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Wie viel Ästhetik braucht mein Implantatpatient? · tema, Papillenhöhe sowie die Beziehung von...

Date post: 04-Nov-2019
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BZB März 15 Wissenschaft und Fortbildung 52 Der Langzeiterfolg einer implantatgetragenen Res- tauration hängt von zahlreichen Faktoren ab, die sich dem Patienten jedoch in der Regel nicht immer erschließen beziehungsweise außerhalb seiner Be- urteilungsfähigkeit liegen. Letztendlich bewertet der Patient den Erfolg seiner Implantatprothetik anhand der Funktionalität und des ästhetischen Erscheinungsbildes. Gerade im Hinblick auf die Ästhetik ist die Erwartungshaltung der Patienten hoch. Damit ist das Behandlungsteam gefordert, Lösungen zu schaffen, die dem Wunschdenken einerseits und den biologischen Limitationen an- dererseits Rechnung tragen. Das hat auch die Wis- senschaft erkannt und messbare Kriterien wie den White Esthetic Score (WES) und den Pink Esthetic Score (PES) zur objektiven Beurteilung der Ästhe- tik erstellt. Die Bewertung der ästhetischen Qualität von im- plantologischen Versorgungen wurde lange Zeit zu wenig berücksichtigt. Hier standen traditionell zunächst die Überlebensrate, die klinische Unbe- weglichkeit sowie der radiologische Knochenab- bau und die klinischen Entzündungszeichen im Fokus. Vermylen et al. [1] berichteten bei einer Un- tersuchung über die Patientenzufriedenheit und den Erfolg von Einzelzahnimplantaten, dass die Ästhetik ein Hauptbewertungskriterium der Pa- tienten ist. In einer systematischen Übersichts- arbeit aus dem Jahr 2004 kamen Belser et al. [2] zu dem Schluss, dass die Ästhetik bei klinischen Studien zu Implantaten unzureichend dokumen- tiert ist und mehr Berücksichtigung als Erfolgskri- terium erhalten sollte. Als Reaktion auf diese For- derungen von akademischer Seite wurden in der Folge verschiedene Vorschläge publiziert, um das Ergebnis von Implantatversorgungen objektivier- bar zu machen [2-4] (Abb. 1). Dentale Ästhetik-Scores Zur Objektivierung dieser Thematik wurden in der Zahnheilkunde verschiedene messbare Kriterien ge- sucht. Als Konsequenz darauf schlugen Meijer et al. [4] 2004 einen sogenannten White Esthetic Score zur Bewertung des ästhetischen Resultats von Im- plantatversorgungen vor. Dieser Index sollte anhand neuer Parameter das Erscheinungsbild der Krone sowie des Weichgewebes beurteilen und dokumen- tieren. Fürhäuser et al. [3] präsentierten 2005 einen Index zur alleinigen Bewertung des periimplantä- ren Weichgewebes. Sie stellten einen sogenannten Pink Esthetic Score zur Evaluation des Weichgewe- bes vor und untersuchten die Reproduzierbarkeit der Bewertungen anhand von Einzelzahnimplan- taten. Zusätzlich interessierte der Einfluss des Spe- zialisierungsgrades eines Untersuchers. Beim PES werden insgesamt sieben Parameter ausgewertet, wobei Punkte von 0 bis 2 vergeben werden, die das Weichgewebe beschreiben. Dabei kann eine maxi- male Punktzahl von 14 erreicht werden. Bei den Untersuchungen (n = 600) betrug der mitt- lere PES im ersten Durchgang 9.46 (± 3.81 SD) und 9.24 (± 3.8 SD) im zweiten Durchgang. Der Unter- schied zwischen diesen zwei Mittelwerten war sta- tistisch nicht signifikant (P = 0.6379). Der mittlere implantatspezifische PES für die Einzelzahnim- plantate variierte zwischen 2.28 und 13.8 mit Stan- Wie viel Ästhetik braucht mein Implantatpatient? Wie der White Esthetic Score und der Pink Esthetic Score zum Erfolg beitragen Ein Beitrag von Eva Nadenau und Priv.-Doz. Dr. Arndt Happe, Münster Abb. 1: Ästhetischer Misserfolg durch multiple ästhetische Probleme, die vor allem im Bereich des Weichgewebes evident werden: Narben, Perforation, Durchschein- effekte und Rezession.
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BZB März 15 Wissenschaft und Fortbildung52

