STRATEGIEN FÜR DIE DIGITALE TRANSFORMATION IM HANDEL
WHITE PAPER | APRIL 2016
2
EDITORIAL Der Handel wandelt sich gerade radikal. Innovative E-Commerce-Konzepte verlagern Umsätze
massiv vom stationären in den Onlinehandel. Technologiegetriebene Unternehmen mit Logis-
tik-Kompetenz von Amazon bis Zalando, von Alibaba bis Rakuten beherrschen den Onlinehandel
mit einer enormen Dynamik. Doch Offline vs. Online war gestern. Konsistent verzahnte Kontakt-
punkte und neue Ideen sind für den Handel von heute unumgänglich. Internethändler wie MyMuesli,
Chocri, Cyberport oder Notebooksbilliger zieht es in die Innenstädte. Nach einer
Marktanalyse des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI betreibt schon heute jeder
zweite der 1000 größten Onlineshops auch stationäre Konzepte. Gleichzeitig erhofft
sich der stationäre Handel, bedrängt vom Wettbewerb aus dem Internet, neues
Wachstumspotenzial durch den Einsatz digitaler Technologien vor Ort. Sie eröffnen
dem Einzelhandel die Möglichkeit, das Einkaufen zu einem begeisternden Erlebnis
zu machen und die Smartphone-Generation zurück zu erobern.
Die digitale Toolbox, die dem stationären Handel dabei zur Verfügung steht,
ist vielfältig. Digitale Displaytechnologien sind nur eine der vielen Möglichkei-
ten. Beacons und BLE, digitale Preisschilder und Personal Shopping Assistants,
Waren-Scans mit dem Smartphone oder animierende Displays mit Bewegungs-
meldern sowie 3D-Produktabbildungen machen das Shopping schon jetzt an-
sprechender und den stationären Handel auch zukünftig konkurrenzfähig. Zudem
wird es eine Menge Daten zur Analyse des Kundenverhaltens, die bisher nur dem
Onlinehandel zur Verfügung standen, in Zukunft auch für den stationären Handel
geben. Die intelligente Nutzung dieser Kundendaten und die Art und Weise, wie die
Unternehmen digitale Profile ihrer Kunden anlegen und sie mit dem physischen
Store verbinden, werden wettbewerbsentscheidend sein. Ziel sollte sein, das tradi-
tionelle Einkaufserlebnis in eine innovative Shopping Experience zu transformieren.
Und das gelingt nur demjenigen, der die Bedürfnisse der Kunden klar im Blick hat
und wirklich relevante Services und Empfehlungen bietet.
Lesen Sie, wie unterschiedlich Unternehmen auf die neuen Herausforderungen reagieren,
welche neuen digitalen Trends und Entwicklungen es im Handel gibt und wo genau die Chancen
liegen: So hat sich bspw. die Otto Group, ein Schwergewicht in der Welt des digitalen Handels, zum
Ziel gesetzt, durch neue mobile Projekte ein Treiber des digitalen Wandels zu bleiben und sich da-
mit auch gegen innovative Start-Ups zu behaupten. Walmart, weltweit umsatzstärkster Einzelhänd-
ler, hängt im Wachstumsmarkt E-Commerce hinterher und will dort bis 2017 zwei Milliarden USD
investieren, um Anschluss an den großen Onlinerivalen Amazon zu finden. Dieser wiederum testet
innovative Logistik- und Servicekonzepte, um noch näher an seine Kunden zu kommen. Ein großer
Hersteller wie Sony stellt seinen eigenen Onlineshop ein und verkauft über den Onlinehandel. Und
während Deutschlands größter Bad- und Sanitärgroßhandel Richter+Frenzel auf kleinere Flächen-
konzepte und innovative Verkaufstools wie Virtual Reality und Beacons setzt, zeigen Start-Ups wie
Kiveda oder Thermondo, wie zukünftig online Leads für die Küchen- und Heizplanung generiert
werden können.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr
E-COMMERCE BOOM
Seit 2010 wächst der Onlinehandel
in Deutschland um mindestens
vier Milliarden Euro pro Jahr und
setzt auch 2015 sein starkes
Wachstum fort: Die Onlineumsätze
stiegen vergangenes Jahr auf 46
Milliarden Euro.
18,4
+24,2
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 H
23,8
+29,5
28,7
+20,6
33,1
+15,1
37,7
+14,1
42,0
+11,3
46,3
+10,3
Online-Handel Umsatz in Mrd. Euro
Grafik: Umsatz Online-Handel gesamt (2009-2014/15 in Mrd. Euro)
Quelle: IFH Köln, 2015
Veränderung zum Vorjahr in %
3
INHALT
Wie reagieren etablierte Unternehmen auf die digitale Herausforderung?
1 Die ‚Mission Mobile‘ der Otto Group: Das Smartphone als Zugang zum Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2 Walmarts Innovationsinitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3 Sony stellt Online Direktvertrieb ein und verkauft über Onlinehändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Wo liegen Chancen und wie können Business Potenziale gehoben werden?
4 „Besser als Eis“: Amazons neuer Treasure Truck verkauft Megaschnäppchen auf
der Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10
5 Case Study Richter+Frenzel: Virtual Reality als innovatives Vertriebstool ermöglicht
gänzlich neue Flächenkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
6 Handwerksbetriebe 4.0: Wie Thermondo und Kiveda online Kunden gewinnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
7 Digitale Transformation im Handel: Wie alle davon profitieren können
Gastbeitrag von Rainer Wiedmann bei etailment.de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
4
DIE ‚MISSION MOBILE‘ DER OTTO GROUP: DAS SMARTPHONE ALS ZUGANG ZUM KUNDEN
01
4
„Der Kunde ist König und sein Zepter ist das
Smartphone.“ So Alexander Birken, Konzern-
vorstand Multichannel der Otto Group. Die
Otto Group setzt auf das Smartphone als
wichtigsten Kaufkanal der Zukunft. Denn:
Kaum jemand verlässt heutzutage noch das
Haus ohne sein Smartphone. Noch nie zuvor
spielten laut Otto mobile Endgeräte eine so
große Rolle bei der Inspiration und dem Kauf
von Waren und Dienstleistungen wie heute.
