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Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und...

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Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Leitfaden Umwelt Nummer 11
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Page 1: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz

Leitfaden Umwelt Nummer 11

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Wiederherstellung und Ersatzim Natur- und Landschaftsschutz

Bruno Kägi

Andreas Stalder

Markus Thommen

Die Eingriffsregelung nach schweizerischem Recht

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2

Impressum

ZitierungKägi, B.; Stalder, A.; Thommen, M. (2002): Wiederherstellung und Ersatz im

Natur- und Landschaftsschutz.

Hrsg. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Leitfaden Umwelt Nr. 11, Bern

HerausgeberBundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern

AutorenBruno Kägi, BUWAL

Andreas Stalder, BUWAL

Markus Thommen, BUWAL

Mitautoren und BeiträgeAnne-Cristine Favre, Lausanne (Anhang 3.2)

Christoph Fisch, BUWAL

Peter M. Keller, Bern (Anhang 3.1)

Antoine Lieberherr, Biel (Anhang 4.2)

Antonio Righetti, Bern (Anhang 4.3)

Begleitende ExpertenMichel Gygax, Schweiz. Bauernverband, Brugg

Walter Hauenstein, NOK, Baden

Samuel Hinden, Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Bern

Niklaus Hufschmid, Amt für Raumplanung des Kantons Basel-Landschaft

Peter M. Keller, Advokaturbüro Keller & Sutter, Bern

Hans-Dietmar Koeppel, Stöckli, Kienast & Koeppel, Wettingen

Antoine Lieberherr, patrimoine naturel N16, Biel

Peter Mayer, Bundesamt für Verkehr, Bern

Werner Pfeiffer, LBL, Lindau

Antonio Righetti, PiU, Bern

Michel Roux, LBL, Lindau

André Schenker, Gruner AG, Basel

Flavio Turolla, Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Bern

Bearbeitung, Grafik, Redaktion und ÜbersetzungBenoît Bressoud, Ardon

Benoit Magnin, BUWAL

Maya Sahli, BUWAL

Hannes Saxer, Grafikatelier Saxer, Muri BE

Ruedi Stähli, ökonsult, Bern

Urs Steiger, steiger texte konzepte beratung, Luzern

Matthias Stremlow, BUWAL

Fotos, Pläne und Illustrationengemäss Bildlegenden

Titelbild: Hannes Saxer

Bezug:BBL, Vertrieb Publikationen, CH-3003 Bern, Tel. +41 (0)31 325 50 50,

Fax +41 (0)31 325 50 58, Internet: www.bbl.admin.ch/bundespublikationen,

Bestellnummer: 319.776d

Preis Fr. 25.–

© BUWAL, Bern 2002

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3Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abstract 7

Vorwort 9

Zusammenfassung 11

1 Einleitung und Problemstellung 15

2 Gesetzliche Regelung 17

3 Grundsätze 19

3.1 Ausgangslage 193.1.1 Worum es geht – die Begriffe in Kürze 193.1.2 Wo sind Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen

erforderlich? (räumlicher Anwendungsbereich) 203.1.3 In welchen Bereichen und für wen gilt die Pflicht zu

Wiederherstellung und Ersatz? (sachlicherAnwendungsbereich) 23

3.1.4 Was muss abgeklärt werden? 233.1.5 Bewertungskriterien für den Ausgangs- und

Endzustand 253.1.5.1 Allgemeines 253.1.5.2 Die Grösse eines Lebensraumes 283.1.5.3 Die Form eines Lebensraums 283.1.5.4 Die natürliche Dynamik eines Lebensraumes 283.1.5.5 Die Unversehrtheit eines Lebensraumes 293.1.5.6 Der Grad der Vernetzung und die Umgebungsqualität 293.1.5.7 Die Wiederherstellbarkeit und das Alter des

Lebensraumes 293.1.5.8 Die Artenvielfalt eines Lebensraums 303.1.5.9 Vorkommen geschützter, gefährdeter oder seltener

Arten 303.1.5.10 Die Repräsentativität eines Lebensraumes 323.1.5.11 Die Seltenheit und Gefährdung des Lebensraumes 323.1.5.12 Weitere Aspekte der Bewertung 323.1.5.13 Auswahl der zu untersuchenden Tier- und

Pflanzenarten 343.1.6 Die Auswirkungen des konkreten Vorhabens 36

3.2 Die Massnahmen 383.2.1 Die Massnahmentypen und ihre Priorisierung

(«Massnahmenkaskade») 38

3.2.2 Wie können Typ und Ort des Ersatzbiotopesbestimmt werden? 41

3.2.3 Wann sind Massnahmen aus ökologischer Sichtangemessen? 43

3.2.4 Wann sind Ersatzmassnahmen aus Sicht derErsatzpflichtigen angemessen? 49

3.2.5 Vorteile unterhaltsarmer Lebensräume 493.2.6 Aspekte weiterer Umweltbereiche 513.2.7 Eine verständliche Darstellung der Massnahmen

verbessert die Erfolgschancen 51

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4 Inhaltsverzeichnis

4 Einzelfragen und Spezialfälle 52

4.1 Probleme bei der Grundlagenbeschaffungund -darstellung 52

4.2 Abgrenzung der Ersatzmassnahmen 52

4.3 Ersatzmassnahmen auf landwirtschaftlichenNutzflächen 55

4.3.1 Ökologische Ausgleichsflächen 554.3.2 Milchkontingente 554.3.3 Bäuerliches Bodenrecht 554.3.4 Fruchtfolgeflächen 56

4.4 Früh- und vorzeitiger Ersatz 56

4.5 Zeitlich befristete Überbrückungsmassnahmen 57

4.6 Nicht wiederherstellbare Lebensräume 57

4.7 Funktionsverluste (Zerschneidung) 57

4.8 Ersatz von Waldbiotopen 58

4.9 Gesetzliche Pflicht zur Verbesserungbesonderer Lebensräume 59

5 Neue Lösungsansätze 62

5.1 Flächenpool 62

5.2 Massnahmenpool 65

5.3 Ersatzmassnahmenfonds 68

6 Sicherung der Massnahmen 70

6.1 Allgemeines 706.1.1 Notwendige Sicherungsmassnahmen vor der

massgeblichen Bewilligung 706.1.2 Notwendige Sicherungsmassnahmen nach der

massgeblichen Bewilligung 70

6.2 Öffentlichrechtliche Instrumente 716.2.1 Öffentlichrechtliche Verträge 716.2.2 Raumplanerische Instrumente 716.2.3 Andere öffentlichrechtliche Instrumente 72

6.3 Privatrechtliche Verträge 736.3.1 Dienstbarkeiten 736.3.2 Grundlasten 746.3.3 Freihändiger Erwerb von Grundstücken oder

Rechten an Grundstücken 756.3.4 Anmerkung der Massnahmen im Grundbuch 75

6.4 Enteignung 76

7 Unterhalt und seine Finanzierung 77

7.1 Grundsätzliches 77

7.2 Unterhaltsarme Flächen 78

7.3 Unterhalt von Wiederherstellungs-massnahmen 78

7.4 Unterhalt von Ersatzmassnahmen 79

7.5 Dauer der Unterhaltspflicht 79

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5Inhaltsverzeichnis

7.6 Kostenabgeltung 79

7.7 Subventionierung des Unterhalts 80

8 Ausführung und ihre Kontrolle 82

8.1 Baubegleitung 82

8.2 Vollzugskontrolle 82

8.3 Wirkungskontrolle 82

8.4 Konsequenzen des Controllings 83

9 Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventarenach Art. 5 NHG 85

9.1 Entstehungsgeschichte und Absicht desGesetzgebers 85

9.2 Zur Begrifflichkeit von Landschaft 869.2.1 Der umfassende Landschaftsbegriff des NHG 86

9.2.2 Landschaftshaushalt und Landschaftsästhetik 86

9.3 Umsetzungsfragen 879.3.1 Wo und in welchen Fällen findet Art. 6 Abs. 2 NHG

Anwendung? 879.3.2 Die Beurteilung von Eingriffen in Inventarobjekte

nach Art. 5 NHG («Entscheidkaskade») 889.3.3 Beurteilungskriterien und -massstab 909.3.4 Mögliche Massnahmen 909.3.5 Die Angemessenheit der Massnahmen 929.3.6 Spezifische Probleme der einzelnen Inventare 929.3.7 Sicherung, Ausführung und Kontrolle 93

Anhänge

1 Glossar 94

2 Übersicht über die aktuelleGerichtspraxis 96

2.1 Bundesebene 96

2.2 Kantonale Ebene 98

3 Blick über die Landesgrenze 99

3.1 Deutsches Recht 993.1.1 Gesetzestext 993.1.2 Aufbau, Struktur und Inhalt 993.1.3 Unterschiede gegenüber dem NHG in den

Lösungsansätzen 100

3.2 Französisches Recht 1013.2.1 Le principe de la protection des biotopes 1013.2.2 Les atteintes licites aux biotopes 1023.2.3 Les mesures de compensation et

de restauration 1023.2.4 La stratégie du bilan 1033.2.5 Conclusion et bilan comparatif en égard

à l’art. 18 al. 1ter LPN 103

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4 Biotopbewertungsmethoden 105

4.1 Biotopbewertungsmethode «Modul» 105

4.2 Biotopbewertungsmethode «Autobahn A16» 111

4.3 Biotopbewertungsmethode «Mittelland» 112

5 Formular zur Darstellung einerWiederherstellungs- bzw.Ersatzmassnahme 117

6 Schematische Übersicht derMassnahmen 119

7 Literaturverzeichnis 120

8 Verzeichnis der gesetzlichenGrundlagen 122

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Abstract

Das Vorsorge- und das Verursacherprinzip stellen imUmweltrecht allgemein akzeptierte, grundlegendeAnsätze dar. Im Bereich des Natur- und Landschafts-schutzes ist heute anerkannt, dass dem Verlust derArtenvielfalt wirksam nur begegnet werden kann,wenn genügend grosse und funktionsfähige Lebens-räume erhalten werden können. Landschaft wird ver-standen als Lebensraum für Mensch, Flora und Faunaund als Raum, in welchem sich natürliche Lebens-grundlagen entwickeln und regenerieren können, alsRaum, in welchem natürliche und anthropogene Pro-zesse wechselseitig zusammenwirken. Gleichzeitig istLandschaft der Raum für das physische und psychi-sche Wohlbefinden der Menschen sowie für die Ent-wicklung der Kulturen.

Eingriffe in diese Wirkungszusammenhänge undFunktionen sind deshalb sorgfältig auf ihre Auswir-kungen zu überprüfen. Auch ihre Tragbarkeit musssorgfältig und umfassend beurteilt werden. Das Bun-desgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG)konkretisiert diese Rechtsgrundsätze und Begriffsver-ständnisse. An Vorhaben, welche schutzwürdige Le-bensräume oder geschützte Landschaften beein-trächtigen, stellt es die Anforderung, dass sie geeig-nete Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmenumfassen. Diese müssen den Natur- und Landschafts-haushalt im Gleichgewicht halten und der ErkenntnisRechnung tragen, dass nicht alles ersetzbar ist. Dievorliegende Arbeitshilfe gibt Hinweise

– zum Anwendungsfeld dieser Bestimmung,

– zu den erforderlichen Grundlagen,

– zur inhaltlichen Ausgestaltung der Massnahmen,

– zu ihrer rechtlichen Umsetzung und Sicherung

– zur Abgrenzung zu verwandten Bereichen, insbe-sondere zum ökologischen Ausgleich.

Keywords: Natur, Landschaft, Arten- und Lebens-raumschutz, Recht, Eingriffsregelung, Wiederherstel-lungs- und Ersatzmassnahmen, ökologischer Aus-gleich, Verhältnismässigkeit

Abstract

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Vorwort

Der Landschaftsraum ist beschränkt. Trotzdem hatdie Gesellschaft, haben alle, unendlich viele Ansprü-che an diesen Raum. Die meisten Ansprüche überla-gern sich, viele schliessen sich jedoch aus. Nebst spek-takulären Grossprojekten ist es vor allem die Summezahlreicher kleiner Eingriffe, welche die Landschaftbeeinträchtigt. Sie lässt die Artenvielfalt schrumpfenund den Erlebnisraum eintöniger werden.Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen bieteneine Möglichkeit, Eingriffe in den Natur- und Land-schaftshaushalt zu vermeiden, zu begrenzen oder de-ren Auswirkungen weitgehend zu mindern. Sie tra-gen dem Verursacherprinzip Rechnung und förderndamit das Bewusstsein für die Endlichkeit der natürli-chen Ressourcen, zu denen auch der Landschafts-raum und die Artenvielfalt gehören.Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen stelleneine spannende fachliche Herausforderung für Pla-ner und Bauherren sowie für die Fachstellen undEntscheidbehörden dar. Damit sie die ihnen zuge-dachten Ziele erfüllen können, müssen sie nicht nurinhaltlich durchdacht sein, sondern auch bereits inder Konzeptphase eines Projekts berücksichtigt wer-den. In der Konkretisierungsphase gilt es, die Ideenplanerisch umzusetzen und sie schliesslich rechtlichverbindlich festzulegen und zu sichern.Bei Landschaftseingriffen widerspiegeln Wiederher-stellungs- und Ersatzmassnahmen die jeweils gelten-den, zum Teil widersprüchlichen Bedürfnisse der Ge-sellschaft: Attraktive Standortbedingungen, vielfälti-ge Naherholungs- und Feriengebiete sind ebenso ge-fragt wie die Bewahrung des natürlichen und kultu-rellen Erbes und die Erhaltung der physischen Le-bensgrundlagen. Mit Hinweisen zur Umsetzung, mitErfahrungen aus der bisherigen Praxis und Blickenüber die fachlichen und politischen Grenzen hinauswill die vorliegende Wegleitung Unterstützung lei-sten. Sie darf aber nicht vom Bewusstsein ablenken,das nicht jeder Eingriff ungeschehen gemacht, jedeBeeinträchtigung ersetzt werden kann.

Enrico Bürgi, BUWAL, Chef der Abteilung Landschaft

Vorwort

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Zusammenfassung

Vorhaben, die Beeinträchtigungen schützenswerter Le-bensräume oder geschützter Landschaften zur Folge ha-ben, sind so zu gestalten, dass der Natur- und Land-schaftshaushalt im Gleichgewicht bleibt. Dies verlangtdas Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz(NHG). Um dieses Ziel zu erreichen, sind neben geeigne-ten Schutzmassnahmen auch Wiederherstellungs- oderErsatzmassnahmen erforderlich. Grundsätzlich unter-schieden wird zwischen Massnahmen, die bei Eingriffenin besonders schützenswerte Lebensräume (Art. 18 NHG)erfolgen, und solchen, die bei landschaftlichen Beein-trächtigungen im Perimeter eines Landschaftsinventaresdes Bundes (Art. 5 ff NHG) notwendig werden.

Ausgleichsmassnahmen bei LebensräumenDie Begriffe «Wiederherstellung», «Ersatz» und«ökologischer Ausgleich» werden oft uneinheitlichverwendet und geben somit Anlass zu Unklarheiten.

– Mit der Wiederherstellung werden temporäreEingriffe in gleicher Art, mit gleicher Funktionund in gleichem Umfang am Ort des Eingriffs be-hoben.

– Mit dem Ersatz werden die Verluste in gleicher Art,mit gleicher Funktion und in gleichem Umfang aneinem andern Ort oder in anderer angemessenerWeise an einem anderen Ort wettgemacht. DerErsatz soll die ökologische Gesamtbilanz in einemregionalen Rahmen wiederherstellen.

– Mit dem ökologischen Ausgleich sollen die Auswir-kungen intensiver Nutzung innerhalb und ausser-halb von Siedlungen unabhängig von einem kon-kreten technischen Vorhaben kompensiert werden.

Notwendigkeit von Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmenDie Massnahmen sind erforderlich, sobald ein Eingriffbesonders schutzwürdige Lebensräume tangiert, un-abhängig davon, ob sich diese Lebensräume inner-halb oder ausserhalb von Schutzgebieten befinden.Das Gesetz gibt eine Rangordnung der Massnahmen(Massnahmenkaskade) vor:

1. Grundsatzentscheid für oder gegen das Projekt,wobei eine Interessenabwägung vorzunehmen ist.

2. Bestmöglicher Schutz: Kann das Projekt geändert,können die Eingriffe minimiert werden?

3. Grösstmögliche Schonung durch Wiederherstel-lung.

4. Grösstmögliche Schonung durch angemessenenErsatz.

Der Projektperimeter umfasst nicht nur den sichtbarenTeil einer Landschaft, sondern auch Lebensräume unter-halb der Wasser- und der Erdoberfläche, welche dieKriterien besonderer Schutzwürdigkeit erfüllen (z.B.Unterwasservegetation oder Höhlen). Oft ist es sinnvoll,

Zusammenfassung

Ersatzmassnahmen ausserhalb des Projektperimetersvorzunehmen und diesen entsprechend zu erweitern.

Die zuständigen Behörden des Bundes, der Kantoneoder der Gemeinden müssen vor einem Entscheidüber ein Vorhaben prüfen, ob dieses einen Eingriff ineinen schutzwürdigen Lebensraum zur Folge hat.Nicht unter die Bestimmungen von Art. 18 NHG fallenAktivitäten, für deren Bewilligung oder zu deren fi-nanzieller Unterstützung kein behördlicher Entscheiderforderlich ist. Dies ist beispielsweise bei der land-und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder beisportlichen Aktivitäten der Fall.

Bewertung von BiotopenFür die Bewertung der Biotope sowie der entspre-chenden Eingriffe und Massnahmen sind Kriterienmassgebend, die in Art. 14 der Natur- und Heimat-schutzverordnung (NHV) aufgeführt oder umschrie-ben werden. Wichtige Kriterien sind dabei die Grösseund die Vernetzung (Umgebungsqualität) eines Bio-topes sowie seine Bedeutung für seltene Arten. Mitdem Kriterium der natürlichen Dynamik wird beur-teilt, ob eine vom Menschen ungestörte natürlicheEntwicklung ablaufen kann, die für den Naturhaus-halt von zunehmender Bedeutung ist. Mit Hilfe desAlters eines Lebensraumes wird dessen Wiederher-stellbarkeit beurteilt. Aufgrund ihrer extrem langenEntwicklungszeiten nicht ersetzt werden können Bio-tope wie beispielsweise alte Laubwälder, Hochmoore,Tuff- oder Karstformationen. Sie gehören zu den we-nigen verbliebenen Lebensräumen, welche vom Men-schen nicht grundlegend umgestaltet worden sind.

Weitere mögliche Beurteilungskriterien stellen dieForm eines Lebensraumes und seine Unversehrtheit(Störungsarmut) dar. Problematisch können die häu-fig für die Beurteilung verwendeten KenngrössenArtenvielfalt und Seltenheit eines Biotoptyps sein:Eine hohe Artenzahl spricht nicht à priori für einenhohen Biotopwert. Einige wertvolle Biotoptypen wiebeispielsweise Hochmoore, Schilfgürtel oder Fels-fluren sind sogar äusserst artenarm. Analoges gilt fürdie Seltenheit des Biotoptyps: Der individuelle Cha-rakter einer Landschaft ergibt sich unter anderem ausder Häufigkeit einiger und der Seltenheit andererLebensraumtypen. Ein undifferenziertes «Aufrüsten»der Landschaften mit seltenen Lebensräumen hätteeine Nivellierung der verschiedenen Landschaftenzur Folge, wobei typische Eigenarten verloren gin-gen. Das Merkmal der Repräsentativität schliesslichbeantwortet die Frage, ob ein Lebensraumtyp für diebetreffende Landschaft charakteristisch ist.

Ökologischer Wert von MassnahmenWiederherstellung und Ersatz sind dann ökologischgleichwertig bzw. angemessen, wenn dank ihnen derZustand vor dem Eingriff wieder erreicht wird, derLebensraum rechtzeitig zur Verfügung steht und des-sen Erhaltung langfristig gesichert ist. Es kann sein,dass sich einzelne Bewertungskriterien als «Ausschluss-kriterien» erweisen und ein Projekt verunmöglichen.Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die projektbe-dingten Eingriffe nicht kompensierbar sind. Möglichist dies beispielsweise bei nicht wiederherstellbaren

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Lebensräumen, oder bei gefährdeten Arten, für derenErhaltung die Schweiz eine internationale Verantwor-tung trägt. Faktoren dieser Art müssen in der Interes-senabwägung wesentlich zu Lasten eines Vorhabensgewichtet werden.

Kriterien für die Wahl von Massnahmen

Bei ökologisch gleichwertigen Möglichkeiten für Er-satzbiotope sollen unterhaltsarme Lebensräume be-vorzugt werden. Durch sie ergibt sich ein geringererFolgeaufwand. Die Gefahr, dass eine Ersatzflächezweckentfremdet wird, sowie ihre Anfälligkeit spielenebenfalls eine Rolle. Ein Magerstandort beispielsweiseist durch eine unzweckmässige Bewirtschaftungschneller zerstört als eine Hecke oder ein revitalisierterBach. Das grossflächige Abschälen fruchtbarer Land-wirtschaftsböden, die Verwendung naturfremder Bau-stoffe, das energieintensive Pumpen von Wasser oderumfangreiche Lastwagentransporte ergeben Ziel-konflikte mit anderen Umweltbereichen. «Sanfte» Lö-sungen dagegen nutzen die Regenerationsfähigkeitvon Lebensräumen sowie das natürlich vorhandenePotenzial, beispielsweise bei der Öffnung von Bachläu-fen. Konflikte mit der Pflicht der Kantone, ihre Frucht-folgeflächen zu erhalten, lassen sich vermeiden, indemeine Ersatzmassnahme gewählt wird, die es erlaubt,das ackerfähige Land innerhalb von zwei Jahren wie-derherzustellen.

Die Angemessenheit der Ersatzmassnahme muss auchaus der Sicht des Ersatzpflichtigen beurteilt werden.Als Kriterien können dienen:

– die Bedeutung des Vorhabens,– die Dauer des Eingriffs (z.B. Konzessionsdauer),– das Verhältnis zwischen Umfang und Kosten des

Vorhabens einerseits und den Ersatzmassnahmenandererseits,

– der Gewinn aus der mit dem Eingriff ermöglichtenNutzung (z.B. Kraftwerke, Abbauvorhaben).

Fälligkeit der MassnahmenErsatzmassnahmen müssen möglichst frühzeitig odergar schon vor dem Eingriff erfolgen. Zeitliche Lückenbis zur Wiedererlangung der vollen Funktionsfähig-keit werden durch provisorische, flankierende oderzusätzliche Massnahmen überbrückt. VorhandenesPflanzenmaterial (Erdreich mit Rhizomen und Samen,ausschlagfähiges Astmaterial, Grassoden, Heu-blumen) kann wiederverwendet werden und ermög-licht damit eine an den Standort angepasste Lebens-gemeinschaft mitsamt ihrer Mikrofauna.

Konflikte und Synergien mit anderen Mass-nahmenAufwertungsmassnahmen in Biotopen von nationa-ler Bedeutung, mit denen bestehende Beeinträchti-gungen bei sich bietender Gelegenheit rückgängiggemacht werden (Art. 8 Hochmoorverordnung(HMV), Flachmoorverordnung (FMV), Auenverord-nung (AuenV)), können in der Regel an den Ersatznach Art. 18 NHG angerechnet werden. Nicht anre-chenbar sind hingegen die Massnahmen zur unge-

Zusammenfassung

schmälerten Erhaltung der Biotope von nationalerBedeutung (Art. 5 HMV, FMV, AuenV).

Der ökologische Ausgleich nach Art. 18b NHG ist kei-ne Ersatzmassnahme, sondern ein selbständiger Auf-trag an die Kantone. Eine Kombination der Massnah-men nach Art. 18 und 18b ist aber dort möglich undsinnvoll, wo ökologische Synergien genutzt oderviele kleine Eingriffe in Biotope, die für sich gesehennicht besonders schutzwürdig sind, «mit-aus-geglichen» werden und damit die Funktionsfähigkeitdes Ökosystems als Ganzes sicher gestellt wird.

Werden schutzwürdige Waldbiotope beeinträchtigt unddie ökologischen Verluste durch den Rodungsersatz nachWaldgesetz in qualitativer Hinsicht nicht voll kompen-siert, so sind zusätzlich Massnahmen nach Art. 18 NHGerforderlich. Auch Funktionsverluste wie die Zerschnei-dung eines Wildwechsels sind ersatzpflichtig.

Neue Lösungsansätze – Chancen für Schutzund NutzungNeue Formen des Ersatzes können die Realisierungvon Massnahmen erleichtern und einen effizientenEinsatz der Mittel ermöglichen.

– Beim Flächenpool sichert die öffentliche Hand Flä-chen, die sich für Ersatzmassnahmen eignen, un-abhängig von konkreten Vorhaben. Ersatzpflichti-ge übernehmen davon eine Fläche zur Realisie-rung ihrer jeweiligen Massnahme. Dies erleichtertdie oft schwierige Landbeschaffung und ermög-licht, eine räumlich sinnvolle Gesamtsicht einzu-bringen. Als Grundlage dazu sind Landschaftsent-wicklungskonzepte (LEK) besonders geeignet.

– Beim Massnahmenpool stehen den Ersatzpflichti-gen eine Auswahl bereits mehr oder weniger vor-bereiteter Projekte zur Umsetzung oder Beteili-gung zur Verfügung, welche beispielsweise man-gels finanzieller Mittel bisher nicht realisiert wer-den konnten.

– Beim Ersatzmassnahmenfonds würde der Verursa-cher anstatt Ersatzmassnahmen zu realisieren le-diglich einen Geldbetrag in einen Fonds einzah-len, der durch eine Behörde verwaltet würde. Die-ser Ansatz erscheint jedoch insbesondere in recht-licher Hinsicht, aber auch im Vollzug, problema-tisch. Zudem wird damit die Erhaltung des Land-schaftshaushaltes im betroffenen Raum nicht ge-nügend gewährleistet.

Keine Massnahme ohne verbindliche Sicherung

Grundeigentümer, die von Ersatzmassnahmen be-troffen sind, sollten die damit verbundenen Ein-schränkungen und Entschädigungen kennen und ak-zeptieren, bevor ein Vorhaben bewilligt wird. Mit derBewilligung werden die Nutzungseinschränkungenrechtsverbindlich festgelegt. Raumplanerische odervertragliche Lösungen – nötigenfalls mit grundbuch-licher Sicherung – sollen bevorzugt werden, Enteig-nungen die Ausnahme bleiben.

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Bei komplexen oder umfangreichen Vorhaben ist eineökologische Baubegleitung sowie eine Umsetzungs-und Vollzugskontrolle zu verfügen. Bei kostenauf-wändigen Massnahmen, z.B. bei Fischpässen, Umgeh-ungsgerinnen oder Wildtierpassagen, mit welcheneine konkrete ökologische Zielsetzung verfolgt wird,drängt sich eine Wirkungskontrolle auf.

Falls keine unterhaltsarmen oder -freien Flächen vor-gesehen sind, muss die Unterhaltsfrage geregelt wer-den. In der Regel ist der Unterhalt solange nach demVerursacherprinzip abzugelten, bis der entsprechendeLebensraum seine volle Funktionsfähigkeit erlangt.Eine Subventionierung des Unterhalts – z.B. im Rah-men von landwirtschaftlichen Direktzahlungen – istnur dann zulässig, wenn sich keine Unterhaltspflichtaus der Ersatzmassnahme ergibt. Hingegen könnendie Flächen als ökologische Ausgleichsflächen im Sin-ne des Landwirtschaftsrechts angerechnet werden.

Beeinträchtigungen in Landschaftsinventarendes BundesDas Bundesinventar der Landschaften und Natur-denkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), das In-ventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz(ISOS) und das künftige Inventar der historischen Ver-kehrswege der Schweiz (IVS) sind Landschafts-inventare des Bundes. Die darin aufgenommenenObjekte sind bei Vorhaben des Bundes grundsätzlichungeschmälert zu erhalten. Gleiches gilt auch für diean die Kantone delegierten Bundesaufgaben wieRodungsbewilligungen (Art. 5 Waldgesetz (WaG))und Ausnahmebewilligungen für das Bauen ausser-halb von Bauzonen (Art. 24 Raumplanungsgesetz(RPG)). Aufgrund einer Interessenabwägung wird ge-prüft, ob ein geplantes Vorhaben im nationalen In-teresse liegt und es zulässig ist, vom Grundsatz derungeschmälerten Erhaltung abzuweichen. Ist dies derFall, muss mittels Schutz-, Wiederherstellungs- oderangemessenen Ersatzmassnahmen die grösst-mögliche Schonung sichergestellt werden. Im Gegen-satz zur strengen Massnahmenkaskade gemäss Art.18 muss bei Vorhaben in Objekten von Landschafts-inventaren des Bundes also in erster Linie die grund-sätzliche Zulässigkeit des Eingriffes beurteilt werden.

Die Anwendung naturwissenschaftlich-technischerBeurteilungskriterien ist im landschaftlichen Bereichkaum oder nur sehr beschränkt möglich. GeeigneteMassnahmen müssen vielmehr aus den Objektbe-schreibungen und Schutzpostulaten in den Inventa-ren abgeleitet, Schutzziele in Abhängigkeit des Ein-griffs oft überhaupt erst definiert werden. WichtigeKriterien bei der Wahl von Massnahmen sind dabeiAspekte wie die Ästhetik einer Landschaft, dielandschaftsökologische Funktion oder ihre natur-und kulturgeschichtliche Entstehung und Besonder-heit. Bei gebauten Kulturgütern ist eine eigentlicheWiederherstellung kaum möglich, weil diese dem An-spruch nach Authentizität widersprechen würde.

Zusammenfassung

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1 Einleitung und Problemstellung

Die Pflicht zur Wiederherstellung und zum Ersatz als Folge vonprojektbedingten Eingriffen in schutzwürdige Lebensräume ist mitder sogenannten Eingriffsregelung in Art. 18 Abs. 1ter des Bundesge-setzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) seit1985 gesetzlich geregelt. Die Eingriffsregelung beschränkt sich aufden Lebensraumschutz im engeren Sinne. Bis heute wurden damitsowohl positive wie auch negative Erfahrungen gesammelt. Nachüber 15 Jahren Praxis ist es an der Zeit, eine Zwischenbilanz zuziehen:

– Die Eingriffsregelung von Art. 18 Abs. 1ter NHG stellt einen wich-tigen Pfeiler zur Umsetzung des Naturschutzes in seinem moder-nen Ansatz dar. Angesichts ständig zunehmender Nutzungs-intensität und vermehrter Nutzungskonflikte im beschränkt zurVerfügung stehenden Raum entwickelte sie sich zum unverzicht-baren Rechtsinstrument, um Biodiversität und Lebensraum-vielfalt zu erhalten. Gleichzeitig schärft die Regelung das Be-wusstsein für die Folgen der Inanspruchnahme der früher als freiverfügbar betrachteten Güter (Boden, Luft, Wasser, Natur undLandschaft). Diese Güter haben ebenfalls eine volkswirtschaftli-che und gesellschaftliche Bedeutung und damit einen Preis –allerdings nicht einen objektiv bestimmbaren Marktpreis.

– Es zeigt sich, dass bei Anwendung des Art. 18 Abs. 1ter NHG immerwieder die gleichen Fragen auftauchen. Die Probleme, die mitihrer Beantwortung verbunden sind, stellen leider oft den Erfolgder grossen Bemühungen von Bauherren und Behörden in Frage:Häufig herrscht Unklarheit über den notwendigen Umfang vonErsatzleistungen, über ihre Abgrenzung zum ökologischen Aus-gleich, über ihre Sicherung und über die Dauer der Verpflichtungdes Ersatzpflichtigen zum Unterhalt des durch ihn geschaffenenErsatzlebensraumes. Schwierigkeiten bieten schliesslich auch dieUmsetzung und Durchsetzung des Biotopschutzes auf Gemein-deebene, z.B. bei der Pflicht zu Wiederherstellung oder Ersatzbei Baubewilligungen oder bei der illegalen Beeinträchtigungeines Biotops.

– Das Landschaftskonzept Schweiz (LKS) 9 ist am 19. Dezember1997 vom Bundesrat als Konzept nach Art. 13 des Bundesgeset-zes über die Raumplanung (RPG) genehmigt worden. Es ist fürdie Behörden des Bundes verbindlich; für die Kantone stellt eseine wertvolle Information dar. Im Sinne eines Zielsystems sinddarin allgemeine Ziele sowie spezifische Sachziele enthalten.Letztere sind nach Politikbereichen geordnet und mit den ver-antwortlichen Fachbehörden vereinbart. Die Sachziele werdenzudem durch konkrete Umsetzungsmassnahmen ergänzt. Wer-den Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen erarbeitet undrealisiert, so sollen diese Sachziele und Umsetzungsmassnahmenals Leitlinien berücksichtigt werden. Viele Sachziele umfassenallerdings nicht nur den Ersatz und die Wiederherstellung, son-dern auch die ökologische Aufwertung und die Aufhebung un-erwünschter Zustände.

Die Kapitel 2 bis 8 dieser Vollzugshilfe beschäftigen sich mit denProblemen und Umsetzungsfragen, wie sie aufgrund der bisherigenErfahrungen in der Praxis auftreten.

Mit der Teilrevision des NHG im Jahr 1999 erfuhr die Eingriffs-regelung eine bedeutsame Erweiterung. Die Begriffe «Wiederher-stellung» und «Ersatz» wurden auf Landschaftseingriffe ausgewei-tet. Diese neue Regelung ist jedoch auf Beeinträchtigungen be-schränkt, die im Zusammenhang mit Eingriffen bei der Erfüllung

Einleitung und Problemstellung

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von Bundesaufgaben erfolgen und Inventarobjekte gemäss Art. 5NHG betreffen. Nicht erfasst werden die übrigen Landschaften.Dennoch stellt diese Neuerung den Durchbruch zu einer gesamt-heitlichen Betrachtung des Begriffes Landschaft dar, wie er imZweckartikel des NHG (Art. 1) umschrieben ist. Diese Betrachtungs-weise der Landschaft liegt auch dem Landschaftskonzept Schweiz9

sowie dem Europäischen Landschaftsübereinkommen vom 20. Ok-tober 2000 zu Grunde. Diese Revision hat zur Folge, dass erstmalsauch Beeinträchtigungen im landschaftlichen Bereich sowie im Be-reich der kulturhistorischen Werte zwingend in geeigneter Weiseausgeglichen werden müssen.

Orientierungs- und InterpretationshilfeZiel dieser Wegleitung ist es, auf häufige Fragen eine Antwort oderzumindest eine Interpretationshilfe zu geben. In qualitativer Hin-sicht möchte sie eine Art informellen Minimalstandard vorschlagen.Schliesslich soll die bisherige Praxis um neue Möglichkeiten undUmsetzungsinstrumente ergänzt und damit die Anwendung vonArt. 18 Abs. 1ter NHG erleichtert werden.

Zu Problemen und Fragen, die sich in Zusammenhang mit der Revisi-on des NHG im Bereich der Wiederherstellungs- und Ersatzmassnah-men bei Landschaftseingriffen in Inventarobjekten nach Art. 5 ffNHG stellen, bestehen noch keine grossen praktischen Erfahrungen.Die gesetzliche Regelung lehnt sich eng an Art. 18 Abs. 1ter NHG an;in Kapitel 9 wird, soweit dies überhaupt schon möglich ist, auf dieseFragen eingegangen und auf einige, heute bereits bekannte undumgesetzte Fallbeispiele hingewiesen. Der Landschaftsbegriff wirderläutert und es wird auf die gesetzgeberische Absicht näher einge-gangen.

Die Anhänge– geben einen Überblick über die leider spärliche Rechtsprechung

zu Wiederherstellung und Ersatz,

– skizzieren mit einem Blick über die Landesgrenzen die Lösungs-ansätze einiger Nachbarstaaten und

– zeigen einige denkbare Lösungsansätze zu den Problemen, diesich stellen, wenn Lebensräume bewertet, das Ausmass von Ein-griffen beurteilt oder die Ersatzmassnahmen bemessen werden.

Rechtlicher StellenwertDiese Publikation ist eine Vollzugshilfe des BUWAL und richtet sichprimär an die Vollzugsbehörden. Sie konkretisiert unbestimmteRechtsbegriffe von Gesetzen und Verordnungen und soll eine ein-heitliche Vollzugspraxis ermöglichen. Das BUWAL veröffentlicht sol-che Vollzugshilfen (oft auch als Richtlinien, Wegleitungen, Empfeh-lungen, Handbücher, Praxishilfen u.ä. bezeichnet) in seiner Reihe«Vollzug Umwelt».

Die Vollzugshilfen schaffen ein hohes Mass an Rechtsgleichheit undRechtssicherheit. Gleichzeitig ermöglichen sie im Einzelfall flexibleund angepasste Lösungen. Vollzugsbehörden, welche diese Voll-zugshilfen berücksichtigen, können davon ausgehen, dass sie dasBundesrecht rechtskonform vollziehen. Weichen sie hingegen da-von ab, müssen sie nachweisen, dass die abweichende Lösung eben-falls einen rechtskonformen Vollzug gewährleistet.

Einleitung und Problemstellung

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2 Gesetzliche Regelung

Gesetzliche Grundlage für die Regelung von technischen Eingriffenin Lebensräume von Tieren und Pflanzen sowie in Landschaften,Natur- und Kulturdenkmäler oder Ortsbilder von nationaler Bedeu-tung sind Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 18 NHG:

Art. 6 Abs. 1 NHG1 Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutungin ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderemMasse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Ein-bezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmass-nahmen die grösstmögliche Schonung verdient.

Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne derInventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwä-gung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höher-wertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegen-stehen.

Art. 18 NHG1 Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durchdie Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und an-dere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Bei diesenMassnahmen ist schutzwürdigen land- und forstwirtschaftlichenInteressen Rechnung zu tragen.1bis Besonders zu schützen sind Uferbereiche, Riedgebiete undMoore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trocken-rasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktionim Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzun-gen für Lebensgemeinschaften aufweisen.1ter Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräumedurch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nichtvermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmenzu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder an-sonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.

Bestimmung schutzwürdiger LebensräumeIn Art. 14 Abs. 3 der Verordnung vom 16. Januar 1991 über denNatur- und Heimatschutz (NHV) wird dargelegt, wie die schutzwür-digen Lebensräume bestimmt werden.

Vollzug des Arten- und BiotopschutzesArt. 14 Abs. 5 NHV verpflichtet die Kantone, den Arten- und Biotop-schutz durchzusetzen und zu überwachen.

Die bisherige Bezeichnung schutzwürdiger Lebensräume anhandvon Kennarten ist mit der Änderung der NHV vom 19. Juni 2000durch eine abschliessende Liste der schutzwürdigen Lebensraum-typen ersetzt worden. Allerdings spielen geschützte Arten sowieArten der «Roten Listen» bei der Bezeichnung schützenswerterBiotope weiterhin eine wesentliche Rolle. Um Lebensraumtypen zubestimmen und zu beurteilen, wird als Arbeitsinstrument mit Vor-teil der Leitfaden «Lebensräume der Schweiz»11 verwendet.

Art. 14 NHV1–2 ……………3 Biotope werden als schützenswert bezeichnet aufgrund:

a. der insbesondere durch die Kennarten charakterisiertenLebensraumtypen nach Anhang 1;

b. der geschützten Tierarten nach Artikel 20;

Gesetzliche Regelung

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c. der nach der Fischereigesetzgebung gefährdeten Fische undKrebse;

d. der gefährdeten und seltenen Pflanzen- und Tierarten, die inden vom BUWAL erlassenen oder anerkannten Roten Listenaufgeführt sind;

e. weiterer Kriterien, wie Mobilitätsansprüche der Arten oderVernetzung ihrer Vorkommen.

4 Die Kantone können die Listen nach Absatz 3 Buchstaben a-dden regionalen Gegebenheiten anpassen.5 Die Kantone sehen ein zweckmässiges Feststellungsverfahren vor,mit dem möglichen Beeinträchtigungen schutzwürdiger Biotopesowie Verletzungen der Artenschutzbestimmungen des Artikels20 vorgebeugt werden kann.6 Ein technischer Eingriff, der schützenswerte Biotope beeinträch-tigen kann, darf nur bewilligt werden, sofern er standort-gebunden ist und einem überwiegenden Bedürfnis entspricht. Fürdie Bewertung des Biotops in der Interessenabwägung sind nebenseiner Schutzwürdigkeit nach Absatz 3 insbesondere massgebend:

a. seine Bedeutung für die geschützten, gefährdeten und selte-nen Pflanzen- und Tierarten;

b. seine ausgleichende Funktion für den Naturhaushalt;

c. seine Bedeutung für die Vernetzung schützenswerter Biotope;

d. seine biologische Eigenart oder sein typischer Charakter.7 Wer einen Eingriff vornimmt oder verursacht, ist zu bestmögli-chen Schutz-, Wiederherstellungs- oder ansonst angemessenenErsatzmassnahmen zu verpflichten.

Gesetzliche Regelung

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3 Grundsätze

3.1 Ausgangslage

3.1.1 Worum es geht – die Begriffe in Kürze

Die Begriffe «ökologischer Ausgleich», «Wiederherstellung» und«Ersatz» werden in Literatur und Praxis oft uneinheitlich verwendetund geben damit Anlass zu Unklarheiten. Die häufige Verwendungdes aus dem französischen Sprachgebrauch stammenden Begriffs«Kompensation» verstärkt die Unsicherheiten in der Begriffsver-wendung. Hinzu kommt, dass die Zuständigkeiten für die verschie-denen Formen von «Ausgleich» – hier als Oberbegriff verwendet –durch das NHG unter Umständen verschiedenen Hoheitsträgernbeziehungsweise Verantwortlichen zugewiesen wird (vgl. Art. 18Abs. 1ter sowie 18b Abs. 2 NHG). Die gleiche Unsicherheit herrschtauch hinsichtlich der Pflicht zur Übernahme der Kosten, die miteiner Massnahme verbunden sind. Die gleichen Begriffe mit einernochmals anderen Bedeutung werden schliesslich in Gesetzgebung,Literatur und Praxis der Bundesrepublik Deutschland verwendet.Insbesondere bei den Praktikern und Praktikerinnen führt dies oftzu Missverständnissen oder Unklarheiten, wenn auf Fachzeitschrif-ten Bezug genommen wird.

Ausgleich«Ausgleich» stellt einen Oberbegriff dar, der von der Bundesge-setzgebung in dieser Form nicht verwendet wird. Im technischenSinne umfasst der Begriff «Ausgleich»

1. Massnahmen zur Wiederherstellung oder zum Ersatz von Beein-trächtigungen als Folge eines konkreten Eingriffes, der in schutz-würdigen Landschaften und Lebensräumen im Allgemeinen(Art. 18 Abs. 1bis und 1ter NHG) oder bei der Erfüllung von Bundes-aufgaben im besonderen (Art. 2 und 3 NHG) erfolgt.

2. Massnahmen des «ökologischen Ausgleichs» in intensiv genutz-ten Räumen inner- und ausserhalb von Siedlungen (Art. 18b Abs.2 NHG), für die unabhängig von einem konkreten technischenEingriff eine allgemeine Pflicht besteht.

WiederherstellungUnvermeidbare temporäre Eingriffe in Natur und Landschaft wer-den in Art, Funktion und Umfang im Massstab 1:1 am Ort desEingriffs behoben. Allenfalls ist die Kontinuität der Funktionsfähig-keit gestört, und es entstehen zeitliche Lücken während der Dauerdes Eingriffs oder bis zur Wiedererlangung der vollen Funktionsfä-higkeit. Durch flankierende oder zusätzliche Massnahmen ist diesenLücken Rechnung zu tragen.

ErsatzUnvermeidbare Eingriffe in Belange des Natur- und Heimatschutzeswerden in Art, Funktion und Umfang im Massstab 1:1 an einemanderen Ort (Realersatz) oder aber hinsichtlich ihrer Art, Funktionund Umfang in anderer, angemessener Weise an einem anderen Ortwettgemacht (angemessener Ersatz im engeren Sinne). Die Ersatz-massnahme liegt aber in der gleichen Gegend wie der Eingriff undist in Bezug auf den betroffenen Natur- oder Kulturraum gebiets-typisch und ökologisch sinnvoll. Sie orientiert sich in diesem Rahmenvorrangig an der Art und Funktion des beeinträchtigten Objekts.Auch hier ist der zeitlichen Lücke zwischen Eingriff und Funktionsfä-higkeit des Ersatzes Rechnung zu tragen.

Grundsätze

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20

Ökologischer AusgleichUnabhängig von konkreten bewilligungspflichtigen technischenEinzeleingriffen soll der ökologische Ausgleich die aktuelle intensi-ve Nutzung innerhalb und ausserhalb von Siedlungen kompensie-ren. Dazu gehören vor allem die mit der Nutzung verbundenenVerluste des ökologischen Potenzials und der Struktur- und Arten-vielfalt sowie Einbussen an menschlicher Lebensqualität. Der ökolo-gische Ausgleich hat zum Ziel, die Artenvielfalt und die dafür erfor-derlichen Lebensräume in ihrer natürlichen Struktur, Vernetzungund Dynamik zu erhalten und zu fördern. Er dient zudem derSicherung und Regeneration der natürlichen Lebensgrundlagen(Boden, Wasser, Luft). Die Lebensqualität des Menschen soll erhal-ten werden, indem das Landschaftsbild belebt, die Natur in dieSiedlung eingebunden und das kulturräumliche Erbe bewahrt wird.

3.1.2 Wo sind Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmenerforderlich? (räumlicher Anwendungsbereich)

Art. 18 Abs. 1ter NHG findet sowohl innerhalb wie auch ausserhalbspeziell ausgeschiedener Schutzgebiete (z.B. Inventarobjekte) An-wendung. Innerhalb von Schutzgebieten gelten zusätzlich die ver-schärften Anforderungen der jeweils geltenden Bestimmungen,z.B.:

a) für Biotope von nationaler Bedeutung: namentlich Art. 18a NHGund die darauf abgestützten Verordnungen über Hoch- undÜbergangsmoore (HMV), Flachmoore (FMV) und Auen (AuenV);

b) für Ufervegetation: Art. 21 NHG (vgl. Kap. 4.9) sowie kantonaleund kommunale Gesetze, Dekrete, Verordnungen;

c) konkrete Schutzbestimmungen in Schutz- und Nutzungsplänennach Art. 17 RPG.

Der zu untersuchende und zu beurteilende Perimeter eines Vorha-bens, der Untersuchungsraum, muss einerseits alle Flächen umfas-sen, welche durch das Vorhaben und seinen Betrieb direkt betroffensind. Dies sind der Projektstandort selbst sowie der Eingriffsraumund allfällige Ersatzflächen. Zum Untersuchungsraum gehören an-dererseits auch alle Flächen, die vom Vorhaben, seinem Bau oderinsbesondere durch seinen Betrieb indirekt beeinflusst werdenkönnten (vgl. Kap. 3.1.4).

Um ökologisch sinnvolle Ersatzmassnahmen zu ermöglichen, kannes nötig sein, diese ausserhalb des vom Vorhaben direkt oder indi-rekt beeinflussten Perimeters anzulegen. Dieser Kompensations-raum muss aber in einem räumlich-funktionalen Zusammenhangzum Einwirkungsraum stehen, auf jeden Fall aber innerhalb desbetroffenen Naturraumes liegen; z.B. innerhalb der Reussebene, imTafeljura, auf dem Lindenberg. Die Ersatzmassnahmen bilden einenintegralen Bestandteil des Projekts. Deshalb müssen die von diesenMassnahmen in Anspruch genommenen Flächen auch dann in denUntersuchungsperimeter einbezogen werden, wenn sie sich ausser-halb des eigentlichen Einwirkungsraumes befinden. Auch die Er-satzmassnahmen können ihrerseits Auswirkungen auf den Natur-haushalt oder auf einen anderen Umweltbereich haben. Aus diesemGrund soll der Untersuchungsperimeter von Beginn an genügendgross gewählt werden. Dies erlaubt, den Blick für mögliche, ökolo-gisch möglichst wirksame und sinnvolle Ersatzmassnahmen überden eigentlichen Projektperimeter hinaus offen zu halten (vgl.Checkliste zur Beurteilung von Landschaftsveränderungen45, GrafikS. 31):Bei Eingriffen, die keine Beurteilung des Ausgangszustandeszulassen, muss auf einen Referenzraum zurückgegriffen werden. In

Grundsätze

Referenzraum

Kompensationsraum

Einwirkungsräume

Eingriffsraum

Projektstandort

Modell eines Untersuchungsraumes

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naturräumlicher Hinsicht muss der Referenzraum mit dem Unter-suchungsraum vergleichbar sein und über eine möglichst gleichartigeAusstattung verfügen. Der Referenzraum welcher vom konkretenVorhaben unbeeinflusst ist, erlaubt es, die Wirksamkeit und diequantitative Bemessung der Ersatzleistung anhand vergleichbarerSituationen und Lebensräume an Ort zu bemessen und zu beurtei-len. Beispielsweise ist bei der Konzessionserneuerung von Laufkraft-werken eine frei fliessende Gewässerstrecke in die Beurteilung derProjektauswirkungen einzubeziehen.

Zur Bestimmung des Untersuchungsperimeters sind die Natur- undLandschaftsschutzfachstellen beizuziehen. Sie verfügen oft überwertvolle fachliche Grundlagen und weitere notwendige Hinter-grundinformationen. Oft bestehen bereits Ideen in Landschafts-richtplänen oder Landschaftsentwicklungskonzepten (LEK), insbe-sondere grossräumige oder regionale Entwicklungsvorstellungen.Diese können dazu beitragen, eine Massnahme sinnvoll ins räumli-che Umfeld einzubetten und die Realisierung dadurch zu erleich-tern.

Die Frage der räumlichen Abgrenzung stellt sich nicht nur in derFläche, sondern auch in der vertikalen Dimension:

– Unterhalb der Erdoberfläche ist eine genaue Abgrenzung desWirkungsbereichs von Art. 18 NHG nicht möglich. UnterirdischeGewässer in Karstgebieten beispielsweise stellen nicht wieder-herstellbare Lebensräume dar. Als wohl einzige in der Schweizsind sie über einen Zeitraum von mehreren Millionen Jahrenpraktisch unverändert geblieben. Sie weisen endemitisch vor-kommende Arten und sogar Gattungen auf und sind damit fürden Artenschutz von grösster Bedeutung. Durch die Störung deshydrologischen Gleichgewichtes, beispielsweise als Folge vonTunnelbauten, können unterirdische Lebensräume empfindlichbeeinträchtigt werden. Höhlensysteme können auch Fledermäu-sen als Winterlebensräume dienen.

– Der Uferbereich im Sinne von Art. 18 Abs. 1bis NHG umfasstunterhalb der Wasseroberfläche die vorhandene Ufervegetationbis zu den untersten submersen (untergetauchten) Pflanzen so-wie die Standorte, auf denen gute Voraussetzungen für einesolche Vegetation vorhanden sind. Im Normalfall bildet die aktu-elle untere Grenze der Ufervegetation somit auch die Grenze desUferbereichs. Aufgrund faunistischer Kriterien kann der Ufer-bereich aber auch weiter ins Gewässerinnere ragen; beispiels-weise können Flachwasserzonen Nahrungsplätze für selteneWasservögel darstellen oder vegetationsfreie Kiesbette schutz-würdigen Fischarten als Laichplätze dienen. Die Flächen müssendabei in einem naturräumlichen Zusammenhang mit dem Uferstehen. Bei kleinen stehenden Gewässern und bei Fliessge-wässern kann der Uferbereich das ganze Gewässer umfassen.Auch vegetationsfreie Gewässerbereiche können aufgrund vonArt. 14 Abs. 3 Bst. c und d NHV schutzwürdig sein. Details zurProblematik der Uferbereiche finden sich in der entsprechendenBUWAL-Vollzugshilfe40.

– Oberhalb der Erdoberfläche reicht der Wirkungsbereich soweit,wie das Vorhaben einen nachweisbaren Einfluss auf den Natur-raum hat. Stichworte dazu sind Störungen für einzelne Vogel-arten oder des Vogelzugs (z.B. durch Antennen, Hochspannungs-leitungen, Flugfelder, Windkraftanlagen).

Grundsätze

Heliflugfelder sind typische Beispiele für Pro-jekte, deren Auswirkungen weit über den en-geren Eingriffsraum hinausreichen (Lärm-immissionen, Störung der Wildtiere etc.). Ent-sprechend sind Ersatzmassnahmen auch inmittlerer oder grösserer Entfernung des Heli-flugfeldes notwendig, denkbar und sinnvoll.Foto: ökonsult

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22 Grundsätze

Besondere Bedeutung erlangt die Bestimmung des Unter-suchungsperimeters bei der Konzessionserneuerung eines be-stehenden Wasserkraftwerks. Sie steht im Zusammenhang mitder räumlichen Bedeutung der Konzessionserneuerung. Dieseist in rechtlicher Sicht der Errichtung einer neuen Anlage imSinne von Art. 9 Umweltschutzgesetz (USG) gleichgestellt. Beider Erneuerung einer auslaufenden Konzession muss daher alsAusgangszustand diejenige Situation betrachtet werden, dieohne Kraftwerk vorzufinden wäre. Der Untersuchungsperi-meter umfasst damit den gesamten räumlichen Einflussbereichdes (bestehenden) Werkes einschliesslich seines Betriebes (z.B.

