus des BAK liegt bei aktiver Edukations- und Präventionsarbeit, die Korruption bereits
im Vorfeld verhindern bzw. aufdecken und abstellen soll. Die Erarbeitung einer nationalen Anti-
Korruptions-Strategie stellt einen wesentlichen Beitrag des BAK zur Optimierung des Wirtschafts-
standortes Österreich dar.
Die Wirtschafts- und Betrugskriminalität ist eine äußerst weitläufige und komplexe Materie, der
durch eine verstärkte nationale und internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehör-
den, Anwendung neuer Ermittlungsinstrumente und engere Zusammenarbeit mit Interessensver-
bänden und der Wissenschaft begegnet wird. Dadurch konnten 2014 die Kriminalitätszahlen im
Bereich der Wirtschafts- und Betrugskriminalität um fast 10% gesenkt werden. Es ist 2014 sogar
erstmalig gelungen, die im Bereich der Internetkriminalität stetig steigenden Kriminalitätszahlen
um mehr als 10% zu senken. Die präventiven Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt wur-
den, finden auch im alljährlich herausgegebenen »Eurobarometer« der Europäischen Kommission
4.3. Unternehmenspolitik und -förderungen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
101
in Bezug auf die Cyber-Sicherheit ihren Niederschlag. Das Sicherheitsdenken in diesem Bereich
ist in Österreich teilweise weit stärker gestiegen als im EU-Durchschnitt.
Die Bekämpfung des Sozialbetruges wurde durch eine eigens eingerichtete Task Force wesentlich
vorangetrieben, wobei tiefgreifende Erkenntnisse über Strukturen und Arbeitsweisen der organi-
sierten Tätergruppen sowie legistische und organisatorische Schwachstellen aufgezeigt werden
konnten. Einige Schwachstellen wurden bereits beseitigt. Nun wird eine gesetzliche Grundlage für
die Zusammenarbeit und den Datenaustausch zwischen den betroffenen Ministerien geschaffen.
Schutz kritischer Infrastrukturen
Die Daseinsvorsorge für die österreichische Bevölkerung und die Voraussetzungen für einen
attraktiven Wirtschaftsstandort bauen auf die ständige Verfügbarkeit und den reibungslosen Ab-
lauf vielfältiger Infrastrukturen auf. Die Funktionsfähigkeit von Infrastrukturen ist unter anderem
durch Naturkatastrophen, technische Unfälle, menschliches Versagen, Gefahren im Cyber Raum,
Kriminalität und Terrorismus gefährdet. Der vorbeugende Schutz kritischer Infrastrukturen wurde
mit der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) 2014 als Aufgabe der Sicherheitsbehörden
gesetzlich verankert. Der neu erstellte Masterplan aus 2014 sieht vor, bestehende Maßnahmen
und Pläne weiter zu nutzen und neuen Bedrohungen anzupassen.
102
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik
Entwicklung der Ausgaben für F&E
Die österreichischen Bruttoinlandsausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung (F&E)
werden nach einer Schätzung von Statistik Austria im Jahr 2015 10,1 Mrd. € bzw. 3,01% des BIP
betragen. 47,2% der Ausgaben für F&E werden von Unternehmen finanziert, 37,3% vom öffentli-
chen Sektor. Davon ist der Bund mit 31,8% der F&E-Ausgaben die wichtigste F&E-Finanzierungs-
quelle. 15,1% der F&E-Finanzierung stammen aus dem Ausland, wobei ausländische Unternehmen
die wichtigste Finanzierungsquelle darstellen, aber auch Rückflüsse aus EU-Forschungspro-
grammen inkludiert sind. Der Anteil der Finanzierung aus dem Ausland an den gesamten inlän-
dischen Bruttoinlandsausgaben dürfte geringfügig zurückgehen, auch wenn die absoluten Werte
leicht ansteigen. Der private gemeinnützige Sektor weist mit 0,4% der gesamten F&E-Ausgaben
das kleinste Finanzierungsvolumen auf. Da die Zuwachsraten der österreichischen F&E-Ausgaben
über denen des BIP liegen, ist die Forschungsquote für Österreich in den letzten Jahren stark an-
gestiegen, nämlich um 0,4 Prozentpunkte seit 2009.
Globalschätzung 2015: Bruttoinlandsausgaben für F&EQuelle: Statistik Austria
2010 2011 2012 2013 2014 2015
Bruttoinlandsausgaben für
F&E in % des BIP 2,74 2,68 2,88 2,95 2,99 3,01
Davon finanziert durch
Bund 0,88 0,85 0,94 0,92 0,96 0,96
Bundesländer 0,14 0,10 0,13 0,13 0,13 0,13
Unternehmenssektor 1,24 1,24 1,31 1,40 1,39 1,42
Ausland 0,44 0,45 0,45 0,46 0,46 0,46
Sonstige* 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05 0,05
Bruttoinlandsausgaben für
F&E (in Mio. €) 8.066 8.276 9.149 9.521 9.833 10.104
* Finanzierung durch Gemeinden (ohne Wien), durch Kammern, durch Sozialversicherungsträger sowie sonstige öffentliche Finanzierung und Finanzierung durch den privaten gemeinnützigen Sektor.
Umsetzung der FTI Strategie
Die Task Force FTI hatte im vergangenen Jahr folgende Arbeitsschwerpunkte:
• Grundsätzliche Überlegungen zum Forschungsfinanzierungsgesetz,
• Mobilisierung alternativer Finanzierungsquellen (u.a. gemeinnützige Stiftungen inkl.
Nationalstiftung) mit dem Ziel der Steigerung des Anteils privater Forschungsfinanzierung,
• Evaluierung der indirekten Forschungsförderung,
• Effektive Nutzung der EFRE Mittel,
• Österreichische Außenwissenschaftsvertretungen,
• Novellierung des Statistikgesetzes mit dem Ziel einer besseren Verfügbarkeit von Mikro-
daten für F&E.
Zwecks tiefer gehender Behandlung und Auseinandersetzung wurden zu diversen Fachthemen
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
103
einschlägige Experten und Expertinnen zu den Sitzungen der Task Force FTI beigezogen. Die Task
Force FTI steht zudem auch mit dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung in regelmä-
ßigem Austausch. Auch die neun Unterarbeitsgruppen haben ihre Arbeit im letzten Jahr weiter
geführt. Die FTI-Strategie bildet den grundsätzlichen Rahmen für die verschiedenen Maßnahmen,
die in Österreich im Bereich FTI gesetzt werden. Nähere Details finden sich im Forschungs- und
Technologiebericht 2015.
Grundlagenforschung
Wissenschaftsfonds (FWF)
Mit insgesamt 211,4 Mio. € bzw. 691 bewilligten Projekten konnte 2014 das Bewilligungsvolumen
des FWF stabilisiert bzw. leicht ausgebaut werden. Mit rund 82% geht der überwiegende Teil der
FWF-Projektmittel in die Anstellung junger Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Mit 3.973
vom FWF finanzierten Personen wurde ein neuer Spitzenwert erreicht, seit dem Jahr 2000 hat sich
dieser Wert mehr als verdoppelt. Bei einer Gesamtbetrachtung aller FWF-Programme zeigt sich
der Anteil an Projektanträgen von Wissenschafterinnen konstant bei rund 31%. Die Bewilligungs-
quote nach Projektanzahl 2014 lag insgesamt bei 28,4%; bei Wissenschafterinnen mit rund 29%
sogar etwas höher als bei den männlichen Kollegen mit 28,1%. 2014 wurde das Karriereprogramm
»Elise Richter« um das Elise-Richter-PEEK-Programm erweitert und soll nun hervorragend qualifi-
zierten, künstlerisch-wissenschaftlich tätigen Frauen in ihrer Karriereentwicklung im Hinblick auf
eine Universitätslaufbahn unterstützen. Im Juni startete die Kooperation zwischen der gemein-
nützigen »Dr. Gottfried und Dr. Vera Weiss-Wissenschaftsstiftung« und dem FWF zur Stärkung
der Nachwuchsförderung in den Bereichen Meteorologie und Anästhesie. Ebenfalls positiv ent-
wickelte sich das 2013 implementierte Matching-Fund-Modell mit den Bundesländern, das eine
Form der komplementären Finanzierung von Forschungsinitiativen darstellt.
Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)
Die Akademie als größte außeruniversitäre Einrichtung für anwendungsoffene Grundlagen-
forschung betreibt 29 Forschungsinstitute, in denen rund 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
tätig sind. Im Rahmen der ersten Leistungsvereinbarung (LV) für die Jahre 2012-2014 legte die
Akademie erstmals ihre Leistungen gegenüber dem Bund dar und erhielt dreijährige finanzielle
Planungssicherheit. Das Budget der ÖAW konnte für die zweite Leistungsvereinbarungsperiode
deutlich angehoben werden. Die zweite Leistungsvereinbarung für die Jahre 2015-2017, die am
4. Dezember 2014 unterzeichnet wurde, soll den mit der ersten LV erfolgreich eingeschlagenen
Weg von Transparenz, Planungssicherheit und Exzellenzorientierung weiterführen und neue
Akzente in der dynamischen Weiterentwicklung der ÖAW setzen.
Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG)
Die LBG hat eine Neuausrichtung durchgeführt, die sich an den »grand challenges« des EU
Programms Horizon 2020 orientiert. In diesem Zusammenhang ist auch die vierte Ausschrei-
bungsrunde für neue Ludwig Boltzmann Institute zu sehen, die im November 2014 startete. Sie
richtete sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humanmedizin, Sozial- und Wirt-
schaftswissenschaften, die eingeladen wurden, Anträge im Bereich Health Sciences einzureichen.
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft beschäftigt derzeit insgesamt rund 550 Personen in 13 Insti-
tuten und 5 Clustern.
104
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Institute of Science and Technology Austria (IST Austria)
Im Jahr 2014 ist IST Austria entsprechend des Ausbauplanes weiter gewachsen: Mit der Verpflich-
tung von drei neuen Professoren und Professorinnen stieg die Anzahl der am Campus tätigen
Forschungsgruppen auf insgesamt 31. Mehr als die Hälfte davon kann auf eine hochdotierte
Förderung des Europäischen Forschungsrates (ERC) verweisen. Im Jahr 2014 wurde der Bau der
präklinischen Einheit nahezu fertiggestellt und der Rohbau des »Lab and Office Building West«
abgeschlossen. Erstmals wurde mit dem IST Austria eine Leistungsvereinbarung für die Jahre
2015–2017 abgeschlossen.
Maßnahmen für Schüler, Schülerinnen und Studierende
An den Kinderunis nehmen in Österreich jährlich ca. 34.000 Kinder teil. 2015 werden 16 öster-
reichische Kinderuniversitäten mit insgesamt 500.000 € gefördert.
Im Herbst 2014 starteten 58 neue Sparkling Science Projekte der 5. Programmausschreibung,
die meisten Vorhaben mit einer zweijährigen Laufzeit bis Herbst 2016. Die Initiative verbindet hoch-
wertige Forschung mit intensiver voruniversitärer Nachwuchsförderung, indem sie Jugendliche
aktiv in viele unterschiedliche Forschungsfelder einbindet. Im Rahmen der aktuellen Ausschrei-
bung reicht die Themenpalette von prähistorischen Pfahlbauten über mittelalterliche Literatur,
bis hin zum Einsatz von Atemgasanalytik in modernsten Diagnosetechniken der personalisierten
Medizin oder Serious Gaming Applikationen zur Förderung des räumlichen Orientierungsvermö-
gens blinder und sehbehinderter Personen. 62% der 2014 geförderten Projekte sind dem MINT
Bereich zuzurechnen, 38% der Vorhaben untersuchen Fragestellungen aus den Geistes-, Sozial-,
und Kulturwissenschaften. Beteiligt sind 86 Forschungseinrichtungen (darunter 18 wissenschaft-
liche Einrichtungen aus dem Ausland, unter anderem aus den USA, Australien und Kolumbien), 54
Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft sowie 154 Schulen nahezu aller Schultypen. Die Gesamt-
fördersumme der Ausschreibung betrug 9,5 Mio. €.
Zum 28. Mal findet heuer das Finale des größten österreichischen Jugendwettbewerbs »Jugend
Innovativ« statt, wo aus den insgesamt 526 Einreichungen in 6 Kategorien die besten 35 ausge-
wählt werden. Unter dem Motto »Erwecke deine Ideen« präsentieren diese Jugendteams beim
Finale ihre Projekte der Jury und Öffentlichkeit um den jeweiligen Kategorie-Sieg zu erkämpfen.
aws First unterstützt und begleitet Schulabsolventen und -absolventinnen bei der Entwicklung
ihrer Geschäftsmodelle. Im aws First Business Lab werden seit Oktober 2014 zehn Teams in einem
ersten Durchgang für ein Jahr durch ein Stipendium, Trainings, teamindividuellem Mentoring und
viele Möglichkeiten sich mit Österreichs Gründerszene zu vernetzen, gefördert. JUNIOR Enter-
prise Austria ist eine europäische Initiative zur Förderung des unternehmerischen Denkens und
Handelns von Jugendlichen. Im Fokus steht vor allem die aktive Vernetzung von Schule und
Wirtschaft. Jährlich nehmen über 3 Mio. Schüler und Schülerinnen in 38 europäischen Staaten
an den Programmen des Junior Achievement – Young Enterprise Europa teil. Seit seiner Grün-
dung verzeichnet JUNIOR Enterprise Austria ein stetiges Wachstum an Gründungen von JUNIOR
Companies sowie beteiligten Schülern und Schülerinnen.
Hochschulen und Forschungseinrichtungen als regionale Leitinstitutionen
Der Herausforderung »Smart Specialisation« seitens der Europäischen Kommission wird durch die
Einbindung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in die Entwicklung eines strategischen
Konzepts für wissens- und innovationsgeleitete, regionale Wachstums- und Entwicklungsstrate-
gien entsprochen. Die Berücksichtigung der regionalen Potentiale der entwickelten FTI-Schwer-
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
105
punkte bildet eine wichtige Grundlage für eine effiziente und transparente Zuteilung öffentli-
cher Mittel in beispielsweise universitäre Forschungsinfrastrukturen. Für die Zuerkennung von
Ko-Finanzierungsmitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) 2014–2020
wird damit auch die geforderte Ex-Ante Konditionalität abgedeckt. Der Wissenstransfer universi-
tärer Leistungen wird im Wesentlichen durch die Ausbildung von hochqualifizierten Absolventen
und Absolventinnen für Unternehmen am Standort, sowie durch Übernahme von Auftragsfor-
schung und durch Publikations- und Kommerzialisierungsaktivitäten wie universitäre Spin-Offs
erbracht. Mit einer Leitinstitutionen-Initiative im Rahmen der Leistungsvereinbarungen 2013–15
wurden Österreichs Universitäten zur Erstellung von Standortkonzepten und zur aktiven Beteili-
gung an den FTI-Strategieprozessen der Bundesländer eingeladen. In ihrem Standortkonzept soll
jede Universität ihre strategischen Kooperationen und Netzwerke mit anderen Forschungseinrich-
tungen, mit Unternehmen und der Gesellschaft in einem selbst definierten nahen Umfeld oder
Einzugsgebiet darstellen. Künftige Leistungsvereinbarungen sollen eine fortschreibende Abstim-
mung und ergänzende Profilbildung zwischen den Universitäten dokumentieren.
Wirtschaftsorientierte Forschung und Kooperation Wissenschaft-Wirtschaft
Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG)
Die FFG ist die zentrale Organisation für die Förderung und Finanzierung von Forschung, Entwick-
lung und Innovation in Österreich. Das Angebot reicht von der Unterstützung des Einstiegs in
eine kontinuierliche Forschungstätigkeit für KMU bis hin zur Förderung von Spitzenforschung und
Exzellenzzentren. Während beispielsweise das Basisprogramm auf unternehmerische Forschungs-
projekte fokussiert ist, werden etwa mit den Research Studios Austria (siehe Abschnitt 3.6.) die
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft forciert. Die FFG wickelt weiters eine
Reihe von themenorientierten Programmen ab, die gesellschaftliche Problemstellungen adres-
sieren. Im Jahr 2014 konnte die FFG 3.284 neue Projekte unterstützen, das gesamte Förder-
volumen (neue Zusagen) betrug 620 Mio. €. Gegenüber 2013 bedeutet das eine Zunahme von
27,5%. Mit 460 Mio. € haben auch die Auszahlungen 2014 eine neue Höchstmarke erreicht und
sind gegenüber dem Vorjahr um 5,5% gestiegen. Über die finanzielle Unterstützung hinaus bietet
die FFG vielfältige Dienstleistungen – so agiert sie zum Beispiel als Nationale Kontaktstelle für
die Forschungsprogramme der Europäischen Union, als Schnittstelle zur Europäischen Weltraum-
agentur und als Gutachter für die Forschungsprämie.
Wissenstransferzentren und IPR Verwertung
Seit 1. August 2014 sollen mit den neuen Wissenstransferzentren (drei regionale und ein thema-
tisches zum Thema Life Sciences) das professionelle Verwertungsmanagement von universitären
Forschungsergebnissen und deren rasche Verwertung durch Unternehmen im Rahmen des Förder-
programms »Wissenstransferzentren und IPR Verwertung« forciert werden. Universitäten und
Forschungseinrichtungen erhalten dafür finanzielle Anreize in Höhe von insgesamt 11,25 Mio. € bis
2018, um durch intensivierte Kooperationen ihre Verwertungschancen noch besser zu erkennen,
Entrepreneurship vermehrt als mögliche Verwertungsoption zu identifizieren und verstärkt mit
Wirtschaft und Gesellschaft zusammenzuarbeiten. Im Rahmen der Förderung von Patentkosten in
Höhe von insgesamt 5 Mio. € bis Ende 2018 langten im ersten Förderjahr 2014 rund 150 Anträge
der Universitäten ein, wobei über 80% der Fördermittel ausgeschöpft wurden.
106
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Im Zuge der Prototypenförderung PRIZE 2014 hat eine internationale Fachjury aus 30 Einrei-
chungen eine Auswahl von 13 erfolgversprechenden Projekten zur Förderung vorgeschlagen. Im
Gesamtprogramm stehen rund 20 Mio. € bis 2018 für die Verwertung von universitärem Wissen
zur Verfügung (Wissenstransferzentren: 11,25 Mio. €, Patentförderung: 5 Mio. €, Prototypen-
förderung: 3 Mio. €). Um dabei auch den Wissenstransfer aus den Geistes-, Sozial- und Kultur-
wissenschaften sowie Kunst (GSK) zu forcieren, sind die regionalen Zentren mit einem GSK
Sonderbudget von 450.000 € pro Jahr bis 2018 ausgestattet.
Forschungskompetenzen für die Wirtschaft
Der Förderschwerpunkt »Forschungskompetenzen für die Wirtschaft« bietet maßgeschneiderte
Bildungsangebote für Unternehmen, v.a. für KMU. Dazu stehen drei aufbauende Förderinstru-
mente zur Verfügung: »Qualifizierungsseminare«, um KMU den Einstieg in neue Technologiefelder
zu erleichtern; »Qualifizierungsnetze« zur Weiterbildung in Hinblick auf Innovationskompetenz für
FTEI-Einsteiger und technologisch kompetente Unternehmen und »Innovationsveranstaltungen«
zum Aufbau und zur Höherqualifizierung des bereits tätigen Forschungs- und Innovationspersonals.
Im Rahmen der 2. Ausschreibung zur Schiene »Qualifizierungsnetze« wurden 11 Projekte zur
Förderung empfohlen. Eine Einreichung von Förderansuchen in der Schiene »Qualifizierungssemi-
nare« ist laufend möglich und so konnten 2014 im Rahmen der 2. Ausschreibung weitere 13 Quali-
fizierungsseminare gefördert werden. Die 2. Ausschreibung zur Schiene »Innovationslehrveran-
staltungen« konnte aufgrund des Abstimmungsprozesses im Zusammenhang mit der Änderungen
der europäischen Rechtsbasis (AGVO, siehe Abschnitt 4.2) nicht wie geplant im Herbst starten.
Neue Ausschreibungen unter Berücksichtigung der Evaluierungsergebnisse des Programms sind
für alle drei Programmschienen für 2015 geplant.
Technologiecluster und Nationale Clusterplattform
Thematisch fokussieren die 61 Clusterinitiativen mit 7000 Mitgliedsunternehmen auf die wirtschaft-
lichen und technologischen Stärkefelder in Österreich, wie Mobilität, Werkstoffe, Mechatronik und
Informations- und Kommunikationstechnologien, Life Sciences und Umwelt- und Energietechnolo-
gien. Die Nationale Clusterplattform hat sich als zentrale Informations- und Kommunikations-
drehscheibe etabliert. In den Arbeitsgruppen sowie beim Cluster-Community-Treffen in Alpbach
2014 wurden u.a. die Themen »Advanced materials und smart textiles als Schlüsseltechnologien
und Innovationsmotoren«, »Serviceinnovationen« und das Thema »EU-Beihilfenrecht« eingehend
bearbeitet. Weiters wurde eine Arbeitsgruppe »Industrie 4.0« und »Innovative Dienstleistungen«
eingerichtet. Für 2015 sind fünf thematische Arbeitsgruppen geplant: (1) Transmissionsfunktion
der Cluster und ihre Rolle im nationalen Innovationssystem, (2) Schlüsseltechnologien – Cluster-
praxis in Forschung und Innovation und Qualifizierung, (3) Clusterrelevante Entwicklungen auf
EU-Ebene inkl. Regionalpolitik (4) Cluster und Internationalisierung und (5) Industrie 4.0 und inno-
vative Dienstleistungen. Ein weiteres zentrales Thema ist »Academia–Business«, das Methoden
und Instrumente von Clustern zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und
Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen näher beleuchten soll.
Austrian Institute of Technology (AIT)
Im Jahr 2014 wurde entsprechend der Rahmenvereinbarung mit der Umsetzung der Strategie
»Shaping The Institute« 2014-2017 begonnen. Um den Unternehmen und Partnern eine System-
und Technologiekompetenz in den zentralen Infrastrukturthemen anzubieten, befasst sich AIT mit
der Entwicklung und Erprobung zukünftiger Lösungen u.a. in den Bereichen Smart Grids, Smart
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
107
Cities, Ambient Assisted Living, sichere Verkehrsinfrastruktur, neue Mobilitätskonzepte, Krisen-
und Katastrophen-Management, IKT-Sicherheit, Telemedizin.
AplusB Programm
Das AplusBAcademia Business Spin-off Gründerprogramm fördert in derzeit österreichweit
7 AplusB-Zentren forschungs- und technologieintensive Spin-off Gründungen aus dem akade-
mischen Bereich. Hier werden Wissenschaftler und Wissenschafterinnen bei dem Wunsch, ein
Unternehmen zu gründen, professionell beraten und durch betriebswirtschaftliches Know-how
gecoacht. Bisher wurden rund 50 Mio. € AplusB Förderungen genehmigt. In den bis Ende Februar
2015 ca. 526 neu gegründeten Unternehmen wurden mehr als 3.400 Arbeitsplätze geschaffen.