Deshalb richtet die Unternehmensgruppe
zukünftig alle kundengerichteten Aktivitäten,
insbesondere Marketing und CRM, primär auf
Smartphones und Tablets aus.
5
Plus 10% E-Commerce Zuwachs in
Deutschland
Otto habe sich auf den Weg gemacht, den
gesamten Konzern zu einer mobil getriebenen
Unternehmensgruppe zu entwickeln, sagte der
Chefstratege und stellvertretende Vorstands-
chef Rainer Hillebrand. Nach Unternehmensan-
gaben erfolgen inzwischen 50% aller Besuche
über mobile Endgeräte. Mit weltweit über 123
Einzelunternehmen – darunter OTTO, Bonprix,
Crate & Barrel und Freemans Grattan – ist die
Otto Group nach Amazon weltweit zweitgrößter
Online-Händler im B2C Bereich. Mit Hermes
verfügt der Konzern zudem über Deutschlands
größten postunabhängigen Logistikanbieter im
Privatkundengeschäft mit täglich über 1 Million
Haustürkontakten. Im vergangenen Geschäfts-
jahr 2014/15 generierte die Otto Group einen
Umsatz von über 12 Milliarden Euro, stark
getrieben durch das Geschäft mit dem Internet
(6,6 Mrd. Euro). Allein in Deutschland setzte der
Konzern insgesamt 4,4 Mrd. Euro um, was
einem Plus von 10% entspricht. Zum Konzern
gehören über 100 Onlineshops verschiedener
Marken sowie weltweit über 400 Stationärge-
schäfte.
Fazit: Das Thema Mobility wird zunehmend
wichtiger. Der Ausbau des Mobile Angebots
genießt zu Recht höchste Priorität bei der Otto
Group. Ein eigenes Mobile Lab soll den Konzern
sowohl strategisch als auch operativ in Mobi-
le-Commerce-Projekten unterstützen. Noch in
diesem Jahr soll die Unit außerdem um ein so
genanntes App Acceleration Center erweitert
werden, dessen Fokus auf der schnellen Um-
setzung von Shopping- und Service-Apps liegt.
Seit 2008 ist der Konzern außerdem im Venture
Capital Business und im Bereich Inkubation
tätig und hält aktuell Beteiligungen an über 100
Startups weltweit. Dies zeigt: Konsequent und
zielgerichtet reagiert die Otto Group mit seiner
‚Mission Mobile‘ auf das sich wandelnde Kun-
denverhalten.
www.i-q-i.net/de/die-mission-mobile-der-otto-group/
Quelle: iq! Research,
Presserecherche
Otto Group 2016
E-Commerce als
Triebfeder der
Umsätze
Deutschland
in Mrd. Euro
2010 2011 2012 2013 2014 2015
3,13,4
3,74,0
4,0*4,4*4,8
5,35,7
6,2 6,2**6,6**
*ohne OTTO Office **ohne OTTO Office & BruneauWeltweit
+400 Mio.
+10%
6
WALMARTS INNOVATIONSINITIATIVE
02
6
Bereits im Oktober hatte Walmart Investoren
auf langfristige Gewinneinbußen eingestellt.
Nun kündigt der größte Einzelhändler an,
dafür weltweit 269 Filialen zu schließen. Als
Gründe nannte Konzernchef Doug McMillan
neben Ausgaben für den Konzernumbau
steigende Personal- und Lohnkosten sowie
v.a. eine Offensive im Onlinehandel. Bis 2017
sollen zwei Milliarden USD in E-Commerce
investiert werden.
All diese Maßnahmen sind Teil einer neuen
strategischen Ausrichtung. Denn: Im Wachs-
tumsmarkt E-Commerce hängt der Konzern
hinterher und muss viel Geld investieren, um
Anschluss an den großen Onlinerivalen Ama-
zon zu finden.
Börse honoriert Online Wachstum stärker als
Brick&Mortar Marktführerschaft
Amazon ist nicht nur im Onlinehandel deutlich
größer als Walmart, sondern wächst in diesem
Bereich auch um einiges schneller. Zum
Vergleich: Amazon setzte 2014 im Internet 89
Milliarden Dollar um, während der Riese aus
Bentonville nur auf etwas mehr als zwölf
Milliarden Dollar kam. Im vergangenen Jahr
hat Amazon mehr Wachstum generiert als
walmart.com nach 16 Jahren. Im Bereich Mode
und Accessoires verkauft Amazon rund 30
Millionen Artikel - das entspricht in etwa der
Menge an Produkten (nicht nur Mode), die in
250 Walmart Superstores zusammen verkauft
wird. Eben diese fehlende Innovationskraft
spiegelt die Börse wider: Während die Markt-
kapitalisierung Walmarts aktuell 185 Mrd.
Euro beträgt, wird Amazon mit 259 Mrd. Euro
bewertet.
Über vier Jahrzehnte setzte Walmart
Zeichen: Der Megakonzern agierte und der
Rest reagierte. Kerngedanke im Gründungs-
jahr war es, das tägliche Einkaufen so einfach
wie möglich zu machen. So packte Sam Walton
alle Produkte des täglichen Lebens in einen
Laden und garantierte seinen Kunden nied-
rigste Preise. Seither folgten ständige Neuer-
öffnungen und neue Konzepte.
Und in der alten Brick&Mortar Welt ist
Walmart ja nach wie vor der größte Einzel-
händler: Er setzte 2014 mit rund 468 Mrd. USD
rund das Sechsfache von Amazon um und ist
in der Lage, 43 Mrd USD zu investieren. Der
Gewinn vergangenes Quartal lag bei 3,3 Mrd
USD. Während Amazon einen Gewinn von 92
Mio USD und Cash in Höhe von sechs Mrd. USD
zur Verfügung hat. Doch die Digitalisierung
verändert den Handel gerade schneller als
dem Konzern lieb sein kann.
