Donnerstag, 19. September 1946 Blatt Der Zürcher Zeitung 167. jahrgang Preis 15 Rp. Morgenausgabe Nr. 1667
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Winston Churchill in ZürichAm [Mittwochabend ist Winston Cliurchill
in Zürich eingetroffen.
Unsere Stadt hat sich seit Wochen vor-bereitet, den großen britischen Staatsmann zuempfangen. "Winston Churchills Besuch inZürich wird nicht bloß eine Angelegenheit derBehörden sein, die den hohen Gast begrüßen
und ehren, sondern die Bürgerschaft, das Volkvon Stadt und Kanton Zürich wird den macht-vollen Lenker der politischen Geschicke Groß-britanniens im zweiton Weltkriege heute schenund hören.
"Wie könnte es anders sein, als daß einBesuch Churchills in der Schweiz, in Zürichzur Begegnung im beglückendsten Sinne des
"Wortes wird?
Winston Churchill ist nls Privatmann an
die Gestade des Genfersees gekommen erdurfte es nicht bleiben. Winston Churchill,
nicht mehr mit dem Amte bekleidet, dessen
Macht und Verantwortung ihm in schwersterZeit auferlegt waren, aber vom Nimbus einerunerhörten historischen Leistung umwittert,
wird niemals ein Privatmann sein. Er gehört
der Geschichte, der Welt, allen Völkern, diefür die Freiheit gekämpft, an der Freiheitgehangen haben er gehört auch uns.
Diese innere Verbundenheit will das Zür-chervolk heute so bezeugen, wie die Genfer,
die Waadtländer, die Berner es schon getan
haben. Es will dem überströmenden Gefühlder Dankbarkeit Ausdruck geben, denn wiralle wissen, und jeder Schweizer weiß es, daß
Winston Churchill, als er in den düstern Juni-tagen des Jahres 1940 angesichts der größten
Gefahr, die das britische Inselreich jo bedrohthat, die Fahne des Widerstandes cntfnltotc,
nicht allein Ehre und Bestand seines Landes,
sondern die Sache der Freiheit gestutzt undgerettet hat.
Unser Volk fühlt und weiß aber auch, daß
der Kämpfer Winston Cliurchill den grüßten
Ruhm errungen hat durch einen welthistori-schen Entschluß, der aus der Tiefe abendlän-
dischen Denkens stammte, da er es ablohntc,
um der Erhaltung des Lebens willen dasjenige
zu opfern, was das Leben allein lebenswert
macht -proptcr vitam vivendi perdere causas,
wie Juvenal gesagt hat, Und dem Mahne, der
am 4. Juni 1040 ausrief: werden unsere
Insel verteidigen, wir werden auf den Dünenkiimpi'cn, wir werden auf don Landungs-
plätzen kämpfen, wir werden auf den Feldern
und in den Straßen kämpfen, wir werden aufden Hügeln kämpfen", darf heute überall mitgutem Gewissen ein Volk zujubeln, das in derZeit der totalen Verfinsterung des Kontinentsdurch Hitlers Herrschaft selbst entschlossenund bereit war, in seinen Bergen der national-sozialistischen Kriegsmaschine die Stirne zu
bieten . . . Hat nicht der englische Dichter Wil-liam Wordsworth das Meer und die Berge als
die beiden gewaltigen Stimmen der Freiheitbesungen?
Two Voices eire there; onc is of thc sea,
One of thc mountains; cach a mighty Voice:In bolli from agc to agc Ilion didst rcjoice,Thcy xvere thy chosen music, Liberty!
Winston Churchill ist für uns der große
Botschafter cines Reiches, dessen Größe undStärke vor allem darin liegt, daß es für eine
Idee des Zusammenlebens der Menschen undVölker eintritt, die immer wieder ihre sieg-
hafte Kraft gegenüber den Dämonen der Un-
menschlichkeit und Bedrückung erwiesen hat.
Er ist für uns der große Diener und Erhalterder Freiheit, der auch wir uns mit jedem
Atemzug verpflichtet fühlen. Zürich heißtWinsion Churchill herzlich willkommen.
