Raps unter ökologischen Anbaubedingungen
Kann das gelingen?
Konstantin Becker
Professur für Organischen Landbau
JLU Gießen
Quelle: H. M. Paulssen 2003
Quelle: H. M. Paulssen 2003
Raps (Brassica napus)
Systematik:
Familie: Cruziferae
Gattung: Brassicaceae
Abstammung:
Raps (Brassica napus) stellt eine Kreuzung aus
Brassica Oleracea (Wildkohl) und Brassica Campestris
(Wildrübsen) dar.
Entstanden ist er vermutlich durch Spontankreuzung.
B. Oleracea x B. Campestris
Brassica napus
Morphologie
Wurzel:
Kräftige Pfahlwurzel mit zahlreichen
Seitenwurzeln, Wurzeltiefe über 1m,
dient als Nährstoffspeicher vor
Winter, hohes N-
Aufnahmevermögen
Spross:
Aufrechter Stängel, mehr oder
weniger verzweigt, Wuchshöhe bis
2m, Blüten stehen in lockeren
Trauben. Aus den befruchteten
Blüten gehen Schoten hervor, die mit
öl- und eiweißreichen Samen besetzt
sind
Boden:
gut strukturiert und tiefgründig.
Flachgründige Böden, schwere Tonböden und staunasse
Böden sind ungeeignet.
Ideal: lehmige, humose Sandböden, sandige Lehmböden
und Lehmböden, ph > 6,5 v. a. bei engeren Fruchtfolgen
(Kohlhernie)
Standortansprüche von Raps:
Klima:
Kulturpflanze der kühlgemäßigten Klimaregionen
Relativ hoher Wasserbedarf (mind. 600mm Jahresniederschlag)
Frosthärte bei - 20° C bis - 25° C
Standortansprüche von Raps:
Aufnahme insgesamt
(Kornertrag 30 dt/ha)
Entzüge über Samen
% der Aufn. kg/ha
kg/ha
N 180 40-60 80+
P2O5 60 40-60 25+
K2O 200 10-12 20+
CaO 120 5-10 6+
S 80 10-40 8+
MgO 50 15-25 10+
g/ha
Fe 350 50 180
Cu 30 10 3
Zn 400 55 220
Mn 1300 20 260
B 250 20 50
Mo 12 25 4
= im Vergleich zu anderen Kulturen besonderer Bedarf Quelle:Rathke 2003
Schädlinge im Raps
Gegenmaßnahmen:
• Kein einarbeiten frischer Organischer Substanz
• Zügige Jugendentwicklung durch optimale Bedingungen
• Hohlräume vermeiden (Pflügen, Walzen nach der Saat)
• Schneckenkorn Ferramol (Eisenphosphat)
Schädlinge im Raps
Gegenmaßnahmen:
• Rasche Jugendentwicklung
• Gesteinsmehl (in Erprobung)
• Geringeres Auftreten bei pfluglos
Lochfraß von
Rapserdfloh
Larve
Imago
Schädlinge im Raps
Gegenmaßnahmen:
• früh blühende Sorten, kein Sommerraps
• Optimale Wachstums- und Ernährungsbedingungen
• Fangstreifen mit früh blühendem Rübsen
• Gesteinsmehl (in Erprobung)
• Sonnenblumenöl (in Erprobung)
• Repellents (in Erprobung)
Rapsglanzkäfer fressen Blüten
an, um an Pollen zu gelangen.