7
Innovationen: Walmart Pay und
@WalmartLabs
Teil der Innovationsinitiative Walmarts sind
u.a. zwei Maßnahmen, deren Ziel die nahtlose
Verknüpfung der On- und Offline-Kanäle ist.
Mit der Einführung von Walmart Pay im
Dezember 2015 möchte der Konzern sein
eigenes mobiles Zahlungssystem etablieren
und tritt damit in direkte Konkurrenz zu Apple
Pay & Co.. Über eine iOS oder Android App
sollen Käufer ihre Einkäufe in den Niederlas-
sungen bezahlen und mit jeder größeren
Kreditkarte verknüpfen können. Ob sich das
proprietäre System, das auf QR Codes setzt,
gegenüber der populären Konkurrenz wird
durchsetzen können, erscheint vielen Analys-
ten allerdings als sehr fraglich.
Die @Walmart Labs wurden zwar bereits
2011 als Teil der E-Commerce Division gegrün-
det und fungierten v.a. als Inkubator, kurz
nachdem aber die Meldungen über Filialschlie-
ßungen für Aufregung sorgten, teilte Walmart
mit, dort zukünftig alle Innovations-, E-Com-
merce- und IT Teams unter einem Dach zu
vereinen und so mehr Schlagkraft im Online-
bereich aufzubauen. Kunden soll dadurch ein
nahtloses Kauferlebnis geboten werden, egal
auf welchem Kanal.
Die Filialschließungen können als entschlos-
sener Schritt gesehen werden. Sie könnten
aber auch ein erstes Indiz dafür sein, dass es
für Walmart zu spät ist. Der Konzern hat alle
Ressourcen, die der Handel braucht, um sich
einer sich wandelnden Welt anzupassen. Nicht
nur finanziell. Er sitzt auf einem wahren Daten-
schatz. Walmart weiß, was die Leute kaufen,
wie oft sie welche Produkte kaufen, ob sie
Kelloggs oder Quakers bevorzugen, lieber
Oreos oder Doritos essen, wann Pampers,
wann Huggies kaufen, Tide oder Purex. Und
sie wissen auch: Es ist mühsam, all diese
Artikel jede Woche wieder einzukaufen. Für
junge Leute pure Logistik, Shoppingerlebnisse
erwarten sie sich im Apple Store oder in den
Whole Foods Läden. Warum hat Walmart hier
noch keine Lösung gefunden? Warum sind
diese Prozesse noch nicht weiter automatisiert
- weniger mühselig, weniger aufwendig?
Fazit: Der stationäre Handel ist nicht tot. Aber
er verändert sich gerade radikal. Und sehr
schnell. Daher wird zukünftig die Frage eher
sein, wer den stationären Handel betreibt. Und
das wird der Anbieter sein, der die sich verän-
dernden Kundenerwartungen durch eine intelli-
gente Verbindung aller Kanäle am besten
erfüllt. Nicht notwendigerweise der größte.
www.i-q-i.net/de/walmarts-innovationsinitiative/
„Who we areEach week, we serve nearly 260 million
customers who visit our 11.504 stores
under 65 banners in 28 countries and
ecommerce websites and apps in 11
countries. With revenue of $486 billion in
2015, @WalmartLabs employs more than
2 million associates worldwide.“
REDEFINING E-COMMERCE GLOBALLY
„We‘re not a retailer competing in
Silicon Valley. We‘re building an internet
technology company inside the world‘s
largest retailer.“
Marktführer der alten
Brick&Mortar Welt:
Walmart
Zukunftssicherung
durch Connected
Shopping Experience:
@Walmart Labs
8
SONY STELLT ONLINE- DIREKTVERTRIEB EIN
03
8
E-Commerce treibt den deutschen Einzelhan-
del: Der Online-Marktanteil wird nach einer
HDE-Prognose bis 2020 von heute zehn auf
voraussichtlich 20% steigen, im Nonfood-
Bereich deutlich darüber hinaus. Umso
unerwarteter die Entscheidung des japani-
schen Elektronikkonzerns Sony Ende vergan-
genen Jahres, seine Produkte nicht mehr im
eigenen Onlineshop zu verkaufen, sondern
über Online Marktplätze. Sony verzichtet
damit auf den Direktvertrieb und setzt statt-
dessen auf einen Flagship Online Store, der
die Marke stützen soll. Der Verkauf erfolgt
zukünftig allein über Handelspartner.
Wachstum im Handel findet derzeit nur
online statt
Der Handelsverband Deutschland (HDE) gibt in
diesem Jahr zum zweiten Mal auf Basis von
Daten der Gesellschaft für Konsumforschung
(GfK) seinen Online-Monitor heraus. Das
Ergebnis: Kunden verlagern einen immer
größer werdenden Anteil ihres privaten Bud-
gets online. Zwar zeigt sich der Markt gereift,
erste Wachstumsgrenzen in einzelnen Katego-
rien sind erkennbar. Doch das Fazit der Studie
ist eindeutig: Der Online-Handel bleibt weiter-
hin der Wachstumstreiber im Einzelhandel.
2014 lag der Umsatz im Online-Handel bei
37 Mrd Euro. Der Online-Anteil am Umsatz mit
Nonfood-Artikeln betrug 19%, bei Lebensmit-
teln 0,6%. Für das laufende Jahr rechnet der
HDE mit einem Umsatzvolumen von knapp 42
Mrd Euro (bei einem Einzelhandelsumsatz ges.
in 2015 von 469 Mrd Euro). Eine im Vergleich
zu anderen Studien eher konservative Progno-
se - etliche sehen schon die 50 Mrd. Schwelle
geknackt. Allerdings: 70% der im HDE ver-
tretenen Händler sind noch immer nicht im
Internet aktiv. Ein enormes Potenzial das hier
brachliegt.