Stiftungsprofessuren
Das Förderinstrument »Stiftungsprofessur« leistet einen wichtigen Beitrag zur vertiefenden Weiter-
entwicklung von Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Nachdem 2014 drei Stif-
tungsprofessuren im Bereich der Produktionstechnologien an heimischen Universitäten vergeben
wurden, werden 2015 vier Professuren zu den Themen Nachhaltige Transportlogistik, Innovative
Fertigungstechniken mit Schwerpunkt Luftfahrt, Data Science und Industrie 4.0 ausgeschrieben.
IKT der Zukunft
Mit der Initiative »IKT der Zukunft« werden Projekte gefördert, welche die Forschung und Entwick-
lung in diesem Bereich vorantreiben. Diese reichen von der Erstellung neuer Systemlösungen über
Sicherheitsaspekte und Datenverarbeitung bis hin zu integrierten Dienstleistungen. Für unter-
schiedliche Anwendungen können so neue Produkte entwickeln werden. Im Jahr 2014 wurden für
IKT-Forschung und Entwicklung 85 Mio. € in Kooperationen mit Unternehmen und Wissenschaft
investiert.
Österreichische Weltraumaktivitäten
2014 wurden im Rahmen der ESA die Weichen für die Entwicklung einer neuen Generation von
Trägerraketen (Ariane 6) gestellt. Österreich konnte für Programme im Trägerbereich 3,9 Mio. €
aus bestehenden, noch nicht verbrauchten Verpflichtungen, sowie rund 20 Mio. € für Programme
im Bereiche Erdbeobachtung, Telekommunikation und Technologieentwicklungen zur Verfügung
stellen. Im Jahr 2014 wurden 8 Mio. € für 43 Projekte sowie programmbegleitende Maßnahmen für
die 11. Ausschreibung des Österreichischen Weltraumprogramms ASAP zur Verfügung gestellt.
Auch 2015 wird es eine weitere Ausschreibung des Österreichischen Weltraumprogramms ASAP
geben.
Die Republik Österreich ist seit 1994 Mitglied der Europäischen Organisation für die Nutzung mete-
orologischer Satelliten (EUMETSAT) und hat im Jahre 2014 das Nachfolgeprogramm EUMETSAT
Polar System-Second Generation (EPS–SG) gezeichnet. Mittels der polarumlaufenden Meterolo-
gical Operations-Satelliten von EPS-SG werden durchgehend langfristige Daten gesammelt, um
meteorologische und ökologische Vorhersagen sowie ein globales Klimamonitoring gewährleisten
zu können. EPS–SG kostet 3,32 Mrd. € und hat eine Laufzeit von 2015 – 2044. Der österreichische
Anteil beträgt 70 Mio. €. EPS-SG stellt den europäischen Beitrag zu einem amerikanisch-europä-
ischen gemeinschaftlichen Satellitensystem IJPS (Initial Joint Polar-Orbiting Operational Satellite
System) dar.
108
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Smart Cities
Weltweit entspricht die jährliche Zuwanderung vom Land in die Städte dem Äquivalent von acht
Metropolen in der Größe von New York. Das macht die Urbanisierung zu einer der größten Heraus-
forderungen unserer Zeit. Um dem gerecht zu werden, wurde das Förderprogramm »Stadt der
Zukunft« zum Nachfolger von »Haus der Zukunft« gemacht. Im Rahmen der ersten Ausschreibung
wurden 2014 10 Mio. € an 31 Projekte vergeben. In der zweiten Ausschreibung sind 2015 3 Mio.
€ vorgesehen. Darin wird die Forschung zu und Entwicklung von neuen Technologien, technologi-
schen (Teil-)Systemen und urbanen Dienstleistungen für Städte angestrebt. Auch in der EU spielt
Österreich eine wichtige Rolle durch die Initiierung des ERA-Net Smart Cities and Communities
und des ERA-Net Smart Grids Plus.
Sicherheits- und Verteidigungsforschung
Angesichts der sicherheitspolitischen Entwicklungen im europäischen Umfeld, befasst sich die EU
verstärkt mit dem Erhalt von militärischen Fähigkeiten. Insbesondere die Europäische Kommission
und die Europäische Verteidigungsagentur sollen bis zum Juni 2015 Vorschläge zur Verbesserung
dieser Fähigkeiten erarbeiten. Ein wesentlicher Teil dieser Anregungen betrifft die Aufrechter-
haltung einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft. Dieser Bereich – vor allem
auf Hochtechnologie ausgerichtet – umfasst ein hohes Innovationspotential mit einer Gesamt-
wirtschaftsleistung von etwa 100 Mrd. €. Österreichs Gesamtumsatz auf diesem Sektor beträgt
pro Jahr ca. 2,5 Mrd. € und beschäftigt rund 11.000 Personen. Herausforderung der nächsten
Jahre wird es sein, alle forschungsrelevanten nationalen und internationalen Bemühungen des
Bundesheeres im neu zu entwickelnden Verteidigungsforschungsprogramm zu bündeln. Auf natio-
naler Ebene werden vorbereitende Maßnahmen auf die forschungsbezogene »Preparatory Action«
der Europäischen Union im Rahmen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik umgesetzt.
Innovation
Innovationsfördernde öffentliche Beschaffung (IÖB)
In Ergänzung zu der in der Bundesbeschaffungsgesellschaft eingerichteten zentralen IÖB-Servi-
cestelle wurden Anfang 2014 bestehende Institutionen als sogenannte IÖB-Kompetenzstellen
nominiert (aws, FFG, AustriaTech, Energieagentur). Diese IÖB-Kompetenzstellen unterstützen die
IÖB-Servicestelle und stehen innovativen, öffentlichen Beschaffern mit ihrem förder- und sektor-
spezifischen Wissen zur Verfügung. Im Jahr 2014 wurden zahlreiche IÖB-Veranstaltungen durch-
geführt, wo Beschaffer und Anbieter innovativer Produkte sich über technologische Trends und
Entwicklungen austauschen konnten. Im Rahmen eines IÖB-Projektwettbewerbs wurden innovati-
onsfreudige Beschaffer prämiert, die in öffentlichen Einrichtungen besonders innovative Produkte
implementieren möchten. Darüber hinaus wurden IÖB-Schulungen veranstaltet und IÖB-Strate-
gieplanbegleitungen durchgeführt sowie eine eigene Website eingerichtet: www.ioeb.at.
Ende 2014 wurden die Forschungsergebnisse aus der Pilotausschreibung der vorkommerziellen
Beschaffung (»PCP«) im Bereich Verkehrsinfrastruktur-forschung veröffentlicht. Darüber hinaus
wurde eine weitere PCP-Ausschreibung mit dem Ziel gestartet, eine elektrisch betriebene Hybrid-
verschublok zu entwickeln. Erwartet werden dadurch niedrigere Energie- und Wartungskosten
und weniger Lärm und Abgase. Im Herbst 2014 wurde ein Pilotprogramm im vorkommerziellen
Bereich zur Entwicklung von innovativen, energieeffizienten Lösungen für das Heizen und insbe-
sondere Kühlen historischer, zumeist denkmalgeschützter Gebäude, initiiert.
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
109
Verwertbarkeit der Forschungsergebnisse
Nationale Kontaktstelle für Geistiges Eigentum (NCP-IP)
Die Nationale Kontaktstelle für Geistiges Eigentum, die Hochschulen und öffentliche Forschungs-
einrichtungen beim professionellen Umgang mit geistigen Eigentumsrechten unterstützt, forcierte
auch weiterhin die Umsetzung des Projekts IPAG Intellectual Property Agreement Guide (siehe
Wirtschaftsbericht 2014). So konnten im ersten Projektjahr rund 1.500 Downloads von aktuellen
und kostenlos zur Verfügung stehenden Vertragsmustern im Technologietransfer verzeichnet
werden. Die Vertragsmuster stehen in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung.
Markt.Start
Ziel der Initiative Markt.Start ist es, systematische Finanzierungsengpässe für Start-up Unter-
nehmen in der Markteinführungsphase abzufedern, die Markteinführung von Produkten zu
beschleunigen und letztendlich die Überlebenswahrscheinlichkeit der Start-up-Unternehmen zu
erhöhen. Start-ups wird je bis zu 1 Mio. € in Form eines langfristigen und beinahe zinsfreien
Darlehens zur Verfügung gestellt, wovon bisher 27 Start-ups profitieren konnten – sie erhielten
insgesamt 14,2 Mio. €. Aktuell sind noch immer 90% dieser Unternehmen wirtschaftlich aktiv.
Internationale Forschungs- und Technologiepolitik
EU-Forschungsprogramme
Im 7. EU-Rahmenprogramm (2007–2013) zeigen die österreichischen Beteiligungsergebnisse
ein Jahr nach dem offiziellen Ablauf des Programms eine gute Beteiligung österreichischer
Forscherinnen und Forscher. Von den mit Datenstand Oktober 2014 rund 135.000 evaluierten
Projektvorschlägen des 7. RP wurden 25.238 zur Förderung vorgeschlagen. Mit Ende 2014 waren
die Vertragsverhandlungen von 99,7% dieser bewilligten Projekte abgeschlossen und damit
44,9 Mrd. € der Fördergelder des 7. RP vertraglich gebunden.
Horizon 2020 im Vergleich mit dem 7. Rahmenprogramm1 Quelle: 7.RP ECORDA- Vertragsdaten, Berechnung: EU-PM 2 Quelle: H2020 ECORDA-Proposaldaten, Berechnung: EU-PM
FP7 H2020
Datenstand Datenstand
Okt. 2014 März 2015
Bewilligte österreichische Beteiligungen 3.516 492
Anteil bewilligter österreichischer Beteiligungen an
den insgesamt bewilligten Beteiligungen 2,6% 2,9%
Bewilligte Projekte mit österreichischer Beteiligung 2436 359
bewilligte österreichische Koordinatorinnen 675 95
Anteil der AT-Koordinatorinnen an Gesamt 2,7% 2,5%
Vertraglich gebundene Förderungen für bewilligte
österreichische Partnerorganisationen und
Forschende in Mio. € 1.184 190
Rückflussindikator (österreichischer Anteil an
rückholbaren Fördermitteln) 2,6% 2,9%
1 2
110
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Österreichische Partnerorganisationen waren an 2.436 und damit an jedem zehnten für eine Förde-
rung vorgeschlagenen Projekt beteiligt. Insgesamt waren 3.516-mal österreichische Beteiligungen
in erfolgreichen Konsortien vertreten. Österreichische Forscherinnen und Forscher stellten somit
2,6% der erfolgreichen Beteiligungen und lagen damit im europäischen Mittelfeld. Die Industrie
stellte auch im 7. RP rund ein Drittel der österreichischen Beteiligungen. Von den erfolgreichen
österreichischen Beteiligungen entfielen bis Ende des Jahres 2014 33% auf den Unternehmens-
sektor. Der verbleibende Hauptanteil entfiel auf den universitären (33%) und außeruniversitären
(23%) Forschungssektor. 2,64% aller bis Oktober 2014 vertraglich gebundenen Fördergelder und
damit 1.184 Mio. € des 7. EU-Rahmenprogramms gingen an österreichische Organisationen.
Europäischer Forschungsrat ERC
In den letzten Jahren haben sich die Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) durch
ihren hochkompetitiven Charakter als Zeichen für wissenschaftliche Exzellenz und als Maßstab
für die Qualität von Forschungseinrichtungen etabliert. Mit Datenstand Februar 2015 stieg die
Gesamtzahl der nach Österreich vergebenen ERC Grants auf 121 ERC Starting-Consolidator- und
Advanced Grants sowie zwei Beteiligungen an je einem Synergy Grant Projekt. Mit dieser Bilanz
liegt Österreich im europäischen Mittelfeld. Forscherinnen und Forscher an österreichischen ERC
Gastinstitutionen waren jedoch mit einer durchschnittlichen Bewilligungsquote von rund 13%
besonders erfolgreich. Mit der personenbezogenen top-up-Förderung »Proof of Concept« fördert
der Europäische Forschungsrat die Ausschöpfung des Innovationspotentials von in ERC-Projekten
generierten Ideen und Erfindungen. Insgesamt konnten bisher fünf ERC-Preisträger in Öster-
reich diese Zusatzförderung einwerben. Mit Horizon 2020 wurde der ERC mit einem Budget von
rund 13,1 Mrd. € massiv gestärkt (+60% im Vergleich zum 7. RP). Die Förderlinien für herausra-
gende Nachwuchsforscherinnen und -forscher und etablierte Forschende werden fortgeführt, eine
Ausnahme bildet die Pilotförderung »Synergy Grant«, deren Fortsetzung vom Ergebnis der Evalu-
ierung abhängig gemacht wird. Die Wiedereinreichungsregeln wurden mit dem Arbeitsprogramm
2014 auf Grund der steigenden Antragszahlen verschärft.
Makroregionale Strategien als Chancen fokussierter Zusammenarbeit
Der Mehrwert makroregionaler Strategien für Forschung, Entwicklung und Innovation besteht in
der Möglichkeit, verschiedene sektorale Ansätze zu integrieren und die Aktivitäten verschiedener
Akteure besser zu koordinieren. Darüber hinaus soll ein effizienteres Zusammenwirken der auf
verschiedenen Ebenen vorhandenen Finanzierungsinstrumente (z.B. regional und national verge-
bene Fördermittel, Europäische Struktur- und Investitionsfonds, die 2014-2020 einen Forschungs-
und Innovationsschwerpunkt aufweisen, EU-Horizon 2020 Mittel) erreicht werden. Bisherige
Erfahrungen mit diesem makroregionalen Ansatz zeigen eine deutlich positive Wirkung, vor allem
in Bezug auf gemeinsame Projektentwicklung und einen integrierten Politikansatz. Schwächen
bestehen jedoch in der komplexen Governance Struktur und in der Planung und Implementie-
rung – besonders in der kontinuierlichen Bereitstellung adäquater personeller und finanzieller
Ressourcen und der Übernahme von Leitungsverantwortung durch die Mitgliedstaaten.
Die Erfahrungen Österreichs aus der Beteiligung an der EU Strategie für den Donauraum (EUSDR)
sollen auch für den Alpenraum nutzbar gemacht werden, für den die Verabschiedung einer makro-
regionalen Strategie (EUSALP) für die zweite Jahreshälfte 2015 geplant ist und in der ebenfalls
explizite Maßnahmen im Bereich wirtschaftliches Wachstum und Innovation vorgesehen sind. Mit
der EUSDR und EUSALP werden zwei wirtschaftlich und wissenschaftlich zentrale Regionen für
Österreich angesprochen. Eine vermehrte Integration und Koordination im Bereich Forschung
und Innovation bietet für Hochschul- und Forschungseinrichtungen sowie für innovationsgetrie-
4.4. Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
111
bene Firmen Möglichkeiten für den gezielten Ausbau ihrer grenzüberschreitenden Kooperations-
beziehungen und ihre Positionierung als Leitinstitutionen nicht nur in der Region, sondern auch in
einem zunehmend globalisierten Umfeld.
EUREKA und EUROSTARS
EUREKA unterstützt europäische Unternehmen und ihre Kooperationspartner bei grenzüber-
schreitenden F&E-Projekten in ganz Europa. Durch die Flexibilität und den bottom-up-Charakter
ist EUREKA speziell für KMU gut geeignet. An 51 der (seit 2007) ca. 1000 EUREKA-Netzwerkpro-
jekte waren bzw. sind österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen beteiligt, was
einem kumulierten Projektanteil von ca. 30 Mio. € entspricht. Der Anteil der KMU beträgt rund
45%. Im Rahmen von EUREKA unterstützt Österreich außerdem sechs EUREKA-Cluster, d.h. lang-
fristige strategische Initiativen der Industrie mit Beteiligung mehrerer EUREKA-Länder. Derzeit
ist ein neuer Cluster im Bereich der Metallurgie-Technologien im Entstehen – die österreichische
Industrie ist dabei ein aktiver Partner. Seit 2007 haben sich österreichische Partner an 35 Cluster-
Projekten beteiligt (alle aus dem Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie), das
Projektvolumen dieser Projekte liegt bei insgesamt 390 Mio. €, der österreichische Projektanteil
bei ca. 49 Mio. € und die Gesamtförderung beläuft sich auf 15,24 Mio. €.
Länder wie die Türkei, Russland und Israel sind bereits seit Längerem EUREKA-Vollmitglieder.
Anfang 2014 wurde ein österreichisch-israelisches Kooperationsabkommen im Bereich der an-
gewandten Forschung abgeschlossen, im Rahmen dessen insbes. der EUREKA-Mechanismus ge-
nutzt werden soll. 2 Mio. € an Sondermitteln stehen zur Verfügung. Bi- und multilaterale Ein-
reichdeadlines werden zunehmend zwischen den EUREKA-Büros einzelner Länder vereinbart,
wodurch zusätzliche Aufmerksamkeit und eine größere Anzahl von Projektvorschlägen entsteht.
Die umfangreichste derartige Initiative wurde durch Österreich initiiert, nämlich eine multilaterale
EUREKA-Deadline aller Länder des Donauraumes, wodurch EUREKA nun angewandte grenzüber-
schreitende F&E-Kooperationen im Rahmen der Donaurauminitiative abdeckt. Die Call-Eröffnung
erfolgte im März 2015, Einreichdeadline war der 17. Juni 2015, die Finanzierung erfolgt über Mittel
der FFG-Basisprogramme. EUREKA fokussiert auch auf F&E-Kooperationen »Beyond Europe«.
Im Sommer 2014 konnte die Assoziierung Südafrikas (als drittes außereuropäisches Land nach
Südkorea und Kanada) finalisiert werden. EUREKA bietet in Bezug auf diese Länder einen guten
Rahmen auch für bilaterale, Kooperationsprojekte im Bereich angewandter F&E. Umfassendere
globale Kooperationsansätze werden derzeit in den EUREKA-Gremien überlegt.
Eurostars ist ein thematisch offenes, gemeinsames Förderprogramm von EUREKA und der
Europäischen Kommission, maßgeschneidert für Forschung und Entwicklung treibende kleine und
mittlere Unternehmen. Als Initiative mehrerer Mitgliedstaaten gemäß Art. 185 Lissabon-Vertrag
werden 75% der Mittel national dotiert, die restlichen (maximal) 25% stammen als Top-Up von
der EK. Eurostars ist ebenfalls thematisch offen, allerdings gibt es fixe Einreichtermine und eine
zentrale Projektevaluierung. Mit Anfang 2014 begann die Laufzeit der Initiative Eurostars-2 (2014-
2020). Insgesamt nehmen 34 Staaten teil. In den ersten beiden Cutoff-Dates von Eurostars-2
wurden insgesamt 160 Projekte gefördert, davon 16 mit österreichischer Beteiligung; der öster-
reichische Anteil am Fördervolumen liegt dabei mit 4,5% auf zufriedenstellendem Niveau.
112
4.5. Außenwirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.5. Außenwirtschaftspolitik
Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaft
Das Waren-Exportvolumen ist 2014 um 1,7% auf einen neuen Höchstwert von 127,9 Mrd. € ge-
wachsen. Importe sind 2014 um -0,8% zurückgegangen (auf 129,7 Mrd. €). So wurde das Handels-
bilanzdefizit gegenüber dem Vorjahr mehr als halbiert (auf nunmehr 1,8 Mrd. €).
Die Exporte in die EU, die mit 68,8% den höchsten Anteil ausmachen, sind auch 2014 wieder ge-
stiegen, nämlich um 1,4%. Der Handel Österreichs mit Drittstaaten gewinnt an Bedeutung: Der
Anteil der Exporte in Drittstaaten inkl. bedeutende Zukunftsmärkte wuchs von 29% im Jahr 2009
auf 31,2% im Jahr 2014. Die wichtigsten außereuropäischen Exportmärkte Österreichs waren
2014 die USA, China, Japan, Kanada, Südkorea, Australien und Saudi-Arabien. 2014 wuchsen die
Ausfuhren in Drittstaaten überdurchschnittlich um 2,1%, in jene außerhalb Europas sogar um
4,2%. Überdurchschnittliche Zuwächse von mehr als 10,1% verzeichnete 2014 vor allem der nord-
amerikanische Raum. 9,5% der österreichischen Warenexporte gingen nach Asien, das mit einem
Plus von 2,2% seine Position als wichtigster außereuropäischer Markt weiter ausbauen konnte.
Besonders gut entwickelt haben sich Exporte nach China, Singapur und Malaysia.
2014 entfielen auf fünf Hauptwarengruppen 88,9% der Exporte und 86,8% der Importe.
Exporte und Importe nach Hauptwarengruppen 2014Quelle: Statistik Austria
Exporte Importe
Maschinen und Fahrzeuge 39,1% 33,0%
Bearbeitete Waren 22,0% 15,5%
Chemische Erzeugnisse 13,9% 13,6%
Sonstige Fertigwaren 11,5% 14,6%
Brennstoffe, Energie 2,4% 10,1%
Der Importanteil für Produkte aus der EU ist 2014 mit 71,3% leicht rückläufig. Die wichtigsten
Herkunftsländer für importierte Produkte sind innerhalb der EU nach wie vor Deutschland und
Italien, außerhalb Europas vor allem China und die USA. Der stärker ausgeprägte Rückgang des
Preisniveaus von Importen (-1,5%) als von Exportpreisen (-0,5%) führte 2014 zu einer Verbes-
serung der Terms of Trade (+1,02%) zum Vorjahr. Dies ist vor allem auf eine Preissenkung bei
importierten Rohstoffen zurückzuführen.
Die Leistungsbilanz ist in den letzten Jahren durchwegs positiv: Dazu tragen wesentlich die Über-
schüsse im Dienstleistungsbereich bei. Auch 2014 wies die Leistungsbilanz einen Überschuss von
2,6 Mrd. €, oder 0,8% des BIP aus. 2014 betrug der Gesamtüberschuss der Dienstleistungsbilanz
10,4 Mrd. € (nach 10,8 Mrd. € 2013). Die Dienstleistungsexporte stiegen um 4,6%, die Importe um
6,9%. Österreich liegt bei den Einnahmen aus dem Tourismus 2014 mit 15,5 Mrd. € nach wie vor
international im Spitzenfeld. Der Saldo aus der Tourismusbilanz war positiv in Höhe von 7,4 Mrd. €.
Bei den Sonstigen Dienstleistungen dominieren weiter die Traditionellen Dienstleistungen (Trans-
port und Bauleistungen) mit einem Exportanteil von 33,3%. Zunehmend an Bedeutung gewinnen
die Knowledge Intensive Business Services, deren Anteil bei den Exporten sich in den letzten 15
Jahren auf etwa 28,7% (2014) mehr als verdoppelt hat. Innerhalb dieser Gruppe erzielten die
4.5. Außenwirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
113
höchsten Handelsüberschüsse die Technisch-innovativen Dienstleistungen mit rund 3,8 Mrd. €, da-
runter Forschung und Entwicklung 1,2 Mrd. € und Architektur und Technik 1,6 Mrd. €. Österreich
konnte sich offensichtlich weiter als wettbewerbsfähiges Know-how Zentrum behaupten.
