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WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER ... · WTO ein neues, verändertes Aufgabenfeld dar:...

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WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER VOLKSWIRTSCHAFTLICHE DISKUSSIONSBEITRÄGE Beitrag Nr. 297 Münster 1999 Institut für industriewirtschaftliche Forschung Universitätsstr. 14-16 48143 Münster Fon: +49 (0)251.83-22921 Fax: +49 (0)251.83-22924 [email protected] Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdienste in das GATS von Markus Langenfurth
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WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE DISKUSSIONSBEITRÄGE

Beitrag Nr. 297

Münster 1999

Institut für industriewirtschaftliche Forschung

Universitätsstr. 14-16 • 48143 Münster • Fon: +49 (0)251.83-22921 • Fax: +49 (0)251.83-22924

[email protected]

Dienstleistungen in der Welthandelsordnung -die Einbindung von Telekommunikationsdienste

in das GATS

von

Markus Langenfurth

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I

Zusammenfassung

Der globale Telekommunikationsmarkt befindet sich derzeit in einer weitreichen-den Umgestaltungsphase. Weltweit sind in den vergangenen Jahren in einer Reihevon Ländern die nationalen Märkte für Telekommunikationsdienste vollständig oderteilweise liberalisiert worden. War die klassische Organisation der Telekommunikati-on von nationalen Monopolen geprägt, die jeweils ein Land mit Diensten versorgten,so ergibt sich in einem liberalisierten Umfeld für Anbieter auch die Möglichkeit, inausländischen Märkte einzutreten - Telekommunikationsdienste werden so zu einerhandelbaren Dienstleistung. Im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO sind Te-lekommunikationsdienste daher auch in das Dienstleistungsabkommen GATS auf-genommen worden. Insgesamt haben sich 72 Länder verpflichtet, ihre Ländermärktefür andere nationale und internationale Anbieter zu öffnen.

JEL Classification: F13, F14

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III

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ..................................................................................................... 1

2 DIENSTLEISTUNGEN IN DER WELTHANDELSORDNUNG - DASGENERAL AGREEMENT ON TRADE IN SERVICES (GATS) ......................... 2

2.1 Entstehung..................................................................................................2

2.2 Aufbau und wesentliche Bestimmungen.....................................................42.2.1.1 Rahmenabkommen ...........................................................62.2.1.2 Länderlisten.......................................................................92.2.1.3 Anlagen ...........................................................................12

2.3 Beurteilung................................................................................................12

3 DIE EINBINDUNG VON TELEKOMMUNIKATIONSDIENSTEN IN DASGATS ............................................................................................................... 15

3.1 Verhandlungsgegenstand und Marktöffnung ............................................15

3.2 Die Anlage zur Telekommunikation ..........................................................18

3.3 Das Abkommen über Telekommunikationsbasisdienste ..........................21

4 IMPLIKATIONEN FÜR DEN GLOBALENTELEKOMMUNIKATIONSMARKT UND DIE WTO ........................................ 26

4.1 Umfang der Marktöffnungen .....................................................................264.1.1 Diensteberücksichtigung und Beteiligungsmöglichkeiten...............261.1.1 Regulierungsvorgaben ...................................................................39

1.1.1.1 Ausgestaltung..................................................................391.1.1.2 Beurteilung ......................................................................44

4.1.2 Verbleibende Problemfelder...........................................................46

4.2 Perspektiven für die WTO und das GATS ................................................494.2.1 Die Rolle der WTO im Liberalisierungsprozeß ...............................494.2.2 Konsequenzen für andere Dienstleistungsbereiche .......................52

5 RESÜMEE UND PERSPEKTIVEN .................................................................. 54

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IV

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau und Elemente des GATS..................................................... 5

Abbildung 2: Beispiel für spezifische Verpflichtungen in einer standardi-sierten Länderliste ......................................................................... 10

Abbildung 3: Berücksichtigung verschiedener Dienste in den Länderlisten........ 25

Abbildung 4: Am WTO-Abkommen beteiligte Länder ......................................... 28

Abbildung 5: Marktanteil der an den WTO-Verhandlungen teilnehmendenLänder, 1996 ................................................................................. 29

Tabelle 1: Basis- und Mehrwertdienste - Verhandlungsgegenstand beider GATS Einbindung.................................................................... 17

Tabelle 2: Umsatz und Weltmarktanteil der Unterzeichner- und Nicht-Unterzeichnerländer, 1996 ............................................................ 27

Tabelle 3: Europa: Zusammenfassung der Marktöffnungen........................... 30

Tabelle 4: Amerika: Zusammenfassung der Marktöffnungen ......................... 31

Tabelle 5: Afrika und Naher Osten: Zusammenfassung der Marktöffnun-gen................................................................................................. 32

Tabelle 6: Asien und Australien: Zusammenfassung der Marktöffnungen ..... 33

Tabelle 7: Vollständig freie oder nur einzelne Ausnahmebereiche betref-fende Investitionsbedingungen ...................................................... 35

Tabelle 8: Beschränkungen ausländischer Beteiligungen .............................. 36

Tabelle 9: Marktöffnung und ausländische Beteiligungsmöglichkeiten........... 37

Tabelle 10: Übersicht: Regulierungsvorgaben durch das „Reference Pa-per“ ................................................................................................ 40

Tabelle 11: Akzeptanz des „Reference Paper“................................................. 42

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V

Abkürzungsverzeichnis

ECO : Effective Competitive Opportunities (Test)GATS : General Agreement on Trade in ServicesGATT : General Agreement on Tariffs and TradeGBT : Group on Basic TelecommunicationsGMPCS : Global Mobile Personal Communications by SatelliteITU : International Telecommunication UnionNAFTA : North American Free Trade AgreementNGBT : Negotiating Group on Basis TelecommunicationsTRIPs : Trade-Related Aspects of Intellectual Property RightsWTO : World Trade Organisation

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 1

1 Einleitung

Entsprechend der gewachsenen Bedeutung von internationalen Dienstleistungs-transaktionen und der damit zunehmenden Relevanz des Dienstleistungsprotektio-nismus fanden mit den Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels im Rah-men der Uruguay-Runde erstmals auch Dienstleistungen in einem Handelsabkom-men Berücksichtigung. Als Ergebnis der Welthandelsrunde trat 1994 das GATS (Ge-neral Agreement on Trade in Services) als eigenständiges Dienstleistungsabkommenneben das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), das sich weiterhin aufden Warenhandel beschränkt. Allerdings brachte die Uruguay-Runde noch keineweitreichenden Liberalisierungsimpulse für die grenzüberschreitende Dienstlei-stungserbringung. Vielmehr wurden während der Uruguay-Runde wichtige und be-sonders umstrittene Dienstleistungsbereiche ausgeklammert und auf zukünftigesektorale Verhandlungen vertagt, um so zumindest ein Rahmenabkommen über denDienstleistungshandel abschließen zu können.

Ein wichtiger während der Uruguay-Runde ausgeklammerter Bereich waren dieTelekommunikationsbasisdienste. Nationale Monopolrechte sind trotz der in einzel-nen Ländern unternommenen Liberalisierungsschritte das entscheidende Instrumentzur Unterbindung eines Diensteangebotes durch ausländische Telekommunikations-unternehmen. Bei der Einbindung von Telekommunikationsbasisdiensten in dieWelthandelsordnung kommt daher der WTO (World Trade Organisation) als institu-tioneller Rahmenorganisation zur Verwaltung und Weiterentwicklung der Handelsab-kommen die Aufgabe zu, die nationalen Monopolrechte aufzubrechen und die Vor-aussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu schaffen. Dies stellt für dieWTO ein neues, verändertes Aufgabenfeld dar: Handelsliberalisierung in der Tele-kommunikation bedeutet nicht wie im Warenhandel primär die Rückführung einzelnerdiskriminierender Instrumente für ausländische Anbieter, sondern beinhaltet zunächstdie Schaffung von Wettbewerb in einem bisher monopolistisch organisierten Bereich.

Die Verhandlungen über die Öffnung des Welttelekommunikationsmarktes erwie-sen sich als außerordentlich konfliktreich und schwierig. Ein gemeinsames Ergebniskonnte erst nach fast dreijähriger Verhandlungsdauer am 15. Februar 1997 erreichtwerden - davor verstrichen zwei Fristen, ohne daß man die Verhandlungen zu einemEnde bringen konnte. Zunächst erfolgte eine Ausklammerung der Telekommunikati-onsbasisdienste aus den Verhandlungen während der Uruguay-Runde. Auch die an-schließenden Folgeverhandlungen konnten nicht innerhalb des vorgesehenenZeitrahmens beendet werden und mußten, um ein endgültiges Scheitern zu verhin-dern, im April 1996 um weitere zehn Monate verlängert werden. UnterschiedlicheAuffassungen über das Liberalisierungstempo und die eingeschlossenen Dienstesorgten immer wieder für Konfliktpotential. Vor dem Hintergrund dieses strittigenVerlaufes ist es um so erstaunlicher, daß dennoch ein Abkommen erreicht werden

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2 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

konnte, das schließlich von 72 Ländern unterzeichnet wurde und am 5. Februar 1998in Kraft trat. Von der Einbindung der Telekommunikationsbasisdienste in das GATSwerden weitreichende Impulse für eine weitere Liberalisierung und Deregulierung desTelekommunikationsmarktes erwartet.

Der vorliegende Beitrag stellt zunächst die Berücksichtigung von Dienstleistungeninnerhalb der Welthandelsorganisation dar. Darauf aufbauend wird anhand des Tele-kommunikationssektors verdeutlicht, wie ein Dienstleistungssektor in das GATS ein-gebunden wird. Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung und Beurteilungdes WTO-Telekommunikationsabkommens.1

2 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung -Das General Agreement on Trade in Services (GATS)

2.1 Entstehung

Die Liberalisierung der internationalen Dienstleistungserbringung im Rahmen derWTO vollzieht sich durch die Einbindung einzelner Dienstleistungssektoren in dasRahmenabkommen über den Dienstleistungshandel GATS. Eine Beurteilung derMarktöffnung in einem bestimmten Dienstleistungssektor - wie sie für Telekommuni-kationsdienste erfolgen soll - ist ohne die Kenntnis des Liberalisierungsmechanismusinnerhalb des GATS nicht möglich. Daher werden zunächst die Entstehung desGATS und seine wesentlichen Bestimmungen dargestellt.

Mit der Unterzeichnung der Schlußakte auf der Konferenz von Marrakesch endeteam 15. April 1994 die Uruguay-Runde,2 die achte Verhandlungsrunde zur Liberalisie-rung des Welthandels. Neben der Gründung der Welthandelsorganisation WTO3 istdie Schaffung eines eigenständigen Abkommens für den Dienstleistungshandel -dem GATS - ein wesentliches Ergebnis der Verhandlungen.4 Das GATT als Han-

1 Eine über diesen Beitrag hinausgehende Darstellung des globalen Telekommunikationsmarktes

und des internationalen Handels mit Telekommunikationsdiensten findet sich in LANGENFURTH, M.(2000).