E-Commerce
treibt deutschen
Einzelhandel
Quelle: HDE, Online
Monitor 2015 2005
13,8
+14%
2006
15,7
+14%
2007
17,8
+13%
2008
19,7
+11%
2009
21,8
+11%
2010
23,9
+10%
2011
26,3
+10%
2012
31,3
+19%
2013
34,7
+11%
2014
37,1
+7%
2015p
41,7
+12%
E-Commerce 2015: plus zwölf
Prozent
9
Neue Online Strategie bei Sony: 3rd Party
E-Commerce statt eigenem E-Shop
Bisher war der Online Shop ein wichtiger
Bestandteil der Marken- und Vertriebsstrategie
von Sony. Im Oktober gab der Elektronikkon-
zern nun bekannt, den Direktvertrieb auf sony.
de einzustellen und in einen Markenauftritt mit
Verlinkung zu On- und Offline Handelspartnern
zu wandeln. Die Umstellung gilt für alle euro-
päischen Domains.
Damit wurde der ‚Kaufen - Button‘ zu einem
‚Wo sind Sony Produkte erhältlich‘ - Button.
Als Begründung nannte Sony die Wünsche der
Kunden. Betrachtet man jedoch bspw. den
Kaufprozess der fürs Weihnachtsgeschäft
wichtigen neuen 4K Fernseher, die prominent
auf der Homepage beworben werden, hat man
nicht das Gefühl, dass die Kundenbedürfnisse
im Fokus stehen. Mit Euronics und Saturn
werden gerade mal zwei Handelspartner
gefunden. Bei beiden wird auf den stationären
Handel verwiesen, online ist der ultradünne HD
Fernseher nicht zu bekommen. Für viele
weitere Produkte listet Sony überhaupt keine
Partner auf. Und auch die digitale Realität, auf
die der Kunde bei seiner Suche nach 4K Sony
Fernsehern auf Amazon trifft, dürfte die Sony
Markenstrategen wenig erfreuen. Viel Luft nach
oben also in der praktischen Umsetzung der
neuen Strategie.
Deutliches Signal von Sony, den Markt mit
Handelspartnern gemeinsam zu gestalten
Hersteller und Direktvertrieb. Ein Thema, das
immer wieder hitzige Diskussionen auslöst.
Ist die Entscheidung von Sony weniger auf
Kundenwünsche denn auf einen Konflikt mit
den Handelspartner zurückzuführen? Eine
Reaktion auf die zunehmende Dominanz von
Marktplätzen wie Amazon? Auch Sony wird
festgestellt haben, dass mittlerweile beinahe
jeder zweite online ausgegebene Euro bei
Amazon landet. Und nicht im eigenen Shop.
Hatte der Sony Shop einen klaren USP für die
Kunden? Einen klaren Mehrwert? Eher nein.
Es werden wohl einige Faktoren zusammenge-
kommen sein, um Sony zu diesem Schritt zu
veranlassen. Der Elektronikkonzern kämpfte
sich 2015 auf alle Fälle mit großen Schritten
aus der Krise. Nach vielen Jahren des Minusge-
schäfts ist Sony im zweiten Halbjahr des
laufenden Geschäftsjahres mit einem Umsatz
von 14 Mrd Euro und einem operativen Gewinn
von rund 660 Mio. Euro wieder in den schwar-
zen Zahlen
Fazit: Die Entscheidung von
Sony belegt eindrucksvoll, dass
der Aufbau von B2C Direktver-
triebsstrukturen für viele
Hersteller ernüchternd sein
kann. Häufig existiert im Unter-
nehmen keine Endkundenerfah-
rung und es bleiben selbst bei
weitestgehender Externalisie-
rung des Handlings relativ
komplexe Strukturen und hohe
Kosten. Gleichzeitig ist E-Com-
merce der entscheidende
Treiber eines Strukturwandels,
der alle Marktsegmente trifft.
Wachstum im Handel findet
derzeit fast ausschließlich
online statt. Die Nutzung beste-
hender Online-Handelsstruktu-
ren kann dann die Option sein,
dieses Wachstumspotenzial zu erschließen.
Auf jeden Fall ist der Schritt Sonys ein idealer
Anlass für Hersteller intensiv über ihre Digitali-
sierungsstrategien nachzudenken.
www.i-q-i.net/de/sony-stellt-online-direktvertrieb-ein/
Eine nahtlose Integra-
tion der Handelspart-
ner sieht anders aus
Screenshot www.sony.de
by iq! Research
AUTOHANDEL VERLAGERT SICH INS INTERNET
Von fünf bis sechs auf 1,4 Mal
ist die Zahl der durchschnittlichen
Besuche eines PKW-Käufers im
Autohaus vor dem Kauf eines
neuen Wagens gesunken. Die
Zahl der Markenhändler sank
von 18.000 im Jahr 2006 auf
jetzt 7.800. In fünf Jahren werden
vielleicht nur noch 4.500 übrig
sein.
Quelle: Branchenverband Deutsches
Kraftfahrzeuggewerbe
10
„BESSER ALS EIS“: AMAZONS NEUER TREASURE TRUCK VERKAUFT MEGASCHNÄPPCHEN AUF DER STRASSE
04
10
Während die deutschen Medien noch wild
spekulieren, ob Amazon möglicherweise an
die 400 stationäre Geschäfte eröffnen wird
(„Vorsicht, Journalisten Stampede!“), schick-
te das Unternehmen in Seattle sieben Monate
nach der ersten Ankündigung seinen ersten
Treasure Truck los. Altmodisch, aber mit
digitalen Bannern geht die ‚Unterhaltungs-
maschine auf 4 Rädern‘ mit Schnäppchen auf
Kundenfang und begeistert schon jetzt die
Kunden. Eine weitere Serviceidee, mit der
Amazon innovative Logistikkonzepte testet.
Gelungene Verbindung von On- und Offline
Der Treasure Truck ist Teil der mobilen Ama-
zon Shopping App. Amazon Kunden in Seattle
können sich ab sofort via App anmelden, ein
Produkt reservieren und am gewünschten Ort
direkt am Truck abholen. Bezahlt wird via App.
Fährt der Truck in der Nähe angemeldeter
Kunden vorbei, bekommen diese auf Wunsch
auch Push-Mitteilungen, wo sich der Truck
gerade aufhält, welches Angebot er dabei hat.
