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Wiederholungs- und Vertiefungsvorlesung: Familien- und Erbrecht Prof. Dr. Bernd Kannowski.

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Wiederholungs- und Vertiefungsvorlesung: Familien- und Erbrecht Prof. Dr. Bernd Kannowski
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Wiederholungs- und Vertiefungsvorlesung: Familien- und Erbrecht

Prof. Dr. Bernd Kannowski

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Erbrecht II:Erbvertrag;

gemeinschaftliches Testament

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Fall• M und F seit 1983 verheiratet• Es existiert folgendes Dokument: „Erbvertrag vom 1. April 1984: Wir

– M und F – setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.“• M hat aus vorheriger Ehe einen Sohn u. eine Tochter • März 2005 Trennung• M überlässt F bei Trennung Auto unentgeltlich auf unbestimmte

Zeit. F muss laufende Kosten übernehmen• 23. August 2009: Scheidungsantrag d. M geht per Fax an

Amtsgericht. Suizid d. M• 24. August 2009: wegen technischer Störung bei Anwalt d. M geht

Fax jetzt erst bei Amtsgericht ein. Wird F wegen Todes d. M nicht zugestellt

• Oktober 2010: P (ne Lebenspartner d. F) zerstört nach endgültiger Trennung Auto mutwillig

• Ansprüche F ./. P?

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Lösung

• §§ 280 I, 241 II

• Kein Vertrag. Selbst wenn ne Lebengemeinschaft Schuldverhältnis: Jedenfalls beendet

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§§ 687 II, 678

• Wahrnehmung obj. fremden Geschäfts ( Zerstörung fremden Eigentums? In diesem Kontext Prüfung, ob F Eigentümerin des Autos)

• Mit Eigengeschäftsführungswille (+)

• Ohne Berechtigung (+)

• In Kenntnis d. Fremdheit u. mangelnden Berechtigung (+)

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§§ 989, 990• Vindikationslage?• Besitz (+)• Eigentum?

– Ursprünglich M– Erwerb d. F nach § 1922?

• Gewillkürte Erbfolge– Erbvertrag von 1984?– Nach §§ 2276, 125 nichtig– Gemeinschaftliches Testament?– „Erbvertrag“ dahin umzudeuten (§ 140)?

» Subj. Voraussetzungen: Hätten M u. F bei Kenntnis der Nichtigkeit gem. Testament geschlossen? (+)

» Obj. Voraussetzungen: Wirkungen d. Ersatzgeschäfts dürfen nicht weiter reichen als bei unwirksamem Geschäft (+)

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• Erbeinsetzung unwirksam nach § 2077?– Voraussetzungen für Scheidung zur Zeit d. Todes (§ 2077 I 2)?– Scheitern d. Ehe (§ 1565) (+), § 1566 II– Scheidung beantragt?

• Maßgeblich Eingang bei Gericht (am 24. August 2009) (-)• Mit „die Scheidung beantragt .. hatte“ (§ 2077 I 2) ist

Rechtshängigkeit (§§ 253 I, 261 I ZPO) d. Scheidungsantrags gemeint

• § 167 ZPO nicht anzuwenden– Nicht direkt (es geht nicht um Fristwahrung)– Nicht analog (da Antrag nicht rechtzeitig bei Gericht

einging, jedenfalls keine vergleichbare Interessenlage) gemeinschaftliches Testament wirksam F Eigentümerin

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• Kein Recht zum Besitz

• Bösgläubigkeit

• Verschulden

• Schaden u. haftungsausfüllende Kausalität Anspruch nach §§ 989, 990 (+)

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Weitere Ansprüche

• § 823 I (Eigentumsverletzung) (+)

• § 823 II iVm § 858 (+)

• § 823 II iVm § 303 StGB (+)

• § 826 (+)

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Erbvertrag• Rechtsgeschäft, durch das Erblasser

zugunsten des Vertragspartners oder eines Dritten vertragsgemäß von Todes wegen verfügt (§§ 2274ff.)

• Bindend: Was einem anderen erbvertraglich zugesichert wurde, ist grundsätzlich nicht zu widerrufen.