Nach Öffnen der Blüte keine
Schädigung mehr (bestäubender
Blütenbesucher)
Schädlinge im Raps
Gegenmaßnahmen:
• Optimale Wachstums- und Ernährungsbedingungen
• Netzbildende Spinnen
• Repellents (in Erprobung)
Großer Rapsstängelrüssler,
gefleckter Kohltriebrüssler:
Eiablage in Haupttrieb,
Larvenfraß
Verkrümmung und Aufplatzen
der Stängel
Krankheiten im Raps
Krankheit, Erreger Gegenmaßnahme
Kohlhernie Plasmodiophora
brassicae
Weite Fruchtfolge, ph >
6,5
Rapskrebs Sclerotinia sclerotiorum
Weite Fruchtfolge
Phoma Wurzelhals-
und Stängelfäule Leptosphaeria maculans
Opt. Auflauf und Ent-
wicklungsbedingungen
Rapsschwärze Alternaria brassicae
Weite Fruchtfolge
Sortenwahl im Ökologischen Landbau
Sommerraps:
• geringeres Ertragspotential,
• höhere Gefährdung durch Rapsglanzkäfer
• geringere Gefahr von Verunkrautung (Rapsdurchwuchs
in Folgekulturen durch Ausfallsamen
• Bodenbedingungen im Frühjahr oft ungünstig
Sortenwahl im Ökologischen Landbau
Winterraps:
• Liniensorten oder Hybridsorten
• Hybridsorten oft robuster und schneller in der
Jugendentwicklung
• Ökosaatgut ? Ausnahmegenehmigungen sind möglich
• teilweise verlangt der Markt speziellen „HOLLI-Raps“
(High-Oleic, Low-Linonelic), hitzestabiler
• Saatzeit zweite Augusthälfte
• Gefahr der Verunkrautung durch Ausfallsamen
(angepasste Stoppelbearbeitung)
Unkrautproblematik
Durch seine lange Vegetationszeit kann vor allem
Winterraps stark verunkrauten. Allerdings gilt
Winterraps bei guter Entwicklung als konkurrenzstark
gegenüber Unkraut. Enge Reihenweiten oder Breitsaat
ist dann möglich bei geringem Unkrautdruck. Aber: in
der Praxis kann eine Verunkrautung durch u. a.
Klettenlabkraut (Galium aparine) und Kamille
(matricaria chamomilla) zu Ernteausfällen führen.
Weite Reihenabstände (30-50 cm) ermöglichen den
Einsatz von Hackgeräten.
Kamille in Raps Klettenlabkraut Ernteerschwerniss
Ertragspotential Raps
Quelle: N.U. Agrar GmbH Schackenthal
Stadium Ertragsmerkmal/ -prozess
Ertrags-einbußen
Verringerung des Ertragspotentials
Was lässt sich durch Produktionstechnik erreichen?
% % dt/ha % % dt/ha
FA Pflanzenanzahl - 100 90 - 100 90
Pflanzenverteilung + Konkurrenz
-15 85 77 0 100 90
4-Blatt Triebknospen -5 80 73 -5 95 86
8-Blatt Verzweigungsansatz + Blütenprimordien
-30 55 51 -10 85 77
Streckung Ausbildung der seitentriebe
-10 50 46 -5 80 72
Knospe Schotenansatz -20 40 37 -10 72 65
Blüte Fertilität =Schoten + Bekörnung
-30 28 25 -10 65 59
bis Reife Kornausbildung
-25 20 20 -10 60 55
Quelle: N.U. Agrar GmbH Schackenthal
Makro-Element
Ertragsziel
35 dt/ha 45 dt/ha 55 dt/ha
Aufnahme in Wurzel + Sproß + Samen (kg/ha)
N 210 260 300
S 35 45 50
P 37 44 48
K 157 180 200
Mg 18 21 24
CaO 56 70 80
Nährstoffbedarf von Raps
Warum Raps im Ökolandbau?
• Hohes Aufnahmevermögen von N (-Überhängen)
• Hohes Aneignungsleistung für stabile Phosphatformen im Boden (Leppin 2007)
• Hoher Vorfruchtwert
• Auflockerung von Fruchtfolgen
• Gesuchte Marktfrucht
• Rapssaat aus ökologischer Produktion ist eine (zu Zeiten schwacher Getreidepreise) wirtschaftlich interessante Marktfrucht
• Hauptprodukt: Speiseöl
• Nebenprodukte: Futtermittel, Energieträger
• wichtiger Eiweißträger
Raps als N-Speicher
Raps kann hohe Stickstoffmengen vor Winter aufnehmen und damit vor einer Auswaschung schützen (N-Konservierung)
• Heß 1995: bis 100 kg N/ha
• Albert und Schliephake 2008: bis 250 kg N/ha
• Becker und Grieb 2009: 180kg N/ha
Nitrat-N nach KG (Heß 95)
Nmin Gehalt nach Kleegras
Nmin Gehalt im Boden unter verschiedenen Kulturen in verschiedener Fruchtfolgestellung, Probennahme November 2007, Gladbacherhof
0
20
40
60
80
100
120
60-90
30-60
0-30
Winterraps nach
2jhrg KG
Winterweizen