Pro Tag soll jeweils nur ein Produkt in einer
begrenzten Menge verfügbar sein. Der erste
11
Deal zum Start war eine GoPro Hero4 für 179
USD, anstelle der im Onlineshop verlangten
429 USD - die Kamera war bereits eine Stunde
nach Veröffentlichung ausverkauft. Wie häufig
der Truck unterwegs sein wird, darüber gibt
Amazon im Moment keine weiteren Auskünfte.
Amazon hatte schon mehrere ungewöhnli-
che Ideen zur Auslieferung seiner Produkte. So
experimentiert das Unternehmen mit Liefer-
drohnen und Fahrradkurieren, mit der Ausliefe-
rung in geparkten Autos sowie mit stationären
Buchshops und Lebensmittellieferungen. Bei
vielen dieser Angebote fungiert Seattle, Ama-
zons Hometown, als Testmarkt. Laut Amazon
sollen die Treasure Trucks sowas wie der gute,
alte Eiswagen aus Kindertagen in der Nachbar-
schaft sein, eine „four-wheeled joy machine“,
die Schnäppchenangebote, Spaß und später
evtl. auch mal Essen liefert und den Onlinehan-
del damit wortwörtlich mobil macht.
Besser als Eis: „What could be more fun in
the middle of your busy day? Just tap to buy, stop
by the Truck, and go home with that day’s can’t-
miss item — it’s better than ice cream.“
Fazit: PR Gag oder der Anfang von Hunderten
Amazon Trucks auf den Straßen? Noch gibt es
dazu kein Statement von Amazon. Angesichts
der enormen Preisnachlässe, einer relativ
großen personellen Ausstattung und elaborier-
ten Logistik ist es kaum vorstellbar, dass sich
diese Aktion aktuell rechnet. In jedem Fall aber
ist es die hervorragende umgesetzte Promo-
tionidee eines Flash Sales. Und ein weiterer
Versuch, On- und Offlinewelt mittels innovativer
Logistikideen geschickt und für den Kunden
attraktiv miteinander zu verbinden. Da sich
der angekündigte Start um etliche Monate
verzögert hat, stellt sich eigentlich nur die
Frage: Warum haben deutsche Händler wie
MediaSaturn, Notebooksbilliger oder Conrad
diese Idee in der Zwischenzeit noch nicht
aufgegriffen?
www.i-q-i.net/de/amazons-treasure-truck/
Amazons Treasure
Truck aus Seattle
12
CASE STUDY RICHTER+FRENZEL: VIRTUAL REALITY ALS INNOVATIVES VERTRIEBSTOOL ERMÖGLICHT GÄNZLICH NEUE FLÄCHENKONZEPTE
05
12
Längst drängen die Ketten wieder zurück
in die Innenstadt. Möbelhäuser wie Ikea
oder Autohäuser wie AUDI wollen mit
zentralen Filialen nah an den Kunden
und in ein attraktives Handelsumfeld. Die
Folge sind Citystores mit kleineren
Flächenkonzepten und einem
schmaleren Sortiment. Dass dabei
nicht alle Produkte in jeder Varian-
te gezeigt werden können, ist kein
Thema: Digitale Technologien wie
Onlineterminals, Beacons und v.a.
Virtual Reality (VR) ermöglichen
gänzlich neue Vertriebskonzepte.
Analog der Onlinewelt kann näm-
lich das gesamte Sortiment abge-
bildet und die Flächenproduktivität
gesteigert werden.
VR schafft ein vollkommen neues
Einkaufserlebnis
Durch die neuen Datenbrillen
entstehen für den Handel, für den
Immobilienbereich, die Gastrono-
mie, den Automobilbereich, die
Reisebranche und viele andere
Branchen ganz neue Formen der
Kundenansprache.
Der Vorteil für den Kunden: Mit einer (VR)
Brille können Kunden bspw. ihr neues Bad
oder ihre Küche planen. Ein Badezimmer
oder eine Küche kauft man nicht vorgefer-
tigt - es wird individuell entwickelt und
geplant. Doch nicht jeder Kunden hat die
Vorstellungskraft, sich aufgrund von
3D-Modellen für eine Variante zu ent-
scheiden. Mit einer VR Brille können
Kunden sich die unterschiedlichen Varian-
ten, Formen und Farben in 360° schon in
der Planung ansehen. Der Vorteil für den
Händler: Im virtuellen Raum gibt es
genügend Platz. Die Tiefe und Breite des
Sortiments kann nahezu beliebig darge-
stellt werden.
Case Study Richter+Frenzel: Innovatives
Virtual Reality Konzept im Future Retail
Showroom
Eine spannende Lösung im mobilen VR
Bereich entwickelten die iq! Labs für einen
der führenden Großhändler im deutschen
Markt für Sanitär- und Haustechnik
Richter+Frenzel. In seinen R+F Bad-
Centern und R+F HOME-Standorten stellt
Richter+Frenzel unterschiedliche Raum-
konzepte vor, die Einblick in das vielseitige
Sanitärsortiment geben. Das Besondere:
VIRTUAL REALITY HEADSETS BOOM
Bis 2025 werden Augmented und
Virtual Reality Brillen die Art, wie
wir kommunizieren und mit
unserer Umwelt interagieren,
vollkommen verändern.
2024E2023E 2025E2021E 2022E
Wireless VR Headsets
Virtual Reality Headset Sales (in Millions)
Quelle: Piper Jaffrey, 2015
600
500
400
300
200
100
2015E 2016E 2017E 2018E 2019E 2020E
Wired VR Headsets
13
Darüber hinaus kann ein Berater mithilfe eines
3D-Planungsprogramms die Badplanung nach
reellen, kundenindividuellen Maßangaben
erstellen, die Daten exportieren und an eine
VR Brille übertragen. Jetzt kann der Kunde sein
gewünschtes Bad im Panorama-Modus be-
trachten und sich von der Gesamtwirkung
selbst überzeugen. Dadurch erhält er einen
komplett wirklichkeitsgetreuen Eindruck –
und das bereits in der Planungsphase.