Der Langzeiterfolg einer implantatgetragenen Res-tauration hängt von zahlreichen Faktoren ab, diesich dem Patienten jedoch in der Regel nicht immererschließen beziehungsweise außerhalb seiner Be-urteilungsfähigkeit liegen. Letztendlich bewertetder Patient den Erfolg seiner Implantatprothetikanhand der Funktionalität und des ästhetischenErscheinungsbildes. Gerade im Hinblick auf dieÄsthetik ist die Erwartungshaltung der Patientenhoch. Damit ist das Behandlungsteam gefordert,Lösungen zu schaffen, die dem Wunschdenken einerseits und den biologischen Limitationen an-dererseits Rechnung tragen. Das hat auch die Wis-senschaft erkannt und messbare Kriterien wie denWhite Esthetic Score (WES) und den Pink EstheticScore (PES) zur objektiven Beurteilung der Ästhe-tik erstellt.

Die Bewertung der ästhetischen Qualität von im-plantologischen Versorgungen wurde lange Zeitzu wenig berücksichtigt. Hier standen traditionellzunächst die Überlebensrate, die klinische Unbe-weglichkeit sowie der radiologische Knochenab-bau und die klinischen Entzündungszeichen imFokus. Vermylen et al. [1] berichteten bei einer Un-tersuchung über die Patientenzufriedenheit undden Erfolg von Einzelzahnimplantaten, dass dieÄsthetik ein Hauptbewertungskriterium der Pa-tienten ist. In einer systematischen Übersichts-arbeit aus dem Jahr 2004 kamen Belser et al. [2]zu dem Schluss, dass die Ästhetik bei klinischenStudien zu Implantaten unzureichend dokumen-tiert ist und mehr Berücksichtigung als Erfolgskri-terium erhalten sollte. Als Reaktion auf diese For-derungen von akademischer Seite wurden in derFolge verschiedene Vorschläge publiziert, um dasErgebnis von Implantatversorgungen objektivier-bar zu machen [2-4] (Abb. 1).

Dentale Ästhetik-ScoresZur Objektivierung dieser Thematik wurden in derZahnheilkunde verschiedene messbare Kriterien ge-sucht. Als Konsequenz darauf schlugen Meijer et

al. [4] 2004 einen sogenannten White Esthetic Scorezur Bewertung des ästhetischen Resultats von Im-plantatversorgungen vor. Dieser Index sollte anhandneuer Parameter das Erscheinungsbild der Kronesowie des Weichgewebes beurteilen und dokumen-tieren. Fürhäuser et al. [3] präsentierten 2005 einenIndex zur alleinigen Bewertung des periimplantä-ren Weichgewebes. Sie stellten einen sogenanntenPink Esthetic Score zur Evaluation des Weichgewe-bes vor und untersuchten die Reproduzierbarkeitder Bewertungen anhand von Einzelzahnimplan-taten. Zusätzlich interessierte der Einfluss des Spe-zialisierungsgrades eines Untersuchers. Beim PESwerden insgesamt sieben Parameter ausgewertet,wobei Punkte von 0 bis 2 vergeben werden, die dasWeichgewebe beschreiben. Dabei kann eine maxi-male Punktzahl von 14 erreicht werden.Bei den Untersuchungen (n = 600) betrug der mitt-lere PES im ersten Durchgang 9.46 (± 3.81 SD) und9.24 (± 3.8 SD) im zweiten Durchgang. Der Unter-schied zwischen diesen zwei Mittelwerten war sta-tistisch nicht signifikant (P = 0.6379). Der mittlereimplantatspezifische PES für die Einzelzahnim-plantate variierte zwischen 2.28 und 13.8 mit Stan-