2 Die Uruguay-Runde begann im September 1986 und ist benannt nach dem Land, in dem diekonstituierende Sitzung stattfand (Punta del Este, Uruguay). Die Verhandlungen innerhalb derUruguay-Runde wurden am 15.12.1993 abgeschlossen.

3 Bis zur Uruguay-Runde bestand die Basis für Handelsliberalisierungen lediglich in dem völker-rechtlichen GATT-Abkommen. Da das GATT jedoch nicht ratifiziert wurde, ist es auch als völker-rechtlicher Vertrag nicht in Kraft getreten. Seine Verbindlichkeit ergab sich für die Gründungsmit-glieder lediglich aus dem am 30.10.1947 unterzeichneten „Protokoll über die vorläufige Anwen-dung“ des GATT und aus den Beitrittsprotokollen der späteren Mitglieder. Die Ergebnisse derVerhandlungen konnten nicht eingeklagt werden, und es gab keine Organisation, die die Einhal-tung von Vereinbarungen überwachte, im Falle von Konflikten zur Lösung beitrug oder Sankti-onsmechanismen bereithielt. Vgl. FRENKEL, M. UND RADECK, K. (1996), S. 39, und GREWLICH, K.W. (1997), S.176.Zur Entwicklung vom GATT zur WTO siehe z. B. SENTI, R. (1994a), SUNTUM, U. VAN (1994),SENTI, R. (1997) oder TUCHTFELD, E. (1997), S. 15-38.

4 Der Vorteil dieser Organisationsstruktur ist die Möglichkeit eines „Single Package“-Ansatzes, die

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delsabkommen für den Warenverkehr berücksichtigte keine Dienstleistungen. Erstmit der Verabschiedung des GATS gelingt erstmals die Integration von Dienstleistun-gen in die Welthandelsordnung. Das Dienstleistungsabkommen tritt neben das be-stehende GATT einschließlich seiner Ergänzungen während der Uruguay-Runde unddas ebenfalls neu aufgenommene Abkommen über geistige Eigentumsrechte TRIPs(Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) und bildet zusammen mit die-sen einen der drei Pfeiler der Welthandelsorganisation.5 Die WTO umschließt als Or-ganisationsrahmen diese Abkommen, ist für ihre Verwaltung zuständig und dient alsForum für zukünftige Verhandlungsrunden. Weitere Aufgaben der WTO sind die Be-treuung des Streitschlichtungsverfahrens und des Mechanismus zur Überprüfung derHandelspolitiken der Mitgliedsstaaten.6

Den Anstoß für Überlegungen zur Schaffung eines Handelsabkommens über deninternationalen Dienstleistungsverkehr bildete ein Initiativpapier der USA, das 1982dem GATT vorgelegt wurde und die Bedeutung internationaler Dienstleistungstrans-aktionen hervorhob sowie deren stärkere Liberalisierung forderte. In den USA sahman eine Verschiebung der eigenen komparativen Vorteile vom klassischen Waren-handel hin zu modernen, kapitalintensiven Dienstleistungen und daher die Notwen-digkeit, die Exportmöglichkeiten für diese Dienstleistungen zu verbessern. Insbeson-dere amerikanische Finanzdienstleister hatten ein Interesse daran, ihre Niederlas-sungsbedingungen im Ausland zu verbessern.7

Mehrheitlich Entwicklungsländer widersetzten sich zunächst einer Aufnahme vonVerhandlungen über eine Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs. Sie sahen vorallem Industrieländer als Nutznießer und befürchteten, daß sich der Schwerpunkt derLiberalisierungsbemühungen von Waren zu Dienstleistungen verschieben könnte.Schließlich könnte es so zu einer dualistischen Spezialisierungsstruktur kommen, beider sich Industrieländer hauptsächlich auf den Export von Dienstleistungen und Ent-wicklungsländer auf den Warenexport konzentrieren. Entwicklungsländer sahen ein-zelne ihrer Dienstleistungsbranchen noch in der Aufbauphase und strebten eine Ab-schirmung vor ausländischen Konkurrenten an (Infant-Industry-Argument).8

Mitgliedschaft in der WTO impliziert dann automatisch die Übernahme aller Abkommen der Uru-guay-Runde. Vgl. HAUSER, H. UND SCHANZ, K.-U. (1995), S. 56.Die Ergebnisse der Uruguay-Runde finden sich ausführlich bei HAUSER, H. UND SCHANZ, K.-U.(1995) und in einer zusammenfassenden Darstellung z. B. bei SENTI, R. (1994b), S. 301-314,BLANKART, F. A. (1994), S. 17-29, oder FRENKEL, M. UND RADECK, K. (1996), S. 13-43.

5 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 24, und KNAPP, U. (1994), S. 5.6 Vgl. HAUSER, H. UND SCHANZ, K.-U. (1995), S. 56-57.7 Vgl. SAPHIR, A. UND WINTER, C. (1994), S. 294, und MESSERLIN, P. A. (1993), S. 154. MARCONINI,

M. (1990), S. 19-20, faßt die Diskussion um die Behandlung vom Dienstleistungen im Vorfeld derUruguay-Runde zusammen. Zu den Motiven der USA siehe BALLASSA, B. (1990), S. 125-131.

8 Vgl. MESSERLIN, P. A. (1993), S. 156, SAPHIR, A. UND WINTER, C. (1994), S. 194, HAUSER, H. UNDSCHANZ, K.-U. (1995), S. 194, und BRAGA, C. A. P. (1996), S. 56.

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4 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Den Befürchtungen der Entwicklungsländer ist entgegenzuhalten, daß gerade eineSpezialisierung gemäß den komparativen Vorteilen eines Landes die Versorgung mitWaren und Dienstleistungen in allen am Außenhandel beteiligten Ländern insgesamtverbessert. Darüber hinaus ist eine generelle Spezialisierung der Industrieländer aufDienstleistungen nicht zu erwarten, da Entwicklungsländer bei arbeitsintensivenDienstleistungen, die über eine Distanz gehandelt werden können, durchaus auchüber komparative Vorteile verfügen. Die Liberalisierung des Dienstleistungshandelsist auch für die Länder von Vorteil, die dann verstärkt Dienstleistungen importierenwerden, denn Dienstleistungen bilden häufig die Voraussetzung für ökonomischeAktivitäten in anderen Bereichen oder gehen als Vorprodukte in die Herstellung an-derer Waren ein.9 Telekommunikationsdienstleistungen sind hierfür ein herausragen-des Beispiel. Eine moderne Kommunikationsinfrastruktur unterstützt den klassischenWarenhandel und eröffnet vielfältige neue Handelsmöglichkeiten auch für Entwick-lungsländer. Da in diesen Ländern häufig das Kapital und Wissen fehlt, um solcheNetze aufzubauen, ist ein ausländisches Engagement hierbei zwingend erforderlich.

Mit Beginn der Uruguay-Runde einigte man sich schließlich auf den Kompromiß,Verhandlungen über Dienstleistungen aufzunehmen, diese jedoch getrennt vom Wa-renhandel in einer eigenen Verhandlungsgruppe zu führen. Damit sollte den Be-fürchtungen der Entwicklungsländer entsprechend ein Aufrechnen von Zugeständ-nissen im Waren- und Dienstleistungsbereich verhindert werden.10 Während der Ver-handlungen kam der Definition und Abgrenzung internationaler Dienstleistungstrans-aktionen besondere Bedeutung zu. Eine Beschränkung des Verhandlungsgegen-standes auf den reinen grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr hätte zur Fol-ge gehabt, daß die für die Erbringung von Kontaktdienstleistungen notwendige un-gehinderte Faktorwanderung über Grenzen hinweg nicht von einem Abkommen ab-gedeckt wäre. Daneben wurde versucht, möglichst viele der Kernprinzipien desGATT - wie z. B. die Meistbegünstigung oder die Inländerbehandlung - auf denDienstleistungsbereich zu übertragen.

2.2 Aufbau und wesentliche Bestimmungen

Das GATS setzt sich aus drei Elementen (Abbildung 1) zusammen:

• Einem sechsteiligen Rahmenabkommen mit 29 Artikeln, dessen wichtigste Teiledie allgemeinen Prinzipien (Teil II), die spezifischen Verpflichtungen (Teil III) unddie Vorgabe einer fortschreitenden Liberalisierung (Teil IV) sind.

9 Vgl. SAPHIR, A. UND WINTER, C. (1994), S. 294-295.10 Vgl. MARCONINI, M. (1990), S. 19-20, und HOEKMAN, B. M. UND KOSTECKI, M. M. (1995), S. 138.

SAPHIR, A. UND WINTER, C. (1994), S. 293-294, weisen darauf hin, daß besonders die EU auf die-sen Kompromiß und die Einbindung von Dienstleistungen in Verhandlungen hingewirkt hat.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 5

• Den Länderlisten der Mitgliedsländer mit länderspezifischen Verpflichtungen zubestimmten Dienstleistungen und Dienstleistungssektoren.

• Acht Anlagen (Ausnahmebereichen von der Meistbegünstigung, grenzüberschrei-tender Bewegung natürlicher Personen, Finanzdienstleistungen (zwei Anlagen),Lufttransportdienste, Telekommunikation, Verhandlungen über Telekommunikati-onsbasisdienste, Verhandlungen über Seetransporte). 11

Abbildung 1: Aufbau und Elemente des GATS

Teil I Geltungsbereich und BegriffsbestimmungArt. I Geltungsbereich und BegriffsbestimmungTeil II Allgemeine Pflichten und DisziplinenArt. II MeistbegünstigungArt. III TransparenzArt. IIIbis Offenlegung vertraulicher InformationenArt. IV Zunehmende Beteiligung der EntwicklungsländerArt. V Wirtschaftliche IntegrationArt. Vbis Übereinkünfte über integrierte ArbeitsmärkteArt. VI Innerstaatliche Regelung Art. VII Anerkennung Art. VIII Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschließlichen RechtenArt. IX GeschäftspraktikenArt. X NotstandsmaßnahmenArt. XI Zahlungen und ÜbertragungenArt. XII Beschränkungen zum Schutz der ZahlungsbilanzArt. XIII Öffentliches BeschaffungswesenArt. XIV Allgemeine AusnahmenArt. XIVbis Ausnahmen zur Wahrung der SicherheitArt. XV SubventionenTeil III Spezifische VerpflichtungenArt. XVI MarktzugangArt. XVII InländerbehandlungArt. XVIII Zusätzliche VereinbarungenTeil IV Fortschreitende LiberalisierungArt. XIX Aushandeln spezifischer VerpflichtungenArt. XX Listen spezifischer VerpflichtungenArt. XXI Änderung der ListenTeil V Institutionelle BestimmungenArt. XXII KonsultationenArt. XXIII Streitbeilegung und DurchsetzungArt. XXIV Rat für den Handel mit DienstleistungenArt. XXV Technische ZusammenarbeitArt. XXVI Beziehungen zu anderen internationalen OrganisationenTeil VI SchlußbestimmungArt. XXVII Entzug von HandelsvorteilenArt. XXVIII BegriffsbestimmungenArt. XXIX Anlagen

LänderlistenNationale Konkretisierung des

Marktzugangs, der Inländerbehandlungund evtl. zusätzlicher Vereinbarungen

durch individuelle Länderlisten

AnlagenInsgesamt acht Anlagen:

Ausnahmen von Artikel IIgrenzüberschreitender Verkehrnatürlicher PersonenLuftverkehrsdienstleistungenFinanzdienstleistungen (zwei Anlagen)Verhandlungen überSeeverkehrsdienstleistungenTelekommunikationVerhandlungen überBasistelekommunikationsdienste

Rahmenabkommen

11 Zusätzlich sind mit Abschluß der Uruguay-Runde noch acht Ministerentscheidungen und eine

Verständigung über Finanzdienstleistungen verabschiedet worden. Vgl. KNAPP, U. (1994), S. 5.Der vollständige von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Vertragstext des GATS incl. derAnlagen und der gemeinsamen EU-Länderliste findet sich in: DEUTSCHER BUNDESTAG (1994),S. 212-298. Der Text des GATS ist ebenfalls abgedruckt in WERNER, W. (1999), S. 115-140.