Die virtuellen R+F Showrooms schließen
somit die Lücke zwischen On- und Offline
Welt mit vollkommen neuartigen Einkaufser-
lebnissen für den Käufer. Der Vorteil für R+F:
Auf weniger Fläche können dem Kunden alle
Produkte in jeder nur vorstellbaren Ausstat-
tung, Farbe oder Konfiguration gezeigt werden.
Das Ergebnis: Begeisterte Kunden und Ver-
kaufsberater, wie eine begleitende Marktfor-
schung zeigte, ergänzt durch ein innovatives
Servicekonzept in der Fläche durch den Einsatz
von Beacons und Tablets.
Fazit: Virtual Reality gilt zu
Recht als das Zukunftsgeschäft.
Das Potenzial ist riesengroß,
um sich mit neuen Konzepten
zukunftsfähig aufzustellen.
Denn VR leistet viel mehr als
nur ein großes Angebot an
Spielen. Viele Dinge können
neu, nützlicher oder unterhalt-
samer gedacht werden. Und
auch wenn der Markt noch am
Anfang steht, alle großen
Techunternehmen sind bereits
eingestiegen. Der Markt wird
jetzt aufgeteilt und Unterneh-
men sollten intensiv darüber
nachdenken, wie eine innovati-
onsfreundliche, customer-first
Strategie für ihre Kunden
aussehen könnte.
www.i-q-i.net/de/case-study-virtual-reality-als-innovatives-vertriebstool-
ermoglicht-ganzlich-neue-flachenkonzepte-fur-richterfrenzel/
Die Showrooms von
Immobilien, Bädern,
Küchen oder Autos
werden virtuell.
iq! Labs haben erste
VR-Anwendungen u.a.
für Richter+Frenzel
(Sanitär-Großhandel)
und die Bayerische
Hausbau (Immobilien)
erfolgreich realisiert
VR ALS DIE NÄCHSTE GROSSE PLATTFORM
Bedeutende Investments und
Kooperationen wie die auf der
Mobilfunk-Messe Mobile World in
Barcelona verkündete Partner-
schaft zwischen Facebook und
Samsung zeigen: Virtual Reality
wird die nächste große Plattform.
Virtual Reality is here to stay
2,3bnMärz 2014
0,5bnOkt 2014
Mai 2015
Sept 2015
Investments
Virtuelle Showrooms von iq! Labs
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HANDWERKSBETRIEBE 4.0: WIE THERMONDO UND KIVEDA ONLINE KUNDEN GEWINNEN
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Digitales Know-How gehört bisher nicht zu
den Kernkompetenzen des Handwerks. Laut
einer Würth Handwerksstudie bereiten sich
erst einzelne Handwerksbetriebe auf die
digitale Revolution vor, wobei sich der Ein-
satz digitaler Lösungen dabei meist auf den
Internetauftritt beschränkt. Gleichzeitig
schauen immer weniger Kunden in die
Gelben Seiten, wenn sie bspw. die Heizung
erneuern oder eine neue Küche kaufen
wollen. Die erste Anlaufstelle ist das Netz -
eine Chance, die sich Online Handwerksbe-
triebe 4.0 wie Thermondo oder Kiveda zu-
nutze machen und online via Suchmaschinen
und Social Media Leads und neue Kunden
akquirieren.
Thermondo: Onlinegetriebener Heizungsan-
bieter
Die Heizung muss ausgetauscht werden. Wer
aber übernimmt den Einbau und zu welchen
Konditionen? Hier bietet sich die 2012 gegrün-
dete Plattform Thermondo als markenunab-
hängige Alternative zum Heizungsbauer vor
Ort an: Kunden können online ihr Angebot für
den Heizungswechsel anhand von 15 Daten-
punkten generieren. Basis auf Seiten Ther-
mondos ist eine digitale Heizungs-Produkt-
datenbank für Lösungen im Bereich Gas und Öl
sowie Solarthermie. Die Montage führen dann
eigene, lokal ansässige Handwerker durch;
Thermondo ist selbst Mitglied der Handwerks-
kammer. 50 dieser Teams sind laut Firmanan-
gaben bereits in Deutschland stationiert.
Der Markt ist attraktiv: Laut Thermondo sind
von ca. 20 Mio. in Deutschland installierten
Heizungsanlagen rund 19 Mio. Gas- und
Ölheizungen. Lediglich rund 5 Mio. davon
entsprechen dem heutigen Stand der Brenn-
werttechnik. Zielmarkt sind die restlichen 14
Mio. Heizungen, die auf den aktuellen Stand
der Technik gebracht werden sollen. Entspre-
chend gibt es bereits weitere Anbieter wie
EasyHeizung, die sich ebenfalls um On-
line-Heizungsinstallationen kümmern. Um
sich abzugrenzen bietet das 2015 gegründete
Start-Up langfristige zehn Jahres Garantien
auf installierte Heizkessel sowie neuartige
Finanzierungsmöglichkeiten an. So können
Kunden bspw. statt einer Einmalzahlung die
Kosten via Flatrate über einen monatlichen
Festbeitrag begleichen.
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Kiveda: Online Küchenhändler setzt auf
stationäre Partner
Ebenfalls 2012 als Online Pureplayer gestartet,
setzt der Küchenverkäufer Kiveda mittlerweile
auch auf starke stationäre Präsenz und koope-
riert auf der Fläche u.a. mit dem Handelspart-
ner MediaSaturn sowie dem Premiumanbieter
Küchenfab. Auf der Website von Kiveda können
die Kunden erste einfache Küchenwünsche
angeben. Auf Basis der Vorstellungen wird
anschließend ein Termin mit dem Kunden
vereinbart. Der Küchen Designer plant mit Hilfe
der angegebenen Vorstellungen einen 3D-Ent-
wurf der Küche, der dann während der On-
line-Planung via Videotelefonie vom Designer
nach den Vorgaben des Kunden live angepasst
wird. Bei Premiumküchen können auch Termi-
ne mit Außendienstmitarbeitern vereinbart
werden. Weitere Kooperationen: Um ein präzi-
ses Aufmass zu bekommen, erhalten Ki-
veda-Kunden Besuch eines darauf spezialisier-
ten Dienstleisters, die mit Hilfe von
Lasertechnik eine exakte Ausmessung vorneh-
men. Die Lieferung und den Einbau der Küche
übernehmen wiederum Küchenaufbau-Exper-
ten von DHL.