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• Vertrag sui generis

• Kein schuldrechtlicher Vertrag– Keine Verpflichtung, wäre auch nach § 2302

nichtig– Erbvertrag verpflichtet nicht zu Verfügung,

Erbvertrag ist Verfügung

• Keine sachenrechtliche Verfügung (keine unmittelbare Änderung der Rechtslage)

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• Häufig zusammen mit Erbvertrag Verpflichtungsvertrag abgeschlossen

• Eingesetzter Erbe verpflichtet sich zu Leistungen (z. B. Rente, Wohnung, Pflege)

• „Entgeltlicher Erbvertrag“, zwei Geschäfte jedoch zu trennen

• Für Verpflichtungsvertrag gilt Schuldrecht• Aber kein Synallagma mit Erbvertrag (§ 2302)• Erfüllt Bedachter Pflichten nicht, eventuell

Anfechtung oder Rücktritt nach erbrechtlichen Regeln

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Inhalt von Erbverträgen

• Alle Verfügungen, die in Testament möglich

• Unterscheidung vertragsmäßige (§ 2278 I) ./. einseitige Verfügungen (§ 2299 I)

• Im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln– Zuwendungen an Vertragspartner

grundsätzlich vertragsmäßig– Zuwendungen grundsätzlich vertragsmäßig,

wenn Vertragspartner eigenes Interesse

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Bindungswirkung

• Einseitige Verfügungen frei widerruflich (wie bei Testamenten, §§ 2253ff.)

• Anders bei vertragsmäßigen Verfügungen

• § 2289: Frühere und spätere letztwillige Verfügungen aufgehoben bzw. unwirksam

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Beseitigung der Bindungswirkung durch:

• Einvernehmliche Aufhebung (nach dem Tod des Ersten nicht mehr möglich, § 2290 I 2)

• Rücktritt

• Anfechtung

• Erbverzichtsvertrag mit bedachtem Dritten

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Rücktritt• Bei Vorbehalt im Erbvertrag, § 2293• Bei Verfehlungen des Bedachten, § 2294• Aufhebung der Gegenverpflichtung, §

2295– Gemeint ist jeder Wegfall der Verpflichtung

(Unmöglichkeit, Rücktritt, Kündigung, etc.)

• Form:– Zu Lebzeiten des Vertragspartners durch

notarielle beurkundete Erklärung, § 2296– Nach Tod des Vertragspartners durch

Testament, § 2297

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Anfechtung

• Gleiche Anfechtungsgründe wie bei Testamenten → auch Motivirrtum

• Wichtige Besonderheit: Auch Erblasser selbst darf anfechten, § 2281 I

• Anfechtung führt zur Nichtigkeit der angefochtenen Verfügung, § 142 I

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Verfügungen unter Lebenden

• Erblasser kann nach wie vor über sein Vermögen frei verfügen, § 2286– Bindung an Erbvertrag kein gesetzliches

Verbot nach § 134 (so frühere Rspr.: Nichtigkeit von Aushöhlungsgeschäften)

– Sittenwidrigkeit (§ 138) nur ausnahmsweise

• Aber: Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, §§ 2287, 2288

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Beeinträchtigungsabsicht• BGH früher restriktiv: Beeinträchtigung

musste stärkster Beweggrund sein• Heute: Zuwendung an Dritten ohne

beachtenswerte lebzeitiges Eigeninteresse (z. B. sittliche Pflicht, Sicherung der Altersversorgung, Pflegeleistungen)– Wichtig ist Motivation, denn es kommt auf

Missbrauch des Verfügungsrechts an– Lebzeitiges Eigeninteresse erfordert

Änderung der Sachlage nach Abschluss des Erbvertrages

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Fall 3 (Haushälterin):E wird von ihrer Haushälterin H versorgt. Als E die H nicht mehr genug Geld hat, um H zu bezahlen, schließen die beiden einen formgültigen Erbvertrag. H wird darin zur alleinigen Erbin der E eingesetzt, deren Vermögen vor allem aus zwei etwa gleichwertigen Grundstücken besteht. Weiterhin vermacht E auf Bitten der H deren Tochter einen Ring. Außerdem vermacht E qua Erbvertrag der Universität Freiburg, an der E früher studiert hat, 10.000 €. Im Gegenzug verpflichtet sich U in einer schriftlichen Erklärung, E bis zu deren Tod nur gegen Kost und Logis den Haushalt zu führen.