Werk und Wehranlagen, eingestaute Gewässerstrecken, beein-flusste Grundwassergebiete, bewaldete Böschungen im Unter-haltsbereich des Werkes, Zufahrts- und Unterhaltsstrassenetc.). Der Untersuchungsperimeter muss es zulassen, alle be-stehenden und künftigen direkten und indirekten Auswirkun-gen des Werkes zu beurteilen und daraus den Wiederher-stellungs- oder Ersatzbedarf abzuleiten. Dies gilt nach schwei-zerischem Recht selbst dann, wenn mit der Konzessionserneu-erung keine Ausbauvorhaben vorgesehen sind. (KW Eglisau)

Foto: NOK

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23Grundsätze

3.1.3 In welchen Bereichen und für wen gilt die Pflicht zuWiederherstellung und Ersatz? (sachlicher Anwen-dungsbereich)

Die Pflicht, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen vorzuneh-men, ist allgemeinverbindlich und gilt demnach für alle Verursacher.Eine wichtige Aufgabe wahrzunehmen haben die Entscheidbe-hörden auf allen Stufen von Bund, Kantonen und Gemeinden, aberauch Körperschaften mit übertragenen hoheitlichen Befugnissenwie regionale Institutionen oder Schwellenkorporationen. Vor je-dem Erlass einer Bewilligung haben sie zu prüfen, ob ein technischerEingriff im Sinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG vorliegt, der allenfallsSchutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen erforderlichmachen könnte. Die Pflicht zu Wiederherstellung und Ersatz ist auchbei Genehmigungen im Rahmen von Richt- und Nutzungsplänenstufengerecht zu beachten (z.B. in der Richtplanung bei Vororien-tierung, Zwischenergebnis, Festsetzung). Dies gilt insbesonderedort, wo die Behörden Eingriffe in besonders schutzwürdigen Le-bensräumen regeln oder auslösen, auch wenn die Tätigkeiten ansich keiner Bewilligung oder Konzession bedürfen (z.B. Zonen fürGolfplätze, Skipisten etc).

Bei der Zerstörung besonders schutzwürdiger Lebensräume im Rah-men strafrechtlich relevanter Tatbestände kann ebenfalls von einerWiederherstellungs- und Ersatzpflicht ausgegangen werden. Das-selbe gilt für verwaltungsrechtliche Massnahmen (z.B. Verbote,Wiederherstellungsverfügungen, gestaltende Anordnungen etc.).Die Pflicht für Wiederherstellung und Ersatz gemäss Art. 18 Abs. 1ter

NHG gilt hingegen nicht für ökologische Beeinträchtigungen alsFolge von Aktivitäten und Nutzungen, die weder durch Bewilligun-gen (i.S. von Art. 2 Bst. b NHG) noch durch raumplanerische Instru-mente erfasst werden (z.B. landwirtschaftliche Nutzung oder Wald-bewirtschaftung). Ökologische Nachteile und Schäden dieser Arthaben die Kantone in intensiv genutzten Gebieten durch den ökolo-gischen Ausgleich zu beheben (Art. 18b Abs. 2 NHG, vgl. Abschnitte3.1.1 und 4.2). Die Kantone sind auch verpflichtet, bestehende Schä-den an schutzwürdigen Lebensräumen zu beheben und ausreichen-de Pufferzonen auszuscheiden (Art. 14 Abs. 2 Bst. c und d NHV).

Gemäss Art. 18 Abs. 1 Bst. g des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1986über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel(JSG) dürfen Hecken nicht ohne kantonale Bewilligung entfernt wer-den. Damit kann sich ein Widerspruch zur Öko-Qualitätsverordnung(ÖQV) ergeben, mit welcher Qualitätsverbesserungen im Bereich desökologischen Ausgleichs im Sinne des Landwirtschaftsrechts auf frei-williger Basis mittels Anreizen gefördert werden. Für Hecken, die aufGrund der ÖQV neu angepflanzt werden, können die Kantone eineBerechtigungsregel zu deren Entfernung nach Ablauf der Ver-pflichtungsdauer (mindestens 6 Jahre) vorsehen (Kreisschreiben BLW/BUWAL5, Zf. 7). Dabei müssen aber die übrigen gesetzlichen Vor-schriften eingehalten werden (Art. 6 Abs. 2 ÖQV). Dies bedeutet, dassdie Beseitigung einer Hecke nach Ablauf der Verpflichtungsdauergemäss ÖQV dann ersatzpflichtig ist, wenn ihrer Pflanzung nicht nurdie ÖQV zugrunde liegt bzw. wenn die Hecke bereits vorher existiert hat.

3.1.4 Was muss abgeklärt werden?

Umfang und Intensität eines Eingriffs sowie der erwartete ökologi-sche Wert im Untersuchungsperimeter bestimmen die Bearbeitungs-tiefe. Dabei muss der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtetwerden. Ist bekannt, dass in einem Gebiet keine gefährdeten undseltenen Arten vorkommen, genügt ein einfacher Überblick überdie betroffenen Lebensraumtypen und ihre Bedeutung im räumli-chen Umfeld. Eine grössere Bearbeitungstiefe ist in der Regel erfor-

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Die Firma USM benötigte an ihrem Standort in Münsingen (BE)mehr Platz. Zu diesem Zweck plante sie einen Erweiterungsbau.Um diesen bewilligen zu können, war jedoch eine Umzonungim Rahmen einer kommunalen Nutzungsplanung notwendig.Unter dem Firmenareal und der angrenzenden Landwirtschafts-fläche floss eingedolt der Utteloobach. Die geplante Erweite-rung verunmöglichte endgültig, den Bach an Ort und Stelle zurevitalisieren bzw. offen zu legen, wie dies das Gewässer-schutzrecht verlangt. Im Sinne einer Ersatzmassnahme wurdeder Bach offen um das Areal herumgeführt. Dazu wurde eineParzelle von acht Meter Breite ausgeschieden und von derGemeinde erworben.

Plan: Bauverwaltung Münsingen/H. Saxer

Das Beispiel zeigt, wie durch eine gute ErsatzmassnahmeSynergien entstehen und genutzt werden können; hier zwi-schen Ersatz nach Naturschutz-, Fischerei- und Gewässer-schutzgesetz, ökologischem Ausgleich im intensiv genutztenRaum sowie Landwirtschaftsrecht. Mit dieser Lösung wurdendie Bedingungen für die landwirtschaftliche Bewirtschaftungdank neuen Bewirtschaftungswegen verbessert, die wirt-schaftlichen Bedürfnisse der betroffenen Firma aber ebensoabgedeckt wie die Interessen der Standortgemeinde am Erhaltdes Betriebes als Steuerzahler und Arbeitgeber.Die Firma USM wurde für das Projekt durch die Stiftung «Naturund Wirtschaft» ausgezeichnet!

Foto: Andreas Stalder

alte Eindolung

Industriezone:

Erweiterung/Baugesuch

bestehend

Neue landwirtschaftlicheGüterwege

Idee für die Zukunft:Verbindung zur Vorflutschaffen (Giesse, Aare)

RenaturierterUtteloobach

Landwirtschaftszone

Grundsätze

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derlich, wenn ein tatsächlich schutzwürdiger Lebensraum tangiertbzw. seltene oder gefährdete Arten (gemäss Roten Listen) betroffenoder vermutet werden.

Ist bei einem Projekt absehbar, dass besonders schutzwürdige Le-bensräume in relevanter Weise beeinträchtigt werden und nachBauabschluss keine vollständige Wiederherstellung des zerstörtenLebensraumes an Ort und Stelle möglich sein wird, müssen in einemweiteren Bearbeitungsschritt Art und Umfang des Ersatzes be-stimmt werden. Die blosse Auflistung seltener Arten in einer Arten-liste genügt in diesem Fall nicht. Vielmehr sind die entsprechendenLebensräume, die durch das Projekt gefährdet sind, räumlich genauzu lokalisieren und deren Funktionen zu ermitteln. Nur so sinddifferenzierte, wirksame und damit auch angemessene Massnahmenmöglich.

Die Vorkommen vieler Arten sind kaum bekannt oder nur schwererfassbar. Daher sind insbesondere die schutzwürdigen Lebensräu-me nach der Methode der Lebensraumtypologie11 zu erfassen. ImHinblick auf mögliche Ersatzmassnahmen ist auch denjenigen Stand-orten und Räumen Beachtung zu schenken, die in ihrem aktuellenZustand keinen besonderen ökologischen Wert aufweisen, jedochüber ein besonderes ökologisches Aufwertungspotenzial verfügen.In besonderem Masse gilt dies für eingedolte Fliessgewässer, aberauch generell für alle potenziellen Vernetzungsstrukturen und Räu-me in Wildtierkorridoren. Deren Lage und Grösse müssen in einemmöglichst frühen Projektstadium erfasst werden.Viele Lebensräume wie Quellbiotope, alpine Rasen, Felsfluren oderautochthone Waldstandorte, die bis heute von der gestaltendenTätigkeit des Menschen verschont blieben, sind nicht vollständigwiederherstellbar. Sie enthalten zudem oft unerforschte oder wenigbekannte Arten, insbesondere Wirbellose. Derartige Lebensräumeerfordern eine Abklärung durch entsprechende Spezialisten.

Angaben zu Artenvorkommen finden sich in den beiden gesamt-schweizerischen Datenbanken für Fauna und Flora: Dem Schweize-rischen Zentrum für die kartographische Erfassung der Fauna(SZKF), 2000 Neuenburg, und dem Zentrum des Datenverbund-netzes der Schweizer Flora (ZDSF), 3013 Bern/1292 Chambésy/GE.Sehr erwünscht ist es, wenn Daten aus Projekterhebungen in dieseDatenbanken transferiert werden. Damit können zukünftige wis-senschaftliche Arbeiten und Projekte wesentlich erleichtert werden.Hinweise zu den Mindestanforderungen bei Grundlagenerhebungensind enthalten in «Innovative Wege für Natur und Landschaft, Mo-dul 18»10.Die meisten technischen Projekte sind mit Eingriffen in den Lebens-raum Boden verbunden. Deshalb muss gegebenenfalls vorgängig dieQualität des betroffenen Bodens ermittelt werden (vgl. Kap. 3.2.6).

3.1.5 Bewertungskriterien für den Ausgangs- und Endzustand

3.1.5.1 AllgemeinesDie Bewertung der von einem Eingriff betroffenen Lebensräumebildet die Grundlage für die Beurteilung, ob und in welchem UmfangWiederherstellungs- bzw. Ersatzmassnahmen erforderlich sind. Ent-scheidend für die Biotopbezeichnung sind die Kriterien nach Art. 14Abs. 3 und 6 NHV. Die Entscheidbehörde berücksichtigt diese Bewer-tung bei der Interessenabwägung. Die Behörde entscheidet, ob undwieweit die vorgeschlagenen Massnahmen den Ergebnissen der Be-wertung entsprechen. Massgebend sind dabei der aktuelle Wert ei-nes Lebensraumes sowie seine Funktion für den Naturhaushalt.

Unerheblich ist dagegen die raumplanerische Zuordnung einesschutzwürdigen Lebensraumes. Eine Magerwiese kann beispielswei-

Grundsätze

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se auch in einer Industriezone liegen. Falls nicht bereits bei derGenehmigung des Zonenplans Ersatz geschaffen wurde, wird dieserspätestens bei der Projektrealisierung fällig. Weitere raumplane-rische Aspekte werden in Kapitel 6 diskutiert.

Es bestehen zahlreiche methodische Ansätze und Modelle, mit denensowohl die Qualität der zu untersuchenden Lebensräume als auchjene der vorgesehenen Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmenquantitativ und qualitativ bewertet und verglichen werden können.Den verschiedenen Methoden bzw. Arbeitsansätzen liegen unter-schiedliche Bewertungskriterien zu Grunde, welche je nach Autoren-schaft unterschiedlich gewichtet und verrechnet werden (Addition,Multiplikation oder Kombination beider Rechnungsarten). Im An-hang werden drei Bewertungsmethoden bzw. -ansätze vorgestellt. Esexistiert jedoch keine einheitliche oder standardisierte Bewertungs-methode, die in allen Fällen und unter allen konkret vorkommendenRahmenbedingungen angewendet werden könnte. Eine derartigeStandardmethode würde wohl auch kaum Sinn machen, könnendoch Auswahl und Gewichtung der Qualitäts- und Bewertungs-kriterien unterschiedlich ausfallen, je nach verfolgtem Ziel und jenach Lage in der jeweiligen biogeographischen Grossregion.

Weitere Bewertungsmethoden basieren auf monetären Ansätzen.Dazu existieren derzeit mehrere Modelle, auf die hier hingewiesenwird, die aber nicht vertieft behandelt werden können. Alle dieseModelle gehen entweder von der volkswirtschaftlichen Leistungeines Biotops, seinen Erstellungskosten oder von der Landschafts-wahrnehmung durch die Bevölkerung, oft in Verbindung mit ihrerZahlungsbereitschaft für den Erhalt der betroffenen Lebensräume,aus. Monetäre Bewertungsmethoden sind wertvoll, wenn es darumgeht, mit Personen, die die Landschaft nutzen, bewirtschaften oderProjekte verfassen, eine gemeinsame Sprache zu finden. Dadurchkann überhaupt erst eine grundsätzliche Problemakzeptanz erreichtwerden. Ethische oder emotionale Werte können damit jedoch nichtoder nur annäherungsweise erfasst, sozusagen simuliert, werden.Speziell auf der Ertragsseite bleiben die Ergebnisse jedoch von denjeweils herrschenden, zeitgebundenen gesellschaftlichen Wertenabhängig. Die monetären Ansätze dienen häufig auch dazu, dasProblem des fehlenden Marktwertes der öffentlichen Güter «Na-tur», «Artenvielfalt» oder «Landschaft» zu lösen und marktwirt-schaftliche (Selbst-)Regulierungsmechanismen zum Spielen zu brin-gen. Angesichts der Diskrepanz zwischen den zeitlichen Dimensio-nen natürlicher Entwicklungs- und Regenerierungsprozesse einer-seits und dem immer rascheren Wandel gesellschaftlicher Wertvor-stellungen und Normen andererseits dürfen solche Methoden nurmit grosser Vorsicht angewendet werden. Auch die Tatsache, dassviele Eingriffe im Bereich der biologischen und landschaftlichenVielfalt irreversible Folgen haben, setzt Grenzen beim Einsatz ent-sprechender Methoden. Bei der Anwendung ist der Transparenz dergewählten Methode sowie der ihr zu Grunde liegenden Annahmengrösste Beachtung zu schenken.

Auf folgende Ansätze sei hier hingewiesen:– Monetäre Bewertung von Biotopen8.– Kosten und Nutzen von Natur und Landschaftsschutz31

– Externe Kosten des Verkehrs im Bereich Natur und Landschaft61

– Einstellungen der Bevölkerung zu möglichen Landschaftsent-wicklungen in den Alpen29.

Die einzelnen Bewertungskriterien werden im Folgenden grob skiz-ziert. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die betreffendenLebensräume im Sinne von Art. 18 Abs. 1bis NHG «eine ausgleichendeFunktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Vor-aussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen» und somit imSinne von Art. 14 Abs. 3 NHV schutzwürdig sind.

Grundsätze

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Resultat einer Biotopbewertung: Im Rahmen der Gesamtmelio-ration «Ipsach-Port-Aegerten» wurde die aktuelle bzw. zukünf-tige Qualität der Lebensräume vor und nach der Gesamtmelio-ration bewertet (vgl. Bewertungsmethode «Mittelland», An-hang 4.3).Das Resultat wurde auf zwei «Ökokarten» dargestellt. DieFarben geben die Lebensraumtypen (inkl. ökologischer Aus-gleichsflächen) wieder. Die Intensität der Grautöne bildet denökologischen Wert der landwirtschaftlich genutzten Fläche inAbhängigkeit von den Distanzen zu den ökologischen Tritt-steinen ab: je dunkler die Fläche, desto besser die Bewertung;hellgrau stellt ökologische Defiziträume dar.

Im Vergleich der beiden Pläne wird der Einfluss der Aufwer-tungsmassnahmen deutlich: Mit der Ausdolung eines Bachesund der Schaffung eines durchgehenden Uferbereichs (in derPlanmitte, vgl. auch Fotos) konnten die Vernetzung erheblichverbessert und der Raum mit ökologischem Defizit wesentlichverkleinert werden.

Foto oben: Ausgangszustand vor Ausdolung 1997Foto unten: Endzustand nach Ausdolung 2001. Gesamtmeliora-tion Ipsach-Port-Aegerten, Blickrichtung Nidau-Büren-Kanal

Fotos: Andreas Stalder

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3.1.5.2 Die Grösse eines LebensraumesAls wichtigste Massnahme gegen das Aussterben einheimischerTier- und Pflanzenarten nennt Art. 18 Abs. 1ter NHG «die Erhaltunggenügend grosser Lebensräume». Der Wert eines Lebensraumesnimmt mit zunehmender Grösse grundsätzlich zu. Das Verhältniszwischen Grösse und Wert ist dabei nicht linear, sondern sigmoid,d.h. unterhalb einer bestimmten artspezifischen Minimalgrössekann die betreffende Art in diesem Lebensraum nicht mehr existie-ren. Naturnahe Flächen können grundsätzlich auch in einer natur-fernen Umgebung eine hohe Artenvielfalt und damit einen hohenökologischen Wert aufweisen. Wird ein solcher Lebensraum jedochunter die Minimalgrösse der Art verkleinert, so stirbt die darinlebende Population aus. Die minimale Populationsdichte, welchefür die Erhaltung der genetischen Vielfalt notwendig ist, oder dieToleranz gegenüber Verlusten durch klimatische Einflüsse, durchmangelndes Futterangebot etc. sind nicht mehr gewährleistet. DieGrösse des Minimalareals ist artspezifisch. Es ist jedoch oft nichtmöglich, für einzelne Arten die minimale Grösse anzugeben.

Extrem kleinflächige und punktuell angeordnete Lebensräume, z.B.wenige Quadratmeter grosse Tümpel, Asthaufen, Trockenmauernoder Steinhaufen, machen oft nur in einem privaten NaturgartenSinn. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn ihre Einbindung alsTrittsteine in ein übergeordnetes Netz fehlt oder dessen Maschen-weite (Distanzen) zu gross ist. Als Ersatzmassnahmen im Wald oderder offenen Landschaft entfalten solche kleinflächigen Elementejedoch kaum die erwünschte langfristige Wirkung. Ihr Fortbestandüber mehrere Jahre oder Jahrzehnte kann zudem oft nur mit einemKontroll- und Pflegeaufwand gewährleistet werden, der in keinemsinnvollen Verhältnis zum relativ geringen ökologischen Nutzensteht.

3.1.5.3 Die Form eines LebensraumsJe nach Funktion des Lebensraumes kann seine Form eine grosseRolle spielen. Langgezogene Flächen wie Bahnböschungen könnenzwar wichtige Korridorfunktionen für die Ausbreitung von Tier- undPflanzenarten übernehmen. Wegen der langen Grenzlinie sind siejedoch vermehrt den negativen Einflüssen der Umgebung ausge-setzt (z.B. Bahnbetrieb, intensive Landwirtschaft). Viele Arten kön-nen dort deshalb auf Dauer nicht überleben. Abgerundete Lebens-räume mit kurzen Grenzlinien sind weniger störungsanfällig unddamit als «Schwerpunktlebensräume» sehr geeignet. Andererseitswirken sie weniger vernetzend. Damit erhöht sich wiederum derBedarf nach Vernetzungsstrukturen, die jedoch auch geringerenQualitätsansprüchen genügen können.

3.1.5.4 Die natürliche Dynamik eines LebensraumesIn der intensiv genutzten Kulturlandschaft mit sich oft über-lagernden Nutzungsfunktionen besteht ein massives Defizit an Flä-chen mit freier Naturentwicklung. Mit jedem zusätzlichen Eingriffwird der Grad menschlicher Beeinflussung der Landschaft erhöht. DiePlanungsvariante «Nichts tun und wachsen lassen» wird häufig nichtverfolgt. Dies hängt nicht zuletzt mit der Abhängigkeit des Planungs-honorars von den Projektkosten zusammen. Eine Untersuchung von18 neueren Meliorationsvorhaben in der Schweiz zeigte: «Wildnis-flächen», die keiner Pflege bedürfen, haben einen Anteil an dennaturnahen Flächen von weniger als einem Prozent23. Wiederherge-stellte oder neu geschaffene Lebensräume, in denen eine natürlicheEntwicklung weitgehend ungestört von menschlichen Eingriffen er-folgt, könnten aber die vom Gesetzgeber geforderte «ausgleichendeFunktion im Naturhaushalt» besonders wirksam erfüllen (vgl. Kap.3.2.5., Kap. 7).

Spezielle Beachtung verdienen dabei dynamische Faktoren, die auseinem periodisch wiederkehrenden Ereignis wie Lawinenniedergang,

Ein sehr kleines Biotop kann im eigenen Gar-ten, in einem Park oder im Siedlungsraum alsAnschauungsobjekt durchaus sinnvoll sein.Als Ersatzmassnahme kann es die erwünsch-ten Funktionen als Lebensraum aber oft nurungenügend erfüllen.Der kleine Weiher im Bild ist rasch einge-wachsen. Bei derart kleinen Flächen existie-ren kaum wirksame Instrumente, mit denendie langfristige Pflege mit verhältnismässigemAufwand rechtswirksam sichergestellt wer-den könnte.Foto: Peter Lüthi, Ostermundigen

Die Verordnung über den Wasserbau (Art. 21WBV) formuliert für den Lebensraum Fliess-gewässer Mindestanforderungen in Bezugauf den Raumbedarf. Diese wurden im Rah-men von Vollzugshilfen konkretisiert. Bei-spielsweise benötigt ein Bach mit einem Bettvon bis zu 2 Metern Breite beidseitig einenUferbereich von rund 5 Metern. Insgesamtergibt sich damit ein minimaler Raumbedarfvon rund 12 Metern. In Gebieten mit erhöhterSchutzwürdigkeit ist hingegen ein erweiter-ter Raumbedarf anzustreben.Foto: Markus Thommen

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Mit periodischen Spülungen des Stauraumeskann ein Teil der verlorenen natürlichen Fluss-dynamik unterhalb von Stauseen simuliertwerden.Foto: Bruno Kägi

Moorlandschaft RothenthurmFoto: ökonsult

Steinschlag oder Überflutung mit seinen dynamischen Folgeprozessenbestehen. Viele Arten, für deren Erhaltung die Schweiz eine beson-dere Verantwortung trägt, leben in solchen Lebensräumen mit frei-er Naturentwicklung.

Naturgemäss können derartige Lebensräume nicht oder nur mit ho-hem technischen Aufwand künstlich simuliert werden. Zudem fehltes oft am Verständnis für entsprechende künstliche Schadenereig-nisse. Die Fläche, auf der eine Ersatzmassnahme mit einem derartgeprägten Lebensraum (insbesondere Pionier- und Ruderalflächen)vorgesehen wird, muss deshalb aufgrund der naturräumlichen Aus-gangslage dafür auch wirklich geeignet sein. Zudem dürfen keineeinschränkenden Rahmenbedingungen bestehen wie hohes Scha-denpotenzial, welches im Gegenzug Schutzmassnahmen (Verbau-ungen) erfordern würde. Lebensraumtypen dieser Art haben im übri-gen den Vorteil, weitgehend unterhaltsfrei zu sein (vgl. Kap. 3.2.5).

3.1.5.5 Die Unversehrtheit eines LebensraumesJe störungsfreier ein Lebensraum ist, desto grösser ist sein ökologi-scher Wert. Für natürliche Lebensräume bedeutet grundsätzlich je-der menschliche Einfluss (z.B. landwirtschaftliche Nutzung, Erho-lung, Lärm) eine Störung. Demgegenüber sind unterhaltsbedürftigeLebensräume für ihre Erhaltung auf menschliche Eingriffe (z.B. Mahd)angewiesen. Bei ihnen sind nur jene Eingriffe als Störungen zubezeichnen, die nicht für die Erhaltung des Lebensraumes notwen-dig sind (Düngung, Lärm, Tritt, Einbringen standortsfremder Arten).

3.1.5.6 Der Grad der Vernetzung und die UmgebungsqualitätEin bestehender Lebensraum ist dann gut vernetzt (Art. 14 Abs. 6Bst. c NHV), wenn er sich in ausreichender Nähe zu anderen Lebens-räumen desselben Typs befindet, so dass ein für die Arterhaltungausreichender Genaustausch stattfindet und Mobilitätsansprüche(z.B. Nahrungssuche) anspruchsvoller Arten erfüllt werden können.Ist ein Lebensraum isoliert, kann kein solcher Genaustausch stattfin-den. Seine Populationen können langfristig erlöschen, beispielswei-se beim Eintreten ungünstiger Rahmenbedingungen. Diese Gefahrwächst, je kleiner der isolierte Lebensraum ist und je weniger mobildie betroffenen Arten sind. Eingriffe in einen isolierten Lebensraumbedrohter Pflanzenarten oder wenig mobiler Insekten wiegen dem-nach schwerer als Eingriffe in einen gut vernetzten Lebensraummobiler Wildtierarten, denen das vorübergehende Ausweichen vordem Eingriff möglich ist. Eine besondere Situation besteht dann,wenn ein Lebensraum Teil eines Verbreitungs- oder Wanderkorri-dors ist: Im Fall eines Eingriffs kommt dem Ersatz dieser Funktionbesondere Bedeutung zu, weil damit nicht nur die lokal oder regio-nal direkt betroffene Population beeinträchtigt wird. Ersatzlebens-räume müssen mit bereits bestehenden funktionsfähigen Lebens-räumen desselben Typs vernetzt sein. Nur so können sie innertnützlicher Frist ihre ausgleichende Funktion im Naturhaushalt über-nehmen. Ansonsten kann die erwünschte spontane Besiedlungnicht erfolgen. Ist mangels Vernetzung eine Besiedlung innert nütz-licher Frist nicht möglich, sind besondere Massnahmen wie Soden-verpflanzung, Heublumensaat etc. erforderlich.

3.1.5.7 Die Wiederherstellbarkeit und das Alter desLebensraumesDie Reifung eines Lebensraumes lässt sich kaum vom Menschenbeschleunigen. Deshalb ist ein Lebensraum umso schwerer wieder-herstellbar oder ersetzbar, je älter er ist. Aus demselben Grund stösstdie künstliche Steuerung der Entwicklung oft an Grenzen. Diesesind durch das Standortpotenzial gegeben: Je nach Bodentyp kannbeispielsweise das Ausmagern einer überdüngten Wiese Jahrzehntedauern. Auf einem nordexponierten Hang wird die Herstellungeines Magerstandorts – falls überhaupt möglich – schwieriger seinals auf einem südexponierten Hang.

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Lebensräume wie Hochmoore, alte Laubwälder, Bergwälder, Karst-und Tuff-Formationen gelten aufgrund ihrer extrem langen Ent-wicklungszeit gar als unersetzbar. Eingriffe in derartige Lebensräu-me sind faktisch irreversibel. Auf sie sollte deshalb grundsätzlichverzichtet werden. Sehr viele – gerade aus diesem Grund – seltengewordene Pflanzen- und Tierarten sind zwingend auf diese «al-ten» Lebensräume angewiesen. Entsprechend ist ihr ökologischerWert besonders hoch einzustufen.

Die teilweise vorhandene Praxis, bei den auf Dauer ausgelegtenErsatzmassnahmen Biotoptypen zu bevorzugen, die einen ausge-prägt temporären Charakter aufweisen (z.B. Buntbrache), ist ökolo-gisch nicht sinnvoll. Dies geschieht leider häufig, um zu vermeiden,dass später eine formelle Unterschutzstellung und damit, insbeson-dere im Landwirtschaftsbereich, eine langfristige Bindung erfolgt.Demgegenüber bringen diese «kurzlebigen» Biotoptypen den Ge-danken der Freiwilligkeit und Reversibilität zum Ausdruck, der demökologischen Ausgleich im Sinne des Landwirtschaftsrechts eigenist.

3.1.5.8 Die Artenvielfalt eines LebensraumsOft gilt: Je höher die Artenzahl, desto wertvoller der Lebensraum.Allerdings ist die Anzahl der Arten, die in einem Lebensraum leben,nicht zwingend ein Indiz für seinen ökologischen Wert. Deshalbdarf nie pauschal mit der absoluten Artenzahl oder der Artenvielfaltargumentiert werden. Die entscheidende Rolle spielt der Lebens-raumtyp: Häufige, nicht bedrohte Arten kommen zwar oft in arten-armen Lebensräumen vor; seltene, bedrohte Arten oft in artenrei-chen. Einige Biotoptype mit besonders seltenen Arten, z.B. Schilf-röhricht, Hochmoor oder Buchenwald auf saurem Boden, sind je-doch sehr artenarm. Bei einer Beeinträchtigung wie Schüttung,Düngung, Pflanzung standortfremder Baumarten etc. kann ihreArtenzahl zunehmen. Die dabei eindringenden Arten sind abermeist konkurrenzstark und von keiner naturschützerischen Bedeu-tung. Sie verdrängen die typischen Bewohner des ursprünglichenLebensraumes. Bei anderen Biotoptypen, wie etwa den Trocken-wiesen, ist die Artenvielfalt allerdings ein wichtiges Bewertungs-kriterium.

3.1.5.9 Vorkommen geschützter, gefährdeter oder seltenerArtenGrundsätzlich gilt: Je seltener die Arten (vgl. Art. 14 Abs. 6 Bst. aNHV), desto wertvoller der Lebensraum. Dabei ist jedoch dieReferenzgrösse von zentraler Bedeutung: Weltweit oder europäischbedrohte Arten, für deren Erhalt die Schweiz eine besondere Ver-antwortung trägt, geniessen allerhöchste Priorität. Ihr Verschwin-den stellt einen irreversiblen Verlust dar. Die Lebensräume dieserArten befinden sich oft in Gebieten, die vom Menschen bis heutekaum umgestaltet worden sind (z.B. alpine Rasen, Quellbiotope,Felsfluren, autochthone Waldstandorte). Mangels ausreichenderKenntnisse oder verfügbarer Spezialisten kann ein solches Vorkom-men seltener Arten, beispielsweise wirbelloser Tiere, oft nur vermu-tet werden. Demgegenüber besitzen Lebensräume von Arten, de-ren Vorkommen lediglich lokal bedroht ist, lediglich tiefe Priorität.Zu beachten ist, dass die Entwicklung der verschiedenen Kulturland-schaften zu allen Zeiten gewisse massvolle Verschiebungen imArtenspektrum mit sich gebracht hat.

Grundsätze

Unersetzbar: Tuff-Formation im Klöntal/GL ...Foto: Bruno Kägi

... und Felsflur im Bündner RheintalFoto: Markus Thommen

Die Familie Gelyellidae ist auf der ganzenWelt nur mit zwei Arten vertreten. Die Ver-breitung der Art Gelyella monardi ist auf einKarstgebiet im Neuenburger Jura beschränktund stellt nach heutigem Wissen möglicher-weise die international schutzwürdigste Tier-art der Schweiz dar. Durch eine Beeinträchti-gung des Wasserhaushaltes im betreffendenGebiet würde die Population gefährdet.Zeichnung: Cédric Marendaz nach Moeschler undRouch 1988. Copyright Muséum d’histoire natu-relle de Genève.

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Die «Grenchner Witi» wurde als bedeutender Rastplatz fürziehende Watvögel ins Bundesinventar der Wasser- und Zug-vogelreservate von nationaler Bedeutung aufgenommen. Dadiese Landschaft für die Zugvögel offen gehalten werdenmuss, wird die Autobahn die «Grenchner Witi» zum Teil unter-

irdisch queren. Andernorts erwünschte Strukturelemente wieHecken sind hier als Ersatzmassnahmen fehl am Platz. Sie wür-den den Lebensraum der Watvögel beeinträchtigen.

Foto: Projektleitung N5 Kanton Solothurn

Grundsätze

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3.1.5.10 Die Repräsentativität eines LebensraumesMit der Repräsentativität wird zum Ausdruck gebracht, inwieweitder fragliche Lebensraumtyp für die betreffende Landschaft charak-teristisch und authentisch ist. Um repräsentativ zu sein, kann derentsprechende Typ sowohl selten als auch gehäuft vorkommen.Werden beispielsweise ein stehendes Kleingewässer und eine Heckeim Einzelfall als ökologisch gleichwertig eingestuft, so ist die Heckein einer typischen Heckenlandschaft zu bevorzugen. Andererseitssollten in einer Landschaft, die naturräumlich bedingt oder auf-grund ihrer kulturlandschaftlichen Nutzung nie Hecken kannte,andere Lebensraumtypen als Hecken berücksichtigt werden. Da-durch wird nicht nur der ökologischen Funktion, sondern auch derEntwicklungsgeschichte einer Kulturlandschaft und ihrer Ablesbar-keit Rechnung getragen. Ihr Charakter kann dadurch erhalten odergar gestärkt werden.

Ebenso macht es wenig Sinn, einen Lebensraum zwingend in dergleichen Art zu ersetzen, wenn dieser aufgrund des eingetretenenKulturlandschaftswandels nur noch schlecht in die Gegend passt. Beieiner Ersatzmassnahme wiederum ist darauf zu achten, dass sie inden vorhandenen Lebensraumkontext passt und die Entwicklungs-geschichte und Lesbarkeit der Kulturlandschaft berücksichtigt. Ge-wisse Biotoptypen wie Folienweiher oder Steinbiotope wirken oftals isolierte Fremdkörper und stellen Modeerscheinungen dar. Sietragen oft nur wenig zu einem wirksamen Arten- und Lebensraum-schutz bei.

Wertvolle Hinweise hinsichtlich der Repräsentativität können regio-nale Landschaftsentwicklungskonzepte liefern. Sie helfen auch beider Priorisierung (siehe auch «Lebensräume der Schweiz»11, oder«Atlas schutzwürdiger Vegetationstypen der Schweiz»25).

Bei bestehenden Fliessgewässern und speziell bei solchen, die aus-gedolt oder revitalisiert werden können, ist in jedem Fall von einemhohen Repräsentativitätswert auszugehen. Entsprechende Gewäs-ser sind seit jeher natürlicher Bestandteil der betreffenden Land-schaft und stellen in Bezug auf die Vernetzung deren natürlichesRückgrat dar.

3.1.5.11 Die Seltenheit und Gefährdung des LebensraumesDie regionale oder lokale Seltenheit eines Biotops allein reichtnicht aus für die Beurteilung, ob es im Landschaftshaushalt eineausgleichende Funktion ausübt oder besonders günstige Voraus-setzungen für Lebensgemeinschaften aufweist. Trotzdem wird dieSeltenheit auf regionaler oder lokaler Ebene bisweilen als Kriteri-um verwendet; oft an Stelle anderer Kriterien, insbesondere derRepräsentativität. Damit besteht die Gefahr einer unerwünschtenVereinheitlichung der verschiedenen Landschaften der Schweiz:Würde jede Landschaft gleichmässig mit jedem Biotoptyp ausge-stattet, so verlöre sie ihren individuellen Charakter. Auch häufigeLebensräume können aufgrund anderer Bewertungskriterien (z.B.seltene Arten, natürliche Dynamik, Unversehrtheit, Wiederher-stellbarkeit) durchaus als sehr wertvoll eingestuft werden. Insbe-sondere alpine Lebensräume oberhalb der Waldgrenze könnendeshalb einen hohen Schutzwert aufweisen, auch wenn sie lokaloder regional häufig vorkommen.

3.1.5.12 Weitere Aspekte der BewertungEs ist offensichtlich, dass sich die genannten Bewertungskriteriengegenseitig beeinflussen können und zudem kaum messbar sind.Bewertungsformeln können deshalb lediglich Arbeitshilfen darstel-len. Sie dürfen nie pauschalisiert werden und ihre Aussagekraft darfnicht überbewertet werden. Offen bleibt die Frage, inwieweit dieaus Sicht des Menschen betrachtete Wohlfahrts- und Erholungs-funktion eines Lebensraumes gleichzeitig mit den genannten Krite-

Grundsätze

Ein Weiher im Agglomerationsgebiet: isoliertund auf allen Seiten von Asphalt umgeben,haben solche Massnahmen nur beschränktenökologischen Wert.Foto: Bruno Kägi

Die Bekassine bevorzugt offene, staunasseFlächen in der gehölzarmen Grenchner Witi.Foto: Philippe Emery, Yverdon

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33Grundsätze

Umbau Bahnknoten Zürich: Beim Ausbau des Bahnhofs Zürichwar es unumgänglich, schutzwürdige Lebensräume zu zerstö-ren. Aufgrund ökologischer Kriterien wurde in einem Aus-gleichsmodell (vgl. Kap. 3.2.3) festgehalten, welche Strukturenund Lebensräume in welcher Weise ersetzt werden können.Gefördert werden sollen Lebensräume, die für ein Bahnarealtypisch sind: niedere Hecken, bewachsene Ruderalflächen,Magerwiesen und offene, locker bewachsene Schotterflächen.Auf Ersatzlebensräume wie Hochhecken und Fettwiesen, diefür Bahnareale untypisch sind, wurde bewusst verzichtet.

Oben: Die Ruderalflächen zwischen den extensiv genutztenGeleisen beherbergen zahlreiche Tierarten der Roten Listen.

Unten: Lehmwand zwischen Steinkörben: Nisthilfe für Wild-bienen und Schlupflöcher für Eidechsen.

Fotos: Regula Müller, topos

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34 Grundsätze

rien, insbesondere der Grösse, Form, natürlichen Dynamik und Un-versehrtheit berücksichtigt werden darf. Im Rahmen der Projektie-rung, Landschaftsbewertung und Interessenabwägung ist diesemKonflikt zumindest dort Rechnung zu tragen, wo die Wohlfahrts-und Erholungsfunktion durch ein Projekt stark beeinträchtigt wür-de, oder die Erholungsnutzung den Druck auf einen Lebensraumweiter verstärkt. Letzteres kann beispielsweise bei Erschliessungs-vorhaben in attraktiven Landschaften der Fall sein.

Schliesslich gilt es zu beachten, dass moderner Naturschutz – ausserin speziellen Fällen – der Landschaft keine Käseglocke überstülpenwill, die den Menschen das Naturerlebnis verwehrt. WirkungsvollerSchutz ist ohne Akzeptanz der Bevölkerung längerfristig nicht denk-bar. Im Vordergrund stehen daher flankierende Massnahmen, wel-che Besucherinnen und Besucher informieren bzw. sensibilisierenund die Besucherströme lenken.

Analog zu den Bewertungskriterien für Lebensräume bestehenauch solche für ganze Landschaften. Hinweise zu derartigen Kriteri-en und das entsprechende Vorgehen finden sich in der entsprechen-den Checkliste des Kantons Aargau45 und dem BUWAL-Leitfaden«Landschaftsästhetik»22 .

3.1.5.13 Auswahl der zu untersuchenden Tier- undPflanzenartenIn der Schweiz leben rund 3000 Pflanzenarten und über 40 000Tierarten. Werden die Auswirkungen eines Projekts auf den Natur-haushalt ermittelt, so ist es in der Praxis unmöglich, alle Tierarten zuerheben bzw. zu untersuchen, die im Perimeter vorkommen undderen Lebensräume vom Vorhaben beeinträchtigt werden könnten.

Selbst bei unverhältnismässig grossem Erhebungsaufwand bliebeunsicher, ob nicht doch seltene oder bedrohte Tierarten vom Vorhabenbetroffen werden könnten. Es ist daher eine sinnvolle und begrün-dete Auswahl zu treffen aufgrund der Charakter- und andererKennarten der schutzwürdigen Lebensraumtypen (Anhang 1 NHV),der geschützten Tier- und Pflanzenarten (Anhang 2 bis 4 NHV) sowieder Arten der Roten Listen. Diese Arten stellen Bioindikatoren dar,die spezifische Veränderungen innerhalb der Biotoptypen aufzei-gen können20. Besonders aussagekräftig sind Tierarten, für die eineoder mehrere der folgenden Eigenschaften zutreffen:

– Hoher Kenntnisstand bezüglich der Lebensraumansprüche

– Geringe oder aber besonders grosse Mobilität

– Bewohner spezieller, alter LebensräumeBei Lebensräumen, deren ökologische Standortbedingungenüber viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende nahezu unverän-dert geblieben sind, besteht die Möglichkeit, dass darin Artenoder Unterarten leben, die nur dort oder an wenigen anderenOrten vorkommen. Biotope dieser Art erfordern eine vertiefteUntersuchung durch Spezialisten. Dies gilt insbesondere in Be-zug auf die wirbellosen Tierarten.

– Komplexe Lebensraumansprüche

– Starke Habitatbindung

– Besondere Gefährdung durch die Art des EingriffsWenn durch die Art des Eingriffs eine Tierartengruppe besondersbetroffen ist, soll diese Gruppe in die Untersuchung einbezogenwerden.

Die Anzahl der in der Schweiz vorkommen-den Pflanzenarten ist überblickbar. Von be-sonderem Interesse sind die auf besondereStandorte spezialisierten Arten. Der Sonnen-tau ist eine der wenigen fleischfressendenPflanzen in der Schweiz. Der Fang von Insek-ten stellt eine Anpassung an die äusserstnährstoffarmen Bedingungen ihres Lebens-raumes dar. Der Sonnentau kommt nur inHochmooren in Begleitung von Torfmoosenvor.Foto: Markus Thommen

Dynamische Fliessgewässer sind nicht nurwertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere.Mit besonnten Kiesbänken gehören sie in Be-zug auf Naherholung und Naturerlebnis auchzu den attraktivsten Landschaften des Mittel-landes.Foto: Bruno Stephan Walder

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35Grundsätze

Oben: Die Nidwaldner Haarschnecke (Trichia biconia) als Bei-spiel einer empfindlichen, sehr seltenen Art mit geringer Mobi-lität. Diese Schneckenart kommt nur auf einer Alp im KantonNidwalden vor.

Foto: D. Röthlisberger

Unten: Feldhasen haben eine hohe Mobilität: Eine gesundeFeldhasenpopulation benötigt zum langfristigen Überlebenviele Quadratkilometer zusammenhängender Lebensräume,obwohl sich der einzelne Feldhase mit 10 bis 50 Hektarenzufrieden gibt.

Foto: BUWAL, Bereich Wildtiere

Oben: Eine Besonderheit unter den seltenen Tierarten sind jene,die auf ein Mosaik mehrerer Lebensraumtypen angewiesensind. Wird auch nur ein Teilaspekt dieses Mosaiks beeinträchtigtoder zerstört, wird der Population die Lebensgrundlage entzo-gen. Für Amphibien beispielsweise ist das richtige Zusammenwir-ken von Laichgewässer und Landlebensraum überlebenswichtig.

Foto: ökonsult

Unten: Das grosse Mausohr ist eine Tierart mit komplexenLebensraumansprüchen. Damit diese Fledermäuse (über)lebenkönnen, brauchen sie kumulativ:– Wochenstuben: genügend warme und ruhige Räume, in wel-

chen sich die Weibchen versammeln können, um Junge zurWelt zu bringen und aufzuziehen. Bevorzugt werden Dach-stöcke oder Estriche.

– Ein Jagdgebiet: Die Fledermäuse jagen im Tiefflug nachbodenbewohnenden Insekten. Dazu benötigen sie Wäldermit offenen Flächen.

– Winterquartier: Die kalte und nahrungsarme Jahreszeit über-dauern die grossen Mausohren in Höhlen, Stollen und Fels-spalten, aber auch in unbenutzten Kellern oder Bunkern.

Foto: Benoît Magnin

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Bedeutung für die PraxisDie genannten Hinweise behalten ihre Aktualität auch nach derÄnderung von Art. 14 NHV vom 20. Juni 2000. Die Methodik derDefinition basierte bis dahin auf Kennarten. Sie wurde in derGesetzesrevision durch die Lebensraumtypologie ersetzt. Im Sinnevon gesetzlich nicht definierten Indikatorarten soll flankierend aberweiterhin auf Kennarten abgestützt werden können. Auch der Leit-faden «Lebensräume der Schweiz»11 verweist auf Charakterartenfür die Bestimmung der Lebensräume.

3.1.6 Die Auswirkungen des konkreten Vorhabens

Für jedes Projekt sollen ermittelt und dargestellt werden:

– direkte Auswirkungen des Vorhabens:

Dazu gehören die Auswirkungen der Bau- und der Betriebsphaseauf die schutzwürdigen Lebensräume im Perimeter, soweit sieLebensraumzerstörungen oder -zerschneidungen verursachenkönnen.

– allfällige indirekte Projektauswirkungen:

Dies sind beispielsweise bei Strassenprojekten der induzierteMehrverkehr auf dem bestehenden Strassennetz oder die land-und forstwirtschaftliche Intensivierung.

– Folgeprojekte und Synergieeffekte:

Wenn weitere Etappen oder Ausbauoptionen des Vorhabensbekannt oder – etwa aufgrund von Vorstudien, Sach- oder Richt-plänen – zu erwarten sind, oder wenn das Vorhaben Folge-projekte auslösen könnte, soll darauf soweit als möglich hinge-wiesen werden. Damit kann dem Verdacht der «Salamitaktik»entgegengetreten und eine sachgerechte Beurteilung und Pla-nung der ökologischen Folgen bzw. ihrer Behebung durchErsatzmassnahmen sichergestellt werden. Als Beispiele könnenMeliorationen als Folge von Strassen- oder Bahnbauprojekten,die Beschaffung von Realersatz für projektbedingt verlorenge-hende Bauzonen sowie infrastrukturelle oder ökonomischeSynergieeffekte (Spin-offs) mit anderen raumwirksamen Vorha-ben in der Region, welche weitere Vorhaben auslösen, genanntwerden.

Zu beachten ist, dass Folgeprojekte manchmal andere Verfah-rensabläufe aufweisen. Dadurch wechselt unter Umständenauch die Zuständigkeit der Entscheidbehörde. Es ist deshalb si-cherzustellen, dass bei der Erarbeitung und der Bewilligung sol-cher Folgeprojekte die Auflagen des ursprünglichen, auslösen-den Projektes transparent gemacht werden und berücksichtigtwerden können. Die gegenseitige Information in der Projek-tierungsphase und die ausreichende Koordination der Verfahrenhaben dabei zentrale Bedeutung für die Qualität der Entscheideund die gebührende Berücksichtigung der Umweltanliegen.

Grundsätze

Wird ein bestehender Skilift durch eine Ses-selbahn mit Sommerbetrieb ersetzt, wird da-mit eine Geländekammer auch für Gleit-schirmflieger neu erschlossen. Es muss abge-klärt werden, inwieweit diese NutzungEinfluss auf das Verhalten von Grosssäugernhat, die auf überfliegende Objekte besondersempfindlich reagieren.Foto: Reinhard Schnidrig-Petrig

Indirekte Projektauswirkungen: Der Bau neuerSkilifte kann unbeabsichtigt auch bisherunberührte Geländekammern erschliessen,die von den Skipisten direkt gar nicht tangiertwerden. Für das im Winter geschwächte Wildstellen Variantenskifahrer oft einen grossenStörfaktor dar.Foto: Christian Rüsch, Obersaxen

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37Grundsätze

Oben: Synergie-Effekte: Der Hauptentwässerungskanal imGrossen Moos (Kt. Bern) war sanierungsbedürftig. Die Planungder Umfahrungsstrasse T10 «Umfahrung Gals-Gampelen-Ins-Müntschemier» löste in diesem Gebiet eine Güterzusammen-legung aus. Sie bot die Möglichkeit, das nötige Land sicherzu-stellen, um den Kanal zu sanieren und Ersatzmassnahmen zurealisieren. Dazu wurde der ehemalige Altlauf der Aare aufge-wertet.

Foto: ökonsult, Aufnahme 2001, nach dem Bau

Unten: Plan aus: «Sanierung Hauptkanal, Renaturierungen».Informationsbroschüre des Wasser- und Energiewirtschafts-amts des Kantons Bern.Foto: ökonsult, Aufnahme 2000

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38 Grundsätze

Verzicht auf Vorhaben statt Ersatzmassnahmen:Durch dieses Bachtobel in der Nähe von Marbach(Kt. Luzern) war eine Forststrasse geplant. DieNHV nennt Schluchtwälder explizit als beson-ders schutzwürdige Lebensräume (Anhang 1 NHV:Liste der schützenswerten Lebensraumtypen).Aus Gründen des Lebensraum- und Landschafts-schutzes wurde auf die Strasse verzichtet.Foto: Andreas Stalder

3.2 Die Massnahmen

3.2.1 Die Massnahmentypen und ihre Priorisierung («Mass-nahmenkaskade»)

Bei der Entscheidung, ob im konkreten Fall Vermeidung, Schutz,Wiederherstellung oder (angemessener) Ersatz zu leisten ist, ver-langt das Gesetz ein schrittweises Vorgehen.

Im Entscheidprozess müssen alle Interessen nachvollziehbar gewich-tet und gegeneinander abgewogen werden. Der Gesuchsteller istverpflichtet, die dazu notwendigen inhaltlichen Grundlagen zu lie-fern. Wo diese den Sachverhalt nicht genügend transparent darstel-len oder die Argumentation in der Interessenabwägung nicht nach-vollziehbar ist, sind Ergänzungen nachzufordern.

Falls notwendig können Massnahmentypen ergänzend kombiniertwerden. Wesentlich ist, dass die Gesamtbilanz der projektbedingtenBeeinträchtigungen und der getroffenen Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmen in ökologischer Hinsicht ausgeglichen ist. Einesolche zusammenfassende Bilanz ist in jedem Einzelprojekt wichtig,weil angesichts der grossen Ermessensspielräume und Bewertungs-systeme keine allgemeingültige Methode existiert. Werden schutz-würdige Lebensräume beeinträchtigt, ist es auch im Rahmen derInteressenabwägung nicht zulässig, auf die notwendigen Massnah-men nach Art. 18 Abs. 1ter NHG ganz oder teilweise zu verzichten.

Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich eine Entscheidkaskadeähnlich jener in Art. 7 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 überden Wald (WaG, betreffend Rodungsersatz). Die Schwierigkeit, innoch relativ naturnahen Gegenden geeignete Ersatzmassnahmenzu finden, entbindet aber nicht von der Pflicht, angemessene Ersatz-massnahmen zu erbringen. Lösungsansätze könnten in Flächen-oder Massnahmenpools oder – in letzter Konsequenz – im Verzichtauf das Projekt bestehen.

Nach dem Grundsatz «Vorbeugen ist besser als Heilen» gilt: Wennsich eine Möglichkeit für Wiederherstellungs- oder Ersatzmass-nahmen bietet, entbindet dies nicht von der vorrangigen Pflicht,eine Beeinträchtigung zu vermeiden.

Es ergibt sich folgende Priorisierung:

1. Vermeidung der Beeinträchtigung: «Grundsatzentscheid»

In einem ersten Schritt ist grundsätzlich zu entscheiden, ob Be-einträchtigungen von schutzwürdigen Lebensräumen vollstän-dig vermieden werden können. Dies bedeutet den Verzicht aufden Eingriff in der vorgesehenen Art und am vorgesehenen Ort.Um das Vermeidungsgebot sachgerecht zu beachten, ist dieStandortgebundenheit nachzuweisen und ein entsprechendesVariantenstudium erforderlich. Dieses muss mehrere Alternati-ven umfassen, welche ernsthaft in Frage kommen und auchausserhalb von schutzwürdigen Biotopen liegen.

2. Bestmögliche Schonung:

Hat der Grundsatzentscheid (Schritt 1) zur Folge, dass das Vorha-ben in der vorgesehenen Art und am vorgesehenen Ort unddamit unter Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume alsunabdingbar bezeichnet wird, sind in einem nächsten Schritt (2)alle möglichen Schutzmassnahmen zu prüfen. Diese sollen dasZiel haben, die Beeinträchtigungen durch das Vorhaben, seiner

1. Vermeidung der Beeinträchtigung

2. Bestmögliche Schonung

3. Wiederherstellung

4. Angemessener Ersatz

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Schutzmassnahme während der Betriebsphase:Steinblöcke verhindern, dass Unbefugte den nurperiodisch benutzten Maschinenweg mit Mo-torfahrzeugen befahren. Bei den periodischenforstlichen Eingriffen wird ohnehin schweresGerät verwendet, mit welchem die Hindernissevorübergehend entfernt werden können.Foto: Andreas Stalder

Massnahme zum Schutz empfindlicher Flach-moore während der Bauphase: Auf demSchiessplatz Glaubenberg (Kt. Luzern und Ob-walden) wurden 1996/97 automatische Treffer-anzeigeanlagen eingebaut. In Gebiete, inwelche ein Transport mit Fahrzeugen nurdurch empfindliche Flachmoore möglich ge-wesen wäre, wurde das Baumaterial mit Heli-koptern transportiert. In landschaftlich emp-findlichen Gebieten ist der Einsatz von Heli-koptern unter Umständen auch als Ersatz fürStrassenerschliessungen gerechtfertigt.Foto: ökonsult

Erstellung oder seines Betriebes wirksam und auf Dauer zu ver-hindern. Denkbar sind:

– Änderungen des Projektes durch Projektoptimierungen wie Ver-legung, Redimensionierung oder andere technische Gestaltung;

– Änderungen der Ausführung;

– Änderungen des Bauablaufs: beispielsweise durch zeitliche Planungausserhalb von Balz-, Setz-, Brut- oder Laichzeiten, Etappierung,Änderung der Baumethode, der Baustellenerschliessung oder-einrichtung, begleitende Massnahmen wie die Einrichtung tempo-rärer Wanderbiotope, Bauabschrankungen, Umleitungsgewässer;

– Änderungen des späteren Betriebes, Massnahmen zur Reduktionvon indirekten Projektauswirkungen: beispielsweise durch Attrak-tivitätsminderung für Fremdverkehr, Sperrung von Variantenski-Abfahrten, Minderung von Emissionen, die Auswirkungen aufArten und Lebensräume haben.