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6 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Bevor die einzelnen Elemente des GATS nachfolgend dargestellt werden, gibt dieAbbildung 1 eine Gesamtübersicht der Grundelemente des GATS und ihres Zusam-menwirkens.

2.2.1.1 Rahmenabkommen

Das Rahmenabkommen ist in sechs Teile gegliedert. Teil I des GATS definiert denGeltungsbereich des Abkommens. Der Geltungsbereich des Abkommens umfaßt alleDienstleistungen, ohne einzelne Sektoren generell auszuklammern.12 Allerdings dür-fen die Unterzeichnerländer die Dienstleistungserbringung durch staatliche Unter-nehmen nach eigenem Ermessen regeln. Damit können Staatsmonopole vom Libe-ralisierungsprozeß des GATS ausgeklammert werden.13 Werden Dienstleistungen ineinem anderen Land angeboten, so gelten als Erbringungsarten im Sinne des GATS(Art. I.2):

• Grenzüberschreitendes Angebot (cross-border supply): Erbringung einerDienstleistung aus einem Land über eine Ländergrenze hinweg für einen Nachfra-ger in einem anderen Land.

• Nachfragerbewegung (consumption abroad): Der Nachfrager bewegt sich in einanderes Land und konsumiert eine Dienstleistung in diesem Land.

• Niederlassung (commercial presence): Ausländische Dienstleistungsanbieterbauen und betreiben eine Niederlassung außerhalb ihres Heimatlandes.

• Anwesenheit natürlicher Personen (presence of natural persons): Die persönli-che Bewegung des Anbieters in ein anderes Land zur Dienstleistungserbringung.

Innerhalb des Rahmenabkommens unterscheidet das GATS allgemeine (Teil II)und spezifische Verpflichtungen (Teil III). Die allgemeinen Verpflichtungen geltengenerell für alle Dienstleistungen. Sie machen keine konkreten Zugeständnisse überMarktöffnungen in einzelnen Dienstleistungssektoren. Die wichtigste Bestimmung14

der allgemeinen Prinzipien des GATS ist - analog zum GATT - die Meistbegünsti-gungspflicht (most-favored-nation clause, Art. II). Danach müssen Handelsvergünsti-gungen, die ein Mitgliedsland einem anderen Land gewährt, sofort und ohne Ein-schränkung auch allen anderen Mitgliedsländern gewährt werden, unabhängig vonder WTO-Mitgliedschaft des begünstigten Landes.

Die Meistbegünstigungspflicht ist ein Kernelement der Welthandelsordnung, dennsie überführt bilaterale Vereinbarungen in multilaterale Gültigkeit. Die Meistbegünsti-gungspflicht alleine führt jedoch noch nicht zu einem Abbau restriktiver Marktzu-

12 Vgl. KNAPP, U. (1994), S. 6.13 Vgl. GREWLICH, K. W. (1997), S. 179. Dies wird vor allem als ein Zugeständnis an wirtschaftlich

schwache Staaten gewertet. Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 8.14 Bei der Darstellung des Rahmenabkommens wird eine Auswahl gemäß der Bedeutung einzelner

Artikel getroffen.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 7

gangsbedingungen. Sie verhindert nur unabhängig vom Offenheitsgrad eines Sek-tors eine Diskriminierung zwischen verschiedenen ausländischen Anbietern bei de-ren Grenzübertritt.15 Zusammen mit der noch folgenden Inländerbehandlung(Art. XVII), die darauf abzielt, ausländische nicht schlechter als inländische Anbieterinnerhalb eines Landes zu behandeln, bildet die Meistbegünstigung so den auf dieNichtdiskriminierung ausländischer Anbieter untereinander und damit nach außengerichteten Teil des auch im GATT zur Anwendung kommenden Nichtdiskriminie-rungsgebots.

Allerdings besteht die Möglichkeit, die Gültigkeit der Meistbegünstigung einzu-schränken. Neben den im Vertrag aufgeführten Ausnahmebereichen, die sektorüber-greifende Gültigkeit besitzen,16 können im Anhang zu Art. II sektorale Ausnahmebe-reiche, die eine zeitlich befristete Aufhebung der Meistbegünstigungspflicht bewirken,in Negativlisten definiert werden. Der Handel mit und die Bereitstellung von Tele-kommunikationsnetzen und -diensten z. B. waren gemäß der Anlage zu Verhandlun-gen über Telekommunikationsbasisdienste bis zum Abschluß der Verhandlungen vonder Meistbegünstigungsklausel ausgenommen.17

Mit der Definition von Ausnahmebereichen über Negativlisten kommt die Meistbe-günstigung grundsätzlich zur Anwendung und wird nur für die aufgeführten Bereichetemporär aufgehoben - diese Vorgehensweise unterscheidet sich vom Anwen-dungsfall der spezifischen Verpflichtungen, die nur für die in den Positivlisten aufge-nommenen Bereiche gelten. Ausnahmen von der Meistbegünstigungspflicht sind aufzehn Jahre befristet, können jedoch verlängert werden.18 Die Definition von Ausnah-mebereichen von der Meistbegünstigung verhindert, daß Anbieter aus Ländern, dienicht bereit waren, einen Dienstleistungssektor zu öffnen, von der Liberalisierungdieses Dienstleistungssektors in anderen Ländern profitieren. Damit wird die Durch-setzung einer strengen sektoralen Reziprozität begünstigt.19

Da der nationale Regulierungsrahmen und bestehende Monopolstrukturen geradefür Dienstleistungen ein wichtiges Handelshemmnis darstellen, finden sich im GATSallgemeine Verpflichtungen zu nationalen Regulierungen (Art. VI), monopolistischenDiensteanbietern (Art. VIII) und Geschäftspraktiken (Art. IX). Gemeinsames Ziel die-ser drei Artikel ist es, für den Handel mit Dienstleistungen einen diskriminierungsfrei-

15 Vgl. GREWLICH, K. W. (1997), S. 182.16 Die vertraglichen Ausnahmebereiche sind: Integrationsräume (Art. V), Anerkennung ausländi-

scher Qualitätsanforderungen (Art. VII), öffentliches Beschaffungswesen (Art. XIII) und Maßnah-men in Notsituationen (Art. XVI und Art. XVIbis). Vgl. zur Meistbegünstigungspflicht und den Aus-nahmebereichen GREWLICH, K. W. (1997), S. 182-185.

17 Vgl. ANNEX ON NEGOTIATIONS ON BASIC TELECOMMUNICATIONS, Art. I. Auch PIPE. R. (1994), S. 4,oder FREDEBEUL-KREIN, M. UND FREYTAG, A. (1997), S. 10.

18 Ausnahmen mit einer Frist von über fünf Jahren müssen vom Dienstleistungsrat der WTO peri-odisch auf ihre Notwendigkeit überprüft werden. SENTI, R. (1994b), S. 14.

19 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 7.

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8 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

en Rahmen zu schaffen. Um dies zu erreichen, sollen innerstaatliche Regulierungenangemessen, objektiv und unparteiisch verfaßt sein.20 Auch bestehende Monopol-stellungen in einem Markt dürfen von den Alleinanbietern nicht dazu mißbraucht wer-den, den Wettbewerb und damit den Dienstleistungshandel im Rahmen der Zuge-ständnisse eines Landes zu behindern (Art. VIII und Art. XI). Für den Telekommuni-kationssektor mit seiner langen Regulierungstradition und festen Monopolstrukturensind diese Bestimmungen allerdings zu allgemein und unverbindlich formuliert, umeinen freien Marktzugang zu garantieren. In der Anlage zur Telekommunikation wer-den daher die Rechte von Telekommunikationsbenutzern und -regulierern noch wei-ter konkretisiert.21

Die allgemeinen Verpflichtungen bewirken alleine noch keine Liberalisierung ein-zelner Dienstleistungsbereiche. Es handelt sich vielmehr um grundsätzliche Prinzipi-en für die Behandlung grenzüberschreitender Dienstleistungsaktivitäten in einemLand. Die Marktöffnung eines einzelnen Dienstleistungssektors ergibt sich erst durchdie spezifischen Verpflichtungen des GATS (Teil III) in Zusammenwirken mit denLänderlisten. Die Artikel zum Marktzugang (Art. XVI) und zur Inländerbehandlung(Art. XVII) sind spezifische Verpflichtungen innerhalb des GATS.

Spezifische Verpflichtungen kommen nur für die in den Länderlisten aufgeführtenBereiche zur Anwendung.22 Mit der Einführung spezifischer Verpflichtungen und derAufnahme von Marktöffnungszugeständnissen über Länderlisten unterscheidet sichdas Dienstleistungsabkommen grundlegend vom Liberalisierungsprinzip des GATT,das spezielle Marktzugangsverpflichtungen nicht kennt. Während innerhalb desGATT der freie Marktzugang generell gilt und nur die Ausnahmen in Länderlisten -als Negativlisten - aufgeführt werden, sieht das GATS erst für die Dienstleistungenfreien Marktzugang und eine Inländerbehandlung vor, wenn von den einzelnen Län-dern diese Dienstleistungen in ihre Länderlisten - als Positivlisten - aufgenommenwurden und keine Begrenzungen festgelegt sind.23

Die Inländerbehandlung (Art. XVII) sieht bei Aufnahme eines Sektors in die Län-derliste vor, daß ausländische Dienstleistungsanbieter nicht schlechter behandeltwerden dürfen als inländische Anbieter, es sei denn, in den Länderlisten sind Aus-nahmebereiche definiert. In einzelnen Fällen kann die formelle (de jure) Gleichbe-handlung ausländischer und inländischer Anbieter zu einer faktischen Benachteili-gung des ausländischen Anbieters führen. Die Inländerbehandlung ist daher als eine

20 Vgl. Art. VI, Abs. 1.21 Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 91.22 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 8, und BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 14.23 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 18, PIPE, R. (1994), S. 15, HOEKMAN, B. M. (1995), S. 6, und

GREWLICH, K. W. (1997), S. 189.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 9

de facto Gleichbehandlung zu verstehen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen fürIn- und Ausländer schafft.24

Marktzugang und Inländerbehandlung sind sich ergänzende Bestimmungen. Ver-pflichtungen zum Marktzugang sollen den Eintritt eines ausländischen Anbieters -unabhängig von der Position des inländischen Anbieters - in einen Markt ermögli-chen. Die Inländerbehandlung soll sicherstellen, daß ein ausländischer Anbieter nachseinem Markteintritt nicht gegenüber dem inländischen Anbieter innerhalb einesMarktes benachteiligt wird.25

Neben den Marktzugangs- und Inländerverpflichtungen haben die Mitgliedsländerin den Länderlisten die Möglichkeit, zusätzliche Verpflichtungen, die den Handel mitDienstleistungen beeinträchtigen, wie z. B. Qualifikations-, Norm- oder Zulassungs-fragen, auszuhandeln.