Churchills Abschied von Bern
Bern, 18. Sept. ag An» Dienstagabend wurdeWinston Cliurchill nach der Stadt rund fahrt undden Empfangsfeierlichkeiten durch BundesratPetitpierre nach dem zurückbegleitet, woihm zur Erinnerung als Geschenk des Bundes-rates eine Luxusausgabe von Diebold Schilling*
berühmter Chronik überreicht wurde.
Am Mittwochmorgen ruhte, sich Churchilletwas von der starken Inanspruchnahme des Vor-tags ans. Mittags war er mit seiner Tochter Mary
vom französischen Botschafter zum Essen abladen.Unter dem kleinen Kreis der Gäste, befanden sich
auch der britische Botschafter Sir Thomas MaitlandSnow, Bundesrat Petitpierre und General Guisan.
Im Lauf« des Nachmittags trat Cliurchill die
Heise nach Zürich an.
Von KeliMntz nncli ZürichEin Passagier des Koten Doppelpfeils, der
Winstun Cliurchill von Bern nach Zürich führte,schreibt uns:
In Kehrsatz, BWei Stunden vor der Ankunft desExtrazuge« am Bahnhof Engo, gleicht der Abbruchder Zelte, des britischen Gastes einer hoimelig-
liinilliclien Züglete. Dlo Thuner Landstraße trenntdns Bahnhofareal von dem im Grünen versteck-ten aus dem ein kleiner Camion das Ge-päck der Reisegesellschaft im die Schienen ge-
führt hatte. Gwundrigu Anwohner im Gemüse-garten können das Malgerät des berühmten Poli-tikers erkennen und Geschenke, so einen im Holz-futteral dalierrollenileii Emmentalerkäse. Mag auch
der grüne Dori'weibel in vervielfältigter Auflage
und mit kantonaler polizeilicher Würde vertreten
sein und dem Verlad zuschauen die Herbst-sonne vervollständigt eine richtige Postkutschen-stimmung, aber nur außerhalb des rufen S. B. B.-Gefährts. Auch Wegzehrung reichl niemand (lurchsFenster, weil die, Schweizerische Speisewagen-gesellschaft, im Bnffetraiun glitzernde leckereien,als War's ein Blumenbeet, auf die Theke gepolsterthat.
Churchill, Fräulein Mary und die intimere Be-gloitschaft nehmen in der vordern WagenliälftePlatz, begrüßt von GeneraldirektionspräsidentDr. Meile von den Bundesbahnen. Mit andernhöheren Bahnbeamten, dem Mann von ScotlandYard und seinen helvetischen Kollegen und denübrigen dienstbaren Zubehörpersonen zählt derExtrazug etwa :>;() Passagiere. Um 10 Uhr Ottsetzt er sich in Bewegung. Das fröhliche Abschied-nehmen erwidert Churchill, bis die Silhouette derzum Fenster hinaus gestreckten Hnnd mit derZigarre, zwischen den Fingern den Blicken ent-schwindet.
In Bern hält der Zug eine Minute, um das Per-sonal Auszuwechseln; Zwischen Hindelbank undBurgdorf beordert Churchill eine Sekretärin zusich; sie nimmt zu seiner Linken in der AbteileckePlatz und stenographiert nach dem Diktat. Eineder Zürcher Heden, denen der Ruf europäischerBedeutung bereits vorausgeeilt ist, erhält ihre letzteForm. Es gehört zu den Gewohnheiten Churchills,auf der Reise seine Ansprachen zu konzipieren. Dievielen Tausonde von Schweizern, die, wenn auchnicht dio große Persönlichkeit, so doch deren Vor-beifahrt begrüßten, ländliche und städtische Be-völkerungen auf den Stationen und ganze Beleg-
schaften der Fabriken in Langenthal, Schönenwerd,Brugg, Baden usw., sie mögen beim Lesen desRedetextes die Genugtuung haben, die geistige
Werkstatt eines großen Meisters im Vorbeisausenerblickt zu haben.