Wie viel Ästhetik braucht mein Implantatpatient?Wie der White Esthetic Score und der Pink Esthetic Score zum Erfolg beitragen

Ein Be i t rag von Eva Nadenau und Pr iv. -Doz. Dr. Arndt Happe, Münster

Abb. 1: Ästhetischer Misserfolg durch multiple ästhetische Probleme, die vor allemim Bereich des Weichgewebes evident werden: Narben, Perforation, Durchschein-effekte und Rezession.

dardabweichungen zwischen 0.46 und 3.51. Sehrschlechte und sehr schöne Rekonstruktionen zeig-ten die kleinsten Standardabweichungen. Der mitt-lere Gesamt-PES war bei den Prothetikern 10.6, beiden Oralchirurgen 9.2, bei den Zahnmedizinstu-denten 9.9 und bei den Kieferorthopäden 7.6.Im Jahr 2009 schlugen Belser et al. [5] einen eige-nen, vereinfachten Index vor, mit dem sowohl dasWeichgewebe als auch die Suprakonstruktion beur-teilt werden. Dieser PES und WES kommen jeweilsmit fünf Parametern für die Krone und das Weich-gewebe aus, sodass bei einer vorgesehenen Punkt-zahl von 0 bis 2 für die Krone und das periimplan-täre Weichgewebe insgesamt maximal 10 Punktevergeben werden können (Abb. 2).

Das Lächeln bringt es an den TagAus ästhetischer Sicht spielt die Lachlinie eine er-hebliche Rolle, sowohl für den Patienten als auchfür den Behandler. Aufgrund der Tatsache, dassPatienten mit hoher Lachlinie das faziale Weich-gewebe deutlich exponieren, sind Rezessionenoder andere ästhetisch problematische Alteratio-nen in diesem Bereich sofort sichtbar, während siebei Patienten mit niedriger Lachlinie eher uner-kannt bleiben.Nach Fradeani [6] spricht man von einer niedrigenLachlinie, wenn der Patient maximal 75 Prozentder Oberkieferfrontzähne zeigt, und von einer mitt-leren Lachlinie, wenn 75 bis 100 Prozent der Ober-kieferfrontzähne plus Papillenspitze zu sehen sind.Von einer hohen Lachlinie wird gesprochen, wenn100 Prozent der Oberkieferfrontzähne und zusätz-lich das faziale Weichgewebe exponiert werden. Ei-ne niedrige Lachlinie zeigen 20 Prozent, eine mitt-lere Lachlinie 70 Prozent und eine hohe Lachlinie10 Prozent der Bevölkerung, wobei letztere beimweiblichen Geschlecht häufiger anzutreffen ist alsbeim männlichen [7,8].

Interdentalpapille und PapillenindexIn allen Scores zur Bewertung des periimplantärenWeichgewebes spielt die Interdentalpapille bezie-hungsweise das sogenannte Scalloping eine wich-tige Rolle. Scalloping beschreibt das Ausmaß desNiveauunterschiedes zwischen dem fazialen Mar-go gingivae und der Papillenspitze, wobei sich inder Implantologie flache und breite Papillen leich-ter rekonstruieren lassen als hohe und schmalePapillen [9]. Um die Papillensituation zu bewertenund zu systematisieren, schlug Jemt den folgendenPapillenindex vor [10]:

· Score 0: keine Papille vorhanden · Score 1: weniger als die Hälfte des Interdental-raums gefüllt