Um eine kontinuierliche Erweiterung der Länderlisten zu gewährleisten, schreibtdas GATS in Teil IV mit den Vorgaben für eine progressive Liberalisierung eineWeiterführung des Liberalisierungsprozesses fest. Spätestens fünf Jahre nach In-krafttreten des WTO-Übereinkommens soll eine neue Verhandlungsrunde beginnen(Art. XIX).

2.2.1.2 Länderlisten

Wie angeführt kommt den Länderlisten zentrale Bedeutung bei der Marktöffnungim Dienstleistungsbereich zu. In den Länderlisten identifiziert jedes Land, welche Be-dingungen beim Marktzugang und bei der Inländerbehandlung gelten sollen und wel-che Ausnahmeregelungen vorliegen. Ein offener Marktzugang und die Inländerbe-handlung gelten nur, wenn ein Land in seiner Liste dies für die entsprechendeDienstleistung zugestanden hat. Durch die Angabe qualitativer und zeitlicher Ein-schränkungen des Marktzugangs und der Inländerbehandlung für einzelne Dienstlei-stungen und deren Erbringungsarten, besteht die Möglichkeit, die Marktöffnungszu-geständnisse für einzelne Dienstleistungen detailliert auszugestalten - ein Land kannso sehr genau auswählen, welche Dienstleistung es für welche Erbringungsart inwelchem Umfang liberalisiert.26 Entsprechend den verschiedenen Zollsätzen für ein-zelne Waren im GATT können so dienstleistungsspezifische Zugeständnisse verein-

24 Ein Beispiel aus der Telekommunikation für eine Gleichbehandlung, die ausländische Anbieter

benachteiligt, wäre die Verpflichtung zu einem flächendeckenden Angebot als Voraussetzung füreinen Markteintritt. Der inländische Anbieter mit einem bestehenden Netz wäre hier gegenüberdem ausländischen Anbieter bevorzugt. Vgl. auch die Beispiele bei BRONKERS, M. C. E. J. UNDLAROUCHE, P. (1997), S. 16.

25 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 16.26 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 31.

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10 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

bart werden.27 Die spezifischen Verpflichtungen in Länderlisten wirken wie eine Zoll-bindung im Warenhandel für ein bestimmtes Gut, sie geben den Anbietern aus ande-ren Ländern eine Garantie, daß sich die Marktzugangsbedingungen nicht zu ihremNachteil verändern werden.

In den Länderlisten wird nach horizontalen und sektoralen Verpflichtungen unter-schieden. Horizontale Verpflichtungen gelten für alle Sektoren, die in die Länderlistenaufgenommen wurden, sektorale Verpflichtungen werden für bestimmte Dienstlei-stungssektoren oder -subsektoren - etwa Finanz- oder Kommunikationsdienstleistun-gen - eingegangen. Während der Uruguay-Runde diente eine Klassifikation ver-schiedener Dienstleistungssektoren und Dienste als Richtlinie für die Dienstleistun-gen, die in Länderlisten aufgenommen werden können.28 Für horizontale und sekto-rale Verpflichtungen ist jeweils anzugeben, inwieweit Beschränkungen des Marktzu-gangs und der Inländerbehandlung bestehen.

Abbildung 2: Beispiel für spezifische Verpflichtungenin einer standardisierten Länderliste

(1) Grenzüberschreitendes Angebot, (2) Nachfragerbewegung (3) Niederlassung (4) Anwesenheit natürlicher Personen

Sektor oderTeilsektor

Beschränkungen desMarktzugangs

Beschränkungen derInländerbehandlung

ZusätzlicheVereinbarungen

Horizontale Vereinbarungen(1) (1)(2) (2)(3) (3)(4) (4)

Sektorale VereinbarungenSektor 1

Dienst A (1) (1)(2) (2)(3) (3)(4) (4)

Dienst B (1) (1)(2) (2)(3) (3)(4) (4)

Sektor 2usw.

27 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 2828 Dabei fand eine Orientierung an der Central Product Classification der UNO statt. Lediglich die

Bereiche Kommunikations- und Finanzdienstleistungen wurden in Abweichung von dieser Klassi-fikation weiter unterteilt. Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 12. Dort (S. 37-40) findet sich auch eineÜbersicht dieser Klassifikation.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 11

Die Einschränkungen des Marktzugangs und der Inländerbehandlung sind unter-teilt nach den vier Erbringungsarten - grenzüberschreitendes Angebot, Nachfrager-bewegung, Aufbau einer Niederlassung und Anwesenheit natürlicher Personen -aufgeführt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, zusätzliche horizontale odersektorale Verpflichtungen in eine Länderliste aufzunehmen. In den Länderlisten kön-nen temporale Einschränkungen durch die Angabe eines Zeitrahmens für dieDurchführung der Verpflichtungen oder für den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ange-geben werden. Die Angabe spezifischer Verpflichtungen, unterteilt nach demMarktzugang, der Inländerbehandlung und nach den vier Erbringungsarten sowienach zusätzlichen Vereinbarungen, kann dabei gesondert für einzelne Untergruppeneines Sektors erfolgen.29

Die Abbildung 2 ist ein Beispiel für den Aufbau einer standardisierten Länderlistemit spezifischen Verpflichtungen. Die erste Spalte enthält den Sektor oder den spezi-ellen Dienst eines Sektors, für den Verpflichtungen eingegangen werden. In derzweiten Spalte finden sich die Beschränkungen beim Marktzugang, in der drittenSpalte die Beschränkungen der Inländerbehandlung, die für diesen Sektor bestehenbleiben sollen. Diese Spalten sind jeweils horizontal nach den vier Erbringungsartenunterteilt. Die letzte Spalte bietet die Möglichkeit, zusätzliche Verpflichtungen einzu-gehen.

Die vollständige Marktöffnung durch Aufnahme eines Sektors in die Länderlistebedeutet nach dem GATS, daß keine vordefinierten Beschränkungen (Art. XVI.2) zurAnwendung kommen dürfen. Diese Beschränkungen beziehen sich auf:

• die Anzahl der Diensteanbieter

• den Gesamtwert des Dienstleistungsgeschäfts

• die Gesamtzahl der erbrachten Dienstleistungen

• die Personen, die in einem Sektor beschäftigt sind

• die Unternehmensformen, in denen eine Dienstleistung erbracht wird

• die Beteiligung ausländischen Kapitals.

Ist ein Sektor in eine Länderliste aufgenommen, so dürfen diese Beschränkungenallerdings dann noch zur Anwendung kommen, wenn sie für die entsprechende Er-bringungsart als Ausnahmebereich in die Länderliste aufgenommen wurden. Dabeikönnen auch graduelle Begrenzungen dieser Maßnahmen - z. B. eine prozentualeHöchstgrenze der Beteiligung ausländischen Kapitals - angegeben werden. Alle an-deren Einschränkungen, die nicht zu den aufgeführten Kategorien gehören, könnenweiterhin in einem Sektor zur Anwendung kommen, ohne daß sie in die Listen auf-genommen werden - allerdings müssen sie mit den allgemeinen Verpflichtungen desGATS kompatibel sein. Damit entscheidet ein Land zunächst, welche Dienstleistung

29 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 18-20, und HOEKMAN, B. M. (1995), S. 11-13.

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12 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

es aufnehmen will, und anschließend, wie weit die Marktöffnung in diesem Bereichgehen soll.30

Die standardisierte Form, in der mittels Länderlisten Liberalisierungszugeständnis-se eingegangen werden, bietet die notwendige Flexibilität, um auf verschiedenartigeHandelshemmnisse bei Dienstleistungen einzugehen, und ermöglicht gleichzeitig einMindestmaß an Vergleichbarkeit der nationalen Zugeständnisse.

Für die Telekommunikation sind Beschränkungen der Anzahl der Diensteanbieter,wie sie sich aus einem bestehenden Monopol ergeben, und Beteiligungsrestriktionenfür ausländisches Kapital als Erbringungshindernisse von besonderer Bedeutung.Wie der Abschnitt 3.3 (Seite 21) mit der Analyse der Länderlisten zu den Telekom-munikationsbasisdiensten zeigen wird, sind die befristete Aufrechterhaltung einerMonopolstellung und prozentuale Begrenzungen für ausländische Investitionen diewesentlichen Ansatzpunkte zur differenzierten Ausgestaltung der Marktöffnung.

2.2.1.3 Anlagen

Die Anlagen zum GATS bilden eine Ergänzung des Dienstleistungsabkommens.Es gibt thematische Anlagen zur Einreise und dem Aufenthalt von Personal in Ver-bindung mit der Dienstleistungserbringung und zur schon angeführten Ausnahmevon der Meistbegünstigungspflicht und Anlagen mit sektoralen Vereinbarungen zuFinanzdienstleistungen, zur Telekommunikation und zum Lufttransport. Danebenschreiben zwei weitere Anlagen die Aufnahme von Verhandlungen über Telekom-munikationsbasisdienste und dem Seetransportdienst vor. Mit den Anlagen zumGATS wird auf die Besonderheiten einzelner Dienstleistungssektoren eingegangen,für die keine abschließenden Länderlisten verabschiedet werden konnten.