Von Station zu Station nimmt die begeisterteVolksmenge zu, und doch hatte sie nirgends eineZeitungsnotiz y.ii bestimmter Stunde* auf denWachtposten gerufen. Dio Bundesbahnen mögen
dem Nervengeflecht nachspüren, das hier seineLeitfähigkeit bewiesen hat. Während der Vt'terChurchill emsig arbeitete, unterhält sich dio Toch-ter mit. einigen Herren der schweizerischen Be-gleitung. Bekanntlich hat Mi»» Manj Churchillstramm Militärdienst geleistet, mehr nls vier Jahre,und zwar nicht bloß im Rahmen schweizerischerl'\ H. D.-Bcgriffe; als sie zum Hauptmannsrangemporgestiegen war, kam sin .sogar in dio I^age,
Feuer zu kommandieren.Die Unterhaltung mit Professor Molltag bot
Gelegenheit, der schweizerischen Vermittlerpcrsön-
lichkeit aufrichtig zu danken fiir das erfolgreiche
Bemühen um diego Besuchstage. Die Fronde Win-ston Churchills an den Berner Tagen schilderteunser Winterthurer landsmann mit den währ-schaften Dialektausdrücken, dio ihm mich jetztnoch zu Gebote stellen.
Auf dem Bahnhof Buden erreichte dio Gruß-freude des Publikums den Höhe-punkt. Von hier an begleiteten Flugzeuge zur Lin-ken und zur Rechten den Zug, und man konntevermuten, daß auch der I'almhof Enge vom .Jubelwiderhallen werde. Die nächste Strecke verbrachteChurchill im Führerstand, wo er trotz den voraus-gegangenen Strapazen und einer gewissen unver-meidbaren Müdigkeit dem Glanzstück unter denS. B. B.-Fnhrzcugen seine Anerkennung aussprach.
Dann ließ er sich wieder im Polster i\m Fensternieder, und bis zum Halt seines Zuges erhob siehseino liechti) zum V-Zeichen, das überall, wo er
niieh ankommen mac bekunden soll, was ihn mitden Mitmenschen fremder Länder und Städte ver-bindet.
Um 17 Uhr 57, mit einer Minute Verspätung,
trnf der Rote Doppelpfeil im Bahnhof Enge ein.Ein lüM der Huldigung und Begeisterung l>;ot sichdem hohen Grist, wie es hier seit den Tagen derLandesausstellung nie mehr zu sehen gewesen war.
Die Ankunft in Zürich
X Zeit und Ort der Ankunft des Roten Doppel-pfeils auf Zürcher Bödeli hätten das Geheimnis derEingeweihten bleiben sollen. Wir haben michkeinen Grund, anzunehmen, daß es gelüftet wurde.Angesichts der fiebrigen Erwartung, in der dioStadt Zürich auf das Kommen des hohen Gasteshin lebt, gciiUgtin eine ganz kleine Ansammlung, umim Xu Tausende von Neugierigen anzulocken. Dhjust die ÖuroaUÄ ihre Tore schlossen, wuchs dioMenschenmenge innert Minuten lawinenartig an.Schon um halb sechs Uhr wimmelte es vor demliah »hof Enge von leuten. Da der normalo Zugs-
betrieb Aufrechterhalten werden mußte, hatto dioKantonspolizei eine schwere Aufgabe, um wenig-
stens einen Teil des Perrons 1 zu räumen. Doch dasKunststück gelang.
Ein offizieller Empfang war nicht vorgesehen.
Winston Churchill hätte inkognito in Zürich ein-treffen sollen. Auf dem Perron war einzig der bri-tische Generalkonsul von Zürich, 75. G. Cable, er-schienen, um den großen Landsmann zu begrüßen.
Auch einige Presseleute und Pressophotograplicn
waren zugegen. Im Bahnhof selbst besorgte dioKantonspolizei in Uniform und in Zivil unter demKommando von leutnant Boller den Ordnungs-dienst, während draußen Polizeiadjunkt Baum-gartner ein größeres Aufgebot von Stadtpolizei be-fehligte.
Die Ziii/sanhunfl war nnf 17 Uhr 50 angesagt.