nach 2jhrg KG
Winterweizen nach
KG/KG/WR
kg N
min /h
a
20
40
60
80
100
120
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
60-90
30-60
0-30
Winterraps nach
2jhrg KG
Winterweizen
nach 2jhrg KG
Winterweizen nach
KG/KG/WR
kg N
min /h
a
10
20
30
40
50
60
70
80
Raps als P-Mobilisator
mineral. P Ca(H2PO4)2
organ. P Na-Phytat
Roh-P Apatit
Leppin 2007
Raps als Proteinquelle
http://www.lfl.bayern.de/arbeitsschwerpunkte/eiweissstrategie/proteinwert_rapsprodukte.pdf
Kornerträge (dt/ha TS) verschiedener Kulturen bei
unterschiedlichen Reihenweiten mit und ohne
Untersaaten, Standort Wetterau
Ernte 2004
12,5
cm
12,5cm
US 50cm 50cm US Ø
Weizen 42,6 36,5 47,6 47,6 43,6
Roggen 34,1 31,1 29,5 25,8 30,1
Raps - - 27,8 - 27,8
Gerste 46,3 a* 47,1 a 37,8 b 37,8b 42,3
Erbse 12,4 14,5 18,5 16,2 15,4
Ernte 2005
Weizen 62,0 63,6 56,9 56,6 59,7
Roggen 27,9 23,4 22,0 28,2 25,3
Raps 24,5 b - 31,1 a - 27,8
Gerste 37,2 39,6 46,3 43,8 41,7
Erbse 10,1 10,4 8,7 9,5 9,7
*unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen
signifikante
Unterschiede, Tukey-Test 0,05
Kornerträge (dt/ha TS) verschiedener Kulturen bei
unterschiedlichen Reihenweiten mit und ohne
Untersaaten, Standort Vogelsberg
Ernte 2004
12,5
cm
12,5cm
US
50cm 50cm US Ø
Weizen 33,5 30,2 47,2 47,4 39,5
Roggen 11,5b 17,4 b 25,1 a 28,5 a 20,6
Hafer 26,2 27,9 27,5 28,5 27,5
Lupine 19,1 20,1 33,4 31,7 26,1
Ernte 2005
Weizen 46,3 44,5 52,9 51,2 48,7
Roggen 31,6 31,8 23,3 31,7 29,6
Raps 11,3 b - 22,4 a - 16,8
Hafer 32,5 33,6 31,7 34,1 33,0
*unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen
signifikante
Unterschiede, Tukey-Test 0,05
Sortenversuche Raps
Sortenversuche Raps
Sortenversuche Raps
S-Gehalt im Spross 2009
% S in der TS Beginn Schossen
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
Gladbacherhof Gesamtspross
April 2009
Versuche Link N Dgg
(Balttproben)
Versuch Link N+S Dgg
(Blattproben)
Rapsversuch 2009/2010 Gladbacherhof Vorfrucht: 2-jhrg. Kleegras
Sorte/Saattermin: Visby/Ende August 2009
Saatstärke/Reihenweite: 55 kfK/30 cm
3m Rübsenstreifen um den Versuch
Var. Gülle Gabe (110
kg N (60 + 50))
S0-Gabe
(40 kg S Herbst
und 40 kg S
Frühjahr)
MgSO4 Schossen
und Blüte
(60 kg S)
PSM*
(*Vergrämung 2x)
1 - - - -
2 - + - -
3 + - - -
4 + + - -
5 + + + -
6 + + + +
Kornertrag von Winterraps bei unterschiedlicher Behandlung (91% TS)
Variante 1 2 3 4 5 6
N (Gülle) - - 110 kg 110 kg 110 kg 110 kg
S0 - S0 - S0 S0 S0
Sulfat-S - - MgSO4 Sch+Bl
MgSO4 Sch+Bl
+PS
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
30,0
35,0 K
orn
ert
rag
dt/
ha
S-Gehalt im jüngsten voll entwickelten Blatt, Knospenstadium
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1S
%
Variante 1 2 3 4 5 6
N (Gülle) - - 110 kg 110 kg 110 kg 110 kg
S0 - S0 - S0 S0 S0
Sulfat-S - - MgSO4 Sch+Bl
MgSO4 Sch+Bl
+PS
VDLUFA
N-Gehalt im jüngsten voll entwickelten Blatt, Knospenstadium
Variante 1 2 3 4 5 6
N (Gülle) - - 110 kg 110 kg 110 kg 110 kg
S0 - S0 - S0 S0 S0
Sulfat-S - - MgSO4 Sch+Bl
MgSO4 Sch+Bl
+PS
Bergmann
optimal
N/S-Verhältnis im jüngsten entwickelten Blatt, Knospenstadium
Variante 1 2 3 4 5 6
N (Gülle) - - 110 kg 110 kg 110 kg 110 kg
S0 - S0 - S0 S0 S0
Sulfat-S - - MgSO4 Sch+Bl
MgSO4 Sch+Bl
+PS
kritisch
optimal Sa
alb
ach
19
72
,
un
d S
ch
nu
g e
t a
l. 1
98
4
Rapsversuch 2009/2010 - Knospenstadium
+N
-S
+N
+S
Rapsversuch 2009/2010 - Blüte
P-Konzentration im jüngsten entwickelten Blatt, Knospenstadium
Variante 1 2 3 6
N (Gülle) - - 110 kg 110 kg
S0 - S0 - S0
Sulfat-S - - MgSO4 Sch+Bl
+PS
Bergmann
Rapsglanzkäfer 2010, gezählt an
oberstem Knospenstand (Hauptinfloreszenz)
06.04. 13.04 21.04
Rübsen 3 32 29
Raps 0,5 10 23
Rapsglanzkäfer 22.4. nach Einsatz Vergrämungsmittel (19.4.)