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a) Kann E die Vermächtnisse widerrufen?b) Als E einige Jahre später von ihrem Neffen N erfährt,

dass er ein bebaubares Grundstück sucht, übereignet sie N unentgeltlich eines ihrer Grundstücke, zumal es ihr ohnehin leid tut, dass H so viel erben soll. Kurz darauf stirbt E. Kann H das Grundstück herausverlangen?

c) Angenommen, N hat zum Zeitpunkt des Herausgabeverlangens bereits ein Haus auf dem Grundstück errichtet; würde das den Anspruch der H – vorausgesetzt, dass er ihr zusteht – in irgendeiner Weise beeinträchtigen?

d) Zwei Jahre nach Abschluss des Erbvertrages nimmt H eine Stelle als Verkäuferin an. Sie behält zwar ihre Wohnung bei E, kümmert sich aber nicht mehr um deren Haushalt, obwohl sie von dieser aufgefordert wird, sich auf ihre Verpflichtung zu besinnen. Kann E sich von dem Erbvertrag lösen?

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Lösung a)• Vertragsmäßige (§ 2278 I) oder einseitige

Verfügung (§ 2299 I)? Vertragsmäßige bindend, § 2289 I 2, auch Vermächtnisse, § 2278 II.

• Kriterium für Auslegung: Ist Vertragspartner selbst an der Verfügung interessiert? Ring: Für Tochter der Vertragspartnerin und auf ihre ausdrückliche Bitte. Also kein einseitiger Widerruf.

• Universität Freiburg: Kein Interesse der Vertragspartnerin erkennbar, also Widerruf, §§ 2299 II 1, 2253 ff.

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b)§ 985?• H Eigentümerin? Eigentumserwerb nach §

1922?• Grundstück war an N übereignet (§§ 873, 925)• Übereignung unwirksam? (-), § 2286• Kein gesetzliches Verbot (§ 134), Rechtsstellung

der Vertragserbin auszuhöhlen (anders frühere Rspr.)

• Keine Anhaltspunkte für Sittenwidrigkeit (§ 138); Absicht, Neffen Bauland zu verschaffen, nicht sittlich anstößig.

→ Kein Anspruch aus § 985

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§§ 2287 I, 812ff. ?• Beeinträchtigungsabsicht?• Einer der Gründe der Schenkung war, H

Grundstück zu entziehen. Es genügt, wenn Erblasserin dies als notwendige Folge in Kauf nimmt.

• Beeinträchtigung muss nicht Hauptmotiv der Schenkung sein.

• Es reicht, wenn Erblasserin Verfügungsbefugnis missbraucht, weil sie kein lebzeitiges Eigeninteresse verfolgt.

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• Bewertung der Motivation: Keine sittliche Pflicht zur Übereignung an Neffen (weder besonders enge Verwandtschaft noch Notlage)

• Andererseits erhebliche Beeinträchtigung, da wertmäßig Hälfte der Erbschaft und Vertragserbin erhebliche Leistungen übernommen hat

→ Anspruch auf Rückübereignung nach §§ 2287 I, 812ff.

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c)Umfang d. Herausgabeanspruchs nach §§ 812 ff.

Beschränkung auf Wertersatz, § 818 II• Geldersatz, weil Herausgabe unmöglich (§ 818 II)• Herausgabe eines Grundstücks kann iSv § 818 II

unmöglich sein, wenn Bereicherungsschuldner es nach Übereignung bebaut.– Grundstück muss wirtschaftlich betrachtet anderer Gegenstand

geworden sein (BGH WM 1987, 1533)– Entscheidend ist Wertverhältnis zwischen Grundstück und

Gebäude (RGZ 133, 293). Hierbei ist Gedanke der Zumutbarkeit in Rechnung zu stellen (BGH NJW 1981, 2687)