Fazit: Leads und damit Kunden online zu
generieren wird zunehmend eine der funda-
mentalen Aufgaben auch in eher traditionell
geprägten Bereichen wie dem Handwerk.
Modernes Lead Management und digitale
Geschäftsmodelle wie es Thermondo, Easy
Heizung oder Kiveda als Handwerksbetrieb 4.0
nutzen, haben enormes Potenzial, indem sie
die Lücke zwischen On- und Offlinewelt mit
neuen Serviceangeboten schließen. Der Vorteil
für den Kunden: Als ‚One-Stop-Online-Shops‘
von der Planung über den Kauf und die Monta-
ge bieten sie eine einfache, professionelle
Lösung aus einer Hand. Denn wer kümmert
sich schon gerne um den Austausch einer
kaputten Heizung?
www.i-q-i.net/de/kiveda-und-thermondo/
Regionale Grenzen
gelten nicht mehr:
Thermondo positioniert
sich als „Heizungsbau-
er für Deutschland“
Screenshot Thermondo
Küchen online planen,
kaufen und vor Ort
montieren lassen
Screenshot: Kiveda
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GASTBEITRAG RAINER WIEDMANN
DIGITALE TRANSFORMATION IM
HANDEL: WIE ALLE DAVON PROFI-
TIEREN KÖNNEN, SEPTEMBER 2015
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Verwaiste Innenstädte, leere Ladengeschäfte und eine
Armada von Drohnen am Firmament, die dem Verbraucher
von Apfelsaft bis Zahnpasta alles direkt ins Haus liefern.
Süße Klänge in den Ohren von Amazon & Co. – Horror-
Zukunftsszenario dagegen für den stationären Handel.
Doch dessen Kampf ums Überleben hat schon längst
begonnen. Rainer Wiedmann, Gründer und Geschäftsführer
der Managementberatung iq!, geht für etailment der Frage
nach, welche Rolle das Internet of Things (IoT) für die Zu-
kunft des Handels spielt.
Internet of Things: Mehr als nur ein Hype
11 Billionen Dollar bis 2025 – das ist der weltweite wirt-
schaftliche Mehrwert der intelligenten Vernetzung, den
McKinsey in seiner jüngsten Studie prophezeit hat. Als
Brückenschlag zwischen digitaler und physischer Welt
wird das Internet of Things zukünftig die gesamte Lebens-
welt digital verbinden. Ob Auto, Haushaltsgerät, Heizkörper,
Blumentopf oder Briefkasten – fast 75 Prozent der Kon-
sumausgaben werden durch Entwicklungen im Internet
of Things tangiert. Die großen Player der Internetbranche
rüsten sich zunehmend mit Firmen-Zukäufen und eigenen
Entwicklungen für den Verteilungskampf um die zentrale
Führungsrolle innerhalb der neuen Technologie und ihren
schier unendlichen Möglichkeiten.
Verschmelzung von Off- und Onlinehandel
Insbesondere der Handel, der durch das Aufkommen des
E-Commerce bereits einen grundlegenden Wandel erlebt
hat, steht erneut vor einem Paradigmenwechsel. Bestes
Beispiel für das, was Vernetzung möglich macht, ist der
Dash-Button von Amazon. Neigen sich etwa die Vorräte an
Klopapier, Kaffee-Kapseln oder Waschmittel dem Ende zu,
lässt sich über den kleinen Knopf ganz einfach, schnell und
nahtlos nachbestellen. Damit ist Amazon ein echter Coup
mit immenser Innovationskraft gelungen, der die entschei-
denden Erfolgsfaktoren der digitalen Vernetzung vereint:
Die Bereitstellung serviceorientierter Produkte, die durch
den Aufbau digitaler Ökosysteme stetig neue Geschäftsmo-
delle generieren. Denn die Zukunft gehört ganz eindeutig
demjenigen, der die Bedürfnisse der Kunden klar im Blick
hat und wirklich relevante Services und Empfehlungen
bietet. Dieser Ansatz eröffnet gerade dem stationären
Handel zahlreiche Chancen, der Talfahrt ein Ende zu setzen.
Ein schönes Beispiel für eine gelungene Weichenstellung
Richtung Zukunft zeigt derzeit die Münchner SportScheck
Filiale: Über den Einsatz von Beacons werden den Kunden
während und nach dem Einkauf Gutschein-Aktionen und
spezielle Angebote per Push-Nachricht zugeschickt. Hinwei-
se auf aktuelle Aktionen erwarten den potenziellen Käufer
bereits im Eingangsbereich über eine LED-Leuchtwand.
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Zudem zeigen digitale Displays ansprechende Produktinsze-
nierungen, informieren über Marken und geben Anwen-
dungstipps. Per Tablets kann sich der Kunde dann über den
Bestand sowie vorhandene Größen und Farben informieren.
Ein besonderes Special ist der 3D-Fußscanner, der persona-
lisierte Empfehlungen für den optimalen Wanderschuh
liefert. Ein großer Innovationssprung ist Richter + Frenzel
mit seinem virtuellen Showroom gelungen: Durch den
Einsatz einer Virtual-Reality-Brille, die in den iq! Labs
entwickelt wurde, kann der Großhändler für Sanitär-und
Haustechnik seinen Kunden seit kurzem durch 3D-Simulati-
on die komplette zukünftige Badezimmerausstattung prä-
sentieren – und das in einem 360 Grad-Überblick und ohne
großen Aufwand, da das Smartphone die Arbeit übernimmt.
WWLästige und langwierige Überlegungen, welche Fliesen
nun zu welchen Armaturen passen, sind damit passé.
Richter + Frenzel nutzt diese Technik, die bis vor kurzem
noch als technische Spielerei abgetan wurde, bereits sehr
erfolgreich und schließt damit die Lücke zwischen On- und
Offlinehandel.