In den letzten Jahren beschleunigte sich der Internationalisierungsprozess der österreichischen
Wirtschaft deutlich. Die Direktinvestitions-Bestände erreichten Ende 2014 einen geschätzten
Wert von 183,9 Mrd. € (+7,7% gegenüber 2013) aktivseitig und 148,9 Mrd. € (+10,5%) passivsei-
tig. Traditioneller Weise ist die Verflechtung mit Europa besonders intensiv. 82% der DI-Bestände
lagen in Europa, rund 77% stammten von dort. Außerhalb Europas waren die USA das wichtigste
Partnerland. Wichtigste Zielregion der Direktinvestitionsflüsse 2014 war die EU-15 mit 7,1 Mrd. €.
Aus Amerika wurden 5,2 Mrd. € Desinvestitionen verzeichnet, was zum Großteil auf Kapitalabzug
aus Offshore-Ländern zurückzuführen war. Spitzenreiter waren die Niederlande mit 6,5 Mrd. € vor
Frankreich mit 1,9 Mrd. € und China mit 0,35 Mrd. €. Wichtigste Herkunftsregion 2014 war Afrika
aufgrund einzelner Großinvestitionen. Spitzenreiter war Luxemburg mit 1,4 Mrd. €. Dahinter folgte
Deutschland (1,1 Mrd. €) und Russland mit 0,8 Mrd. €. Hohe Desinvestitionen wurden aus Groß-
britannien und Schweden mit je -1,2 Mrd. € und den USA (-0,8 Mrd. €) verzeichnet.
Maßnahmen der Außenwirtschaftspolitik
Internationalisierungsoffensive
Die Anzahl der Exporteure, die sogar während der Krise gestiegen war, erreichte nach WKO-
Schätzung 2014 einen neuen Höchstwert von rund 50.000 und hat sich damit seit 2000 mehr als
verdreifacht.
Ein wichtiges Ziel der Internationalisierungsoffensive ist die Erschließung neuer Märkte mit neuen
Produkten und Dienstleistungen, damit Österreich vom Wachstumspotential der Zukunftsmärkte
profitieren kann und unabhängiger von Krisen in einzelnen Regionen wird. Der Anteil der Fern-
märkte am Exportvolumen soll daher weiter gesteigert werden, ohne dass aber die traditionellen
Märkte vernachlässigt werden. Eine Evaluierungsstudie des WIFO über »go international« vom
Januar 2015 zeigt: 1 € Förderung bringt kurzfristig 25 € und langfristig 60 € an Wertschöpfung
und kurzfristig 5 € sowie langfristig 15 € an Steuereinnahmen. Außerdem werden kurzfristig
9.500, langfristig 26.000 Beschäftigte ausgelastet. Für 2014 waren für die Durchführung der In-
ternationalisierungsoffensive 17 Mio. € eingeplant. Davon entfielen 15 Mio. € auf den Vertrag »go
international« mit der WKÖ.
EXPO 2015 Mailand
Vom 1. Mai bis 31. Oktober 2015 findet in Mailand eine Weltausstellung mit dem Generalthema
»Feeding the Planet, Energy for Life« statt, an der auch Österreich teilnimmt. Der österreichische
Pavillon bietet österreichischen Unternehmen und Organisationen eine Plattform, sich dem inter-
nationalen Publikum zu präsentieren. Mit breathe.austria präsentiert Österreich einen pointierten
Beitrag zum Thema der Weltausstellung, der die natürliche wie technische Kompetenz des Landes
in den Fokus stellt. Der Österreich Pavillon ist energieneutral, reguliert das Raumklima durch Ver-
dunstungskühlung und produziert stündlich Sauerstoff für 1.800 Personen. Italien ist Österreichs
zweitwichtigster Handelspartner, zweitwichtigste Exportdestination für Nahrungsmittel und der
größte Abnehmer von Holz. Die Mitwirkung an der EXPO 2015 Mailand dient der Steigerung der
Wahrnehmung Österreichs im Ausland und der Positionierung österreichischer Unternehmen und
Produkte auf ausländischen Märkten.
114
4.5. Außenwirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Exkurs: »Die zentraleuropäische Industriekernzone« – Neues aus der FIW-Forschung
Österreich ist Teil der sich herausbildenden zentraleuropäischen Industriekernzone (»Central Eu-
ropean Manufacturing Core«; CEMC), in der sich zunehmend die industrielle Fertigung der EU
konzentriert. Das wiiw (2015) zeigt in seiner Studie für den Bereich der Sachgütererzeugung, dass
sich in Österreich und den übrigen CEMC-Ländern – im Gegensatz zu den anderen EU-Mitglied-
staaten – zunehmende Produktionsintegration als unterstützend für den Anteil der Sachgüter-
produktion am BIP erweist. Das Ausmaß der Integration in internationale Produktionsnetzwerke
lässt sich durch zwei Kennzahlen erfassen: zum einen durch den Anteil der ausländischen Wert-
schöpfung an den heimischen Exporten (backward production integration), zum anderen durch
die exportierte Wertschöpfung, die wiederum in die Exporte von Handelspartnern eingeht, von
diesen also weiter exportiert wird (forward production integration). Der Grad der (rückwärts und
vorwärts gerichteten) Produktionsintegration ist mit knapp 70% der Bruttoexporte am höchsten
in der Slowakei und in Tschechien. In Österreich bestehen rund die Hälfte aller Produktionsver-
netzungen mit den anderen Ländern der Region (backward production integration: 47%; forward
production integration: 49%). Die vorwärts gerichtete Produktionsintegration ist in Deutschland
und in Österreich relativ stärker ausgeprägt als in den Visegrád-Staaten, die eine sehr hohe
rückwärts gerichtete Produktionsvernetzung aufweisen. Das deutet darauf hin, dass diese beiden
Länder die wesentlichen Lieferanten von spezialisierten Inputs sind und somit weitestgehend auch
die Technologieführerschaft innerhalb der zentraleuropäischen Industriekernzone innehaben. Auf-
grund des Größenverhältnisses zwischen Österreich und Deutschland bleibt aber unbestritten,
dass vorwiegend deutsche Unternehmen die zentraleuropäischen Lieferketten organisieren und
auch kontrollieren.
Außenhandelsförderung für österreichische Unternehmen
Die Export- und Internationalisierungsförderungsinstrumente gemäß Ausfuhrförderungsgesetz
(AusfFG) wurden im Jahr 2014 wieder verstärkt nachgefragt. Exporthaftungen in Form von Ga-
rantien und Wechselbürgschaften für Exportgeschäfte und Auslandsinvestitionen wurden in Höhe
von insgesamt rund 3,816 Mrd. € übernommen. Davon entfielen rund 2,0 Mrd. € auf Garantien
(inkl. jene für die OeEB) und 1,9 Mrd. € auf Wechselbürgschaften. Im Exportfinanzierungsverfah-
ren wurden 2014 Finanzierungszusagen in Höhe von zirka 3,3 Mrd. € neu erteilt. Ein Nettokredit-
zuwachs von 102,7 Mio. € konnte bei den Krediten der Österreichische Exportfonds GmbH an KMU
erzielt werden. Auch Soft Loans waren 2014 wieder ein bedeutendes Instrument der österreichi-
schen Außenhandelsförderung, diesbezüglich wurden rund 161,5 Mio. € genehmigt.
Mit dem Außenwirtschaftsprogramm (AWP) werden technische Hilfe, Programme und Projekte
internationaler Finanzierungsinstitutionen (IFI) kofinanziert, um Export und Investitionschancen
für die österreichische Wirtschaft zu generieren. Durch die gezielte Kooperation mit den IFI sollen
neue Markt- und Geschäftsmöglichkeiten für die österreichischen Unternehmen eröffnet werden.
2014 wurden elf IFI Programme in Höhe von 20,8 Mio. € genehmigt.
Wirtschaft und Entwicklung Mit dem Programm Wirtschaftspartnerschaften unterstützt die Austrian Development Agency,
ADA gemeinsam mit der Oesterreichischen Entwicklungsbank (OeEB) die Zusammenarbeit öster-
reichischer Unternehmen mit der Wirtschaft der Partnerländer. Durch Wirtschaftspartnerschaf-
ten (WiPas) werden zusätzliche private Mittel für entwicklungspolitisch relevante Maßnahmen
mobilisiert und Entwicklungseffekte privater Wirtschaftsbeziehungen und Investitionen genutzt.
115
4.5. Außenwirtschaftspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sowie eine genauere Risikoabschätzung verbessern
zugleich die Wirtschaftlichkeit der Projekte. Im Jahr 2014 wurden 18 neue WiPas mit einem För-
derungsvolumen von rund 4 Mio. € genehmigt. 13 Projekte aus den Vorjahren konnten 2014 abge-
schlossen werden, damit befanden sich zu Jahresende insgesamt 51 Projekte in der Durchführung.
Der Bereich Wirtschaft und Entwicklung hat noch viel Potenzial. Daher hat die Österreichische
Entwicklungszusammenarbeit OEZA 2014 ein weiteres Instrument zur Zusammenarbeit mit dem
Privatsektor entwickelt. Im Rahmen von »Strategischen Partnerschaften mit dem Privatsektor«
wird die ADA in Zukunft zusammen mit Unternehmen programmatische und systemische Ansätze
realisieren. Die ersten konkreten Strategischen Partnerschaften sollen 2015 starten.
Die Oesterreichische Entwicklungsbank (OeEB), eine Tochter der OeKB, unterstützt wirt-
schaftlich selbsttragende Privatsektor-Projekte in Entwicklungsländern. Im Jahr 2014 stieg das
Gesamtportfolio für Investitionsfinanzierungen auf 757,4 Mio. € und für Beteiligungen auf 49,5
Mio. €. Mit Ende des Jahres waren zudem 47 Vorhaben zur Projektvorbereitung und -unterstüt-
zung aus dem Advisory Programme aktiv. Beispielsweise erhielten durch OeEB-Projekte in Ent-
wicklungsländern in den vergangenen Jahren geschätzte 35.000 Mikrounternehmen sowie 4.200
KMU Zugang zu Krediten. Die OeEB legt in ihrem Engagement einen klaren Fokus auf die Sektoren
KMU, Erneuerbare Energie und Ressourceneffizienz und ist vorrangig in Afrika, dem Südkaukasus/
Zentralasien, Südost-/Osteuropa und Zentralamerika/Karibik tätig.
116
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik
Energiepolitik
Erneuerbare Energien
Österreich verfügt aufgrund seiner günstigen topografischen Situation über zwei Ressourcen, die
traditionell in hohem Ausmaß zur Energiegewinnung genutzt werden: Wasserkraft und Biomasse.
In Summe tragen die gesamten erneuerbaren Energien derzeit mehr als drei Viertel (78,4%) zur
gesamten inländischen Energieproduktion bei, was einem Plus von 3 Prozentpunkten gegenüber
2012 entspricht. Der Anteil der erneuerbaren Energien hat im Ausgangsjahr 24,2% (2005) betra-
gen und konnte in den letzten Jahren sukzessive auf beachtliche 32,5% (2013) ausgebaut werden.
Die EU-Richtlinie zur Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen ist auf den Bereich des ener-
getischen Endverbrauches ausgelegt und gibt für Österreich einen Zielwert für den Anteil dieser
Energien von 34% für 2020 im Vergleich zum Ausgangsjahr 2005 von rund 24% vor. Österreich ist
auf einem guten Weg, das 34%-Ziel im Jahr 2020 zu erreichen.
EU-Richtlinie erneuerbare Energien; Bruttoendenergieverbrauch
Quelle: Statistik Austria
Anrechenbare erneuerbare Energien Bruttoendenergieverbrauch
Ökostrom-Förderung
Der Bereich Ökostrom hat mit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes per 1.1.2003 und seiner No-
vellen einen nachhaltigen Aufschwung erfahren. Der Anteil von gefördertem Ökostrom betrug laut
Ökostrombericht 2014 nach 11% im Jahr 2012 12,5% im Jahr 2013 bezogen auf die Gesamtabga-
bemenge des aus dem öffentlichen Netz an Endverbraucher abgegebenen Stromes. Die Windkraft
macht mittlerweile 5,2%, die feste Biomasse ungefähr 3,5% an der Abgabe an Endverbraucher
aus. Im Bereich Windkraft stieg die erzeugte Strommenge von 2012 auf 2013 um 24,5%. Für
0
200
400
600
800
1.000
1.200
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
die Kleinwasserkraft belief sich die Steigerung auf 25,2% und im Bereich Photovoltaik waren es
112%. Die größten Anteile bei bescheidmäßig genehmigten und als Ökostromanlagen anerkann-
ten Anlagen erreichten Ende 2013 Windenergieanlagen (2.642 MW), gefolgt von Photovoltaik-
anlagen (1.049 MW) und Biomasseanlagen (453 MW). Ein Teil dieser Anlagen ist allerdings nicht
errichtet worden.
Entwicklung anerkannter Ökostromanlagen lt. Bescheiddatenbank
Quelle: E-Control
Fernwärme- und Fernkälteausbau
Primäres Ziel der Förderungen gemäß Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz ist die Errichtung
von Leitungen zum Transport von Fernwärme und Fernkälte sowie die Installation von Fernkälte-
anlagen. Mit den zur Verfügung stehenden Geldern sollen bestehende Energie- und CO2-Einspa-
rungspotential unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit und eines ausgeglichenen Ener-
giemixes sowie einer Reduktion des Primärenergieträgereinsatzes gehoben werden. Es soll die
Energieeffizienz erhöht und durch die Errichtung von Kältenetzen der Stromverbrauchszuwachs
für Klimatisierung gedämpft werden. Außerdem soll auch die Emission von Luftschadstoffen ver-
ringert und bestehende Wärme- und Abwärmepotenziale – vor allem industrieller Art – kosten-
günstig genutzt werden. Insgesamt soll eine dauerhafte Emissionsreduktion von bis zu 3 Mio. t
CO2 erreicht werden, wobei jedoch der zusätzliche Ausbau von Wärme- und Kältenetzen nur dann
zu fördern ist, wenn die zusätzliche Erzeugung nachweislich zu weniger Primärenergieträgerein-
satz führt und weniger CO2-Emissionen verursacht werden. Bisher wurden eine Reihe von kleine-
ren aber auch sehr großen Infrastrukturanlagen gefördert und etwa 95 Mio. € an Fördergeldern
117
0
400
800
1.200
1.600
2.000
2.400
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3.200
3.600
4.000
4.400
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Geothermie
Biomasse flüssig
Deponie- und Klärgas
Photovoltaik
Biogas
Biomasse fest
Wind
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
vergeben bzw. zugesagt. Es kann angenommen werden, dass die Projekte ohne Unterstützung
nicht bzw. erst mit langer Verzögerung errichtet worden wären.
Energieeffizienz
Durch umfangreiche Maßnahmen ist es im Laufe der vergangenen Jahrzehnte in Österreich ge-
lungen, die Energieeffizienz deutlich zu verbessern. Obwohl das reale Bruttoinlandsprodukt in
Österreich zwischen 1973 und 2013 um 138,2% gewachsen ist, erhöhte sich der Bruttoinlands-
verbrauch des Jahres 2013 um nur 55,1% über dem Niveau des Jahres 1973. Damit hat sich die
Energieintensität bzw. der relative Energieverbrauch (d.h. die zur Erzeugung einer Einheit des BIP
notwendige Menge an Gesamtenergie) um 34,9% verringert.
Entkopplung Bruttoinlandsverbrauch/Wirtschaftswachstum; indexiert 1973 = 100Quelle: Statistik Austria, WIFO
BIP real Bruttoinlandsverbrauch Relativer Energieverbrauch
Die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch hat sich allerdings in den letz-
ten Jahren etwas abgeschwächt und kam Anfang des Jahrtausends zum Stillstand. Zwischen 2000
und 2005 kam es sogar zu einem kurzfristigen Anstieg des relativen Energieverbrauchs, wie auch
die Grafik zeigt. Danach ging diese Maßzahl allerdings auch wieder markant zurück (2005–2013:
-11,5% bzw. rund -1,8% pro Jahr), zwischen 1990 und 2013 sank der relative Energieverbrauch
um 13,6%. In den Jahren 2012 und 2013 ließen nicht zuletzt weniger freundliche Witterungsver-
hältnisse den relativen Energieverbrauch nur um 1,0% (2012) sinken bzw. im Jahr 2013 sogar
wieder leicht (+0,3%) wachsen.
118
60
80
100
120
140
160
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200
220
240
1970 1973 1976 1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003 2007 2010 2013
119
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Energieintensität – Bruttoinlandsverbrauch je Bruttoinlandsprodukt Quelle: Statistik Austria, WIFO BIV
in TJ je Mio. €
Ein Vergleich der Gesamtenergieintensitäten der EU und einiger weiterer Staaten, basierend auf
IEA-Daten, verdeutlicht die niedrige Energieintensität in Österreich. Im Jahr 2012 betrug der
Bruttoinlandsverbrauch pro 1.000 US-$ BIP (zu Preisen und Wechselkursen von 2005) in Öster-
reich 0,098 t Rohöleinheit (toe). Dieser Wert liegt deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-
Länder (0,133) und auch unter den Werten der meisten EU-Mitgliedstaaten, wovon Irland, Däne-
mark, Großbritannien und Italien niedrigere Werte aufweisen. Die Gesamtenergieintensitäten in
den dargestellten Ländern liegen in einer Bandbreite zwischen 0,058 toe (Schweiz) und 0,771 toe
(Russland).
4,6
4,7
4,8
4,9
5,0
5,1
5,2
5,3
5,4
5,5
5,6
1990 1993 1996 1999 2002 2005 2008 2011 2013
120
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Energieintensität – Bruttoinlandsverbrauch pro BIP im Jahr 2012Quelle: IEA | in toe je 1000 $ BIP zu Preisen 2005
Entwicklung des österreichischen Gasmarktes
Seit der Umstellung auf das neue System des Gasmarktmodells entwickelt sich der österreichische
Gasmarkt überaus dynamisch. Die am Central European Gas Hub (CEGH) gehandelten Mengen sind
2014 gegenüber dem Jahr davor stark angestiegen. Das auf dem OTC-Markt gehandelte Volumen
stieg um 11,92% auf 39,3 Mrd. m³, das an der Gasbörse gehandelte Volumen erhöhte sich um
60,89% auf 1,9 Mrd. m³. Auch die Anzahl der am CEGH registrierten Mitglieder ist von 162 auf
180 gestiegen. Die Konsumenten und Konsumentinnen machen von den Möglichkeiten, die ihnen
der Wettbewerb auf dem Gasmarkt bietet, zunehmend Gebrauch. Im Laufe des Jahres 2014 haben
61.633 ihren Lieferanten gewechselt, gegenüber 33.849 im Jahr davor, dies ist ein Anstieg um 82%.
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
Irland
Dänemark
Großbritannien
Italien
Österreich
Malta
Luxemburg
Deutschland
Spanien
Frankreich
Portugal
Niederlande
Zypern
Schweden
Griechenland
Belgien
Finnland
Kroatien
Slowenien
Ungarn
Polen
Litauen
Lettland
Slowakei
Tschechien
Rumänien
Estland
Bulgarien
EU (28)
OECD-Gesamt
Schweiz
Norwegen
Japan
USA
China
Russland
121
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Klimapolitik und Ressourcenverbrauch
Ressourcenverbrauch in Österreich – Schritte in Richtung Entkopplung gesetzt
Der Materialverbrauch in Österreich stieg zwischen 1995 und 2012 von 177,0 auf 186,2 Mio. t
an; für 2012 entspricht das einer Pro-Kopf-Menge von 22,1 t/Jahr. Der heimische Bedarf wird zu
mehr als drei Viertel von der Inlandsentnahme, und hier vor allem durch Produkte des Bergbaus
sowie aus der Land- und Forstwirtschaft abgedeckt. Importe gewinnen jedoch zunehmend an
Bedeutung: 2012 wurden 91,4 Mio. t importiert, das entspricht mehr als 60% der Inlandsentnah-
me. Besonders angewiesen ist Österreich auf den Import fossiler Energieträger sowie von Erzen
und Waren aus metallischen Rohstoffen. Wenn auch die geschätzten Vorleistungen berücksichtigt
werden, erhöht sich der Materialverbrauch 2012 auf etwa 27 t pro Kopf und Jahr. In Summe ist
der österreichische Materialverbrauch in den Jahren 1995 bis 2012 um mehr als 5% gestiegen.
Gleichzeitig gelang es, die Ressourceneffizienz um beinahe 34% zu verbessern: Es konnte also mit
1 t Material um ein Drittel mehr Wirtschaftsleistung erzielt werden. Daraus lässt sich schließen,
dass es in Österreich durch technologische Verbesserungen und strukturellen Wandel gelungen
ist, den Materialverbrauch vom wirtschaftlichen Wachstum zumindest teilweise zu entkoppeln
(relative Entkopplung).
Wirtschaftswachstum, Materialverbrauch (domestic material consumption DMC) und Ressourceneffizienz in Österreich 1995–2012Quelle: Statistik Austria
BIP | Inländischer Materialverbrauch (DMC) | Ressourcen-effizienz (BIP/DMC)
Klimaschutzgesetz
Das Klimaschutzgesetz (KSG) ist das zentrale Rechtsinstrument zur Umsetzung der österreichi-
schen Treibhausgas-Reduktionsziele außerhalb des EU-Emissionshandels. Im Zeitraum 2013 bis
2020 muss Österreich die Emissionen außerhalb des EU-Emissionshandels um 16% gegenüber
2005 reduzieren. Mit der KSG-Novelle 2013 wurden sektorale Ziele für sechs Sektoren (Abfall-
wirtschaft, Energie und Industrie außerhalb des EU-Emissionshandels, F-Gase, Gebäude, Land-
wirtschaft sowie Verkehr) festgelegt und ein erstes Maßnahmenprogramm (zunächst für 2013 und
2014) beschlossen. Für die Jahre ab 2015 wurde zwischen Bund und Ländern im Herbst 2014 ein
Folgeprozess initiiert. Entsprechende Maßnahmenvorschläge wurden erarbeitet und am 16. Juni
90
100
110
120
130
140
150
1995 1973 1976 1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003 2007 2010 2012
122
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
vom Ministerrat zur Kenntnis genommen. Der Sektor »Energie und Industrie« konnte mit der ak-
tuellen Treibhausgasbilanz bereits jetzt seinen Zielwert gemäß Klimaschutzgesetz unterschreiten.