Hier ist über Wertverhältnis Grundstück ./. Gebäude nichts bekannt. Höchstwahrscheinlich ist allerdings der Neubau erheblich mehr Wert als das unbebaute Grundstück

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Entreicherung, § 818 III• Zwei Möglichkeiten für Entreicherung

– (1) Wegfall des Erlangten: Hier (-),Grundstück noch bei N

– (2) Bereicherungsmindernde Vermögensnachteile: Maßstab für diese Fallgruppe streitig

• BGH: Risikogesichtspunkte• hL erkennt nur Aufwendungen an, die gerade infolge des

Vertrauens auf endgültigen Erwerbs gemacht wurden. Aufwendungen des N nach beiden Auffassungen zu berücksichtigen (dürfen nach Risikogesichtspunkten nicht zum Nachteil des N gereichen; N hat sie gerade im Vertrauen darauf vorgenommen, dass er Grundstück behalten darf) N ist um Wert des Hauses entreichert

• Sofern N nicht nach §§ 818 IV, 819 verschärft haftet, hat N Grundstück nur Zug-um-Zug (§ 273) gegen Wertersatz für Haus herauszugeben.

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d)Lösung vom Erbvertrag:• Widerruf: nicht möglich, da vertragsmäßige

Erbeinsetzung• Aufhebungsvertrag: möglich, aber nicht

erzwingbar. H wird nicht dazu bereit sein• Anfechtung: Annahme, H werde bis zum Tod

von E in deren Haushalt arbeiten. Daher Motivirrtum, der nach §§ 2281 I, 2078 I zur Anfechtung berechtigt. Erklärung muss notariell beurkundet werden, führt zur Nichtigkeit der Erbeinsetzung.

• Rücktritt nach § 323: Scheidet aus, Erbvertrag kein gegenseitiger Schuldvertrag

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• Rücktritt nach § 2295:• Verpflichtung zur Haushaltsführung

weggefallen?• Nicht- und Schlechterfüllung führt nicht zum

Wegfall, könnte aber E berechtigen, sich vom Vertrag zu lösen.

• Vertragstyp: Dienstleistung gegen Gewährung von Kost und Logis und Erbeinsetzung: entspricht Dienstvertrag, §§ 611ff. analog

• Keine ordentliche Kündigung nach §§ 620 II, 621f., da auf Lebzeit geschlossen

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• Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, § 626 I: Beharrliche Verweigerung der Vertragserfüllung, keine Änderung trotz Aufforderung Unzumutbarkeit

• Durch Kündigung entfiele Pflicht zur Dienstleistung

• Dann hat E Rücktrittsrecht nach § 2295• Notwendig ist notariell beurkundete Erklärung

gegenüber H• Rücktrittsrecht besteht wahlweise neben

Anfechtungsrecht. Unterschied: Beim Rücktritt keine Frist, bei Anfechtung Jahresfrist (§ 2283)

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Gemeinschaftliches Testament, §§ 2265ff.

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Gemeinschaftliches Testament, §§ 2265ff.

• Nur Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner (§ 2265; § 10 IV LPartG)

• Keine Analogie auf nichteheliche Lebensgemeinschaft

• Testament → Regeln über Testament

• Bindung an wechselseitige Verfügungen → Nähe zum Erbvertrag

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Form

• Allgemeine Regeln: Eigenhändig oder notariell

• Bei eigenhändigem Testament Formerleichterung nach § 2267

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Beispiel:„Gemeinschaftliches Testament

Wir setzen uns gegenseitig zu unseren alleinigen Erben ein. Alleinige Erben des Überlebenden sollen unsere gemeinsamen Kinder sein. Fordert eines unserer Kinder beim ersten Erbfall seinen Pflichtteil ein, so wird dieses Kind auch für den zweiten Erbfall enterbt.

Freiburg, 30. Mai 2009Unterschrift: Ehefrau“(bis hierher komplett handgeschrieben von Ehefrau; ab hier

handgeschrieben von Ehemann)„Freiburg, 30. Mai 2009Unterschrift: Ehemann“

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Frage: Was bedeutet das?

1. Überlebender Ehegatte Vorerbe, Kinder Nacherben (Trennungsprinzip)?