· Score 2: Hälfte oder mehr des Interdentalraumsgefüllt

· Score 3: optimale Papille · Score 4: hyperplastische Papille

Choquet et al. publizierten 2001, dass die Rekons -truktion von Papillen bei Versorgungen mit Ein-zelzahnimplantaten stark von der vertikalen Loka-lisation des periimplantären Knochens abhängtund nur vorhersehbar durchzuführen ist, wennder Abstand zwischen dem Kontaktpunkt der Kro-nen und dem Knochen 5 mm und weniger beträgt[11]. Auch Kan et al. konnten zeigen, dass die Ge-webehöhe im Papillenbereich bei Einzelzahnim-plantaten stark vom Attachment der Nachbar-zähne abhängig ist. Sie untersuchten darüber hi-naus auch den Einfluss des individuellen Gewebe-morphotyps [12]. Dabei lassen dicke Gewebemor-photypen eine größere Gewebehöhe erwarten alsdünne. Besonders zwischen benachbarten Implan-taten ist die vorhersehbare Rekonstruktion einerPapille fraglich [13]. Dies gilt umso mehr, wennvorher dreidimensionale Knochenaufbaumaß-nahmen notwendig sind. Tymstra et al. [14] unter-suchten die Papillensituation zwischen Implanta-ten in der Front nach zweiphasigem Vorgehen mitKnochenaufbau und anschließender Implanta-tion. Sie ließen das Ergebnis von den Patientenselbst und von unabhängigen Zahnärzten bewer-ten. Dabei stellten sie fest, dass die Patienten weit-

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Abb. 2: Eingliederung einer verschraubten Implantatkrone. Ein harmonisches Zu-sammenspiel von periimplantärem Gewebe und Suprakonstruktion ist für denkurz- und langfristigen ästhetischen Erfolg von großer Bedeutung (Zahntechnik:Pascal Holthaus, Osnabrück).

gehend zufrieden waren, während die Zahnärztedie Papillensituation in der Mehrheit als unzurei-chend bewerteten (Abb. 3 bis 8).

Symmetrie liegt im Auge des BetrachtersBereits Platon und Aristoteles setzten sich mit Schön-heit und Ästhetik auseinander und beschäftigtensich in diesem Zusammenhang mit der Symmetrie.Doch wie viel Asymmetrie wird im dentalen Bereichwahrgenommen beziehungsweise toleriert?Kokich et al. widmeten sich 2006 ebenfalls demThema und verglichen die ästhetische Wahrneh-mung dentaler Abweichungen von Laien, Zahn-ärzten und Kieferorthopäden [15]. Dabei wurdedas Lächeln weiblicher Personen mithilfe einesBildbearbeitungsprogramms absichtlich verän-dert. Bei der Bildbearbeitung wurden Kronenlän-ge, Kronenbreite, Abweichung der Mittellinie, Dias -tema, Papillenhöhe sowie die Beziehung von derSchleimhaut zur Lippe minimal verändert. DieBilder wurden von Kieferorthopäden, Zahnärztenund Laien beurteilt. Es stellte sich heraus, dassKieferorthopäden die dentale Situation kritischerbewerteten als Zahnärzte und Laien. Ein Diaste-ma wurde von keiner der genannten Gruppen alsunattraktiv eingestuft. Eine unilaterale Reduktionder Papillenhöhe wurde als weniger attraktiv de-klariert als die gleiche Veränderung bilateral. Beider unilateralen Verkürzung der Interdentalpapillein der Oberkieferfront wurden bereits Veränderun-gen von 0,5 mm von Zahnärzten gesehen, wobeiLaien die Veränderungen in der Regel erst bei ei-ner Größenordnung von 2 mm wahrnahmen. Einasymmetrischer Gingivaverlauf zwischen Zahn 11und 21 wurde hingegen von Zahnärzten und Laiengleichermaßen bewertet und ab 1,5 mm als un-ästhetisch empfunden.