Eine Minute später rollte der Roto Doppelpfeillangsam in die Bahnhofhalle ein. Nach einer kur-zen Weile erschien der englische Staatsmann aufdem Trittbrett. Sein erster Blick und erster Grußgalt, der Menschenmenge hinter dem Polizeikordon.Dann wurde er durch dio Vorhalle zum Automobilgeleitet. Zum größten Bedauern erfuhr man, daß
Frau Churchill durch ihren Unfall auch an derTeilnahme am Zürcher Besuch verhindert ist. MitChurchill bestiegen seino Toohtcr Mary und HerrKarl Montag den offenen Wagen. Von der Men-schenmenge umjubelt, fjettto sich Churchill sogleich
auf den Rücksitz des Automobils und entbot dentraditionellen Gruß. Er zeigte sieh wie. immer auf-geräumt, «loril trug er nicht die fröhliche Miene zurSchau, wio seinerzeit bei der Ankunft in Qeiif-Cointrin, wo ihn dio Aussicht auf dio bevorstehen-den Schweizerferien sichtlich fröhlich gestimmt
hatte.Rasch setzte sich dio kleine Autokolonne in
Bewegung, um auf kürzestem Wego das GrandHotel Dolder zu erreichen, wo der Gast währendseines Zürcher Aufenthaltes wohnt. Voran fuhrenStadtpolizisten auf dem Motorrad, während einMannschaftswagen den Abschluß bildete. DioUcbcna.Mhung der Bevölkerung, dio um dies«
Stunde das Alpenquai, dio Gegend vom Bürkli-platz, vom Bellevue und vom Pfauen belebte, warnicht gering, als sin so unerwartet Churchills an-sichtig wurde. Dio meisten l^euto erfaßten umSekunden zu spät, was vor sich ging, und nichtwenige setzten sich in Galopp, um von ferne «loch
noch etwas von der Ankunft der berühmten Per-sönlichkeit, zu erhaschen.
Englisch-schweizerischeBegegnungen
ll'fc. Es war dio Reformation, die früh eine tie-fere Bindung zwischen England und der Schweizgegründet 1ml. Das reformierte England anerkanntein den schweizerischen Erneuerern des kirchlichenLebens seine Präzeptoren. Wio hoch in dieser Ge-meinsamkeit, religiösen Streben* das Lob der Jör-nen Freunde fiir uns ausfiel, hat Edgar Bonjouraufgezeichnet. Wenn danach Königin Elisabethdem Nachfolger Zwinglis, Heinrich Bullinger, in(liinklinrer Anerkennung einen Becher schenkte,
dann ist. uns heiito ein solches Präsent, nicht min-der teuer als das Wort des Bischofs von Ossory,
«1er Zürich das Orakel für dio christ-liche Welt" pries.
Mim könnte vor solcher Kachbarschaft, der refor-matorischen deister vergessen, daß der Kontinent inDingern der Literatur zu Kniln des 17. .Jahrhundertsim Griindn von England noch nichts wußte. DieEntdeckung des dichterischen England im Vorlaufdes 18. Jahrhunderts und dio Tatsache, daß dabei
Schweiz nls geistige Mittlerin" bedeutsameBell riign geleistet hat dies alles ist, heute zwargeklärt; wir wollen aber sagen, daß wir jeweilen
dio knappsten und dio klarsten Züge der RanzenEntwicklung ans den Aufsätzen von Fritz Ernst.entlehnen. Und der Zürcher wird dabei vor alleinjeuer Seiten über Bodmer gedenken, dessen mitFreunden begründete der Mahlern"
uns bezougen, was dem Geschichtsprofessor am
Zürcher Carolinum Addisons bedeutethat. den .Spectator' ward ich mit der Weltbekannt . . .", äußert, sich Bodmer, und daß in diese
Welt auch Millons J/>;st," gehörte, warbei der damaligen Schwierigkeit, in «lor Schweiz
ein englisches Buch aufzutreiben, nicht, durchausselbstverständlich. Immerhin, der weitgereiste Tro-gener Laurenz Zellweger konnte unserem großen
Zürcher Millons Kpos aus der eigenen Bibliothekzur Verfügung stellen. Dio Begeisterung Bodmersfür den englischen Sänger war echt; wir verdankenihr dio zweitälteste! Verdeutschung des
IiOst": 17.'I2 erschien in Zürich MiltonsVerlust, des Paradieses. Ein Heldengedicht. In un-gebundener Rede übersetzet".