2. Überlebender Ehegatte Vollerbe, Kinder Vollerben des überlebenden Ehegatten (Einheitsprinzip)?

→ Auslegungsregel § 2269 I: Im Zweifel Einheitsprinzip (so genanntes Berliner Testament)

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Trennungsprinzip Einheitsprinzip

Frau stirbt: Vorerbfall Frau stirbt: Erbfall 1

Vermögen des Mannes bestehend aus: Vermögen des Mannes bestehend aus:

Nachlass Frau(Mann insoweitVorerbe, § 2112)

Eigenvermögen Mann Eigenvermögen Mann, bestehend aus Vermögen Mann und Frau.

Mann stirbt: Mann stirbt: Erbfall 2

Nacherbfall fürNachlass derFrau

Erbfall für Eigenvermögen des Mannes (= Nachlass d. Mannes)

Erbfall für Vermögen des Mannes

Vermögen des Kindes = bisheriges Eigenvermögen des Kindes + Nachlass der Mutter (soweit noch vorhanden) + Nachlass des Vaters

Vermögen des Kindes = bisheriges Eigenvermögen des Kindes + Nachlass des Vaters

Kind ist Nacherbe der Mutter und Erbe des Vaters

Kind ist Schlusserbe (Erbe des Vaters)

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Gemeinschaftliches Testament kann enthalten

• Einseitige Verfügungen

• Wechselbezügliche Verfügungen

• Durch Auslegung zu ermitteln, ob wechselbezügliche

• Auslegungsregel § 2270 II

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Widerruf

• Einseitige (nicht wechselbezügliche) Verfügungen jederzeit frei widerruflich

• Wechselbezügliche Verfügungen• zu Lebzeiten des anderen Ehegatten

widerruflich, aber nur in notarieller Form, §§ 2271 I 1, 2296 II 2

• Nach dem Tod des anderen Ehegatten Widerruf nicht mehr möglich, § 2271 II

• Anders nur bei Ausschlagung oder Änderungsvorbehalt

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Beeinträchtigende Schenkungen etc.

• Beeinträchtigende Schenkungen zu Lebzeiten des anderen Ehegatten ohne Weiteres möglich

• Nach dem Tod des anderen §§ 2286ff. entsprechend:• Bei Schenkung in Beeinträchtigungsabsicht

Herausgabeanspruch, § 2287 analog• Bei Zerstörung oder Veräußerung vermachter

Gegenstände Wertersatz nach § 2288 analog

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Anfechtung• für einseitige Verfügungen kein

Anfechtungsrecht des Testierenden• bei wechselbezüglichen zu Lebzeiten beider

auch nicht, da Widerruf möglich• bei wechselbezüglichen Verfügungen nach dem

Tod des anderen Ehegatten Anfechtung nach §§ 2281-2285 analog

• Wie beim Erbvertrag ist Anfechtungsgrund nach §§ 2078, 2079 erforderlich

• Bei Nichtigkeit durch Anfechtung korrespondierende wechselbezügliche Verfügungen des verstorbenen Ehegatten ebenfalls nichtig, § 2270 I

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Fall 4 (Berliner Zoo)Durch notarielles gemeinschaftliches Testament vom 10. November 1980 setzten sich die Ehegatten M und F gegenseitig als befreite Vorerben und ihre Tochter T als Nacherbin ein. Dabei waren sich M und F darüber einig, dass ihr Vermögen auch im Fall einer Scheidung der T zufallen sollte. Im Jahr 1983 trennten sich M und F. F lebt seither mit ihrem Lebensgefährten L zusammen. Nachdem die Ehe von M und F im Jahr 1986 geschieden worden war, errichtete F 1988 ein notarielles Testament. Darin hob sie alle vorherigen letztwilligen Verfügungen auf und setzte die Zoologischer Garten Berlin AG zu ihrer Alleinerbin ein. Ferner verfügte sie, dass F eine lebenslange Rente und L ein lebenslanges Wohnrecht in einem ihrer Häuser zustehen sollte. Anfang August 1995 erfuhr F, dass sie wegen einer schweren Erkrankung nur noch wenige Monate zu leben hat. Daraufhin heiratete sie L im August 1995. Das 1988 errichtete Testament nahm sie aus der amtlichen Verwahrung. Am 15. September 1995 errichtete sie ein formwirksames eigenhändiges Testament. Darin setzte sie L als befreiten Vorerben und T als Nacherbin ein. F verstarb am 4. Februar 1996. T meint, die Erbfolge richte sich nach dem gemeinschaftlichen Testament von 1980. Sie beantragt festzustellen, dass sie Nacherbin nach dem bereits zuvor verstorbenen M geworden sei.Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