2.3 Beurteilung

Mit dem Dienstleistungsabkommen GATS gelang seiner wachsenden Bedeutungentsprechend die Integration eines Handelsbereichs in die Welthandelsordnung, fürden bis dahin keine gemeinsamen Verhaltensregeln vorlagen. Das Abkommen decktaufgrund seiner weiten Definition sämtliche Dienstleistungsarten ab und erstrecktsich auf alle WTO-Mitgliedsstaaten. Aus dem GATT bekannte, zentrale Liberalisie-rungsprinzipien wie die Meistbegünstigung und die Inländerbehandlung konnten aufden Dienstleistungsbereich übertragen werden. Dabei bietet das GATS jedoch mitder Angabe von länderspezifischen Ausnahmebereichen von der Meistbegünstigungweitergehende Abschwächungsmöglichkeiten als das GATT.31

30 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 18-19, HOEKMAN, B. M. (1995), S. 11, und BRONKERS, M. C. E. J. UND

LAROUCHE, P. (1997), S. 15-16.31 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 26-27, und HAUSER, H. UND SCHANZ, K.-U. (1995), S. 206.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 13

Von weitreichender Bedeutung ist die Aufnahme der Erbringungsarten, die einetemporäre oder dauerhafte Faktorwanderung in das Land des Anbieters oder Nach-fragers beinhalten. Das GATS wählt den Besonderheiten des Dienstleistungshandelsentsprechend eine weite Abgrenzung der erfaßten Erbringungsarten im internatio-nalen Dienstleistungsverkehr und geht über den Handelsbegriff im Warenhandel hin-aus.32 Für Dienstleistungen, die auf Kundennähe angewiesen sind, sind Niederlas-sungs- und Investitionsfreiheit von entscheidender Bedeutung für die Erbringung.Beschränkungen dieser Freiheiten sowie Beeinträchtigungen des unbehindertenPersonenverkehrs können aufgrund dieser Abgrenzung als Handelshemmnisse auf-gefaßt werden. Auch im Warenhandel stellen Investitionsauflagen in verschiedenenAusgestaltungen eine Form des Protektionismus dar. Sie können z. B. die Form vonMindestinlandsauflagen (Local-Content-Vorschriften) oder Exportauflagen, die dieAusfuhr einer bestimmten Warenmenge vorschreiben, annehmen. Im Rahmen derUruguay-Runde gelang keine umfassende Eingliederung handelsrelevanter Investiti-onsauflagen in das GATT, sondern es wurde ein gesondertes Abkommen, dasTRIMs-Abkommen (Trade Related Investment Measures), für den Warenhandel be-treffende Investitionsauflagen vereinbart.33 Das GATS gewährleistet eine Berücksich-tigung handelsrelevanter Investitionsauflagen innerhalb des Abkommens und decktso einen weiteren Bereich von Marktzugangshindernissen ab als das GATT.

Der eigentliche Liberalisierungseffekt für einen bestimmten Dienstleistungssektordes GATS ergibt sich erst aus den nationalen Zugeständnissen in den Länderlisten.Im Liberalisierungsmechanismus mittels Positivlisten unterscheidet sich das GATSgrundlegend vom GATT. Daß während der Uruguay-Runde keine Allgemeingültigkeiteines freien Marktzutritts und der Inländerbehandlung sowie die Angabe von Aus-nahmen in Negativlisten auch für den Dienstleistungsbereich erreicht werden konnte,ist als Nachteil des Dienstleistungsabkommens zu bewerten. Ohne eine umfassendeAufnahme von einzelnen Dienstleistungsbereichen in die nationalen Länderlistenbleibt das GATS ein leeres Rahmenabkommen ohne bedeutenden Einfluß auf eineMarktöffnung. Gerade die Unterteilungsmöglichkeiten innerhalb der Positivlisten er-möglichen es den Ländern, die sich nur für eine begrenzte Liberalisierung entschei-den, ihre Zugeständnisse sehr differenziert auf einen einzelnen Bereich einzuschrän-ken. Aus einer Vorgehensweise, die einen generell freien Marktzutritt mit der Mög-lichkeit, eng begrenzte Ausnahmen in Negativlisten zu definieren, hätte sich ein grö-ßerer Liberalisierungsimpuls ergeben. Insofern begünstigt die Struktur des GATSeher ein Beharren auf dem bestehenden Liberalisierungsniveau und entwickelt einegeringere Liberalisierungsdynamik als das GATT.34

32 Siehe auch GREWLICH, K. W. (1997), S. 179.33 Vgl. zu einer Kurzübersicht FRENKEL, M. UND RADECK, K. (1996), S. 30-33.34 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 9.

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14 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Gleichzeitig liefert das GATS keine ausreichende Transparenz über weiter beste-hende Handelshemmnisse. Da Positivlisten lediglich die zu liberalisierenden Berei-che aufführen, ist anhand ihrer nicht zu erkennen, welche konkreten Hindernisse ineinem nicht liberalisierten Bereich weiterbestehen. Negativlisten, die eine genaueDefinition der Bereiche, die nicht von einer Marktöffnung betroffen sind, erfordern,hätten die Transparenz erhöht und weitergehende Verhandlungen über den Abbauder in diesen Listen aufgeführten Bereiche erleichtert.35

Auch neu entstehende Dienstleistungen finden innerhalb von Positivlisten keineBerücksichtigung. Während bei Negativlisten neue Bereiche automatisch den Prinzi-pien des generell offenen Marktzugangs und der Inländerbehandlung unterstellt wä-ren und erst im Rahmen von Verhandlungen explizit von einer Liberalisierung ausge-schlossen werden müßten, muß bei Positivlisten über die Aufnahme neuer Dienstlei-stungen in das GATS verhandelt werden. Will man zumindest ein bestehendes Libe-ralisierungsniveau beibehalten, so setzt dies gerade in dem von einem starken Wan-del mit dem Entstehen ganz neuer Bereiche geprägten Dienstleistungssektor eineständige Weiterentwicklung durch neue Verhandlungen voraus.36 Die Vorgabe einerprogressiven Liberalisierung in Teil IV des GATS kann als Versuch verstanden wer-den, diese Nachteile von Positivlisten teilweise auszugleichen.

Die Zielrichtung, mit dem GATS zunächst die bestehenden Rahmenbedingungenfür internationale Dienstleistungstransaktionen festzuschreiben, spiegelt sich auch inder mit Abschluß der Uruguay-Runde durch jedes WTO-Mitglied vorgelegten Länder-liste wider. Hier findet sich hauptsächlich die Verpflichtung, keine neuen Marktzu-gangsbeschränkungen einzuführen - die Bereitschaft zu einer umfassendenMarktöffnung bei Dienstleistungen bestand innerhalb der Uruguay-Runde nicht. Diein den Länderlisten getroffenen Vereinbarungen stellen eher eine Konservierung desStatus quo und Festschreibung der Ausgangsbasis bei Marktzugangs- und Inländer-behandlungsverpflichtungen für weitere Verhandlungen als einen eigenständigenLiberalisierungsschritt dar.37 Erst die nach der Uruguay-Runde weitergeführten sekto-ralen Verhandlungen - mit den Telekommunikationsbasisdiensten als wichtigem Be-reich - können das GATS im Hinblick auf konkretere Liberalisierungsschritte ausfüllenund werden zeigen, ob es gelingt, auch bisher nicht berücksichtigte Bereiche in spä-teren Verhandlungsrunden zu integrieren und einen umfassenderen Einfluß desGATS zu erreichen.

35 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 26 und 33.36 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 29, und BRAGA, C. A. P. (1996), S. 37.37 Vgl. SENTI, R. (1994b), S. 18, HOEKMAN, B. M. (1995), S. 1, und GREWLICH, K. W. (1997), S. 181.

Für SENTI, R. (1994b), S. 30, ist das GATS damit auch „ein Vertrag im Werden, nicht ein abge-schlossenes Werk.“

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 15

Die Einbindung eines einzelnen Sektors vollzieht sich im Rahmen des GATS alssektorale Verhandlung. Dies ist teilweise notwendig, um auf die Besonderheiten ei-nes einzelnen Sektors einzugehen. Im Vergleich zum GATT und den sektorüber-greifenden Handelsrunden besteht in sektoralen Verhandlungen eher die Gefahr ei-nes verstärkten Einflusses von Gruppeninteressen.38

Der Liberalisierungsmechanismus über Länderlisten impliziert auch, daß Liberali-sierungsvereinbarungen im Dienstleistungsbereich kein geschlossenes Abkommenmit einem einheitlichen Vertragstext für alle Unterzeichnerländer darstellen, sondernsich das Gesamtabkommen aus den vielfältigen und zum Teil sehr unterschiedlichenZugeständnissen in den Länderlisten zusammensetzt. Während im Warenhandeleine Überführung der Handelsbeschränkungen in tarifäre Handelshemmnisse dieVergleichbarkeit der Zugeständnisse erhöht und den sukzessiven Abbau der Han-delshemmnisse erleichtert, kann eine solche Vorgehensweise aufgrund der Beson-derheiten des Protektionismus im Dienstleistungsbereich nicht gewählt werden. Da-mit fällt eine Darstellung und Beurteilung von Liberalisierungsergebnissen im Dienst-leistungshandel aber auch deutlich schwerer als im Warenhandel. Die Herausarbei-tung der Ergebnisse verlangt eine genaue Beschäftigung mit den einzelnen Länderli-sten. Eine hochaggregierte Verdichtung der Resultate von Handelsrunden, wie sieals durchschnittliche prozentuale Zollsenkungen in der Vergangenheit angegebenwurden, wird jedoch auch dann nicht möglich sein.

Insgesamt ist die grundsätzliche Einbindung von Dienstleistungen in die Welthan-delsordnung positiv zu beurteilen, auch wenn der gewünschte Liberalisierungseffektaufgrund nur unzureichender Länderzugeständnisse noch nicht erreicht werdenkonnte. Damit kommt sektoralen Verhandlungen wie denen zur Telekommunikationbesondere Bedeutung bei der Ausfüllung des Abkommens zu. Ihre Analyse läßt auchRückschlüsse zu, inwieweit der GATS-Mechanismus zu einer grundsätzlichen Libe-ralisierung des Dienstleistungssektors geeignet ist. Auf der Basis des vorgestelltenLiberalisierungsmechanismus innerhalb des GATS untersuchen die folgenden Ab-schnitte die konkrete Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS.

3 Die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS3.1 Verhandlungsgegenstand und Marktöffnung

Im Rahmen der Verhandlungen über die Einbeziehung des Dienstleistungshan-dels in die Welthandelsordnung während der Uruguay-Runde wurde erstmals dieBedeutung der Telekommunikation für die internationale Erbringung von Dienstlei-stungen erkannt. Da die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen aufTelekommunikationsnetze als Transportinfrastruktur angewiesen ist, bildet der Zu-

38 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 26-27.