Hierzu führten Gehrke et al. 2009 [16] eine ähn-liche Studie durch, die unter anderem den Einflussder Papillenlänge und der Lage des Interapproxi-malkontaktes in symmetrischen und asymmetri-schen Situationen untersuchte und dabei das äs-thetische Empfinden von Zahnärzten und Laienverglich. Sie gingen dabei von einem nach idea-len Gesichtspunkten digital optimierten Referenz-bild einer Frontzahnsituation aus und führten mit-tels weiterer Bildbearbeitung Veränderungen hin-sichtlich der Papillenlänge und Position des Kro-nenkontaktpunktes durch. Die digital verändertenFrontzahnfotos wurden von 105 Zahnärzten und106 Laien anhand eines Fragebogens beurteilt unddiese anschließend ausgewertet. Gehrke et al. ka-men zu dem Ergebnis, dass das Phänomen einesPapillenverlustes mit einhergehendem „schwarzenDreieck“ in der Medianen von Laien und Zahnärz-ten gleichermaßen früh erkannt, hinsichtlich derästhetischen Konsequenz jedoch unterschiedlichbeurteilt wird. Laien tolerieren den graduellen Ver-lust einer Papille, solange der verbleibende Inter-approximalraum durch Verlängerung des Kontakt-punktes vollständig mit Mukosa ausgefüllt ist undein „schwarzes Dreieck“ vermieden werden kann.Asymmetrische Veränderungen der Kontaktpunktebeziehungsweise der Papillenlänge in der Latera-len des Zahnbogens werden von Klinikern signi-fikant kritischer beurteilt.

Restaurative MaterialienIn der Implantologie werden je nach Region, Ge-webedicke und Konstruktion unterschiedliche Ma-terialien verwendet. Diese weisen unterschiedlicheoptische Eigenschaften auf, was in Bezug auf dieÄsthetik eine wichtige Rolle spielt. Führhauser be-richtete in seiner viel zitierten Arbeit zum PES, dass

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Abb. 3: Implantate in regio 12, 21 und 22; Papillenscore 0 approximal 21, 22 nach dreidimensionalerAugmentation und Implantation von 21 und 22

Abb. 4: Röntgenbild sechsJahre nach der Implantationin regio 21 und 22

60 Prozent der untersuchten Restaurationen deut-liche Farbabweichungen des periimplantären Weich-gewebes zeigten. Dabei handelte es sich bei zweiDritteln um vollkeramische Aufbauteile. Auch hiertolerieren zahnmedizinische Laien Farbunterschie-de eher als die trainierten Augen des Zahnarztesoder Zahntechnikers. In der natürlichen Denti-tion findet man Farbunterschiede im Bereich des

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Abb. 6: Günstige Weichgewebesituation bei benachbarten Im-plantaten drei Monate nach Sofortimplantation mit Bindegewebs -transplantation und Ausformung des Weichgewebes mit Klebebrü-cke; Abformung der Implantate für die Herstellung der Kronen

Abb. 5: Ausgangssituation: nicht erhaltungswürdige Zähne 11und 21; Zustand nach mehrfacher Wurzelspitzenresektion mitVernarbung des parodontalen Gewebes

Abb. 7a und b: Ein Jahr nach der Eingliederung der prothetischen Versorgung zeigt sich ein harmonisches Zusammenspiel von weißer undroter Ästhetik (Zahntechnik: Andreas Nolte, Münster).

Weichgewebes von ΔE = 2.7 [17]. Laien könneneinen Farbunterschied ab einer Diskrepanz vonΔE = 3.7 erkennen, während trainierte Betrachterunter Laborbedingungen bereits Farbunterschiedevon ΔE = 1 wahrnehmen können. Jung et al. untersuchten 2007 den durchscheinen-den Effekt von Titan und Zirkonoxid (weiß) sowieverblendetem Titan und Zirkonoxid (Farbe A3) bei

Abb. 8: Lippenbild der Patientin aus Abbildungen 5 bis 7b. Die niedrige Lachlinie exponiert das Weichgewebe bei normalem Lächeln nicht.