3. und 4. Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen:

Wenn sich zeigt, dass auch Schutzmassnahmen (Schritt 2) nichtmöglich oder ungenügend sind bzw. die Erhaltung des Lebens-raumes nicht wirksam und langfristig zu garantieren vermögen,sind in weiteren Schritten (3 und 4) Wiederherstellungs- oderangemessene Ersatzmassnahmen zu planen.

Wiederherstellung bedeutet dabei die flächengleiche Herstel-lung (Reparatur) des gleichen Biotoptyps an Ort und Stelle undunmittelbar nach Abschluss des zeitlich befristeten technischenEingriffs.

Ersatz bedeutet die qualitativ gleichwertige Herstellung einesLebensraumes des gleichen oder eines anderen Typs an einemanderen Ort.

Wiederherstellung oder Ersatz?Auch wenn Art. 18 Abs. 1ter NHG als Grundsatz von der Rangfol-ge Wiederherstellung – Ersatz ausgeht, kann aus ökologischerSicht nicht allgemeingültig formuliert werden, ob Wiederher-stellung oder Ersatz vorzuziehen ist. Im Einzelfall ist diegeeignete(re) Massnahme zu wählen (Art. 18 Abs. 1 NHG). DasZiel besteht darin, mit vergleichbarem finanziellem, personel-lem oder zeitlichem Aufwand eine bessere «Reparaturwirkung»zu erreichen. In den meisten Fällen wird jedoch die Wiederher-stellung die Beeinträchtigung vermutlich wirkungsvoller be-grenzen, weil sie in ihrer Art, ihrem Umfang und ihrem Standortauthentischer sein dürfte. Werden Ersatzmassnahmen einer ansich möglichen Wiederherstellung vorgezogen, so muss diesökologisch begründet sein. Die folgenden Überlegungen liefernAnhaltspunkte für die Entscheidfindung:

Vorteile von Wiederherstellungsmassnahmen:

– Die Fläche ist bereits gesichert, der Unterhalt bereits geregelt(vgl. Kap. 6 und 7).

– Die Nutzung des vorhandenen natürlichen Potenzials, von beste-henden Vernetzungen sowie der Weiterbestand bzw. die Weiter-entwicklung bestehender Lebensgemeinschaften und andererSynergien bleiben in der Regel möglich.

– Sofern der Lebensraum innert nützlicher Frist wiederhergestelltwerden kann, ist er ökologisch gleichwertig.

Grundsätze

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40 Grundsätze

Wiederherstellungsmassnahmen: Anwendung finden Wieder-herstellungsmassnahmen insbesondere beim Bau von unter-irdischen Anlagen und Bauten; hier die Gasleitung imAegenental (VS).

Foto oben: Vor dem Bau der Transitgasleitung: die Linienfüh-rung quert ein artenreiches Feuchtgebiet (Juni 1998).

Foto mitte: Das Trassee während dem Bau (August 1998).Foto unten: Die wiederhergestellte Fläche nach abgeschlosse-nem Bau der Transitgasleitung im Juni 2000. Dies ist zugleichein typisches Beispiel für die Wiederherstellung des Lebensrau-mes Boden (vgl. «Richtlinien zum Schutze des Bodens beim Bauunterirdisch verlegter Rohrleitungen»4).

Fotos: SKS Ingenieure AG, Zürich

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41

Vorteile von Ersatzmassnahmen:

– Es besteht die Möglichkeit, einen aus ökologischer Sicht sinnvol-leren oder besseren Standort auszuwählen; wenn beispielsweiseder an Ort und Stelle wiederhergestellte Lebensraum räumlichund funktional völlig isoliert wäre (z.B. eine Trockenwiese in derSchlaufe einer Autobahneinfahrt).

– Es besteht die Möglichkeit, die Ersatzmassnahme bereits vorBaubeginn oder während der Bauphase zu realisieren und damitPflanzenmaterial aus dem zu ersetzenden Lebensraum wiederzu verwenden (vgl. Kap. 4.4).

– Es besteht die Möglichkeit, einen geeigneteren Lebensraumtypauszuwählen (vgl. Kap. 3.1.5, 3.2.2 und 3.2.5).

– Es besteht allgemein eine grössere Flexibilität in der Umsetzungund hinsichtlich der Akzeptanz.

3.2.2 Wie können Typ und Ort des Ersatzbiotopesbestimmt werden?

Ein beeinträchtigter Lebensraum soll grundsätzlich durch einen Lebens-raum des gleichen Typs ersetzt werden. Zudem soll er in der gleichenGegend liegen wie der beeinträchtigte Lebensraum. Damit wird amehesten gewährleistet, dass das natürliche ökologische Potenzial für denneugeschaffenen Lebensraum vorhanden ist und dieser von den Pflan-zen- und Tierarten, die durch das Projekt in ihrem Lebensraum beein-trächtigt werden, überhaupt besiedelt wird. Der Landschaftshaushaltdes betreffenden Raumes bleibt damit im Gleichgewicht.Eine gewisse Distanz der Ersatzfläche zum Eingriffsort kann in ökolo-gischer Hinsicht dann sinnvoll sein, wenn damit bau- oder betriebsbe-dingte Störungen des neuen Lebensraumes vermieden werden.Unter Umständen können mit der Schaffung des Ersatzlebensraumesnoch weitere Vorteile erzielt werden; beispielsweise durch die Auf-wertung einer bestehenden Vernetzungsstruktur. Der neu zu schaf-fende Lebensraum muss in jedem Fall mit anderen Lebensräumen desgleichen Typs ausreichend vernetzt und für die betreffenden Artenerreichbar sein. Nur so kann innert nützlicher Frist die Besiedlungdurch Arten sichergestellt werden, die vom Lebensraumverlust be-troffen sind.

Die Wahl des Biotoptyps soll Rücksicht nehmen auf allenfalls vor-handene übergeordnete Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes.Konflikte zwischen sich widersprechenden ökologischen Zielsetzun-gen (z.B. Heckenpflanzung in einem Kiebiz-Lebensraum) könnenauf diese Weise vermieden werden. Entsprechende Angaben sindmeist enthalten in einem Sachplan Naturschutz, regionalen oderkantonalen Richtplänen, kantonalen Naturschutzkonzepten, Land-schaftsentwicklungskonzepten, Landschaftsleitbildern, allfällig vor-handenen kantonalen Sachplänen Naturschutz oder kommunalenNutzungsplänen.

Die Bestimmungen der ÖQV und der dazugehörigen Grundlagen(Kreisschreiben BLW/BUWAL5, Merkblatt LBL/SRVA38) beziehen sichzwar auf Flächen des ökologischen Ausgleichs. Ihre Hinweise zurQualität und Vernetzung sind aber auch im Falle von wiederherzu-stellenden oder zu ersetzenden Lebensräumen in der Kulturland-schaft von Nutzen.

Vor allem bei Grossprojekten ist es äusserst sinnvoll, die übergeord-neten Planungsgrundlagen zu konsultieren. Meist lassen sich da-durch Synergien mit anderen Interessen nutzen: mit dem Hoch-wasserschutz, zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Bewirt-schaftungsstruktur oder kommunaler Infrastrukturen, für die Ge-

Grundsätze

Pont de Corbière: Wiederherstellung von Fle-dermauslebensräumen: Bei der Sanierung derBrücke über den Greyerzersee musste ein Teildes Oberbaus abgerissen und neu konstruiertwerden. Dabei wurden auch Fledermaus-quartiere tangiert, die im Rahmen der Sanie-rung wieder hergestellt wurden.Foto: Benoît MagninSkizze aus dem Expertenbericht Benoît und AndréMagnin (1991).

Ersatz: Diese Bachausdolung wurde als Ersatzfür Eingriffe realisiert, die durch den National-strassenbau zwischen Henggart und Andel-fingen erfolgten. Rechts: Stein- und Ast-haufen als Lebensräume für Reptilien. Derar-tige Kleinbiotope machen nur Sinn, wenn siefür das Gebiet typisch sind (vgl. Kap. 3.1.5.10).Foto: ökonsult

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42 Grundsätze

Vernetzung als Ersatzmassnahme: Die Güterzusammenlegung,welche mit dem Bau der Nationalstrasse A1 erforderlich wurde,gab Gelegenheit, Bäche (1 und 2) auszudolen und Hecken (3)zu pflanzen. Diese Elemente werden das bewaldete Hügel-gebiet mit dem Seeufer (links im Bildhintergrund, Bild vor derRealisierung der Massnahme) vernetzen.

Foto und Plan: Benoît Magnin

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43Grundsätze

staltung attraktiver Naherholungsgebiete (siehe WerkzeugkastenLandschaftsentwicklungskonzepte28). Auch die Finanzierung lässtsich in solchen Fällen oft zumindest teilweise über das auslösendeGrossprojekt (z.B. Autobahn- oder Eisenbahnbau) realisieren oderes können auch in finanzieller Hinsicht Partnerschaften eingegan-gen werden. Mit Hilfe der partizipativ erarbeiteten und breit abge-stützten Planungsgrundlagen kann erfahrungsgemäss die Akzep-tanz sowohl für die Vorhaben wie auch für die Bedürfnisse vonNatur und Landschaft stark verbessert werden.

Die Wahl eines anderen Biotoptyps als des zu ersetzenden ist nichtgrundsätzlich ausgeschlossen und kann in gewissen Fällen dannsogar Vorteile bieten,

– wenn der neue Lebensraumtyp gebietstypischer ist. Im Sinneeiner konzeptionellen Landschaftsaufwertung oder -entwicklungkommt dies vor allem bei Landschaften zum Tragen, die anthro-pogen stark umgestaltet sind und zahlreiche «künstliche» Land-schaftselemente enthalten;

– wenn der neue Lebensraumtyp ökologisch sinnvoller ist (vgl.Kap. 3.1.5);

– wenn der neue Lebensraumtyp weniger Unterhalt erfordert (vgl.Kap. 3.2.5).

In der Fachwelt sind Fälle dokumentiert, bei denen Ausgleichs- undErsatzmassnahmen erhebliche Konflikte mit übergeordneten oderauch spezifischen Zielen des Arten- oder des Landschaftsschutzeshervorriefen. Beispielsweise wurden mit Heckenpflanzungen land-schaftstypische Strukturen missachtet, Populationen gefährdeterArten ausgelöscht und die genetische Vielfalt von Gehölzarten ge-fährdet, weil nicht standortgerechte Ökotypen oder Samenmi-schungen verwendet wurden49. Damit wird illustriert, wie bedeu-tend es ist, den Ausgangszustand, die Planungsgrundlagen und dieMassnahmenplanung sorgfältig zu erheben bzw. auszuarbeiten.

Einen Spezialfall für die Wahl des Ersatzbiotops stellt die Verbin-dung von Art. 18 Abs. 1ter NHG mit der Restwasserregelung desGewässerschutzgesetzes (GSchG) dar: Im Rahmen einer Schutz- undNutzungsplanung können bei Wasserkraftwerken unter gewissenVoraussetzungen die Mindestrestwassermengen unterschrittenwerden, sofern Ausgleichsmassnahmen ergriffen werden (Art. 32Bst. c GSchG). Diese gelten nur als geeignet, «wenn sie dem Schutzder Gewässer oder der von ihnen abhängigen Lebensräume dienen»(Art. 34 Abs. 3 Gewässerschutzverordnung (GSchV)). Soweit alsoErsatzmassnahmen nach Art. 18 NHG zugleich auch Ausgleichsmass-nahmen nach Art. 34 Abs. 3 GschV darstellen, ist die Wahl desBiotoptyps durch die Gewässerschutzverordnung bereits zu Gun-sten der gewässerspezifischen Lebensräume eingeschränkt.

3.2.3 Wann sind Massnahmen aus ökologischer Sichtangemessen?

Ziel aller Massnahmen nach Art. 18 NHG ist die Erhaltung dereinheimischen Tier- und Pflanzenarten. Der Lebensraumschutz stellthierzu das wichtigste Instrument dar. Eine Massnahme gilt in derRegel dann als angemessen, wenn mit ihr im Untersuchungs-perimeter dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenartenentgegengewirkt werden kann, welches mit dem Verlust des Le-bensraumes drohen würde. Der strikte Erhalt des gegebenen Arten-spektrums steht dabei nicht zwingend im Vordergrund. Bedeuten-der ist, dass die schutzwürdigen Lebensraumtypen entsprechen ih-rem natürlichen Potenzial erhalten und gefördert werden. Dennoch

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44 Grundsätze

Bei den Gesamtmeliorationen Ermensee und Gelfingen (LU)wurden nebst den rechtlichen und planerischen Grundlagensämtliche vorhandenen Naturschutz-Inventare berücksichtigt:vom «Inventar der schutzwürdigen Riedwiesen und Ufer-gebiete» der Pro Natura über das «Inventar naturnaher Le-bensräume» bis hin zum «Inventar der Fledermausfauna» unddem «Inventar der geologisch/geomorphologisch schützens-werten Landschaften und Objekte». Die Planung berücksich-tigt denn auch beispielhaft die Anliegen des Naturschutzes.

Foto: Andreas Stalder

Im stark ausgeräumten Gebiet südlich des Dorfes Gelfingensind im Rahmen der Neuzuteilung die Prioritäten mit dem Zieleines Ökoverbundes gesetzt worden:– Ausscheidung von Parzellen für die wichtigen Gewässer mit

markanten Uferstreifen. Ausdolung eingedeckter Bachläufeund Uferbepflanzung. (vgl. Foto)

– Überführung von Naturschutzgebieten ins Eigentum desStaates oder der Pro Natura.

– Zuteilung von ökologisch wertvollen Gebieten an die ProNatura.

– Ausscheidung bzw. Fixierung von Ökotrittsteinen undVerbindungselementen. Sicherung des Bestandes und derPflege mit Dienstbarkeiten.

Plan: H. U. Pfenninger, Kost + Partner AG, Sursee

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45Grundsätze

Kraftwerk Cleuson-Dixence: Das neue Wasserregime des Kraft-werkes bewirkt in der Rhone Schwankungen des Wasserspie-gels und verändert das Abflussregime. Als Ersatz für die beein-trächtigten Lebensräume der Rhone wurde diese Kiesgrube biszwei Meter unter die Wasserlinie mit Aushub-Material aufge-

füllt, welches bei der Bohrung der neuen Kraftwerksstollenanfiel. Das geschaffene Biotop ist nun ein Naturschutzgebiet.

Luftbild: H. Pirsig, Sion

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Ersatzmassnahme mit Synergieeffekt: Bei derErweiterung einer Industriezone im KantonFribourg wurde eine Feuchtwiese mit Schilf-röhricht beansprucht. Gleichzeitig musste einRückhaltebecken für das Regenwasser ge-plant werden, welches auf den versiegeltenFlächen anfällt. Das Rückhaltebecken wurdeals wertvolles Feuchtgebiet und Lebensraum-mosaik ausgestaltet, mit Tümpeln verschie-dener Tiefe und Trockenstandorten entlangden Randböschungen.Foto: Benoît Magnin

Grundsätze

sind geschützte und bedrohte Arten in jedem Fall entsprechendihrem Bedrohungsgrad (z.B. aufgrund der Roten Listen) zu berück-sichtigen.

Der ökologische Wert von Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmenmuss in der Regel demjenigen des beeinträchtigten Lebensraumesebenbürtig sein (Gleichwertigkeit, Äquivalenz). Diese «ökologische»oder «funktionale» Angemessenheit entspricht jedoch nicht zwingenddem Begriff der Angemessenheit im Sinne von «Verhältnismässigkeit»wie er in der juristischen Praxis verwendet wird (vgl. Kap. 3.2.4).Die Wiederherstellung oder der Ersatz eines Lebensraumes könnenaus ökologischer Sicht als dem Eingriff gegenüber gleichwertig be-trachtet werden, wenn folgende drei Bedingungen kumulativ er-füllt sind:

– Die ökologische Bilanz bleibt unverändert oder wird verbessert(vgl. Kap. 3.1.5);

– Der Lebensraum wird innert nützlicher Frist wiederhergestellt,so dass keine Besiedlungslücke entsteht, die zu Artenverlustenführen kann, oder er wird zeitgleich ersetzt (vgl. Kap. 4.4);

– Der allfällig notwendige Unterhalt ist gesichert (vgl. Kap. 7).

Sind eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt, gilt dieMassnahme ökologisch nicht als gleichwertig. Sie muss in diesem Falldurch zusätzliche Massnahmen ergänzt werden; beispielsweise in-dem die Ökobilanz nachgebessert oder der Unterhalt optimiert wird.

Damit die erwünschten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraumbesiedeln, müssen mit geeigneten Mitteln die Voraussetzungendazu geschaffen werden. Kann Pflanzenmaterial aus den betroffe-nen schutzwürdigen Lebensräumen (vgl. Kap. 4.4) verwendet wer-den, lassen sich im Idealfall ganze Biozönosen verpflanzen, so dasssie nahezu zeitgleich ersetzt oder wiederhergestellt werden kön-nen. Eifrig ausgeführte Anpflanzungen und Ansaaten mit handels-üblicher Ware führen hingegen nicht immer zum gewünschten Ziel:In grossflächigen Ersatzbiotopen entwickeln sich gepflanzte Ge-hölzbestände langfristig mitunter sogar schlechter als spontan auf-gekommene Bestände3.

Tritt zwischen Zerstörung und Ersatz allenfalls ein zeitlicher Unter-bruch in der Funktionsfähigkeit ein, so kann dieser – sofern ökolo-gisch notwendig – durch geeignete Zusatzmassnahmen kompen-siert werden; beispielsweise durch provisorische Wanderbiotope,neue Vernetzungsstrukturen oder durch eine Vergrösserung desErsatzlebensraumes. Sollen Lebensräume stark dezimierter Popula-tionen oder wenig mobiler Arten wie Schnecken oder flugunfähigerInsekten ersetzt werden, müssen zu deren Schutz ebenfalls weiteregeeignete Massnahmen ergriffen werden.

Wird ein anderer Lebensraumtyp gewählt (vgl. Kap. 3.2.2), so gilt es,bei der Wahl, Dimensionierung und Gestaltung des Lebensraumesden ökologischen Mehr- bzw. Minderwert – bezogen auf eine Flächen-einheit – zu beurteilen und zu berücksichtigen. Die Bewertungs-kriterien sowie die im Anhang vorgestellten Methoden zur Biotop-bewertung dienen dabei als Arbeitsansätze (Kap. 3.1.5; Anhang 4).

Einzelne (technische) Elemente eines Vorhabens können oft so ge-staltet werden, dass sie nicht nur die ihnen primär zugedachteFunktion erfüllen, sondern zusätzlich auch ökologischen Wert auf-weisen. Sie können beispielsweise ihrerseits wertvolle Lebensräumedarstellen. Derartige Synergien zwischen Technik und Ökologie bie-ten sich unter anderem bei naturnah gestalteten Rückhaltebeckenoder bei extensiv unterhaltenen Bahnböschungen.

Nicht alle Ersatzmassnahmen sind dem tech-nischen Eingriff ebenbürtig …Foto: Markus Thommen

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Umbau Bahnknoten Zürich: Das Bahnareal des Bahnhofs Zürichgehört zu den wertvollsten Lebensräumen auf dem Gebiet derStadt Zürich. Die ausgedehnten Gleisanlagen mit den dazwi-schen liegenden Ruderalflächen bieten wegen ihrem besonde-ren Bodenaufbau und Kleinklima einen Lebensraum für zahl-reiche, seltene und geschützte Tier- und Pflanzenarten. Aufden besonderen Lebensraum mit seiner lockeren Vegetationsind insbesondere Wildbienen und Wespen, Heuschrecken undSpinnen spezialisiert. Das Areal beherbergt zudem eine dergrössten Mauereidechsen-Populationen der Nordschweiz.

Links: Locker bewachsene SchotteroberflächeOben: Möhren-Steinklee-GesellschaftMitte: Magerwiese an BahnböschungUnten: Bewachsene Ruderalfläche zwischen zwei Abstellgleisen

Fotos: Regula Müller, topos

Grundsätze

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48

Mit dem Konzept Bahn 2000 werden im Bahnhof Zürich bis zu 20Prozent mehr Züge erwartet. Um diesen Mehrverkehr zu bewäl-tigen, ist es unumgänglich, die Gleisanlagen auszubauen. DieserAusbau umfasst insgesamt neun Teilprojekte, die wesentlicheEingriffe in die schutzwürdigen Lebensräume mit sich bringen.Angesichts der grossen Bedeutung der Biotope und der Schwie-rigkeiten, ähnliche Lebensraumqualitäten wieder herzustellen,wäre ein herkömmlicher Ersatz nach Art. 18 Abs. 1ter NHG kaummöglich gewesen. Aus der Sicht des Natur- und Heimatschutzeshätten die Vorhaben folglich abgelehnt werden müssen.Gelöst werden konnte dieser Konflikt mittels einer Vereinba-rung, welche zwischen der Entscheidbehörde, der Bauherr-schaft und den Umweltfachstellen von Stadt, Kanton und Bundgetroffen wurde. Sie legt im Detail fest, welche Massnahmenzu treffen sind, um die Naturwerte zu schützen und die anvi-sierten Tierarten zu erhalten. Die Bauvorhaben können aufdiese Weise realisiert und gleichzeitig die Interessen des Natur-schutzes berücksichtigt werden. Die Ersatzmassnahmen sindvorwiegend auf SBB-eigenem Land vorgesehen, so dass sichkeine grundsätzlichen Probleme ergeben, die Flächen und dennotwendigen Unterhalt sicherzustellen.Mit der Vereinbarung wird gewährleistet, dass zu jedem Zeit-punkt die minimalen Voraussetzungen für das Überleben derPopulationen der anvisierten Tierarten erfüllt sind. Ist ein Teil-projekt abgeschlossen, darf der ökologische Wert, wie er mitdem Ausgangszustand erhoben wurde, nicht unterschrittenwerden. Wird mit einem Teilprojekt eine positive ökologischeBilanz erreicht, kann der Überschuss anderen Teilprojektengutgeschrieben werden.Die Vereinbarung basiert im Wesentlichen auf einem «Ökologi-schen Bewertungs- und Ausgleichsmodell», das im Auftrag derBauherrschaft erarbeitet wurde42. Innerhalb des Bahnhofarealswurden zunächst die Lebensraumtypen und die Populations-vorkommen jener Tierarten erhoben und bewertet, die primärzu erhalten sind. Eine Rasterkarte und eine Punktetabelle stel-len diesen ökologischen Ausgangswert dar.

Die Rasterkarte42 lässt einen Vergleich vorher – nachher zu.

Im Ausgleichsmodell ist festgehalten, welche Minimalkriteriendie Ersatzlebensräume aufweisen müssen, um als Ersatz ak-zeptiert zu werden. Lebensräume für die Blauflüglige Sand-schrecke beispielsweise müssen mehr als 200 QuadratmeterKies- oder Schotterflächen mit 5 bis 20 Prozent Vegetations-bedeckung umfassen. Für Wildbienen muss Totholz alsNisthilfe vorhanden sein.

Grundsätze

Oben: Mauereidechse

Foto: Regula Müller, topos

Mitte: Wildbiene

Foto: Patrick Wiedermeier

Unten: Trockenmauern, Steinhaufen und Holzstapel wertenden Lebensraum von Mauereidechsen auf.

Foto: Regula Müller, topos

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49Grundsätze

3.2.4 Wann sind Ersatzmassnahmen aus Sicht der Ersatz-pflichtigen angemessen?

Angemessenheit bedeutet, dass auch die Belastung für die Ersatz-pflichtigen dem Verhältnismässigkeitsprinzip entspricht. Dies be-trifft in erster Linie die finanzielle Belastung. Jedoch können auchnutzungseinschränkende oder andere Eingriffe in die Eigentums-rechte eine Belastung darstellen. Ein allgemeiner Hinweis auf dieherrschende Lehre und Rechtspraxis zum Grundsatz der Verhältnis-mässigkeit, konkret bezogen auf die verfassungsmässige Eigen-tumsgarantie, muss an dieser Stelle genügen. Folgende Überlegun-gen können Ansätze zur Interpretation bieten:

– Grad und Bedeutung der Beeinträchtigung von schutzwürdigenLebensräumen im Verhältnis zur Bedeutung des Vorhabens;

– Dauer der Beeinträchtigung: Langdauernde, eventuell gar irre-versible Beeinträchtigungen sind auch bezüglich der Verhältnis-mässigkeit stärker zu gewichten als zeitlich relativ kurze undreversible Eingriffe;

– Tragbarkeit der Kosten der Ersatzmassnahme für die Pflichtigen;

– Verhältnis zwischen Umfang und Kosten des Vorhabens und derErsatzmassnahme;

– Gewinn aus der Nutzung der öffentlichen Güter «Natur» und«Landschaft», z.B. bei der Erneuerung einer Kraftwerkskonzes-sion über weitere 80 Jahre oder der Vergabe einer Kiesabbau-konzession.

Die dargestellten Kriterien dürfen nicht isoliert betrachtet, sondernmüssen gesamthaft und in ihrer gegenseitigen Wechselwirkungberücksichtigt werden. Damit die Entscheidbehörde alle Interessenkorrekt abwägen kann, ist es unabdingbar, dass eine sorgfältigeSachverhaltsermittlung erfolgt. Um die gesetzeskonforme Umset-zung der Eingriffsregelung zu gewährleisten, muss die Entscheid-behörde ihre Erwägungen transparent darstellen und begründen.

3.2.5 Vorteile unterhaltsarmer Lebensräume

Dauert die Pflicht zum Unterhalt neu geschaffener Lebensräumelängere Zeit über den Abschluss des Vorhabens hinaus, erweist sichdie Regelung dieses Unterhalts oft als problematisch. BesondereSchwierigkeiten ergeben sich, wenn zwischen dem Vorhaben undder Massnahme kein funktionaler oder räumlicher Zusammenhangbesteht. In diesen Fällen fühlen sich die Pflichtigen für die Ersatz-massnahme kaum mehr verantwortlich, oft kennen sie sie kaum.

Der Eigentümer einer Ersatzfläche – der zudem nicht zwingend mitdem Ersatzpflichtigen identisch sein muss – kann mit dem rechtlichenInstrument der Dienstbarkeit zum Dulden, nicht aber zum aktivenTun verpflichtet werden. Es wäre zwar zulässig, eine entsprechendeVereinbarung abzuschliessen. Diese lässt sich grundbuchrechtlich je-doch nicht wirksam sichern (vgl. Kap. 7). Zusätzliche Unsicherheitenfür den Unterhalt schaffen die agrarökonomischen Rahmenbedin-gungen, deren Entwicklung langfristig kaum abschätzbar sind.

Stehen also zwei gleichwertige Ersatzmöglichkeiten zur Auswahl,ist die unterhaltsarme Variante zu bevorzugen.

Unterhaltsarmer Lebensraum: Ein Naturwaldbraucht keine Pflege, solange er keine Schutz-funktion zu übernehmen hat (WaldreservatCombe-Grède, Kt. Bern).Foto: Christian Küchli

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Gewinn aus der Nutzung der öffentlichen Güter: Speicher-kraftwerke nutzen die öffentlichen Güter «Wasser», «Natur»und «Landschaft», um elektrische Energie zu gewinnen. DieKonzessionsverleihung oder -erneuerung erfasst heute nichtnur die Nutzung des Wassers und deren Abgeltung durch den

Wasserzins. Mit ihr werden auch die Umweltaspekte geregelt,so weit sie grundlegende Rechte und Pflichten der Konzessio-näre betreffen.

Foto: KWO Kraftwerke Oberhasli AG

Grundsätze

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51

3.2.6 Aspekte weiterer Umweltbereiche

Bei der Wahl des Biotoptyps sowie bei der Planung und beim Baudes Biotops sind die übrigen Umweltbereiche mit ihren spezifischenZielsetzungen und rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Lärm-schutz, Luftreinhaltung, Bodenschutz) zu berücksichtigen. Oft erge-ben sich Synergien, zum Beispiel mit dem Gewässerschutz in denBereichen Wasserbau oder Wasserkraftnutzung (Sicherstellung desRaumbedarfs bzw. Restwassermengen).

ZielkonflikteAllfälligen Zielkonflikten ist die notwendige Beachtung zu schen-ken. Sie sollen soweit wie möglich vermieden bzw. müssen in derPlanungsphase bereinigt werden. Divergierende Interessen wägtdie Entscheidbehörde gegeneinander ab. Kann ein erheblicher Ziel-konflikt nicht bereinigt werden, muss eine andere Ersatzmass-nahme oder selbst ein Verzicht auf das Projekt in Betracht gezogenwerden.

Ressource BodenVon besonderer Bedeutung ist der Schutz der Ressource Boden, dieihrerseits einen wertvollen Lebensraum darstellt: Umfangreiche,grossflächige Eingriffe in gewachsene Böden sollen nach Möglich-keit vermieden werden. Mit bodenschonenden Massnahmen könnenKosten gesenkt und die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht wer-den. Humus auf grösseren Flächen abzutragen (Abhumusieren), umdamit eine ökologische Aufwertung zu erzielen, ist aus der Sichtkantonaler Bodenschutzfachstellen nicht ohne Weiteres zulässig.Andererseits ist es beispielsweise unerwünscht, bei der Neuanlagevon Bahnböschungen im Gewässerschutzbereich auf eine Humus-schicht zu verzichten. Für alle Erdarbeiten gelten die entsprechen-den gesetzlichen Vorgaben (Art. 7 der Verordnung über Belastun-gen des Bodens (VBBo)) und einschlägigen Empfehlungen (z.B. Schwei-zer Norm SN «Erdbau, Boden»59; BUWAL-Leitfaden «Bodenschutzbeim Bauen»24; BUWAL-Handbuch «Bodenschutz beim Bauen»51).

Gilt es Standorte für Revitalisierungen mit Bodenabtrag auszuwäh-len, kann die Ertragsfähigkeit bzw. Bodenfruchtbarkeit der in Fragekommenden Flächen ein sinnvolles Entscheidkriterium darstellen.Dabei müssen auch die Vorgaben des Sachplans Fruchtfolgeflächenberücksichtigt werden (siehe dazu Kap. 4.3.4). Haben Massnahmenirreversible Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit, so werden dieentsprechenden Flächen vom kantonalen Kontingent der Frucht-folgeflächen abgezogen. Die Realisierbarkeit einer Ersatzmassnahmeist dadurch oft in Frage gestellt (siehe «Merkblatt zum Vollzug desSachplanes Fruchtfolgeflächen»7).

Im Sinne einer umfassenden Nachhaltigkeit sollen bei der Realisie-rung von Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen möglichstlärm- und abgasarme Maschinen und Fahrzeuge eingesetzt, aufenergieintensive Massnahmen und Materialien verzichtet, natur-nahe Mittel und Stoffe bevorzugt und die Regenerationskräfte derNatur optimal einbezogen werden. Für Eingriffe in Gewässer geltenzudem die Vorschriften des Gewässerschutzes.

3.2.7 Eine verständliche Darstellung der Massnahmen ver-bessert die Erfolgschancen

Für die Beurteilung des Vorhabens ist eine verständliche und nach-vollziehbare Darstellung der vorgeschlagenen Massnahmen vonzentraler Bedeutung. Die Massnahmen sollen immer den gleichenPlanungsstand aufweisen wie das auslösende Projekt. Als Arbeitshil-fe findet sich eine Checkliste mit den wichtigsten zu beachtendenAspekten in Anhang 5.

Grundsätze

Interessenabwägung bei Zielkonflikten:

Beim Neubau des Kraftwerkes Ruppoldingen(SO) als reines Laufkraftwerk war die Frageumstritten, ob die alte Kraftwerksanlage ausdem 19. Jahrhundert als wichtiger Zeuge fürdie frühe Elektrizitätsgewinnung an der Aareerhalten bleiben sollte. Die für Heimatschutzund Denkmalpflege zuständigen Fachbe-hörden von Bund und Kanton setzten sich fürdie Erhaltung der industriearchäologischwertvollen Bausubstanz ein. Die Erhaltunghätte aber die Realisierung eines schnellfliessenden Umgehungsgewässers an Stelledes alten Oberwasserkanals als Ersatzmass-nahme verunmöglicht. Weil frei fliessendeFlussstrecken angesichts des hohen Ausbau-grades der Mittellandflüsse sehr seltene Le-bensräume darstellen, wurde der Ersatzmass-nahme in der Interessenabwägung ein höhererStellenwert zugemessen als der Erhaltungdes Kulturdenkmals.

KW Ruppoldingen: das alte Maschinenhauswird zu Gunsten eines Umgehungsgewässersabgebrochen.Foto: Andreas Stalder

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Ausbau der Berner Oberland Bahn BOB: Mitdem Streckenausbau der BOB zwischenWilderswil und Zweilütschinen war es unum-gänglich, das Auenobjekt von nationaler Be-deutung Nr. 80 «Chappelistutz» zu tangieren.Als Ersatz für die entsprechenden Eingriffeüberführte die Gesuchstellerin innerhalb desObjektperimeters eine standortfremde Fich-tenaufforstung in einen naturnahen Auen-wald. Zudem wurde ein kantonales Natur-schutzgebiet aufgewertet und vergrössert.Die Bilder zeigen das Naturschutzgebiet«Bahnteich». Mit einer Ausbaggerung wurdeein Giessenaufstoss freigelegt. Durch die sai-sonal unterschiedlichen Wasserverhältnissemit Kies im Winter (oben) und Wasser imSommer (unten) entstand ein interessantesGebiet mit Auencharakter.Fotos: H. Kasper, Emch und Berger Bern AG

4 Einzelfragen und Spezialfälle

4.1 Probleme bei der Grundlagenbeschaffungund -darstellung

In gewissen Fällen muss auch für frühere Eingriffe Ersatz geleistetwerden, bei denen die Belastungen nach wie vor anhalten. Dieskann unter Umständen sogar dann der Fall sein, wenn keine neuen,zusätzlichen Eingriffe oder Beeinträchtigungen erfolgen. Hauptan-wendungsfall ist die Erneuerung abgelaufener Konzessionen, meistfür Wasserkraftwerke oder Bahnlinien. In diesen Fällen bereitet esoft Schwierigkeiten, den massgebenden Ausgangszustand zu ermit-teln. Oft hilft bei Kraftwerken der Vergleich mit ähnlichen Gebietenohne Wasserkraftnutzung (Referenzraum) weiter, wenn darausRückschlüsse auf den Zustand gezogen werden können, wie er sichheute ohne Wasserkraftnutzung darbieten würde. Eine solche fikti-ve Retrospektive liefert aber nicht immer überprüfbare und umsetz-bare Ergebnisse. Werk- bzw. projektfremde Einflüsse auf Lebensräu-me und Landschaften überprägen oft die eigentlichen Projektaus-wirkungen oder machen es schwierig, verlässliche Anhaltspunktefür den oft bis zu 100 Jahre zurückliegenden Ausgangszustand zufinden. In diesen Fällen müssen aufgrund der Gesamtheit der Beein-trächtigungen jene, die von den zur Diskussion stehenden Anlagenoder Vorhaben verursacht werden, ermittelt werden. Zu beachtensind insbesondere auch allfällige positive Effekte. Es muss also eineeigentliche ökologische Bilanzierung erfolgen. Erst auf dieserGrundlage können Massnahmen erarbeitet werden, die im Ergebnisden allfälligen Negativsaldo dieser Bilanz auszugleichen haben (vgl.BUWAL-Handbuch56). Als Beispiel kann ein vor hundert Jahren kon-zessioniertes Flusskraftwerk genannt werden. Dieses hat irreversibleEingriffe in die mittlerweile sehr selten gewordenen Fliessgewässer-lebensräume und in die Flussdynamik verursacht, die weiterhin undbei Konzessionserneuerung für die weitere Konzessionsdauer an-dauern werden. Der Aufstau hat aber punktuell auch wertvolleLebensräume im Stillwasserbereich ermöglicht, die es bei der Bilan-zierung auf der Positivseite in Rechnung zu stellen gilt.

4.2 Abgrenzung der Ersatzmassnahmen

Eine bestimmte Ersatzmassnahme darf nicht mehrfach, d.h. für ver-schiedene Projekte oder verschiedene Ersatzpflichtige, angerechnetwerden. In bestimmten Fällen können Ersatzmassnahmen mit derPflicht zum ökologischen Ausgleich nach Art. 18b Abs. 2 NHG odermit der Pflicht zur Aufwertung von Biotopen von nationaler Bedeu-tung kombiniert werden. Folgende Hinweise können hier dienlichsein:

– Leistungen Dritter, die aus einem anderen Grund auf derselbenFläche erfolgen bzw. erfolgt sind, dürfen zwar nicht als Ersatzberücksichtigt werden, sind aber inhaltlich in die Beurteilungeinzubeziehen.

– Hat ein Ersatzpflichtiger für ein bestimmtes Vorhaben bereitsErsatz geleistet, kann dieser anteilsmässig berücksichtigt wer-den. Ebenso ist es möglich, dass mehrere Ersatzpflichtige eineumfangreiche Massnahme entsprechend ihren Anteilen gemein-sam realisieren (vgl. Kap. 5).

Einzelfragen und Spezialfälle

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– Weist eine Ersatzfläche einen bedeutenden ökologischen Aus-gangswert auf, bevor eine Massnahme realisiert wird – wenn siealso mehr ist als eine «gewöhnliche» (Kunst-)Wiese, ein intensivbewirtschafteter Acker oder ein standortfremder Fichtenwald –so ist diesem Umstand bei der Beurteilung der ErsatzmassnahmeRechnung zu tragen. Der Wert der Ersatzmassnahme ergibt sichdamit aus dem Mehrwert gegenüber dem tatsächlich bestehen-den Ausgangszustand (vgl. Kap. 3.2.7).

– Das blosse Einhalten umweltrechtlicher Bestimmungen, z.B. derStoffverordnung (StoV), kann nicht an eine Ersatzmassnahmeangerechnet werden.

– Müssen Massnahmen unabhängig von Art. 18 Abs. 1ter NHG er-griffen werden, können sie unter Umständen als Ersatzmass-nahme angerechnet werden. Beispielsweise werden die Kantonedurch die Auen- und die Flachmoorverordnung (Art. 8 AuenVbzw. FMV) verpflichtet, Biotope von nationaler Bedeutung auf-zuwerten. Diese Pflicht beschränkt sich aber auf «besondereGelegenheiten» (vgl. Kap. 4.9).

Abgrenzung zum ökologischen Ausgleich nachArt. 18b Abs. 2 NHG

Unabhängig von konkreten Projekten sind die Kantone verpflichtet,in intensiv genutzten Räumen inner- und ausserhalb der Siedlungenökologischen Ausgleich zu schaffen. Dieser hat zum Ziel, die allge-meinen Auswirkungen der dichten Besiedlung und intensiven Nut-zung zu mindern. Nicht unter den allgemeinen ökologischen Aus-gleich fallen die Auswirkungen einzelner konkreter, bewilligungs-pflichtiger Eingriffe. Sie müssen entsprechend dem Verursacher-prinzip kompensiert werden.

Im Gegensatz zu diesen Biotopaufwertungen ist der ökologischeAusgleich nicht auf Projektstufe angesiedelt. Er stellt ein eigentli-ches Programm dar und wird von etlichen Kantonen auch als Teileines «Mehrjahresprogramms Natur- und Landschaftsschutz» be-handelt und mit Instrumenten der Agrarpolitik gekoppelt. Obwohleine klare Abgrenzung bzw. Zuweisung der Verantwortung soweitmöglich vorzunehmen ist, lassen sich die beiden Instrumente –projektbedingte Ersatzmassnahmen einerseits, allgemeiner ökolo-gischer Ausgleich andererseits nicht immer strikte voneinandertrennen. Oft lassen sie sich aber mit Gewinn miteinander verbinden.

Oft führt ein Vorhaben zu zahlreichen kleineren Eingriffen in ein-zelne Biotope, die isoliert betrachtet oft nicht besonders schutzwür-dig sind. In ihrer Gesamtheit beeinträchtigen die Eingriffe abermöglicherweise die Funktionsfähigkeit des gesamten Ökosystemseiner Region. Dies gilt in noch stärkerem Masse für die zahllosenkleinen Eingriffe, die für sich allein betrachtet nicht gravierendeAuswirkungen haben und oft auch in einem vereinfachten Verfah-ren beurteilt und bewilligt werden können.

Gerade bei Meliorationsprojekten sind die Auswirkungen der Vor-haben oft indirekter Natur, beispielsweise die Erhöhung der Weg-dichte als Hindernis für die Kleinfauna, die Intensivierung der Be-wirtschaftung oder der Verlust von Kleinstrukturen. Ersatzmass-nahmen ihrerseits sollen direkte Auswirkungen der Projekte aus-gleichen, dienen aber funktional der allgemeinen Verbesserung desLandschaftshaushaltes im Perimeter. Sie liegen damit im Über-schneidungsbereich zum ökologischen Ausgleich.

Die folgenden Beispiele zeigen, wie die Kombination von ökologi-schem Ausgleich und Ersatzmassnahmen zu wirklichen Aufwertun-gen führt.

Einzelfragen und Spezialfälle

Dachbegrünung: Auch im Siedlungsgebietkommt dem ökologischen Ausgleich einewichtige Rolle zu. Trotzdem können solcheMassnahmen nur in Ausnahmefällen alsErsatzmassnahmen für konkrete Eingriffe an-erkannt werden.Foto: Markus Thommen

Buntbrache auf einer Restparzelle: EineMassnahme des ökologischen Ausgleichs,keine Ersatzmassnahme.Foto: M. Jenny

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Melioration Wolfwil: Der Kanton Solothurn hat ein Modellentwickelt, welches erlaubt, die Beeinträchtigung eines Ökosy-stems oder Landschaftsraumes durch eine Vielzahl an sich klei-ner Eingriffe auf eine einfache Art und Weise zu kompensieren.Dieses Modell kommt vor allem bei landwirtschaftlichen Melio-rationen im intensiv genutzten Ackerland zum Einsatz. NeueGüterwege beispielsweise beeinträchtigen hier meist keine be-sonders schutzwürdigen Lebensräume. Trotzdem erhöhen siedie Barrierewirkung für Insekten und Kleinsäuger. Auch dieVergrösserung der Gewanne und Parzellen beeinträchtigt dieBiotope nicht in direkt messbarer Art und Weise. Dennochvermindern diese Veränderungen die Vielfalt des Nutzungs-mosaiks und reduzieren die Anzahl der Landschaftselemente(Haine, Böschungen, Ackerrandstreifen u.ä.). Damit haben siedurchaus indirekt negative Auswirkungen auf die Qualität desLebensraumes und die Artenvielfalt. Das Solothurner Modell,welches Teil des kantonalen Mehrjahresprogramms Natur undLandschaft -ist, trägt diesen Aspekten auf einfache und nach-vollziehbare Weise Rechnung. Obwohl es sich eher nach demökologischen Ausgleich gemäss Art. 18b Abs. 2 NHG richtet, istes auch für Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter geeignet.

Funktionsverluste bei der Zerschneidung durch neue Verkehrs-achsen (T 10 bei Ins)

Foto: Andreas Stalder

Einzelfragen und Spezialfälle

Auszug aus dem Protokoll der Kant. Raumplanungs-kommission vom 4.1.1994 Ziff. B:

Umfang der Ersatz-FlächeDer Umfang der Ersatzfläche richtet sich nach dem Mass desEingriffs in Natur und Landschaft, insbesondere nach dem Massder neuen Wege und Strassen, wie folgt:

1. Wege und Strassen mit Hartbelägen (Asphalt, Glorit etc.):Gesamtlänge der neuen Strassen und Wege x Breite x 100%.

2. Naturwege: Gesamtlänge der zusätzlichen Wege x Breite x50% (50%, weil Naturwege gegenüber Wegen mit Hartbe-lag weniger nachteilig sind).

3. Zuschlag für die allgemeine Verschlechterung des Naturhaus-haltes (Begradigung, Geometrisierung der Landschaft, Störung).Dieser richtet sich nach dem Mass des Eingriffs (insbesonderenach dem Verhältnis zwischen neuen und bestehenden We-gen). In der Regel liegt dieser Faktor bei 50% der Summe von1. + 2., in besonderen Fällen ist er anzupassen.

Beispiel Wolfwil:1. Wege mit Hartbelag 1,2 km x 3 m x 100% 0,36 ha

2. Naturwege 6,8 km x 3 m x 50% 1,02 ha

Zwischentotal 1,38 ha

3. Qualitätszuschlag 50% von 1,38 0,69 ha

Total der Ersatzfläche 2,07 ha

Gerundet: Ersatzfläche 2 ha

Aufwertung im intensiv genutzten Landwirtschaftsland durchnaturnahe Bachgestaltung

Foto: Andreas Stalder

Landerwerbsumlegung (LEU) T10 Umfahrung Gals-Gampelen-Ins-Müntschemier (Kt. BE): Bei der Landerwerbsumlegung wur-den grosse Kompensationsflächen ausgeschieden. Dabei wur-de aber im Detail nicht unterschieden, ob es sich umErsatzmassnahmen für die projektbedingten Beeinträchtigun-gen (Art. 18 Abs. 1ter NHG) oder um ökologischen Ausgleich imlandwirtschaftlich intensiv genutzten Raum (Art. 18b Abs. 2NHG) handelt. In seinem Entscheid vom 19. November 1999erachtete das Bundesgericht dieses Vorgehen als zulässig, weilim vorliegenden Fall beide Rechtsgrundlagen Anwendung fin-den müssten. Es gelte zu berücksichtigen, dass im Unter-suchungsraum ökologische Defizite bestehen und der Stras-senbau Eingriffe erfordere, die in erster Linie die grossräumigeVernetzung beeinträchtigen und weniger einzelne Biotope.Eine eindeutige, flächenmässige Zuordnung der Kompensa-tionsflächen sei in diesem Fall kaum möglich und zur Zieler-reichung – der ökologischen Aufwertung des Grossen Mooses– auch nicht erforderlich.

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55Einzelfragen und Spezialfälle

4.3 Ersatzmassnahmen auf landwirt-schaftlichen Nutzflächen

4.3.1 Ökologische Ausgleichsflächen

Für den Bezug der allgemeinen Direktzahlungen nach Landwirt-schaftsgesetz (LwG) kann die Fläche einer Ersatzmassnahme alsökologische Ausgleichsfläche angerechnet werden, sofern die vomLandwirtschaftsrecht geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. DieseMöglichkeit erhöht meist entscheidend die Bereitschaft der Land-wirte, an der Umsetzung von Ersatzmassnahmen zu Gunsten Dritterauf ihrem Land mitzuwirken. Die Fläche der Ersatzmassnahmebleibt dabei Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche. ZusätzlicheAufwendungen für Pflege und Unterhalt, die nicht durch Öko-beiträge nach Landwirtschaftsrecht abgedeckt sind, hat der verursa-chende Dritte aber dem Bewirtschafter abzugelten (vgl. Kap. 7.5).Bei Eingriffen in Lebensräume, die aufgrund der ÖQV geschaffenworden sind, können sich besondere Fragen in Bezug auf den An-wendungsbereich der Wiederherstellungs- und Ersatzpflicht erge-ben (siehe Kap. 3.1.3).

4.3.2 Milchkontingente

Milchkontingente sind in gleicher Weise zu behandeln wie die öko-logischen Ausgleichsflächen. Ersatzflächen dürften auf ihren Be-stand keine Auswirkungen haben. Seit dem 1. Mai 1999 sind Milch-kontingente an den Bewirtschafter gebunden, nicht mehr an dieFläche.

4.3.3 Bäuerliches Bodenrecht

Das Verhältnis zwischen Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmenund dem bäuerlichen Bodenrecht kann hingegen zu offenen Fragenführen: Mit dem Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuer-liche Bodenrecht (BGBB) soll unter anderem das bäuerliche Grundei-gentum gefördert und eine leistungsfähige, auf eine nachhaltigeBodenbewirtschaftung ausgerichtete Landwirtschaft erhalten wer-den. Das Gesetz enthält auch Bestimmungen über den Erwerb unddie Verpfändung von landwirtschaftlichen Grundstücken.

Nach Art. 58 BGBB dürfen von einem landwirtschaftlichen Gewerbekeine einzelnen Grundstücke oder Grundstücksteile abgetrenntwerden (Realteilungsverbot; Abs. 1). Auch dürfen landwirtschaftli-che Grundstücke nicht in Teilstücke unter 25 Aren aufgeteilt werden(Zerstückelungsverbot; Abs. 2). Die Kantone bewilligen jedoch Aus-nahmen vom Realteilungs- und Zerstückelungsverbot, wenn eineöffentliche oder eine im öffentlichen Interesse stehende Aufgabeerfüllt werden soll. Die Realisierung von Ersatzmassnahmen als Teileines Vorhabens liegt zweifellos zumindest dann im öffentlichenInteresse bzw. kann eine öffentliche Aufgabe darstellen, wenn auchdas Vorhaben als solches von öffentlichem Interesse ist.

Denkbar ist schliesslich der Erwerb von landwirtschaftlichen Gewer-ben und Grundstücken. Erfolgt ein Erwerb nicht durch Erbgangoder durch Nachkommen etc. (Art. 62 BGBB), ist dazu eine Bewilli-gung erforderlich (Art. 61 BGBB). Diese wird verweigert, wenn derErwerber nicht Selbstbewirtschafter ist. Von dieser Regel wird abge-wichen, wenn der Erwerber einen wichtigen Grund nachweisenkann (Art. 64 BGBB). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn daslandwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstück in einer Schutzzoneim Sinne von Art. 17 RPG liegt und der Erwerber mit dem Kauf ebendiesen Schutz bezweckt. Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn

Direktzahlungen für Ersatzmassnahmen: Die-ses Saumhabitat hat die Funktion eines Ver-netzungselements zwischen Wald und Feld.Ersatzmassnahmen in dieser Form könntenzwar als ökologische Ausgleichsflächen ge-mäss Direktzahlungsverordnung (DZV) ange-rechnet werden. Da der Bestand des Saum-habitats langfristig aber schwer zu sichern ist,ist es jedoch als Ersatzmassnahme eher unge-eignet.Foto: M. Jenny

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das zu erwerbende Grundstück als Realersatz für eine Landwirt-schaftsparzelle dient, die beispielsweise für ein Vorhaben oder des-sen Ersatzmassnahme beansprucht wird, oder wenn mit dem Erwerbdie schutzwürdige Umgebung einer historischen Stätte, Baute oderAnlage oder ein Objekt des Naturschutzes erhalten werden soll (Art.64 Abs. 1 Bst. d und f BGBB).

Wird mit der Realisierung von Ersatzmassnahmen die Existenz einesleistungsfähigen Landwirtschaftsbetriebes nicht in Frage gestellt,dürfte auch kein grundlegendes Konfliktpotenzial zwischen ange-ordneten Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen und dembäuerlichen Bodenrecht vorliegen. Dies trifft vor allem dort zu, wodie Ersatzmassnahmen in Bezug auf die landwirtschaftliche Nut-zung reversibel sind und sie durch Vereinbarungen im Sinne von Art.15 oder Art. 18c Abs. 1 NHG geregelt wurden.

4.3.4 Fruchtfolgeflächen

Die Fläche einer Ersatzmassnahme kann dann als Fruchtfolgeflächeangerechnet werden bzw. im kantonalen Kontingent bleiben, wennGewähr besteht, dass sie wieder in eine landwirtschaftlich nutzbareFläche zurückgeführt werden kann (Reversibilität). Der Boden mussdabei grundsätzlich ackerfähig bleiben. Bei Hecken, Ufergehölzenetc. ist dies grundsätzlich der Fall. Bei der Revitalisierung von Ge-wässern hängt die Reversibilität von den hydraulischen Rahmenbe-dingungen, vom Umfang und von der Art der getroffenen Massnah-men ab. Als unproblematisch können gelten:

– der Rückbau harter Uferverbauungen sowie eine extensivereBewirtschaftung der Uferbereiche;

– die Schaffung neuer Ufergehölze. Diese gehören zu Typ 10 (He-cken-, Feld- und Ufergehölze) der ökologischen Ausgleichs-flächen (vgl. LBL-Wegleitung35);

– sanfte, auch aus hydraulischer Sicht notfalls reversible Aufwei-tungen; insbesondere Flachufer, Feuchtwiesen, gewisse nur beihöheren Abflussjährlichkeiten überflutete Altarme ohne hartebauliche Eingriffe;

Veränderungen von Zustand oder Nutzung der Fruchtfolgeflächensind damit durchaus möglich – gerade auch zu Gunsten vonWiederherstellungs- und Ersatzflächen des Naturschutzes. Voraus-setzung dafür ist, dass sie kurzfristig, d.h. innerhalb von maximalzwei Jahren, wieder einer ackerbaulichen Nutzung zugeführt wer-den können und die Qualitätsanforderungen an Fruchtfolgeflächennach wie vor erfüllen (Rückführbarkeit: Art. 16 Abs. 1 und 2 sowieArt. 20 Abs. 4 Raumplanungsverordnung (RPV); ARE-Merkblatt zumVollzug des Sachplanes Fruchtfolgeflächen7).