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16 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

gang zu diesen Netzen einen entscheidenden protektionistischen Angriffspunkt. DerTelekommunikation kam innerhalb der Beratungen über ein Dienstleistungsabkom-men daher als zugrundeliegende Infrastruktur, die erst den grenzüberschreitendenHandel mit Dienstleistungen ermöglicht, eine große Bedeutung zu.39 Da eine Liberali-sierung der Telekommunikation und die Einführung von Wettbewerb mit vielen pri-vaten Anbietern nicht mit den bestehenden Aufgaben und Strukturen der ITU, die aufdie Kooperation nationaler Monopole ausgelegt waren, kompatibel war, erschien esden Befürwortern einer Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes sinnvoller,dies im Rahmen der Welthandelsrunde zu verhandeln.40

Ein weiterer Vorteil von Verhandlungen über Telekommunikationsdienste im Rah-men des GATS wurde in der Anwendbarkeit der im Warenhandel erprobten Liberali-sierungsprinzipien wie der Meistbegünstigungsklausel oder der Inländerbehandlunggesehen. Darüber hinaus erlauben Verhandlungen im Rahmen einer Welthandels-runde sektorübergreifende Kompensationen für Liberalisierungszugeständnisse -allerdings ergab sich aus dem tatsächlichen Verhandlungsverlauf, daß für die Tele-kommunikation solche Zugeständnisse kaum möglich waren.41

Die USA als das Land, das bereits den Anstoß zur Aufnahme von Verhandlungenüber Dienstleistungen gegeben hatte, unterbreitete im März 1990 den ersten Vor-schlag zur Öffnung des Telekommunikationsmarktes. Da zu diesem Zeitpunkt derUS-amerikanische Telekommunikationsmarkt der am weitesten liberalisierte war,hatte die USA ein starkes Eigeninteresse, amerikanischen Unternehmen einen offe-nen Marktzugang im Ausland zu verschaffen. Bis zum Juli folgten von fünf weiterenLändern Vorschläge zur Einbeziehung der Telekommunikation in ein Dienstlei-stungsabkommen.42 Allen Vorschlägen lag die Befürchtung zugrunde, daß staatlicheTelekommunikationsmonopolisten durch ihre Kontrolle über den Zugang zu Netzennicht nur die Liberalisierungsverpflichtungen im Telekommunikationssektor, sondernauch in anderen Dienstleistungssektoren untergraben könnten.43

Die Schwierigkeiten bei der Definition und Abgrenzung der Telekommunikations-dienste, die in das GATS aufgenommen werden sollten, führten zu einer zweigeteil-ten Berücksichtigung von Telekommunikationsdiensten während der Uruguay-Runde.44 Erstens werden in der „Anlage zur Telekommunikation“ die Telekommuni-kationsdienste abgegrenzt, zu denen die Anbieter anderer Dienstleistungen einen

39 Vgl. PIPE, R. (1994), S. 3, und TUTHILL, L. (1996), S. 91.40 Vgl. TEGGE, A. (1994) ,S. 59-72, HOLMES, P. M., KEMPTON, J. UND MACGOWAN, F. (1996), S. 757-

758, und BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 6.41 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 7.42 Diese kamen von der EU, Japan, Südkorea und zwei Vorschläge von Entwicklungsländern (Ka-

merun, Ägypten, Indien und Nigeria), einer zum Handel mit Telekommunikationsdiensten und ei-ner zur Infrastrukturrolle.

43 Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 90-91.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 17

nicht-diskriminierenden Zugang erhalten müssen - im Mittelpunkt dieser Anlage stehtalso die Übertragungsfunktion der Telekommunikation für andere Dienstleistungen.45

Zweitens definiert das GATS daneben die Telekommunikationsdienste, die in dieLänderlisten aufgenommen werden können. Innerhalb der in das GATS aufgenom-menen Dienstleistungen stellen Telekommunikationsdienste eine Unterrubrik derKommunikationsdienstleistungen dar. In der Gruppe der Telekommunikationsdiensteerfolgt eine weitere Unterteilung in 15 spezielle Dienste.

Tabelle 1: Basis- und Mehrwertdienste -Verhandlungsgegenstand bei der GATS Einbindung

2. Communications ServicesC. Telecommunications Services

Basisdienste Mehrwertdienste(a) Voice telephony(b) Packet-switched data transmission services(c) Circuit-switched data transmission services(d) Telex services(e) Telegraph services(f) Facsimile services(g) Private leased circuit services(o) Other

• analog/digital cellular/mobile telephoneservices

• Mobile data services• Paging services• Personal communications services• Satellite-based mobile services• Fixed satellite services• Gateway earthstation services• Teleconferencing services• Trunked radion system services

(h) Electronic mail(i) voice mail(j) On-line information and database retrieval(k) Electronic Data Interchange(l) Enhanced/Value-added facsimile services(m) Code and protocol conversion(n) On-line information and/or data processing

Quelle: BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 48 und CSIS (1997), S. 84. Die Anga-be der englischsprachigen Dienstebezeichnung bezieht sich auf die offiziellen Verhand-lungsbereiche der WTO.

Die Tabelle 1 faßt die konkreten, im Rahmen der WTO-Verhandlungen zur Libera-lisierung des Handels mit Telekommunikationsdiensten berücksichtigten Dienste,unterteilt nach Basis- und Mehrwertdiensten, zusammen. Neben diesen Dienstekate-gorien gibt die WTO noch die Einteilungskriterien Orts-, Fernbereich und internatio-nale Verbindungen (local, long distance, international), kabelgebunden und kabellos(wire-based, radio-based), Weiterverkauf und infrastrukturbasiertes Angebot (on aresale basis, facilities-based) sowie öffentliches und nicht-öffentliches Angebot (for

44 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 39.45 Siehe hierzu detailliert den nächsten Gliederungsabschnitt.

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18 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

public use, for non-public use) zur weiteren Unterteilung der verhandelten Dienstevor.

Wird einer dieser Dienste nach dem oben beschriebenen Mechanismus in eineLänderliste aufgenommen, gelten für ihn der freie Marktzugang und die Inländerbe-handlung - vorbehaltlich etwaiger Einschränkungen in den Länderlisten. Während derVerhandlungen erfolgte auf Betreiben der USA eine Einteilung dieser Dienste in Ba-sis- und Mehrwertdienste.46 Mit Abschluß der Uruguay-Runde sind Telekommunikati-onsdienste in 56 Länderlisten aufgenommen worden.47 44 dieser Listen - darunter diewichtigsten Telekommunikationsmärkte - beinhalten nur Mehrwertdienste der Kate-gorien (h) - (n). Dabei erfolgten keine wesentlichen Einschränkungen des Marktzu-gangs oder der Inländerbehandlung.48

Weil die nationale Regulierungssituation in der Telekommunikation zum Zeitpunktder Uruguay-Runde häufig noch nicht geklärt war oder sich gerade im Umbruch be-fand, kamen Verhandlungen über Basisdienste für viele Teilnehmerländer verfrüht.Der schnelle technische Fortschritt in der Telekommunikation und die damit verbun-dene Auffächerung des Dienstespektrums machte die Aufnahme der Basisdienstezusätzlich schwierig, da so die Abgrenzung und Definition der in den Länderlisten zuberücksichtigenden Dienste umstritten war. So blieben die Marktöffnungsverpflich-tungen bei Basisdiensten sehr eingeschränkt. Zugeständnisse bei Mehrwertdienstenfielen leichter, da diese Dienste weniger stark reguliert sind als Basisdienste undvielfach schon im Wettbewerb von Privatunternehmen erbracht werden. Allerdingsmachen Mehrwertdienste nur einen kleinen Teil des gesamten Telekommunikations-dienstemarktes aus - der weitaus größte Teil des Marktes ist von dem Abkommennicht betroffen.

3.2 Die Anlage zur Telekommunikation

Im Gegensatz zu den Anlagen zu Finanzdienstleistungen und zum Luftverkehr, diesehr allgemein und unverbindlich bleiben, finden sich in der Anlage zur Telekommu-nikation konkrete Zugeständnisse.49 In der Anlage wird zwar die Doppelrolle der Te-lekommunikation explizit hervorgehoben, Zielsetzung ist es jedoch vor allem, denAnbietern, die auf Telekommunikationsnetze zur Erbringung ihrer Dienstleistung an-gewiesen sind, die Nutzung dieser Netze zu ermöglichen (Art. 1).50 Im Mittelpunkt

46 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 7.47 Da die EU eine einheitliche Länderliste vorgelegt hat, ergibt sich hieraus eine Länderzahl von 67

(Zum Zeitpunkt der Beendigung der Uruguay-Runde bestand die EU noch aus 12 Ländern).48 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 19, und WTO (1997a), S. 6.49 Vgl. TYLER, M. (1996), Attachment 2, S. 3. Die Bedeutung dieser Anlage innerhalb des GATS läßt

sich auch daran erkennen, daß die wesentlichen Punkte bereits Ende 1991 - drei Jahre vor demeigentlichen Abschluß der Uruguay-Runde - vereinbart waren. Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 91.

50 Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 92, und TYLER, M. (1996), Attachment 2, S. 3.

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steht also die Vermittlungsfunktion der Telekommunikation für die Bereitstellung an-derer Dienstleistungen und nicht der Handel mit Telekommunikationsdienstenselbst.51 Dies wird auch daran deutlich, daß die Verpflichtungen der Anlage geradefür die Dienstleistungen gültig sind, die in die Listen der Länder aufgenommen sind(Art. 5a). Für den Telekommunikationssektor selbst ist die Gültigkeit der Anlage zurTelekommunikation - anders als es ihr Name vermuten läßt - weitgehend einge-schränkt, da die meisten Länder lediglich Mehrwertdienste in ihre Listen aufgenom-men haben und die wichtigen Telekommunikationsbasisdienste ausgeklammert blei-ben. Vor allem Dienstleistungsanbieter, die bei der Erbringung ihrer Dienste auf Te-lekommunikationsnetze angewiesen sind, und nicht Unternehmen, die selbst Tele-kommunikationsnetze bereitstellen und mit Diensten handeln, profitieren daher vonder Anlage.52

Die Kernbestimmungen der Anlage finden sich in Art. 5, der den Zugang zu öffent-lichen Telekommunikationsnetzen und deren Nutzung regelt. Allen Nutzern von Tele-kommunikationsnetzen soll bei ihrer Dienstleistungserbringung diskriminierungsfreierund angemessener Zugang zu Telekommunikationsnetzen gewährt werden (Art. 5a).Der Begriff „diskriminierungsfrei“ ist dabei im Sinne der Meistbegünstigungsklauselund der Inländerbehandlung zu verstehen.53 Hierdurch nimmt die Anlage zur Tele-kommunikation zwei wesentliche Erweiterungen der GATS-Bestimmungen vor: Er-stens dehnt sie die Meistbegünstigungspflicht von Regierungen auf das Verhaltenvon Telekommunikationsanbietern aus. Die zweite entscheidende Ergänzung ist dieuneingeschränkte Gültigkeit der Inländerbehandlung bei der Nutzung und dem Zu-gang zu Telekommunikationsnetzen. Da innerhalb des GATS die Inländerbehand-lung im Gegensatz zur Meistbegünstigungsklausel nur Bestandteil der spezifischenVerpflichtungen ist, gilt sie nur für die in den Länderlisten aufgeführten Dienste.Durch die Aufnahme der Inländerbehandlung in die Anlage zur Telekommunikationmuß für alle in den Länderlisten genannten Dienstleistungen bei der Benutzung vonTelekommunikationsnetzen eine Gleichstellung mit inländischen Anbietern stattfin-den. Damit wird die Inländerbehandlung für diesen Bereich zu einer allgemeinenVerpflichtung, von der keine Ausnahmen oder Einschränkungen über Länderlistenmehr möglich sind.54

Artikelangaben beziehen sich auf die ANNEX ON TELECOMMUNICATIONS. Die Anlage ist als Anhang1 beigelegt.

51 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 32, HENTEN, A. (1997), S. 414, und FREDEBEUL-KREIN, M. UND FREYTAG, A. (1997), S. 12.