Klima- und Energiefonds
Der Klima- und Energiefonds fördert in seinem Jahresprogramm 2015 mit 126 Mio. € erneut
Programme, Projekte und Technologien, die einen wesentlichen Beitrag für eine umweltfreundli-
che und ressourcenschonende Energie- und Mobilitätszukunft leisten. Im Wirtschaftsbericht 2014
wurden bereits verschiedene Programme beschrieben. Darüber hinaus unterstützt das Programm
Klima- und Energie-Modellregionen Regionen dabei, ihre lokalen Ressourcen an erneuerbaren
Energien optimal zu nutzen, das Potential zur Energieeinsparung auszuschöpfen und nachhaltig zu
wirtschaften. Im Zuge des Programms greenstart sollen innovative Geschäftsmodelle im Bereich
erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Mobilität (weiter)entwickelt und zur Umsetzung gebracht
werden. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien, Photovoltaik, Solarthermie und Holzheizun-
gen, stehen 2015 in Summe 36 Mio. € zur Verfügung.
Klimaschutzinitiative klimaaktiv
Die Klimaschutzinitiative klimaaktiv bietet Förderungen bei der Umrüstung von Fuhrparks auf
umweltfreundliche Fahrzeuge und alternative Antriebe und bei der Implementierung von Projek-
ten zur Forcierung des Radverkehrs und eines klimaschonenden Mobilitätsmanagements (siehe
auch Wirtschaftsbericht 2014). 2015 wird der klimaaktiv Heizungs-Check, der die Optimierungs-
möglichkeiten von Heizanlagen aufzeigt, auch für größere Gebäude getestet. Der klimaaktiv Ge-
bäudestandard für denkmalgeschützte Gebäude wird veröffentlicht, erste Deklarationen sind in
Vorbereitung. Mit dem Austrian Green Building Standard wird 2015 ein auf klimaaktiv basierender
Gebäudestandard für Gebäude im Ausland, an deren Entstehung österreichische Firmen entschei-
dend mitgewirkt haben, zur Verfügung stehen. Topprodukte entwickeln als neuen Service einen
Kostenrechner für den Umstieg auf energieeffiziente Geräte. klimaaktiv Effizienzschwerpunkt für
Betriebe 2015 ist die Messung und Verifizierung von Energiedaten in Betrieben.
Im Jahr 2014 wurden 935 klimaaktiv mobil Projekte mit einer Fördersumme von 10,9 Mio. € aus
Mitteln des klimaaktiv mobil Förderprogramms sowie durch den Klima- und Energiefonds für
alternative Antriebe, Radprojekte und Mobilitätsmanagement genehmigt. Dabei werden umwelt-
relevante Investitionen in der Höhe von rund 71,4 Mio. € ausgelöst und ca. 800 Beschäftigungs-
verhältnisse geschaffen bzw. gesichert. Durch die erfolgreiche Verankerung des klimaaktiv mobil
Förderprogramms im Österreichischen Programm für die ländliche Entwicklung 2014-2020 können
nationale Förderungsmittel durch EU-Kofinanzierung erhöht werden. Dies schafft insbesondere in
ländlichen Regionen einen Anreiz zur Entwicklung und Umsetzung klimaschonender Mobilitäts-
maßnahmen. Neue Förderungsoffensiven wie »Klimafreundliche Jugendmobilität«, »Fahrzeuge
mit alternativen Antrieben im öffentlichen Interesse«, »E-Ladeinfrastruktur« und Ausweitung der
Fahrzeugkategorien sind 2015 gestartet.
Umweltförderungen
Mit dem Förderungsinstrument »Umweltförderung im Inland« wurden mit einem Budgetrahmen
von 82,1 Mio. € im Jahr 2014 Umweltinvestitionen im Ausmaß von 581,8 Mio. € ausgelöst. Rund
91% der Fördermittel werden für die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen aufgewendet. Die
damit erzielte CO2-Reduktion belief sich auf rund 293.747 t jährlich – das entspricht ca. 5,5 Mio. t
über die Nutzungsdauer dieser Maßnahmen. Der Wertschöpfungseffekt belief sich auf 413 Mio. €
123
4.6. Energie-, Klima- und Umweltpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
und rund 6.520 Beschäftigungsverhältnisse konnten damit geschaffen bzw. gesichert werden.
2014 wurden im Bereich der erneuerbaren Energien 824 Projekte mit einem Investitionsvolumen
von rund 221 Mio. € mit einem Fördervolumen von 35,4 Mio. € unterstützt. Der damit erzielte
CO2-Einsparungseffekt liegt bei 4,4 Mio. t. Außerdem wurden im Jahr 2014 in Summe 1.240 Ener-
gieeffizienzprojekte mit einer jährlichen Energieeinsparung von 282.205 MWh/a gefördert. Das
Investitionsvolumen dieser Maßnahmen betrug rund 305 Mio. €, der erzielte CO2-Einspareffekt
machte ca. 1,1 Mio. t aus.
Thermische Sanierung
Die Bundes-Sanierungsscheckaktion zeigt ein beeindruckendes Ergebnis: Insgesamt konnten von
2009 bis 2014 über 54.500 Arbeitsplätze nachhaltig gesichert bzw. neu geschaffen werden. Mit
den Bundesförderungen wurden in Summe 3,66 Mrd. € an Investitionen ausgelöst. Insgesamt
werden durch diese Sanierungen etwa 18 Mio. t CO2 über die Nutzungsdauer von 30 Jahren ein-
gespart. Im Jahr 2015 stehen im Rahmen der Förderung der thermischen Sanierung insgesamt 80
Mio. € für Private und für Betriebe zur Verfügung.
Für umfassende thermische Sanierungen von über 20 Jahre alten Gebäuden werden im Jahre 2015
Zuschüsse von bis zu 5.000 € vergeben, die klimaaktiv Förderkategorie kann diesen Zuschuss
auf 6.000 € erhöhen. Im Bereich der mehrgeschossigen Gebäude werden Zuschüsse von bis zu
3.000 € vergeben, durch die klimaaktiv Förderkategorie kann dieser Zuschuss bis zu 4.000 € be-
tragen. Gleichbleibend wird die Förderhöhe mit maximal 30% der Investitionskosten begrenzt.
Beim gleichzeitigen Umstieg auf eine umweltfreundliche Heizanlage wie eine Wärmepumpe, eine
thermische Solaranlage oder zum Beispiel Pellets- und Hackschnitzel-Heizungen gibt es eine zu-
sätzliche Förderung von 2.000 €. Insgesamt sind so Unterstützungen von bis zu 9.300 € möglich.
Im Jahre 2014 wurden 452 Betriebe gefördert. Rund 1.860 Jobs konnten damit geschaffen bzw.
erhalten werden und etwa 700.000 t CO2 eingespart werden. Bewährte Förderungsvoraussetzun-
gen für Betriebe werden 2015 größtenteils gegenüber den Vorjahren unverändert weitergeführt.
124
4.7. Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.7. Kapitalmarktpolitik
Entwicklung des österreichischen Finanzsektors 2014
2014 war im gesamteuropäischen Kontext durch ein niedriges Zinsumfeld, eine expansive Geldpo-
litik und eine verhaltene wirtschaftliche Erholung gekennzeichnet.
Banken
Die unkonsolidierte Bilanzsumme der österreichischen Banken ist im Jahr 2014 neuerlich zurück-
gegangen. Sie betrug Ende Dezember 896 Mrd. € und lag damit etwa 3,3% unter dem Wert 2013.
Dies war die Folge widriger Marktbedingungen in einzelnen Ländern Zentral- und Osteuropas und
der Bemühungen der Banken, ihre Kapitalquoten zu verbessern. Das Wachstum der Ausleihungen
an private Haushalte und Unternehmen in Österreich war 2014 stabil und positiv. Damit befindet
sich die Entwicklung der Unternehmenskredite in etwa auf demselben Niveau wie 2013, deutlich
besser als im Euroraumdurchschnitt. Die durchschnittlichen Zinssätze im Kundengeschäft sind
sowohl bei Unternehmenskrediten als auch bei Haushaltskrediten im Lauf des Jahres 2014 par-
allel zu den Referenzzinsen gesunken. Diese Entwicklung setzt sich Anfang 2015 fort. Das Neu-
kreditgeschäft bei privaten Haushalten wurde zunehmend von Wohnbaukrediten getragen. Der
Rückgang bei Fremdwährungskrediten setzte sich 2014 fort, durch die unerwartete Aufwertung
des Schweizer Franken im Jänner 2015 erhöhte sich der korrespondierende Eurobetrag wieder.
Das Kreditexposure in CESEE ist regional stark diversifiziert. Der Rückzug aus weniger attraktiven
Ländern hat sich 2014 fortgesetzt. Die Kreditqualität in Österreich blieb im Jahr 2014 weitgehend
unverändert auf gutem Niveau, in CESEE stabilisierte sie sich ebenfalls, allerdings ist sie dort
deutlich schlechter. Die Profitabilität des österreichischen Bankensektors stand auch im Laufe
des Jahres 2014 unter Druck. Kreditrisikovorsorgen, unter anderem aufgrund von geopolitischen
Problemen, führten zu einem Rückgang der Gewinne in CESEE um rund 66% auf ca. 747 Mio. €.
Die Konzentration der Gewinne auf einige wenige Märkte wie Tschechien, Russland oder Slowakei
blieb bestehen.
Die Cost-Income-Ratio lag zuletzt, d.h. 2014, bei 69% (2013: 67,7%). Aufgrund von negativen
Einmaleffekten bei einigen Großbanken ergab sich ein unkonsolidierter Jahresverlust von rund
6,7 Mrd. €. Die konsolidierte Eigenmittelausstattung der österreichischen Banken hat sich zwar
verbessert, ist im internationalen Vergleich aber unverändert unterdurchschnittlich. Die Kernka-
pitalquote betrug 11,8%.
In Vorbereitung auf die Bankenunion nahmen sechs österreichische Banken am Comprehensive
Assessment der EZB teil. Fünf Institute haben die Prüfung gut bestanden und weisen auch nach
dem adversen Stressszenario ausreichende Eigenmittelpuffer aus. Die Ergebnisse lagen damit
im Rahmen der Erwartungen von OeNB und FMA. Der in den letzten Jahren eingeschlagene Weg
der Stärkung der Kapitalausstattung muss aber fortgesetzt werden, da die österreichischen Kre-
ditinstitute bei der aggregierten Kernkapitalquote im internationalen Vergleich immer noch un-
terdurchschnittlich sind. Zur Stärkung des österreichischen Bankensektors hat das Finanzmarkt-
stabilitätsgremium (FMSG) am 1. Juni 2015 Empfehlungen zum Einsatz von makroprudenziellen
Kapitalpuffern von kumuliert bis zu 3% für heimische Kreditinstitute beschlossen.
125
4.7. Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Wiener Börse
Die Handelsumsätze an der Wiener Börse haben 2014 weiter angezogen und erreichten rund 47,76
Mrd. €. Die Marktkapitalisierung sank als Folge der ATX-Entwicklung um 15,8% im Jahresabstand
auf 80 Mrd. €. Neutralisierend wirkten dabei Eigenkapitalaufnahmen von rund 4 Mrd. (u.a. Raiff-
eisenbank International AG, Telekom Austria AG, FACC AG). Nach zwei starken Jahren bei den
Unternehmensanleihen (Corporate Bonds) mit einem gesamten Emissionsvolumen von rund 5,5
Mrd. € (2012) und 5,2 Mrd. € (2013) wurde 2014 ein Rekordvolumen von 7,2 Mrd. erreicht.
Versicherungswirtschaft
Für die heimische Versicherungswirtschaft verlief das Jahr 2014 hinsichtlich der vereinnahmten
Prämien deutlich besser als 2013. Im Gesamtjahr verzeichnete sie im Inland einen Anstieg der
Prämieneinnahmen um etwa 2,8% auf 17,1 Mrd. €. Ende 2014 verwaltete die Versicherungswirt-
schaft damit rund 91,3 Mrd. €. Das versicherungstechnische Ergebnis fiel um 19,3% auf rund 477
Mio. €. Das Finanzergebnis lag mit rund 3,2 Mrd. € ebenfalls niedriger als zuletzt. Das Ergebnis der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit fiel um 5,9% auf rund 1,4 Mrd. €. Ursache für diese Entwicklung
war das niedrige Zinsumfeld verbunden mit dem Umstand, dass die Erträge aus Kapitalanlagen
stärker fielen als die Aufwendungen für Kapitalanlagen.
Investmentfonds, Pensionskassen und Betriebliche Vorsorgekassen
Das Anlagevolumen österreichischer Investmentfonds stieg im Zwölfmonatsvergleich um lediglich
8,8% und erreichte zum 31. Dezember 2014 rund 157,8 Mrd. €. Erstmals seit langem waren wie-
der substantielle Nettomittelzuflüsse zu beobachten. Bei den Pensionskassen betrug die durch-
schnittliche Performance 7,82% nach 5,19% 2013. Das Gesamtvermögen der Pensionskassen
stieg auf 19,01 Mrd. €. Die Zahl der Anwartschaftsberechtigten erhöhte sich um etwa 2,8% auf
858.433 Personen. Beim verwalteten Vermögen der Betrieblichen Vorsorgekassen ergab sich vor-
nehmlich infolge der gesetzlich induzierten Zuflüsse ein Plus von 17,8% auf rund 7,3 Mrd. €. Die
Performance lag bei 4,08%.
Finanzmarktpolitische Maßnahmen
Bankenpaket
Aus dem Bankenpaket wurden 2014 mehr Rückflüsse als Auszahlungen verzeichnet. Die BAWAG
P.S.K. hat im Frühjahr den restlichen Teil des im Jahr 2009 von der Republik Österreich (Bund)
gezeichneten Partizipationskapitals in Höhe von 350 Mio. € zurückgezahlt. Die Raiffeisen Bank
International AG tilgte das ebenfalls im Jahr 2009 gezeichnete Partizipationskapital in Höhe von
1.750 Mio. €. Diesen Rückflüssen stand ein Zuschuss an die Hypo Alpe-Adria-Bank International
AG (HBInt) in Form einer Kapitalerhöhung von 750 Mio. € gegenüber. Insgesamt sank damit die
Ausnützung des Rahmens für Maßnahmen auf Basis des Finanzmarktstabilitätsgesetzes im Ver-
gleich zum Vorjahr um 1.350 Mio. € auf knapp 13 Mrd. €. Davon entfallen 4,6 Mrd. € auf vom Bund
gezeichnetes Aktien- und Partizipationskapital von vier verstaatlichten bzw. teilverstaatlichten Fi-
nanzinstituten, 4,3 Mrd. € auf übernommene Haftungen und der Rest auf Gesellschafterzuschüsse
sowie sonstige Kapitalmaßnahmen. Da der Höchstrahmen im Berichtsjahr von 15 Mrd. € auf 22
Mrd. € erhöht wurde, um auf eventuelle Notfälle flexibel und rasch reagieren zu können, besteht
aktuell ein nicht ausgenutzter Rahmen in Höhe von rund 9 Mrd. €.
126
4.7. Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Im Jahr 2014 wurden entscheidende Weichen gestellt, um einen schrittweisen Rückzug des Staates
aus seiner Eigentümerfunktion zu ermöglichen: Die österreichische Bundesregierung entschied
sich im März 2014 für die Errichtung einer Abbaueinheit für die Hypo Alpe Adria. Zusätzlich wur-
den im Sinne eines »burden sharing« Nachranggläubiger und Alteigentümer im Ausmaß von 1,6
Mrd. € an den Abbaukosten beteiligt. Die entsprechenden Gesetze traten im August 2014 in Kraft.
Das Südosteuropa-Netzwerk der HBInt wurde zum Jahresende an ein internationales Konsortium
verkauft und die italienische Tochterbank an eine eigens dafür gegründete Bundesholdinggesell-
schaft mit dem Ziel übertragen, diese mittelfristig abzubauen. Die restliche HBInt legte im Herbst
2014 ihre Bankkonzession zurück und agiert seither unter dem Namen Heta Asset Resolution AG
als Abbaueinheit. Die notwendig gewordene Neubewertung ihrer Aktiva ergab einen neuerlichen
Kapitalbedarf in beträchtlicher Höhe, den der Bund nicht mehr aus Steuermitteln bestreiten wollte
und konnte, zumal die maximal zulässige Beihilfe gemäß Beihilfenentscheidung der EK überschrit-
ten worden wäre. Mit dem Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG)
steht seit dem 1. Jänner 2015 ein Instrumentarium zur Verfügung, das eine geordnete Abwicklung
von Finanzinstituten ermöglicht. Das Abwicklungsregime des BaSAG findet seit 1. März dieses
Jahres Anwendung auf die Heta.
Im Verkaufsprozess über ein Teilportfolio der Kommunalkredit Austria AG konnte im März 2015
mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages ein wichtiger Schritt gesetzt werden. Mit der Umset-
zung des Vertrages im Lauf des heurigen Jahres wird der restliche, nicht verkaufte Teil der Kom-
munalkredit mit der KA Finanz AG verschmolzen werden. Die KA Finanz wird in ihren Bemühungen
fortfahren, das Portfolio möglichst wert- und kapitalschonend abzubauen.
Im Volksbankenverbund wurden 2014 weitreichende Änderungen angestoßen, um die Zukunft
dieses regional stark verankerten Bankensektors zu sichern. Es ist vorgesehen, dass die Österrei-
chische Volksbanken AG alle Funktionen als Zentralinstitut für den Verbund auf eine andere Bank
im Sektor überträgt und in der Folge ihre verbliebenen Vermögenswerte als Abwicklungseinheit
abbaut. Die mehr als 40 Kreditinstitute im Sektor sollen durch Fusionen auf acht regionale und
zwei Spezialbanken reduziert werden. Ein neuer Verbundvertrag wird das Zusammenwirken des
neuen Zentralinstituts mit den verbleibenden Primärbanken regeln.
Abschlussprüfungen
Die am 27. Mai 2014 veröffentlichte Verordnung und Richtlinie betreffend Abschlussprüfer haben
erhebliche Auswirkungen auf das österreichische Abschlussprüfer-Qualitätssicherungssystem, in-
dem zusätzlich zu den bereits bestehenden externen Qualitätsprüfungen, Abschlussprüfer und
Prüfungsgesellschaften von Unternehmen öffentlichen Interesses künftig unabhängigen Inspekti-
onen zu unterziehen sind. Dies bedeutet, dass in Österreich durch die erforderliche Implementie-
rung eines unabhängigen Inspektionssystems eine systematische Änderung des Aufsichtssystems
vorzunehmen ist. Auf Grund des mit 17. Juni 2016 normierten engen Zeitrahmens für die Um-
setzung der EU-Richtlinie und die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die direkte
Anwendbarkeit der EU-Verordnung wird bereits an der Adaptierung des österreichischen Auf-
sichtssystems für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sowie der Implementierung eines
unabhängigen Inspektionssystems gearbeitet. Dabei wird darauf geachtet, dass eine möglichst
schlanke und effiziente Struktur gefunden wird, die die gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen
Aufgaben der Aufsicht erfüllen kann.
127
4.7. Kapitalmarktpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Initiativen auf Europäischer Ebene
Mit Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU wird im Sommer 2015 eine Novelle des Investment-
fondsgesetzes 2011 im Parlament behandelt werden. Die seit 1985 einheitlichen europäischen
Vorschriften für OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) werden damit wei-
ter den Gegebenheiten der Kapitalmärkte angepasst. Neben Verbesserungen bei der Governance
von Verwaltungsgesellschaften soll im Interesse des Anlegerschutzes die Position und Verantwor-
tung der Depotbank ausgebaut werden. Die Änderungen werden am 16. März 2016 in Kraft treten.
Im Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz wurde im Jahr 2014 für Private Equity
Dachfonds und AIF in Unternehmensbeteiligungen unter bestimmten Rahmenbedingungen der
Vertrieb an Privatkunden zugelassen. Weiters wurde auch der Typus des qualifizierten Privat-
kunden definiert, dem es nach Nachweis seiner Eignung gegenüber dem AIFM möglich ist, auch
nur für professionelle Kunden geeignete AIF zu erwerben. Im Zusammenhang mit AIF wurde von
der EU auch ein neuer Fondstyp »ELTIF (European long term investment funds)« mit Verordnung
geschaffen. Nach Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat wird der ELTIF voraussicht-
lich ab Jahresende 2015 zulässig sein und soll vor allem für institutionelle Kunden eine attraktive
Alternative für langfristige Vermögensanlagen werden.
Der von der Europäischen Kommission vorgelegte Entwurf einer Verordnung für Money Mar-
ket Funds (MMF) wird zwar auf Grund der großen Verbreitung von solchen Fonds grundsätzlich
begrüßt, die Verhandlungen im Europäischen Parlament und Rat erweisen sich aber als äußerst
schwierig. Kritisch ist eine Einigung dahingehend, ob Geldmarktfondstypen mit konstanter oder
variabler Bewertung nebeneinander zulässig sein sollen oder ein einheitlicher Fondstyp vorgege-
ben werden soll.
Die bis November 2015 erforderliche Umsetzung der geänderten Transparenz-Richtlinie
wird für KMU Erleichterungen bei den für sie bisher belastenden Verwaltungsbestimmungen brin-
gen (Abschaffung der Quartalsberichte für bestimmte Marktsegmente). Die bisherigen Transpa-
renzlücken werden mit der Erhöhung der Meldepflicht für wichtige Beteiligungen geschlossen und
zusätzlich ein zentraler Zugang zu Finanzinformationen auf europäischer Ebene geschaffen. Für
mehr Transparenz sorgt nun eine verpflichtende Offenlegung von Zahlungen an staatliche Stellen
durch Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen. Damit soll eine mögliche Ausbeutung von Naturres-
sourcen für die Öffentlichkeit leichter ersichtlich sein.
Auf Ebene der EU ist das Anti-Geldwäsche/Terrorismusfinanzierungspaket in Verhandlung: Bei
der Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche
und der Terrorismusfinanzierung wird unter anderem die Ausweitung des Geltungsbereichs,
die Stärkung des risikobasierten Ansatzes sowie die Angaben zu wirtschaftlichen Eigentümern im
Vordergrund stehen. Die Verhandlungen konnten im Dezember 2014 finalisiert werden. Das zweite
Element des Pakets ist der Vorschlag für eine Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei
Geldtransfers, der im Wesentlichen vorsieht, dass künftig Angaben zum Begünstigten ebenfalls
übermittelt werden müssen. Die Verhandlungen im Rat sowie auf Trilogebene wurden 2014 pa-
rallel mit der erwähnten Richtlinie geführt. Eine endgültige Kundmachung beider Rechtsakte als
Anti-Geldwäsche/Terrorismusfinanzierungspaket ist für Sommer 2015 vorgesehen.