drei unterschiedlichen Gewebedicken am Tiermo-dell. Die vier Proben wurden unter 1,5 mm, 2 mmund 3 mm dicke Mukosalappen gelegt und die Farb-veränderung des Gewebes spektrophotometrischuntersucht. Die Studie zeigt, dass Titan auch nochbei einer Gewebedicke von 3 mm sichtbare Farb-veränderungen induziert. Zirkonoxid verursachtab einer Dicke von 2 mm keine sichtbaren Farbver-änderungen mehr, unabhängig davon, ob es ver-blendet ist oder nicht. Die Mukosadicke spielt eineentscheidende Rolle für die Diskoloration des Ge-webes. Bei dünnem Gewebetyp ist die Farbverän-derung mit Zirkonoxid am wenigsten sichtbar.Doch auch bei Zirkonoxid lassen sich Unterschiedenachweisen. Das hängt unter anderem mit der wei-ßen Farbe des Materials zusammen. In einer klini-schen Studie gliederten Bressan et al. [18] bei 20 Pa-tienten nacheinander Implantatkronen auf Titan-,Gold- und Zirkonoxid-Abutments ein und führtenFarbmessungen der periimplantären Mukosa durch.Dabei verursachte Titan eine signifikant höhereFarbveränderung als die beiden anderen Materia-lien (ΔE = 9.5). Allerdings waren auch die Farbver-änderungen durch die anderen Materialien sicht-bar (Gold: ΔE = 8.6, Zirkonoxid: ΔE = 7.5).Klinische Farbmessungen an periimplantäremWeichgewebe haben gezeigt, dass Weiß nicht dieideale Abutmentfarbe ist. Auch ein weißes Mate-rial verursacht in dünnem Gewebe Farbveränderun-gen. Ideal sind Hellrosa und Hellorange [19].Happe et al. veröffentlichten 2013 eine In-vitro-Studie, um den Effekt von fluoreszierend einge-färbtem Zirkonoxid auf das Gewebe zu untersu-chen [20]. Dabei wurde ein positiver Einfluss derFluoreszenz evident. In einer klinischen Studie miteinem biomimetischen, zahnfarbenen und fluo-reszierenden Keramikabutment konnten sie zei-gen, dass sich der Helligkeitswert des periimplan-tären Gewebes nicht mehr signifikant von dem desNachbarzahns unterschied [21] (Abb. 9).

ZusammenfassungPatienten beurteilen den Erfolg von Implantat-versorgungen meist aufgrund des ästhetischen Er-gebnisses, daher wurde die Ästhetik auch von aka-demischer Seite zunehmend als Erfolgskriteriumanerkannt. Aber gerade im ästhetisch sensiblenFrontzahnbereich gibt es viele Faktoren, die dasErgebnis negativ beeinflussen können. Dazu zäh-len neben anatomisch-biologischen auch chirurgi-sche, prothetische und materialkundliche Aspekte.Vollkeramische Versorgungen sind nicht per se ein

Garant für perfekte Ästhetik. Patienten haben eineandere Wahrnehmung in Bezug auf dentale im-plantologische Restaurationen als Zahnärzte, al-lerdings kann diese individuell sehr unterschied-lich sein und wird durch soziokulturelle Einflüssegeprägt. Zahnarzt und Zahntechniker befindensich in einem Spannungsfeld zwischen der hohenErwartungshaltung an die Implantatversorgung,die sich einerseits mit der natürlichen Dentitionund andererseits mit den anatomisch-biologischenLimitationen vergleichen muss, die sich häufig ineiner insuffizienten periimplantären Weichgewebs-situation äußern.

Korrespondenzadresse:Priv.-Doz. Dr. Arndt Happe

Schützenstraße 2, 48143 Mü[email protected], www.dr-happe.de

Literatur bei den Verfassern

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Abb. 9: Ästhetischer Misserfolg trotz vollkeramischer Versorgung, bedingt durchmangelnde Gewebestabilität. Auch weiße Abutments sind bei Exposition ästhetischproblematisch.

Die Charité ehrt seit vielen Jahren ihre Alumni, die vor

50 Jahren an der Charité promoviert haben, mit der

Vergabe einer „Goldenen Doktorurkunde“. In diesem

Jahr erfolgt dies wieder im Rahmen eines großen Fest-

akts im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin-

Mitte. Leider ist der Kontakt zu so mancher Kollegin/

manchem Kollegen verloren gegangen. Sollten Sie vor

etwa 50 Jahren in Berlin promoviert haben oder jeman-

den kennen, für den das zutrifft, melden Sie sich bitte

im Promotionsbüro der Charité – Universitätsmedizin

Berlin, Telefon 030 450576-018/-016.

Redaktion

Goldenes Doktordiplom


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