4.4 Früh- und vorzeitiger Ersatz

Grundsätzlich ist der Ersatz eines Lebensraumes vor Baubeginn zurealisieren. Dies ist vor allem dann zwingend, wenn als Ersatzmass-nahme ein Lebensraum vorgesehen ist, dessen Entstehen und Ent-wicklung einen langen Zeitraum beansprucht. Es liegt in der Verant-wortung der Projektierenden zu erkennen, ob Ersatzmassnahmenvorzeitig realisiert werden müssen. Um dies zu erleichtern, sollenErsatzmassnahmen schon zum Zeitpunkt, zu dem technische Eingriffe(Bauvorhaben etc.) auf Richt- oder Sachplanstufe festgesetzt werden,zusammen mit dem Projekt stufengerecht räumlich dargestellt wer-den. Landschaftsentwicklungskonzepte sind ebenfalls geeignete In-strumente, um gute Voraussetzungen für den frühzeitigen Ersatz zuschaffen.

Einzelfragen und Spezialfälle

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Wenn die Gefahr besteht, dass durch projektbedingte EingriffePopulationen bedrohter Arten erlöschen, müssen die Ersatz-lebensräume ebenfalls bereits vor dem Eingriff zur Verfügung ge-stellt werden. Die Massnahmen sollen gewährleisten, dass diese ihreFunktion möglichst rasch erfüllen können.

Eine standortangepasste Lebensgemeinschaft kann gefördert wer-den, indem Pflanzenmaterial des zu ersetzenden Lebensraumes(Sodenverpflanzung, Heublumensaat, ausschlagfähiges Astwerk,Wurzelstöcke, Rhizome und Samen im Erdreich und in Gewässer-sedimenten) wieder verwendet wird. Dieses Material ist für Wieder-herstellungs- und Ersatzmassnahmen in vielen Fällen ein hervorra-gender Baustoff, der durch käufliches Saat- oder Pflanzgut nichtersetzt werden kann. Die Verpflanzung ganzer Vegetationsteile hatden Vorteil, dass zugleich auch Kleintiere erhalten werden, welchesich in der obersten Erdschicht und im Bereich der Wurzeln undPflanzenhorste befinden. Dadurch können ganze Biozönosen über-siedelt werden, die sich im Verlaufe von Jahrzehnten und Jahrhun-derten entwickelt haben54.

4.5 Zeitlich befristete Überbrückungsmass-nahmen

Um zu vermeiden, dass allein als Folge der zeitlich befristeten Bau-phase Populationen gefährdeter oder stark gefährdeter Tier- oderPflanzenarten erlöschen, können vor Baubeginn auch temporäreMassnahmen notwendig sein. Sie ergänzen die Massnahmen nachBauabschluss. Die temporären Massnahmen haben vor allem zumZiel, die weitere Baustellenumgebung als Ausweichgebiet aufzu-werten, Vegetationsteile mit gefährdeten Populationen zwischen-zulagern oder temporäre Ausweichlebensräume wie Wanderbio-tope einzurichten.

4.6 Nicht wiederherstellbare Lebensräume

Beeinträchtigt ein Vorhaben Lebensräume, in denen vom Ausster-ben bedrohte Arten der Roten Listen vorkommen und die nachmenschlichem Ermessen nicht künstlich geschaffen oder nur in sehrlangen Zeiträumen wiederhergestellt werden können, ist angemes-sener Ersatz kaum möglich. Zu Lebensräumen dieser Art gehörenbeispielsweise alpine Lebensräume oberhalb der Waldgrenze,Quell- und Felsfluren, unterirdische Gewässer, autochthone Wäldermit alten Baumbeständen oder Hochmoore. Letztere sind allerdingsin der Regel durch die HMV besonders geschützt. In diesen Fällen istder Konflikt mit Art. 18 Abs. 1ter NHG nur zu beheben, indem derLebensraum erhalten bleibt. Die Entscheidbehörde hat bei derInteressenabwägung vor allem das übergeordnete Interesse an Ar-ten zu berücksichtigen, für deren Erhaltung die Schweiz eine beson-dere Verantwortung trägt.

4.7 Funktionsverluste (Zerschneidung)

Wird die Funktion oder die Funktionsfähigkeit von Lebensräumenbeeinträchtigt, erwächst daraus die Pflicht zum Ersatz. Dies gilt auchdann, wenn der betroffene Lebensraum für sich allein betrachtetnicht besonders schutzwürdig ist. Dieser Fall tritt beispielsweise ein,wenn intensiv genutztes Landwirtschaftsland beansprucht wird,welches Teil eines Wildwechsels ist oder dessen Bedeutung zumBeispiel darin liegt, dass es unzerschnittener Teil eines offenen Le-

Einzelfragen und Spezialfälle

Bahnhof Zürich Herdern: Im temporären Aus-weichlebensraum werden gemäss einer Ver-einbarung während der Bauphase künstlicheNisthilfen für Wildbienen bereitgestellt. DieVereinbarung sieht nach 7 bis 10 Jahren eineErfolgskontrolle vor.Foto: Regula Müller, topos

Wanderbiotop: Mit relativ geringem Auf-wand können während des Kiesabbaus im-mer wieder neue Pionierstandorte geschaf-fen werden. Deren Standort «wandert» mitfortschreitendem Abbau.

Rekulti-viert

Wander-biotope

Abbau-richtung

Eine Pistenplanierung macht deutlich, dassLebensräume im Hochgebirge kaum wieder-hergestellt werden können: Obwohl (oder ge-rade weil?) die Planierung begrünt wurde, isteine Wiederbesiedlung der Flächen mit denursprünglichen Lebensgemeinschaften nichterfolgt.Foto: H. R. Müller

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Hochmoore gehören zu den seltensten, älte-sten und damit auch wertvollsten Biotopender Schweiz. Sie können in überblickbarenZeiträumen nicht wiederhergestellt werdenund geniessen entsprechend besonderenSchutz. (Les Ponts-de-Martel, NE)Foto: ökonsult

bensraumes darstellt, der spezifische Lebensraumbedürfnisse be-stimmter Zugvogelarten abdeckt.

Sind Zerschneidungen bestehender Lebensräume aufgrund einesProjektes unumgänglich, sind die Auswirkungen mit gezieltenMassnahmen zu minimieren:

– Wanderkorridore sollen so gut wie möglich wiederhergestelltwerden;

– Neu zu schaffende Lebensräume sind mit Lebensräumen glei-chen Typs mindestens gleich intensiv zu vernetzen wie die zer-störten;

– Vor allem bei Strassenprojekten kann es sinnvoll sein, Mass-nahmen ausserhalb des Einwirkungsraumes zu realisieren;

– Sind die neuen Lebensräume stärker isoliert als die bisherigen,müssen sie umso grösser oder höherwertig sein;

– In jedem Fall ist eine ausreichende Vernetzung sicherzustellen,welche die Wiederbesiedlung der neuen Lebensräume er-leichtert.

– Zur Wechselwirkung zwischen Fauna und Verkehrsnetzen hatdas Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energieund Kommunikation UVEK ein Handbuch12 herausgegeben. Inder diesbezüglichen aktuellen Fachliteratur finden sich ausser-dem eine entsprechende UVEK-Richtlinie58 und zahlreiche weite-re Grundlagen.48/26

4.8 Ersatz von Waldbiotopen

Werden durch Projekte schutzwürdige Waldbiotope im Sinne vonArt. 18 Abs. 1bis NHG beeinträchtigt, richtet sich der Ersatz zunächstnach Art. 7 WaG. Diese Bestimmung schliesst sowohl den quantitati-ven wie explizit auch den qualitativen Rodungsersatz (Art. 8 Abs. 1der Verordnung über den Wald (WaV)) ein. Sie deckt damit grund-sätzlich auch Art. 18 Abs. 1ter NHG ab.

Verbleiben dennoch ökologische Verluste, die durch den Rodungs-ersatz nach WaG nicht kompensiert werden können, müssen siedurch zusätzliche Massnahmen aufgrund von Art. 18 Abs. 1ter NHGausgeglichen werden. Ziel ist, die qualitative Gleichwertigkeit derErsatzaufforstung zu erreichen. Es kann aber sein, dass das Vorha-ben bzw. die Rodung Auswirkungen auf den Landschaftshaushaltausserhalb des Waldes hat.

In Ausnahmefällen kann aufgrund von Art. 7 Abs. 3 WaG auf denRealersatz durch Aufforstung zu Gunsten von Massnahmen im In-teresse des Natur- und Landschaftsschutzes verzichtet werden. Sol-che Massnahmen gelten rechtlich als Rodungsersatz. Soweit dieMassnahmen im Wald erfolgen, verbleiben die entsprechenden Flä-chen Wald im Sinne des Waldgesetzes, auch wenn sie nicht oder nurteilweise bestockt sind. Folgende Massnahmen sind im Sinne vonBeispielen denkbar (aus Kreisschreiben Nr. 1 der Eidg. Forst-direktion16):

Innerhalb des Waldes:

– Schaffung und Erhaltung von wertvollen Lebensräumen, indembestehende Abbauflächen in ausgewählten Fällen nicht wieder-aufgefüllt und nicht aufgeforstet werden;

– Offenhaltung unbestockter Flächen, die eine besondere ökologi-sche Funktion erfüllen;

– Wiederherstellung alter Kastanien- und Nussbaumselven;– Schaffung oder Vergrösserung von Waldreservaten;

Einzelfragen und Spezialfälle

Überdeckung Fuchswies bei Neuwilen (Kt.TG): Die A7 zerschneidet den ganzen Hügel-zug zwischen dem Thurtal und dem Boden-see. An denjenigen Stellen, wo die A7 zusam-menhängende Waldgebiete quert, wurdenauf Vorschlag des Tiefbauamtes Grünbrückenerstellt. Derartige Ökobrücken vermindernden Zerschneidungseffekt der Strasse. In derintensiv genutzten Landschaft stellen siegleichzeitig wertvolle Lebensräume für ge-schützte oder seltene Arten dar.Foto: Tiefbauamt des Kt. Thurgau

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– Grosszügige Umwandlung standortsfremder Waldbestände instandortsheimische und ökologisch wertvolle Bestände, die denKriterien des naturnahen Waldbaus (Ergänzung vom 25. Novem-ber 1996 zum Kreisschreiben Nr. 7 der Eidg. Forstdirektion17)entsprechen;

– Wiederherstellung von Auenwäldern und den entsprechendenStandortbedingungen sowie Revitalisierung von Waldgewässern;

– Schaffung und Pflege stufiger Waldränder, wenn die Massnahmeüber das im Rahmen von Waldbau A-Projekten Erforderlichebzw. über das im Rahmen der Umsetzung des naturnahen Wald-baues Übliche hinausgeht. In der Regel sind Waldrandauf-wertungen für den Flächenanteil anrechenbar, welcher eine Tie-fe von zehn Metern überschreitet.

Ausserhalb des Waldes:

– Allgemeine Renaturierungsmassnahmen an Fliessgewässern undin Auengebieten;

– Schaffung von Baumhecken, Baumgürteln oder Alleen, um dieWohlfahrtsfunktion aufzuwerten oder den Siedlungsbereich zugliedern;

– Schaffung ökologischer Verbundsystemen ausserhalb von Sied-lungen (z.B. Feldgehölz, Baumhecke, Uferbestockung);

– Erhaltung von Kulturlandschaftselementen.

Die genannten Biotope müssen eine langfristige Wirkung von meh-reren Jahrzehnten erreichen und entsprechend mit geeignetenrechtlichen Massnahmen gesichert werden. Ausgenommen sind Ob-jekte von nationaler und kantonaler Bedeutung, für die der Bundoder die Kantone bereits Beiträge ausrichten.

4.9 Gesetzliche Pflicht zur Verbesserung be-sonderer Lebensräume

Für die Ufervegetation (Art. 21 Abs. 2 NHG) und für die vom Bundes-rat bezeichneten Lebensräume von nationaler Bedeutung (Flach-moore, Hochmoore, Auen) gelten gegenüber den Bestimmungenvon Art. 18 Abs. 1ter NHG weitergehende Anforderungen. Dieseumfassen:

– Die Pflicht, innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Inkrafttretender betreffenden Verordnung Schutz-, Unterhalts- und gegebe-nenfalls Regenerationsmassnahmen zu ergreifen, um die Objek-te ungeschmälert zu erhalten (Art. 4 und 5 AuenV, FMV, HMV).Massnahmen, welche bei der Ausscheidung, beim Schutz undbeim Unterhalt von Biotopen von nationaler Bedeutung durchdie Kantone obligatorisch sind, können nicht Gegenstand vonErsatzmassnahmen sein.

– Die Pflicht, bestehende Beeinträchtigungen an den Objekten imjeweils möglichen Umfang zu beseitigen, falls sich die Gelegen-heit dazu bietet (Art. 8 AuenV, FMV, HMV). Vorhaben im Umfelddieser Biotope stellen in der Regel eine Gelegenheit für solcheAufwertungen dar. Die Entscheidbehörde verfügt in diesen Fäl-len über einen gewissen Ermessensspielraum, was die Anwen-dung und die Bestimmung des Umfanges betrifft. Sie hat dabeimit der kantonalen Fachstelle zusammenzuarbeiten, welche fürden verordnungskonformen Schutz, den Unterhalt und die Auf-wertung der Biotope von nationaler Bedeutung verantwortlich ist.

– Die Pflicht, Ufervegetation anzulegen oder zumindest die Vor-aussetzungen für deren Gedeihen zu schaffen, soweit es die

Einzelfragen und Spezialfälle

Alteichen-Bestand im Perimeter eines Kiesab-baugebietes: Die flächengleiche Ersatz-aufforstung für einen gerodeten Eichen-Alt-bestand kann ökologisch nicht gleichwertigsein, da alte Eichen ökologisch besonderswertvoll sind und die Wiederherstellung biszu mehreren Jahrhunderten dauert. Oft sindauch die Standortvoraussetzungen für die Er-satzaufforstung schlechter als für den ur-sprünglichen Lebensraum. Nach erfolgtemAbbau eines Kiesvorkommens bis auf die dar-unter liegende Lehmschicht ist es kaum mehrmöglich, einen Eichenbestand auf dem verän-derten Untergrund aufwachsen zu lassen.Foto: Andreas Stalder

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Verhältnisse erlauben (Art. 21 Abs. 2 NHG). Wo noch keine sol-chen Voraussetzungen bestanden haben, kann das Schaffen vonUfervegetation als Ersatzmassnahme angerechnet werden, so-fern die Anforderungen an den Raumbedarf für Fliessgewässerund die langfristige Sicherung der Massnahme erfüllt werden.

Selbstverständlich können Eingriffe in Biotope von nationaler Be-deutung nur in Ausnahmefällen und mit den vom NHG und von denentsprechenden Biotopverordnungen formulierten Rahmenbedin-gungen gestattet werden. So sind beispielsweise technische Eingriffein Flach- und Hochmoore von nationaler Bedeutung ausdrücklichnur dann erlaubt, wenn sie für die Aufrechterhaltung der traditio-nellen Bewirtschaftung erforderlich sind. Der Gesetzgeber hat dieseAusnahme zugelassen, weil die Erhaltung der biotopspezifischenArtenvielfalt oft von dieser Bewirtschaftungsform abhängig ist(Streueschnitt). Zudem darf der Eingriff den Schutzzielen nicht zu-widerlaufen, das Biotop also (über das eigentliche Werk hinaus)weder zerstören noch nachteilig beeinflussen (Art. 5 Abs. 1b HMVund Art. 5 Abs. 2b FMV). Auch ist mit diesen Eingriffen die Pflicht zuWiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter

NHG verbunden.

Gelegenheiten für AufwertungsmassnahmenDie öffentliche Hand ist nur im Falle von «günstigen Gelegenhei-ten» verpflichtet, Biotope von nationaler Bedeutung durch aktiveMassnahmen aufzuwerten. Diese «günstigen Gelegenheiten» bie-ten sich im Rahmen öffentlicher Naturschutzprogramme oder -pro-jekte, raumplanerischer Massnahmen oder anderer öffentlicherWerke wie etwa Trinkwasserfassungen und -schutzzonen, abermanchmal auch im Zuge der Erarbeitung von Ersatzmassnahmen füröffentliche Werke. Aufwertungsmassnahmen, wie beispielsweisedie Schaffung neuer, d.h. zusätzlicher ökologischer Werte oder dieVergrösserung des Perimeters, dürfen deshalb in solchen Fällen alsErsatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG für ein Vorhabenangerechnet werden. Eine allgemeingültige Abgrenzung zu denSchutz- und Regenerationsmassnahmen nach Art. 4 und 5 der jewei-ligen Verordnung ist allerdings schwierig und erfordert eine Be-trachtung jedes Einzelfalles.

Eine Ersatzmassnahme im Perimeter eines inventarisierten Lebens-raumes von nationaler Bedeutung, die diesen qualitativ aufwertet,kann zwar sinnvoll sein. Sie eignet sich im übrigen besonders gut fürdie Planung und Umsetzung im Rahmen eines «Massnahmenpools»(vgl. Kap. 5.2). Die Aufwertung nationaler Lebensräume durch Ge-suchsteller, die aufgrund des Verursacherprinzips für Ersatzmass-nahmen zu sorgen haben, darf aber nicht dazu führen, dass derVollzug des Schutzes, des Unterhalts und der Aufwertung der Bioto-pe von nationaler Bedeutung durch die Behörden in Frage gestelltwird. Es besteht insbesondere die Gefahr, dass die hierfür vorgese-henen finanziellen Mittel des Natur- und Landschaftsschutzes aufkantonaler Ebene entsprechend gekürzt werden, und dass sich dieöffentliche Hand damit von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zurAufwertung von Lebensräumen von nationaler Bedeutung entbin-det.

Es ist auch denkbar, einen Lebensraum von nationaler Bedeutung zuvergrössern. Dies führt allerdings nicht automatisch zu einer Erwei-terung seines rechtsverbindlich festgelegten Perimeters. Eine Verän-derung des Perimeters kann nur im Rahmen einer formellen Revisi-on des Inventars als Teil der entsprechenden Biotopverordnungerfolgen. Es wäre jedoch möglich, dass ein Kanton beim Bundesratdie Änderung des betreffenden Inventars beantragt, sobald dieentsprechenden Kriterien erfüllt sind. Für die Beurteilung sind dabeidie Kriterien der für die Inventarerstellung angewandten Inventa-risierungsmethode anzuwenden.

Einzelfragen und Spezialfälle

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61Einzelfragen und Spezialfälle

Aue Moesa; Verbesserung eines Biotops von nationaler Bedeu-tung: Seit vielen Jahren senkte sich die Sohle des Flusses Moesakontinuierlich. Dies gefährdete bestehende Verbauungen undangrenzende Objekte, u.a. die Nationalstrasse. Um diesenProzess zu stoppen, wurden die Querschwellen durch eineAufweitung des Flussbettes ersetzt. Dieses Vorhaben wertetden Auenlebensraum erheblich auf. Gleichzeitig dient es alsErsatzmassnahme für Beeinträchtigungen, die durch den Bau

der Nationalstrasse an Wald und Ufervegetation erfolgten. DieAufwertung und Vergrösserung der Aue gilt als Massnahmegemäss Art. 8 AuenV. Sie ist umfassender als die obligatori-schen Schutz- und Pflegemassnahmen, zu denen der Kantongemäss Art. 5 AuenV verpflichtet ist.

Foto: Kantonales Tiefbauamt Graubünden

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5 Neue Lösungsansätze

Die Suche nach geeigneten Ersatzmassnahmen, die Flächen-sicherung, die Detailplanung und die Regelung des Unterhalts derErsatzflächen verschlingen erfahrungsgemäss einen grossen Teil derKosten, die für Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG ausge-geben werden. Oft kann deshalb nur ein kleiner Teil der Mittel indie eigentliche Massnahme investiert werden. Um dieses Miss-verhältnis zu korrigieren, können neue Lösungsansätze geprüftwerden, welche die Realisierung von Ersatzmassnahmen erleichternund einen effizienten Einsatz der Mittel erlauben sollen.Die in der Folge skizzierten Möglichkeiten sind somit anstelle her-kömmlicher Ersatzmassnahmen oder auch als Kombination ver-schiedener Ersatzleistungen oder -formen zu prüfen.

Poollösungen zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Ansatz eherökologie- und ökonomiebezogen als projektbezogen ist. Unter Um-ständen lassen sich deshalb verschiedene Poollösungen miteinandersowie mit weiteren Instrumenten wie z.B. Sponsoring, ökologischerAusgleich, herkömmliche Wiederherstellungs- und Ersatzmassnah-men kombinieren. Dieser konzeptionelle Ansatz ermöglicht es,Pools im Rahmen einer Richt- oder Sachplanung rechtzeitig zu be-stimmen und die entsprechenden Vorbereitungsmassnahmen früh-zeitig zu koordinieren.Bis auf die Fondslösung (Abschnitt 5.3) ergeben sich keine Problemein Bezug auf die rechtliche Zulässigkeit mit Art. 18 Abs. 1 NHG.Allenfalls sind Fragen in Zusammenhang mit dem bäuerlichenBodenrecht zu beachten (siehe Kapitel 4.3.3).

5.1 Flächenpool

Das grösste Hindernis für die Planung, Anordnung und Umsetzungvon Ersatzmassnahmen ist oft das Fehlen geeigneter Flächen oderzumindest der grosse zeitliche und administrative Aufwand fürderen Beschaffung. Sie sind oft Anlass dafür, dass ein Projekt inzeitlicher Hinsicht zu scheitern droht. Poollösungen können hierAbhilfe schaffen: Bei geeigneter Gelegenheit erwirbt die öffentli-che Hand aus naturschützerischer Sicht möglichst günstig gelegeneParzellen, beispielsweise in Zusammenhang mit andern Vorhaben,mit dem Freiwerden einer Pacht auf einem Staatsbetrieb, mitLandabtausch oder der Aufgabe von Betrieben. Diese Parzellenmüssen nicht zwingend direkt für Ersatzmassnahmen zur Verfü-gung stehen, sondern können auch als Realersatz, d.h. zum Ab-tausch mit besser geeigneten Flächen, dienen.

Beschaffung und SicherungMit Flächenpools schafft und sichert sich die öffentliche Hand einen«Vorrat» an Flächen unabhängig von konkreten Vorhaben, welcheeinen Eingriff zur Folge haben könnten. Möglichkeiten, geeigneteFlächen für Naturschutzmassnahmen freihändig zu erwerben bzw.abzutauschen, bestehen für die Kantone oft auch im Rahmen vonLandumlegungsverfahren oder anderen öffentlichen Vorhaben. Dervoraussichtliche Bedarf an Flächen lässt sich annäherungsweise an-hand der Bauvorhaben abschätzen, die im kantonalen Richtplanvorgesehen sind. Die rechtliche Sicherung sollte ausser dem Kaufzumindest raumplanerisch in Nutzungsplänen erfolgen. Die Ausge-staltung der konkreten naturschützerischen Leistung kann dabeinoch skizzenhaft bleiben. Die damit eröffneten Möglichkeiten sol-len sich aber doch in einen sinnvollen räumlichen und ökologischenGesamtzusammenhang einfügen, beispielsweise aufgrund der Ziel-formulierung eines Landschaftsentwicklungskonzeptes.

Neue Lösungsansätze

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63Neue Lösungsansätze

AbwicklungErsatzpflichtige erwerben die notwendigen Flächen oder Rechte(Baurecht, Dienstbarkeiten) aus dem Pool der vorsorglich bereitsgesicherten Flächen. Sie sind damit der oft mühsamen Suche nachökologisch sinnvollen Ersatzflächen und ihrer Sicherung enthobenund können sich auf die Detailprojektierung und Realisierung derkonkreten Massnahme konzentrieren.

Vorgehen

Was? Wer?

1 Bestimmung ökologischer Vorrangflächen Öffentliche Handim Rahmen eines räumlichen Gesamt- (kantonalekonzepts. Fachstelle)Grundlagen: Naturschutz- oder Land-schaftsentwicklungskonzepte, Nutzungs-oder Richtpläne.

2 Vorsorglicher Erwerb oder anderweitige Öffentliche HandSicherung «auf Vorrat» unabhängig von einemkonkreten Vorhaben (z.B. Güterzusammen-legung, Baulandumlegung, freihändigerLanderwerb für ein öffentliches Werk).

3 Erwerb eines Teils dieser Fläche oder der Ersatzpflichtigerentsprechenden Rechte unter Vergütungeines entsprechenden Anteils der Vor-leistungen und Managementkosten, welchedurch die öffentliche Hand erbracht wurden.

4 Detailprojektierung und Ausführung der Ersatzpflichtigerkonkreten (physischen) Massnahme,Regelung des Unterhalts (vgl. Kapitel 7)

Schritt 2 kann allenfalls ausgelassen werden. In diesem Fall erbringtdie öffentliche Hand nur die planerische Vorleistung und sorgt fürdie Sicherung.

Rahmenbedingungen

– Anspruch: Es besteht kein Anspruch auf Poolflächen. Das Fehlensolcher Flächen entbindet nicht von der Pflicht zu Wiederherstel-lung oder Ersatz.

– Wahrung des räumlichen und funktionellen Zusammenhangs: Esist abzuklären, wie weit eine Lockerung des räumlichen undallenfalls funktionalen Zusammenhangs mit dem auslösendenProjekt nötig, möglich, ökologisch sinnvoll und verantwortbarist.

– Trägerschaft und Verantwortlichkeit: Verantwortlich für die Rea-lisierung der Massnahme bleibt der Ersatzpflichtige.

– Darstellungsgenauigkeit: Poolflächen müssen im Rahmen einesGesamtkonzepts parzellenscharf bezeichnet werden.

– Sicherung: Die Flächen werden grundeigentümerverbindlich ge-sichert; z.B. in kantonalen oder kommunalen Nutzungsplänenoder im Grundbuch.

– Zugang: Durch Einbezug aller Verwaltungsebenen (Fachstellenund Entscheidbehörden der Gemeinden, des Kantons und desBundes) soll der Pool möglichst vielen potenziellen Projekt-trägern offen stehen. Inhaltlich sollen nicht nur Naturschutzfach-

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stellen, sondern auch die Raumplanung und die für die Projekt-ebene zuständigen Entscheidbehörden einbezogen werden.

– Auswahl und Abgrenzung: Aufgrund eines räumlichen Gesamt-konzeptes sollen sich im Pool Flächen befinden, die ein reellesökologisches Defizit und ein hohes ökologisches Entwicklungs-potenzial aufweisen.

– Partizipation: Im Planungsgebiet ist ein vorbereitender Kommu-nikationsprozess in Gang zu setzen, welcher Grundeigentümer,Interessenvertreter und andere Betroffene einbezieht.

– Stellenwert: Der Abgrenzung des Flächenpools als Instrumentzur Umsetzung projektbedingter Ersatzmassnahmen nach demVerursacherprinzip gegenüber Massnahmen, Projekten oderProgrammen des Natur- und Landschaftsschutzes im Rahmen desnormalen Gesetzesvollzuges muss grosse Beachtung geschenktwerden. Dadurch wird die Gefahr der Aushöhlung des Gesetzes-auftrages, z.B. durch Kürzung der ordentlichen Mittel, vermie-den (analog dem in Kapitel 4.9 erörterten Problem).

Vorteile aus Sicht des Vollzugs:

– Flächenpools bieten die Chance, dass grossräumige Ersatzlebens-räume geschaffen werden und dabei sowohl für Ökologie alsauch Management vorteilhaft sind.

– Ersatzmassnahmen werden besser eingebunden und sind wirksa-mer: Dank einem ökologiebezogenen statt einem projektbezo-genen Ansatz werden die Standorte aufgrund landschaftsöko-logischer und -planerischer Kriterien bestimmt statt wie bisanhin primär aufgrund der Flächenverfügbarkeit.

– Ersatzmassnahmen aus verschiedenen Projekten lassen sich sinn-voll kombinieren.

– Ersatzmassnahmen lassen sich vor dem auslösenden technischenEingriff realisieren, was für die Natur wie auch für den Gesuch-steller vorteilhafte Zeitgewinne erlaubt.

– Flächenpools verbessern die Akzeptanz von Massnahmen: DieMassnahmen werden im Rahmen von Landschaftsentwicklungs-konzepten oder von Richt- bzw. Nutzungsplanungen unter Mit-wirkung der Bevölkerung erarbeitet. Sie erlauben Synergie-gewinne, zum Beispiel mit dem ökologischen Ausgleich in derLandwirtschaft oder mit Gewässerschutz- oder Wasserbauvor-haben, und können durch Sponsoring ergänzt werden.

Vorteile aus Sicht des Projektverfassers:

– Der Erwerb von Ersatzflächen in grösserem Umfang (grössereParzellen, auslaufende Landwirtschaftsbetriebe) ist vorteilhaft.Auf die allfällige Abparzellierung für die oft kleinflächigen Ersatz-massnahmen kann verzichtet werden. Auch der Aufwand für dieDetailplanung und für die rechtliche Sicherung der Massnahmekann auf mehrere Massnahmenträger verteilt werden.

– Es ergibt sich ein erheblicher Zeitgewinn, weil die Flächen sofortverfügbar sind, Planungsleerläufe vermieden und die Verfahrenbeschleunigt werden.

Nachteile

– Es mangelt häufig an geeigneten grossen Flächen, zudem fehltes an umsetzbaren Gesamtplanungen oder -konzepten.

– Die Bemessung bzw. Umrechnung der Ersatzleistung bietetSchwierigkeiten, aber auch viel Ermessensspielraum.

Flächenpool Mittlere Havel (D): Ausschlag-gebend für die Schaffung dieses Flächen-pools zwischen Brandenburg und Potsdamvon rund 50 Quadratkilometer waren derBau eines Schifffahrtsweges (Flächenbedarf10 Quadratkilometer) sowie weitere grosseBahn-, Strassen- und Gewerbeprojekte vonkommunalem, regionalem, Landes- oderBundesinteresse (Flächenbedarf 10 Qua-dratkilometer). Geplant ist, dass die regio-nale Planungskommission einen umfassen-den Moderations- und Beteiligungsprozessmit Öffentlichkeitsarbeit startet und die in-teressierten Kreise einbezieht. Eine kosten-deckend arbeitende Flächenagentur ist alsTrägerschaft des Poolmanagements (Er-werb, Dienstbarkeiten) vorgesehen.

Entwicklung eines gemeinsamen Flächen-pools der Stadtgemeinden Damme, Diep-holz, Lohne und Vechta (D): Weitgehendunabhängig von den Gemeindegrenzenwird in diesen Stadtgemeinden Nieder-sachsens ein gemeinsamer Flächenpool auf-gebaut, mit einem Bedarf von 300 bis 500Hektaren. Aus einem Suchraum von rund3500 Hektaren werden fünf geeignete Räu-me ausgewählt. Der Beschluss für das Pro-jekt inkl. Finanzen wurde bereits gefasst,eine gemeinsame Flächenverwaltung wirdinstalliert.

Neue Lösungsansätze

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65Neue Lösungsansätze

5.2 Massnahmenpool

In vielen Regionen bestehen umsetzungsreife Revitalisierungs- oderandere Naturschutzprojekte, die aus Mangel an finanziellen Mittelnnoch nicht realisiert werden konnten. Anstelle einer eigenen Ersatz-leistung übernimmt der Ersatzpflichtige ein solches «fertiges» Pro-jekt zur Realisierung oder beteiligt sich finanziell an dessen Konkre-tisierung41. Durch Beteiligung mehrerer Ersatzpflichtiger könnenauch grössere Projekte realisiert werden. Voraussetzung dafür ist,dass entsprechende Naturschutzprojekte vorliegen. Sie müssen inkonzeptioneller wie auch administrativer Hinsicht durch die Verwaltungoder eine andere geeignete Institution (z.B. Pro Natura, Schwellen-korporation) bis zur Ausführungsreife vorbereitet sein. In der Regelist hier auch die Frage der Flächenbeschaffung bereits gelöst.

Vorgehen

Was? Wer?

1 Bestimmung von ökologischen Vorrang- Öffentliche Handflächen im Rahmen eines räumlichen (kantonaleGesamtkonzepts. Fachstelle)Grundlagen: Naturschutz- oder Landschafts-entwicklungskonzepte, Nutzungs- oderRichtpläne.

2 Vorsorglicher Erwerb oder anderweitige Öffentliche HandSicherung «auf Vorrat», unabhängig voneinem konkreten Vorhaben (z.B. Güter-zusammenlegung, Baulandumlegung,freihändiger Landerwerb für ein öffent-liches Werk).

3 Direktes Ableiten von Einzelmassnahmen Öffentliche Handoder Projekten aus kommunalen oderregionalen Konzepten. Bearbeitung biszur Ausführungsreife.

4 Erwerb eines Teils dieser Fläche oder der Ersatzpflichtigerentsprechenden Rechte unter Vergütungeines entsprechenden Anteils derVorleistungen und Managementkosten,welche die öffentliche Hand erbracht hat.

5 Übernahme der Realisierung einer oder Ersatzpflichtigermehrerer Massnahmen – oder finanzielleBeteiligung – anstelle einer eigenen Ersatz-leistung; Erstattung eines entsprechendenAnteils der Kosten, die für Planung undManagement durch die Fachstelle erbrachtwurden; Regelung des Unterhalts (vgl. Kapitel 7).

Schritt 4 kann im Sinne einer Variante ausgelassen werden. Diesbedeutet, dass sich der Ersatzpflichtige nicht am Erwerb der Flächeoder der entsprechenden Rechte beteiligt, sondern ausschliesslichan der Realisierung der Massnahme (Schritt 5). Die Fläche verbleibtdamit im Besitz der bisherigen Eigentümer.

RahmenbedingungenEs gelten dieselben Rahmenbedingungen wie beim Flächenpool,mit der Ausnahme, dass die Ersatzpflichtigen nicht zwingend für dieAusführung des Ersatzes verantwortlich sind. Weitere Rahmenbe-dingungen:

Massnahmenpool Essen (D): Der Massnah-menpool in Essen umfasst zwischen 1992und 2001 rund 80 Hektaren. Die Verwaltungerfolgt durch das Grünflächenamt, die Refi-nanzierung nach dem Verursacherprinzip.Nicht nur die Flächensicherung, sondernmöglichst auch die Massnahmen werdenvorgängig der zu erwartenden Eingriffe rea-lisiert.

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66 Neue Lösungsansätze

Massnahmenpool Umfahrung Strada (Kt. GR): Dank einesMassnahmenpools konnte ein Auengebiet umfassend undgrossflächig revitalisiert werden. Dieses Projekt war vom Kan-ton seit langem geplant, jedoch fehlte das Geld zur Realisie-rung. Der Bau der Umfahrungsstrasse und weitere Vorhaben

(Kiesabbau) boten die Gelegenheit, die Revitalisierung als ge-meinsame Ersatzmassnahme für verschiedene Eingriffe zu ver-wirklichen.

Fotos: Tiefbauamt des Kt. Graubünden

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– Konkretisierungsgrad: Die Massnahme ist eindeutig bestimmtund den Ersatzpflichtigen bekannt. Die Projekte sind durch dieVerwaltung oder eine andere geeignete Institution geplant undausführungsreif vorbereitet worden.

– Darstellungsgenauigkeit: Die Massnahmen müssen aufgrund ei-nes Gesamtkonzepts parzellen- oder objektscharf dargestellt wer-den.

– Trägerschaft und Verantwortlichkeit: Die Ausführung der Ersatz-massnahme erfolgt in der Regel durch die öffentliche Hand oderwird zumindest durch sie veranlasst.

VorteileDer Massnahmenpool bietet ausser den beim Flächenpool genann-ten Aspekten zusätzlich folgende Vorteile:

– Gesuchsteller ohne Erfahrung in Naturschutzfragen werden derPflicht enthoben, Fachleute für die Planung von Massnahmen zusuchen.

– Es besteht die Chance, die konkreten Massnahmen in ein inhaltli-ches Gesamtkonzept mit klaren Zielsetzungen und Schwerpunk-ten einzugliedern (Beispiel Landschaftsentwicklungskonzept).

– Die konkreten Massnahmen können durch die Fachstellen vorbe-reitet und bei Bedarf durch geeignete Institutionen ausgeführtwerden.

Nachteile

– Gleiche Nachteile wie beim Flächenpool; zusätzlich:

– Die Identifikation der Ersatzpflichtigen mit den Zielen des Wie-derherstellungs- und Ersatzgedankens ist geringer, da sie von derPlanung und Ausführung der Ersatzmassnahme weitgehend ent-bunden sind.

– Massnahmenpools gestalten sich insoweit schwerfälliger, als dasProjekt vorgegeben und u.U. nicht dem erforderlichen Umfangder Ersatzpflicht entspricht.

– Der Massnahmenpool erfordert eine finanzielle, planerische undoft auch bauliche Vorleistung der öffentlichen Hand oder eineranderen Institution, was budgetmässige Probleme und zeitlicheVerzögerungen zur Folge haben kann. Die erfolgreiche Umset-zung steht und fällt mit dem persönlichen Engagement undGeschick der beteiligten Akteure, insbesondere in den Fach-stellen.

Handlungsbedarf für die Kantone

– Gemeinden, Regionen und Planungsverbände sollen von denKantonen dazu angehalten werden, Landschaftsentwicklungs-konzepte zu planen.

– Die Kantone sorgen auch dafür, dass Ersatzmassnahmen stufen-gerecht in den Instrumenten der Raumplanung berücksichtigtwerden.

Neue Lösungsansätze

Pfynwald (Kt. VS): Mit den Bauprojekten fürdie Autobahn A9, die Kantonsstrasse T9 undBahn 2000 werden die Verkehrsachsen zwi-schen Salgesch und Leuk vollständig neu or-ganisiert. Die SBB-Linie wird zweispurig ineinen Tunnel, die Kantonsstrasse rechtsufrigauf die frei werdende SBB-Planie verlegt. ImRahmen dieser Bauvorhaben wurde ein pro-jektübergreifendes Konzept mit mehrerenMassnahmen zum Schutz des BLN-ObjektsPfynwald-Illgraben erstellt. Für die Autobahnsind fünf Massnahmen vorgesehen, die eineVerbreiterung des Flusslaufes des Rotten an-streben. Zwei Massnahmen für die Kantons-strasse beinhalten die Anlage eines Auenwal-des, eines Feuchtgrabens und die Renaturie-rung eines Wasserlaufs. Zudem ist geplant,eine geschützte Landwirtschaftszone zuschaffen, einen Weiher zu erweitern und imPfynwald Lenkungsmassnahmen für Freizeit-aktivitäten sowie Unterhaltsmassnahmen zuergreifen. Diese letzteren Massnahmen über-steigen den angemessenen Ersatz, welcherfür die auslösenden Projekte notwendig ist.Sie müssen daher durch andere Instanzen ver-wirklicht werden. Die Gesamtkosten für diesieben Massnahmen der Strassenprojekte be-tragen rund 19 Mio. Franken.Foto: Andreas Stalder

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5.3 Ersatzmassnahmenfonds

Der Lösungsansatz des Ersatzmassnahmenfonds sieht vor, dass dieErsatzpflichtigen Geldbeträge in einen Fonds einzahlen, anstattkonkrete Ersatzmassnahmen zu realisieren. Von diesem Zeitpunktan steht das Geld der Behörde für sinnvolle Naturschutzmass-nahmen zur Verfügung. Im Gegensatz zum Massnahmenpool isthier der konkrete Verwendungszweck des Betrags zum Zeitpunktder Einzahlung noch offen. Die Verwaltung des Fonds erfolgt durchdie Behörde oder durch geeignete Dritte, denen diese Aufgabeübertragen werden kann.

Die Fondslösung stellt die weitestgehende Abkopplung der Ersatz-massnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG von dem Ersatz auslösendenEingriff dar. Der Geldwert wird dabei z.B. an der – hypothetischen –Wiederherstellung der beeinträchtigten Lebensräume gemessen(vgl. monetäre Ansätze in Kap. 3.1.5.1). Deren Kosten können wohlnur auf Grund von Erfahrungswerten geschätzt werden.

Die Finanzierung von Projekten der öffentlichen Hand durch privateGesuchsteller darf nicht dazu führen, dass die öffentlichen Mitteldes Natur- und Landschaftsschutzes entsprechend gekürzt werden.Ebenso muss der Fonds für konkrete Projekte eingesetzt werden;Verwaltungsaufgaben oder allgemeine Konzepte oder Studien dür-fen damit nicht finanziert werden. Es ist eine sorgfältige und effizi-ente Verwaltung des Fonds erforderlich, um zu vermeiden, dass zuviele Mittel für Planungen und zu wenig für die Umsetzung im Feldverwendet werden.

BeurteilungDie Rechtmässigkeit einer entsprechenden Fondslösung erscheintaufgrund der aktuellen Rechtslage zweifelhaft, fordert doch Art. 18Abs. 1ter NHG konkrete Massnahmen. Zudem kann die Realisierungvon Massnahmen, die aus dem Fonds finanziert werden, auf Schwie-rigkeiten stossen; beispielsweise indem sich das projekttypspezi-fische Enteignungsrecht wie etwa bei Nationalstrassen oder beiProjekten nach Eisenbahnrecht nicht auf einen Dritten als Trägerder Massnahme übertragen lässt. Im Sinne einer Analogie ist auchauf die Rechtsprechung zu Art. 8 WaG hinzuweisen. Danach darfnur in sehr restriktiver Weise in den von Art. 7 WaG abschliessendgenannten Ausnahmefällen auf Realersatz verzichtet und eine Er-satzabgabe geleistet werden. Die Lösung «Ersatzabgabe» ist auchaus der Sicht des Naturschutzes nicht zu begrüssen. Sie schmälertdas Bewusstsein dafür, dass Natur und Landschaft eine begrenzteRessource, ein öffentliches Gut und einen ethischen Wert (Werteiner Tier- oder Pflanzenart, Eigenwert der Landschaft) darstellen,dessen Beeinträchtigung nicht einfach abgegolten werden kann. Esentsteht keine gedankliche Verbindung von Vorhaben, Eingriff unddessen Auswirkungen mehr, so dass sich damit auch kein Verantwor-tungsbewusstsein für die Notwendigkeit einer Massnahme und fürderen konkrete Ausgestaltung entwickeln kann. Allerdings kann dieFondslösung in schwierigen Fällen die Lösungsfindung erleichtern.

Neue Lösungsansätze

Finanzierungsfonds für Ökostrom: Eine Fonds-lösung mit dem Charakter eines zweckge-bundenen Finanzierungsfonds existiert neu-erdings im Bereich der Ökostromzertifi-zierung nach dem Label «Naturemade Star».Dabei wird pro Kilowattstunde produzierterund verkaufter zertifizierter Energie ein be-stimmter Betrag eingesetzt, um Investitionenin Umweltmassnahmen zu tätigen, welcheüber die grundlegenden Anforderungen derZeritifizierung hinausgehen. Betrieben wirddas Label «Naturemade Star» vom Verein fürumweltgerechte Energie (VUE). Dieses An-wendungsbeispiel liegt allerdings ausserhalbdes engeren Anwendungsfeldes von Art. 18Abs. 1ter NHG und ist damit aus rechtlicherSicht auch unproblematisch.

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69Neue Lösungsansätze

Der Lötschenbach in Ostermundigen/BE wur-de im Dorfbereich ausgedolt und revitalisiert.Es handelte sich ursprünglich um ein Projektder Gemeinde, ein Teil der Kosten wurdedurch Subventionen von Bund und Kantonfinanziert. Ein weiterer Teil wurde durch ei-nen Fonds übernommen, welcher durch dieTrägerschaft eines Deponievorhabens in derRegion geäuffnet wurde. Beim Bau der Depo-nie waren Fliessgewässerlebensräume zer-stört worden. Vor Ort konnten bis zur Ertei-lung der Bewilligung aus technischen undnaturräumlichen Gründen keine Ersatzmass-nahmen erbracht werden. Mit der Ausdolungdes Lötschenbaches konnte in der gleichenGegend mit dem gleichen Biotoptyp Ersatzvorgenommen werden. Das Beispiel weistAspekte des Ersatzmassnahmenfonds auf,kann aber auch als Anwendung des Mass-nahmenpools im Überschnitt verschiedenerProjektträger und verschiedener rechtlicherGrundlagen betrachtet werden.Foto: Markus Thommen

Projekt 1

Projekt 2

Projekt 3

Projekt 1

Projekt 2

Projekt 3

Projekt 4

Projekt 1

Projekt 2

Projekt 3

Projekt 4

Teilflä(Eigentümer Staat)

Schematischer Vergleich der drei Lösungsansätze

Flächenpool

Pool

Pool

Massnahmenpool

Ersatzmassnahmenfonds

Teilfläche F2(Parzelle ausLandumlegung)

Teilfläche F3(Fläche mitDienstbarkeiten)

Massnahme 1(Idee 1)

Massnahme 2(Idee 2)

Zuerst wird die Fläaquiriert, dann wird die Ausfü äche voneinem Ersatzpflichtigen zur Ausführung und Finanzierung übernommen.

Zuerst werden geplante oder bereits ausgeführte Massnahmen durch einemit dieser Aufgabe betraute Institution in einem Pool gesammelt. In einemzweiten Schritt wird/werden geeignete Massnahmen durch einen Ersatz-pflichtigen realisiert und/oder bezahlt.

Der Ersatzpflichtige bezahlt anstelle einer konkreten Massnahme einenäteren Zeitpunkt irgendwelche

Massnahmen finanziert werden können.

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6 Sicherung der Massnahmen

6.1 Allgemeines

Damit die gesetzliche Pflicht zu Wiederherstellung und Ersatz erfülltwerden kann, müssen die Flächen und ihr fachgerechter Unterhaltrechtlich ausreichend gesichert werden. Der Zeitpunkt der Flächen-sicherung kann dabei ein Problem bieten. Verständlicherweise ist einBauherr nicht daran interessiert, Ersatzmassnahmen rechtsverbind-lich zu sichern, bevor ein rechtskräftiger Entscheid über das eigentli-che Vorhaben vorliegt. Andererseits kann die Erfüllung der gesetzli-chen Ersatzpflicht – und damit auch das auslösende Projekt – nichtbeurteilt werden, solange die Realisierbarkeit der Massnahmen nichtnachgewiesen ist. Um zu beurteilen, ob eine Ersatzmassnahme ange-messen ist, müssen zudem die Kosten bekannt sein, welche für derenRealisierung und den zukünftigen Unterhalt zu erwarten sind (vgl.Checkliste in Anhang 5). Diese Kosten können erst abgeschätzt wer-den, wenn mit allenfalls betroffenen Grundeigentümern, soweit die-se nicht mit dem Bauherrn identisch sind, Einigkeit besteht. Es emp-fiehlt sich deshalb, stufenweise vorzugehen.

6.1.1 Notwendige Sicherungsmassnahmen vor der mass-geblichen Bewilligung

Der Entscheid der zuständigen Behörde über das Vorhaben muss dierechtsverbindliche Sicherung der Wiederherstellungs- oder Ersatz-massnahmen (vgl. nachfolgende Kapitel) ausdrücklich einschliessenbzw. vorbehalten. Bereits zum Zeitpunkt der Bewilligung muss des-halb den betroffenen Grundeigentümern bekannt sein, welche Ein-schränkungen sie durch die Realisierung der Ersatzmassnahme inKauf nehmen müssen und welche Entschädigung sie dafür erwartenkönnen. Dem Gesuchsdossier ist in der Regel das schriftliche Einver-ständnis der betroffenen Grundeigentümer für die Realisierung derMassnahmen und für die vorgesehene Form der rechtlichen Siche-rung (vgl. Kap. 6.2 ff) beizulegen. Das Einverständnis muss sichsowohl auf die Realisierung als auch auf die spätere Duldung derWiederherstellungs- oder Ersatzmassnahme beziehen.

Wird eine Fläche dadurch für den Ersatz gesichert, dass sie in denLand- bzw. Rechtserwerbsplan eingetragen wird, ermöglicht dieseine Enteignung, sofern dafür eine explizite Rechtsgrundlage, einso genannter «Enteignungstitel», vorliegt. Bei Vorhaben des Bundeskann sich dieser auf Art. 4 Enteignungsgesetz (EntG), auf eineentsprechende kantonale Rechtsgrundlage oder auf eine Bestim-mung in einem Spezialgesetz wie beispielsweise dem Nationalstr-assengesetz (NSG) stützen. Eine geeignete Rechtsgrundlage bietetauch das NHG in Art. 18c Abs. 4, sofern für den betroffenen Lebens-raum konkrete, d.h. umsetzbare Schutzziele existieren. Dazu istnicht zwingend ein formeller Schutz oder eine Inventargrundlageerforderlich. Schutzbedarf und -ziele können sich auch aus denProjektgrundlagen wie etwa dem Umweltverträglichkeitsbericht(UVB) ergeben15. Da die Enteignung meist Akzeptanzprobleme schafft,ist die Beschaffung der Ersatzfläche durch Enteignung oft nur inFällen sinnvoll, in denen der neue Lebensraum keinen Unterhaltbraucht oder wenn der Unterhalt durch einen Dritten geleistet wird.

6.1.2 Notwendige Sicherungsmassnahmen nach der mass-geblichen Bewilligung

Mit der massgeblichen Bewilligung für das Vorhaben wird entschie-den, welche Massnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG realisiert wer-

Die Gefahr, dass eine Ersatzfläche zweckent-fremdet wird, spielt nicht nur bei der Wahlder Sicherungsmassnahmen, sondern auchbei der Wahl des Lebensraumtypes und seinerGestaltung eine wichtige Rolle. Die Wahr-scheinlichkeit, dass dieses Fliessgewässer mitseinem extensiv genutzten Uferbereich spä-ter beeinträchtigt würde, ist aufgrund derAnordnung zwischen Flurweg und Gewässerrecht gering.Foto: Andreas Stalder

Neue Lösungsansätze

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den müssen. Die baulichen Massnahmen für diese Ersatzlebens-räume sind damit in der Regel gesichert und ihre Umsetzung kannim Rahmen der Bauabnahme kontrolliert werden (siehe Kapitel 8).Mit Ersatzlebensräumen sind aber zumeist auch länger dauerndeoder gar zeitlich unbestimmte Nutzungseinschränkungen verbun-den, welche die ausgleichende Funktion des Ersatzlebensraumesüberhaupt erst ermöglichen. Diese Einschränkungen müssen dauer-haft gesichert werden. Auch gilt es, eine spätere Nutzungsände-rung, Nutzungsintensivierung oder gar eine Zweckentfremdungdieser Fläche wirksam zu verhindern.

6.2 Öffentlichrechtliche Instrumente

Je nach Massnahmentyp, Gefährdungsgrad und konkreter Situationim Umfeld des Vorhabens muss das geeignete Sicherungsinstrumentim Einzelfall bestimmt werden. Im Folgenden sollen einige Möglich-keiten dargestellt werden.

6.2.1 Öffentlichrechtliche Verträge

Um den Schutz und den Unterhalt von Biotopen sicherzustellen,sieht Art. 18c Abs. 1 NHG als allgemein anwendbares Instrument inerster Linie Vereinbarungen des Gemeinwesens mit Grundeigentü-mern und Bewirtschaftern vor. Für wiederherzustellende Biotopesowie für Ersatzbiotope sind jedoch Vereinbarungen anzustreben,die den nach Art. 18 Abs. 1ter NHG kostenpflichtigen Verursacher,der ja in vielen Fällen weder Grundeigentümer oder Bewirtschaftersein wird, als Vertragspartei in die Regelung und Sicherung derErsatzmassnahme einbinden. Dabei tritt dessen Kostenpflicht an dieStelle der Abgeltungspflicht des Gemeinwesens nach Art. 18c Abs. 2NHG (vgl. dazu BUWAL, Schriftenreihe Umwelt Nr. 22314, S. 55).