128
4.8. Infrastrukturpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.8. Infrastrukturpolitik
Infrastruktur
Verkehrsinfrastruktur
Im Jahr 2014 wurden von der ASFINAG rund 909 Mio. € investiert, davon rund 382 Mio. € in den
Neubau und rund 456 Mio. € in die bauliche Erhaltung. Im Bereich Neubau waren am Ende des
Jahres 2014 rund 285 km Autobahn oder Schnellstraße in Bau oder Planung. Darunter fallen u.a.
der Ausbau der A 5 Nord/Weinviertel Autobahn und die A 26 Linzer Autobahn.
Die ÖBB-Infrastruktur AG hat im Jahr 2014 rund 1,64 Mrd. € (vorläufiger Ist-Wert 2014 inkl.
Brenner Basistunnel) in den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur investiert. Die Investitionen ent-
fielen u.a. auf den weiteren viergleisigen Ausbau der Westbahn inklusive Hauptbahnhof Wien,
den Ausbau der Brennerachse, den Bau der Koralmbahn, auf Bahnhofsumbauten sowie sicher-
heitstechnische und Rationalisierungsmaßnahmen. 2014 konnte die Direktverbindung zwischen
dem Hauptbahnhof Wien und dem Flughafen Schwechat in Betrieb genommen werden, was eine
Durchbindung von Fernverkehrszügen zum Flughafen ermöglicht.
Bundesimmobilien
Im Jahr 2014 wurden vom BIG Konzern rund 551 Mio. € an Bauleistungen umgesetzt. Davon be-
trafen rund 372 Mio. € den Bereich Neubau und Generalsanierung. Die Instandhaltungsaufwen-
dungen beliefen sich auf rund 138 Mio. €. An Mieterinvestitionen wurden zusätzlich rund 41 Mio.
€ abgewickelt. 2014 investierten die Burghauptmannschaft Österreich rund 34 Mio. €, die Schloss
Schönbrunn Kultur- und BetriebsgesmbH, die Schönbrunner TiergartengesmbH und die March-
feldschlösser Revitalisierungs- und BetriebsgesmbH zusammen rund 19,8 Mio. € in die historische
Bausubstanz.
Österreichische Rohstoffstrategie
Die Österreichische Rohstoffstrategie ruht auf 3 Säulen:
• Säule 1 – Sicherung des langfristigen Zugangs zu heimischen Lagerstätten durch raum-
ordnerische Maßnahmen. Dazu wird die raumordnerische Umsetzung der Ergebnisse des
Österreichischen Rohstoffplanes durch die Bundesländer fachlich begleitet. Des Weiteren
werden rohstoffrelevante F&E-Themen in Forschungsprogrammen und -initiativen imple-
mentiert.
• Säule 2 – Sicherung eines fairen und diskriminierungsfreien Zugangs zu mineralischen
Rohstoffen auf den Weltmärkten. Derzeit werden Rohstoffpartnerschaften mit Ländern
sondiert, wodurch die Versorgungssituation der heimischen Unternehmer verbessert wer-
den soll. Im Rahmen der gemischten Wirtschaftskommissionen erfolgte ein rohstoffpoliti-
scher Austausch auf bilateraler Ebene. Überdies werden die handelspolitischen Bemühun-
gen der Europäischen Kommission und internationaler Organisationen unterstützt.
• Säule 3 – Schonung von primären Ressourcen und effizienter Umgang mit Rohstoffen
durch Steigerung der Ressourceneffizienz und Verbesserung des Recyclings.
129
4.9. Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.9. Beschäftigungspolitik
Entwicklung am Arbeitsmarkt
Im Jahr 2014 konnte mit 3.503.400 unselbständig Beschäftigten abermals ein Wachstum der Be-
schäftigung erzielt werden. Das entspricht einem Anstieg um 0,6% und dem höchsten Wert der
Beschäftigung, der in Österreich bislang erzielt werden konnte. Die zusätzlichen Arbeitsplätze
konnten allerdings nicht den gesamten Anstieg des Arbeitskräftepotentials aufnehmen. Dadurch
hat 2014 auch die Arbeitslosigkeit weiter zugenommen auf 8,4% gemäß österreichischer Be-
rechnung (nach 7,6% 2013) und auf 5,6% gemäß EU Definition (nach 5,4%). Seit dem EU-Beitritt
Österreichs war die Arbeitslosenquote (nach EU Definition) nur im Jahr 2005 gleich hoch, nach
österreichischer Definition ergab sich 2014 die höchste Quote. Im internationalen Vergleich liegt
Österreich nach wie vor gut, die Arbeitslosenquote steigt jedoch: 2014 konnte Österreich den
zweiten Platz hinter Deutschland bei der Gesamtarbeitslosenquote und der Jugendarbeitslosen-
quote halten. Im Durchschnitt der EU-28 waren beide Quoten mit 10,2% (Arbeitslosenquote) bzw.
22,2% (Jugendarbeitslosenquote) deutlich höher als in Österreich. Im April 2015 belegte Öster-
reich hinter Deutschland und UK – auch bedingt durch eine Statistik-Umstellung – nur noch den
dritten Platz bei der Arbeitslosenquote.
Arbeitslosenquoten 2014Quelle: Eurostat
Insgesamt | Jugendliche
0
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130
4.9. Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Beschäftigungspolitische Maßnahmen
Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping – Novelle 2014
Mit 1. Jänner 2015 ist eine Novelle zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz im Bereich der
Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping in Kraft getreten. Mit dieser Novelle werden alle Ent-
geltbestandteile in die Lohnkontrolle einbezogen, soweit sie auf Gesetz, Verordnung oder Kol-
lektivvertrag beruhen. Das Gesetz ist ein Beitrag zur Schaffung eines fairen Wettbewerbs. Der
Aufgabenbereich der Kontrollbehörden wird erweitert, indem Beschäftigte über einen das Arbeits-
verhältnis betreffenden Strafbescheid betreffend Lohndumping zu informieren sind. Der Straf-
rahmen hinsichtlich des Nichtbereithaltens von Lohnunterlagen wurde verschärft und die Verjäh-
rungsfrist bei Unterentlohnung klar geregelt. Die Untersagung der Dienstleistung wird – zusätzlich
zum Tatbestand der Unterentlohnung – auch auf die Tatbestände der Behinderung/Vereitelung der
Lohnkontrolle sowie den Tatbestand der Nichtübermittlung der Lohnunterlagen ausgeweitet. Die
Organe der Abgabenbehörden können bei Vorliegen eines begründeten Verdachts einer Verwal-
tungsübertretung nach dem LSDB-G gegen den Auftragnehmer eine vorläufige Sicherheit ver-
hängen. Gleichzeitig werden unverhältnismäßige Bestrafungen von Unternehmen bei nur leichter
Fahrlässigkeit und in Bagatellfällen verhindert. Erleichterungen gibt es für die Unternehmen bei
der Regelung über die Nachsicht von der Strafbarkeit bei Unterentlohnung. Insgesamt bewirken
die Änderungen eine bessere Verhältnismäßigkeit zwischen Strafe und Delikt.
Transparente Regelungen des Entsendebegriffs wurden mit einer gesetzlichen Klarstellung, in
welchen Fällen keine Entsendung vorliegt, verbunden.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die Charta »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« als öffentliches Bekenntnis zur Relevanz von
familienfreundlichen Maßnahmen in Unternehmen und Organisationen wurde im Mai 2012 un-
terzeichnet. Auf dem Weg zum familienfreundlichsten Land Europas wurde aufbauend auf der
Charta das Netzwerk »Unternehmen für Familien« mit März 2015 ins Leben gerufen. Es werden
Österreichs Unternehmen und Gemeinden eingeladen, aktiv als Partner dieses Netzwerk zu un-
terstützen und einen familienfreundlichen Arbeits- und Lebensraum im eigenen Wirkungsbereich
zu schaffen.
Um berufstätigen Eltern die Suche nach der passenden Ferienbetreuung zu erleichtern, wur-
de 2014 erstmals die FamilyApp präsentiert. Mit dieser App kann einfach und flexibel über das
Smartphone nach geeigneten Betreuungsangeboten gesucht werden. Knapp 700 Angebote wur-
den österreichweit bereits auf der Ferienbetreuungsplattform veröffentlicht. Neben dem bereits
erfolgreich laufenden Audit berufundfamilie, Audit berufundfamilie KOMPAKT für KMU, Audit fami-
lienfreundlichegemeinde und Audit hochschuleundfamilie wird nun auch das Audit berufundfamilie
für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen angeboten.
Die Frühkarenz für Väter (»Papa-Monat«) im Bundesdienst haben seit der Einführung in den ersten
vier Jahren 1.083 Väter genutzt, das ist rund jeder 7. Vater im Öffentlichen Dienst.
Kinderbetreuung
In den vergangenen zehn Jahren sind die Betreuungsquoten deutlich gestiegen. Im Kindergar-
tenjahr 2013/2014 betrug sie unter Einbeziehung der Betreuung durch Tageseltern 92,3%. Damit
131
4.9. Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
wurde die von der EU als Ziel vorgegebene Betreuungsquote (90%) für die 3- bis 5-Jährigen er-
reicht. Bei den unter 3-Jährigen betrug die Betreuungsquote (inklusive Betreuung durch Tages-
eltern) 25,1%, wodurch die EU-Zielvorgabe von 33% verfehlt wird (Daten für 2014/15 lagen zu
Redaktionsschluss noch nicht vor). Der geplante weitere Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes
wurde bereits im Wirtschaftsbericht 2014 beschrieben. Zusätzlich werden auch die Mittel für
ganztägige Schulformen deutlich angehoben (siehe Abschnitt 4.10).
Gleichstellung von Frauen und Männern
Im Jahresdurchschnitt 2014 waren 1.561.642 Frauen unselbständig aktiv beschäftigt, das waren
+0,9% gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der aktiv beschäftigten Männer hat sich im Jahresver-
gleich um 0,6% auf 1.853.887 erhöht. Die Erwerbstätigenquote (20-64 Jährige) der Frauen ist im
Vergleich 2013 und 2014 von 70,0% auf 70,1% marginal gestiegen, die der Männer von 79,1% auf
78,3% gesunken. Die Teilzeitquote der Frauen ist um 1,3 Prozentpunkte weiter angestiegen und
beträgt 2014 47,2%, jene der Männer hat sich um 0,4 Prozentpunkte auf 9,4% erhöht. Bei Frauen
stieg die Arbeitslosigkeit mit 11,3% stärker als bei den Männern mit 11,1%. Die Arbeitslosenquo-
te der Frauen stieg 2014 um 0,7 Prozentpunkte auf 7,6%, die der Männer um 0,8 Prozentpunkte
auf 9,0%. Ganzjährig vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen in Österreich jährlich im Median um
18,2% weniger als vollzeitbeschäftigte Männer (2013), wobei sich der Unterschied etwas verrin-
gert hat. Auch der geschlechtsspezifische Unterschied der Brutto-Stundenlöhne (Gender Pay Gap)
hat sich von 23,4% im Jahr 2012 auf 23% im Jahr 2014 verringert.
Im Jahr 2014 wurden in der Höhe von rund 5,9 Mio. € vor allem frauenspezifische Beratungs-
einrichtungen, die auch arbeitsmarktspezifische Begleitmaßnahmen anbieten, gefördert und das
Frauenberatungsangebot ausgebaut. Auch für 2015 ist vorgesehen, die frauenspezifischen Bera-
tungseinrichtungen ungekürzt weiter zu fördern. Zukünftige Schwerpunkte bei der Fortführung
des Nationalen Aktionsplans zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt werden
unter anderem im Bereich der Teilzeitbeschäftigung liegen, d.h. Bewusstseinsbildung für Vor- und
Nachteile von Voll- und Teilzeitbeschäftigung und Maßnahmen für qualifizierte Teilzeitarbeit.
Zum Abbau von Geschlechterstereotypen im Beruf fand am 23. April 2015 der »Girls’ Day im
Bundesdienst« statt. Der 2015 erstmals angebotene »Girls‘ Day MINI im Bundesdienst« wurde
entwickelt, um Mädchen bereits am Beginn ihres Bildungsweges – nämlich im Kindergarten – die
Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Phänomenen und technischen Fragestellungen zu er-
möglichen. Die neue Internetplattform »meine-technik.at« soll die Repräsentanz von Frauen im
Technikbereich und die Sensibilisierung und Akzeptanz der Unternehmen für die weiblichen Po-
tenziale in diesem Bereich erhöhen, die relevanten Akteure und Akteurinnen vernetzen und neue
Berufsfelder erschließen. Der Onlinegang erfolgte im April 2015.
Beim Ausbau der Berufsorientierung und Bildungsberatung wurden Kooperationen zwischen NGOs
und Schulen gefördert, bei denen Elemente der geschlechtssensiblen Berufsorientierung nach-
haltig in die Berufsorientierung integriert werden. 2013/14 wurden neun Pilotschulen bei der In-
tegration der Gleichstellungsperspektive in ihrer Qualitätsarbeit unterstützt. 2014 wurde mit der
Genehmigung einer bundesweit ersten Geschlechterpädagogik-Professur an einer Pädagogischen
Hochschule eine wichtige Grundlage für theoriegestützte Lehre und Forschung in diesem Themen-
feld geschaffen.
An den Universitäten ist die Präsenz der Frauen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.
2014 entfielen 33% der Laufbahnstellen und 22,5% der Professuren auf Frauen. Mit der Novel-
132
4.9. Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
le des Universitätsgesetzes vom 14. Januar 2015 wurden die Gleichstellungsbestimmungen für
Universitäten weiter geschärft: Die Vereinbarkeit von Studium/Beruf mit Betreuungspflichten für
Kinder und pflegebedürftige Angehörige wurde in den leitenden Grundsätzen verankert; neben
einem Frauenförderungsplan haben die Universitäten nun auch einen Gleichstellungsplan zu er-
lassen. Für die Besetzung universitärer Kollegialorgane wurde eine Mindestfrauenquote von 50%
festgelegt.
Im Rahmen des Führungskräfteprogramms für Frauen in Österreich »Zukunft.Frauen« wurden
mittlerweile acht Lehrgänge abgeschlossen, der neunte Durchgang beginnt im Herbst 2015. Ins-
gesamt haben 176 qualifizierte Frauen dieses Programm absolviert. Wichtiger Bestandteil der
Anstrengungen bei der Unterstützung von Frauen auf ihrem Weg an die Spitze ist die Etablierung
einer öffentlich zugänglichen Datenbank für Aufsichtsrätinnen (siehe Wirtschaftsbericht 2014).
Derzeit sind mehr als 410 Top-Frauen in der Datenbank registriert. Angesichts der Unterrepräsen-
tation von Frauen auf den obersten Führungsebenen wurde beschlossen, eine Frauenquote von
35% für die Aufsichtsräte staatlicher und staatsnaher Unternehmen mit 50% oder mehr Bundes-
beteiligung bis Dezember 2018 zu erreichen. Unter den vom Bund entsandten Mitgliedern in den
57 relevanten Unternehmen liegt die Frauenquote durchschnittlich bei 37% (2011: 26%). Dabei
sind in 44 Unternehmen Frauen zu 25% oder mehr, bei 24 davon sogar zu 50% oder mehr reprä-
sentiert. Lediglich 13 Unternehmen erfüllen die 25%-Vorgabe noch nicht, jedoch wird es durch
Neubestellungen im Jahr 2015 noch zu Änderungen in der Zusammensetzung dieser Aufsichtsräte
kommen.
Jugendpolitik
Die Österreichische Jugendstrategie wurde 2014 auf die Rahmenziele »Beschäftigung und Bil-
dung«, »Beteiligung und Engagement« und »Lebensqualität und Miteinander« mit jeweils strate-
gischen Zielen fokussiert. Mit 2015 wird der Schwerpunkt auf die sektoral übergreifende Zusam-
menarbeit zum Rahmenziel »Bildung und Beschäftigung« gelegt.
»WIK:I – Was ich kann durch informelles Lernen«, ein niederschwelliges Modell zur Sichtbarma-
chung und Anerkennung von informell erworbenen Grund- und Schlüsselkompetenzen, wurde
2014 etabliert. Dabei werden Jugendliche angeleitet, über ihre informellen Lernerfahrungen zu
reflektieren und diese zu dokumentieren. Die »Checklisten Praktikum« bieten einen kompakten
Überblick über Charakteristika eines qualitätsvollen Praktikums, mit einem allgemeinen Überblick
über die rechtliche Situation und praktischen Tipps für die Phasen vor, während und nach dem
Praktikum.
Mit dem Ausbau der aufZAQ-Zertifizierungen wird die Qualität von Lehrgängen der außerschu-
lischen Kinder- und Jugendarbeit sichtbar gemacht sowie anerkannt. Es ist zum einen ein Mittel
zum Nachweis persönlicher Qualifikationen. Zum anderen trägt es dazu bei, Qualitätsstandards
bei Aus- und Weiterbildungsangeboten für haupt- und ehrenamtliche Jugendleiter und -arbeiter
bzw. Jugendleiterinnen und -arbeiterinnen zu sichern.
Bei der Initiative »Eure Projekte« können junge Menschen, die ein Projekt durchführen wollen,
seit September 2014 einfach und unbürokratisch um eine finanzielle Unterstützung von bis zu 500
€ ansuchen. Neben dieser Anschubfinanzierung gibt es für die Jugendlichen zwischen 14 und 24
Jahren auch eine individuelle Projektberatung. 2014 wurden 35 Projekte mit einer Gesamtsumme
von rund 17.000 € unterstützt.
133
4.9. Beschäftigungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Gemäß den Richtlinien zur Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit
hatte der Förderschwerpunkt »Berufsorientierung« bis zum Jahresende 2014 Gültigkeit. Hierzu
wurden im Jahr 2014 33 Projekte in einer Gesamthöhe von 535.000 € gefördert. Unter dem För-
derschwerpunkt 2015 »Einstieg in den Beruf« werden Projekte gefördert, die Empowerment der
jungen Menschen im Hinblick auf den Einstieg in den Beruf zum Ziel haben.
Jugendpolitik kann komplementäre Maßnahmen zur Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen
setzen, z.B. in Hinblick auf Anerkennung von nicht formalem und informellem Lernen, Jugend-
mobilität, Persönlichkeitsbildung, Qualität der Jugendarbeit. Auch auf EU-Ebene wird verstärkte
sektorenübergreifende Zusammenarbeit auf allen Ebenen gefordert. In Österreich wurde zur Un-
terstützung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit das »Jugendscreening« entwickelt, das
einen Ansatz in drei Schritten vorsieht: (1) Wissen über die Jugend, (2) transparente Darstellung
von bereits bestehenden Maßnahmen und (3) Schaffung eines Gestaltungsspielraums für neue,
innovative Projekte – auch in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Besonders am Übergang von
der Schule zum Beruf können die sektorenübergreifenden Maßnahmen einen Mehrwert für junge
Menschen bieten. Auch 2015 werden auf EU-Ebene die Möglichkeiten von bereichsübergreifenden
Ansätzen zur Unterstützung von Beschäftigungsfähigkeit Jugendlicher weiterentwickelt.
Das EU-Jugend-Förderprogramm, mit dem bi- und multilaterale Projekte von Jugendgruppen, das
Training und die Weiterbildung von Jugendarbeitern und -arbeiterinnen sowie der Europäische
Freiwilligendienst umgesetzt werden, ist seit 2014 Teil von ERASMUS+. Für österreichische Pro-
jekte stellt ERASMUS+: JUGEND IN AKTION im Jahr 2015 3,6 Mio. € zur Verfügung, damit können
etwa 350 Projekte realisiert werden. Es ist wissenschaftlich belegt, dass durch die Teilnahme an
solchen Projekten alle acht Schlüsselkompetenzen für Lebensbegleitendes Lernen gestärkt werden.
134
4.10. Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.10. Bildungspolitik
Lebenslanges Lernen
Bis Ende 2014 wurden in der nationalen Strategie zum Lebensbegleitenden Lernen LLL:2020 16
Handlungsfelder (z.B. Personalqualifikation, Qualität und Entwicklung, Beratung und Coaching)
aktiviert und konkrete Implementierungsschritte eingeleitet. Universitäten haben die Rahmenbe-
dingungen für berufstätige Studierende merklich verbessert, und im Fachhochschulbereich wurde
die Zahl der Anfängerplätze für berufstätige Studierende weiter erhöht. Auf der strukturellen Ebe-
ne soll der Zugang zu Hochschulstudien verbreitert werden. Instrumente und Verfahren zur Aner-
kennung und Anrechnung non-formal und informell erworbener Kompetenzen sind in Erarbeitung.
Schulpolitische Schwerpunkte
2014 lag die Quote der Schulabbrecher und Schulabbrecherinnen bei 7% und damit weit un-
ter dem EU-Kernziel von 10%. Konkrete Projekte, um die Anzahl weiter zu reduzieren, sind z.B.
der weitere Ausbau und die Verbesserung der Abstimmung im Bereich der psychosozialen Unter-
stützungssysteme (etwa Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Jugendcoaching) in und für Schulen
mit besonderem Fokus auf Schulstandorte mit hohem Anteil sozial benachteiligter Schüler und
Schülerinnen bzw. die BAG-Novelle mit zusätzlichen Ausbildungsangeboten und Ausbildungschan-
cen für benachteiligte Jugendliche.
Die Entrepreneurship Education (Erziehung zur unternehmerischen Initiative) basiert auf dem
»TRIO-Modell« bestehend aus drei Kompetenzstufen: Förderung unternehmerischen Denkens,
Förderung einer Kultur des Miteinander sowie Stärkung der Zivilgesellschaft. Sie wird als öko-
nomische Ausbildungsphilosophie im Rahmen wirtschaftlicher Unterrichtsfächer und als Unter-
richtsprinzip quer durch alle Unterrichtsgegenstände etabliert. 2012–2014 wurde ein Referenz-
rahmen für Entrepreneurship Kompetenzen ausgearbeitet, um die Kompetenzentwicklung entlang
des Bildungsverlaufs aufzuzeigen. In den neuen Lehrplänen (ab dem Schuljahr 2014/15) an BMHS
wurde das Unterrichtsprinzip Entrepreneurship verankert. Eine Stärkung der ökonomischen Aus-
bildungsphilosophie Entrepreneurship Education wurde an kaufmännischen Schulen durch die Ein-
richtung des Clusters Entrepreneurship & Management erreicht. Durch die Clusterbildung (d.h.
Zusammenfassung sich inhaltlich und thematisch ergänzender Unterrichtgegenstände) wird sicht-
bar, welche Kernkompetenzbereiche im Zentrum der Ausbildung stehen. Ein wesentliches Bil-
dungsziel dabei ist der Kompetenzaufbau im Sinne von Entrepreneurship Education, d.h. dass ne-
ben fachlichen Qualifikationen auch an Einstellungen und Haltungen gearbeitet wird, die einerseits
die persönliche Selbstständigkeit fördern und andererseits zur unternehmerischen Selbständig-
keit befähigen. Derzeit sind bereits 20% der kaufmännischen Schulen und eine humanberufliche
Schule zur »Entrepreneurship Schule« zertifiziert, weitere befinden sich im Zertifizierungsprozess.