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
ohne
Behandlung
mit
Behandlung
An
za
hl K
äfe
r je
Ha
up
tin
flo
res
ze
nz
Var.5
Var.6
Raps 2011
S0 80 kg S
(MgSO4)
Effekt der S-Düngung – 2010
S-Düngung in Futterleguminosen - Effekte auf die Nachfrucht Winterweizen -
• Visueller Eindruck
Abbildung 8: Nachfrucht Winterweizen im April 2011 und zum Einknotenstadium (Mai 2011) nach unterschiedlich mit Schwefel versorgten Luzernekleegras (Quelle: Fischinger)
April
2011
Mai
2011
Sofern keine anderweitige Limitierung:
S-Dgg in Luzerne-Kleegras wirkt sich
Wachstumsfördernd auf Erträge aus
• Projekt Julius Kühn Institut:
Schädlingsregulierung im ökologischen Winterrapsanbau
• Laufzeit: 01-09-2008 bis 31-03-2012
• Ein Verbundvorhaben im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) hat die Wirkung von Rübsen als Fangpflanze zur Regulierung des Schädlingsbefalls im Raps untersucht: zum einen als Fangstreifen, zum anderen als flächige Mischsaat mit Raps. Der Fangstreifen ummantelt schützend das Feld und soll die in das Feld einfliegenden Schädlinge am Rand binden. Die Mischsaat soll die Schädlinge möglichst flächendeckend an die benachbarten Rübsenpflanzen locken.
• Weiterhin wurden naturstoffliche Pflanzenschutzmittel (Wirkstoffe Natur-Pyrethrum, Spinosad, Kieselgur, Kaolin, Calcium-Bentonit, Quassin sowie Gesteinsmehl) und eine Käfersammelmaschine auf ihre direkte Wirkung gegen die Schädlinge getestet. Unter der Koordination des Julius Kühn-Instituts (Institut für Strategien und Folgenabschätzung) waren als weitere Projektpartner das Thünen-Institut (Institut für Ökologischen Landbau), die Georg-August-Universität Göttingen (Abteilung Agrarentomologie) und die Universität Kassel (Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz) an dem Forschungsvorhaben beteiligt.
Ergebniszusammenfassung des Versuchsanstellers:
• Fangstreifen und Mischsaat waren wenig wirksam
• Unter den erprobten naturstofflichen Pflanzenschutzmitteln erbrachte allein Spinosad (ein Fermentationsprodukt aus einem Bodenbakterium) einen wirtschaftlichen Mehrertrag. Allerdings ist Spinosad im Raps für die Verwendung im ökologischen Landbau in Deutschland nicht zulässig und wird wegen seiner sehr hohen Bienentoxizität nicht nur im Ökolandbau kritisch gesehen.
Aus: Dissertationsschrift Tobias Ludwig, Gärtnerische Fakultät der
Humboldt-Universität Berlin, 2012
Aus: Dissertationsschrift Tobias Ludwig, Gärtnerische Fakultät der
Humboldt-Universität Berlin, 2012
Fangwannen im Versuch Trenthorst, 26.04.2010, Foto
Herwarth Böhm
Die Flinte ins Korn werfen?
Forschung weiterführen?
• Status Quo des Ökorapsanbaus in Deutschland unter Einbeziehung von: Erzeuger, Verbände, Verarbeiter, Wissenschaft
Ziel: Charakterisierung von unterschiedlich erfolgreichen Produktionsstandorten/ -verfahren
Konzeption eines Forschungsprojektes (BÖLN)
– Verbundprojekt
Pflanzenbau-Pflanzenernährung-Phytopathologie
Ziel: Entwicklung von praxistauglichen und stabilen Anbaustrategien für wirtschaftlich konkurrenzfähige Öko-Rapsproduktion