6.2.2 Raumplanerische Instrumente

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtssprechung ist der Biotopschutzgrundsätzlich im Rahmen des Planungsprozesses zu realisieren, derdurch das RPG vorgezeichnet ist. Dies gilt insbesondere auch fürwiederherzustellende Lebensräume, für die die Gefahr der Zweck-entfremdung projektbedingt zunimmt. Ersatzmassnahmen ihrer-seits können grundsätzlich in allen Nutzungszonen realisiert wer-den. Für die einzelnen Zonen ist folgendes zu beachten:

SchutzzonenSchutzzonen im Sinne von Art. 17 RPG sind in der Regel geeignet,Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG sicherzustellen. Diespezifischen Nutzungsvorschriften einer Schutzzone bieten dabeigute Möglichkeiten, um die Eigentumsbeschränkungen festzule-gen, welche den betroffenen Grundeigentümern auferlegt werden.Eine Schutzzone macht vor allem dort Sinn, wo die Ersatzmass-nahmen nicht bloss punktuelle oder lineare Massnahmen darstel-len, sondern eine grössere Flächenausdehnung erreichen.

Allerdings kann eine Schutzzone nur im Nutzungsplanverfahrenerrichtet werden. Damit ist sie nicht allein vom Willen der amVorhaben beteiligten Parteien bzw. der Entscheid- und Fach-behörden abhängig. Weil die Nutzungsplanung durch das zuständi-ge Gemeindeorgan jederzeit abgeändert werden kann, bietet dieSchutzzone allein noch keine langfristige Bestandesgarantie. Dieplanerische Festlegung einer Schutzzone ist zudem zeitintensiv. Sieeignet sich meist nur für Ersatzmassnahmen von grösseren Vorha-ben, die ohnehin ein Nutzungsplanverfahren bzw. eine Nutzungs-

Sicherung der Massnahmen

Raumplanerische Sicherung der Mass-nahmen in der Überbauungsordnung einerAbbauplanung: Für die Erweiterung der Kies-grube Bangerter, Lyss (BE), wurde eine Ab-bauplanung erarbeitet. Die Regelungen be-züglich der Naturschutzaspekte sind darinhierarchisch aufgebaut:

1. Überbauungsordnung (sie enthält dieraumplanerischen Grundsätze);

2. Gestaltungs- und Pflegekonzept (Verfei-nerung, Konkretisierung);

3. Rekultivierungsplan im Rahmen der ein-zelnen Abbau- und Rodungsgesuche(zeitgerechte Detailplanung).

Bereits in den Vorschriften zur Überbau-ungsordnung (1. Stufe) werden konkreteAussagen zum naturschützerischen Wertgemacht:«Der naturschützerische Wert der KiesgrubeBangerter liegt in ihrer stetigen Verände-rung. Das Naturschutzziel liegt demzufolge(mit Ausnahme der rekultivierten Gebiete)gemäss Art. 17 in der Förderung vonPionierstandorten und -arten. Insbesonderesollen die vorhandenen Amphibienpopu-lationen erhalten werden. Zu diesem Zweckist während der gesamten Abbauzeit eindauerndes Angebot an geeigneten Laich-gewässern und Landlebensräumen zu ge-währleisten (Wanderbiotope). Auf die Aus-scheidung von «statischen» Biotopen im be-wirtschafteten Grubenareal wird dagegenbewusst verzichtet». Die Detailplanung derWanderbiotope erfolgt etappenweise imRahmen der einzelnen Bewilligungsver-fahren.

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72 Sicherung der Massnahmen

planrevisionen erfordern. Insbesondere wenn verschiedeneLeitbehörden zuständig sind, gestaltet sich die Koordination zwi-schen Bewilligungsverfahren und der Nutzungsplanung oft ausser-ordentlich schwierig.

LandwirtschaftszoneWiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen können grundsätzlichin allen Zonen des kommunalen Nutzungsplans realisiert werden.Im Bereich der Landwirtschaftszonen ist allerdings zu beachten, dassder Mindestumfang der Fruchtfolgeflächen erhalten bleibt (Art. 30Abs. 2 RPV; vgl. Kap. 3.2.6).

BauzoneSollen Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen in Bauzonen(Art. 15 RPG) realisiert werden, ist der Flächensicherung besondereBeachtung zu schenken. Entweder ist die Fläche in eine Schutzzoneumzuzonen oder sie ist in der Bauzone zu belassen, jedoch mit einerSchutzzone zu überlagern (Art. 17 RPG; Entscheid des Bundesge-richts (BGE) 116 Ib 203 E. 5.).

WaldDie Zugehörigkeit zum Waldareal bietet bereits einen recht gutenallgemeinen Schutz, der auch durch die Instrumente der forstlichenPlanung konkretisiert werden kann. Zum weitergehenden Schutzoder zur konkreten Umschreibung der Schutzinhalte oder allfälligerNutzungseinschränkungen ist zudem auch im Wald eine über-lagernde Schutzzone nach Art. 17 RPG möglich. Sofern das Schutz-ziel mit der Walderhaltung in Einklang steht, gilt eine solche Zonen-zuweisung nicht als Rodung (Art. 4 Bst. b WaV). Ist dies aber nichtder Fall, muss die Fläche aus dem Waldareal entlassen werden. Dazuist eine Rodungsbewilligung erforderlich, die nur unter strengenVoraussetzungen erhältlich ist (Art. 5 WaG). Dabei ist jedoch abzu-klären, ob allenfalls Möglichkeiten im Rahmen des Rodungsersatzesnach Art. 7 Abs. 3 WaG bestehen (Massnahmen zu Gunsten desNatur- und Landschaftsschutzes; siehe auch Kreisschreiben Nr. 1,Ziff. 2.5.3 der Eidg. Forstdirektion16; siehe auch Kapitel 4.8).

Besonders geeignet, um Walderhaltung und Naturschutz zu koordi-nieren, ist das Instrument der forstlichen Planung (Art. 18 WaV). Sieerlaubt die Bezeichnung vorrangiger Waldfunktionen. So kann ausGründen des Naturschutzes auf die Pflege und Nutzung eines Wal-des verzichtet oder ein Waldreservat ausgeschieden werden (Art. 20Abs. 3 und 4 WaG), um die Artenvielfalt zu erhalten. Fliessgewässerkönnen unter bestimmten Voraussetzungen ohne Rodungsbewilli-gungen und entsprechenden Rodungsersatz revitalisiert werden,auch wenn damit der physische Verlust von Wald durch die natürli-che Dynamik verbunden sein kann. Als Voraussetzungen dafür müs-sen die maximalen räumlichen Begrenzungen der Gewässerent-wicklung festgelegt werden. Es dürfen keine anderen Nutzungenals die Wasserführung und eine Naturentwicklung (insbesonderedie Dynamik der Auenwaldentwicklung) zugelassen sein, undschliesslich muss für diesen Raum eine Abstimmung mit der Wald-entwicklungsplanung erfolgen (Anhang 1 zum Kreisschreiben 1 derEidg. Forstdirektion16).

6.2.3 Andere öffentlichrechtliche Instrumente

Planungsinstrumente und VerfügungenPlanungsinstrumente und Verfügungen sind einseitige, hoheitlicheRechtsakte, die jedoch einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlagebedürfen. So kann etwa mit den Instrumenten der forstlichen Pla-nung nach WaG eine bestimmte Nutzung oder Pflege – meist imeinschränkenden Sinne – auferlegt werden. Eine bestimmte Mass-nahme, die der Umsetzung des Schutzziels dient, kann auch mittels

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Verfügung behördlich angeordnet werden. Daraus ergibt sich eineAbgeltungspflicht der öffentlichen Hand für die entstehenden Ko-sten oder Ertragsausfälle (vgl. Kommentar NHG43).

ErsatzvornahmeSchliesslich kann die Behörde eine erforderliche Pflege- oder Unter-haltsmassnahme durch Dritte anordnen, sofern der mit dem Ent-scheid über das Vorhaben dazu Verpflichtete seinen Verpflichtun-gen nicht nachkommt. Dieser hat die anfallenden Kosten zu tragen.Der Grundeigentümer seinerseits hat die ersatzweise Pflege zu dul-den (Art. 18c Abs. 3 NHG).

6.3 Privatrechtliche Verträge

Privatrechtliche Verträge zwischen den Ersatzpflichtigen und Dritt-eigentümern/Drittbelasteten bilden in aller Regel die Grundlage,um Massnahmen zu realisieren. Dabei empfiehlt sich, in Bezug aufdie minimale Vertragsdauer sowie auf die Kündbarkeit klare Rege-lungen zu treffen. Forderungen aufgrund derartiger Verträge müs-sen mit den Mitteln des Privatrechts durchgesetzt werden, d.h. miteiner zivilrechtlichen Klage oder mit den Instrumenten desBetreibungsrechts. Allenfalls ist eine Konventionalstrafe zu verein-baren, wie sie oft im Bereich von Werkverträgen angewendet unddurch Normenwerke (z.B. SIA-Normen) geregelt wird.

6.3.1 Dienstbarkeiten

Die Sicherung einer Ersatzmassnahme mittels Dienstbarkeiten(Servitut) ist im weiteren Sinne ebenfalls als privatrechtlicher Ver-trag zu betrachten. Das Instrument der Dienstbarkeit setzt nämlicheine entsprechende vertragliche Regelung voraus. Sie kann dadurcherfolgen, dass dem Ersatzpflichtigen (d.h. dem aus der DienstbarkeitBerechtigten) gegenüber dem Eigentümer, dessen Grundstück mitder Ersatzmassnahme belastet wird, Rechte am betroffenen Grund-stück eingeräumt werden. Im Vordergrund stehen Nutzungs- oderandere Eigentumsbeschränkungen, zu deren Duldung der belasteteGrundeigentümer mit der Errichtung der Dienstbarkeit verpflichtetwird. Für den Biotopschutz kommt dabei insbesondere ein Bau-verbot in Betracht, das dem betreffenden Grundstück auferlegtwird.

Von zentraler Bedeutung ist der Umstand, dass mit der Dienstbar-keit der Belastete nur zu einem passiven Verhalten angehalten,nicht aber zu einer aktiven Tätigkeit verpflichtet werden kann.Deshalb eignen sich Dienstbarkeiten besonders, um unterhaltsfreieLebensräume zu sichern. Diese erfordern in der Regel nur ein Dul-den, nicht aber ein aktives Tun wie Pflege oder eine bestimmteNutzung.

Dienstbarkeiten können als Grund- oder als Personaldienstbar-keiten errichtet werden, wobei sich letztere in aller Regel bessereignen, Massnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG sicherzustellen. Umeine Personal- oder Grunddienstbarkeit zu errichten, muss einschriftlicher, öffentlich (notariell) beurkundeter Vertrag vorliegenund die Eintragung ins Grundbuch (Art. 781 Abs. 3 i.V. mit Art. 732und 731 Abs. 1 Zivilgesetzbuch (ZGB)) erfolgen.

Mit einer Personaldienstbarkeit kann zu Gunsten einer beliebigennatürlichen oder juristischen Person ein Recht an einem Grundstückerrichtet oder ein Grundstück mit einem bestimmten Verbot bela-stet werden (Art. 781 Abs. 1 ZGB). Die Personaldienstbarkeit kannalso auch zu Gunsten des Bundes, eines Kantons, einer Gemeinde,

Sicherung der Massnahmen

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74 Sicherung der Massnahmen

einer privatrechtlichen Organisation wie Pro Natura oder einer ge-eigneten Stiftung mit entsprechendem Stiftungszweck lauten. DerBegünstigte muss die Interessen des Ersatzlebensraumes langfristigwahrnehmen können und wollen. Allerdings ist die Personal-dienstbarkeit – vorbehältlich anderer Vereinbarung – nicht über-tragbar (Art. 781 Abs. 2 ZGB). Sie sollte mit Blick auf die dauerhafteSicherung der Ersatzmassnahme nicht auf eine bestimmte natürli-che Person lauten.

Die Personaldienstbarkeit erlaubt es aber grundsätzlich nicht, einepositive Handlungspflicht, beispielsweise eine Verpflichtung zur ak-tiven Pflege eines Biotops, zu begründen. Von diesem Grundsatzkann abgewichen werden, wenn diese Personaldienstbarkeit nebendem Hauptinhalt einer Duldungs- oder Unterlassungspflicht (z.B.Bauverbot) eine inhaltlich untergeordnete positive Handlungs-pflicht im Sinne eines Nebeninhaltes umfasst (Art. 781 Abs. 3 i.V.,Art. 730 Abs. 2 ZGB).

Die Grunddienstbarkeit (Realobligation) ist für die Sicherung vonBiotopen weniger geeignet. Mit ihr können Rechte nur zum Vorteileines anderen Grundstücks (Art. 730 Abs. 1 ZGB), nicht aber zuGunsten einer bestimmten, natürlichen oder juristischen Personoder gar der Allgemeinheit begründet werden. In der Regel lässtsich aber kein Eigentümer finden, der langfristig bereit ist, seinGrundstück zu belasten. Zudem ist es auch bei der Grund-dienstbarkeit nur ausnahmsweise und im Sinne einer sekundärenVerpflichtung möglich (Art. 730 Abs. 2 ZGB), den Eigentümer desbelasteten Grundstückes zu einem aktiven Tun zu verpflichten. Einesolche Verpflichtung muss ein Nebeninhalt der Grunddienstbarkeitbleiben, im Gegensatz zum Hauptinhalt, einem Dulden oder Unter-lassen. Ob eine solche Verpflichtung im Einzelfall zulässig ist, musssich aus ihrem Inhalt und aus dem Umfang der Verpflichtung beur-teilen lassen: Ihrem Inhalt nach muss eine solche Verpflichtung dieAusübung des Hauptinhaltes der Dienstbarkeit ermöglichen, er-leichtern oder aber verhindern, dass die Ausübung der Dienstbar-keit Dritten schadet. Denkbar sind beispielsweise Fälle wie der Un-terhalt oder die Beleuchtung eines Weges, welcher Gegenstandeines Wegrechts (als Hauptinhalt) ist, die Sauberhaltung oder dieAbflussregelung eines Kanals, der der Ausübung eines Quellrechts(als Hauptinhalt) dient. Ihrem Umfang nach darf die sekundäre,aktive Verpflichtung in wirtschaftlicher Hinsicht keine grössere Lastfür den Eigentümer des belasteten Grundstückes darstellen als dieErfüllung der Dienstbarkeit durch das passive Dulden oder Unterlas-sen (Hauptinhalt) bedeuten würde. Auch die sekundäre Verpflich-tung entsteht als Teil der Grunddienstbarkeit erst, wenn sie imGrundbuch eingetragen wird.

6.3.2 Grundlasten

Die Grundlast erlaubt es, den Eigentümer eines Grundstückes zueiner aktiven Handlung zu Gunsten einer Person oder eines Grund-stücks zu verpflichten. Allerdings haftet er dafür nicht persönlich,sondern ausschliesslich mit dem Wert des Grundstücks (Art. 782 Abs.1 und 2 ZGB). Die Handlung an sich kann also nicht erzwungenwerden. Die Grundlast erlaubt es aber beispielsweise, eine allfälligeErsatzvornahme durch Dritte zu finanzieren. Ihre Durchsetzung er-folgt mit den Instrumenten der Grundpfandverwertung und istdamit recht schwerfällig. In inhaltlicher Hinsicht können mit einerGrundlast nur Leistungen gesichert werden, die sich ihrer Naturnach aus der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des belastetenGrundstückes ergeben (Art. 782 Abs. 3 ZGB). Aufgrund der Praxiszählen dazu u.a. Arbeitsleistungen, wie beispielsweise die Verpflich-tung, ein Grundstück zu bepflanzen oder Hecken entlang von Eisen-bahnlinien zu pflegen. Die Grundlast erfordert einen schriftlichen

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Vertrag in einfacher Form; sie muss ins Grundbuch eingetragenwerden (Art. 783 Abs. 1 ZGB).

6.3.3 Freihändiger Erwerb von Grundstücken oder Rechtenan Grundstücken

Der freihändige Erwerb eines Grundstückes oder der freihändigeErwerb von Rechten (einer Personaldienstbarkeit) an einem Grund-stück ist häufig und oft sinnvoll. Grundlage dazu kann auch einöffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Gemeinwesen und demBelasteten sein, der den Erwerb des Grundstückes oder der Rechtevorsieht. Der Erwerb erfolgt durch den Abschluss eines privatrechtli-chen Vertrages zwischen dem Bewilligungsnehmer und dem Grund-eigentümer, auf dessen Grundstück eine Ersatzmassnahme realisiertwerden soll. Gegenstand eines Vertrages kann auch das Einver-ständnis mit der Errichtung einer Schutzzone nach RPG im entspre-chenden Nutzungsplanverfahren sein. Dazu muss jedoch zusätzlichdas öffentliche Nutzungsplanverfahren durchgeführt werden. Als«Erwerber» kommen dabei die gleichen Rechtssubjekte in Frage, zuderen Gunsten sinnvollerweise auch Personaldienstbarkeiten errich-tet werden, also Gemeinden, Kantone, Bund oder Umweltorgani-sationen. Der Erwerb von Grundstücken oder Rechten an Grund-stücken erfordert einen öffentlich beurkundeten Vertrag und mussins Grundbuch eingetragen werden (Art. 657 Abs. 1 i.V. mit Art. 656Abs. 1 ZGB).

6.3.4 Anmerkung der Massnahmen im Grundbuch

Die Anmerkung im Grundbuch stellt keine eigenständige Sicherungder Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahme dar. Sie ist vielmehrein Instrument zur Umsetzung der Sicherungsmassnahme und setztdamit eine solche als Inhalt voraus. Eine Anmerkung der Wieder-herstellungs- oder Ersatzmassnahmen im Grundbuch muss erfolgen,wenn eine vom Bund genehmigte kantonale Gesetzes- oderVerordnungsbestimmung eine solche vorschreibt (Art. 962 ZGB).Auch das kantonale Recht kann die Möglichkeit einräumen, Anmer-kungen im Grundbuch vorzunehmen, ohne jedoch dazu zu ver-pflichten. Unter diesen Voraussetzungen ist für die Anmerkung derMassnahmen im Grundbuch eine rechtskräftige Verfügung der zu-ständigen Behörde erforderlich (Art. 80 Abs. 4 der Grundbuch-verordnung, GBV). Diese muss sowohl den Gegenstand der Anmer-kung festlegen wie auch die Anordnung, die Anmerkung im Grund-buch vorzunehmen.

Öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen, die von der Be-hörde im Zusammenhang von Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmen angeordnet werden, gelten auch, wenn sie nichtim Grundbuch ersichtlich sind. Ihrer Anmerkung im Grundbuchkommt deshalb bloss deklaratorische Bedeutung zu (BGE 111 Ia183). Die Anmerkung erlaubt es, allfällige Kaufinteressenten auf dieExistenz derartiger Massnahmen aufmerksam zu machen. Der gut-gläubige Erwerber kann sich allerdings nicht darauf berufen, dasseine Anmerkung im Grundbuch fehlt. Dies gilt sogar, wenn daskantonale Recht eine Anmerkungspflicht vorsieht. Die Anmerkunghat damit bloss den Charakter eines Informationsinstrumentes, dasTransparenz und Vertrauen schaffen soll. Sie ist nur dort sinnvoll, wodie angeordneten Massnahmen nicht bereits anderweitig öffentlichbekannt sind (z.B. Nutzungsplanung).

Sicherung der Massnahmen

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6.4 Enteignung

Die Kantone sind nach Art. 18c Abs. 4 NHG ermächtigt, eine Enteig-nung zu veranlassen, wenn dies notwendig ist, um die Schutzzielevon Biotopen zu erreichen. Dazu gehören auch die ökologischenZiele von Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen aufgrund un-vermeidbarer technischer Eingriffe in Biotope im Sinne von Art. 18Abs. 1bis und 1ter NHG. Das Enteignungsrecht bezieht sich dabei nichtbloss – wie es der Wortlaut von Art. 18c Abs. 4 NHG vermuten liesse– auf den Landerwerb, sondern auch auf weniger weit gehendeEingriffe in die Eigentumsrechte. Vor einer Enteignung des Grundei-gentums soll deshalb geprüft werden, ob das Schutzziel in Anwen-dung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit allenfalls mit derErrichtung einer Dienstbarkeit erreicht werden kann. Überhauptgilt der Grundsatz, dass die Enteignung das letztmögliche Mitteldarstellen soll. Das heisst, eine Enteignung kommt nur in Frage,wenn das Schutzziel nicht auf eine weniger drastische Art und Weiseerreicht werden kann15.

Das Enteignungsrecht stellt zwar ein sehr effektives Instrument dar,um Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen zu realisieren. Sei-ne Anwendung ist jedoch nicht unproblematisch. Die Enteignungweckt meist grundsätzliche, psychologisch begründete Widerstän-de. Sie verhindert die sachgerechte Umsetzung der Massnahme,weil diese eine enge Zusammenarbeit mit Eigentümern und Bewirt-schaftern voraussetzt oder zumindest auf deren wohlwollende Dul-dung angewiesen ist. Das Gesetz bevorzugt aus diesem GrundBewirtschaftungsvereinbarungen oder die Duldungspflicht (Art. 18cAbs. 3 NHG).

Mit dem Bundesgesetz vom 18. Juni 1999 über die Koordination undVereinfachung von Entscheidverfahren wurde das Enteignungsge-setz ergänzt. Neu kann das Enteignungsrecht ausdrücklich auchdann in Anspruch genommen werden, wenn im Zusammenhang miteinem konkreten Vorhaben Schutz-, Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmen auf der Grundlage bundesrechtlicher Vorschrif-ten über den Schutz der Umwelt, der Natur und der Landschaft zuerfolgen haben (Art. 4 Bst. d EntG). Für ihre Finanzierung gilt dasVerursacherprinzip. Die Finanzierung umfasst dabei auch den Un-terhalt, so weit die Unterhaltspflicht neu entsteht (BBl 1998, 2623).

Sicherung der Massnahmen

A1 Estavayer-Yverdon: Für eine Ersatzmass-nahme im Zusammenhang mit dem Bau derA1 wurde der Erwerb eines nahegelegenenSteinbruches vorgesehen. Nachdem entspre-chende Verhandlungen mit dem Eigentümererfolglos verliefen, wurde ein Enteignungs-verfahren durchgeführt.Foto: Jean Jeker, Denges

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Unterhalt von Flachmooren: Schilfröhrichtesind relativ stabile Lebensräume, die norma-lerweise nur wenig Pflege erfordern. Vieler-orts müssen die Flächen aber in grösserenZeitabständen regelmässig gemäht werden,um der fortschreitenden Verbuschung entge-genzuwirken.Foto: Naturschutzinspektorat des Kt. Bern

7 Unterhalt und seine Finanzierung

7.1 Grundsätzliches

Verursacher technischer Eingriffe sind grundsätzlich dazu verpflichtet,die Verantwortung für die Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmebzw. den entsprechenden Lebensraum so lange zu übernehmen, wieder Eingriff auf den ursprünglichen Lebensraum wirksam ist. DieErsatzmassnahme ist grundsätzlich auch diesbezüglich gleich zu be-handeln wie das eigentliche Werk, dessen Bestandteil sie rechtlich ist.Die Entscheidbehörde ist verpflichtet, in ihrem Entscheid die Dauerder Unterhaltspflicht abschliessend zu klären. Bei temporären Ein-griffen, z.B. während der Bauphase, entspricht dies der Zeit, bis derbeeinträchtigte Lebensraum nach Beendigung der Bauarbeitenfachgerecht wiederhergestellt ist und seine ausgleichende Funktionim Naturhaushalt wieder übernehmen kann. Bei zeitlich unbe-schränkt wirkenden oder gar irreversiblen Eingriffen, beispielsweisebei einem Wasserkraftwerk oder einer Eisenbahnanlage, sollte dieUnterhaltspflicht mindestens der Konzessionsdauer entsprechen.Die Verantwortung für den Ersatzlebensraum übernehmen heisstdabei, während der Einwirkungszeit dafür zu sorgen, dass die Er-satzlebensräume soweit notwendig fachgerecht unterhalten undnicht zweckentfremdet werden. Dies bedeutet aber nicht, dass derVerursacher den Unterhalt zwingend selber übernehmen muss.

Für den betroffenen Bewirtschafter, auch wenn er mit dem Ersatz-pflichtigen nicht identisch ist, bedeuten Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmen einen befristeten oder permanenten Mehrauf-wand oder Minderertrag. Als Bestandteil der Massnahme müssensie durch den Ersatzpflichtigen nach dem Verursacherprinzip abge-golten werden. Die Frage, wie der Unterhalt oder der Ertragsausfallzu finanzieren ist, muss im Entscheid über das Vorhaben und dieerforderlichen Ersatzmassnahmen in Zusammenhang mit der recht-lichen Sicherung der Massnahmen geklärt werden (vgl. Checkliste inAnhang 5). Denn ein Grundeigentümer, der von einer Massnahmeals Dritter betroffen ist und mit dem auslösenden Vorhaben selbstnichts zu tun hat, wird auf seinem Grundstück in der Regel ohneentsprechende Entschädigung keine Massnahme tolerieren. Vor al-lem bei kleinflächigen, verstreuten Massnahmen ist es in der Praxisoft schwierig, den notwendigen Unterhalt sicherzustellen. SolcheMassnahmen sollten aus diesem Grund vermieden werden (vgl. Kap.3.1.5.2 und Kap. 5). Zur Verminderung des administrativen Aufwan-des wird in der Praxis der Mehraufwand oder Minderertrag oft füreinen bestimmten Zeitraum kapitalisiert und dem Grundeigentü-mer oder dem Bewirtschafter als einmalige Abfindung ausgerichtet.Sorgt ein Dritter für den Unterhalt der Ersatzfläche, beispielsweiseein Landwirt im Rahmen des ökologischen Ausgleichs, so bildet derlaufende Unterhalt einen Teil der Übernahmevereinbarung undwird in diesem Rahmen direkt oder indirekt entschädigt.

Die Haftungsfrage kann eine wichtige Rolle spielen, insbesondere beiGewässern, die offen gelegt oder revitalisiert werden. Dazu sindprivate Grundeigentümer aus verständlichen Gründen oft nicht be-reit. In diesen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, eine separateGewässerparzelle auszuscheiden und diese eigentumsmässig einemöffentlichen Gemeinwesen zuzuteilen, welches neben dem abzugel-tenden Unterhalt auch die Haftung übernimmt. Eine Wiederverpach-tung zum Unterhalt an den früheren Eigentümer (meist einen Land-wirt) kann sinnvoll sein. Dadurch wird seine landwirtschaftliche Nutz-fläche und sein Anteil gesetzlich vorgeschriebener ökologischer Aus-gleichsflächen nicht verringert und die Ansprüche an Direkt-zahlungen werden nicht geschmälert. Oft findet sich aus den glei-chen Überlegungen auch ein anderer interessierter Bewirtschafter.

Unterhalt und seine Finanzierung

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78 Unterhalt und seine Finanzierung

7.2 Unterhaltsarme Flächen

Angesichts der Unterhaltspflicht und dem sich daraus ergebendenVerwaltungsaufwand empfiehlt es sich, so weit möglich und ökolo-gisch sinnvoll, Lebensräume zu bevorzugen, die wenig oder keinenUnterhalt erfordern (vgl. Kap. 3.2.5). Weil dabei auch Konflikte mitder intensiv genutzten Umgebung möglich sind, soll bei der Planungder Ersatzmassnahme genügend Raum für die Entwicklung der Le-bensräume vorgesehen werden. Dies gilt insbesondere für Fliess-gewässer. Selbst unterhaltsfreie Lebensräume wie Auenflächen,Sukzessionsflächen oder Waldreservate30 erfordern in der Anfangs-phase oft einen minimalen Unterhalt. Mit ihm soll die erwünschteSukzession in Gang gebracht oder in die gewünschte Richtung ge-lenkt werden. Der Gesuchsteller ist für diesen Initialunterhalt so langeverantwortlich, bis das Fortbestehen des Lebensraumes nicht mehr inFrage gestellt oder der angestrebte Zustand erreicht ist. Für allfälligeweiterdauernde Sicherungs- oder Unterhaltsmassnahmen hat jeneInstitution zu sorgen, welche auch ohne Realisierung des ersatzaus-lösenden Vorhabens ohnehin für den Unterhalt des ursprünglichenLebensraumes verantwortlich gewesen wäre. In der Regel ist dies derKanton, die Gemeinde, eine Schwellenkorporation, allenfalls auchder ursprüngliche private Eigentümer.

7.3 Unterhalt von Wiederherstellungs-massnahmen

Bei Wiederherstellungsmassnahmen treten projektbedingt meist inder Anfangsphase nach der Wiederinstandsetzung des Lebensraumeskostenrelevante Unterhaltsmassnahmen auf. Dies sind beispielsweiseder Ertragsausfall auf landwirtschaftlichen Nutzflächen nach derWiederbegrünung, der befristete Ausfall bisheriger landwirtschaftli-cher Subventionen, notwendige Pflegeschnitte, Unkrautbekämp-fung, Erosionsschutzmassnahmen, das Absterben der Vegetationdurch Schadenereignisse, die Bekämpfung von Schädlingsbefall odererhöhter Wildverbiss. Ist diese Anfangsphase mit erhöhtem Aufwandabgeschlossen, kann davon ausgegangen werden, dass der Umfangdes fachgerechten Unterhalts durch den Bewirtschafter ungefährdemjenigen vor dem Eingriff entsprechen wird.Die Verantwortung des Verursachers für den fachgerechten Unter-halt erlischt, sobald der Lebensraum seine bisherige Funktion imLandschaftshaushalt wieder auszuüben vermag und die Flächedurch den bisherigen Bewirtschafter wie vor dem Eingriff unterhal-ten werden kann, d.h. ohne Ertragseinbusse oder Mehraufwand.Der beeinträchtigte und wiederhergestellte Lebensraum behält sei-nen Charakter als besonders schutzwürdiger Lebensraum nach Art.18 Abs. 1bis NHG.Ausnahmen ergeben sich, wenn der Eingriff die Rahmenbedingun-gen des Unterhalts verändert. Dies kann beispielsweise bei projekt-bedingten Veränderungen der Hangneigung, der Erschliessung,oder einer Änderung der Bewirtschaftung der Fall sein. ErschwerterUnterhalt kann unter Umständen eine Abgeltungspflicht auslösen,die durch eine Schätzerin oder einen Schätzer bestimmt werdenmuss. Extensiv genutzte Lebensräume sind andererseits wenigerunterhaltsintensiv, müssen aber unter Umständen vor erneuter In-tensivierung geschützt werden.

Ersatzmassnahme für Eingriffe durch einelandwirtschaftliche Güterzusammenlegung:Diese Hecke als Vernetzungselement ist einBeispiel für Ersatzmassnahmen, welche dielandwirtschaftliche Bewirtschaftung mög-lichst wenig einschränken und wenig Unter-halt erfordern. Sie folgt zuerst dem Flurwegund verläuft im Hintergrund unter der Hoch-spannungsleitung, deren Masten ohnehinHindernisse für die Bewirtschaftung darstel-len.Foto: Andreas Stalder

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Entbuschen mit der Motorsäge: Der Unterhalteines Biotops ist nicht gratis.Foto: Helgard Zeh

7.4 Unterhalt von Ersatzmassnahmen

Ersatzlebensräume weisen meist andere Standort- und Unterhalts-bedingungen als der ersetzte Lebensraum auf. Sie bringen folglichmeist Bewirtschaftungseinschränkungen für die Grundeigentüme-rin oder den Bewirtschafter mit sich. Ohne finanzielle Abgeltungwürde dieser die Einschränkungen vermutlich nicht akzeptieren. Diefachgerechte Pflege und Folgenutzung ist damit nicht selbstver-ständlich und muss im Umfang der allfälligen ungedeckten Mehrko-sten für den besonderen Unterhalt abgegolten werden. Besondershohe Unterhaltskosten sind im Rahmen der Beurteilung der Ange-messenheit der Massnahme in Rechnung zu stellen. Wenn aber derMarktwert des beeinträchtigten Lebensraumes wegen seiner frühe-ren Unterhaltsintensität zu günstigen Landerwerbskosten für denVerursacher des auslösenden Werks geführt hat, muss auch dieserUmstand berücksichtigt werden.Oft besteht die Gefahr, dass verschiedene Lebensraumtypen unsach-gemäss unterhalten oder gar zweckentfremdet werden. Es kommthäufiger vor, dass ein für den Laien unscheinbarer Magerstandortoder ein Feuchtgebiet aus Sicht des Naturschutzes unerwünschter-weise gedüngt wird, als dass eine mit grossem Aufwand gepflanzte,auffällige Hecke entfernt oder gar ein revitalisierter Bach wiedereingedolt wird. Auch solche Aspekte sind bei der Wahl und Planungder Ersatzmassnahme zu berücksichtigen.

7.5 Dauer der Unterhaltspflicht

Aus ökologischer Sicht sollte die Dauer der Unterhaltspflicht mög-lichst nicht eingeschränkt werden. Aus rechtlicher Sicht hingegengilt die Verpflichtung grundsätzlich so lange, wie der Ersatzlebens-raum bestehen muss oder die Gefahr seiner Zweckentfremdungbzw. eines unsachgemässen Unterhalts besteht. Dies kann bis zumZeitpunkt der Fall sein, da der Ersatzlebensraum seine Funktionerfüllt, oder gar so lange der Eingriff wirksam ist. Diesen hohenAnforderungen sind jedoch rechtliche Grenzen gesetzt: Erstens be-steht zum Zeitpunkt des Eingriffs keine Gewähr, dass der zerstörteLebensraum ohne Eingriff auf unbestimmte Zeit oder in der ur-sprünglichen Form weiter bestanden hätte. Zweitens kann ausGründen der Verhältnismässigkeit dem Verursacher nicht zugemu-tet werden, Unterhaltspflichten, in der Regel finanzieller Art, aufsehr lange Dauer oder gar auf unbestimmte Zeit zu übernehmen.Drittens ist vor allem bei privaten Bauherren (Firmen, Flurgenossen-schaften mit zeitlich begrenztem Zweck) auch die Kontinuität derTrägerschaft nicht gewährleistet.

Ermöglicht das verursachende Vorhaben voraussichtlich einen an-dauernden und regelmässigen wirtschaftlichen Gewinn aus der Nut-zung der natürlichen Ressourcen (Wasser, Natur, Landschaft, Bodeninkl. der Bodenschätze), so erscheint es jedoch gerechtfertigt, denVerursacher für den Unterhalt «seiner» Ersatzflächen während derganzen Betriebs- bzw. Nutzungsdauer zu verpflichten. Stellt dieseUnterhaltspflicht im Einzelfall eine untragbare Belastung für denVerursacher dar, muss die Entscheidbehörde eine Interessenab-wägung vornehmen. Realistischerweise kann der Ersatzpflichtige im«Normalfall» zu einem Unterhalt während 40 Jahren verpflichtetwerden. Diese Zeitdauer entspricht der Amortisationsdauer imRecht der landwirtschaftlichen und forstlichen Strukturverbesserun-gen (Art. 37 Strukturverbesserungsverordnung SVV). Gegebenen-falls kann auch auf eine längere Amortisationsdauer des Werkesabgestellt werden, welches den Eingriff verursacht. Die Kon-zessionsdauer und damit der Amortisationszeitraum für Wasser-kraftwerke beträgt beispielsweise bis zu 80 Jahren.

Unterhalt und seine Finanzierung

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80 Unterhalt und seine Finanzierung

7.6 Kostenabgeltung

Sofern der Unterhalt nicht vom Verursacher durchgeführt wird,können die Kosten der Unterhaltspflicht periodisch abgegoltenoder bei Realisierung des Vorhabens berechnet, kapitalisiert und inForm einer Einmalleistung abgegolten werden. Im Zusammenhangmit einer einmaligen Entschädigung kann auch ein Grundbuchein-trag vorgenommen und/oder die Unterhaltspflicht dem Staat odereinem Dritten übertragen werden. In den meisten Fällen machendie Kosten für den Unterhalt zwar einen wesentlichen Teil derGesamtkosten für die Massnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG aus,stellen aber dennoch bloss einen verschwindend kleinen Teil dergesamten Projektkosten dar.

7.7 Subventionierung des Unterhalts

Oft wird es sich bei unterhaltsbedürftigen Ersatzlebensräumen umFlächen handeln, für deren Bewirtschaftung oder Pflege auch auf-grund anderer rechtlicher Grundlagen Beiträge ausgerichtet wer-den können. In Frage kommen dabei in erster Linie Pflege- oderBewirtschaftungsbeiträge nach Wald- oder Naturschutzrecht. ImLandwirtschaftsrecht sind die Ökobeiträge (Ökologische Direkt-zahlungen) im Sinne von Art. 76 LwG in erster Linie an die Flächegebunden. Die Flächen müssen dazu gewisse Voraussetzungen er-füllen; diese können auch Pflegeleistungen, wie beispielsweise einjährlich mindestens einmaliger Schnitt bei «wenig intensiven Wie-sen» erforderlich machen. Die Direktzahlungen werden hier einer-seits deshalb erwähnt, weil ihrer Ausgestaltung unter anderem auchder Gedanke der Abgeltung von Leistungen zu Grunde liegt, undandererseits, weil zusätzliche Beiträge des Bundes und der Kantone(Bonusbeiträge, Pflegebeiträge) auf diese Sockelbeiträge der ökolo-gischen Direktzahlungen aufbauen. Die Möglichkeit, für die imRahmen von Ersatzmassnahmen geschaffenen Lebensräume Öko-beiträge und allenfalls zusätzliche Pflegebeiträge zu erhalten, wirddie Bereitschaft der Grundeigentümerschaft und der Bewirtschaf-tenden wesentlich erhöhen, auf ihren Flächen Ersatzmassnahmenzu Gunsten Dritter (d.h. der Verursacher) zu akzeptieren. Dabeimuss allerdings sichergestellt werden, dass dieselbe Pflegeleistungoder derselbe Ertragsausfall nicht doppelt abgegolten wird.

Die Schaffung und Sicherung der Ersatzmassnahme wirft insofernkeine Abgrenzungsprobleme auf, als dafür klar der Verursacher indie Pflicht genommen werden muss. Demgegenüber können sichbezüglich des Unterhalts Abgrenzungsfragen stellen, die primärüber einen Vergleich mit der Ausgangssituation zu lösen sind:

Der Anspruch auf ökologische Direktzahlungen aufgrund vonArt. 76 LwG und nach ÖQV wird auch für die Ersatzfläche grund-sätzlich weiterbestehen, sofern die entsprechenden Voraussetzun-gen erfüllt sind. Bestand für die Ausgangsfläche eine flächen-bezogene Beitragsberechtigung aufgrund besonderer Qualitätsvor-aussetzungen oder Eigenschaften des Lebensraumes (Zusatz-beiträge nach ÖQV oder NHG-Bonuszahlungen nach kantonalemRecht), so wird der Ersatzpflichtige für die allenfalls ausfallendenBeiträge, längstens bis zur Wiedererlangung der entsprechendenVoraussetzungen, aufkommen müssen.

Aufwandbezogene Pflegebeiträge für besondere Massnahmennach Naturschutzrecht oder für bestimmte forstliche Massnahmensollen einen im öffentlichen Interesse erbrachten und über die nor-male Pflege und Bewirtschaftung hinausgehenden Mehraufwanddes Bewirtschafters abgelten. In diesem Sinne können nur Leistun-gen bzw. Ertragseinbussen subventioniert werden, die umfang-

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mässig über den Unterhalt hinausgehen, der für die betreffendeFläche normalerweise erforderlich ist. Im Falle der Ersatzmassnahmeheisst dies, dass nur Aufwendungen subventioniert werden könn-ten, die über den Umfang hinausgehen, der durch den Charakterder Ersatzmassnahme (Verusacherprinzip) gegeben ist.

Denkbar ist schliesslich, dass die Subventionsansätze aus lenkungs-politischen Gründen höher sind als der effektive Aufwand oderMinderertrag. Diese Differenz wird dann – unter der Voraussetzungder Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen – weiterhin aus-gerichtet.Beiträge der öffentlichen Hand für den Unterhalt sind natürlichauch dann denkbar, wenn der Unterhalt aufgrund einer ausdrückli-chen Regelung im konkreten Einzelfall nicht Gegenstand der Ersatz-massnahme ist. In diesem Falle reichen Bewirtschaftungsverträgenach Landwirtschaftsrecht jedoch oft nicht aus, um den Unterhaltder Ersatzmassnahme vollständig zu sichern: Einerseits kann das Zielder Ersatzmassnahme eine vom üblichen Umfang abweichende Be-wirtschaftung oder besondere Unterhaltsmassnahmen erfordern.Andererseits begründet die landwirtschaftsrechtliche Flächenan-meldung im Rahmen der ökologischen Direktzahlungen, für Bonus-programme oder nach kantonalen Naturschutzprogrammen einerechtliche Verpflichtung während in der Regel maximal sechs Jah-ren. Der Frage des Unterhalts und der allfälligen Abgeltung vondauernden Ertragseinbussen muss daher im Rahmen des Entschei-des über das Vorhaben einschliesslich seiner Ersatzmassnahmentrotzdem entsprechend geregelt werden. Dasselbe gilt, wenn dasZiel der Ersatzmassnahme darin besteht, eine bereits im Ausgangszu-stand ökologisch wertvolle Fläche dauernd zu sichern.

Werden als Ersatzmassnahmen Waldreservate30 ausgeschieden bzw.vertraglich vereinbart, so muss die von Art. 20 Abs. 4 i.V. mit Art. 38Abs. 3 WaG vorgesehene Subventionierung der Errichtung und desErtragsausfalles zu Lasten des ersatzpflichtigen Verursachers ent-fallen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass wiederhergestellte Lebensräu-me grundsätzlich die gleichen Subventionierungsmöglichkeiten wieder ursprüngliche Lebensraum aufweisen. Ausnahmen ergebensich, wenn die dafür notwendigen Rahmenbedingungen projekt-bedingt nicht mehr erfüllt sind (z.B. projektbedingte Isolierungo.ä.). Bei Ersatzflächen hingegen wird der Anspruch auf ökologischeDirektzahlungen aufgrund von Art. 76 LwG und nach ÖQV zwarweiterbestehen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen er-füllt sind. Unabhängig davon, ob der zerstörte Lebensraum nachNHG subventioniert worden ist oder nicht, kommt hingegen eineSubventionierung des Ersatzlebensraumes nach NHG in der Regelnicht in Frage, weil der durch den Verursacher zu erbringende Ersatzgerade in der ökologischen Leistung besteht, die ansonsten durchsolche Subventionen abgegolten werden kann. Ausnahmen vondieser Regel, z.B. wenn der Ersatz lediglich in der Herstellung einesLebensraumes oder im Schutz eines bereits bestehenden wertvollenLebensraumes besteht, müssen im Entscheid ausdrücklich genanntund begründet werden.

Unterhalt und seine Finanzierung

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82 Ausführung und ihre Kontrolle

8 Ausführung und ihre Kontrolle

8.1 Baubegleitung

Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter

NHG sind integrale Bestandteile eines Vorhabens. Die Entscheid-behörde hat sie in ihrem Entscheid zu bestimmen, ihre Ziele zuformulieren und ihre Ausführung zu kontrollieren. Es liegt daherauch im Interesse des Bauherrn, zur Planung und Ausführung derErsatzmassnahmen eine Fachkraft beizuziehen. Um sicher zu stel-len, dass die ökologischen und gestalterischen Zielsetzungen er-reicht werden, empfiehlt es sich, eine entsprechende Baubegleitungeinzusetzen. Besonders empfehlenswert ist eine solche Begleitungfür komplexe oder umfangreiche Vorhaben oder bei Eingriffen inbesonders sensible Lebensräume wie etwa Moore. Zum Thema derlandschaftspflegerischen Begleitplanung liegt der SIA-Leitfaden«Landschaftsgerecht planen und bauen»32 vor.

8.2 Vollzugskontrolle

Für die fachgerechte Umsetzung der Umweltmassnahmen kommtder Baubegleitung des Projektes eine wichtige Rolle zu. Die Kontrol-le der Umweltmassnahmen eines Projektes erfolgt gesamthaft – imSinne einer Vollzugskontrolle der Verfügung – im Rahmen der Bau-abnahme durch die zuständige Entscheidbehörde. Diese übernimmtmit der Bauabnahme die Verantwortung für die korrekte Ausfüh-rung der angeordneten Massnahmen. Sind umfangreichere oderkomplexe Massnahmen zu kontrollieren, kann es sich aufdrängen,eine zusätzliche «ökologische Bauabnahme» vorzusehen, an der dieNaturschutz-Fachstelle einbezogen werden sollte. Den Zeitpunktder Abnahme bestimmt die Entscheidbehörde. Die Baubegleitungerstellt dabei vor der Bauabnahme einen Bericht zuhanden derEntscheidbehörde über die erfolgte Umsetzung und über allenfallsbereits erfolgte Wirkungskontrollen. Sie ordnet allenfalls Nachar-beiten an und nimmt sie ab.

8.3 Wirkungskontrolle

Mit der Wirkungskontrolle wird überprüft, ob die angeordnetenMassnahmen das ihnen zugedachte Ziel erreicht haben, beispiels-weise die Erhaltung bestimmter gefährdeter Arten. Eine Wirkungs-kontrolle macht meist erst eine gewisse – je nach Massnahmentypund Lebensraumtyp mehr oder weniger lange – Zeit nach Abschlussder Arbeiten Sinn. Sie soll deshalb, unter anderem aus Gründen derVerhältnismässigkeit, nur in speziellen Fällen angeordnet werden.Die Wirkungskontrolle kann dann integrierender Teil der Mass-nahme sein, wenn im Entscheid explizit ein ökologisches Ziel formu-liert wurde, dessen Erreichung es zu kontrollieren gilt.

Bei grösseren und komplexen Vorhaben kann es durchaus Sinnmachen, eine oder mehrere zeitlich gestaffelte Wirkungskontrollenzu Lasten des Verursachers anzuordnen. Dadurch können beispiels-weise die Funktionsfähigkeit eines Fischpasses, eines Umgehungs-gerinnes oder einer Wild- oder Kleintierpassage überprüft werden.Bei grossen Vorhaben mit massiven Eingriffen wird die Wirkungs-kontrolle deshalb als verhältnismässig zu beurteilen sein. Zwingen-de Voraussetzung jeder Wirkungskontrolle sind jedoch die Vorgabedefinierter Termine und eine klare Zielformulierung zu Beginn desProjekts. Damit die Wirkungskontrolle verbindlich wird, soll sie in

Das Tunnel-Ausbruchsmaterial aus demLötschberg-Basistunnel wird teilweise in derKiesgrube «Goler» abgelagert. Dort wurdeanlässlich der Umweltverträglichkeitsprüfungeine grosse Population der im Talboden sonstseltenen Smaragdeidechsen nachgewiesen.Projektbedingt wird die Kiesgrube vollstän-dig überschüttet. Als Wiederherstellungs-massnahme wurde vom Bauherrn vorgese-hen, vor Baubeginn die Reptilien umzusie-deln und nach Bauabschluss die Deponie-fläche als Magerwiese mit Gesteinsgruppenneu zu gestalten. Damit kann aber nicht ga-rantiert werden, dass sich auf der Deponie-oberfläche tatsächlich eine neue Smaragd-eidechsenpopulation einstellen wird. Des-halb wurde der langfristige Weiterbestand imSinne einer Zielformulierung in die Plangeneh-migungsverfügung aufgenommen. Das Pflich-tenheft der ökologischen Baubegleitung siehtdie Durchführung einer Endkontrolle und dasVerfassen eines Wirksamkeitsberichtes fürdiese Massnahme vor.Foto: Bruno Kägi

Hochmoor-Regeneration: Ein Hochmoor beiSörenberg (Kt. LU) wird mittels Stau-elementen hydrologisch regeneriert. Es han-delt sich um eine Ersatzmassnahme im Zusam-menhang mit militärischen Nutzungen. Arbei-ten im Bereich wertvoller und empfindlicherBiotope erfordern besondere Sachkenntnisse.Der Beizug einer ökologischen Baubegleitungist dabei von höchster Bedeutung.Foto: ökonsult

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Wirkungskontrolle: Videobild eines Fuchsesauf der Wildtierpassage über die N1 am Grau-holz. Von besonderer Bedeutung sind Wir-kungskontrollen, um relativ kostspieligeMassnahmen wie eine Ökobrücke weiter zuentwickeln und mit Blick auf zukünftige Pro-jekte zu optimieren. Die UVEK-Richtlinie «Pla-nung und Bau von Wildtierpassagen an Ver-kehrswegen»58 fordert in solchen FällenWirkungskontrollen.Foto: UNA, Atelier für Naturschutz und Umwelt-fragen

den Entscheid aufgenommen werden (vgl. Kap. 3.2.7). EineWirkungskontrolle liegt auch im Interesse der Projektverfasser so-wie der Fach- und Entscheidbehörden. Mit ihr lassen sich die vorge-schlagenen und angeordneten Massnahmen auf ihre fachliche Qua-lität und Eignung überprüfen.

Die Wirkungskontrolle setzt nicht nur klare Zielformulierungen zuBeginn des Projektes voraus. Vor allem bei aufwändigen Kontrollenmuss darauf geachtet werden, dass auch die richtigen Fragen ge-stellt werden. Diese müssen den Bezug zur ursprünglichen Zielset-zung und allenfalls Korrekturen ermöglichen. Für die Video-kontrolle einer Ökobrücke könnten die Fragen lauten: «Für welcheTierarten ist sie geplant worden? Wie viele Tiere müssen sie benützthaben, damit sie als funktionstüchtig gelten kann? Welche Nachbes-serungen sind möglich, wenn sich die Massnahme als nicht erfolg-reich herausstellt?»

Unter Umständen besteht zusätzlich ein allgemeines wissenschaftli-ches Interesse an einer Wirkungskontrolle, etwa in der Form einerDauerbeobachtung oder eines Monitorings. In einem solchen Fall istdie Verantwortung für die Wirkungskontrolle im Einzelfall zu re-geln. Dasselbe gilt für die Regelung der Kosten. In einem solchenFall werden diejenigen Kosten, die sich aus dem wissenschaftlichenInteresse ergeben, kaum mehr dem Verursacher überbunden wer-den können. Hier wird sich eine enge Zusammenarbeit und dieAufteilung der Kosten aufgrund des Verursacherprinzips und derverschiedenen Interessen als sinnvoll erweisen.

8.4 Konsequenzen des Controllings

Die Beurteilung des Vollzuges und der Wirkung der verfügtenSchutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen muss anläss-lich der Abnahme des Werkes Folgen haben, beispielsweise in Bezugauf die formelle Zustimmung zur Inbetriebnahme oder auf dieZahlung von Subventionen. Die Abnahme des Werks umfasst damitausdrücklich auch die Massnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG alsBestandteil des Vorhabens. Die Abnahme hat durch die zuständigeEntscheidbehörde zu erfolgen. Sofern eine inhaltliche Beurteilungerforderlich ist, zieht sie die Fachstellen bei. Unter Umständen ord-net die Entscheidbehörde Ergänzungen oder Nachbesserungen an.Sanktionen und Massnahmen richten sich nach den Bestimmungender auf das Vorhaben oder das betreffende Verfahren anwendba-ren Spezialgesetze (beispielsweise das Eisenbahngesetz, das Wald-gesetz, aber auch das Subventionsgesetz). Dies kann bedeuten, dassdie Betriebsbewilligung verweigert, Subventionen gekürzt, verwei-gert oder zurückgefordert werden können.

Werden anlässlich der Abnahme oder Erfolgskontrolle gesetzes-widrige Zustände entdeckt, ordnet die zuständige Behörde die nöti-gen Massnahmen an. Dazu sind allenfalls Rücksprachen mit denzuständigen Umweltfachstellen erforderlich.Sofern das anwendbare Recht Strafbestimmungen enthält, sind ingravierenden Fällen auch Sanktionen des Verwaltungsstrafrechtsdenkbar. Straftatbestände finden sich beispielsweise in den Art.24 ff NHG, in Art. 37 ff SuG, in Art. 42 ff WaG sowie in den meistenSpezialgesetzen des Bundes und der Kantone.

Ausführung und ihre Kontrolle

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Nachbesserungen: Die Erfolgskontrolle soll sicherstellen, dassVorhaben sachgemäss und in Übereinstimmung mit der Pla-nung und den erforderlichen Bewilligungen ausgeführt wer-den. Dies war im vorliegenden Beispiel nicht der Fall: Der Baudieser Alpstrasse erfolgte entgegen den Plänen durch einMoorbiotop. Diese Tatsache wurde anlässlich einer Projekt-begehung festgestellt.

Im Rahmen des Subventionsverfahrens wurde der Rückbau derStrasse und die Wiederherstellung des Biotops verfügt.

Bild links vor, Bild rechts nach dem Rückbau und der erfolgrei-chen Wiederherstellung.