52 Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 95-96, TYLER, M. (1996), Attachment 2, S. 3, HENTEN, A. (1997),S. 414, ITU (1997a), S. 127, und FREDEBEUL-KREIN, M. UND FREYTAG, A. (1997), S. 12.

53 Siehe die Fußnote zu Art. 5a, GATS, ANNEX ON TELECOMMUNICATIONS.D. h. keine Diskriminierung nach außen zwischen verschiedenen ausländischen Anbietern(Meistbegünstigung) und keine Diskriminierung nach innen zwischen ausländischen und inländi-schen Anbietern (Inländerbehandlung).

54 Vgl. TUTHILL, L. (1996), S. 93.

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20 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Art. 5 der Anlage zur Telekommunikation grenzt auch die Rechte der Telekommu-nikationsbenutzer und der -regulierer voneinander ab. Damit werden die allgemeinenVerpflichtungen zu innerstaatlichen Regulierungen konkreter ausgestaltet und an dieErfordernisse des Telekommunikationssektors angepaßt. Die Rechte der Telekom-munikationsnutzer verdeutlichen die Begriffe „Zugang und Nutzung“: Der Ankauf oderdie Anmietung und der Anschluß von Endgeräten, der Anschluß privater Mietleitun-gen und die Verwendung eigener Betriebsprotokolle ist hierunter zu verstehen (Art.5b). Sicherzustellen ist auch der freie unternehmensinterne und -externe Informati-onsfluß über Ländergrenzen hinweg.

Beschränkt werden diese Rechte der Nutzer durch die Rechte der Regulierer.Diese definieren die Maßnahmen, die noch als angemessene und nicht-diskriminierende Regulierungserfordernisse gelten. Hierzu zählen sog. Gemeinwohl-verpflichtungen wie Universaldienstauflagen, Auflagen, um die technische Unver-sehrtheit zu schützen, und Maßnahmen, die sicherstellen, daß nur die Dienste er-bracht werden, nach denen ein Land gemäß der Länderliste berechtigt ist (Art. 5e).Um diese Anforderungen zu erfüllen, dürfen Regulierer Bedingungen erlassen, dieden Wiederverkauf beschränken, technische Anforderungen für die Netz- und Dien-stezusammenschaltung und Normen für die Kompatibilität enthalten, Typzulassun-gen fordern, den Anschluß von Mietleitungen begrenzen oder Registrierung und Li-zensierung verlangen (Art. 5f).

Ein Diensteanbieter kann sich auf die Bestimmungen der Anlage beziehen, wennein Land die Dienstleistung, die er in diesem Land anbieten will, in seine Länderlisteaufgenommen hat. Benötigt z. B. ein Finanzdienstleister einen Zugang zu einem Te-lekommunikationsnetz zur Bereitstellung seiner Dienstleistung in einem anderenLand, so kann er den uneingeschränkten Zugang fordern, wenn das entsprechendeLand die Dienstleistung, für die er den Netzzugang benötigt, in seine Länderliste auf-genommen hat. Dem Finanzdienstleister wäre es damit z. B. erlaubt, ein firmeneige-nes Netz für die interne Kommunikation - auch über Ländergrenzen hinweg - aufzu-bauen.

An diesem Beispiel wird deutlich, daß die „Anlage zur Telekommunikation“ als Si-cherheit für die Anbieter anderer Dienstleistungen gedacht ist, damit unabhängig vonder Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes für die in Länderlisten aufge-nommenen Dienstleistungen ein freier Zugang zum Telekommunikationsnetz be-steht. Die Telekommunikation findet durch die Anlage zur Telekommunikation imGATS nach der Uruguay-Runde somit nur als Vermittler für andere DienstleistungenBerücksichtigung. Telekommunikationsdienste als eigenständig handelbare Dienst-leistung bleiben durch die Ausnahme der Telekommunikationsbasisdienste von derMeistbegünstigung und den Verzicht auf die Aufnahme in Länderlisten weitestge-hend aus dem GATS ausgeklammert. Der Aufbau eines eigenen Telekommunikati-

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onsnetzes oder die Bereitstellung von eigenen Telekommunikationsbasisdienstensind damit nicht durch das GATS legitimiert.55 Lediglich die vom Marktvolumen weni-ger relevanten Mehrwertdienste sind im GATS berücksichtigt worden. Das GATSerreicht so bis zum Abschluß der Uruguay-Runde keine vollständige Liberalisierungdes Telekommunikationsmarktes - einer der wichtigsten und dynamischsten Bereichedes internationalen Dienstleistungshandels konnte nicht in die Liberalisierungsprinzi-pien des GATS eingebunden werden.

Das GATS sieht jedoch schon die Einrichtung von weiterführenden Verhandlungs-gruppen für die Dienstleistungsbereiche vor, in denen keine befriedigenden Ergeb-nisse erzielt werden konnten. Neben den Seeverkehrsdienstleistungen, den Finanz-dienstleistungen und der Freizügigkeit von Personen sollten nach der Uruguay-Runde auch Verhandlungen über die Liberalisierung von Telekommunikationsbasis-diensten beginnen.56

3.3 Das Abkommen über Telekommunikationsbasisdienste

Auch wenn die Telekommunikationsbasisdienste nicht in das GATS eingegliedertwurden, so konnte man sich mit Abschluß der Uruguay-Runde dennoch darauf eini-gen, die Verhandlungen zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen. Die „Entschei-dung über die Aufnahme von Verhandlungen über Telekommunikationsbasisdienste“

gab als Verhandlungszeitraum den 16. Mai 1994 bis 30. April 1996 an. Sie sah um-fassende Verhandlungen ohne vorherigen Ausschluß einzelner Dienste sowie dieVermeidung von Maßnahmen, die den Handel mit diesen Diensten während der Ver-handlungszeit beeinträchtigen könnten, vor. An der neu geschaffenen Verhand-lungsgruppe über Telekommunikationsbasisdienste (Negotiating Group on BasisTelecommunications - NGBT) nahmen zunächst 33 Länder teil. Ihre Zahl erhöhtesich bis zum April 1996 auf 53 aktive Teilnehmer und 24 beobachtende Länder.57

Ergänzt wird diese Entscheidung durch die „Anlage zu Verhandlungen über Tele-kommunikationsbasisdienste“, die bis zum Abschluß der Verhandlungen eine Aus-

nahme von der Meistbegünstigungsklausel für Basisdienste bestimmte. Die Ver-handlungen konzentrierten sich auf drei Bereiche:

• die Öffnung nationaler Märkte und die Inländerbehandlung,

• die Zulassung ausländischer Unternehmensbeteiligungen und

• Grundprinzipien für den Regulierungsrahmen.

Verschiedene Konfliktfelder verhinderten, daß bis zum vorgesehenen Verhand-lungsende ein abschließendes Ergebnis erreicht werden konnte und führten im April

55 Vgl. GREWLICH, K. W. (1997), S. 191.56 Siehe zu den anderen Dienstleistungsbereichen in einer Übersicht WTO (1997c), S. 122-123.

Speziell zu Finanzdienstleistungen WERNER, W. (1999).

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1996 zu einem vorläufigen Scheitern der Verhandlungen. Besonders die USA warenohne das Erreichen einer „kritischen Masse“ an Teilnehmerländern nicht bereit, deneigenen Markt zu öffnen.58 Bis zum vorgesehenen Verhandlungsschluß im April 1996lagen lediglich 34 Listen59 mit Marktöffnungszugeständnissen vor.60 Nach US-amerikanischen Berechnungen wurden über 40% des Weltumsatzes mit Telekom-munikationsdiensten und 34% des internationalen Telekommunikationsverkehrs nichtvon den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Marktöffnungsangeboten abgedeckt.61

Kritisiert wurden besonders die mangelhaften Angebote aus dem asiatisch-pazifischen Raum.62 Nach der Meistbegünstigungspflicht würden die Zugeständnissein einer Länderliste auch für die WTO-Mitglieder, die selbst nicht zu ähnlichen Ver-pflichtungen bereit waren oder gar nicht an den Verhandlungen teilgenommen ha-ben, gelten. Damit wären nicht nur die Länder, die selbst ihren Markt öffnen, Begün-stigte des Abkommens, sondern alle 130 WTO-Mitglieder.63 Das Fortbestehen vonMonopolen im Ausland bei einem geöffneten Heimatmarkt hätte für US-amerikanische Anbieter zur Folge gehabt, daß sie auf dem eigenen Telekommunika-tionsmarkt die Konkurrenz durch ausländische Anbieter, die in ihren HeimatmärktenMonopolisten sind, hinnehmen müssen, ohne selbst in die Heimatmärkte dieser Un-ternehmen eindringen zu können. Ein ausländischer Anbieter könnte z. B. so überden Anschluß von Mietleitungen im geöffneten Heimatmarkt das Accounting-Rate-Verfahren umgehen, während der US-amerikanische Anbieter für die Weiterleitungseiner Gespräche auf den nationalen Anbieter in einem geschlossenen Markt ange-wiesen ist.64

Unzufrieden zeigten sich die USA auch mit der Berücksichtigung des Accounting-Rate-Systems in den Verhandlungen. Um eine Senkung der Accounting Rates zuerreichen, wurde in den USA überlegt, die Erteilung einer Lizenz an ausländische

57 Vgl. WTO (1997c), S. 122-123.58 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 8, HOLMES, P. M., KEMPTON, J. UND

MACGOWAN, F. (1996), S. 764.59 Die EU legte eine gemeinsame Liste vor.60 Davon sahen 32 Marktöffnungen bei Sprachtelefondiensten vor (28 Inlandsgespräche, 27 inter-

nationale Gespräche), 31 bei Datenübertragungen, 28 bei Mobiltelefonie, 27 bei Mietleitungen, 22bei anderern Mobildiensten und 16 bei Satellitendiensten. Vgl. WTO (1997a), S.1.

61 Nur 10 Länder sollten der US-amerikanischen Marktöffnung vergleichbare Angebote vorgelegthaben. Vgl. OFFICE OF THE UNITED STATES TRADE REPRESENTATIVE (1996).

62 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 9, und ARONSON, J. D. (1997), S. 17.Indonesien und Malaysia legten keine Länderlisten vor, Thailand war nur zu einer eingeschränk-ten Marktöffnung bereit, und Hongkong sowie Singapur gaben lange Übergangsfristen (2006 und2002) für eingeschränkte Angebote an. Vgl. PETRAZZINI, B. (1996), S. 7 und 78-84.

63 Mit Abschluß der Verhandlungen hatte die WTO 130 Mitglieder. Die Mitgliederzahl beträgt nachdem Beitritt Panamas, des Kongos, Kirgistans und Lettlands derzeit 134 (Stand 3/1999).