War dieso Uebersetzung an sich ein bedeut-sames Zeugnis englisch-schweizerischer Affini-täten, so bestätigte dio ästhetische Auseinander-setzung, die Bodmer im Zeichen Miltons gegen
Gottsched führen mußte, noch eindrücklicher, wiosehr d«ir Schweizer sich fiir englische Tdeeii ent-schlossen halte. Das HttfK soi offenbar beimdeutschsprechenden Kontinent von einer Art, wiebei den Engelliindern, begründet«) Bodmer; er nahmdamit dio Meinung Lessings voraus, der uns imliterarischen Modegerecht dos 18. Jahrhunderts vorallem den einen empfahl: Shakespeare.
Daß einem annen ungelehrten Welt-bürger, der «las Glück genoß, ihn zu lesen", das
köstliche Büchlein über William .Shake-speares Schauspiele" erschien, bleibt ein liebes
Ruhmesblatt (los Toggenburger Zürich aeinerseiU
trügt den andern Glanz: Tn den Sechzigerjahren
des 18. Jahrhunderts erschien im Verlago Orell,Geßner und Comp. in der Uebersetzung Wielandsjene achtbändige Shakospearo-Aiisgnbo, die, wennsio Buch den Ruhm der Vollendung der späterenUobortragung A. W. Schlegels lassen mußte, dochals Abglanz des großen Shakespeare in denHänden unserer Klassiker brannte.
Dio Skizze der Begegnungen englisch-schweize-
rischen Geistes wäro indes zu knapp gefaßt, ge-
dächte man nicht auch der Kurland-Reisenden, dieimmer wieder unmittelbare Kontakte suchten. Derberühmteste unter ihnen, der Kerner Beut Ludwig
von Muralt, der .1095 Keinen en Angleterre"unterunhm, hat Vorläufer und Nachahmer. Schonlööl zog der Zürcher Theologe Josuii Maler nachOxford; und wir huben im Augenblick guten
Grund, nach ihm des Zürcher Oberrichters Heinrrieh Schult hell (] 790-18 10) zu gedenken, vondessen Englandreise (1827) wir dns rührendeZeugnis eines Gedichtes vor uns lmben:
ENGLAND»)
Kennst du das Land, im Meer emporgetürml,
Von nie besiegten /''lallen rings umschirmt,Europas Zier, der Yulherfrcihc.it Hort,An Helden reich, so stati: an 'Tat und Wort?
Kennst du es wohlDas liisullinnl ?
Gepriesen nei'sl Der Freiheit Heimatland!
*) MitgctuiU von l'rof. Th, Hornet, Zürich
Das schöne Jjand, ico sich die gold'ne ZeitDer Dichtvrherrschaft jugendlich erneut,Wo Shakespeare1! Zauberleier einst erklang
Und Millon seine hohen Lieder sang,
Kennst du es icohlTIhm teure. Landt
Gepriesen sei's, der Dichtung Mutterland!
Kennst du die Stadt, den großen Marktder Welt?
Wer hat wohl ihre Schatte je gfzählt?
Kn fiel Carthiigo. Tyrus ist nicht mehr;Doch Loudon steht so mächtig und so hehr.
Kennst du sie wohlDie Wundcrsladl?
Heil ihr und liuhmt Der WeltbeherrscherStudi!
Wo Mignons Sehnsucht die T-oior leise mitbe-stimmt, da wird auch die Mnso ein Auge zudrücken
nicht zuletzt heute, wo sieh eben Dank und Ver-ehrung im englisch-schweizerischen Begegnen er-neuern, wo dio Hoffnung auf offene Grenzennicht, nur im Geistigen die Lust eines enAngleterre" bestärken darf.
Kleine ChronikProf. Dr. Porcy Gothein |. Percy Gothein w«r
der Sohn des bedeutenden Kulturhistorikers Eber-hard Gothein in Heidelberg, Dio Begegnung desjungen Qotho.ln mit dem Dichter Stefan George
wurde für sein Leben bcslinuncnd. Wer den Ge-lehrten persönlich kanute, dem prligto sich nicht
Neue Zürcher Zeitung vom 19.09.1946