Fotos: Andreas Stalder

Ausführung und ihre Kontrolle

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9 Wiederherstellung und Ersatz imBereich der Landschaftsinventarenach Art. 5 NHG

9.1 Entstehungsgeschichte und Absicht desGesetzgebers

In Zusammenhang mit der Vorbereitung der Gesetzgebung über dieKoordination und Vereinfachung der Entscheidverfahren wurdeunter anderem angestrebt, auch die Abläufe im Bereich der Begut-achtung durch die Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission(ENHK) und die Eidg. Kommission für Denkmalpflege (EKD) zu opti-mieren. Diese Begutachtung erfolgt obligatorisch bei projekt-bedingten Eingriffen in Inventarobjekte von nationaler Bedeutungim Sinne von Art. 5 NHG. Seit dem 1. Januar 2000 entscheiden neunicht mehr die Kommissionen über die Notwendigkeit einer formel-len Begutachtung, sondern die zuständigen Fachstellen des Bundesoder der Kantone. Dies sind beim Bund das BUWAL für das Bundes-inventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Be-deutung (BLN), das Bundesamt für Kultur (BAK) für das Bundes-inventar der Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS) und dasBundesamt für Strassen (ASTRA) für das Inventar historischer Ver-kehrswege (IVS). Bei den Kantonen entscheiden die entsprechendenFachstellen bei Bundesaufgaben, deren Vollzug an die Kantonedelegiert wurde, wie beispielsweise bei Ausnahmebewilligungenfür Bauten ausserhalb der Bauzonen nach Art. 24 RPG oder fürRodungen gemäss Art. 5 WaG.

Aufgrund dieser Neuregelung erhalten die Kommissionen (ENHKund EKD) nicht mehr automatisch Einblick in alle Vorhaben inInventarobjekten, sondern nur noch in jene Fälle, in denen dieFachstellen des Bundes oder gegebenenfalls der Kantone einenEingriff als erheblich beurteilen. Um die Schutzanliegen nicht zuschwächen, wurde in inhaltlicher Sicht eine Korrektur vorgenom-men: Allfällige Eingriffe in Inventarobjekte gemäss Art. 5 NHG (BLNund ISOS; IVS in Vorbereitung), die im Rahmen der Interessenab-wägung nach Art. 6 Abs. 2 NHG als zulässig erachtet werden, sinddanach zwingend mit Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmenzu verbinden. Dabei wurde eine weitestgehende Analogie zur be-währten Eingriffsregelung im Bereich des Arten- und Lebensraum-schutzes nach Art. 18 Abs. 1ter NHG angestrebt. Dadurch sollen dieErfahrungen und die durch die Praxis erarbeiteten Grundsätze soweit als möglich einfliessen. Allerdings steht bei Art. 6 im Gegensatzzur strengen Massnahmenkaskade gemäss Art. 18 NHG die Beurtei-lung der grundsätzlichen Zulässigkeit des Eingriffes im Vorder-grund. Wird der Eingriff als zulässig erachtet, kommt ein Mass-nahmenbündel zur grösstmöglichen Schonung unter Einbezug vonWiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen zum Zug.

Der Gedanke, auch Folgen von Eingriffen in landschaftliche Werteim umfassenden Sinne durch Wiederherstellungs- und Ersatzmass-nahmen zu mindern, ist nicht neu. Der bisherige Wortlaut von Art. 6und 7 NHG schrieb zwar Wiederherstellungs- und Ersatzmass-nahmen nicht ausdrücklich vor. Aus dem Gebot der grösstmöglichenSchonung liess sich die Notwendigkeit von Wiederherstellungs- undErsatzmassnahmen aber schon bisher ableiten (Botschaft des Bun-desrates, BBl 1998, S. 2617). Die Erläuterungen zum BLN-Inventar13,Ziff. 6.2.13, S. 30) formulieren dementsprechend:

«Unumgängliche Eingriffe und Strukturänderungen sind nachden Grundsätzen der Landschaftspflege zu beeinflussen und zugestalten, so dass ein möglichst stabiler Naturhaushalt gewähr-leistet bleibt und die Landschaft in ihrer Gesamtheit langfristig

Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

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86 Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

nicht an Wert und Bedeutung einbüsst. Nachteile einer Verän-derung sollten durch anderweitige Vorteile mindestens ausge-glichen werden. Bestehende Landschaftsschäden sind bei jedersich bietenden Gelegenheit zu beseitigen. …»

Mit der im Koordinationsgesetz vorgenommenen und auf den 1. Ja-nuar 2000 in Kraft getretenen Änderung von Art. 6 Abs. 2 NHGwurde diese Praxis nun mit dem gleichen Wortlaut wie in Art. 18Abs. 1ter NHG zur zwingenden Vorschrift.

9.2 Zur Begrifflichkeit von Landschaft

9.2.1 Der umfassende Landschaftsbegriff des NHG

Art. 1 NHG umfasst die Natur- wie auch Kulturlandschaften mitihren spezifischen Lebensräumen für Tier- und Pflanzenarten, aberauch für den Menschen. Damit gehören auch Natur- und Kultur-denkmäler sowie geschichtliche Stätten zur Landschaft. Dieser um-fassende Landschaftsbegriff findet sich auch im LandschaftskonzeptSchweiz9 sowie im Europäischen Landschaftsübereinkommen, dasvom Europarat im Jahr 2000 geschaffen und von der Schweiz mitun-terzeichnet wurde. Aufgrund dieses Verständnisses kann der Begriff«Landschaft» wie folgt umschrieben werden:

«Landschaft ist Teil des Raumes, wie er von der ansässigen Bevöl-kerung oder von Besuchern wahrgenommen wird. Ihre Merkma-le und ihr Charakter ergeben sich aus der wechselseitigen Einwir-kung natürlicher und kultureller, d.h. menschlicher, Einflüsse.»

Diese Umschreibung schliesst die Erkenntnis ein, dass Landschaftennie etwas Endgültiges darstellen, sondern sich in der Zeit und unterdem Einfluss der formenden Kräfte von Natur und Mensch weiter-entwickeln. Diese Entwicklung schliesst zwingend auch die sichwandelnde gesellschaftliche Wahrnehmung und ihre Abhängigkeitvon den jeweils vorherrschenden Wertordnungen ein. Landschaft istdamit eine Gesamtidee, deren natürliche und kulturelle Aspektesich gegenseitig beeinflussen und nur gemeinsam betrachtet wer-den können. Landschaft ist somit mehr als die Summe ihrer einzel-nen Aspekte, sie erzeugt mit ihrer Ganzheit einen Mehrwert für ihreBewohner und Besucher.

In einer eher geographischen Betrachtungsweise umfasst Land-schaft Naturräume, ländliche Kulturlandschaften, aber auch Städteund Agglomerationen, Seen und Küstengewässer. Dies gilt unab-hängig davon, ob sie als bemerkenswert, gewöhnlich, alltäglich,entwertet oder gar zerstört beurteilt wird. Da jede einzelne Land-schaft einmalig ist, kann die räumliche Ausdehnung einer bestimm-ten Landschaft nicht einheitlich definiert werden; die Abgrenzunghängt zudem in jedem Einzelfall von der konkreten Fragestellungund von der persönlichen Situation des Betrachtenden ab.

9.2.2 Landschaftshaushalt und Landschaftsästhetik

LandschaftshaushaltAspekte des Landschaftshaushaltes schliessen alle Aspekte des Natur-und Heimatschutzes ein und erfordern eine ganzheitliche Betrach-tungsweise. Diese darf insbesondere Bedürfnisse der Bevölkerung,wie Erholung, Identität, aber auch das Landschaftsbild als wirtschaft-liche Ressource oder landschaftliche Werte als Standortfaktoren imwirtschaftlichen Wettbewerb, nicht ausser Acht lassen. Ebenso ist dielandschaftsökologische Funktion auch grossräumig zu betrachten.Diese Erkenntnisse sind teilweise neueren Datums und haben oft

Landschaft ist mehr als die Summe ihrer ein-zelnen Aspekte.Abbildung aus Landschaftskonzept Schweiz9

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noch nicht ausreichend Eingang in die Beschreibung der Inventar-objekte gefunden.

LandschaftsästhetikLandschaftsästhetische Aspekte sind stark wert- und damit zeitge-bunden. Einen Hinweis auf die Problematik gibt allein schon die ausder Denkmalpflege bekannte Frage, ob, in welcher Art und wie weitneue Bauten an bestehenden Bauten angeglichen werden sollenund ob dies gegebenenfalls positiv als Anpassen oder negativ als«Anbiedern» gewertet werden soll. Hinzu kommt eine ganze Reiheweiterer bekannter, aber auch immer wieder neuer Fragen: WelcheGestaltung ist dem Charakter und der Entstehungsgeschichte einerLandschaft angemessen? Soll die einstige Landschaft in jedem Fallmöglichst optimal wiederhergestellt werden? Was, wenn dies un-möglich ist? Fragen dieser Art lassen sind nicht allgemeingültig undfür alle Zeiten beantworten. Es ist Aufgabe fachlich breit abgestütz-ter Kommissionen wie der ENHK oder der EKD, dazu differenzierteÜberlegungen anzustellen und eine nachvollziehbare, fachlichbegründbare Praxis zu entwickeln. Hinweise zum Einbezug derLandschaft und der Landschaftsästhetik in die Planung und dasProjektieren finden sich in den entsprechenden Wegleitungen desBUWAL22 und des SIA32.

9.3 Umsetzungsfragen

9.3.1 Wo und in welchen Fällen findet Art. 6 Abs. 2 NHG An-wendung?

Räumlicher AnwendungsbereichDer räumliche Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 2 NHG betrifft inerster Linie die Gebiete (Objektperimeter) aller Inventare nachArt. 5 NHG:

– Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von na-tionaler Bedeutung (BLN);

– Bundesinventar der Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS);

– Inventar historischer Verkehrswege (IVS, in Vorbereitung).

Damit wird der räumliche Rahmen begrenzt, in welchem Ersatz-massnahmen situiert werden können. Das Bundesgericht hat aner-kannt, dass auch Beeinträchtigungen, die streng räumlich betrach-tet ausserhalb eines Objektperimeters liegen, unter Umständen alsBeeinträchtigungen des Inventarobjektes gelten müssen und ent-sprechende Massnahmen auslösen können (BGE 115 1b 311 Erwä-gung 5e). Konsequenterweise muss in begründeten Fällen auch diePflicht zu Wiederherstellung und Ersatz räumlich ausgedehnt wer-den können. Voraussetzung bleibt aber in jedem Fall, dass ein engerräumlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Beeinträch-tigung des Inventarobjektes und der Wirkung der Wiederher-stellungs- oder Ersatzmassnahme auf das Objekt aufgezeigt werdenkann. Wie beim Lebensraumschutz sollen die angeordneten Mass-nahmen in Bezug auf den verursachenden Eingriff zweckmässig seinund das Gleichgewicht im Landschaftshaushalt wiederherstellen.

Sachlicher AnwendungsbereichLandschaftsschutz im umfassenden Sinne ist Aufgabe der Kantone.Der Bund hat aber die Pflicht, in seinem Tätigkeitsbereich Land-schaften, Ortsbilder, geschichtliche Stätten, Natur- und Kulturdenk-mäler zu schonen bzw. zu schützen (Art. 78 Abs. 2 der Bundes-verfassung, BV). Im Gegensatz zum Arten-, Lebensraum- undMoorlandschaftsschutz hat der Bund aber keine Kompetenz, in

Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

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88 Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

diesem Bereich allgemein verbindliche Inventare zu erstellen undverbindlich zu erklären. Verbindlich sind die Bundesinventare nachArt. 5 NHG damit nur für die Behörden des Bundes, welche mit demVollzug von Bundesaufgaben im Sinne von Art. 2 Bst. a bis c NHGbetraut sind, sowie für diejenigen Behörden der Kantone, dieBundesaufgaben (z.B. Ausnahmebewilligungen nach Art. 24 RPGoder Art. 5 ff WaG) vollziehen. Für die Kantone haben diese Bundes-inventare damit weitgehend hinweisenden Charakter. Sie zeigenauf, welche Bedeutung der Bund diesen Objekten beimisst undwelche allfälligen Schutzziele bestehen. Allerdings sind die Kantoneanalog zu den Sachplänen des Bundes verpflichtet, die Inventare imRahmen ihrer planungsrechtlichen Instrumente gebührend zu be-rücksichtigen. Dies betrifft vor allem die Richtplanung. Damit dieseBundesinventare auch in die Nutzungsplanungen der GemeindenEingang finden können, müssen die Kantone allerdings die dafürgeeigneten kantonalrechtlichen Planungs- und Schutzinstrumenteschaffen. Der Bundesrat prüft anlässlich der Genehmigung derRichtpläne, ob diese den Interessen des Bundes gebührend Rech-nung tragen (Art. 11 i.V. mit Art. 7 Abs. 2 RPG). Damit macht es Sinn,dass die Kantone Schutzanliegen des Bundes direkt übernehmenund umsetzen oder aber mit ihren eigenen kantonalen Instrumen-ten dafür sorgen, dass sie inhaltlich umgesetzt bzw. berücksichtigtwerden.

Auslöser von Wiederherstellungs- und ErsatzmassnahmenNotwendig werden Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen,wenn die konkreten Schutzziele des betreffenden Inventarobjektsbeeinträchtigt werden. Massgebend sind dabei die Bestimmungendes jeweiligen Inventars (Verordnung über das Bundesinventar derLandschaften und Naturdenkmäler (VBLN); Verordnung über dasBundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS)).Weder diese Verordnungen noch die Inventarobjekte enthalten aus-formulierte und direkt umsetzbare Schutzziele. Diese müssen viel-mehr im konkreten Einzelfall aus der Beschreibung der Objekte imInventarblatt hergeleitet und im Lichte der verschiedenen Vorhabenkonkretisiert werden. Diese Aufgabe kommt den beiden Kommissio-nen ENHK und EKD bzw. den beurteilenden Fachstellen zu. Sie erläu-tern den Inhalt des Inventars und dessen Bedeutung für das konkretzu beurteilende Vorhaben zu Handen der Entscheidbehörde.

Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen kommen damit nurzum Zug, wenn die Entscheidbehörde bei der Interessenabwägungnach Art. 6 Abs. 2 NHG zum Schluss kommt, dass das nationaleInteresse am Vorhaben das nationale Interesse am Schutz des Objek-tes übersteigt und somit vom Gebot der ungeschmälerten Erhaltungabgewichen werden darf. Die Möglichkeit, Wiederherstellungs-oder Ersatzmassnahmen vorzunehmen, darf aber zu keiner vorweg-genommenen Interessenabwägung zu Gunsten des beeinträchti-genden Vorhabens führen. Mögliche Massnahmen sind somit nieein Grund, direkt auf die Zulässigkeit des Eingriffes zu schliessen(vgl. Kap. 9.3.2)!

9.3.2 Die Beurteilung von Eingriffen in Inventarobjekte nachArt. 5 NHG («Entscheidkaskade»)

Werden Vorhaben in Inventarobjekten von nationaler Bedeutungnach Art. 5 NHG (BLN, ISOS, IVS) beurteilt, muss Folgendes beachtetwerden:

Inhaltliche Beurteilung

1. Gemäss Art. 6 Abs. 2 NHG sind Inventarobjekte grundsätzlichungeschmälert zu erhalten (Gebot der ungeschmälerten Erhal-tung). Eine Beeinträchtigung darf nur in Ausnahmefällen erfol-gen. Voraussetzung dafür, dass diese Ausnahme überhaupt er-

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wogen werden kann, ist ein ebenfalls nationales Interesse amEingriff, das zudem im konkreten Fall höher gewichtet werdenmuss als das nationale Interesse am Schutz. Nur in diesen Fällenkommt in der Folge das sekundäre Gebot der grösstmöglichenSchonung überhaupt zum Tragen. Ob für einen Eingriff die Vor-aussetzung erfüllt ist, um als Ausnahme zu gelten, muss auf-grund der Interessen am Schutz einerseits und jenen am Vorha-ben andererseits beurteilt werden. Zu diesem Zeitpunkt darf dieThematik «Wiederherstellung oder angemessener Ersatz» nochkeine Rolle spielen. Vor allem darf die Möglichkeit bzw. eineallfällige Unmöglichkeit solcher Massnahmen die Interessenab-wägung nicht beeinflussen. Diese würden nämlich an der Tatsa-che nichts ändern, dass durch den Eingriff das Objekt beeinträch-tigt und damit das prioritäre Gebot der ungeschmälerten Erhal-tung verletzt wird.

2. Erst wenn die Interessen am Vorhaben als von nationaler Bedeu-tung anerkannt werden, erfolgt die eigentliche Interessenabwä-gung für oder gegen den Eingriff. Kommt die Entscheidbehördezum Schluss, dass das Vorhaben und damit ein Eingriff in dieSchutzziele grundsätzlich gerechtfertigt ist, ist damit aber derkonkrete Eingriff, der eine Beeinträchtigung zur Folge hat, nochnicht zulässig. Er muss vielmehr zusätzlich folgende Anforderun-gen erfüllen:

– Der Eingriff muss dem Gebot der grösstmöglichen SchonungRechnung tragen (Grundsatz der Verhältnismässigkeit).Stichworte dazu sind:

– kleinstmöglicher Eingriff;

– Verschiebung des Vorhabens an möglichst wenig sensibleOrte oder Linienführungen;

– Bauweise und Gestaltung sollen dem Schutzziel möglichstweitgehend Rechnung tragen, auch wenn dazu Mehrkostenin Kauf genommen werden müssen.

– Die verbleibende landschaftliche Beeinträchtigung mussdurch Wiederherstellungs- oder angemessene Ersatzmass-nahmen kompensiert werden. Wegen des Gebotes nach un-geschmälerter Erhaltung sind diese aber in aller Regel subsi-diärer Natur, das heisst, im Vordergrund stehen immerSchutzmassnahmen.

Etwas differenzierter kann die Situation dann beurteilt werden,wenn Wiederherstellungsmassnahmen den Eingriff sozusagen un-geschehen zu machen vermögen. In diesem Falle liegt gar keineBeeinträchtigung mehr vor. Ähnlich wie bei Beeinträchtigungenvon Biotopen nach Art. 18 Abs. 1bis NHG muss aber auch hier geprüftwerden, ob zwischen Eingriff und Wiederherstellung ein Zeitraumliegt, der aufgrund seiner Dauer seinerseits als Eingriff zu beurteilenist und damit Ersatzmassnahmen notwendig macht. Häufige Bei-spiele sind langdauernde Materialentnahmen mit entsprechendenEingriffen in Lebensräume, Landschaftscharakter und Landschafts-bild.

Schutz durch grösstmögliche Schonung: Dankeiner optimalen Linienführung, minimalerDimensionierung und bescheidenem, aberzweckdienlichem Ausbaustandard konntedieser neue Güterweg schonend in die ge-schützte Landschaft (BLN Objekt Ruinaulta,Gemeinde Valendas) eingepasst werden.Foto: Andreas Stalder

Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

Langanhaltende oder gar nicht mehr zu behe-bende Beeinträchtigung einer Landschaft vonnationaler Bedeutung durch ein Abbauvor-habenFoto: Andreas Stalder

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90 Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

9.3.3 Beurteilungskriterien und -massstab

Wichtigste Hilfe, um einen Eingriff zu beurteilen bzw. eine Mass-nahme zu bemessen, stellt die Beschreibung des Inventarobjektesim Objektblatt des Inventars dar. Aus ihr lassen sich die Schutzgütersowie eine inhaltliche und oft auch räumliche Priorisierung ableiten.Aus dem Charakter der Inventare ergibt sich, dass nicht allein faunis-tische, botanische oder lebensraumspezifische Schutzziele massge-bend sind, sondern auch anderweitige landschaftsökologische so-wie landschaftsästhetische, kulturgeschichtliche oder gar gesell-schaftliche Aspekte (z.B. in Erholungslandschaften).

Wegweisend sind die dem Inventar13 (Ziff. 3.2) zu Grunde liegendenmethodischen Überlegungen. Das BLN zeichnet sich durch einegrosse Vielfalt von Objekten aus, die besonders repräsentativ sind(charakteristische Typlandschaften) oder durch die Einmaligkeit derLandschaftsobjekte bestimmt werden. Daneben sind im BLN eigent-liche Naturdenkmäler enthalten. Im Gegensatz zu den Biotop-inventaren nach Art. 18 NHG können kaum naturwissenschaftlich-technische Beurteilungskriterien oder einheitliche, schematischeBeurteilungsmassstäbe angewendet werden. Im Vordergrund stehthier vielmehr eine deskriptive, transparente und nachvollziehbaregutachterliche Beurteilung. Diese Vorgehensweise trägt dem Um-stand Rechnung, dass es sich beim BLN um ein «Experteninventar»handelt. Nur selten kann auf vergleichbare Objekte, Fälle odereinigermassen objektivierbare Massstäbe zurückgegriffen werden.Allenfalls lassen sich aufgrund der Eingriffe Fallgruppen mit charak-teristischen Rahmenbedingungen bilden, beispielsweise Hartstein-brüche, Kiesgruben, Laufkraftwerke.

Die Schutzziele sind durch eine Beschreibung der möglichen undallenfalls auch der erwünschten Entwicklungen, insbesondere im Be-reich der Landnutzung, zu ergänzen. Werden infrastrukturelle Vorha-ben beurteilt, ist es zudem hilfreich, einschränkende Rahmenbedin-gungen transparent darzustellen. Ein Fachgutachten durch die zu-ständigen Kommissionen nach Art. 25 NHG leistet in den meistenFällen auch hier unverzichtbare Dienste. Dieses hat sich allenfalls auchzu Schutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen zu äussern.Die Fachgutachten der Kommissionen geniessen hohe Anerkennung.Ohne zwingenden Grund pflegen auch die Gerichte von der Beurtei-lung durch die Fachkommission nicht abzuweichen (BGE 125 II 591Erwägung 7a; Kommentar NHG39).

9.3.4 Mögliche Massnahmen

Massnahmen im Sinne des Arten- und Lebensraumschutzes nachArt. 18 Abs. 1ter NHG sind auch beim BLN durchaus denkbar undhäufig, denn oft werden auch hier arten- und lebensraum-spezifische Inhalte Teil der Objektcharakteristik sein und damit indie Schutzziele einfliessen müssen.

Im landschaftsästhetischen und landschaftsfunktionellen Bereichstehen folgende Aspekte im Vordergrund:

– Landschaftsästhetische Beeinträchtigungen

Landschaftsästhetische Beeinträchtigungen betreffen nicht nuroptische Aspekte, sondern alle Sinneseindrücke der Landschaftsowie ihrer Veränderungen durch Bauten, Anlagen und Terrain-gestaltungen einschliesslich der indirekten Auswirkungen dieserEingriffe, insbesondere Lärm, Gerüche oder Unruhe durch Stö-rungen. Wird ein Vorhaben im Grundsatz akzeptiert, könnenBeeinträchtigungen dieser Art oft nicht vermieden, sondernhöchstens in ihren Auswirkungen eingeschränkt werden.

Das BLN-Gebiet «Vanil Noir» wird gemässInventarbeschrieb als «charakteristisches Ge-biet der nördlichen Kalkalpen mit hoch-ragenden Felsgipfeln» beschrieben, das eine«reiche Flora der montanen und subalpinenStufe» aufweist. Daraus sind die entsprechen-den Schutzziele abzuleiten.Foto: Rachel Rumo.

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Ersatzmassnahmen müssen bei einer Gesamtbetrachtung desInventarobjektes ansetzen. Ihr eigentliches Ziel ist es, die direk-ten Auswirkungen zu vermindern. Daneben müssen sie aberauch andere, in ihrer Art oder Intensität möglichst ähnlicheBeeinträchtigungen im Sinne einer Verbesserung der landschafts-ökologischen Bilanz zu mildern suchen. Beispiele sind:

– eine Strasse rückbauen;

– einen Tunnel oder eine Überdeckung erstellen;

– eine bestehende Hochspannungsleitung verkabeln;

– Anlagen oder Terrainveränderungen umgestalten und ver-bessern;

– Fliessgewässer offen legen und revitalisieren;

– störende Bauten und Anlagen abbrechen;

– störende, d.h. nicht schutzzielkonforme Nutzungen verhin-dern oder aufheben wie etwa bei der Kiesausbeutung.

– Beeinträchtigung der Landschaftsfunktionen

Unter Landschaftsfunktionen ist beispielsweise folgendes zu ver-stehen:

– ökologische Funktionen in Bezug auf den Schutz und dieRegeneration der natürlichen Lebensgrundlagen (z.B. Grund-wasserakkumulation in einer Auenlandschaft);

– ökologische Funktionen für die Biodiversität: Vernetzungs-funktion oder Weiträumigkeit (z.B. grosse offene Fläche fürWat- und Zugvögel wie die Grenchner Witi);

– Wohlfahrtsfunktion: Ruhe, Erholung und Tourismus, freieAussicht, wichtiges Naherholungsgebiet in Agglomerationen;

– raumplanerische Funktion: z.B. als Siedlungstrenngürtel;

– soziokulturelle Funktion: kulturgeschichtlich wichtiger Land-schaftsraum im Schnittbereich politischer, kultureller und/oder wirtschaftlicher Teilräume (z.B.: Rütli, Pfynwald);

– Wissenschaftliche oder didaktische Bedeutung (z.B. Typland-schaften oder Geotope als Studien- und Illustrationsobjekte);

Beeinträchtigungen solcher Funktionen lassen sich oft kaumkompensieren. Möglichkeiten bieten sich allenfalls mit einer Un-tertunnelung, dem Bau einer Ökobrücke, einer gut angelegtenErsatzaufforstung oder der Revitalisierung eines Moores bzw.eines Gewässers.

– Die Ablesbarkeit der kultur- oder naturlandschaftlichenEntwicklungsgeschichte

Geschichtlich bedingte Entwicklungen sind nicht rekonstruier-bar. Der Schutz von Aspekten, welche die kultur- oder naturland-schaftlichen Entwicklungsgeschichte ablesbar machen, erfordertdeshalb die Redimensionierung und Beschränkung eines Vorha-bens. In Einzelfällen sind Korrekturen denkbar, beispielsweisedadurch, dass andere störende Eingriffe behoben werden.

Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

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92 Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

9.3.5 Die Angemessenheit der Massnahmen

Die Angemessenheit der Massnahme bezieht sich auch auf folgendeAspekte:

– die Massnahme und ihre Funktion;

– die Tragbarkeit und Zumutbarkeit (Verhältnismässigkeit) für denErsatzpflichtigen.

Es kann auf die Ausführungen zu den Massnahmen bei schutzwürdi-gen Biotopen (Kap. 3.2) verwiesen werden.

Die Zeitspanne zwischen dem Eingriff und dem Abschluss derWiederherstellungs- oder Ersatzmassnahme stellt in vielen Fällenein ungelöstes Problem dar. Dies gilt gerade auch für langfristigeEingriffe mit landschaftlichen Auswirkungen wie beispielsweisebeim Kies- und Felsabbau oder durch die Nutzung der Wasserkraftbis zum Ablauf der Konzessionsdauer einerseits und bis zur Wirk-samkeit der Massnahme (Rekultivierung, Aufforstung) andererseits.Die lange Projektdauer lässt Defizite entstehen, die nur über zusätz-liche flankierende Ersatzmassnahmen behoben werden können.Gewisse Eingriffe schliesslich sind irreversibel.

9.3.6 Spezifische Probleme der einzelnen Inventare

Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeu-tung (BLN)Die Hauptschwierigkeiten beim BLN liegen darin, dass einerseitsSchutzziele im Inventar fehlen und andererseits methodische Pro-bleme bestehen, wie die landschaftliche Schönheit und der Land-schaftshaushalt erfasst und beurteilt werden sollen, aber auch wiederen Beeinträchtigungen im Einzelfall zu beurteilen ist. Weitererschwert wird die Aufgabe dadurch, dass objektivierbare,messbare Vergleichsmassstäbe fehlen. Gesellschaftliche Wertvor-stellungen wandeln, individualisieren und zersplittern sich, geradein der vielfältig und kleinstrukturierten Schweiz sind sie zudem auchregional äusserst unterschiedlich ausgeprägt.

Inventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Be-deutung (ISOS)Die Bestandesaufnahme der schützenswerten Ortsbilder derSchweiz im ISOS hat ihren Schwerpunkt bei den lagebedingten,entwicklungsmässigen und typologischen Aspekten der Ortschaf-ten. Eingriffe in die Substanz der Ortsbilder schmälern unwiderruf-lich ihre Zeugniskraft und Authentizität. Wegen der Einmaligkeitgewachsener Ortsbilder und wichtiger Einzelbauwerke sindWiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nur sehr beschränktmöglich.

Korrigierende Eingriffe sind grundsätzlich nur dann anzustreben,wenn sie die gewachsenen Strukturen sinnvoll ergänzen und nichtbeeinträchtigen. Rekonstruktionen sind so weit möglich zu vermei-den. Im Einzelfall kann es im Sinne einer Ersatzmassnahme zwar imInteresse eines Denkmals sein, wenn fehlende Gebäudeteile ersetztoder störende abgebrochen werden. Möglicherweise kann diesauch das Ortsbild aufwerten. Dieses Vorgehen soll jedoch nicht denRegelfall bilden, denn die «Verbesserung» gewachsener Bausub-stanz stellt kein grundsätzlich zu verfolgendes Ziel dar. Im Sinneeiner Ersatzmassnahme lassen sich aber in vielen Fällen die oftmalsvernachlässigten Aussenräume eines Ortes aufwerten. Diese bildennicht zuletzt den architektonischen Kontext, der das Einzelbauwerkzu seiner landschaftlichen Wirkung gelangen lässt. Wenn sich nichtverhindern lässt, dass ein wertvolles, ortsprägendes Einzelbauwerk

Nach Bauabschluss unterquert die Strasse dasDorf im Tunnel.Modell: Canton de Vaud, Service des routes –routes nationales

Das Ortsbild von Onnens ist von nationalerBedeutung und entsprechend im Inventar derschützenswerten Ortsbilder der Schweiz auf-geführt. Die A5 führt im Kanton VD unmittel-bar neben dem Dorf Onnens vorbei. Durch dieAusführung des dorfnahen Abschnittes in ei-nem im Tagbau erstellten Tunnel wird die ur-sprüngliche Situation nahezu wieder herge-stellt und damit das Dorfbild geschont.

Die Situation vor BaubeginnLuftbild: Jean Jeker, Photoconstruction, Denges

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verloren geht, so ist vorzugsweise ein architektonisch hoch stehen-der, zeitgenössischer Neubau zu realisieren. Fachleute lehnen indiesem Zusammenhang Rekonstruktionen mehrheitlich ab. Umsubstanziell gute Planungsergebnisse zu erhalten, sind Wettbewer-be oder Studienaufträge zu fördern.

Inventar der historischen Verkehrswege von nationaler Be-deutung (IVS)Die Ausführungen zum ISOS gelten hinsichtlich der kulturhistori-schen Aspekte grundsätzlich auch für das IVS. Für IVS-Objekte sindim Einzelfall Aufwertungen denkbar. Beispielsweise kann einenaturnähere Gestaltung dazu verhelfen, ein unpassend moderni-siertes Wegstück, welches Teil eines längeren, an historischer Bau-substanz reichen Weges ist, als Ganzes wieder besser erkenn- underlebbar zu machen. Fragwürdig wären solche Massnahmen abersicher dann, wenn im Gegenzug ein substanzreiches historischesWegstück desselben Weges geopfert würde. Auch hier gilt analogzum BLN oder zu Lebensräumen nach Art. 18 Abs. 1bis NHG: DieMöglichkeit an sich sinnvoller Ersatzmassnahmen darf nicht recht-fertigen, ein Objekt zu beeinträchtigen.Erwähnenswert ist der enge Zusammenhang des IVS mit dem ökolo-gischen Ausgleich nach NHG und LwG, der sich aus der Charakteri-stik des IVS ergibt. Viele ökologische Ausgleichselemente sind Be-standteil oder Begleiterscheinungen eines historischen Weges wiebeispielsweise Trockenmauern, Hecken, Raine oder magere Rand-streifen. Hier können sich Synergien ergeben hinsichtlich des Unter-haltes sowie der Möglichkeiten, die Objekte als ökologische Aus-gleichsfläche anrechnen zu lassen. Dies erhöht auch die Bereit-schaft, die historische Substanz und Wegführung zu schützen oderwiederherzustellen.

9.3.7 Sicherung, Ausführung und Kontrolle

Für Sicherung, Ausführung und Kontrolle gelten die Ausführungenzu den gemäss Art. 18 NHG geschützten Biotopen analog.

Bedingt durch die meist grossflächigen Eingriffe muss gerade imlandschaftlichen Bereich auf die planerische Festsetzung und Um-setzung der Ersatzmassnahmen auf allen Planungsebenen grossesGewicht gelegt werden. Andernfalls besteht kaum Aussicht, ent-sprechend flächenrelevante Ersatzmassnahmen realisieren zu kön-nen. Es gilt der Grundsatz, wonach die Ersatzmassnahme auf allenPlanungs- und Projektierungsstufen dem gleichen Stand entspre-chen muss wie das Vorhaben selber, dessen Bestandteil es in rechtli-cher Hinsicht auch ist.

Wiederherstellung und Ersatz im Bereich der Landschaftsinventare nach Art. 5 NHG

Interessenabwägung: Die Bau-, Verkehrs- undEnergiedirektion des Kantons Bern hat dasBaugesuch einer Gemeinde abgelehnt, wel-ches auf der alten Sustenstrasse auf einerLänge von 320 Metern den Einbau eines Be-lags vorsah. Die «Kommunicationsstrasse1811» – so bezeichnet, weil in diesem Jahr mitihrem Bau begonnen wurde – ist ein verkehrs-geschichtlicher Sonderfall. Sie gilt als einerder wichtigsten historischen Verkehrswegeder Schweiz von nationaler Bedeutung. AlteTrockensteinmauern, Strassendämme, Stein-bogenbrücken, Randpflästerungen, Wasser-abzugsgräben und Wegbegrenzungssteinezeugen noch heute von der Ingenieurkunstjener Zeit. Der vom Ausbau betroffene Ab-schnitt weist sowohl den historischen Verlaufals auch die originale bauliche Substanz auf.In seinem Entscheid gewichtete der Kantondie Interessen an der ungeschmälerten Erhal-tung höher als diejenigen an einem Belags-einbau in die Strasse, obwohl diese dieBasiserschliessung für ein bewohntes Gebietdarstellt. Ein gleich- oder höherwertiges In-teresse von ebenfalls nationaler Bedeutung,welches ein Abweichen vom Gebot der unge-schmälerten Erhaltung erlaubt hätte, liegt da-mit aber nicht vor.Foto: Ruedi Bösch

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95Glossar

Anhänge

1 Glossar

Art Zu einer Art gehören im allgemeinen alle Indivi-duen, die untereinander potenziell fortpflanzungsfä-hig sind. Die Individuen leben in lokalen Populatio-nen, die in der Regel untereinander wiederum ingenetischem Kontakt stehen. Die Art wird ge-schwächt, wenn die Anzahl Populationen abnimmt,wenn die Populationen verkleinert werden oderwenn der genetische Kontakt unter den Populatio-nen erschwert bzw. unterbrochen wird.

Artenvielfalt Die Artenvielfalt ist ein Schwerpunktder biologischen Vielfalt (Biodiversität) und eines vonmehreren möglichen Kriterien zur Bewertung vonLebensräumen und Landschaften. Bei ihrer Beurtei-lung spielt die Betrachtungsebene eine entscheiden-de Rolle. Unterschieden wird zwischen der alpha-Diversität (Vielfalt innerhalb eines Lebensraumes),der beta-Diversität (zwischen den Lebensräumen)und der gamma-Diversität (innerhalb einerbiogeografischen Region oder eines Landes) sowieder globalen Diversität. Die globale Diversität hängtvon der Erhaltung weltweit bedrohter Arten ab. IhrSchutz geniesst erste Priorität. Demgegenüber hängtbeispielsweise die alpha-Diversität stark vom Auftre-ten und Verschwinden häufiger Arten aufgrund derhistorischen Entwicklung der Landnutzung ab. VieleArten leben in der Schweiz am Rande ihres Ausbrei-tungsgebietes und sind hier selten, aber anderswohäufig und ungefährdet.

Ausgleich Oberbegriff, der von der Bundesgesetz-gebung in dieser Form nicht verwendet wird. Erumfasst:1. Massnahmen zur Wiederherstellung oder zum Er-

satz von Beeinträchtigungen als Folge eines kon-kreten Eingriffes, der in schutzwürdigen Land-schaften und Lebensräumen im Allgemeinen (Art.18 Abs. 1bis und 1ter NHG) oder bei der Erfüllungvon Bundesaufgaben im besonderen (Art. 2 und 3NHG) erfolgt.

2. Massnahmen des «Ökologischen Ausgleichs» inintensiv genutzten Räumen inner- und ausserhalbvon Siedlungen (Art. 18b Abs. 2 NHG), für dieunabhängig von einem konkreten technischenEingriff eine allgemeine Pflicht besteht.

Ausgleich, ökologischer Durch den ökologischenAusgleich gemäss Art. 18b Abs. 2 NHG werden ökolo-gische Verluste durch die aktuelle Nutzung inner-und ausserhalb von Siedlungen kompensiert. DieseKompensation erfolgt unabhängig von bewilligungs-pflichtigen technischen Einzeleingriffen. Dazu gehö-ren vor allem die mit der Nutzung verbundenen Ver-luste des ökologischen Potenzials und der Struktur-und Artenvielfalt sowie Einbussen an menschlicherLebensqualität. Der ökologische Ausgleich hat zumZiel, die Artenvielfalt und die dafür erforderlichenLebensräume in ihrer natürlichen Struktur, Vernet-zung und Dynamik zu erhalten und zu fördern. Er

dient zudem der Sicherung und Regeneration dernatürlichen Lebensgrundlagen (Boden, Wasser, Luft).Die Lebensqualität des Menschen soll erhalten wer-den, indem das Landschaftsbild belebt, die Natur indie Siedlung eingebunden und das kulturräumlicheErbe bewahrt wird. Die Verpflichtung zur Schaffungvon ökologischen Ausgleichsflächen liegt bei denKantonen. Sofern die kantonalen Bestimmungen kei-ne anderen Regelungen vorsehen, sind dieMassnahmen des ökologischen Ausgleichs auchdurch die Kantone zu finanzieren. Sinngemäss istaber auch der Bund aufgrund von Art. 3 NHG dazuverpflichtet, seine Anlagen und sein Grundeigentumunter Einbezug von natur- und landschafts-schützerischen Kriterien zu unterhalten.

Biologische Vielfalt Umfasst die Vielfalt an Arten,die genetische Vielfalt (innerhalb einer Art) sowie dieVielfalt der Lebensräume. In der Praxis wird die biolo-gische Vielfalt vor allem an der Artenvielfalt gemes-sen.

Biotop Lebensraum einer bestimmten Lebensge-meinschaft (Biozönose).

Erfolgskontrolle Dient der Überprüfung des Erfolgseiner Massnahme und schlägt gegebenenfalls Kor-rekturen vor. Sie erfolgt als Bestandteil des Planungs-und Entscheidungsprozesses durch einen Vergleichder formulierten Ziele mit der erfolgten Umsetzungund der beobachteten Wirkung (Umsetzungskon-trolle, Zielkontrolle und Wirkungskontrolle).

Ersatz Unvermeidbare Eingriffe in Belange des Na-tur- und Landschaftsschutzes werden in Art, Funktionund Umfang im Massstab 1:1 an einem anderen Ort(Realersatz) oder aber hinsichtlich ihrer Art, Funktionund Umfang in anderer, angemessener Weise an ei-nem anderen Ort wettgemacht (angemessener Ersatzim engeren Sinne). Die Ersatzmassnahme liegt aber inder gleichen Gegend wie der Eingriff und ist in Bezugauf den betroffenen Natur- oder Kulturraum gebiets-typisch und ökologisch sinnvoll. Sie orientiert sich indiesem Rahmen vorrangig an der Art und Funktiondes beeinträchtigten Objekts. Der zeitlichen Lückezwischen Eingriff und Funktionsfähigkeit des Ersat-zes ist Rechnung zu tragen.

Ersatzfläche Fläche, die von der Ersatzmassnahmebeansprucht wird.

Ersatzmassnahme a) Neuschaffung eines Lebens-raums an einem anderen Ort als Ersatz für einenbeeinträchtigten bzw. zerstörten Lebensraum. Alsangemessen im Sinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG ist derErsatz dann zu betrachten, wenn der neue Lebens-raum ökologisch dem beeinträchtigten gleichwertigist.b) Ausgleich für landschaftliche und ökologischeNachteile in BLN-Objekten. Als angemessen im Sinnevon Art. 6 Abs. 1 NHG ist der Ersatz dann zu betrach-ten, wenn landschaftliche und ökologische Nachteileunumgänglicher Eingriffe und Strukturänderungendurch kompensatorische Vorteile mindestens ausge-glichen werden.

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96 Glossar

Habitat Lebensraum von Tierarten.

Landschaft Gesamter Raum inner- und ausserhalbvon Siedlungen. Die Landschaft ist das Entstandeneund Werdende natürlicher Faktoren wie Untergrund,Boden, Wasser, Luft, Licht, Klima, Fauna und Flora imZusammenspiel mit kulturellen, gesellschaftlichenund wirtschaftlichen Faktoren9.

Lebensraum Gesamter Aufenthaltsbereich aller ei-ner Population zugehörigen Individuen. Für diePflanzen- und viele Tierpopulationen ist der Lebens-raum identisch mit einer Vegetationseinheit (sieheauch die entsprechende Aufzählung in Art. 18 Abs.1bis NHG und in der revidierten NHV). Es gibt jedochauch viele Tierarten, deren Lebensraum aus mehre-ren Vegetationseinheiten besteht, wie beispielsweiseAmphibien, Fledermäuse, Vögel, Wild und Insekten.

Monitoring Dauerbeobachtung, wiederholte Beob-achtung von Zuständen. Im Gegensatz zur Erfolgs-kontrolle steht die Dauerbeobachtung nicht in einemdirekten Zusammenhang mit der Umsetzung. Dahererlauben Dauerbeobachtungen auch kaum denNachweis von Kausalitäten. Ihre Anwendung liegtvielmehr im Verfolgen von positiven oder negativenEntwicklungen bestimmter Indikatoren oder in derFrühwarnung.

Nachhaltige Entwicklung Entwicklung, welche dieheutigen Bedürfnisse zu decken vermag, ohne fürkünftige Generationen die Möglichkeiten zu schmä-lern, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken (nach UN1987).

Neuschaffung siehe Wiederherstellbarkeit.

Population Diejenigen Individuen einer Art, die inregelmässigem genetischem Kontakt untereinanderstehen können.

Renaturierung Wiederherstellung der Standort-eigenschaften einer Fläche (oder eines Gewässers),welche den einst natürlich vorhandenen Eigenschaf-ten entsprechen oder nahekommen.

Revitalisierung Strukturelle und/oder funktionelleWiederbelebung von ehemals natürlichen odernaturnahen Biotopen oder von Ausschnitten der Kul-turlandschaft (in einen naturnäheren Zustand verset-zen). Beseitigung oder Abschwächung anthropogenbedingter Eingriffe in den Naturhaushalt oder insLandschaftsbild.

Schutzwürdiger Lebensraum In Art. 14 Abs. 3 NHVwird dargelegt, wie die schutzwürdigen Lebensräu-me nach Art. 18 Abs. 1bis NHG mit Hilfe von Kenn-arten, geschützten Arten und Roten Listen bestimmtwerden. Als weitere Hilfsmittel zur Bestimmungschutzwürdiger Lebensräume gelten der «Atlasschutzwürdiger Vegetationstypen der Schweiz25», dieprovisorische Rote Liste der Waldgesellschaften57 so-wie die Schrift «Ufervegetation und Uferbereich nachNHG»40.

Verhältnismässigkeit Gemäss dem Grundsatz derVerhältnismässigkeit müssen die Verwaltungsmass-nahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Inter-esse liegenden Ziels geeignet und notwendig sein. Dasangestrebte Ziel muss ausserdem in einem vernünfti-gen Verhältnis zu den Freiheitsbeschränkungen ste-hen, die den Privaten auferlegt werden (vgl. BGE 117Ia472, 483).

Vernetzung Wesentliches Kriterium für den ökologi-schen Wert eines Lebensraums ist seine Vernetzungmit anderen Lebensräumen gleichen Typs. Die in derKulturlandschaft vorkommenden ersatzpflichtigenLebensräume sind in der Regel letzte Refugien zahl-reicher Tier- und Pflanzenarten, die früher in derKulturlandschaft weit häufiger vorkamen. Durch dieNutzungsintensivierung der letzten Jahrzehnte wur-den diese artenreichen Lebensräume oft stark von-einander isoliert und damit gefährdet. Nur ein gutvernetzter Lebensraum ermöglicht den genetischenAustausch verschiedener Populationen derselben Art.Andererseits kann ein neu geschaffener Lebensraumnur von Tieren und Pflanzen besiedelt werden, wenndiese aktiv eingebracht werden oder wenn der neueLebensraum für sie über vernetzende Strukturen er-reichbar ist. Oft fehlen einzelne wenig mobile Artenauch noch nach längerer Zeit. Nach einem Eingriffwiederhergestellte Lebensräume sind daher in derRegel auch nach langer Zeit noch artenärmer als diedurch den Eingriff zerstörten.Die Vernetzungsansprüche sind in erster Linie vomAktionsradius bzw. der Ausbreitungsgeschwindigkeitder jeweiligen Art abhängig und damit weitgehendein artspezifisches Merkmal.

Wiederherstellung Unvermeidbare temporäre Ein-griffe in Natur und Landschaft werden in Art, Funkti-on und Umfang im Massstab 1:1 am Ort des Eingriffsbehoben. Allenfalls ist die Kontinuität der Funktions-fähigkeit gestört, und es entstehen zeitliche Lückenwährend der Dauer des Eingriffs oder bis zur Wieder-erlangung der vollen Funktionsfähigkeit. Auch pro-jektbedingte Veränderungen im Umfeld des Lebens-raums (Zerschneidungen) sind oft unvermeidbar.Durch flankierende oder zusätzliche Massnahmen istdiesen Lücken Rechnung zu tragen.

Wiederherstellbarkeit Lebensräume können nichtunmittelbar hergestellt werden, sondern sie entste-hen im Laufe der Zeit entsprechend den Gesetz-mässigkeiten der Natur. Technisch durchführbar ist inbestimmten Fällen die Schaffung der nötigen Voraus-setzungen für die Entwicklung gewisser Lebensräu-me: Beispielsweise kann ein Stück Land vernässt oderausgehagert oder ein bestimmter Bodentyp geschaf-fen werden. Möglich und in vielen Fällen sinnvoll istes auch, im Sinne einer Starthilfe Pflanzenmaterialoder Samen einzubringen. Bei fachkundiger Ausfüh-rung werden dabei auch Kleintiere wie Insekten,Spinnen, Schnecken und Würmer eingebracht, diesonst über lange Zeiträume von benachbarten Le-bensräumen gleichen Typs einwandern müssten.Nach der Schaffung der notwendigen Voraussetzun-gen für das Entstehen eines Lebensraums dauert es inder Regel noch sehr lange, bis sich die standort-

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typische Vegetation eingestellt hat: Das Wachstumder Pflanzen, der Anflug von Samen weitererPflanzenarten, die nicht aktiv eingebracht wordensind und die nicht im Rohboden gedeihen können.Die standorttypische Vegetation ist Voraussetzungfür das Einwandern der anvisierten Tierarten aus an-grenzenden Lebensräumen gleichen Typs. Wie langediese Prozesse dauern, ist weitgehend lebensraum-und artspezifisch: Gewisse Lebensraumtypen benöti-gen für ihre funktionsfähige Ausprägung nur wenigeMonate oder Jahre (kurzlebige Ruderalfluren), ande-re Jahrzehnte (Magerwiesen, Hecken, nährstoff-reiche Flachmoore), Jahrhunderte (nährstoffarmeFlachmoore, Mittelwälder) oder gar Jahrtausende(Hochmoore, Urwälder, Höhlen etc.).Es gibt Lebensräume, die auf Grund ihrerlangdauernden Entstehungsprozesse nach menschli-chem Ermessen als nicht herstellbar bezeichnet wer-den müssen. Zu diesen Lebensräumen gehören Ur-wälder, Hochmoore, Schuttfluren, Höhlen und natur-nahe alpine Lebensräume. Hinzu kommen Lebens-räume hochspezialisierter und mobiler Arten wiedem Wiedehopf, Luchs oder Auerwild, die hoheHabitatsansprüche haben. Auch Lebensräume dieserArten können, einmal zerstört, aufgrund bisherigerErfahrungen kaum wiederhergestellt werden.

Wirkungskontrolle Liefert Angaben, ob das Vorha-ben die beabsichtigte Wirkung gezeigt hat. Die zen-trale Frage lautet: Wurden die vorgesehenen Zu-standsänderungen erreicht und in welchem Ausmass(qualitativ und quantitativ)?

Zerschneidung von Lebensräumen Es kann zwi-schen verschiedenen Typen von Zerschneidung unter-schieden werden:– Zerschneidung eines Lebensraumes: Jede Popula-

tion hat ihren artspezifischen Minimal-Lebens-raum. Wenn diese Grösse unterschritten wird, er-lischt die Population. Ein grosser Lebensraum ist inökologischer Hinsicht in der Regel wertvoller alszwei kleine Lebensräume mit derselben Fläche.

– Trennung unterschiedlicher Teil-Lebensräume:Der Lebensraum vieler Tierarten besteht aus mehrals einer Vegetationseinheit. Wenn diese durcheine Infrastruktur voneinander getrennt werden,so wird der Population die Lebensgrundlage ent-zogen.

– Unterbruch periodischer Wanderkorridore: Ge-wisse Tierarten haben periodisch wechselnde An-sprüche an ihren Lebensraum. Sie führen daherperiodische Wanderungen zwischen verschieden-artigen Lebensräumen durch. Populationen kön-nen erlöschen, wenn einer der Teil-Lebensräumezerstört oder der Verbindungs-Korridor unterbro-chen wird.

– Unterbruch des Genaustauschs zwischen Popula-tionen: Alle Tier- und Pflanzenarten haben diearterhaltende Tendenz, sich auszubreiten. Wenndie dafür notwendigen Ausbreitungsachsen nichtmehr existieren, ist der Genaustausch mit anderenPopulationen nicht mehr möglich.

2 Übersicht über die aktuelleGerichtspraxis

2.1 Bundesebene

Urteil des Bundesgerichts vom 17. Dezember1986 (Val Müstair; BGE 112 Ib 424 ff.)Nach Art. 18 Abs. 1ter NHG sind bei der Bewilligungder Neuanlage eines Wasserkraftwerks die Interessenan der Wasserkraftnutzung und am Schutz der durchdas Vorhaben gefährdeten Auenvegetation gegen-einander abzuwägen. Die Interessenabwägung fälltim konkreten Fall zugunsten des Schutzes der Auen-vegetation aus, da diese ausgedehnt ist und dasLandschaftsbild besonders prägt. Der Ausschluss derGefährdung erfordert während der Vegetationsperi-ode die Sicherstellung einer ausreichenden Rest-wassermenge (432, 441).

Urteil des Bundesgerichts vom 16. September1987 (Belp-Au; BGE 113 Ib 340 ff.)Aufgrund von Art. 18 Abs. 1ter NHG könnte zum Aus-gleich der Rodung eines Auenwaldes – zusätzlichzum Rodungsersatz nach Waldgesetzgebung – dieRevitalisierung der Auenvegetation verlangt werden(347 f., 349 unten, 352).

Urteil des Bundesgerichts vom 6. Dezember1988 (Walchwil; BGE 114 Ib 268 ff.)Die Beeinträchtigung von schützenswerten Biotopendurch technische Eingriffe ist grundsätzlich zu ver-meiden. Erst wenn sich Eingriffe unter Abwägungaller Interessen als unvermeidlich erweisen, stellt sichdie Frage nach Schutz-, Wiederherstellungs- oderErsatzmassnahmen (273).Die Interessenabwägung nach Art. 18 Abs. 1ter NHGergibt im konkreten Fall, dass das Interesse am Schutzeines Riedgebietes von erheblichem naturschützeri-schem Wert, wenn auch nicht von nationaler Bedeu-tung dem Interesse an der Realisierung einer Walder-schliessungsstrasse vorgeht (273 ff.).An der Unzulässigkeit der Walderschliessungsstrassevermag der (verhältnismässig unbedeutende) finan-zielle Mehraufwand von möglichen alternativen Lini-enführungen nichts zu ändern (275).

Urteil des Bundesgerichts vom 18. Januar 1989(Martina-Pradella; BGE 115 Ib 224 ff.)Die Begriffe «Wiederherstellung» und «Ersatz» imSinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG gehen weiter alsderjenige der «Ersatzaufforstung» nach Waldgesetz-gebung. Bei Art. 18 Abs. 1ter NHG geht es nicht nur umeinen flächenmässigen Ersatz derselben Art vonWald, sondern darum, die Voraussetzungen nachRaum, Wasserführung usw. zu erhalten oder neu zuschaffen (231).

Urteil des Bundesgerichts vom 9. Mai 1990(Corsier-sur-Vevey; BGE 116 Ib 203 ff.)Die Anwendbarkeit von Art. 18 Abs. 1ter NHG setzt dasVorhandensein eines schützenswerten Biotops vor-aus. Bestehen keine Gründe zum Ergreifen einer

Übersicht über die aktuelle Gerichtspraxis

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98 Übersicht über die aktuelle Gerichtspraxis

Schutzmassnahme, fällt auch eine Wiederher-stellungs- oder Ersatzpflicht dahin (214).