Ein Grundsatzerlass zu Wirtschaftserziehung und Verbraucher- und Verbraucherinnenbildung wird
künftig den Rahmen für die Behandlung im Unterricht definieren und dem Themenkomplex damit
zusätzlich Bedeutung geben.
Bildungs- und Berufsorientierung ist als Prozess zu verstehen, der früh beginnt und über die
Schulzeit hinausgeht. Für den Erfolg in Bildung und Beruf sind neben einem profunden Fachwis-
sen übergeordnete Kompetenzen maßgebend. Diese »Career Management Skills« sind besonders
wichtig in Bildungs- und Berufswahlprozessen, aber auch im Berufsleben allgemein. Im Rahmen
der Dachmarke IBOBB (= Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf) wer-
135
4.10. Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
den sämtliche schulischen und außerschulischen Maßnahmen und Kooperationen gefasst, wie
bspw. Realbegegnungen, Berufs- und Bildungsmessen, ebenso wie Bewerbungstrainings, die dazu
beitragen, eine fundierte Entscheidung über künftige Bildungs- bzw. Ausbildungswege entlang
der individuellen Begabungen und Talente der jungen Menschen treffen zu können. U.a. wurden
2013/14 an den 68 Berufsinformationszentren des AMS 4500 Klassen und insgesamt 86.000 Schü-
ler und Schülerinnen der 7. und 8. Schulstufe und der Polytechnischen Schulen (PTS) betreut und
beraten. Außerdem werden in mehreren Bundesländern (z.B. Niederösterreich, Tirol) Potenzial-
analysen im Rahmen von ganztägigen Schulveranstaltungen durchgeführt, die den Jugendlichen
flächendeckend angeboten werden.
Im Arbeitsschwerpunkt »Polytechnische Schule PLUS« zur Schaffung zusätzlicher Bildungs-
und Ausbildungswege werden in einem vier Jahre laufenden Schulversuch (Schuljahre 2013/14
bis 2016/17) Entwicklungsszenarien prototypisch an 13 PTS-Standorten in allen Bundesländern
erprobt. Die Entwicklungsschwerpunkte des Schulversuches »PTS 2020« liegen in der Individua-
lisierung, in modularen Konzepten für Allgemeinbildung, Berufsgrundbildung und Persönlichkeits-
bildung sowie im Weiterführen von Hauptelementen der neuen Lehr- und Lernkultur der NMS an
der PTS (z.B. Gespräche zwischen Schülern und Schülerinnen, Eltern und Lehrenden, ergänzende
differenzierende Leistungsbeschreibungen). Die modularen Angebote und die Durchlässigkeit in
den Fachbereichen (speziell im ersten Semester) sollen ein neues Maß an Flexibilität für alle Schü-
ler und Schülerinnen bieten, die sich in einer bedeutenden Orientierungs- und Entscheidungspha-
se hinsichtlich weiterer Bildungs- und Ausbildungswege befinden.
Der Bund stellte den Ländern von 2014 bis 2018 bis zu 800 Mio. € für den Ausbau der schuli-
schen Tagesbetreuung zur Verfügung. Neben dem quantitativen Ausbau ist die qualitative Ver-
besserung ganztägiger Schulen mit einem umfassenden Bildungs- und Erziehungsangebot, das
sich auf den gesamten Tagesablauf bezieht, wichtig. Der Betreuungsteil in ganztägigen Schulen ist
Teil eines pädagogischen Gesamtkonzeptes des jeweiligen Schulstandortes, das alle an der Schule
Tätigen im Sinne einer lernenden Organisation weiterentwickeln.
Von 2015 bis 2017 werden mehr als 75 Mio. € (inkl. ESF-Mittel) für Bildungsmaßnahmen in den
Programmbereichen Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses bereitgestellt.
Insgesamt können damit in den drei Jahren Laufzeit 19.400 Personen unterstützt werden. Parallel
dazu wurde die erwachsenengerechte Pflichtschulabschluss-Prüfung weiterentwickelt.
Basierend auf den Ergebnissen zweier Simulationsphasen, in denen die Zuordnung sowohl von
formalen als auch von nicht-formalen Qualifikationen zum Nationalen Qualifikationsrahmen
(NQR) erprobt wurde, wurden die Kriterien und Verfahren der Zuordnung weiterentwickelt. Par-
allel dazu wurde im Jahr 2014 ein Qualifikationsregister konzipiert, welches künftig alle dem NQR
zugeordneten formalen und nicht-formalen Abschlüsse unter Auflistung ihrer zentralen Lerner-
gebnisse auf einem öffentlich zugänglichen Online-Portal abbilden soll. Weiters sieht die Strategie
zur Umsetzung eines NQR die Entwicklung von Ansätzen zur Eingliederung von auf informellem
Wege erworbenen Lernergebnissen vor.
Berufsausbildung
2014 wurden in Österreich 115.068 Lehrlinge ausgebildet, davon 105.861 in Unternehmen und
9.207 in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen. Die Gesamtzahl der Lehrlinge ist damit ge-
genüber 2013 um 4,6% gesunken. 2014 entschieden sich 38,8% aller 15-Jährigen für die Lehre.
Dieser Wert liegt im langjährigen Trend. Die Lehre ist weiterhin eine Ausbildungsform mit über-
136
4.10. Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
durchschnittlich guten Karrierechancen. Rund ein Drittel aller Selbständigen weist einen Lehrab-
schluss als höchste abgeschlossene Ausbildung auf. Hinsichtlich der Qualität der Ausbildung gilt
die österreichische Lehrlingsausbildung europaweit als »best practice«. Bei den Berufseuropa-
meisterschaften (»Euro Skills«) 2014 in Lille war Österreich wieder die erfolgreichste Nation.
Die betriebliche Lehrstellenförderung unterstützt Lehrbetriebe durch die Basisförderung und qua-
litätsbezogene Förderarten. Dafür wurden 2014 für rund 163.000 Förderfälle 147,5 Mio. € aus
Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds ausbezahlt. Für 2015 ist für die Förderungen ein Mitteleinsatz
von ca. 151 Mio. € budgetiert.
2015 werden qualitätsbezogene Programme weitergeführt bzw. ausgebaut: Das Programm »Coa-
ching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe« unterstützt Lehrlinge und Ausbilder bei aus-
bildungsbezogenen oder (Lehrlinge) bei privaten Herausforderungen. Ziele sind Drop Out-Vermei-
dung und Unterstützung beim Prüfungsantritt. Nach der Pilotphase in vier Bundesländern wird das
Programm 2015 österreichweit ausgerollt. Mit speziellen Begleitmaßnahmen sollen Jugendliche
mit Migrationshintergrund, junge Frauen in untypischen Berufen und KMU unterstützt werden. Mit
dem Prozess Qualitätsmanagement-Lehre werden anhand regionaler und branchenspezifischer
Daten zielgruppenadäquate Lösungsansätze erarbeitet.
Tertiäre Ausbildung
Der tertiäre Bildungssektor wird in Österreich durch den Hochschulbereich dominiert, der sich
aus 22 öffentlichen Universitäten, 21 Fachhochschulen, 14 Pädagogischen Hochschulen und 12
Privatuniversitäten zusammensetzt. 63% des hochschulischen Studienangebots werden von öf-
fentlichen Universitäten angeboten, 62% der Anfängerinnen und Anfänger nehmen ein Studium
an einer öffentlichen Universität auf. 80% der Ausbildungsleistung im Hochschulbereich und 66%
der Abschlüsse werden an den öffentlichen Universitäten erbracht.
Sektoren des Hochschulbereichs – ausgewählte KennzahlenQuellen: BMWFW uni:data, BMBF (Pädagogische Hochschulen)
Studienangebot: WS 2014 bzw. WS 2013, Studienanfängerinnen und -anfänger: Studienjahr 2013/14,
ord. Studierende: WS 2014 bzw. WS 2013, Studienabschlüsse: Studienjahr 2013/14 und Studienjahr 2012/13.
0
20
40
60
80
100
Studienangebot Studienanfängerinnen
und -anfänger
Studierende Studienabschlüsse
öffentliche Universitäten Pädagogische HochschulenFachhochschulen Privatuniversitäten
9,2%
4,1%
24,5%
63,4%
3,7%
7,3%
26,6%
62,4%
2,2%
4,4%
13,2%
80,2%
2,6%
6,4%
24,6%
66,4%
137
4.10. Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Hochschulkonferenz
Die Hochschulkonferenz befasst sich mit sektorenübergreifenden Themenfeldern und aktuellen
Herausforderungen aus dem Hochschulbereich und erarbeitet themenbezogene Empfehlungen
zur Weiterentwicklung des österreichischen Hochschulraums. Im Dezember 2014 wurden »Emp-
fehlungen zur Verbesserung der Qualität der hochschulischen Lehre« veröffentlicht. In weiterer
Folge wurden auch Good-Practice-Beispiele auf einer Homepage (www.gutelehre.at) öffentlich
zugänglich gemacht, die als Online-Nachschlagewerk für den Bereich Qualität in der Lehre konzi-
piert ist. Ein weiteres Schwerpunktthema mit dem die Hochschulkonferenz 2014 befasst war, ist
die Stärkung einer qualitativ hochwertigen Doktoratsausbildung in Österreich, insbesondere auch
im Kontext der Fachhochschulen. Die genannten Themen werden auch im Jahr 2015 fortgeführt
und unter dem Generalthema »Weiterentwicklung der Hochschulsektoren« um weitere Aspekte
ergänzt.
Pädagoginnen- und Pädagogenbildung NEU
Seit Beschluss des Rahmengesetzes für die »Pädagoginnen- und Pädagogenbildung NEU« im Juli
2013 wurden sichtbare Fortschritte in der Umsetzung der Reform erzielt. Es wurden neue Cur-
ricula eingeführt, neue Organisationseinheiten für die Pädagoginnen- und Pädagogenbildung an
den Universitäten geschaffen und erste Kooperationsvorhaben mit Pädagogischen Hochschulen
abgeschlossen. Der Reformprozess wird vom Qualitätssicherungsrat begleitet. Die Einführung der
neuen Lehramtsstudien erfordert die Nutzung der Kompetenzen der Universitäten (v.a. Fachaus-
bildung) und der Pädagogischen Hochschulen (v.a. pädagogische Praxis). Genereller Ausbaubedarf
besteht in den Bereichen Fachdidaktik, professionsorientierte Bildungswissenschaft und pädago-
gische Praxis. In allen vier Verbundregionen werden weitere Kooperationen zwischen Universitä-
ten und Pädagogischen Hochschulen angestrebt bzw. vorbereitet. Durch Novellierungen des Uni-
versitätsgesetzes und des Hochschulgesetzes konnte eine Harmonisierung der unterschiedlichen
studienrechtlichen Bestimmungen an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen erzielt und
somit die Kooperationen weiter vorangetrieben werden.
Ausbildung an Universitäten
Derzeit gibt es österreichweit 1.079 an öffentlichen Universitäten eingerichtete Studienmöglich-
keiten. Dabei handelt es sich überwiegend um Bachelor- und Masterstudien (85%). 5% werden als
Diplomstudium angeboten, Doktoratsstudien machen 10% aus. Hinzu kommen über 900 Univer-
sitätslehrgänge, zwei Drittel davon als postgraduale Angebote. Die Gesamtzahl der ordentlichen
Studierenden im Universitätsbereich lag im Wintersemester 2014 bei 277.687 und ist gegenüber
dem Vorjahr um mehr als 1,6% gestiegen. Der Frauenanteil liegt bei 53%. In MINT-Fächern (Ma-
thematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) studieren 92.269 Personen, d.h. um fast
4% mehr als im Vorjahr. Der Frauenanteil in den MINT-Studien liegt bei rund einem Drittel. Die
Erfolgsquote ordentlicher Studierender an öffentlichen Universitäten ist in den letzten Jahren
deutlich gestiegen (auf 85,6%). Im Studienjahr 2013/14 waren an Universitäten 24.976 Erstab-
schlüsse (15.973 Bachelor- und 9.000 Diplomabschlüsse) und 9.339 Zweitabschlüsse (7.180 Mas-
terabschlüsse, 2.159 Doktorate) zu verzeichnen. Knapp ein Viertel der Erstabschlüsse und knapp
die Hälfte der Zweitabschlüsse erfolgten in MINT-Fächern. Aktuell nehmen 73% der Bachelorab-
solventinnen und -absolventen an Universitäten innerhalb von zwei Jahren ein Masterstudium auf.
138
4.10. Bildungspolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Ausbildung an Fachhochschulen
Im Wintersemester 2014 gab es 431 laufende Fachhochschul-Studiengänge, alle in Form von FH-
Bachelor- und FH-Masterstudien. Rund die Hälfte dieser Studiengänge wird in berufsbegleitender
Form geführt, wobei aktuell 18.143 Studierende in diesen Studiengängen eingeschrieben sind. Im
Wintersemester 2014 lag die Gesamtzahl der (ordentlichen) Studierenden mit 45.660 um knapp
5% über dem Vorjahr, wobei rund 77% der Studierenden in technischen und wirtschaftlichen Stu-
diengängen eingeschrieben sind. 8.368 Personen erwarben im letzten Studienjahr (2013/14) ei-
nen Erstabschluss eines Fachhochschul-Studienganges (122 Diplom- und 8.246 Bachelorabschlüs-
se), 4.353 erwarben einen Zweitabschluss (Master). Im Fachhochschulbereich nimmt im Vergleich
zum Universitätsbereich ein geringerer Anteil der Bachelorabsolventen und -absolventinnen ein
Masterstudium auf. Dies steht in Zusammenhang damit, dass einige FH-Bachelor-Studiengänge
keine aufbauenden Masterstudiengänge vorsehen.
Ausbildung an Privatuniversitäten
Private Universitäten können bei Gleichwertigkeit der angebotenen Studien dieselben akademi-
schen Grade vergeben wie öffentliche Universitäten. Im Studienjahr 2014/15 sind in Österreich 12
Privatuniversitäten unterschiedlicher fachlicher Ausrichtungen akkreditiert, die rund 8.000 Stu-
dierende ausbilden. Im Studienjahr 2012/13 haben 1.360 Studierende das Studium abgeschlossen.
139
4.11. Budgetpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
4.11. Budgetpolitik
Budget 2014: Vorläufiger Erfolg
Trotz schwacher Konjunktur wurde 2014 das festgelegte Konsolidierungsziel überschritten und
bereits das strukturelle Null-Defizit erreicht. Laut den aktuellen Berechnungen von Statistik Aust-
ria beträgt das Maastricht-Defizit des Bundes im Jahr 2014 2,4% (2013: -1,3%; Plan 2014: -2,8%).
Der Anstieg 2014 gegenüber 2013 ist ausschließlich auf den Sondereffekt der Hypo Alpe Adria/
HETA zurückzuführen. Ohne diesen läge das Defizit bei 1% des BIP. Die Länder und Gemeinden
weisen mit 0,03% des BIP einen leichten Überschuss und die Sozialversicherungsträger einen
Überschuss von 0,08% des BIP auf.
Der Bundesvoranschlag 2014 sah auf administrativer Basis im Finanzierungsvoranschlag Auszah-
lungen von rund 75,8 Mrd. € und Einzahlungen von rund 72,2 Mrd. €. Der vorläufige Erfolg für
2014 weist im Finanzierungshaushalt Einzahlungen von rund 71,5 Mrd. €, Auszahlungen von rund
74,7 Mrd. € und einen Nettofinanzierungsbedarf von rund 3,2 Mrd. € aus. Der Nettofinanzierungs-
bedarf ist somit um rund 0,4 Mrd. € niedriger ausgefallen als veranschlagt.
Der Budgetvollzug 2014 war bei den Personal- und Verwaltungssachausgaben strikt, beide Po-
sitionen blieben geringfügig unter dem budgetierten Betrag. Bei den Zinsausgaben gab es Un-
terschreitungen des Voranschlages, was v.a. Folge der deutlich gesunkenen Zinssätze für die
Bundesanleihen ist. Die ungünstigere Arbeitsmarktentwicklung führte bei den Leistungen der
Arbeitslosenversicherung zu geringfügigen Budgetüberschreitungen. Nicht vorhersehbare Mehr-
ausgaben waren im Bereich der Flüchtlingsbetreuung erforderlich. Außerdem ergaben sich Über-
schreitungen bei den Kosten für die Landeslehrerinnen und Landeslehrer.
Die Steuereinnahmen blieben brutto um 0,9 Mrd. € und netto, d.h. nach Abzug der Steueranteile
der Länder und Gemeinden, um 0,4 Mrd. € hinter dem veranschlagten Wert zurück. Hauptursache
war die schwächere Konjunkturentwicklung. Die Verbrauchssteuern und die Mehrwertsteuer blie-
ben gemeinsam um 0,2 Mrd. € hinter den Erwartungen. Auch die Einnahmen aus der Einkommen-
steuer (-0,1 Mrd. €) und der Körperschaftsteuer (-0,3 Mrd. €) fielen niedriger aus als erwartet.
Zusätzlich waren die einmaligen Abgeltungsbeträge aus dem Steuerabkommen mit Liechtenstein
um 0,2 Mrd. € niedriger ausgefallen als erwartet. Etwas höher als erwartet sind die Beiträge in
der Arbeitslosenversicherung ausgefallen. Ebenso nahmen die Einnahmen aus den Sozialversi-
cherungsbeiträgen deutlich zu, da weiter Beschäftigung aufgebaut wird und die Lohnentwicklung
kräftig ist.
Für die HETA, die Abbaugesellschaft der Hypo-Alpe-Adria, welche im Herbst 2014 gegründet wur-
de, wurde von Statistik Austria ein Maastricht-Defizit in Höhe von 3,8 Mrd. € oder rund 1,2%
des BIP ermittelt. Zusätzlich waren 2014 für die Hypo-Alpe-Adria 750 Mio. € an Bundeszuschuss
notwendig. Die Schulden der HETA, die bei der Berechnung des öffentlichen Schuldenstandes zu
berücksichtigen sind, betragen per Ende 2014 14,3 Mrd. € oder 4,3% des BIP, d.h. deutlich weni-
ger als ursprünglich erwartet. Die gesamtstaatliche Schuldenquote beträgt 84,5% des BIP und ist
damit um 2 Prozentpunkte niedriger ausgefallen als geplant. Ohne die Schulden der HETA würde
die Staatsschuldenquote bei 80,2% des BIP liegen.
140
4.11. Budgetpolitik Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Bundeshaushalt 2015
Der Bundesvoranschlag für 2015 wurde bereits im Mai 2014 gemeinsam mit dem Budget 2014 im
Nationalrat beschlossen und ist auf eine nachhaltige Absenkung des strukturellen Defizits und der
Schuldenquote ausgerichtet. Bei Budgeterstellung war ein gesamtstaatliches Maastricht-Defizit
von 1,4% geplant. Dabei wurde davon ausgegangen, dass das Maastricht-Defizit des Bundes nicht
höher als 1,5% des BIP sein soll. Die Länder und Gemeinden sollten ausgeglichen budgetieren.
Die Sozialversicherung sollte einen geringen Überschuss von 0,1% des BIP aufweisen. Aufgrund
der deutlich ungünstigeren Konjunkturentwicklung ist nunmehr davon auszugehen, dass 2015 das
gesamtstaatliche Maastricht-Defizit höher ausfallen wird als geplant (2,2% des BIP).
Die gesamtstaatliche Verschuldung in Relation zum BIP wird kurzfristig weiter auf 86,8% des BIP
ansteigen, weil die geplante Verschmelzung eines Teils der Verbindlichkeiten der Kommunalkredit
Austria AG auf die KA-Finanz AG (siehe Abschnitt 4.7.) statistisch dem Staatssektor zugerechnet
wird. Damit steigen die Verbindlichkeiten (d.h. die Schulden) des Staates um 6,3 Mrd. €.
5Tabellen
142
jährliche Veränderung in % 2012 2013 2014 20151) 20161)
Weltwirtschaftswachstum 2) 3,4 3,4 3,4 3,5 3,8
Welthandelsvolumen (Güter u. Dienstleistungen) 2,8 3,5 3,4 3,7 4,7
Exporte (Güter u. Dienstleistungen) 2)
Industrieländer 2,0 3,1 3,3 3,2 4,1
Entwicklungsländer 4,4 4,6 3,4 5,3 5,7
Importe (Güter u. Dienstleistungen) 2)
Industrieländer 0,9 2,1 3,3 3,3 4,3
Entwicklungsländer 6,0 5,5 3,7 3,5 5,5
Welthandelspreise (Güter) ³) 0,6 -1,4 -0,8 -3,3 0,5
Ölpreise 3) 1,0 -0,9 -7,5 -39,6 12,9
Preise sonstiger Rohstoffe 3) -10,0 -1,2 -4,0 -14,1 -1,0
1) Prognose | 2) Real | 3) In US-$
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien 1,6 0,1 0,3 1,0 1,1 1,5
Deutschland 3,6 0,4 0,1 1,6 1,9 2,0
Estland 8,3 4,7 1,6 2,1 2,3 2,9
Irland 2,8 -0,3 0,2 4,8 3,6 3,5
Griechenland -8,9 -6,6 -3,9 0,8 0,5 2,9
Spanien -0,6 -2,1 -1,2 1,4 2,8 2,6
Frankreich 2,1 0,3 0,3 0,4 1,1 1,7
Italien 0,6 -2,8 -1,7 -0,4 0,6 1,4
Zypern 0,3 -2,4 -5,4 -2,3 -0,5 1,4
Lettland 5,0 4,8 4,2 2,4 2,3 3,2
Litauen 6,1 3,8 3,3 2,9 2,8 3,3
Luxemburg 2,6 -0,2 2,0 3,1 3,4 3,5
Malta 2,3 2,5 2,7 3,5 3,6 3,2
Niederlande 1,7 -1,6 -0,7 0,9 1,6 1,7
Österreich 3,1 0,9 0,2 0,3 0,8 1,5
Portugal -1,8 -4,0 -1,6 0,9 1,6 1,8
Slowenien 0,6 -2,6 -1,0 2,6 2,3 2,1
Slowakei 2,7 1,6 1,4 2,4 3,0 3,4
Finnland 2,6 -1,4 -1,3 -0,1 0,3 1,0
Euroraum 1,6 -0,8 -0,4 0,9 1,5 1,9
Bulgarien 2,0 0,5 1,1 1,7 1,0 1,3
Tschechien 2,0 -0,8 -0,7 2,0 2,5 2,6
Dänemark 1,2 -0,7 -0,5 1,1 1,8 2,1
Kroatien -0,3 -2,2 -0,9 -0,4 0,3 1,2
Ungarn 1,8 -1,5 1,5 3,6 2,8 2,2
Polen 4,8 1,8 1,7 3,4 3,3 3,4
Rumänien 1,1 0,6 3,4 2,8 2,8 3,3
Schweden 2,7 -0,3 1,3 2,1 2,5 2,8
Großbritannien 1,6 0,7 1,7 2,8 2,6 2,4
EU 1,7 -0,5 0,0 1,4 1,8 2,1
USA 1,6 2,3 2,2 2,4 3,1 3,0
Japan -0,5 1,8 1,6 0,0 1,1 1,4
1) Prognose
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabellen
Tabelle1:EntwicklungderWeltwirtschaftQuelle: IWF, World Economic Outlook April 2015.