Digitale Showrooms - The next big thing
Der Erfolg des Future Retail liegt in der Einrichtung von
digitalen Erlebniswelten, die eine individuelle und qualitativ
hochwertige Beratung ermöglichen. Eine große Rolle
werden dabei digitale Showrooms spielen, in denen Produk-
te kundenindividuell konfiguriert werden können. So lassen
sich viel Platz und Ressourcen sparen, außerdem schafft
die individuelle Visualisierung eine stärkere Bindung
zwischen Marke und Kunden. Die technischen Möglichkeiten
für die digitale Umsetzung von Präsentationsflächen sind
nahezu unbegrenzt – bislang hapert es allerdings noch an
der Verbreitung. Als Pionier digitaler Vertriebskonzepte gilt
AUDI. Der Autobauer eröffnete bereits 2012 seinen ersten
Cyberstore „Audi City“ in London, 2014 folgte Berlin. In der
Textilbranche hat sich Tommy Hilfiger als einer der ersten
Anbieter an einen digitalen Showroom gewagt. In der
Firmenzentrale des Modeunternehmens in Amsterdam
ist seit Anfang dieses Jahres eine B2B-Lösung im Einsatz,
die den Waren-Bestellprozess für Händler deutlich effizien-
ter macht. Statt sich durch hunderte Musterkollektionen
an verschiedenen Standorten zu arbeiten, können sich
die Einkäufer auf großen Bildschirmen durch die neusten
Trends klicken. Dabei werden die Produkte via Bewegtbild
an Models gezeigt, Filter unterstützen bei der Wahl von Stil
und Farbe. Mithilfe von Mini-iPads kann der Einkauf gleich
durchkalkuliert werden - inklusive Übersicht über die
vergangenen Bestellungen. Nach und nach möchte Tommy
Hilfiger dieses Prinzip des digitalen Showrooms auch für
seine Endkunden anbieten und seine Läden dahingehend
aufrüsten.
Service first: Alle Wege führen zum Kunden
Mit einem überzeugenden Serviceangebot ermöglicht es die
digitale Vernetzung, den Konsumenten während des gesam-
ten Lebenszyklus eines Produkts zu begleiten. Bspw. meldet
das Auto während der Fahrt in die Ferien selbstständig
einen Reifenschaden und übermittelt ein Signal an die
nächste Servicewerkstatt. Diese wiederum sendet eine
Push-Nachricht an das Smartphone des Fahrers mit einem
Rabatt-Angebot für einen sofortigen Reifenwechsel und
bestenfalls einen Gutschein für das nächstgelegene Café,
um die Wartezeit zu verkürzen. Stichwort: Cross-Selling,
Predictive-Marketing, Big Data. Die optimale Ausschöpfung
des Potenzials des Internet of Things gelingt dann, wenn
die Nutzungsdaten analysiert und die daraus abgeleiteten
Dienstleistungen exakt auf die Kundenbedürfnisse ausge-
richtet werden. Dies wird vor allem innerhalb von digitalen
Ökosystemen gelingen, in denen Hersteller, Off- und Online-
händler sowie Dienstleister nachhaltige Kooperationen
eingehen. Ein erfolgreiches Beispiel dafür stellt die Platt-
form Amazon Local Services dar, über die Dienstleistungen
von Handwerkern, IT-Spezialisten oder Automechanikern
vermittelt werden können. Je mehr das Internet of Things
den Mainstream erreicht und je mehr Produkte digital
vernetzt sind, desto mehr werden innovative Servicekon-
zepte dieser Art ihre Verbreitung finden.
Umdenken unbedingt erforderlich
Wer in den kommenden zwei Jahren nicht die Weichen
stellt und sein Produktportfolio sowie seine Marketing- und
Vertriebssysteme IoT-tauglich macht, den wird die nächste
Stufe der industriellen Revolution überrollen. Das gilt
besonders für den krisengebeutelten Handel, der jetzt das
Opportunitätsfenster nutzen sollte, um an seiner Innovati-
onsfähigkeit und dem Aufbau digitaler Strategien zu arbei-
ten. Dazu gehört neben der technischen Aufrüstung auch
eine Neustrukturierung des Customer Relationship Manage-
ments, das ein intelligentes und verbraucherfreundliches
Daten-Management einschließt. Informationen müssen auf
unterschiedlichen Kanälen bereitgestellt werden, denn der
Kunde entscheidet wann, wo und wie ihn die gewünschten
Botschaften erreichen. Wer die digitale Transformation
mitgestalten und anführen will, für den ist Abwarten keine
Option mehr.
Quelle: Veröffentlicht unter etailment.de/thema/marketing/
Digitale-Transformation-im-Handel-Wie-alle-davon-profitie-
ren-koennen-3594
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iq! Managementberatungs GmbH ist das neue Beratungsunternehmen für das Zeitalter der
digitalen Transformation. Digitale Technologien verändern dramatisch die potentielle Reichwei-
te von Geschäftsmodellen wie auch deren Effizienz. Wir erschließen für Großunternehmen
diese Digitalisierungspotenziale durch innovative Geschäftsmodelle, Strategien, Services und
Produkte. Unser Ansatz ist dabei nicht allein technikgetrieben, im Fokus steht der Verbraucher.
Dabei garantieren wir Ihnen höchste Qualitätsstandards und professionelle Zusammenarbeit
sowie exzellente Branchen- und Industrieexpertise. In unserem erfahrenen und eingespielten
Team arbeiten Experten mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung digitaler Geschäftsmo-
delle sowie dezidiertem Know-how in E-Commerce, Big Data und User Experience. Daneben
bauen wir auf ein starkes Netzwerk an Strategie-, Marketing-, Technologie- und Industrieex-
perten, die wir bei Bedarf zu einzelnen Projekten hinzuziehen.
Unsere Kunden haben eines mit uns gemeinsam: Sie wollen entscheidende Fortschritte und
messbare Resultate erzielen.
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RAINER WIEDMANNManaging Partner
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BERATUNGS GMBH
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