Urteil des Bundesgerichts vom 23. September1991 (Moorlandschaft Rothenthurm; BGE 117Ib 243 ff.)Die Beeinträchtigung von schützenswerten Biotopendurch technische Eingriffe ist grundsätzlich zu ver-meiden. Erst wenn sich Eingriffe unter Abwägungaller Interessen als unvermeidlich erweisen, stellt sichdie Frage nach Schutz-, Wiederherstellungs- oderErsatzmassnahmen (246).

Urteil des Bundesgerichts vom 19. November1992 (Augst; BGE 118 Ib 485 ff.)Für schützenswerte Biotope sind in der Nutzungs-planung geeignete Lösungen zu finden. Die von Art.18 Abs. 1ter NHG vorgesehene Abwägung des Schutz-interesses mit dem Nutzungsinteresse hat deshalb (inder Regel) in diesem Rahmen stattzufinden (489 f.).Im konkreten Fall besteht ein bedeutendes öffentlichesInteresse an der Erhaltung eines Eisvogelbiotops (496).Der Schutz des Biotops ist um so mehr geboten, alsam betreffenden Flusslauf keine Möglichkeiten zurHerstellung eines Ersatzbiotops im Sinne von Art. 18Abs. 1ter NHG bestehen (494, 496).Der Erhaltung natürlicher Lebensräume in einerdichtbesiedelten Agglomeration kommt ein beson-ders hoher Stellenwert zu (496).

Urteil des Bundesgerichts vom 9. März 1993(Oberägeri)Der Schilfbestand kann im konkreten Fall im Sinnevon Art. 18 Abs. 1ter NHG durch parallel zum Seeuferliegende Schwimmbalken vor unerwünschtem Wel-lenschlag geschützt werden (20 ff.).

Urteil des Bundesgerichts vom 17. März 1993(Egg)Die Bundesverfassung verlangt in Art. 24sexies Abs. 5einen über Art. 18 Abs. 1ter NHG hinausgehenden(absoluten) Schutz der Moore von nationaler Bedeu-tung (11).

Urteil des Bundesgerichts vom 4. Oktober 1993(Lostorf)Das Bundesrecht verlangt kein besonderes Bewilli-gungsverfahren für technische Eingriffe, welcheschutzwürdige Lebensräume beeinträchtigen kön-nen. Es bleibt den Kantonen überlassen, allenfalls einbesonderes Bewilligungsverfahren zu ordnen (17).In Art. 14 Abs. 5 NHV werden die Voraussetzungenverdeutlicht, unter denen Eingriffe nach den Grund-sätzen von Art. 18 Abs. 1ter NHG bewilligt werdenkönnen (17).In der Nutzungsplanung hat eine umfassendeInteressenabwägung zu erfolgen, die insbesondereauch die Wiederherstellung oder angemessenen Er-satz sicherstellt (22; im konkreten Fall verletzt einebloss rudimentäre Interessenabwägung Art. 18 Abs.1ter NHG nicht, dies aufgrund der vom kantonalenBaudepartement bekundeten Absicht, angemesse-nen Ersatz im nachfolgenden Baubewilligungs-verfahren noch auszubedingen und durchzusetzen:22 ff., insbes. 26).

Könnte auf einem Baugrundstück wegen einer Heckenur eine erheblich kleinere Fläche überbaut undkaum dieselbe Ausnützung erreicht werden, ist dieBeseitigung bzw. Verlegung der Hecke bei der Über-bauung angesichts der Interessen der privatenGrundeigentümer und der Öffentlichkeit an der Nut-zung des eingezonten Gebiets nicht zu vermeiden(27).Der Umstand, dass sich in den Gärten der Umgebungzahlreiche dichte und auch hochstämmige einheimi-sche Bäume und Sträucher befinden, lässt erwarten,dass die dichte Vernetzung auf Dauer erhalten bleibt(27 f.).

Urteil des Bundesgerichts vom 10. November1993 (Seewen; URP 1994 12 ff.)Unter Abwägung aller Interessen nach Art. 18 Abs.1ter NHG rechtfertigt das öffentliche Interesse am Baueiner Schiessanlage im konkreten Fall die Erstellungdes Scheibenstandes und des Kugelfangs in einer ar-tenreichen Trockenwiese. Zudem wird mit dem Ab-bruch des bestehenden Scheibenstandes für ausrei-chenden Ersatz gesorgt (20).

Urteil des Bundesgerichts vom 21. Dezember1993 (Schwyz)Die Bundesverfassung verlangt in Art. 24sexies Abs. 5einen über Art. 18 Abs. 1ter NHG hinausgehenden(absoluten) Schutz der Moore von nationaler Bedeu-tung (10).

Urteil des Bundesgerichts vom 28. März 1994(Chrüzlen III; URP 1994 148 ff.)Das Interesse an der Erstellung einer Deponie recht-fertigt die Beseitigung einer Hecke. Diese ist gemässArt. 18 Abs. 1ter NHG nach der Schliessung der Depo-nie wiederherzustellen oder zu ersetzen (153).

Urteil des Bundesgerichts vom 19. Mai 1994(Chiggiogna; BGE 120 Ib 161 ff.)Im Falle der Bewilligung einer Waldrodung ist eben-falls für Ersatz nach Art. 18 Abs. 1ter NHG zu sorgen.Der Begriff des «Ersatzes» nach Art. 18 Abs. 1ter NHGist weiter gefasst als derjenige des «Rodungser-satzes» nach Waldgesetz (166, mit ausdrücklichemHinweis auf BGE 115 Ib 231).

Urteil des Bundesgerichts vom 14. Juni 1995(Morges; BGE 121 II 161 ff.)Eingriffe in schützenswerte Biotope sollen grundsätz-lich vermieden werden. Wenn der Eingriff allerdingsdurch ein überwiegendes Interesse gerechtfertigt ist,können Schutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatz-massnahmen angeordnet werden (163).Das Bundesrecht verlangt von den Kantonen keinbesonderes Bewilligungsverfahren für Vorhaben, dieein geschütztes Biotop beeinträchtigen könnten. Dievon Art. 18 Abs. 1ter NHG vorgesehene Interessenab-wägung kann im ordentlichen Bewilligungsverfahrenerfolgen (164).

Urteil des Bundesgerichts vom 24. September1996 (Ingenbohl; URP 1996 815 ff.)Die Bundesverfassung verlangt in Art. 24sexies Abs. 5einen über Art. 18 Abs. 1ter NHG hinausgehenden

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(absoluten) Schutz der Moore von nationaler Bedeu-tung (820).

Urteil des Bundesgerichts vom 19. November1999 (Umfahrungsstrasse T 10 Gals, Gampelen,Ins, Müntschemier, URP 2000 369ff)Sind einzelne Festlegungen in einem Plan entwederals Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG oderals Massnahmen des ökologischen Ausgleichs nachArt. 18b Abs. 2 NHG zulässig, so kann auf eine genaueQualifizierung der einzelnen Massnahmen verzichtetwerden (373), sofern beide Massnahmenarten sich imkonkreten Fall als notwendig erweisen. Bei derDetailprojektierung ist landwirtschaftlichen Interes-sen so weit als möglich Rechnung zu tragen (377).

Entscheid der Rekurskommission UVEK vom5. April 2001 in S. WWF gegen NOK und ESTI(110 kV-Leitungen Hasli-Tägerwilen/Bernrain-Tägerwilen, Verfügung ESTI vom 22. Dezember1999)Der besondere Umstand, dass der umstrittene Lei-tungsabschnitt in der Nähe eines BLN Objektes (BLN-Objekt Nr. 1411 «Untersee-Hochrein») zu liegenkommt, das ISOS-Objekt «Schlossbereich UnterseeOst (Tägerwilen, Salenstein) als Spezialfall» ebenfallsin relativ unmittelbarer Nachbarschaft quert, sich derLeitungsabschnitt in der Nähe eines Bundesinventarsder Wasser- und Zugvogelreservate von nationalerund internationaler Bedeutung (Ermatingerbecken)befindet und damit dem Vogelschutz besondere Be-deutung zukommt sowie die Absicht des KantonsThurgau, das betroffene Gebiet als Landschafts-schutzgebiet aufzuwerten, ist in Anwendung einerInteressenabwägung nach Art. 3 NHG schwerer zugewichten als die Mehrkosten für die Errichtung undden Betrieb, welche durch die Verkabelung der Lei-tung entstehen.

2.2 Kantonale Ebene

Urteil des Verwaltungsgerichts des KantonsAargau vom 8. Juli 1992 (Aarau; AGVE 1992365 ff.)Art. 18 Abs. 1ter NHG ist als Ausfluss des Verursacher-prinzips zu betrachten (373).Ökologischer Ausgleich nach Art. 18b Abs. 2 NHG istnicht dasselbe wie Ersatz nach Art. 18 Abs. 1ter NHG(376).Der Schutz eines Objektes als Biotop ist Vorausset-zung für Ersatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter

NHG (379 f.).

Urteil des Verwaltungsgerichts des KantonsWaadt vom 29. Juli 1994 (Hydro-Rhône)Die der Verleihung einer Wasserkraftkonzession zu-grundeliegenden Unterlagen müssen alle Elementeenthalten, um eine umfassende Beurteilung ein-schliesslich allfälliger Massnahmen im Sinne von Art.9 USG und Art. 18 Abs. 1ter NHG zu ermöglichen. Diesbetrifft auch die räumliche Anordnung und den Um-fang der Ersatzmassnahmen, sofern sich daraus Rech-

te und Pflichten für den Konzessionsnehmer erge-ben, welche den Umfang der verliehenen Rechte undnicht bloss deren technische Umsetzung betreffen.

Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 3. Mai1996 (Nationalstrasse N9; URP 1997 49 ff.)Das Interesse an einer vierspurigen N9 überwiegt dasInteresse an der Erhaltung der fraglichen Lebensräu-me (51 f.).Ein nachhaltiger Eingriff in ein Restbiotop eines ur-sprünglich ausgedehnten Sumpfgebietes, in dem Or-chideen und das Vorkommen von Arten der Roten Li-ste bemerkenswert sind, lässt sich im konkreten Falldurch das Interesse an einer direkten Linienführungder N9 rechtfertigen (52).Bei der Interessenabwägung nach Art. 18 Abs. 1ter NHGist der Wert der in Aussicht genommenen Wieder-herstellungs- und Ersatzmassnahmen – hier die Schaf-fung teilweise neuer und die Aufwertung bestehen-der Feuchtgebiete sowie die Sicherstellung der Durch-lässigkeit einer Fahrbahn der N9 für Kleintiere undAmphibien – zu berücksichtigen (52).

Urteil des Verwaltungsgerichts Waadt vom 4.Februar 1997 (Cuarny; URP 1997 625 f.)Hat die Offenlegung eines eingedolten Baches nichtzum Ziel, ein schützenswertes Biotop wiederherzustel-len oder angemessen zu ersetzen, ist sie keine Mass-nahme nach Art. 18 Abs. 1ter NHG, sondern eine sol-che des ökologischen Ausgleichs nach Art. 18b Abs. 2NHG (625). Zu erwähnen bleibt, dass es sich hier umeine im Rahmen einer Zweitmelioration verlangteRevitalisierung handelte; der Bach war bereits im Rah-men einer früheren Meliorationsmassnahme und da-mit damals im Zuge eines projektbedingten Eingrif-fes in einen schützenswerten Lebensraum beseitigtworden.

Urteil des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh. vom4. März 1997 (Wanderweg Glandenstein-Bödeli;URP 1997 611 ff.)Die Beeinträchtigung von schützenswerten Biotopendurch technische Eingriffe ist nach Art. 18 Abs. 1ter NHGgrundsätzlich zu vermeiden. Erst wenn sich Eingriffeunter Abwägung aller Interessen als unvermeidlicherweisen, stellt sich die Frage nach Schutz-, Wieder-herstellungs- oder Ersatzmassnahmen (612).Das Interesse am Schutz der Lebensräume einer abge-schiedenen Flusslandschaft geht dem Interesse an derRealisierung eines Wanderweges vor (612 f.).Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen,dass die Möglichkeit besteht, den Wanderweg ober-halb des fraglichen Biotops und in einem ebenfallsattraktiven Gebiet zu führen (614).

Urteil des Verwaltungsgerichts des KantonsFreiburg vom 9. Mai 2000 (Haut-Vully, URP 2000727 ff)Die gerodete Fläche von 1140 m2 Ufervegetation wirdin genügender Weise durch eine Fläche von 1080 m2

ersetzt, auf welcher ein Ried entstehen soll. DasFlächendefizit von 60 m2 wird durch den im Vergleichzur verlorenen Biotopfläche qualitativ höheren Wertder Ersatzfläche mehr als kompensiert (727).

Übersicht über die aktuelle Gerichtspraxis

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100 Blick über die Landesgrenze

3 Blick über die Landesgrenze

3.1 Deutsches Recht

3.1.1 Gesetzestext

Gesetz über Naturschutz und Landschafts-pflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)

§ 8 Eingriffe in Natur und Landschaft(1) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne diesesGesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nut-zung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit desNaturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblichoder nachhaltig beeinträchtigen können.(2) 1Der Verursacher eines Eingriffs ist zu verpflichten,vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Land-schaft zu unterlassen sowie unvermeidbare Beein-trächtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Fristdurch Massnahmen des Naturschutzes und der Land-schaftspflege auszugleichen, soweit es zur Verwirkli-chung der Ziele des Naturschutzes und der Land-schaftspflege erforderlich ist. 2Voraussetzung einerderartigen Verpflichtung ist, dass für den Eingriff inanderen Rechtsvorschriften eine behördliche Bewilli-gung, Erlaubnis, Genehmigung, Zustimmung, Planfest-stellung, sonstige Entscheidung oder eine Anzeige aneine Behörde vorgeschrieben ist. 3Die Verpflichtungwird durch die für die Entscheidung oder Anzeigezuständige Behörde ausgesprochen. 4Ausgeglichen istein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine er-hebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Natur-haushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild land-schaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltetist.(3) Der Eingriff ist zu untersagen, wenn die Beeinträch-tigungen nicht zu vermeiden oder nicht im erforderli-chen Masse auszugleichen sind und die Belange desNaturschutzes und der Landschaftspflege bei der Ab-wägung aller Anforderungen an Natur und Landschaftim Range vorgehen.(4) Bei einem Eingriff in Natur und Landschaft, derauf Grund eines nach öffentlichem Recht vorgesehe-nen Fachplanes vorgenommen werden soll, hat derPlanungsträger die zum Ausgleich dieses Eingriffs er-forderlichen Massnahmen des Naturschutzes und derLandschaftspflege im einzelnen im Fachplan oder ineinem landschaftspflegerischen Begleitplan in Textund Karte darzustellen; der Begleitplan ist Bestand-teil des Fachplanes.(5) 1Die Entscheidungen und Massnahmen werden imEinvernehmen mit den für Naturschutz und Land-schaftspflege zuständigen Behörden getroffen, soweitnicht eine weitergehende Form der Beteiligung vor-geschrieben ist oder die für Naturschutz und Land-schaftspflege zuständigen Behörden selbst entschei-den. 2Dies gilt nicht für Entscheidungen, die auf Grundeines Bebauungsplanes getroffen werden.(6) Bei Eingriffen in Natur und Landschaft durch Be-hörden, denen keine behördliche Entscheidung nachAbsatz 2 vorausgeht, gelten die Absätze 2 bis 5 ent-sprechend.(7) Die im Sinne dieses Gesetzes ordnungsgemässe

land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennut-zung ist nicht als Eingriff in Natur und Landschaft an-zusehen.(8) 1Die Länder können bestimmen, dass Veränderun-gen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen be-stimmter Art, die im Regelfall nicht zu einer erhebli-chen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der Leis-tungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Land-schaftsbildes führen, nicht als Eingiffe anzusehen sind.2Sie können gleichfalls bestimmen, dass Veränderun-gen bestimmter Art als Eingriffe gelten, wenn sieregelmässig die Voraussetzungen des Absatzes 1 er-füllen.(9) Die Länder können zu den Absätzen 2 und 3 wei-tergehende Vorschriften erlassen, insbesondere überErsatzmassnahmen der Verursacher bei nicht aus-gleichbaren aber vorrangigen Eingriffen.(10) Handelt es sich bei dem Eingriff um ein Vorha-ben, das nach § 3 des Gesetzes über die Umwelt-verträglichkeitsprüfung einer Umweltverträglichkeits-prüfung unterliegt, so muss das Verfahren, in demEntscheidungen nach Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 oderauf Grund von Vorschriften nach Absatz 9 getroffenwerden, den Anforderungen des genannten Gesetzesentsprechen.

3.1.2 Aufbau, Struktur und Inhalt

a Regelung für Eingriffe in Natur und Landschaft

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) befasstsich in § 8 mit Eingriffen in Natur und Landschaft.Der Eingriffsregelung sind Veränderungen derGestalt, d.h. der geomorphologischen Erschei-nung, sowie der (bisher prägenden) Nutzung vonGrundflächen unterworfen, welche eine erhebli-che oder nachteilige Beeinträchtigung der Lei-stungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder desLandschaftsbildes haben können (§ 8 Abs. 1BNatSchG; vgl. zu weiteren Einzelheiten Ziff. 2.1.und 2.2. hiernach).

b Beurteilung von Eingriffen

§ 8 BNatSchG kennt eine abgestufte Regelung fürdie Beurteilung von Eingriffen in Natur und Land-schaft:

Vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur undLandschaft sind zu unterlassen (sog. Unter-lassungsgebot; § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). ImRahmen der Vermeidbarkeitsprüfung sind insbe-sondere schonendere Standorte bzw. Projekt-varianten sowie deren Zumutbarkeit zu evaluie-ren.

Unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur undLandschaft sind auszugleichen (sog. Ausgleichs-gebot; § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Die Ausgleichs-pflicht ist erfüllt, wenn nach Beendigung des Ein-griffs keine erhebliche oder nachhaltige Beein-trächtigung des Naturhaushalts zurückbleibt unddas Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederher-

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gestellt oder neu gestaltet ist (§ 8 Abs. 2 Satz 4BNatSchG). Die Ausgleichspflicht beinhaltet dem-nach nicht nur Wiederherstellung, sondern auchNeugestaltung, nicht notwendig genau an der Stel-le des Eingriffs, aber immerhin unter Wahrung ei-nes funktionellen Zusammenhangs zu diesem.

Unvermeidbare Beeinträchtigungen von Naturund Landschaft, die nicht im erforderlichen Masseausgeglichen werden können, sind unzulässig, so-fern die Interessen des Natur- und Landschafts-schutzes im Range vorgehen (§ 8 Abs. 3BNatSchG). Sind Eingriffe weder vermeidbar nochausgleichbar, hat also eine Interessenabwägungstattzufinden (sog. Abwägungsgebot; vgl. dazuZiff. 2.3. hiernach) und es sind – nach den starkdifferierenden Vorschriften der Länder – für vor-rangige, d.h. nach erfolgter Interessenabwägungzugelassene Eingriffe Ersatzmassnahmen zu tref-fen (§ 8 Abs. 9 BNatSchG). Diese werden – imUnterschied zu Ausgleichsmassnahmen – im allge-meinen an anderer Stelle als das Vorhaben, aberimmerhin in dem vom Eingriff betroffenen Raumvorgenommen. Dabei wird in den Landes-naturschutzgesetzen regelmässig eine Ähnlichkeitzwischen dem beeinträchtigten Objekt und dem(gleichwertigen) Ersatz verlangt.

c Ausgleichsabgaben

§ 8 Abs. 9 BNatSchG ermächtigt die Länder nachder Rechtsprechung nicht nur zur Regelung vonErsatzmassnahmen, sondern ebenfalls zur Erhe-bung von Ausgleichsabgaben. Die meisten Ländersehen solche Abgaben für den Fall vor, dass eineRealkompensation nicht möglich oder nicht aus-reichend ist. Die Zahlungen sind für die verblei-benden Beeinträchtigungen zu leisten. Die Höheder Abgabe wird nach unterschiedlichen Kriterienbestimmt (ersparte Rekultivierungskosten, Dauerund Schwere des Eingriffs, Wert des Vorteils fürden Verursacher, wirtschaftliche Zumutbarkeit). Inallen Ländern wird der Ertrag der Ausgleichsab-gaben zweckgebunden für Massnahmen des Na-tur- und Landschaftsschutzes verwendet (vgl.dazu Ziff. 2.4. hiernach).

d Verpflichtung zur Erstellung eines landschafts-pflegerischen Begleitplans

Bei einem Eingriff in Natur und Landschaft sinddie erforderlichen Natur- und Landschaftsschutz-massnahmen in einem landschaftspflegerischenBegleitplan darzustellen (§ 8 Abs. 4 BNatSchG; vgl.dazu Ziff. 2.5. hiernach).

e Verfahrensrechtliche Behandlung

Das BNatSchG sieht kein eigenständiges Verfahrenfür die Regelung von Eingriffen in Natur und Land-schaft vor. Die Eingriffsregelung ist vielmehr in be-stehenden Verfahren zu beachten und gilt auch nurfür Vorhaben, über die in bestimmten Verfahren zuentscheiden ist (sog. «Huckepack» -Verfahren; § 8Abs. 2 Satz 2 BNatSchG). Die meisten Länder sehen

gestützt auf § 8 Abs. 9 BNatSchG allerdings einsubsidiäres Verfahren für den Fall vor, dass für einenEingriff in anderen Erlassen kein Verfahren vorgese-hen ist (vgl. dazu Ziff. 2.6. hiernach).

An diesen Verfahren sind die Naturschutz-behörden in der Form des sog. Benehmens (inschweizerischer Terminologie: Anhörung) zu be-teiligen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG). MehrereLänder gehen auch in diesem Punkt weiter undsehen gestützt auf § 8 Abs. 9 BNatSchG die Formdes sog. Einvernehmens (in schweizerischer Termi-nologie: Zustimmung) vor.

3.1.3 Unterschiede gegenüber dem NHG in denLösungsansätzen

a Erheblichkeitsschwelle mit Positiv- und Negativ-katalogen

§ 8 BNatSchG befasst sich – anders als Art. 18 Abs.1ter NHG – nicht nur mit Eingriffen in die Natur,sondern auch mit Landschaftseingriffen. Dieser er-weiterte Anwendungsbereich ist gekoppelt miteiner Eingriffsdefinition, welche auf die Erheb-lichkeit bzw. Nachhaltigkeit des Eingriffs abstellt(§ 8 Abs. 1 BNatSchG). Als Eingriff gilt nicht jederEingriff in ein Schutzobjekt wie nach der Rege-lung von Art. 18 Abs. 1ter NHG, sondern nur einsolcher, der die sogenannte Erheblichkeits-schwelle überschreitet. Die Erheblichkeit wird imEinzelfall aufgrund der Schutzwürdigkeit des Ob-jekts, dessen Gefährdung und den Auswirkungendes Eingriffs beurteilt.

Zur Erleichterung des Entscheids über die Erheb-lichkeit eines Eingriffs finden sich in den meistenLandesnaturschutzgesetzen gestützt auf § 8 Abs. 8Satz 2 BNatSchG sog. Positivkataloge, in denen Ein-griffe aufgelistet sind, welche regelmässig dieErheblichkeitsschwelle erreichen (z.B. Entwässe-rung von Mooren und Sümpfen sowie die Beseiti-gung von Tümpeln und Weihern mit einer Flächevon mehr als 100 m2) und in einzelnen Landes-naturschutzgesetzen gestützt auf § 8 Abs. 8 Satz1 BNatSchG sog. Negativkataloge, in denen Eingrif-fe verzeichnet sind, die regelmässig die Vorausset-zung der Erheblichkeit nicht erfüllen (z.B. Errich-tung von Erdwällen für den Lärmschutz an Strassenund Eisenbahnlinien). Da sowohl Positiv- als auchNegativkataloge auf den Regelfall abstellen,kommt ihnen der rechtliche Wert einer Vermutungzu, die im Einzelfall widerlegt werden kann.

b Agrarprivileg

Nach § 8 Abs. 7 BNatSchG gilt die ordnungs-gemässe land-, forst- und fischereiwirtschaftlicheBodennutzung nicht als Eingriff in Natur undLandschaft. Die rechtliche Tragweite dieses soge-nannten Agrarprivilegs ist umstritten. In der Lite-ratur wird einerseits postuliert, das Privileg ge-bühre nur der von einem naturschutzbewussten

Blick über die Landesgrenze

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102 Blick über die Landesgrenze

Landwirten geübten Praxis18,19. Andererseits wirdausgeführt, dass das Privileg sowohl auf agraröko-nomische als auch auf agrarwissenschaftlicheMassstäbe verweise, wobei sich letztere in Rich-tung vermehrter Ökologie entwickelten33. Aus derRechtsprechung wird zumindest klar, dass die erst-malige Anlage von Fischteichen für die gewerbli-che Fischzucht nicht unter das Agrarprivileg fällt,ebensowenig wie ein Wechsel von der land- zurforstwirtschaftlichen Nutzung oder umgekehrt.

Anders als aufgrund von Art. 18 Abs. 1ter NHG wirdden Anliegen der Land- und Forstwirtschaft nichtim Rahmen der Interessenabwägung Rechnunggetragen. Der deutsche Gesetzgeber geht viel-mehr davon aus, dass die ordnungsgemässe Land-und Forstwirtschaft den Zielen des Natur- undLandschaftsschutzes dient und deshalb dessenSchutzobjekte gar nicht tangiert.

c Stellung der Interessenabwägung

Aus der Regelung von § 8 Abs. 3 BNatSchG ergibtsich, dass Eingriffe mit vermeidbaren oder aus-gleichbaren Folgen – wenn auch mit entsprechen-den Verpflichtungen zur Vermeidung bzw. zumAusgleich von Beeinträchtigungen – ohne weite-res zulässig sind. Die Interessenabwägung setztalso anders als nach Art. 18 Abs. 1ter NHG nicht beijedem Eingriff an, sondern nur bei unvermeid-und unausgleichbaren.

d Ausgleichsabgaben

Ausgleichsabgaben, wie sie aufgrund von § 8 Abs.9 BNatSchG in den Landesnaturschutzgesetzenvorgesehen sind, kennt das schweizerische Rechtnicht. Eingriffe sind nach Art. 18 Abs. 1ter NHGvielmehr stets in natura zu ersetzen.

e Landschaftspflegerischer Begleitplan

Das schweizerische Recht kennt anders als dasdeutsche keine gesetzliche Verpflichtung zur Er-stellung eines landschaftspflegerischen Begleit-plans. In der Praxis wird ein solcher jedoch oft inForm von entsprechenden Bewilligungsauflagenverlangt.

f Verfahrensrecht

Subsidiäre Verfahren zur Beurteilung von nichtanderweitig bewilligungspflichtigen Eingriffenkennt das schweizerische Recht im Gegensatz zumdeutschen Recht nicht.

Leading case: Urteil des 4. Senats des Bundesverwal-tungsgerichts vom 27. September 1990 (BVerwGE 85,348 ff.)

3.2 Französisches Recht

La protection des biotopes et les mesures de compensa-tion ou de restauration

3.2.1 Le principe de la protection des biotopes

3.2.1.1 Le droit communEn matière de protection des biotopes, l’art. 200–1 duCode rural (ci-après C. rur.) consacre en quelque sorte«le droit commun», auquel des dérogations sont pré-vues, soit dans le code rural ou d’urbanisme, soit dansla législation spéciale.L’art. 200–1 al. 2 du C. rur. pose les principes suivants:«Les espaces, ressources et milieux naturels, les siteset paysages, la qualité de l’air, les espèces animales etvégétales, la diversité et les équilibres biologiquesauxquels ils participent font partie du patrimoine com-mun de la nation.Leur protection, leur mise en valeur, leur restauration,leur remise en état et leur gestion sont d’intérêt gé-néral et concourent à l’objectif de développement du-rable …».Cette disposition est importante en tant qu’elle accor-de à la protection de la nature une place équivalenteaux intérêts économiques, dans la hiérarchie des va-leurs (PRIEUR, p. 272). Elle a cependant uniquementvaleur d’une déclaration de principe et d’une recom-mandation (Code de l’environnement, note 2 ad art.200–1 al. 2 C. rur., p. 64).

3.2.1.2 La législation spécialePlusieurs lois spéciales règlent de manière spécifiquela protection des milieux naturels et les atteintes quipeuvent leur être portées. C’est particulièrement lecas de:

– la «loi littoral» (loi N° 86–2 du 3 janvier 1986, dontles principales dispositions en matière de protectiondes milieux naturels ont été intégrées aux art.L. 146–1 ss du Code d’urbanisme, ci-après C. urb.);cette loi prévoit que les constructions sont interditesen dehors des espaces urbanisés sur une bande de100 mètres et que les espaces naturels du littoral(forêts, dunes, marais) sont à protéger en particulierpour leur qualité écologique (L. 146–6 C. urb.);

– la «loi montagne» (loi N° 72–12 du 3 janvier 1972,dont les dont les principales dispositions enmatière de protection des milieux naturels ont étéintégrées aux art. L. 145–1 à L.145–13 du C. urb.).Il résulte de cette législation que les décisions rela-tives à l’occupation du sol doivent préserver lesespaces, paysages et milieux naturels caractéristi-ques du patrimoine naturel (art. L. 145–3–II C.urb.); les équipement touristiques doiventrespecter «la qualité des sites et les grandséquilibres naturels» (art. L. 145–3–IV C. urb.). Ilexiste en outre des dispositions de protectionspécifiques des rives des plans d’eau sur unedistance de 300 mètres (L. 145–5 C. urb.);

– la loi sur l’eau (loi N° 92–3 du 3 janvier 1992) quirègle la protection des écosystème aquatiques etdes zones humides (art. 2 et 10).

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103

3.2.2 Les atteintes licites aux biotopes

3.2.2.1 Le droit communOn ne trouve pas dans le régime du droit commun dedéfinition des situations permettant une atteinte auxmilieux naturels à protéger. C’est essentiellement parvoie prétorienne que le contrôle des motifs d’autori-sation permettant d’entreprendre des travaux préju-diciables s’est développé (UNTERMAIER, p. 392 ss).L’étude de la jurisprudence la plus récente montre quece sont des motifs d’ordre technique ou faisant réfé-rence à l’utilité publique de l’ouvrage qui autorisentdes atteintes à un biotope. L’admissibilité de tellesatteintes est directement liée à l’importance des me-sures de compensation envisagées (Revue juridique del’environnement [RJE] 1/1998, 127 et 129).

3.2.2.2 La législation spécialeLes motifs justifiant des dérogations à l’obligation depréserver intacts les milieux naturels sont égalementd’ordre technique ou liés à l’utilité publique de l’ouv-rage. Cependant à la différence du régime de droitcommun, certaines installations bénéficient de déro-gations, voire de «super-dérogations», et sont totale-ment affranchies des obligations de respecter la pro-tection des milieux naturels; dans ces derniers cas, au-cune mesure de compensation ne sera donc exigée.

Travaux justifiés par la nécessité technique:

– L’art. L. 145–8 C. urb., pris en application de la loimontagne, prévoit que «les installations et ouvra-ges nécessaires aux établissements scientifiques, àla défense nationale, aux recherches et à l’exploi-tation de ressources minérales d’intérêt national,à la protection contre les risques naturels et auxservices publics autres que les remontées mécani-ques ne sont pas soumis aux dispositions de laprésente section (consacrée aux principes d’amé-nagement et de protection en zone de montagne)si leur localisation dans ces espaces correspond àune nécessité technique impérative».

– L’art. 146–7 al. 4 C. urb., pris en application de laloi littoral, prévoit des exceptions à l’interdictionde créer des routes près du rivage lorsque laconfiguration des lieux ou l’insularité l’exigent.L’aménagement de routes dans la bande littoraleest par ailleurs possible dans les espaces urbanisésou lorsqu’elles sont nécessaires à des services pu-blics ou à des activités économiques exigeant laproximité immédiate de l’eau (art. L. 146-7 al. 6 c.urb.).

– L’art. L. 146–8 C. urb., pris en application de la loilittoral, édicte une exception totale («super-déro-gation») à l’obligation de respecter les mesures deprotection pour «tous les travaux liés à la sécuritémaritime et aérienne, à la défense nationale, à lasécurité civile, au fonctionnement des aérodromeset des services publics portuaires autres que lesports de plaisance, lorsque leur localisation ré-pond à une nécessité impérative».

Travaux liés à l’utilité publique de l’ouvrage:

– L’art. 145–6 C. urb., pris en application de la loimontagne, prévoit que la construction des routesnouvelles de vision panoramique, de corniche oude bouclage est interdite uniquement au-dessusde la limite forestière, avec des dérogations nom-breuses (désenclavement d’agglomération ou demassifs forestiers, défense nationale, liaison interna-tionale).

– L’art. 145-5 C. urb., pris en application de la loimontagne, accorde des dérogations importantesà la protection des rives de plan d’eau, par uneliste d’installations non concernées par l’objectifde protection et en permettant à la communeriveraine, lorsqu’un plan d’occupation du solexiste, de l’adapter «pour permettre une exten-sion mesurée des agglomérations ou l’ouvertured’un terrain de camping dans le respect du pay-sage et des caractéristiques propres à cet espacesensible» (art. L. 145–5 al. 3 C. urb.).

– L’art. L. 146-6 al. 2 C. urb., pris en application de laloi littoral, permet que des aménagements légerssoient implantés dans les espaces et sites remar-quables lorsqu’ils sont nécessaires à leur gestion, àleur mise en valeur notamment économique ou, lecas échéant, à leur ouverture au public. L’art. R.146–2 C. urb. énumère la liste de ces installations.

3.2.3 Les mesures de compensation etde restauration

3.2.3.1 En généralL’art. 200–1 al. 2 C. rur. ne réglemente pas directe-ment la question des mesures de restauration ou decompensation. Celles-ci sont proposées par le maîtrede l’ouvrage dans le cadre de l’étude d’impact (art. 2de la loi N° 76–629 du 10 juillet 1976; ci-après «loi surla protection de la nature»). Cette disposition prévoitce qui suit:

«Les études préalables à la réalisation d’aménage-ments ou d’ouvrages qui, par l’importance de leursdimensions ou leurs incidences sur le milieu naturel,peuvent porter atteinte à ce dernier, doivent compor-ter une étude d’impact permettant d’en apprécier lesconséquences.»Par ailleurs, l’art. 2 du décret N° 77–1141 du 12 octo-bre 1977 pris en application de la loi sur la protectionde la nature dispose ce qui suit:

L’étude d’impact comprend successivement:«4° Les mesures envisagées par le maître de l’ouvrageou le pétitionnaire pour supprimer, réduire et, si pos-sible, compenser les conséquences dommageables duprojet sur l’environnement, ainsi que l’estimation desdépenses correspondantes».

Les mesures de compensation sont en effet directe-ment liées à la nécessité de procéder à une étuded’impact (UNTERMAIER, p. 403; PRIEUR, p. 866). Endroit français, cette obligation est d’ailleurs étendue,puisque le principe est que toutes les installationsimportantes sont soumises à une étude d’impact, une

Blick über die Landesgrenze

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104 Blick über die Landesgrenze

liste négative énumérant limitativement celles qui ensont dispensées, soit parce que les dimensions del’ouvrage ne sont pas importantes, soit parce que leurincidence sur le milieu naturel est réputée faible (art.1 al. 3 du décret N° 77–1141). Il faut en outre releverque, parmi les installations dispensées, certaines sontnéanmoins soumises à une «notice d’impact» (art. 4du décret précité), qui doit également indiquer lesmesures de compensation et de restauration.

Même si l’obligation de procéder à une étude d’im-pact est générale, elle comporte des lacunes: ainsique le relève PRIEUR (p. 80), un certain nombre detravaux sont dispensés de l’étude d’impact, alorsmême qu’ils pourraient avoir des incidences impor-tantes sur l’environnement. Il en va notamment ainsides travaux d’entretien et de grosses réparationsquelle que soit leur ampleur (art. 3 du décret N° 77–1141). Mais le problème se pose encore de manièreaccrue lorsque le motif de dispense est justifié parl’existence d’un plan d’occupation des sols (POS)(Code de l’environnement, note 1 ad art. 3 du décretN° 77–1141, p. 75). Le principe repose sur l’idée que lePOS a dû, au moment de son élaboration, prendre encompte les préoccupations de l’environnement. Or,ces plans ne sont eux-même pas soumis à une étuded’impact préalable et la pratique montre que l’exa-men des effets sur l’environnement n’est pas garanti(PRIEUR, p. 82). Est également contesté le fait que destravaux soient dispensés de l’étude d’impact en rai-son de leur coût (lorsque les travaux sont inférieurs à12 millions de francs). Ce critère financier, peu écolo-gique, est toutefois tempéré par une liste d’ouvragesoumis à étude d’impact quel que soit leur coût (An-nexe III du décret N° 77–1141).

Non définies par la loi, les mesures compensatoiresconsistent le plus souvent à exiger la création ou lareconstitution de milieux naturels tels que haies,frayères, à ordonner des replantations forestières, leréempoissonnement ou le transfert de stations floris-tiques, d’une colonie de castors, la revégétalisation(UNTERMAIER, p. 403), à financer la création d’unétang, d’une pêcherie ou d’une réserve naturelle(PRIEUR, p. 87). Mais cette compensation n’est pasnécessairement en nature; elle peut être financièreou d’un autre ordre. UNTERMAIER (p. 411) cite le casde la destruction d’un étang compensé par la créa-tion d’une place de loisirs.

3.2.3.2 L’inscription de l’obligation de compen-ser dans certaines législations spécifiquesL’obligation de définir les modalités de la remise enétat constitue une condition d’octroi de l’autorisationlors de l’ouverture de travaux de recherches et d’ex-ploitation de mines ou de l’autorisation d’ouvrir d’unecarrière (Code minier art. 79 et 83, PRIEUR, p. 488). Laloi littoral prévoit également une obligation de re-constituer une plage ou le potentiel conchycole ouaquacole lors de la construction d’un port de plaisance(art. 21).

3.2.4 La stratégie du bilan

Le principe de la prise en compte du préjudice causéau milieu naturel est apparu pour la première fois dansla jurisprudence du Conseil d’Etat, en 1971, dans l’ar-rêt «Ville Nouvelle Est» qui inaugure la théorie du bi-lan. Cette jurisprudence a été reprise dans l’arrêt duConseil d’Etat du 11 janvier 1978. L’appréciation de lalégalité de l’autorisation de modifications d’un objetfaisant l’objet d’une mesure de classement doit ainsiêtre soumise au principe du «bilan avantages-incon-vénients», alors qu’antérieurement, seuls des critèresliés au site (sa beauté, ses caractéristiques, etc.) étaientretenus. D’abord appliqué aux installations d’utilitépublique, le principe a été étendu à l’ensemble desdécisions en matière de planification ou autorisationsde construire (CABALLERO, p. 93 ss).

La jurisprudence récente montre que dans la «straté-gie du bilan» l’intérêt à la conservation de la naturene bénéficie pas d’un poids particulier. Il s’agit d’unintérêt général au même titre que celui à la construc-tion d’une installation d’utilité publique. L’intérêt à lapréservation d’un étang et des prairies humides quil’entourent a été jugé plus faible que celui à construireun axe routier transeuropéen (RJE 1/1998, 130). La doc-trine dénonce le fait que l’intérêt à la conservation dela nature – même si des mesures de compensation sontordonnées – soit le plus souvent sacrifié aux opéra-tions d’aménagement du territoire à caractère régio-nal, et a fortiori national (UNTERMAIER, Présentationet pesée globale des intérêts en droit français del’aménagement du territoire et de la protection del’environnement, in: La Pesée globale des intérêts, sousla direction de Ch.-A. Morand, Helbing et Liechtenhan,Genève 1997, p. 143). La pesée des intérêts à laquelleprocède l’administration pour autoriser les atteintesconduit rarement à l’annulation du projet (UNTER-MAIER, p. 398).

3.2.5 Conclusion et bilan comparatif en égardà l’art. 18 al. 1ter LPN

1° L’absence d’obligation de compenser pourcertaines installations

Le principe de compensation, exprimé parfois demanière spécifique dans la loi (voir ch. 3.2.3.2 ci-dessus), est appliqué de manière de plus en plusrigoureuse dans la jurisprudence récente. Lesétudes d’impact qui ne comportent pas demesures de compensation sont systématiquementrefusées (Code de l’environnement, note 1 ad art.2 du décret N° 77–1141, p. 70 ss). En cela, on peutdire que la législation française est proche de lalégislation suisse. Elle ne prévoit pas de protectionabsolue, mais une obligation de compenser.

Cependant, l’obligation de compenser souffre desexceptions importantes: nous renvoyons à ce qui aété dit plus haut s’agissant des installations nonsujettes à étude d’impact (ch. 3.2.3.1) et des instal-lations pouvant bénéficier de dérogations ou «su-per-dérogations» (ch. 3.2.2.2). Là, le droit françaiss’écarte sensiblement de l’art. 18 al. 1ter LPN, parti-

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105

culièrement en accordant à certaines installationsd’utilité publique un statut privilégié qui les dis-pensent totalement de l’obligation de prendredes mesures. Les dérogations à la protection dulittoral (art. L. 146–8 C. urb.) sont d’ailleurs jugéesrelativement permissives par rapport à la législa-tion italienne (Loi du 8 août 1985), qui interdittoute modification de l’état des lieux sur une lar-geur de 300 mètres à partir de la mer et dans leszones inscrites sur la liste de la convention deRamsar; ou par rapport à la loi espagnole qui, touten ressemblant à la loi française, ne prévoitaucune dérogation à la protection des zones hu-mides, des plages et de quelques espaces spéciale-ment protégés (Loi du 28 juillet 1988) (Juris-Clas-seur, Fasc. 525, p. 15).

2° L’absence d’obligation générale de réparer

La reconnaissance d’un préjudice occasionnélicitement ou illicitement n’ouvre par ailleurs pasencore nécessairement un droit à une réparation.Seuls les textes récents prévoient une telle obliga-tion, mais le plus souvent lorsque des travaux ontété faits sans autorisation (Juris-Classeur, Fasc.1060, N° 6 et 7). Il s’agit alors d’une obligation deréparer, parallèle à une sanction pénale éven-tuelle.

3° La nature de la compensation

La doctrine évoque la possibilité de convenird’autres mesures que celles consistant en une ré-paration en nature (voir ch. 3.2.3.1). La jurispru-dence étudiée ne permet pas de confirmer cepoint. Il résulte plutôt de celle-ci que ce sont descompensations en nature qui sont la règle.

4° Les mesures de protection

Bien que l’objet de ce rapport ne tende pas àdévelopper les mesures de protection, c’est essen-tiellement dans ce cadre que le droit français semontre original par rapport au droit suisse, no-tamment par:

– l’institution du Conservatoire de l’espace litto-ral et des rivages lacustres (L. 243–1 ss C. urb.),dont la mission est de mener une politiquefoncière de sauvegarde du littoral, des sitesnaturels et de l’équilibre biologique. C’est cetype d’instrument que revendiquent les per-sonnes chargées d’assurer la protection des zo-nes humides (ROMI, p. 19).

– des mesures fiscales: l’art. L. 142–2 C. urb., per-met au conseil général d’instituer une taxe dé-partementale dans les espaces naturels sensi-bles. Cette taxe ne peut être affectée qu’auxopérations suivantes: acquisition de terrains(par voie amiable, expropriation ou préemp-

tion) pour leur aménagement en espaces natu-rels boisés ou non, ouverts au public; participa-tion à l’acquisition de terrains par le conserva-toire de l’espace littoral et des rivages lacustresou par des communes ainsi qu’à l’entretien deces terrains; participation à l’aménagement età l’entretien d’espaces naturels appartenantaux collectivités locales ou à des propriétairesprivés ouvrant par convention leur terrain aupublic; acquisition et gestion des sentiers figu-rant sur le plan départemental des itinérairesde promenade et de randonnée; acquisitionpar voie amiable ou préemption, aménage-ment et gestion des chemins le long des coursd’eau et plans d’eau non domaniaux. Il nes’agit donc pas à proprement parler d’une taxedestinée à compenser les atteintes à unbiotope, mais à les prévenir par une meilleuregestion des espaces naturels sensibles.

Bibliographie:

Caballero Francis, Essai sur la notion juridique denuisance, Paris, 1981.

Prieur Michel, Droit de l’environnement, 3e édition,Paris, 1996

Romi Raphaël, Les espaces humides. Le droit entreprotection et exploitation des territoires, Paris, 1992.

Untermaier Jean, De la compensation comme prin-cipe général du droit et de l’implantation de télésiè-ges en site classé, in RJE 4–1986, p. 381 ss.

Code annoté de l’environnement. Protection de lanature. Lutte contre les nuisances, Paris, 1998.

Editions du Juris-Classeur

Blick über die Landesgrenze

Page 107: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

106 Biotopbewertungsmethoden

4 Biotopbewertungs-methoden

4.1 Biotopbewertungsmethode«Modul»Autor: B. Kägi

4.1.1 Einleitung

Die Methode «Modul» erlaubt die Abschätzung, obeine Ersatzmassnahme nach Art. 18 Abs. 1ter NHG ei-nen projektbedingten Eingriff in ökologischer Hinsichtangemessen kompensiert. Zu diesem Zweck wird derökologische Wert des Eingriffsraums vor der Realisie-rung des technischen Eingriffs bestimmt und mit demzu erwartenden Wert nach dem Eingriff verglichen.

4.1.2 Anwendungsbereich

– Die Bewertungsmethode ist beliebig vereinfach-oder ausbaubar. Daher ist sie breit anwendbarund in einfachen Fällen auch für Nicht-Speziali-sten bedingt nachvollziehbar. Insbesondere dieBestimmung der Qualitätsfaktoren und die Aus-wahl sinnvoller Ersatzmassnahmen bedürfen aberökologischer Fachkenntnisse.

– Der gesamte Untersuchungsperimeter wird be-rücksichtigt, also auch die nicht schutzwürdigenLebensräume.

– Die Bewertungsmethode liefert Hinweise, nachwelchen ökologischen Kriterien ein Untersuchungs-perimeter beurteilt und sinnvolle Ersatzmassnah-men ausgewählt werden sollen.

– Es können auch die Auswirkungen der Bauphasebeurteilt werden.

4.1.3 Grundsatz

Der ökologische Wert homogener Teilflächen wirdermittelt, indem verschiedene korrigierende Qualitäts-faktoren mit der Flächengrösse multipliziert werden.Der ökologische Wert des gesamten Perimeters errech-net sich, indem die Werte der Teilflächen miteinandersummiert werden.

4.1.4 Vorgehen

Voraussetzung für die folgenden Schritte ist, dass so-wohl der technische Eingriff wie die vorgesehenenErsatzmassnahmen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG inklusi-ve ihre Auswirkungen auf den Naturhaushalt bekanntsind.

1. Zur Bestimmung des ökologischen Werts vor demtechnischen Eingriff wird der gesamte Untersu-chungsperimeter, also auch die nicht schutzwürdi-gen Flächen, in Teilflächen eingeteilt. Diese Flä-chen sollen bezüglich Vegetationsstruktur und

Pflanzenarten-Zusammensetzung möglichst ho-mogen sein (z.B. Hecke, Bachlauf, Wasserfläche,Felsfläche, Acker, Strassenfläche etc.). Anschlies-send werden sie auf einer Karte eingetragen,nummeriert und ihre Grösse in einer geeignetenEinheit in ein Formular eingetragen (vgl. Fallbei-spiel im Anhang 4.1.7).

Vertiefung: Der Untersuchungsperimeter kannauch aus mehreren nicht zusammenhängendenRäumen bestehen, z.B. dann, wenn die Ersatzmass-nahme nicht in der Nähe des technischen Eingriffsvorgesehen ist. Der Einbezug auch nicht schutzwür-diger Flächen führt nicht zu einem aus rechtlicheroder ökologischer Sicht falschen Resultat, weil die-selbe Methode auch für den Zustand nachBauabschluss angewendet wird (vgl. Schritt 5).

2. Die Tabelle zur Bestimmung der Qualitätsfaktoren(Anhang 4.1.5) wird anhand der aktuellen Situati-on überprüft und bei Bedarf ergänzt. Es sollenmöglichst alle relevanten Bewertungskriterien indie Bewertung einfliessen.

Vertiefung: Um das Verfahren zu vereinfachen,können für die Beurteilung von kleinen, homoge-nen Untersuchungsperimetern wenig relevanteKriterien weggelassen werden. Im einfachsten Fall(ohne relevante Kriterien) entstünde demnacheine ungewichtete Flächenbilanz. Für die Beurtei-lung komplexer Untersuchungsperimeter emp-fiehlt es sich hingegen, weitere Bewertungs-kriterien hinzuzufügen. Je mehr relevante Kriteri-en berücksichtigt werden, desto eher entsprichtdas Resultat der Realität.

Wird ein zusätzliches Qualitätskriterium hinzuge-fügt, ist bei der Bestimmung der Faktoren auffolgendes zu achten: Ausgegangen wird jeweilsvom Qualitätsfaktor 1 für «durchschnittlich» aus-gebildete Lebensräume. Gute Qualitäten bedeu-ten eine positive Korrektur (Faktor > 1), schlechteBiotopqualitäten eine negative Korrektur (Faktor< 1). Wichtig ist, dass keine quantitativen, sondernnur qualitative Bewertungskriterien gewählt wer-den. Zudem müssen die Kriterien möglichst unab-hängig voneinander sein, weil sonst ein Faktormehrfach gewichtet würde.

Anstatt tabellarischer Darstellungen eignen sichauch grafische Darstellungen: Auf der Abszissewird das Qualitätskriterium dargestellt, auf derOrdinate der Faktor. In der Regel ist die Beziehungnicht linear, sondern soll mit einer sigmoiden Kur-ve dargestellt werden.

3. Anhand der Tabelle zur Bestimmung der Quali-tätsfaktoren (Anhang 4.1.5) werden für jede Teil-fläche die Qualitätsfaktoren bestimmt und ins For-mular eingetragen.

4. Für die Bestimmung des Werts jeder Teilflächewerden die Qualitätsfaktoren miteinander undmit der Flächengrösse multipliziert. Die sich dar-aus ergebenden ökologischen Werte aller Teil-

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107

flächen werden miteinander addiert. Diese Sum-me repräsentiert den ökologischen Ausgangswertdes Untersuchungsgebiets in Form einer Zahl.

Vertiefung: Mit der Multiplikation von Qualitäts-faktoren und Fläche wird der Zusammenhangzwischen Grösse und Wert des Lebensraumsfälschlicherweise als linear angenommen. Bei derInterpretation des Resultats ist diese Vereinfa-chung entsprechend zu berücksichtigen.

5. Für die Ermittlung des ökologischen Werts nachdem technischen Eingriff wird ähnlich vorgegan-gen wie bei der Bestimmung des Ausgangswerts:Auf einer zweiten Karte werden der permanentetechnische Eingriff (in der Regel ein Bauvorhabenim Betriebszustand) und so gut wie möglich dievorgesehene(n) Ersatzmassnahme(n) eingetra-gen.

Vertiefung: Auch die Bauphase oder jeder beliebi-ge andere Zeitpunkt kann nach derselben Metho-de beurteilt werden, sofern die Flächenbean-spruchung und die Auswirkungen auf die angren-zenden Lebensräume bekannt sind.

6. Das gesamte Untersuchungsgebiet wird nun inkünftig homogene Teilflächen unterteilt. DieFlächengrössen werden bestimmt und ins Formu-lar zur Bestimmung des ökologischen Werts nachdem technischen Eingriff eingetragen.

Vertiefung: Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen,empfiehlt es sich, nach Möglichkeit die Teil-flächen-Grenzen und die Nummerierung vonPunkt 2 zu übernehmen (vgl. Anhang 4.1.7). Än-derungen beschränken sich dann auf diejenigenFlächen, die vom technischen Eingriff oder vonErsatzmassnahmen beansprucht werden.

Die Flächengrössen müssen in der gleichen Einheitangegeben werden wie bei der Bestimmung desAusgangswerts (Schritt 5). Das Total der Flächenmuss in beiden Formularen identisch sein.

7. Nun werden mittels der Tabellen (Anhang 4.1.5und 4.1.6) die Qualitätsfaktoren der Teilflächenbestimmt.

Vertiefung: Wo sich durch die Realisierung destechnischen Eingriffs und der Ersatzmassnahmennichts ändert, können die Qualitätsfaktoren vomFormular zur Bestimmung des Ausgangszustandsübernommen werden. Änderungen ergeben sichnicht nur auf den vom technischen Eingriff direktbeanspruchten Flächen, sondern allenfalls auchauf angrenzenden Flächen, die vom technischenEingriff oder der Ersatzmassnahme in positiveroder negativer Art beeinflusst werden (z.B.Umgebungsqualität, Vernetzungsfunktion).

Für die Bestimmung der Qualitätsfaktoren der Er-satzflächen kommt eine andere Tabelle (Anhang4.1.6) zur Anwendung, weil für fiktive, noch nichtbestehende Ersatzlebensräume nicht alle Quali-

tätskriterien von Anhang 4.1.5 angewendet wer-den können:

– Die Kriterien «Umgebungsqualität», «Vernet-zungsfunktion» und «Natürliche Dynamik»können identisch übernommen werden.