Tabelle2:RealesWirtschaftswachstumiminternationalenVergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
143
zu jeweiligen Preisen 2009 2010 2011 2012 2013 2014
EU 12.245.901,40 12.789.852,60 13.173.516,50 13.425.648,80 13.519.751,40 13.920.541,20
Euroraum 9.224.550,40 9.479.403,10 9.748.035,50 9.790.042,50 9.872.380,40 10.074.570,00
Belgien 349.703,00 365.747,00 379.915,00 388.171,00 395.242,00 402.027,00
Bulgarien 36.078,40 36.764,30 40.103,10 40.926,70 41.047,90 42.010,50
Tschechische Republik 148.357,40 156.369,70 163.579,10 160.947,80 157.284,80 154.929,60
Dänemark 230.213,30 241.516,90 246.074,70 250.786,40 252.938,90 257.443,80
Deutschland 2.456.660,00 2.576.220,00 2.699.100,00 2.749.900,00 2.809.480,00 2.903.790,00
Estland 14.138,20 14.709,10 16.403,80 17.636,70 18.738,80 19.526,20
Irland 168.114,00 164.928,40 171.042,30 172.754,70 174.791,30 185.411,70
Griechenland 237.431,00 226.209,60 207.751,90 194.203,70 182.438,30 179.080,60
Spanien 1.079.034,00 1.080.913,00 1.075.147,00 1.055.158,00 1.049.181,00 1.058.469,00
Frankreich 1.939.017,00 1.998.481,00 2.059.284,00 2.091.059,00 2.113.687,00 2.142.022,00
Kroatien 45.090,70 45.004,30 44.708,60 43.933,70 43.561,50 43.084,80
Italien 1.573.655,10 1.605.694,40 1.638.857,30 1.615.131,20 1.609.462,20 1.616.253,60
Zypern 18.423,10 19.062,90 19.486,70 19.411,10 18.118,90 17.506,30
Lettland 18.816,10 18.015,10 20.197,00 22.217,00 23.265,00 24.059,70
Litauen 26.934,80 28.001,30 31.247,30 33.314,00 34.955,60 36.308,90
Luxemburg 36.093,90 39.370,80 42.410,40 43.812,00 45.288,10 :
Ungarn 93.371,70 97.814,80 100.350,90 98.699,40 100.536,50 103.302,80
Malta 6.138,60 6.599,50 6.902,60 7.226,00 7.571,40 7.961,50
Niederlande 617.650,00 631.512,00 642.929,00 640.644,00 642.851,00 655.375,00
Österreich 286.188,40 294.207,90 308.675,00 317.213,10 322.594,60 328.996,30
Polen 314.689,40 359.816,00 377.028,10 386.143,30 396.111,50 413.133,90
Portugal 175.448,20 179.929,80 176.166,60 168.398,00 169.394,90 173.053,30
Rumänien 120.409,20 126.746,40 133.305,90 133.806,10 144.282,20 150.018,50
Slowenien 36.166,20 36.219,60 36.868,40 36.006,00 36.144,00 37.246,40
Slowakei 63.798,90 67.204,00 70.159,80 72.184,70 73.593,20 75.214,90
Finnland 181.029,00 187.100,00 196.869,00 199.793,00 201.995,00 204.015,00
Schweden 309.678,70 369.076,60 404.945,50 423.340,70 436.342,40 429.468,40
Vereinigtes Königreich 1.663.573,30 1.816.615,00 1.863.940,90 2.041.491,20 2.017.193,80 2.222.361,40
USA 10.337.467,70 11.287.923,40 11.147.916,70 12.580.323,80 12.625.630,60 13.111.704,90
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle3:BIPzuMarktpreiseninMio.€iminternationalenVergleichQuelle: Eurostat.
144
Veränderung gegen das Vorjahr in % 2013 2014 20151) 20161)
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei -3,5 10,9 0,0 0,0
Herstellung von Waren einschl. Bergbau 0,6 0,1 0,0 2,5
Energie- u. Wasserversorgung, Abfallentsorgung 6,8 1,5 -1,0 0,2
Bau 0,4 0,4 0,5 1,0
Handel, Instandhaltung und Reparatur von KFZ -1,6 -0,7 0,7 1,7
Verkehr -0,7 -1,8 -0,5 1,3
Beherbergung und Gastronomie 0,7 0,8 0,7 1,3
Information und Kommunikation -1,6 -7,9 0,5 1,3
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen -0,4 0,0 0,5 1,0
Grundstücks- und Wohnungswesen 3,0 0,4 1,0 1,5
Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 2) 0,7 1,5 1,3 1,7
Öffentliche Verwaltung 3) 0,4 1,6 1,0 -0,2
Sonstige Dienstleistungen 4) -0,2 1,4 0,6 1,2
Wertschöpfung Wirtschaftsbereiche 5) 0,4 0,3 0,5 1,3
Bruttoinlandsprodukt 0,2 0,3 0,5 1,3
1) Prognose. 2) Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen, technischen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (ÖNACE M-N). 3) Einschließlich Sozialversicherung, Verteidigung, Erziehung, Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen (ÖNACE O-Q). 4) Einschließlich Kunst, Unterhaltung und Erholung, private Haushalte (ÖNACE R-U). 5) Vor Abzug der Gütersubventionen und vor Zurechnung der Gütersteuern.
zu jeweiligen Preisen 2009 2010 2011 2012 2013 2014
EU 24.300 25.300 26.000 26.500 26.600 27.300
Euroraum 28.000 28.700 29.300 29.400 29.600 29.900
Belgien 32.400 33.600 34.600 35.100 35.600 36.000
Bulgarien 4.800 4.900 5.500 5.600 5.600 5.800
Tschechische Republik 14.100 14.900 15.600 15.300 15.000 14.700
Dänemark 41.700 43.500 44.200 44.900 45.100 45.600
Deutschland 30.000 31.500 33.000 33.600 34.200 35.200
Estland 10.600 11.000 12.300 13.300 14.200 14.800
Irland 37.000 36.200 37.400 37.600 38.000 40.200
Griechenland 21.200 20.300 18.700 17.500 16.500 16.300
Spanien 23.300 23.200 23.000 22.600 22.500 22.800
Frankreich 30.000 30.800 31.500 31.900 32.100 32.400
Kroatien 10.500 10.500 10.400 10.300 10.200 10.200
Italien 26.400 26.800 27.300 26.800 26.500 26.600
Zypern 22.800 23.000 22.900 22.500 21.000 20.500
Lettland 8.800 8.600 9.800 10.900 11.600 12.100
Litauen 8.500 9.000 10.300 11.200 11.800 12.400
Luxemburg 72.400 77.600 81.700 82.400 83.100 :
Ungarn 9.300 9.800 10.100 9.900 10.200 10.500
Malta 14.900 15.900 16.600 17.200 17.900 18.600
Niederlande 37.400 38.000 38.500 38.200 38.300 38.900
Österreich 34.300 35.200 36.800 37.600 38.100 38.500
Polen 8.200 9.300 9.800 10.000 10.300 10.700
Portugal 16.600 17.000 16.700 16.000 16.200 16.600
Rumänien 5.900 6.300 6.600 6.700 7.200 7.500
Slowenien 17.700 17.700 18.000 17.500 17.500 18.100
Slowakei 11.800 12.400 13.000 13.400 13.600 13.900
Finnland 33.900 34.900 36.500 36.900 37.100 37.400
Schweden 33.300 39.400 42.900 44.500 45.500 44.300
Vereinigtes Königreich 26.700 28.900 29.500 32.000 31.500 34.400
USA 33.600 36.400 35.700 40.000 39.800 41.100
Tabelle4:BIPzuMarktpreisen(Euro/Kopf)iminternationalenVergleich Quelle: Eurostat.
Tabelle5:RealeBruttowertschöpfungzuHerstellungspreiseninÖsterreichQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2015.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
145
Veränderung gegen das Vorjahr in % 2013 2014 20151) 20161)
Konsumausgaben, insgesamt 0,1 0,4 0,6 0,9
Private Haushalte 2) -0,1 0,2 0,4 1,3
Staat 0,7 0,9 1,1 -0,1
Bruttoinvestitionen -4,4 -0,4 0,1 2,8
Bruttoanlageinvestitionen -1,5 0,4 0,5 1,5
Ausrüstungen 3) -1,5 1,7 0,5 2,5
Bauten -2,2 0,1 0,5 1,0
Sonstige Anlagen 4) 0,3 -0,9 0,5 1,2
Inländische Verwendung -0,7 0,6 0,4 1,4
Exporte 1,4 1,8 2,3 3,2
Importe -0,3 2,5 2,3 3,6
Bruttoinlandsprodukt 0,2 0,3 0,5 1,3
1) Prognose. 2) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. 3) Einschließlich militärischer Waffensysteme. 4) Geistiges Eigentum und Nutztiere/-pflanzungen.
Industrieproduktion1) BeschäftigteinderIndustrie
2012 2013 2014 2012 2013 2014
Industrieinsgesamt2) 105,9 103,8 105,3 378.532 375.201 369.467
Stein- u. keramische Industrie 97,2 97,4 92,8 13.471 13.316 12.811
Glasindustrie 88,5 85,5 89,3 8.224 7.951 7.663
Chemische Industrie 105,9 105,8 110,9 43.952 43.625 43.304
Papiererzeugende Industrie 105,6 105,5 104,5 7.531 7.521 7.435
Nahrungs- und Genußmittelind. 103,3 103,3 102,2 26.887 27.056 26.467
Textilindustrie 99,0 99,9 99,8 8.429 8.246 7.977
Maschinen- u. Stahlbauindustrie 112,4 110,4 107,9 70.328 71.050 69.456
Fahrzeugindustrie 114,8 118,7 121,8 26.770 25.617 26.255
Eisen- und Metallwarenindustrie 109,7 109,7 110,4 50.153 49.697 49.582
Elektroindustrie 93,1 88,1 92,6 46.944 45.942 45.188 1) Nach Arbeitstagen bereinigt; 2010=100 2) Ohne Energie.
Tabelle6:RealeNachfrageinÖsterreichQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2015.
Tabelle7:IndustrieproduktionnachFachverbändenundBeschäftigteinderIndustrienachFachverbändeninÖsterreichQuelle: WIFO.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
146
2010 2011 2012 2013 2014
Gesamtindex 1,9 3,3 2,4 2,0 1,7
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke 0,5 4,2 3,3 3,4 2,0
Bekleidung und Schuhe 1,1 3,0 1,3 0,8 -0,8
Wohnung, Wasser, Energie 2,6 3,2 3,3 2,3 1,6
Verkehr 3,4 5,6 2,6 -0,3 0,2
Nachrichtenübermittlung 1,9 0,9 -0,1 1,3 6,0
Freizeit und Kultur 0,8 2,0 1,0 1,8 1,4
Erziehung und Unterricht -4,7 4,0 4,4 4,2 2,7
1) Classification Of Individual Consumption by Purpose, wird seit 1999 international für volkswirtschaftliche und sozialstatistische Gebiete verwendet.
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien 3,4 2,6 1,2 0,5 0,3 1,3
Deutschland 2,5 2,1 1,6 0,8 0,3 1,8
Estland 5,1 4,2 3,2 0,5 0,2 1,9
Irland 1,2 1,9 0,5 0,3 0,4 1,5
Griechenland 3,1 1,0 -0,9 -1,4 -1,5 0,8
Spanien 3,1 2,4 1,5 -0,2 -0,6 1,1
Frankreich 2,3 2,2 1,0 0,6 0,0 1,0
Italien 2,9 3,3 1,3 0,2 0,2 1,8
Zypern 3,5 3,1 0,4 -0,3 -0,8 0,9
Lettland 4,2 2,3 0,0 0,7 0,7 2,2
Litauen 4,1 3,2 1,2 0,2 -0,4 1,7
Luxemburg 3,7 2,9 1,7 0,7 0,8 2,1
Malta 2,5 3,2 1,0 0,8 1,3 1,9
Niederlande 2,5 2,8 2,6 0,3 0,2 1,3
Österreich 3,6 2,6 2,1 1,5 0,8 1,9
Portugal 3,6 2,8 0,4 -0,2 0,2 1,3
Slowenien 2,1 2,8 1,9 0,4 0,1 1,7
Slowakei 4,1 3,7 1,5 -0,1 -0,2 1,4
Finnland 3,3 3,2 2,2 1,2 0,2 1,3
Euroraum 2,7 2,5 1,4 0,4 0,1 1,5
Bulgarien 3,4 2,4 0,4 -1,6 -0,5 1,0
Tschechien 2,1 3,5 1,4 0,4 0,2 1,4
Dänemark 2,7 2,4 0,5 0,3 0,6 1,7
Kroatien 2,2 3,4 2,3 0,2 0,1 1,3
Ungarn 3,9 5,7 1,7 0,0 0,0 2,5
Polen 3,9 3,7 0,8 0,1 -0,4 1,1
Rumänien 5,8 3,4 3,2 1,4 0,2 0,9
Schweden 1,4 0,9 0,4 0,2 0,7 1,6
Großbritannien 4,5 2,8 2,6 1,5 0,4 1,6
EU 3,1 2,6 1,5 0,6 0,1 1,5
USA 3,1 2,1 1,5 1,6 0,4 2,2
Japan -0,3 0,0 0,4 2,7 0,5 0,9
1) Prognose.
Tabelle8:Inflationsentwicklung(HVPI)iminternationalenVergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
Tabelle9:IndexderVerbraucherpreise,Veränderungsraten,HauptgruppennachCOICOP1)inÖsterreich(Entwicklung)Quelle: Statistik Austria.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
147
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 2014 20151) 20161)
Löhne und Gehälter pro Kopf, nominell, brutto 2) 1,8 2,7 1,7 1,8 1,5 1,7
Löhne und Gehälter pro Kopf, real 3)
Brutto -1,4 0,3 -0,3 0,1 0,3 0,0
Netto -1,8 -0,1 -0,7 -0,4 -0,3 2,4
Stundenproduktivität 4)
Gesamtwirtschaft 1,1 1,0 0,7 -0,5 0,5 1,2
Herstellung von Waren 7,0 -0,1 1,1 0,9 0,6 2,3
Lohnstückkosten
Gesamtwirtschaft 0,5 2,9 2,4 2,4 1,9 1,4
Herstellung von Waren -3,2 3,7 1,8 1,9 1,5 -0,4
1) Prognose.
2) je Beschäftigungsverhältnis (laut VGR)
3) deflationiert mit dem VPI
4) Produktion je geleisteter Arbeitsstunde
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien 2,8 3,6 2,0 0,1 -0,2 -0,3
Deutschland 0,6 3,3 2,4 1,8 1,8 1,4
Estland -0,8 3,4 6,8 6,4 3,4 2,4
Irland -3,2 0,5 4,2 0,8 1,2 0,9
Griechenland -0,2 -3,3 -7,0 -1,6 0,1 1,7
Spanien -1,1 -3,0 -0,4 -0,4 0,3 0,3
Frankreich 0,9 1,8 1,1 1,0 -0,1 0,3
Italien 0,7 1,9 0,7 1,2 0,5 0,0
Zypern 2,7 -2,6 -5,9 -4,3 -0,2 0,9
Lettland 0,2 2,7 7,3 4,7 3,1 2,1
Litauen 0,7 2,2 3,0 3,4 3,0 2,6
Luxemburg 2,4 4,2 3,6 1,6 0,8 1,2
Malta 4,2 4,2 1,0 1,5 0,8 1,2
Niederlande 1,3 3,6 1,6 0,1 0,0 0,9
Österreich 0,8 3,1 2,6 2,3 1,3 0,7
Portugal -2,0 -3,2 2,5 -0,9 -0,5 0,0
Slowenien -0,7 0,6 1,4 -2,1 -0,2 0,2
Slowakei 1,1 1,0 0,3 2,3 0,6 1,2
Finnland 2,3 5,2 1,9 1,1 0,8 0,3
Euroraum 0,5 1,8 1,3 1,0 0,7 0,6
Bulgarien 2,4 4,5 7,2 0,2 1,0 1,5
Tschechien 0,6 2,6 0,5 1,4 0,9 0,8
Dänemark 0,2 1,9 1,9 1,3 0,9 0,9
Kroatien 0,6 -1,3 -0,6 -2,4 -1,7 0,8
Ungarn 1,6 3,4 0,9 2,7 3,9 2,0
Polen 1,1 1,8 0,8 -2,0 -0,5 0,5
Rumänien -5,8 3,5 -1,3 0,3 0,9 1,0
Schweden 2,6 4,1 1,4 1,5 1,0 0,9
Großbritannien -0,1 2,4 1,4 0,9 1,0 1,2
EU 0,5 2,0 1,3 0,9 0,8 0,8
USA 1,9 1,6 0,3 1,5 2,0 2,6
Japan 0,8 -1,9 -0,9 0,8 -0,2 -0,3
1) Prognose.
Tabelle10:LohnstückkostenindergesamtenWirtschaftiminternationalenVergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
Tabelle11:LöhneundProduktivitätinÖsterreich(Entwicklung)Quelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2015.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
148
in Mio. € 2010 2011 2012 2013 2014
Leistungsbilanz 8.447 5.057 4.725 3.060 2.555
Güter -1.384 -3.632 -3.162 -1.908 -2.346
Dienstleistungen 10.345 10.661 10.670 10.766 10.360
Primäreinkommen 2.475 1.046 405 -1.961 -1.905
Sekundäreinkommen -2.989 -3.018 -3.189 -3.837 -3.553
Vermögensübertragungen 177 -330 -448 -473 -452
Kapitalbilanz 3.369 4.752 5.224 7.526 6.019
Statistische Differenz -5.255 25 947 4.939 3.916
1) Bis 2012 endgültige Daten, 2013 revidierte Daten, 2014 provisorische Daten
Tabelle13:EntwicklungderZahlungsbilanz1)inÖsterreichQuelle: OeNB.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle12:AußenhandelundExportquoten2014*iminternationalenVergleichQuelle: WKÖ (Eurostat, EU-Kommission, WIIW)
Warenexporte1) ExportevonWaren Warenimporte1) Warenexporte1)
undDienstleistungen2)
in%desBIP in%desBIP Mrd.€ Mrd.€
Belgien 60,9 83,2 340,6 354,8
Deutschland 38,6 45,7 915,1 1.134,8
Estland 58,4 84,6 13,7 12,1
Finnland 27,2 37,3 57,7 55,9
Frankreich 20,9 28,4 510,1 438,5
Griechenland 17,3 33,0 47,8 27,2
Irland 57,6 112,1 53,1 88,4
Italien 23,9 29,4 355,1 398,0
Lettland 42,0 58,0 13,2 10,9
Litauen 65,6 81,8 26,5 24,4
Luxemburg 45,2 204,5 20,1 14,4
Malta 34,0 147,0 4,9 2,1
Niederlande 65,7 83,1 442,4 505,9
Österreich 38,1 53,4 136,9 134,0
Portugal 29,1 39,9 58,8 48,2
Slowakei 83,1 91,9 61,8 65,2
Slowenien 62,0 76,8 25,7 27,2
Spanien 22,6 32,0 269,8 244,4
Zypern 16,1 55,4 5,1 1,4
Euroraum 33,6 44,4 3.358,3 3.587,7
Bulgarien 50,5 67,9 26,2 22,1
Dänemark 32,5 53,7 74,7 83,4
Großbritannien 16,3 28,3 514,7 380,6
Kroatien 22,5 45,7 17,7 10,2
Polen 38,2 46,9 165,5 163,1
Rumänien 31,1 41,1 58,5 52,5
Schweden 31,4 44,6 122,4 123,8
Tschechien 71,3 83,6 114,7 130,9
Ungarn 74,0 91,1 79,0 83,4
EU(15) 30,0 41,2 3.919,1 4.032,2
EU(28) 31,6 42,9 4.531,7 4.637,5
USA 9,3 13,4 1.767,9 1.227,9
Japan 15,2 17,7 642,7 549,5
* Prognose 1) einschließlich Intra-EU-Handel 2) lt. VGR
149
Tabelle15:AußenhandelÖsterreichsnachWarengruppenQuelle: Statistik Austria.
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle14:AußenhandelÖsterreichsinsgesamtundnachLändergruppenQuelle: Statistik Austria.
ImporteinMio.€ 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Nahrungs- und Genussmittel 6.934 7.494 8.332 8.746 8.990 9.188
Rohstoffe 1) 15.978 19.920 24.617 25.204 22.476 19.557
Halbfertigwaren 12.318 16.182 20.059 19.677 19.091 19.904
Fertigwaren insgesamt 62.344 70.056 78.000 78.354 80.149 81.075
Investitionsgüter 21.866 24.557 27.226 27.767 29.024 28.524
Konsumgüter 40.425 45.466 50.741 50.550 51.099 52.520
ExporteinMio.€
Nahrungs- und Genussmittel 6.510 7.090 7.898 8.152 8.359 8.554
Rohstoffe 1) 6.246 7.801 8.920 9.009 7.729 7.411
Halbfertigwaren 13.854 17.550 19.931 20.189 19.887 20.706
Fertigwaren insgesamt 67.129 76.932 85.025 86.193 89.836 91.225
Investitionsgüter 25.934 29.247 32.232 33.733 35.399 35.597
Konsumgüter 41.125 47.598 52.668 52.323 54.331 55.509
1) einschließlich elektrischer Energie
ImporteinMio.€ 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Insgesamt 97.574 113.652 131.008 131.982 130.707 129.724
EU 1) 71.292 82.345 93.552 93.039 93.170 92.473
Osteuropäische Länder 2) 5) 14.344 18.769 23.132 24.273 23.274 22.448
NAFTA 3) 3.033 3.837 4.354 4.738 5.026 5.121
ASEAN 4) 5) 1.188 1.401 1.637 1.614 1.778 1.907
ExporteinMio.€
Insgesamt 93.739 109.373 121.774 123.544 125.812 127.896
EU 1) 66.527 77.145 84.836 84.278 86.740 87.997
Osteuropäische Länder 2) 5) 20.012 22.871 25.633 25.916 26.410 26.783
NAFTA 3) 4.929 6.087 7.575 8.316 8.536 9.386
ASEAN 4) 5) 943 1.025 1.363 1.566 1.650 1.695
1) Ab 1995: EU15; ab Mai 2004: EU25; aus technischen Gründen beziehen sich die Wertangaben 2004 ausschließlich auf die EU15; ab Jänner 2005 dann auf die EU25;ab Jänner 2007 auf die EU27; ab Juli 2013 auf die EU28.2) Baltische Staaten, Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien. 3) USA, Kanada, Mexiko.4) Thailand, Indonesien, Malaysia, Brunei, Singapur, Philippinen, Vietnam, Kambodscha, Myanmar, Laos, demokratische Volksrepublik.5) Aufgrund der Änderungen in einzelnen Ländergruppen kann es zu entsprechenden Differenzen in den Jahresergebnissen kommen.