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Lösung

I. Zulässigkeit• Feststellungsklage, § 256 ZPO:

Grundsätzlich nicht zulässig, wenn Klageziel sich im Wege einer Leistungsklage erreichen lässt. L ist weder im Besitz der Erbmasse noch Inhaber einer Grundbuchposition (+)

II. Begründetheit• Begründet, wenn

– Testament von 1980 wirksam– Testament von 1980 nicht durch spätere

letztwillige Verfügung aufgehoben

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1. Wirksame Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments

• Testament formwirksam

2. Unwirksamkeit wegen Scheidung?• § 2268 I Wirksamkeit d. gemeinschaftlichen

Testaments verloren durch Scheidung?• Aber Ausnahme nach § 2268 II? M und F

legten fest, T solle auch bei Scheidung Vermögen bekommen Wirksamkeit d. gemeinschaftlichen Testaments war auch bei Scheidung gewollt, § 2268 II

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3. Aufhebung des gemeinschaftlichen Testaments

• Durch Verfügungen der F– von 1988? Widerrufstestament, § 2254? F wollte

ausdrücklich alle bisherigen Verfügungen aufheben– von 1995? Dortige Verfügungen im Widerspruch zu

gemeinschaftlichem Testament von 1980 § 2258 I

• Einseitiger Widerruf hier aber evtl. ausgeschlossen, wenn widerrufene Verfügung wechselseitig, § 2270 Dann Widerruf nur in für Rücktritt vom Erbvertrag geltenden Form des § 2296 II ( notariell beurkundete Erklärung gegenüber anderem Teil)

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a. Wechselbezügliche Verfügung?

• Erbeinsetzung von Kindern unabhängig davon, ob anderer Ehegatte das Kind auch bedenkt Einsetzung d. T (-)

• Aber: Würde nicht der jeweils andere T als Nacherbin einsetzen, würden M u. F sich nicht jeweils als befreite Vorerben einsetzen

Wechselseitig iSv § 2270 I Widerruf nur durch notariell beurkundete

Erklärung, hier (-)

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b. Auswirkungen d. Scheidung auf Widerrufbarkeit• Wechselbezüglichkeit (nicht: Wirksamkeit d.

gemeinschaftlichen Testaments) durch Scheidung weggefallen?

• hL: Wechselbezüglichkeit entfällt mit Scheidung– Unaufhebbarkeit im Rahmen eines gemeinschaftlichen

Testaments Privileg für Ehegatten Mit Auflösung d. Ehe entfällt Rechtfertigung

– § 2268 II Ausnahme von § 2268 I eng auszulegen Fortgeltung d. Wechselbezüglichkeit hätte gesonderter Regelung bedurft

Trennung Wirksamkeit d. Testaments (bleibt bestehen) ./. Wechselbezüglichkeit (fällt fort)

Ehemals wechselseitige Verfügungen nach Scheidung (wie bei einseitigem Testament) nach hL frei widerrufbar

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• BGH: Verfügungen bleiben so bestehen, wie sie vor Scheidung gemeint waren. Dafür spreche– Entstehungsgeschichte von § 2268– Erbrecht beherrschender Grundsatz favor testamenti

(§ 2084)– Andere Sichtweise hätte gesonderte Regelung

erfordert Verfügungen bleiben nach Scheidung

wechselseitige nicht frei widerrufbar F hätte in Form von §§ 2271 I, 2296 zu

Lebzeiten des M widerrufen müssen. Da es hieran fehlt, ist die Verfügung von 1980 nach wie vor wirksam u. T kann sich hierauf berufen

Die Feststellungsklage ist begründet.


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