– Anstelle des «Alters des Lebensraums» wird die«Herstellbarkeit» beurteilt.

– Die Kriterien «Artenvielfalt», «Naturnähe»und «anspruchsvolle Arten» fallen ersatzlosweg. Eine entsprechende Prognose ist schwie-rig. Für Ersatzmassnahmen soll in jedem Fallder diesbezüglich bestmögliche Zustand ange-strebt werden.

– Als zusätzliche Kriterien können beispielsweiseder «Unterhaltsbedarf» und die «regionale Re-präsentativität» neu aufgenommen werden.

Es ist wesentlich, dass diejenigen Faktoren, diesowohl für den Ausgangs- wie für den Endzu-stand relevant sind, auch tatsächlich mit-berücksichtigt werden.

Analog zu Punkt 2 kann auch diese Tabelle(Anhang 4.1.6) je nach Situation den Gegeben-heiten angepasst, d.h. ergänzt oder gekürztwerden.

8. Für jede Teilfläche wird das Produkt von Flächeund Faktoren gebildet. Diese Zahlen werden an-schliessend summiert. Das Total entspricht demökologischen Wert des Untersuchungsgebietesnach der Realisierung des technischen Eingriffsund der Ersatzmassnahmen.

9. Abschliessend wird der ökologische Wert des nochnicht beeinflussten Untersuchungsgebiets (gemässPunkt 4) mit dem fiktiven Wert nach Projektreali-sierung (gemäss Punkt 8) verglichen. Die vorgese-henen Massnahmen sind aus ökologischer Sichtangemessen, wenn die beiden ökologischen Wer-te nur unwesentlich voneinander abweichen.

Vertiefung: Ist der Wert des Endzustandes wesent-lich tiefer als der anfängliche Wert, so ist dieErsatzmassnahme aus ökologischer Sicht unzurei-chend. Verbesserungen können dadurch erreichtwerden, dass entweder die Ersatzfläche vergrössert,deren ökologische Qualität verbessert oder eine zu-sätzliche Ersatzmassnahme vorgesehen wird.

Hinweis: Wenn die Formulare für die Berechnungmit einem Tabellenkalkulationsprogramm erstelltwerden, kann die Berechnung des ökologischenWerts durch entsprechende Formatierung der Zel-len automatisch erfolgen, was insbesondere danneine Zeitersparnis bedeutet, wenn der Unter-suchungsperimeter aus vielen Teilflächen besteht.So kann auch leicht verfolgt werden, wie sich eineÄnderung der Ersatzmassnahme (z.B. Flächen-erweiterung) auf den ökologischen Gesamtwertdes Untersuchungsgebiets auswirkt.

Biotopbewertungsmethoden

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108 Biotopbewertungsmethoden

4.1.5 Tabelle zur Bestimmung der Qualitätsfaktoren für den Ausgangswert und für Flächen,die nicht verändert werden:

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4.1.6 Tabelle zur Bestimmung der Qualitätsfaktoren für Ersatzflächen:

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n.

Biotopbewertungsmethoden

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110 Biotopbewertungsmethoden

4.1.7 Fallbeispiel

Ausgangslage: wie Fallbeispiel der Biotopbewertungsmethode «Mittelland» (siehe Anhang 4.3)

Fl. Nr.

1

2

3

4

5

Total

Fläche [a]

120

300

30

20

30

500

Q1

1.3

0.7

1

1

1.5

Q2

0.9

0.8

0.5

0.7

0.7

Q3

1.3

1

1.3

1.3

1.3

Q4

1

1

1.5

1.5

1.5

Q5

1

0.5

1

1

1

Q6

1.3

0.1

1.3

1

1.5

Q7

2

1

1.1

1

1.5

Q8 Q9 Produkt

475

8

42

27

138

530

Folgende Ersatzmassnahmen sind vorgesehen (wie im Fallbeispiel «Mittelland»): Angrenzend an den bestehenden Trockenstandort

werden 80 a Mähwiese fachgerecht extensiviert. Die bestehende Hecke wird um 10 a erweitert.

Für die Bewertung des Ausgangszustandes sind folgende Informationen notwendig:

– Teilfläche 1 (Trockenstandort von 120 a): Bestehtseit mindestens 50 Jahren, hat Vernetzungs-funktion von lokaler Bedeutung, ist naturnah aus-gebildet, verhältnismässig artenreich und Lebens-raum von vier anspruchsvollen Tierarten.

– Teilfläche 2 (Intensivgrünland von 300 a): höchs-tens 10-jährige, naturfern ausgebildete, arten-arme Mähwiese ohne Vernetzungsfunktion, abermit Extensivierungspotenzial.

– Teilfläche 3 (Feldgehölz von 30 a): 30-jähriges,verhältnismässig artenreiches Gehölz mit Vernet-

zungsfunktion von lokaler Bedeutung, mit gerin-gen anthropogenen Störungen. Sie wird von eineranspruchsvollen Art mit komplexen Lebensraum-ansprüchen genutzt.

– Teilfläche 4 (20 a): 30-jährige, naturnahe, durch-schnittlich artenreiche Hecke mit Vernetzungs-funktion von lokaler Bedeutung.

– Teilfläche 5 (30 a): Über 100 Jahre altes, artenrei-ches Feldgehölz mit lokaler Vernetzungsfunktion,ist Lebensraum zweier anspruchsvoller Arten.

Zur Berechnung des ökologischen Werts werden die Tabellen 4.1.5 und 4.1.6 unverändert übernommen:

Formular zur Ermittlung des ökologischen Ausgangswerts:

1

2

2

2

4

3

5

Trockenstandort

Feldgehölz

Page 112: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

111

Situation nach Realisierung des Bauvorhabens:

Für die Bewertung des Endzustandes sind folgende Informationen notwendig:

– Die von der Strasse beanspruchten Flächen (Nr. 1b,2e und 5b) verlieren ihren ökologischen Wert1).

– Die Strasse hat negative Einflüsse auf den verblei-benden Trockenstandort: Einerseits wird er inzwei Teilflächen zerschnitten, von denen diejenigeunterhalb der Strasse zu klein ist, um voll funk-tionsfähig zu bleiben: Die Populationen dreier an-spruchsvoller Arten drohen zu erlöschen2). DieVerkleinerung der Teilfläche oberhalb der Strassehingegen kann weitgehend kompensiert werden3)

durch die angrenzenden Ersatzflächen4): Nur diePopulation einer anspruchsvollen Tierart wird er-löschen5).

– Die bestehende Vernetzungsfunktion der Gehölzebleibt mit dem Vorhaben weitgehend erhalten6).

– Mit der Extensivierung der Mähwiese kann dieFläche wesentlich aufgewertet werden7). Es beste-hen positive Synergien, weil der neue Trocken-standort an den bestehenden angrenzt8). Aller-dings dauert es lange, bis der neue Lebensraumseine ökologische Funktion übernehmen kann9).

– Mit der Heckenergänzung kann ein ökologischwertvoller Lebensraum an der richtigen Stelleplatziert werden10).

– Die Feldgehölze, die projektbedingt verkleinertwerden müssen, erleiden eine ökologische Wert-verminderung: Die Umgebungsqualität nimmtab11) und eine anspruchsvolle Tierart wird aus demGehölz 5 verschwinden12).

1a

2c

2b

2e4b

3

5b

Ersatzfläche Trockenstandort

Ersatzfläche Feldgehölz

1b

1c

2d

5a4a

2b

2a

Formular zur Ermittlung des ökologischen Werts des Endzustandes:

Fl. Nr.1a1b1)

1c2a2b2c4)

2d4)

2e1)

34a4b1)

5a5b1)

Total

Fläche [a]204060709080204030164

228

500

QF8 QF9 Produkt300

16723

1627)

630

21160

630

527

QF11.3

1.38)

0.70.70.89)

0.8

11

1.5

QF31

1.3111.31.310)

1.35)

1.3

1.35)

QF41

11111.5

1.51.5

1.5

QF51

10.50.51.31.5

11

1

QF61.3010.10.11.51.501.3101.50

QF20.8

1.13)8)

0.70.918)

0.910)

0.50.511)

0.511)

QF71.12)

1.55)

11

1.111.312)

= gegenüber dem Ausgangszustand kleinerer Faktor ➔ ökologische Abwertung

= gegenüber dem Ausgangszustand grösserer Faktor ➔ ökologische Aufwertung

Biotopbewertungsmethoden

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112 Biotopbewertungsmethoden

4.2 Biotopbewertungsmethode«Autobahn A16»(Autor: A. Lieberherr)

4.2.1 Einleitung

Die Methode wurde im Zusammenhang mit dem Neu-bau der A16 im Kanton Jura entwickelt. Sie ist damitauf die Beurteilung eines langen Autobahn-Teilstückszugeschnitten, das Auswirkungen auf eine grosse, reichstrukturierte, naturnahe Kulturlandschaft hat. Die inden UV-Berichten vorgesehenen naturschützerischenMassnahmen wurden auf ihre Angemessenheit im Sinnvon Art. 18 Abs. 1ter NHG überprüft. Bei der Anwen-dung der Methode wurden vorwiegend bereits beste-hende Daten vorhandener UV-Berichte verarbeitet.

4.2.2 Anwendungsbereich

– Mit der Methode können schwergewichtig Zer-schneidungseffekte linearer Verkehrsanlagen aufbestimmte Tierartengruppen im Untersuchungs-perimeter bewertet werden. Zudem erlaubt sieauch die Bewertung von Ersatzlebensräumen ei-nes anderen Typs als des Zerstörten sowie vonErsatzmassnahmen, die weit vom Eingriffsort ent-fernt sind.

– Eine Anwendung bei anderen Projekttypen (z.B.Deponien, Steinbrüche etc.) müsste noch über-prüft werden.

– Wenig geeignet ist die Methode für die Beurtei-lung kleiner Projekte und solcher in stark über-bauten oder bewaldeten Gebieten.

– Unberücksichtigt bleiben u.a. die Lebensrauman-sprüche anspruchsvoller Arten und allfällige Stö-rungseffekte des Betriebs der Anlage auf angren-zende Lebensräume.

– Die Anwendung der Methode setzt hohe ökologi-sche Kenntnisse voraus.

4.2.3 Grundsatz

Das Resultat der Bewertung besteht aus zwei verschie-denen Indizes: Einerseits wird eine ungewichteteFlächenbilanz der Lebensraumtypen erstellt. Anderer-seits wird ein Vernetzungsindex errechnet, der denökologischen Vernetzungsgrad des Untersuchungs-perimeters in Form einer Zahl ausdrückt. Beide Indi-zes werden für den Zeitpunkt vor Baubeginn und nachBauabschluss bestimmt und in einem Bericht diskutiert.

4.2.4 Vorgehen

1. Der Untersuchungsperimeter wird anhand desvermuteten Einwirkungsraums des Bauvorhabensund natürlicher Lebensraumgrenzen im Geländebestimmt.

Vertiefung: Grundlage für die Bestimmung des Pe-rimeters bieten die Untersuchungen im Rahmender UVP und die Ortskenntnisse des Bearbeiters.

Geeignete Grenzen verlaufen entlang von ökologi-schen Barrieren (Fluss, Felswand, Krete, Siedlungs-gebiet, intensiv genutztes Landwirtschaftslandetc.). Grosse vom Bauvorhaben zerschnittene öko-logisch wertvolle Flächen werden bis zu einem Ab-stand von 70 m berücksichtigt. Grosse Lebensräu-me am Rand des Untersuchungsgebiets werdennur teilweise berücksichtigt, d.h. z.B. von einemgrossen Wald nur sein Randbereich (10 m).

2. Alle schutzwürdigen Lebensräume innerhalb desUntersuchungsperimeters werden auf einer Kartegeeigneten Massstabs eingetragen und deren Flä-chen bestimmt.

3. Anschliessend wird für jeden dieser Lebensräumefestgelegt, welche Tierartengruppen (Pflanzen,Wirbellose, Reptilien, Amphibien, Säuger, Vögel)darin vorkommen bzw. eine ökologische Bedeu-tung haben.

Vertiefung: Die Lebensräume werden als Elemen-te von Netzen betrachtet. Zur Erhöhung der Über-sichtlichkeit werden die Elemente jeder Tierarten-gruppe vorzugsweise mit einer anderen Farbe indie Karte eingetragen, vgl. Abb. 1.

4. Anhand der für jede Tierartengruppe spezifischenökologischen Barrieren wird bestimmt, welche Ver-bindungen zwischen welchen Elementen für wel-che Tierartengruppen bestehen. Die Verbindungenwerden mit der entsprechenden Farbe in die Karteeingetragen und deren Längen bestimmt.

5. Der Vernetzungsindex für jede Tierartengruppewird nun berechnet, indem folgende Werte mit-einander multipliziert werden:

Summe aller Flächen der das Netz bildenden Ele-mente, Anzahl Elemente, Anzahl Verbindungen,reziproker Wert der durchschnittlichen Länge derVerbindungen.

6. Die Vernetzungsindizes der Netze aller Tierarten-gruppen werden miteinander addiert und erge-ben den Gesamt-Vernetzungs-Index für den gan-zen Untersuchungsperimeter.

7. Zur Bestimmung des Gesamt-Vernetzungs-Indexnach Bauabschluss wird im gleichen Perimeternach derselben Methode (Schritte 2–6) vorgegan-gen. Dabei werden die mutmasslichen ökologi-schen Auswirkungen des Bauwerks und der vorge-sehenen Massnahmen berücksichtigt (vgl. Abb. 2).

8. Die Flächenbilanz der schutzwürdigen Lebens-raumtypen nach Art. 18 Abs. 1ter NHG erfolgt grobgeordnet nach Typen (Hecken/Feldgehölze, Feucht-gebiete, Fliessgewässer, Wald, Waldränder, Exten-sivwiesen etc.).

9. Im Schlussbericht werden die Resultate pro Tier-artengruppe bzw. Lebensraumtyp nach ökologi-schen Kriterien diskutiert und interpretiert.

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113

4.3 Biotopbewertungsmethode«Mittelland»(Autor: A. Righetti)

4.3.1 Einleitung

Die Biotopbewertungsmethode «Mittelland» basiertauf dem Bewertungsschlüssel «Bonitierung natur-naher Flächen bei Gesamt- und Umweltmeliorationen»des Landwirtschaftsamtes des Kt. Bern6.

4.3.2 Anwendungsbereich

Die Methode kann bei kleinen und kleinräumig wir-kenden Projekten im schweizerischen Mittelland an-gewendet werden, vornehmlich in landwirtschaftlichgenutzten Gebieten. Im Voralpenraum und Jura könn-te das Grundkonzept übernommen werden, das Vor-gehen müsste jedoch den naturräumlichen Gegeben-heiten angepasst werden. Nicht geeignet ist die Me-thode bei Wald- und Gebirgslebensräumen, Lebens-räumen im Siedlungsgebiet, Lebensräumen anspruchs-voller Arten, Wildtierkorridoren, bei inventarisiertenLebensräumen von nationaler Bedeutung und in Fäl-len, in denen die Ersatzflächen bereits einen wesent-lichen ökologischen Ausgangswert aufweisen.

4.3.3 Grundsatz

Mit der Methode werden sowohl die durch einen tech-nischen Eingriff beeinträchtigten, schutzwürdigen Le-bensräume als auch der vorgesehene Ersatzlebens-raum bewertet. Die Bewertung erfolgt anhand einesSchlüssels nach den drei Hauptkriterien Qualität, re-gionale Bedeutung und landschaftsökologische Funk-tion. Berücksichtigte Faktoren sind ausser der Grössedes Lebensraums seine Artenvielfalt, Reife, Unversehrt-

Abb. 1 Abb. 2

heit, Gefährdung, Dauerhaftigkeit, regionale Selten-heit, landschaftliche Bedeutung, sein Alter, Vernet-zungsgrad, Schutzstatus, biologisches Potenzial, dasVorkommen seltener Tier- und Pflanzenarten und dasVorhandensein von Störungen. Das Resultat dient derBestimmung eines vom Ersatzlebensraumtyp abhän-gigen Flächenfaktors, mit dem die notwendige Grössedes Ersatzlebensraums errechnet werden kann.

4.3.4 Vorgehen

Die Methode umfasst folgende acht Schritte:

1. Alle schutzwürdigen Lebensräume im Untersu-chungsperimeter werden an Ort und Stelle an-hand der Lebensraumtypen-Liste11 ermittelt (vgl.Fallbeispiel in Anhang 4.3.7).

Vertiefung: Nur beim Dauergrünland werden qua-litative Kriterien für die Bestimmung, ob ein be-stimmter Lebensraum schutzwürdig ist, angewen-det. Extensives Dauergrünland ist dann ersatz-pflichtig, wenn alle fünf folgenden Bedingungenerfüllt werden:

– Raigras, Kammgras, Wiesenrispengras, Wiesen-fuchsschwanz und Weissklee decken zusam-men höchstens 30% der Fläche.

– Knaulgras und Rasenschmiele sind nicht diemeistdeckenden Grasarten des Bestandes.

– Der Breite Wegerich deckt höchstens 10% derFläche.

– Grobstengelige Kräuter und Binsen deckenweniger als 30% der Fläche.

– Mehr als fünf feinstengelige Kräuterarten sindpro m2 vorhanden (ausser Pfeifengraswiesen).

Biotopbewertungsmethoden

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114 Biotopbewertungsmethoden

– Folgende nach AGFF1 mittelintensiv bis sehrintensiv genutzte Wiesentypen werden ausge-schlossen:

Italienisch-Raigras-Wiese, Englisch Raigras-Mäh-weide, Wiesenfuchsschwanzmatte und Knaulgras-wiesen.

2. Im zweiten Schritt werden die relevanten Lebens-räume ermittelt. Diese bestehen aus den Flächen,auf denen sich die ermittelten schutzwürdigenLebensräume mit den vom Vorhaben beanspruch-ten Flächen überschneiden. Das Vorhaben (inkl.Bauphase) und die davon beeinträchtigtenLebensräume werden auf einer Übersichtskarte ingeeignetem Massstab dargestellt.

3. Jede vom Vorhaben direkt beeinträchtigte schutz-würdige Fläche wird anhand eines Bewertungs-schlüssels bewertet (vgl. Anhang 4.3.5). Das Resul-tat wird in Form einer Öko-Punktzahl ausge-drückt.

Die Bewertung erfolgt nach folgenden Kriterien:ökologische Qualität, regionale Bedeutung/Re-präsentativität und landschaftsökologische Funk-tion. Der Faktor «Qualität» wird doppelt gezählt.

4. Im vierten Schritt verschafft man sich erstens ei-nen Überblick über das Aufwertungspotenzial derim Untersuchungsperimeter vorhandenen Lebens-räume, die nicht schutzwürdig sind und damit bis-her nicht betrachtet wurden. Zweitens werdeneine oder mehrere geeignete, realisierbare Ersatz-massnahmen bestimmt.

Die Ersatzfläche wird zunächst näherungsweisebestimmt.

5. Der Ersatzlebensraum wird nach demselbenSchlüssel bewertet wie der zu ersetzende Lebens-raum (Punkt 3). Das Resultat wird in Form einerÖko-Punktzahl ausgedrückt.

6. Durch Vergleich zwischen dem zu ersetzenden Le-bensraum und dem Ersatz-Lebensraum wird an-hand einer Tabelle (vgl. Anhang 4.3.6) derFlächenfaktor bestimmt.

7. Je nachdem, ob die Öko-Punktzahl des Ersatz-lebensraums grösser oder kleiner als diejenige deszu ersetzenden Lebensraums ist, erfährt dieserFlächenfaktor noch eine Korrektur nach obenoder nach unten; minimaler Wert ist jedoch 1.

8. Im letzten Schritt wird der bereinigte Flächen-faktor mit der Flächengrösse des zu ersetzendenLebensraums multipliziert. Auf diese Weise erhältman die notwendige Fächengrösse des Ersatz-lebensraums.

4.3.5 Schlüssel für Bewertung der schutzwür-digen Flächen

– Qualität (0–3 Punkte):

Das Kriterium Qualität kann 0–3 Punkte erreichen.Die erzielten Punkte werden doppelt gezählt. Da-mit wird der grossen Bedeutung dieses KriteriumsRechnung getragen. Die jeweilige Punktzahl setztsich wie folgt zusammen:

ZukünftigePunktzahl um

4 und mehr Punkte

2 oder 3 Punkte

1 oder 2 Punkte

3 und mehr Punkte

Korrektur desFlächenfaktors:

– 1

– 0.5

+ 0.5

+ 1

als Ist-

Zustand

tiefer

höher

Werden 5 und mehr Bedingungen erfüllt

Werden 3 oder 4 Bedingungen erfüllt

Werden 1 bis 2 Bedingungen erfüllt

Wird keine Bedingung erfüllt

3 Punkte

2 Punkte

1 Punkt

0 Punkte

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115

Für die einzelnen Lebensräume gelten die folgende Bedingungen:

Bedingungen

– ganzer Lebensraum naturnah ausgebildet

– reich strukturiert

– gesamthaft mind. 30 Gehölz-, Gras- und Krautarten vorhanden

– besteht seit mind. 50 Jahren

– breiter Krautsaum vorhanden

– Raum für Ausbreitung vorhanden bzw. Lebensraum mit Dynamik

– ganzer Lebensraum naturnah ausgebildet

– Stillgewässer mit naturnahem Flachufer, Fliessgewässer zusätzlich mit natürlicher Sohle

– Bestockung und/oder Ufervegetation vorhanden

– Gesamthaft mind. 20 Gehölz-, Gras- und Krautarten vorhanden

– besteht seit mind. 50 Jahren

– Raum für Ausbreitung vorhanden bzw. Lebensraum mit Dynamik

– Standortgerechte angepasste Nutzung

– anthropogene Störungen minim

– reich strukturiert

– auf 25 m2 gesamthaft mind. 30 Gras- und Krautarten vorhanden

– besteht unverändert seit mind. 30 Jahren

– Krautsaum vorhanden

– Baumbestände mit traditionellen/alten Sorten

– Anteil der alten Bäume mind. 50%

– Bäume mit Nistmöglichkeiten vorhanden

– mind. 1 seltene, für den Lebensraum typische Vogelart vorhanden

– Untergrund: extensive Mähnutzung

– mind. auf einer Seite frei von intensiven menschlichen Einflüssen

– ganzer Lebensraum naturnah ausgebildet

– gesamthaft mind. 20 Gehölz-, Gras- und Krautarten vorhanden

– bedeutender Amphibien-/Reptilienstandort

– bedeutendes Insekten-/Wirbellosenvorkommen

– Vorkommen von mind. 2 charakteristischen oder seltenen Tier- und Pflanzenarten

– Raum für Ausbreitung der im Lebensraum vorkommenden Tiere und Pflanzen vorhanden bzw.

Lebensraum mit Dynamik

Lebensraum

Hecke, Waldrand, Feld-

gehölz, Ufergehölz

Gewässer

Extensives Dauer-

grünland

Hochstammobstgärten,

Alleen, Baumreihen

Weitere ökologisch be-

deutende Elemente

Über die Geländekammer1 hinaus sehr seltener Lebensraumtyp in Bezug auf Häufigkeit und/oder Ausbildung oder

die Geländekammer prägender, aber gesamtschweizerisch seltener Lebensraumtyp

In der Geländekammer sehr seltener Lebensraum in Bezug auf die Häufigkeit und/oder Ausbildung

In der Geländekammer seltener Lebensraum in Bezug auf die Häufigkeit und/oder Ausbildung

In der Geländekammer häufig anzutreffender Lebensraum in Bezug auf die Häufigkeit und/oder Ausbildung

3 Punkte

2 Punkte

1 Punkt

0 Punkte

– Landschaftsökologische Funktion (0– 2 Punkte):

– Regionale Bedeutung (0–3 Punkte):

Der Lebensraum ist sehr gut mit weiteren naturnahen Lebensräumen der Umgebung vernetzt. Der nächste ökolo-

gisch wertvolle Lebensraum liegt in maximal 100 m Entfernung2.

Der Lebensraum wird nicht durch eine Barriere zerschnitten

Der Lebensraum ist in gutem Kontakt mit weiteren naturnahen Lebensräumen. Der nächste ökologisch wertvolle

Lebensraum liegt in maximal 250 m Entfernung.

Der Lebensraum ist isoliert. Der nächste ökologisch wertvolle Lebensraum liegt in mehr als 250 m Entfernung.

2 Punkte

1 Punkt

0 Punkte

Durch das Aufsummieren der Punktzahlen können maximal 11 Punkte erreicht werden.

1 Geländekammer = abgrenzbare räumliche Einheit, kann jenach Situation und/oder Projekt einen kleinen Talkessel oderein ganzes Tal umfassen.

2 Gutachterlich bestimmter Durchschnittswert, der für verschie-dene Tiergruppen gilt. Würden die Gruppen einzeln betrachtet,reichten die Werte von wenigen Metern (flugunfähige Insekten)bis zu mehreren hundert Metern (grössere Wildsäuger).

Biotopbewertungsmethoden

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116 Biotopbewertungsmethoden

4.3.6 Tabelle zur Bestimmung des Flächenfaktors

A 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X X X X 2.5 2 2 1.5 1 1.5 2

1|1.

5

1|1.

5

(+)

Hec

ken

(+)

Feld

geh

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(+)

Ufe

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un

g

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Wal

dra

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+)

Wei

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Öko

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men

te

+ (

+)

Stru

ktu

rele

men

te

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T

B 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X X X X 2.5 2 2 1.5 1 1.5 2

1|1.

5

1|1.

5

C 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X X X X 2.5 2 2 1.5 1 1.5 2

1|1.

5

1|1.

5

D 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X X X X 2.5 2 2 1.5 1 1.5 2 1.5

1.5

E 2 2 2 2 1.5 2 1.5 X 2.5 2 2 2.5 2 2.5 2 1 1.5

2.5 1 1

F X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

G 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X 1.5

1.5

1.5 2 1.5 2 1.5 1 1.5 2 1.5

1.5

H X X X X X X X 1 X X X X X X X X X X X X

I X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

J X X X X X X X X X 1.5 X 2 1.5 2 1.5 X X X X X

K 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X 1.5

1.5

1.5 2 1.5 2 1.5 1 1.5 X 1.5

1.5

L 1 1 1 1 1 1 1.5 X 1.5

1.5 1 2 1.5

1.5

1.5 1 1 X

1|1.

5

1|1.

5

M 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 2 X 2 2 1.5 2 1.5 2 1.5 1 1.5 X

1|1.

5

1|1.

5

N 1 1 1 1 1 1 1.5 X 1.5

1.5 1 2 1.5

1.5

1.5 1 1 1.5

1|1.

5

1|1.

5

O 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 2 X 2 2 1.5

2.5 2 2 2 1 1.5 2

1|1.

5

1|1.

5

P 1.5

1.5

1.5

1.5

1.5

1.5 X X X X X 2.5 2 2.5 2 1 1.5 X 1.5

1.5

Q 2 2 2 2 2 2 2 X X X X 2.5 2 2.5 2 1 1.5 X 1.5

1.5

R X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

S 2 2 2 2 2 2 2 X X X X 2.5 2 2.5 2 1 1.5 2 1.5

1.5

T 2 2 2 2 2 2 2 X X X X 2.5 2 2.5 2 1 2 X 1.5

1.5

Page 118: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

117

4.3.7 Fallbeispiel3

Ausgangssituation:Durch das unten dargestellte Gebiet soll eine Verbin-dungsstrasse (3 m breit, Naturbelag) gebaut werden.Die Ermittlung der schutzwürdigen Lebensräume er-gibt folgendes Ergebnis: Die Strasse führt durch ei-nen Trockenstandort, welcher unter kantonalemSchutz steht. Zudem durchschneidet sie ein Feldgehölz.Links und rechts der Strasse werden die zerstörtenStreifen des Trockenstandortes und der Hecke mög-lichst naturnah wiederhergestellt. Aus bautechnischenGründen kann der alte Bestand jedoch nicht mehr er-setzt werden.

Der verloren gehende Teil des Feldgehölzes (10 Aren)wird durch die Erweiterung einer bestehenden Heckeersetzt. Die neue Hecke trägt zur Vernetzung desTrockenstandortes bei.

a) Neuer Trockenstandort:

Bewertung:

Qualität: 1 Punkt x 2 = 2 Punkte

Regionale Bedeutung: 3 Punkte

Landschaftsökologische Funktion: 1 Punkt

Total 6 Punkte

Wird ein Trockenstandort erweitert, kommt der Flä-chenfaktor 1.5 zur Anwendung. Die 6 Punkte der öko-logischen Bewertung des neuen Trockenstandortes lie-gen um 1 Punkt unter der Bonitierung des bestehen-den Trockenstandortes. Folglich wird der Flächenfaktorum 0.5 heraufgesetzt. Damit erhält der korrigierteFlächenfaktor den Wert 2. Dies bedeutet für den neu-en Trockenstandort, dass eine Fläche von 2 x 40 Aren= 80 Aren neu geschaffen werden muss.

b) Neue Hecke:

Bewertung:

Qualität: 2 Punkte x 2 = 4 Punkte

Regionale Bedeutung: 1 Punkt

Landschaftsökologische Funktion: 2 Punkte

Total 7 Punkte

Beim Ersatz eines Feldgehölzes durch eine Heckekommt der Flächenfaktor 1.5 zum Tragen. Die 7 Punkteder ökologischen Bewertung der neu geschaffenenHecke liegen um 2 Punkte unter der Bewertung desehemaligen Feldgehölzes. Dies hat zur Folge, dass derFlächenfaktor um 0.5 Punkte auf den Wert 2 herauf-gesetzt wird. Die neue Hecke muss demnach eine Flä-che von 20 Aren aufweisen.

3 Das Beispiel ist frei erfunden. Biotopbewertungsmethoden

Trockenstandort

Feldgehölz

Strassenprojekt

Vorgehen:Die schutzwürdigen Flächen werden nach der modifi-zierten Methode der Öko-Bonitierung bewertet. DieBewertung kann auch den folgenden Feldprotokollenentnommen werden. Danach wird der Flächenverlustfestgestellt:

a) Bestehender Trockenstandort:

Bewertung:

Qualität: 1 Punkt x 2 = 2 Punkte

Regionale Bedeutung: 3 Punkte

Landschaftsökologische Funktion: 2 Punkte

Total 7 Punkte

Flächenverlust: 40 Aren

b) Bestehendes Feldgehölz:

Bewertung:

Qualität: 3 Punkte x 2 = 6 Punkte

Regionale Bedeutung: 1 Punkt

Landschaftsökologische Funktion: 2 Punkte

Total 9 Punkte

Flächenverlust: 10 Aren

Geplante Ersatzmassnahmen: Der Verlust des Trocken-standortes von 40 Aren kann an der weiterführendenHangkante durch eine Extensivierung der Bewirtschaf-tung sinnvoll ersetzt werden.

Ersatz für Trockenstandort

Ersatz für Feldgehölz

Strassenprojekt

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118 Formular zur Darstellung einer Wiederherstellungs- bzw. Ersatzmassnahme

5 Formular zur Darstellung einer Wiederherstellungs- bzw.Ersatzmassnahme

a) Angaben zur Wiederherstellungs- bzw. Ersatzmassnahme:

Massnahme Nr.: (gemäss Übersichtsplan)

Begründung für Wiederherstellung/Ersatz (Grundlagen für

den Massnahmentyp):

Angaben zur Verhältnismässigkeit:

Beanspruchte Fläche (gemäss Detailplan):

Eigentümer zum Zeitpunkt der Realisierung:

Bestehende Rechte und Lasten:

Bestehende Leistungen Dritter:

Vorgesehene Leistungen Dritter:

Art der bereits erfolgten Flächensicherung:

Notwendige Sicherungsmassnahmen nach dem Entscheid:

Zeitpunkt:

Dauer:

Durchführung durch:

Massgeblicher Ausgangszustand der Fläche vor der Reali-

sierung der Massnahme:

Bewirtschaftungsweise:

Ökologischer Ausgangswert:

Bestehende Vernetzung:

Angestrebtes ökologisches Ziel der Massnahme:

Voraussichtlicher Zeitpunkt der Zielerreichung:

Vorgesehene Arbeiten vor Bauabschluss:Art der Arbeiten:

Herkunft des Pflanzenmaterials:

Durchführung durch:

Zeitpunkt der Durchführung:

Kostenschätzung:

Unterhalt:Notwendige Arbeiten:

Periodizität:

Ausführung durch:

Mittlere jährliche Kosten:

Gesamtkosten während der Zeit der Unterhaltspflicht:

Umsetzungskontrolle:Vorschlag für Zeitpunkt:

Durchführung durch:

Erfolgs- bzw. Wirkungskontrolle:Methode:

Ökologische Begründung:

Zeitpunkt/Periodizität:

Durchführung durch:

Finanzierung:Kostenschätzung:

Finanzierung durch:

Varianten:

1

2

3

4

5

6a

6b

6c

7

7a

7b

7c

9a

9b

1010a

10b

10c

10d

10e

1111a

11b

11c

11d

1212a

12b

1313a

13b

13c

13d

1414a

14b

15

Page 120: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

119

b) Angaben zum betroffenen Lebensraum und zum Eingriff:

Beanspruchte Fläche (gemäss Detailplan):

Bestehende Rechte und Pflichten:

Schutzstatus:

Aktueller Zustand der Fläche:

Ökologischer Ausgangswert:

Bestehende Vernetzung:

Zeitpunkt und Dauer des Eingriffs:

Intensität des Eingriffs:

Standortgebundenheit des Eingriffs:

14

15

16

17

18

19

20

21

c) Angaben zur Art der Massnahme:(zutreffende Zeile ankreuzen)

Die obgenannte Massnahme stellt eine …

… vollständige

… teilweise

… vollständige

… vollständige

… teilweise

Wiederherstellungsmassnahme

Wiederherstellungsmassnahme

Ersatzmassnahme

Ersatzmassnahme

Ersatzmassnahme

für den obengenannten Eingriff dar.

für den obengenannten Eingriff dar. Der Kompensation des

verbleibenden ökologischen Defizits dienen folgende

Ersatzmassnahmen:

Nr.

für den obengenannten Eingriff dar.

für den obengenannten und noch folgende weiteren Ein-

griffe dar: …

für den obgenannten Eingriff dar. Der Kompensation des

verbleibenden ökologischen Defizits dienen folgende weite-

ren Ersatzmassnahmen:

Nr.

Beilagen:

– Übersichtsplan über den gesamten Untersuchungsperimeter

– Detailplan der Massnahme

– Vorvertrag mit dem Einverständnis des Grundeigentümers

Formular zur Darstellung einer Wiederherstellungs- bzw. Ersatzmassnahme

Page 121: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

120

6 Schematische Übersicht der Massnahmen

Rechtsgrundlage NHG

Rechtsgrundlage USG

Gebundenheit antechn. Eingriff

Finanzierung

Vollzugsbeauftragte

Funktions-Gleichwertigkeit

Orts- od. Gebiets-gebundenheit

Bezugnahme

Form

Beispiel Hecke

Andere Beispiele

Priorität

Grösse Vorher –Nachher

Ökolog. Ausgleich

18b

kein Bezug

Nein

Landwirtschaft, Wald,

öffentliche Hand

Kanton

Unabhängig von Eingriff,

Programmebene

Nur grossräumig (inten-

siv genutzte Gebiete),

Prioritäten aufgrund

ÖQV, LEK’s, Planungen

Frühere/allgemeine

Intensivierung der

Nutzung

Direkt räumlich,

indirekt finanziell

Zusätzliche neue Hecke

im Landwirtschaftsland

angelegt

Ackerrandstreifen; ex-

tensiv bewirtschafteter

Uferbereich

(projektunabhängig,

meist auf Programm-

ebene)

offen

Wiederherstellung

6 + 18

Art. 9 Abs. 2b

Ja

Verursacher

Zuständige Behörden

aller Stufen

Ja (keine Beeinträchti-

gung verbleibend)

Ja (gleicher Ort/Objekt)

Beeinträchtigung gem.

Art.18 NHG schutzwür-

diger Biotope und gem.

Art. 5 inventarisierter

Landschaften

Direkt räumlich

Vorbestandene Hecke

nach Tiefbauarbeiten

(z.B. Rohrverlegung)

wiederhergestellt

Feuchtgebiete oder

Ufergehölze nach Auf-

hebung Baupiste wie-

derhergestellt

Prio ➀

1 : 1; ev. Zuschlag für

zeitliche Lücke

Ersatz

6 + 18

Art. 9 Abs. 2b

Ja

Verursacher

Zuständige Behörden

aller Stufen

Grundsätzlich Ja («ange-

messen»)

Grundsätzlich Ja (gleiche

Gegend)

Beeinträchtigung gem.

Art.18 NHG schutzwür-

diger Biotope und gem.

Art. 5 inventarisierter

Landschaften

Direkt räumlich,

eventuell rechtlich

Vorbestandene Hecke

durch Trockenstandort

ersetzt am Ort; Vor-

bestandene Hecke durch

Hecke ausserhalb Gebiet

ersetzt

Beliebige Beispiele mit

Ersatz durch anderen

Biotoptyp

Prio ➁

1 : 1; ev. Zuschlag für

Mehr- oder Minderwert

gemäss Bewertungs-

kriterien

Eingliederungsmassn.

3 + 6

Art. 9 Abs. 2b

Ja

Verursacher

Zuständige Behörden

aller Stufen

Nein

Ja (gleiches Objekt)

Beeinträchtigung Land-

schafts- und Ortsbilder,

geschichtlicher Stätten,

Natur- und Kulturdenk-

mäler

Räumlich

Neue Hecke kaschiert

Betonstützmauer; Neue

Hecke kaschiert Beton-

bau

Naturnahes Rückhalte-

becken; Untertunnelung;

Trocken- statt Beton-

mauer; Gebäude-

begrünung

flankierend

offen

Schematische Übersicht der Massnahmen

Page 122: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

121Literaturverzeichnis

7 Literaturverzeichnis

1 AGFF (Arbeitsgemeinschaft zur Förderung desFutterbaus) (1992): Abgestufte Bewirtschaftungs-intensität im Naturfutterbau. Merkblatt 11, Zürich.

2 Becker, C.: Ersatzflächenpool Hessen. Aus: Garten +Landschaft 1/98.

3 Bernhardt K.-G. (2000): Zehnjährige Vegetations-entwicklung im Ersatzbiotop Geeste. Aus: Natur-schutz und Landschaftsplanung 11/2000.

4 BFE (Bundesamt für Energie) (1997): Richtlinienzum Schutze des Bodens beim Bau unterirdischverlegter Rohrleitungen. Bern.

5 BLW (Bundesamt für Landwirtschaft)/BUWAL(Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft)(2001): Kreisschreiben 1 zum Vollzug der Öko-Qualitätsverordnung (ÖQV), 5.10.01.

6 Bossert, A. et al. (1996): Bonitierung naturnaherFlächen bei Gesamt- und Umweltmeliorationen.Amt für Landwirtschaft des Kantons Bern, Abtei-lung Meliorationswesen (Hrsg.), Bern.

7 BRP (Bundesamt für Raumplanung) (1995): Merk-blatt zum Vollzug des Sachplanes Fruchtfolge-flächen. Bern.

8 Bundesamt für Naturschutz (1998): Monetäre Be-wertung von Biotopen. Bonn-Bad Godesberg (D).

9 BUWAL (Bundesamt für Umwelt, Wald und Land-schaft)/ BRP (Bundesamt für Raumplanung) (1998):Landschaftskonzept Schweiz. Teil 1 Konzept; Teil 2Bericht. Reihe Konzepte und Sachpläne, Bern.

10 BUWAL (1998): Innovative Wege für Natur undLandschaft. CD-Rom. Bern.

11 Delarze R., Gonseth J., Galland P. (1999): Lebens-räume der Schweiz – Leitfaden. BUWAL, Pro Natu-ra, CSCF (Hrsg.), Thun.

12 Dumont, A.-G. et al. (2000): Interactions entre lesréseaux de la faune et les voies de circulation(Wechselwirkungen zwischen Fauna und Verkehrs-netzen). Mandat de recherche sur proposition del’Union des professionnels suisses de la route (VSS).Handbuch. UVEK (Eidg. Departement für Umwelt,Verkehr, Energie und Kommunikation)/ASTRA(Bundesamt für Strassen) (Hrsg.) Zürich.

13 EDI (Eidg. Departement des Innern) (1977):Bundesinventar der Landschaften und Naturdenk-mäler von nationaler Bedeutung. Teil B (Erläute-rungen), Bern.

14 Fahrländer, K. L. (1994): Massnahmen im Sinne vonArt. 18 NHG sowie ihre Durchsetzung und Siche-rung gegenüber Dritten. BUWAL (Hrsg.) Schriften-reihe Umwelt Nr. 223, Bern.

15 Fahrländer K. L. (1997): Kommentar NHG. Art. 18c,Rz 33. Zürich.

16 Forstdirektion, Eidg. (2001): Kreisschreiben Nr. 1Rodungen vom 19.9.2000, Anhang Nr. 2 vom13.7.01.

17 Forstdirektion, Eidg. (1996): Kreisschreiben Nr. 7Waldbau A vom 14.4.1993, Ergänzungen vom28.11.1995 und 25.11.1996).

18 Gassner E. (1995): Das Recht der Landschaft,Radebeul.

19 Gassner E., Bendomir-Kahlo G., Schmidt-Räntsch A.(1996): Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar.München.

20 Gonseth Y., Mulhauser G. (1996): Bioindikationund ökologische Ausgleichsflächen. BUWAL(Hrsg.), Schriftenreihe Umwelt Nr. 261, Bern.

21 Gonseth, Y. et al. (2001): Die biogeographischenRegionen der Schweiz. BUWAL (Hrsg.), Umwelt-Materialien Nr. 137, Bern.

22 Gremminger Th. et al. (2001): Landschaftsästhetik– Wege für das Planen und Projektieren. BUWAL(Hrsg.), Leitfaden Umwelt Nr. 9, Bern.

23 Hauser, M., Güttinger, J., Jans, B.: Wie naturnahsind moderne Meliorationen? Aus: Vermessung,Photogrammetrie, Kulturtechnik 7/99.

24 Häusler, S., Salm, C. (2001): Bodenschutz beim Bau-en. BUWAL (Hrsg.), Leitfaden Umwelt Nr.10, Bern.

25 Hegg, O.; Béguin, C.; Zoller, H. (1993): Atlas schutz-würdiger Vegetationstypen der Schweiz. BUWAL(Hrsg.), Bern.

26 Holzgang, O. et al. (2000): Wildtiere und Verkehr –Eine kommentierte Bibliographie. SchweizerischeVogelwarte (Hrsg.), Sempach.

27 Hostmann M. (2000): Kosten-Nutzen-Analysen undGewässerökologie. Ökostrom Publikationen Band 5.

28 HSR Hochschule für Technik, Rapperswil (Hrsg)(2002): Werkzeugkasten LEK. Eine Arbeitshilfezum Erarbeiten von Landschaftsentwicklungskon-zepten.

29 Hunziker, M. (2000): Einstellungen der Bevölke-rung zu möglichen Landschaftsentwicklungen inden Alpen. WSL (Forschungsanstalt für Wald,Schnee und Landschaft) (Hrsg.), Birmenstorf.

30 Indermühle, M., Kaufmann, G., Steiger, P. (1998):Konzept Waldreservate Schweiz. Schlussberichtdes Projektes Reservatspolitik der Eidg. Forst-direktion, Bern.

Page 123: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

122

31 Infraconsult AG (1999): Kosten und Nutzen vonNatur und Landschaftsschutz. Publikationen desNFP 41, Nr. C1, Bern.

32 Kleiner, J.; Schmitt, H-M. (2001): Landschaftsgerechtplanen und bauen. Wegleitung zur landschaftspfle-gerischen Begleitplanung. Hrsg.: SchweizerischerIngenieur- und Architektenverein (sia) et al., Zürich.

33 Kloepfer M. (1998): Umweltrecht. 2. Auflage, Mün-chen.

34 Koeppel, H.D., Schmitt, H.M.(1991): Natur- undLandschaftsschutz sowie Heimatschutz bei der Er-stellung von UVP-Berichten. BUWAL (Hrsg.), Mit-teilungen zur UVP Nr. 4, Bern.

35 LBL (Landwirtschaftliche Beratungszentrale Lind-au) (2001): Wegleitung für den ökologischen Aus-gleich auf dem Landwirtschaftsbetrieb. Lindau/Effretikon.

36 LBL (Landwirtschaftliche Beratungszentrale Lind-au) (1999): Naturnahe Lebensräume. Leitfaden,Lindau.

37 LBL (Landwirtschaftliche Beratungszentrale Lind-au) (1997): Ökologische Qualität – Naturnahe Le-bensräume selber einschätzen. Lindau/Lausanne.

38 LBL (Landwirtschaftliche Beratungszentrale)/SRVA(Service romand de vulgarisation agricole) (2001):Qualität und Vernetzung im ökologischen Aus-gleich. Erläuterungen zur Öko-Qualitätsverordnung(ÖQV). Lindau/Lausanne.

39 Leimbacher J. (1997): Kommentar NHG. Rz. 25 zuArt. 6 und Rz. 18 zu Art. 7. Zürich.

40 Leuthold, B.; Lussi, S.; Klötzli, F. (1997): Ufer-vegetation und Uferbereich nach NHG. BUWAL(Hrsg.), Vollzug Umwelt, Bern.

41 Lüthy, J.: Ersatzmassnahmen-Pool. Einzelidee Nr. 8aus: Einzelideen für Natur und Landschaft. BUWAL(Hrsg.), Schriftenreihe Umwelt Nr. 281, Bern.

42 Marti K. et al. (1994): Ökologisches Bewertungs-und Ausgleichmodell. Auftrag der SBB Bauabtei-lung Kreis III, Zürich.

43 Maurer, R. (1997): Kommentar NHG. Art. 18c, Rz 18.Zürich.

44 Maurer, R.; Marti, F. (1999): Begriffsbildung zurErfolgskontrolle im Natur- und Landschaftsschutz.Empfehlungen. BUWAL (Hrsg.), Vollzug Umwelt,Bern.

45 Maurer R., Häuptli-Schwaller E., Koeppel H.-D.(1999): Checkliste zur Beurteilung von Landschafts-veränderungen. Grundlagen und Berichte zumNaturschutz Nr. 18. Baudep. Kt. Aargau (Hrsg.),Aarau.

46 Mitschnang, S.: Die planexterne Kompensationvon Eingriffen in Natur und Landschaft. Aus: Na-turschutz und Landschaftsplanung 9/97.

47 Müller, K. et al.: Kompensationsflächenpools zumVollzug der Eingriffsregelung. Aus: Naturschutzund Landschaftsplanung 6/98.

48 Oggier P., Righetti A., Bonnard L. (2001): Zerschnei-dung von Lebensräumen durch Verkehrsinfra-strukturen COST 341. BUWAL, ARE (Bundesamt fürRaumentwicklung), BAV (Bundesamt für Verkehr),ASTRA (Bundesamt für Strassen) (Hrsg.), Schriften-reihe Umwelt Nr. 332, Bern.

49 Reif A., Nickel E. (2000): Pflanzungen von Gehöl-zen und «Begrünung». Aus: Naturschutz undLandschaftsplanung 10/2000.

50 Rüetschi, J. (1998): Weichtiere in Schweizer Eschen-wäldern. BUWAL (Hrsg.), Umweltmaterialien Nr.102, Bern.

51 Salm C. (1996): Bodenschutz beim Bauen. Hand-buch. BUWAL (Hrsg.), Vollzug Umwelt, Bern.

52 Schenker A. (1997): Ökologische Baubegleitung:Anforderungen aus der Sicht der Praxis. Aus: SIASchweizer Ingenieur und Architekt 115: 394-396.

53 Schenker A. (1990): Ausgleichs- und Ersatzmass-nahmen. Aus: SIA Schweizer Ingenieur und Archi-tekt 111: 899-904

54 Schiechtl, H. M. (1996): Pflanzen als Baustoff. Aus:Garten + Landschaft 3/1996.

55 Schnug, C.: Flächenmanagement und Ökokonto.Aus: Garten + Landschaft 5/98

56 Sigmaplan und Kiefer & Partners (in Vorbereitung):UVP von Wasserkraftanlagen (Arbeitstitel). BUWAL(Hrsg.). Vollzug Umwelt, Handbuch, Bern

57 Steiger P. (1994): Wälder der Schweiz. Thun

58 UVEK (Eidgenössisches Departement für Umwelt,Verkehr, Energie und Kommunikation) (2001): Pla-nung und Bau von Wildtierpassagen an Verkehrs-wegen. Richtlinie vom 10. November 2001 undGrundlagenbericht vom 11. Nov. 2001. Bern/Genf.

59 Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute(VSS) (1998/1999): SN (Schweizer Norm) Erdbau,Boden. SN Nr.640 581a (Grundlagen), 640 582 (Er-fassung des Ausgangszustandes) und 640 583 (Ein-griff in den Boden). Zürich.

60 Wildermuth, H. (1980): Natur als Aufgabe.Schweiz. Bund für Naturschutz (Hrsg.), Basel.

61 Wittwer, D., Masé, G., Buser, H. (1998): ExterneKosten des Verkehrs im Bereich Natur und Land-schaft. GS UVEK/Dienst für Gesamtverkehrsfragen,Vorstudie, Bern.

Literaturverzeichnis

Page 124: Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und …€¦ · Wiederherstellung und Ersatz im Natur- und Landschaftsschutz Bruno Kägi Andreas Stalder Markus Thommen Die Eingriffsregelung

123

8 Verzeichnis der gesetzlichenGrundlagen

National

AuenV SR 451.31 Verordnung vom 28. Oktober 1992über den Schutz der Auengebiete von natio-naler Bedeutung (Auenverordnung)

BGBB SR 211.412.11 Bundesgesetz vom 4. Oktober1991 über das bäuerliche Bodenrecht

Botschaft zu einem Bundesgesetz über dieKoordination und Vereinfachung der Plange-nehmigungsverfahren vom 25.2.1998. BBI1998, S. 2591 ff

Bundesgesetz über die Koordination und Ver-einfachung von Entscheidverfahren

BV SR 101 Bundesverfassung der SchweizerischenEidgenossenschaft vom 18. April 1999

DZV SR 910.13 Verordnung vom 7. Dezember 1998über die Direktzahlungen an die Landwirt-schaft (Direktzahlungsverordnung)

EBG SR 742.101 Eisenbahngesetz vom 20. Dezem-ber 1957

EntG SR 711 Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 überdie Enteignung

FMV SR 451.33 Verordnung vom 7. September 1994über den Schutz der Flachmoore von nationa-ler Bedeutung (Flachmoorverordnung)

GBV SR 211.432.1 Verordnung vom 22. Februar1910 betreffend das Grundbuch

GSchG SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991über den Schutz der Gewässer (Gewässer-schutzgesetz)

GSchV SR 814.201 Gewässerschutzverordnung vom28. Oktober 1998

HMV SR 451.32 Verordnung vom 21. Januar 1991über den Schutz der Hoch- und Übergangs-moore von nationaler Bedeutung (Hochmoor-verordnung)

JSG SR 922.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 1986über die Jagd und den Schutz wildlebenderSäugetiere und Vögel (Jagdgesetz)

LwG SR 910.1 Bundesgesetz vom 29. April 1998über die Landwirtschaft (Landwirtschafts-gesetz)

NSG SR 725.11 Bundesgesetz vom 8. März 1960über die Nationalstrassen

NHG SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 überden Natur- und Heimatschutz

NHV SR 451.1 Verordnung vom 16. Januar 1991über den Natur- und Heimatschutz

ÖQV SR 910.14 Verordnung vom 4. April 2001 überdie regionale Förderung der Qualität und derVernetzung von ökologischen Ausgleichs-flächen in der Landwirtschaft (Öko-Qualitäts-verordnung)

RPG SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 überdie Raumplanung (Raumplanungsgesetz)

RPV SR 700.1 Raumplanungsverordnung vom 28. Juni2000

SuG SR 616.1 Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subven-tionsgesetz)

SVV SR 913.1 Verordnung vom 7. Dezember 1998über die Strukturverbesserungen in der Land-wirtschaft (Strukturverbesserungsverordnung)

USG SR 814.01 Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983über den Umweltschutz (Umweltschutz-gesetz)

UVPV SR 814.011 Verordnung vom 19. Oktober 1988über die Umweltverträglichkeitsprüfung

WaG SR 921.0 Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991über den Wald (Waldgesetz)

WaV SR 921.01 Verordnung vom 30. November1992 über den Wald (Waldverordnung)

WBV SR 721.100.1 Verordnung vom 2. November1994 über den Wasserbau (Wasserbauverord-nung)

VBBo SR 814.12 Verordnung vom 1. Juli 1998 überBelastungen des Bodens

VBLN SR 451.11 Verordnung vom 10. August 1977über das Bundesinventar der Landschaftenund Naturdenkmäler

VISOS SR 451.12 Verordnung vom 9. September 1981über das Bundesinventar der schützenswertenOrtsbilder der Schweiz

ZGB SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom10. Dezember 1907

International

Übereinkommen über die Landschaft des Europara-tes (von der Schweiz unterzeichnet am 20.10.2000)

Verzeichnis der gesetzlichen Grundlagen

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