Tabelle17:Direktinvestitionsflüsse(ieS.)Österreich2014 Quelle: OeNB
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle16:WarenhandelÖsterreichs(Import-undExportländer)Quelle: Statistik Austria
Importe2014*
Mio.€ Anteil
1 Deutschland 48.547,9 37,4%
2 Italien 7.985,7 6,2%
3 China 7.239,2 5,6%
4 Schweiz 6.634,2 5,1%
5 Tschechische Rep. 5.429,9 4,2%
6 USA 4.462,4 3,4%
7 Ungarn 3.830,8 3,0%
8 Frankreich 3.675,3 2,8%
9 Niederlande 3.483,2 2,7%
10 Slowakei 2.861,5 2,2%
11 Polen 2.572,3 2,0%
12 Großbritannien 2.298,6 1,8%
13 Russ. Föder. 2.296,1 1,8%
14 Spanien 2.172,8 1,7%
15 Belgien 2.051,0 1,6%
16 Japan 1.749,6 1,3%
17 Slowenien 1.700,5 1,3%
18 Kasachstan 1.645,5 1,3%
19 Türkei 1.266,7 1,0%
20 Schweden 1.264,8 1,0%
21 Rumänien 1.200,1 0,9%
22 Südkorea 772,6 0,6%
23 Indien 617,9 0,5%
24 Libyen 613,1 0,5%
25 Ukraine 604,9 0,5%
EU-28 92.472,6 71,3%
Total 129.723,7 100,0%
* Vorläufige Daten
Exporte2014*
Mio.€ Anteil
1 Deutschland 38.050 29,8%
2 Italien 8.224 6,4%
3 USA 7.775 6,1%
4 Schweiz 6.686 5,2%
5 Frankreich 6.244 4,9%
6 Tschechische Rep. 4.367 3,4%
7 Ungarn 4.269 3,3%
8 Großbritannien 3.905 3,1%
9 Polen 3.827 3,0%
10 China 3.381 2,6%
11 Russ. Föder. 3.194 2,5%
12 Slowakei 2.596 2,0%
13 Slowenien 2.534 2,0%
14 Niederlande 2.139 1,7%
15 Spanien 2.138 1,7%
16 Rumänien 1.876 1,5%
17 Belgien 1.708 1,3%
18 Schweden 1.369 1,1%
19 Japan 1.331 1,0%
20 Türkei 1.207 0,9%
21 Kroatien 1.168 0,9%
22 Kanada 1.011 0,8%
23 Südkorea 840 0,7%
24 Australien 793 0,6%
25 Saudi-Arabien 717 0,6%
EU-28 87.997 68,8%
Total 127.896 100,0%
Aktiv1)
Mio.€ Anteil
1 Niederlande 6.458 111,4%
2 Frankreich 1.925 33,2%
3 China 650 11,2%
4 Tschechische Republik 626 10,8%
5 Norwegen 513 8,8%
6 Russland 465 8,0%
7 USA 404 7,0%
8 Schweiz 341 5,9%
9 Slowenien 325 5,6%
10 Bulgarien 319 5,5%
11 Polen 246 4,2%
12 Ver. Arabische Emirate 244 4,2%
13 Brasilien 206 3,6%
14 Türkei 164 2,8%
15 Rumänien 129 2,2%
Passiv2)
Mio.€ Anteil
1 Luxemburg 1.441 40,9%
2 Deutschland 1.143 32,4%
3 Russland 835 23,7%
4 Italien 525 14,9%
5 Frankreich 457 13,0%
6 Zypern 428 12,1%
7 Niederlande 414 11,7%
8 Japan 383 10,9%
9 Liechtenstein 221 6,3%
10 Kanada 67 1,9%
11 Dänemark 24 0,7%
12 Malta 16 0,5%
13 Indien 14 0,4%
14 Slowenien 13 0,4%
15 Saudi-Arabien 11 0,3%
150
1) Anteil beträgt mehr als 100%, wegen hoher Desinvestitionen aus amerikanischen Offshore-Zentren, Vereinigtem Königreich, Malta, Slowakei, Italien, Belgien und Zypern.
2) Anteil beträgt mehr als 100%, da hohe Desinvestitionen aus Vereinigtem Königreich, Schweden, USA, Brasillien und Spanien.
151
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien -4,1 -4,1 -2,9 -3,2 -2,6 -2,4
Deutschland -0,9 0,1 0,1 0,7 0,6 0,5
Estland 1,2 -0,2 -0,2 0,6 -0,2 -0,1
Irland -12,7 -8,1 -5,8 -4,1 -2,8 -2,9
Griechenland -10,2 -8,7 -12,3 -3,5 -2,1 -2,2
Spanien -9,4 -10,3 -6,8 -5,8 -4,5 -3,5
Frankreich -5,1 -4,8 -4,1 -4,0 -3,8 -3,5
Italien -3,5 -3,0 -2,9 -3,0 -2,6 -2,0
Zypern -5,8 -5,8 -4,9 -8,8 -1,1 -0,1
Lettland -3,3 -0,8 -0,7 -1,4 -1,4 -1,6
Litauen -8,9 -3,1 -2,6 -0,7 -1,5 -0,9
Luxemburg 0,4 0,1 0,9 0,6 0,0 0,3
Malta -2,6 -3,6 -2,6 -2,1 -1,8 -1,5
Niederlande -4,3 -4,0 -2,3 -2,3 -1,7 -1,2
Österreich -2,6 -2,2 -1,3 -2,4 -2,0 -2,0
Portugal -7,4 -5,6 -4,8 -4,5 -3,1 -2,8
Slowenien -6,6 -4,0 -14,9 -4,9 -2,9 -2,8
Slowakei -4,1 -4,2 -2,6 -2,9 -2,7 -2,5
Finnland -1,0 -2,1 -2,5 -3,2 -3,3 -3,2
Euroraum -4,1 -3,6 -2,9 -2,4 -2,0 -1,7
Bulgarien -2,0 -0,7 -0,9 -2,8 -2,9 -2,9
Tschechien -2,7 -3,9 -1,2 -2,0 -2,0 -1,5
Dänemark -2,1 -3,7 -1,1 1,2 -1,5 -2,6
Kroatien -7,5 -5,3 -5,4 -5,7 -5,6 -5,7
Ungarn -5,5 -2,3 -2,5 -2,6 -2,5 -2,2
Polen -4,9 -3,7 -4,0 -3,2 -2,8 -2,6
Rumänien -5,3 -2,9 -2,2 -1,5 -1,6 -3,5
Schweden -0,1 -0,9 -1,4 -1,9 -1,5 -1,0
Großbritannien -7,6 -8,3 -5,7 -5,7 -4,5 -3,1
EU -4,5 -4,2 -3,2 -2,9 -2,5 -2,0
USA -10,6 -8,9 -5,6 -4,9 -4,2 -3,8
Japan -8,8 -8,7 -8,5 -7,8 -7,1 -6,5
1) Prognose
Tabelle18:BudgetsaldenderöffentlichenHaushalteiminternationalenVergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
152
Tabelle20:BudgetentwicklungdesBundes2005bis2015Quelle: BMF, Statistik Austria, WIFO
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle19:ÖffentlicheVerschuldungiminternationalenVergleichQuelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien 102,0 103,8 104,4 106,5 106,5 106,4
Deutschland 77,9 79,3 77,1 74,7 71,5 68,2
Estland 6,0 9,7 10,1 10,6 10,3 9,8
Irland 111,2 121,7 123,2 109,7 107,1 103,8
Griechenland 171,3 156,9 175,0 177,1 180,2 173,5
Spanien 69,2 84,4 92,1 97,7 100,4 101,4
Frankreich 85,2 89,6 92,3 95,0 96,4 97,0
Italien 116,4 123,1 128,5 132,1 133,1 130,6
Zypern 66,0 79,5 102,2 107,5 106,7 108,4
Lettland 42,7 40,9 38,2 40,0 37,3 40,4
Litauen 37,2 39,8 38,8 40,9 41,7 37,3
Luxemburg 19,1 21,9 24,0 23,6 24,9 25,3
Malta 69,7 67,4 69,2 68,0 67,2 65,4
Niederlande 61,3 66,5 68,6 68,8 69,9 68,9
Österreich 82,1 81,5 80,9 84,5 87,0 85,8
Portugal 111,1 125,8 129,7 130,2 124,4 123,0
Slowenien 46,5 53,7 70,3 80,9 81,5 81,7
Slowakei 43,4 52,1 54,6 53,6 53,4 53,5
Finnland 48,5 52,9 55,8 59,3 62,6 64,8
Euroraum 86,5 91,1 93,2 94,2 94,0 92,5
Bulgarien 15,7 18,0 18,3 27,3 29,8 31,2
Tschechien 39,9 44,6 45,0 42,6 41,5 41,6
Dänemark 46,4 45,6 45,0 45,2 39,5 39,2
Kroatien 63,7 69,2 80,6 85,0 90,5 93,9
Ungarn 81,0 78,5 77,3 76,9 75,0 73,5
Polen 54,8 54,4 55,7 50,1 50,9 50,8
Rumänien 34,2 37,3 38,0 39,8 40,1 42,4
Schweden 36,2 36,6 38,7 43,9 44,2 43,4
Großbritannien 81,8 85,8 87,3 89,4 89,9 90,1
EU-27 81,4 85,1 87,3 88,6 88,0 86,9
1) Prognose
inMio.€*) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 20132) 20143) 20153)
Gesamteinzahlungen 61.493 66.145 69.462 70.734 62.376 59.434 63.452 65.931 71.364 71.463 71.525
Öffentliche Abgaben netto 38.038 40.454 43.635 44.961 37.638 39.816 41.931 43.807 45.801 47.473 49.197
Auszahlungen ohne Tilgungen 66.041 70.561 72.332 80.298 69.457 67.287 67.814 72.880 75.567 74.652 74.719
Nettofinanzierungsbedarf 4.548 4.416 2.870 9.564 7.080 7.853 4.362 6.949 4.203 3.190 3.194
Tilgungen von Finanzschulden 1) 19.561 18.076 19.935 10.421 25.264 17.426 14.580 19.301 22.779 25.757 19.357
Zinsen (einschließlich Spesen) für Finanzschuld 1) 6.466 6.845 6.756 6.702 6.719 5.729 6.805 6.615 6.397 6.703 6.543
in%desBruttoinlandsproduktes
Gesamteinzahlungen 24,3 24,8 24,6 24,2 21,8 20,2 20,6 20,8 22,1 21,7 21,3
Öffentliche Abgaben netto 15,0 15,2 15,5 15,4 13,2 13,5 13,6 13,8 14,2 14,4 14,7
Auszahlungen ohne Tilgungen 26,1 26,5 25,6 27,5 24,3 22,9 22,0 23,0 23,4 22,7 22,3
Nettofinanzierungsbedarf 1,8 1,7 1,0 3,3 2,5 2,7 1,4 2,2 1,3 1,0 1,0
Tilgungen von Finanzschulden 1) 7,7 6,8 7,1 3,6 8,8 5,9 4,7 6,1 7,1 7,8 5,8
Zinsen (einschließlich Spesen) für Finanzschuld 1) 2,6 2,6 2,4 2,3 2,3 1,9 2,2 2,1 2,0 2,0 2,0
BIP neu, ESVG 10, Stand März 2015 253.009 266.478 282.347 291.930 286.188 294.208 308.675 317.213 322.595 328.996 335.335 *) Rundungsdifferenzen möglich; Daten 2013-2015 entsprechen dem Finanzierungshaushalt1) Wirtschaftliche Belastung unter Nettodarstellung der Währungstauschverträge2) Vorläufiger Erfolg (Stand: 31.1.2015)3) Bundesvoranschlag (BVA)4) BIP: bis 2014 Statistik Austria, 2015 lt. Wifo-Prognose März 2015
153
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle21:ÖffentlicheAbgabendesBundes2005bis2015Quelle: BMF
Tabelle22:Arbeitslosenquoten(in%derErwerbspersonen)Quelle: Europäische Kommission; EU-Frühjahrsprognose 2015.
jährliche Veränderung in % 2011 2012 2013 20141) 20151) 20161)
Belgien 7,2 7,6 8,4 8,5 8,4 8,1
Deutschland 5,8 5,4 5,2 5,0 4,6 4,4
Estland 12,3 10,0 8,6 7,4 6,2 5,8
Irland 14,7 14,7 13,1 11,3 9,6 9,2
Griechenland 17,9 24,5 27,5 26,5 25,6 23,2
Spanien 21,4 24,8 26,1 24,5 22,4 20,5
Frankreich 9,2 9,8 10,3 10,3 10,3 10,0
Italien 8,4 10,7 12,1 12,7 12,4 12,4
Zypern 7,9 11,9 15,9 16,1 16,2 15,2
Lettland 16,2 15,0 11,9 10,8 10,4 9,4
Litauen 15,4 13,4 11,8 10,7 9,9 9,1
Luxemburg 4,8 5,1 5,9 5,9 5,7 5,4
Malta 6,4 6,3 6,4 5,9 5,9 5,9
Niederlande 5,0 5,8 7,3 7,4 7,1 6,9
Österreich 4,6 4,9 5,4 5,6 5,8 5,7
Portugal 12,9 15,8 16,4 14,1 13,4 12,6
Slowenien 8,2 8,9 10,1 9,7 9,4 9,2
Slowakei 13,7 14,0 14,2 13,2 12,1 10,8
Finnland 7,8 7,7 8,2 8,7 9,1 9,0
Euroraum 10,1 11,4 12,0 11,6 11,0 10,5
Bulgarien 11,3 12,3 13,0 11,4 10,4 9,8
Tschechien 6,7 7,0 7,0 6,1 5,6 5,5
Dänemark 7,6 7,5 7,0 6,6 6,2 5,9
Kroatien 13,7 16,0 17,3 17,3 17,0 16,6
Ungarn 11,0 11,0 10,2 7,7 6,8 6,0
Polen 9,7 10,1 10,3 9,0 8,4 7,9
Rumänien 7,2 6,8 7,1 6,8 6,6 6,4
Schweden 7,8 8,0 8,0 7,9 7,7 7,6
Großbritannien 8,1 7,9 7,6 6,1 5,4 5,3
EU-27 9,6 10,5 10,9 10,2 9,6 9,2
USA 8,9 8,1 7,4 6,2 5,4 5,0
Japan 4,6 4,3 4,0 3,6 3,6 3,5
1) Prognose
inMio.€(Rundungsdifferenzen möglich) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014*) 2015*)
Veranlagte Einkommensteuer 2.539 2.525 2.629 2.742 2.605 2.668 2.678 2.602 3.121 3.384 3.500
Lohnsteuer 16.930 18.092 19.664 21.308 19.897 20.433 21.784 23.392 24.597 25.942 27.300
Kapitalertragsteuern 2.072 2.240 3.173 3.750 3.015 2.556 2.712 2.512 2.590 2.770 2.700
Körperschaftsteuer 4.418 4.833 5.741 5.934 3.834 4.633 5.277 5.327 6.018 5.906 6.600
Umsatzsteuer 19.442 20.171 20.832 21.853 21.628 22.467 23.391 24.602 24.867 25.472 26.300
Tabaksteuer 1.340 1.408 1.446 1.424 1.458 1.502 1.568 1.621 1.662 1.713 1.840
Mineralölsteuer 3.565 3.553 3.689 3.894 3.800 3.854 4.213 4.181 4.165 4.135 4.200
Stempel- und Rechtsgebühren 798 806 806 811 797 819 467 477 476 481 500
Energieabgabe 785 669 764 709 655 726 792 831 886 850 900
Normverbrauchsabgabe 486 490 456 472 437 452 481 507 457 438 560
Versicherungssteuer 946 980 993 1.022 1.033 1.017 1.071 1.053 1.056 1.070 1.080
Motorbezogene Versicherungssteuer 1.325 1.376 1.410 1.475 1.521 1.554 1.662 1.728 1.782 2.126 2.150
Kraftfahrzeugsteuer 143 141 130 77 68 70 59 45 48 51 50
Sonstige Abgaben 2.365 3.114 2.962 3.057 2.564 2.741 3.702 4.275 4.645 4.165 4.100
Bruttoeinnahmen 57.156 60.398 64.695 68.528 63.314 65.492 69.858 73.153 76.370 78.503 81.780
Überweisung an Länder, Gemeinden, Fonds u.a. 16.805 17.473 18.873 21.517 23.397 23.340 25.414 26.458 27.598 28.278 29.583
Überweisung an die Europäische Union 2.314 2.470 2.188 2.050 2.279 2.336 2.512 2.888 2.971 2.752 3.000
Nettoeinnahmen 38.038 40.454 43.635 44.961 37.638 39.816 41.931 43.807 45.801 47.473 49.197
*) Daten 2013-2015 entsprechen dem Finanzierungshaushalt; 2014: vorl Erfolg 2014 mit Stand 31.1.2015, 2015: Bundesvoranschlag (BVA)
154
Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle23:WichtigeArbeitsmarktdatenQuelle: BMASK
VeränderunggegenüberdemVorjahrZusammen absolut in%
Arbeitskräftepotential 3.822.758 +52.556 +1,4
UnselbständigBeschäftigte1) 3.503.400 +20.405 +0,6
davon freie Dienstverträge 17.671 -879 -4,7
unselbst. aktiv Beschäftigte 1) 3.415.529 +23.823 +0,7
GeringfügigBeschäftigte2) 333.302 +9.114 +2,8
SelbständigBeschäftigte 456.581 +3.977 +0,9
Beschäftigungsquotelt.StatistikAustria4) 71,1 -0,3
VorgemerkteArbeitslose 319.358 +32.151 +11,2
Vorgem.arbeitslose InländerInnen 238.464 +18.000 +8,2
Vorgem.arbeitslose AusländerInnen 80.849 +14.151 +21,2
Vorgem.Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 45.148 +2.404 +5,6
Vorgem.Arbeitslose im Alter v. 50 u. m. Jahre 81.663 +12.436 +18,0
ZugängeinArbeitslosigkeit 1.063.123 -2.736 -0,3
AbgängeausArbeitslosigkeit 1.177.008 -2.223 -0,2
VerweildauerinArbeitslosigkeit(inTagen) 104 +7
BestandanLangzeitarbeitslosen>6Monate 57.932 +18.287 +46,1
BestandanLangzeitarbeitslosen>1Jahr 12.464 +5.669 +83,4
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Arbeitsaufnahme 48.882 -1.840 -3,8
Vorgem. Arbeitslose mit Einstellzusage – Sonstige 4.005 -217 -5,1
ARBEITSLOSENQUOTE(Registerquote) 8,4% +0,7
GEM.OFFENESTELLEN 26.320 -63 -0,2
STELLENANDRANG5) 12,1 +1,2
ArbeitslosenquotenachEUROSTAT4) 5,6% +0,2
Männer
Arbeitskräftepotential 2.046.3569 +28.230 +1,4
UnselbständigBeschäftigte1) 1.863.039 +9.895 +0,5
Davon Freie Dienstverträge 8.501 -392 -4,4
Unselbst. Aktiv Beschäftigte1) 1.853.887 +10.582 +0,6
GeringfügigBeschäftigte2) 123.269 +5.297 +4,5
SelbständigBeschäftigte 265.988 +622 +0,2
Beschäftigungsquotelt.StatistikAustria4) 75,2 -0,8
VorgemerkteArbeitslose 183.530 +18.335 +11,1
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 26.443 +1.652 +6,7
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 50 u. m. Jahre 51.140 +7.482 +17,1
BestandanLangzeitarbeitslosen>6Monate 34.353 +11.053 +47,4
BestandanLangzeitarbeitslosen>1Jahr 7.903 +3.654 +86,0
ARBEITSLOSENQUOTE(Registerquote) 9,0% +0,8
ArbeitslosenquotenachEUROSTAT4) 5,9% +0,5
Frauen
Arbeitskräftepotential 1.776.189 +24.326 +1,4
UnselbständigBeschäftigte1) 1.640.361 +10.510 +0,6
Davon Freie Dienstverträge 9.170 -487 -5,0
Unselbst. Aktiv Beschäftigte1) 1.561.642 +13.241 +0,9
GeringfügigBeschäftigte2) 210.033 +3.817 +1,9
SelbständigBeschäftigte 190.593 +3.355 +1,8
Beschäftigungsquotelt.StatistikAustria4) 66,9 +0,0
VorgemerkteArbeitslose 135.828 +13.816 +11,3
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 15-24 Jahre 18.705 +752 +4,2
Vorgem. Arbeitslose im Alter v. 50 u. m. Jahre 30.523 +4.954 +19,4
BestandanLangzeitarbeitslosen>6Monate 23.579 +7.234 +44,3
BestandanLangzeitarbeitslosen>1Jahr 4.561 +2.015 +79,1
ARBEITSLOSENQUOTE(Registerquote) 7,6% +0,7
ArbeitslosenquotenachEUROSTAT 5,4% +0,1
Lehrstellenmarkt
Lehrstellensuchende 6.067 +340 +5,9
davon Männer 3.517 +276 +8,5
davon Frauen 2.550 +64 +2,6
GemeldeteoffeneLehrstellen 3.244 -176 -5,1
SchulungendurchdasArbeitsmarktservice
PersoneninSchulung 75.317 +1.801 +2,4
davon Männer 37.091 +1.247 +3,5
davon Frauen 38.226 +554 +1,5 1) Jahresdurchschnitt berechnet BMASK, Aktiv-Beschäftigte ohne Personen in Elternkarenz mit aufrechtem Dienstverhältnis und ohne Präsenzdiener
2) Jahresdurchschnitt berechnet BMASK 3) Statistik Austria Veröffentlichung der Datenrevision vom 19.3.2015
4) Jahresdurchschnitt 2014: Datenrevision vom 19.3.2015 5) Arbeitslose pro offene Stelle
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Tabellen Wirtschaftsbericht Österreich 2015
Tabelle24:GeldpolitikQuelle: WIFO, Konjunkturprognose Juni 2015.
in% 2011 2012 2013 2014 20151) 20161)
3-Monatszinssatz 1,4 0,6 0,2 0,2 0,1 0,1
Sekundärmarktrendite 2) 3,3 2,4 2,0 1,5 0,5 0,5
VeränderungengegendasVorjahrin%
Effektiver Wechselkursindex
nominell 0,2 -1,5 1,7 1,2 -3,2 -0,1
real 0,6 -1,6 2,0 1,5 -3,0 -0,3
1) Prognose 2) Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren (Benchmark)
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Wirtschaftsbericht Österreich 2015
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