64 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 37-38. Das Accounting-Rate-System dient zurAbrechnung internationaler Verbindungen. Vgl. zur Funktionsweise des Accounting-Rate-SystemLANGENFURTH, M. (2000), S. 145-155.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 23

Anbieter vom Niveau der Accounting Rates in deren Heimatland abhängig zu ma-chen.65

Um eine asymmetrische Marktöffnung zu verhindern, sah der US-amerikanischeTelecommunication Act von 1996 einen Effective Competitive Opportunities (ECO)Test vor, der die Erteilung einer Lizenz für ausländische Anbieter davon abhängigmacht, ob US-amerikanischen Anbietern beim Marktzugang im Ausland gleiche Be-dingungen eingeräumt werden wie den ausländischen Anbietern in den USA. EinAnbieter aus einem überprüften Markt erhält nur dann eine Lizenz für den US-amerikanischen Markt, wenn der Test im Ausland die gleiche Öffnung für den Wett-bewerb wie in den USA feststellt. Dieses Verfahren würde in deutlichem Widerspruchzum Meistbegünstigungsprinzip stehen, da bei der Behandlung von anderen Ländernnach dem Grad der Liberalisierung differenziert wird.66 Die Erwartung der USA, daßdie Märkte der Handelspartner genauso geöffnet sind wie ihr eigener Markt, und dieDrohung, den eigenen Markt nur bei gleichwertigen Marktöffnungen in anderen Län-dern zu öffnen, ist Ausdruck einer „strengen Reziprozität“ als Leitmotiv der US-amerikanischen Verhandlungspolitik. Die USA waren im Gegensatz zu früherenHandelsrunden im Rahmen des GATT nicht mehr bereit, den eigenen Markt in einerVorreiterrolle stärker zu öffnen als andere Länder. Die eigene Marktöffnung wird jetztzum Abtrotzen fairer Handelsbedingungen mit anderen Ländern genutzt.67

Ein weiteres Konfliktfeld waren zum Ende der Verhandlungen auch mobile Satel-litendienste (GMPCS). Aufgrund der technischen Eigenschaften dieser Dienste er-reichen sie eine Abdeckung der gesamten Erdoberfläche und sind, um eine mög-lichst große Kundenzahl anzusprechen, auf einen weltweiten Marktzugang angewie-sen. Besonders die Betreiber dieser Dienste waren daher an einer Aufnahme in dieLänderlisten interessiert. Da mit diesen Satellitensystemen aber auch eine Umge-hung der nationalen Telekommunikationsanbieter möglich ist, waren viele Ländernicht bereit, mobile Satellitendienste in ihren Länderlisten zu berücksichtigen.68

Ein weiterer umstrittener Verhandlungspunkt war die Frage, ob Dienste- oder In-frastrukturwettbewerb erlaubt werden sollte. Reiner Dienstewettbewerb würde nurden Weiterverkauf (resale) von Netzkapazität eines bestehenden Netzes im Wettbe-werb erlauben. Länder mit einer gut ausgebauten Infrastruktur können so vermeiden,daß parallele Netze aufgebaut werden. Wettbewerb auch auf der Infrastrukturebenebeinhaltet darüber hinaus die Möglichkeit, auch eigene Netze aufzubauen. Beson-

65 Vgl. ITU (1997a), S. 95.66 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 12-13.67 Vgl. PETRAZZINI, B. (1996), S. 8, und zur Forderung nach einer strengen Reziprozität KNIEPS, G.

(1995a), S. 249-251.68 Besonders den US-amerikanischen Betreibern dieser Netze wird unterstellt, daß sie erheblichen

Druck auf die US-amerikanische Verhandlungsleitung ausgeübt haben, keinem Abschluß zuzu-stimmen, der diese Dienste nicht berücksichtigt. Vgl. ITU (1997a), S. 99.

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ders Entwicklungsländer mit einer schlecht ausgebauten eigenen Infrastruktur habenein Interesse an Investitionen in einen Netzneu- und -ausbau. Während der Ver-handlungen einigte man sich schließlich darauf, daß Marktöffnungsvereinbarungensich sowohl auf den Dienstewettbewerb mit eigener Infrastruktur als auch den Wei-terverkaufswettbewerb ohne eigene Infrastruktur beziehen können.69

Umstritten war weiterhin der Einfluß einer Liberalisierung des Telekommunikati-onssektors auf den audiovisuellen Sektor. Die Europäische Union befürchtete eineÖffnung des audiovisuellen Sektors, weil für audiovisuelle Dienstleistungen (Film-und TV-Software) in der EU ein umfangreicher Dienstleistungsprotektionismus in derForm von Quotenregelungen, die eine Bewahrung der kulturellen Identität eines Lan-des zum Ziel haben, besteht. Durch den Ausschluß von Rundfunk und Fernsehen beiden eigenen Marktöffnungszugeständnissen möchte die EU erreichen, daß eine Öff-nung der Netze nicht zu einem freien Zugang bei den Inhalten, die über diese Netzetransportiert werden, führt und so weiterhin innerhalb der EU eine Kontrolle über dieangebotenen Inhalte besteht.70

Einige Länder verbanden die Marktöffnungen in ihren Länderlisten mit der Ver-fügbarkeit von Frequenzen . Da Frequenzen technisch bedingt in der Telekommu-nikation eine knappe Ressource darstellen, erscheint es sinnvoll, den Marktzugangvon der Verfügbarkeit dieser Ressource abhängig zu machen. Allerdings ergibt sichdurch diesen Frequenzvorbehalt die Gefahr, daß Zugeständnisse bei der Marktöff-nung ausgehöhlt werden, indem die Zahl der Anbieter ohne das tatsächliche Vorlie-gen eines Frequenzengpasses eingeschränkt wird. Die WTO hat deshalb darauf hin-gewiesen, daß eine Frequenzvergabe, die die Zahl der Anbieter beschränkt, auchohne die Aufnahme in Länderlisten möglich ist, solange sie im Einklang mit Art. VI(nationale Regulierung) des GATS steht.71 Auch in den Vorgaben für den Regulie-rungsrahmen, die als zusätzliche Vereinbarungen von den Ländern akzeptiert wer-den können, sind die Bedingungen der Frequenzvergabe festgelegt. Für den Fallspezieller Regulierungen bei der Frequenzvergabe greifen so allgemeine Bestim-mungen des GATS und die zusätzlichen Vereinbarungen über den Regulierungs-rahmen.

Formell kam es nach dem vorläufigen Scheitern der Verhandlungen im April 1996zu einer Verlängerung bis zum 15. Februar 1997.72 Die Verhandlungen wurden in der„Group on Basic Telecommunications“ GBT fortgeführt. Insgesamt konnte durch dieVerlängerung eine erhebliche Verbesserung der Marktöffnungszugeständnisse er-

69 Vgl. NOTE BY THE CHAIRMAN.70 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 15.71 Vgl. CHAIRMAN‘S NOTE.72 Vgl. REPORT OF THE NEGOTIATING GROUP ON BASIC TELECOMMUNICATIONS und DECISION ON

COMMITMENTS IN BASIC TELECOMMUNICATIONS.

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reicht werden. Bis zum Abschluß der Verhandlungen am 15. Februar 1997 sind dieMarktöffnungsangebote in 32 der 34 im April 1996 vorliegenden Listen verbessertworden. Hinzu kamen 23 neue Länderlisten, so daß die Gesamtzahl der Listen aufinsgesamt 55 anstieg - dies entspricht 69 Ländern. Während der Ratifizierungszeithaben drei weitere Länder Listen vorgelegt, so daß die Gesamtzahl der Listen auf 58(72 Länder) gestiegen ist.73

Abbildung 3: Berücksichtigung verschiedener Dienste in den Länderlisten

53

58

66

67

68

30

33

44

38

36

4

6

14

8

9

Satellitendienste

Mietleitungen

Datenübertragung

Sprachtelefonie imFestnetz

mobile Dienste

Uruguay-RundeNGBTGBT

Quelle: ITU (1997a), S. 101.

Die Berücksichtigung verschiedener Dienste in den vorgelegten Länderlisten zeigtdie Abbildung 3. Die Zahlen geben in einer rein quantitativen Erfassung ohne Be-wertung der Zugeständnisse die Aufnahme eines Dienstes in die zu den verschiede-nen Verhandlungsphasen vorliegenden Länderlisten wieder. Es zeigt sich, daß durchdie Verhandlungsausdehnung eine numerische Ausweitung der berücksichtigtenDienste gelang. Die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Telekommunikations-basisdienste traten am 15. Februar 1998 in Kraft. Sie bilden keinen eigenständigenVertrag, sondern wurden dem GATS als viertes Protokoll beigefügt.74 Das GATS wird

73 Vgl. WTO (1997a), S. 1, und WTO (1997c), S. 122-123. Barbados, Surinam und Zypern haben

erst nach Abschluß der Verhandlungen ihre Länderlisten vorgelegt. Die Schweiz und Pakistanverbesserten ihre Angebote innerhalb des Ratifizierungszeitraums.

74 Der 1. Januar 1998 als der ursprünglich für das Inkrafttreten des Abkommens vorgesehene Zeit-punkt konnte nicht eingehalten werden, da bis zum Dezember 1997 in 20 Ländern noch keineRatifizierung erfolgte. Die Zahl der noch nicht ratifizierenden Länder sank bis zum Januar auf 12,so daß man sich Anfang Februar darauf einigte, das Abkommen zum 15. Februar in Kraft tretenzu lassen.Vgl. FOURTH PROTOCOL TO THE GENERAL AGREEMENT ON TRADE IN SERVICES und DECISION ONACCEPTANCE OF THE FOURTH PROTOCOL TO THE GENERAL AGREEMENT ON TRADE IN SERVICES.

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so um die während der Verhandlungen eingereichten Länderlisten und die Ausnah-men von der Meistbegünstigung erweitert.

4 Implikationen für den globalen Telekommunikationsmarkt und die WTO4.1 Umfang der Marktöffnungen4.1.1 Diensteberücksichtigung und Beteiligungsmöglichkeiten

Das WTO-Telekommunikationsabkommen schreibt den Liberalisierungsfahrplanfür den globalen Telekommunikationsmarkt fest. Es ist damit die zentrale Quelle zurBeurteilung der zukünftigen Marktzugangsbedingungen. Die vorangehende Darstel-lung hat gezeigt, daß aus der reinen Teilnahme am Abkommen noch nicht auf tat-sächlich freie Marktzugangsbedingungen geschlossen werden kann. Die Bereitschaftzur Marktöffnung, Inländerbehandlung und zu unbeschränkten Investitionsbedingun-gen ist sehr heterogen ausgeprägt. Zahlreiche Ausnahmeregeln und Übergangsfri-sten grenzen den Liberalisierungsbeitrag des Abkommens ein. Dieser Abschnitt unddie folgenden Tabellen komprimieren die Länderzugeständnisse und liefern einenkompakten Überblick der weltweiten Liberalisierungssituation. Sie dienen zum inter-nationalen Vergleich der Länderlisten und vor dem Hintergrund der bereits vollzoge-nen Umgestaltungen zur Bewertung des Liberalisierungsbeitrags des Telekommuni-kationsabkommens.

Den 58 Länderlisten entsprechen insgesamt 72 Länder - die ökonomische Be-deutung der einzelnen Länder oder Ländergruppen ist dabei jedoch sehr unter-schiedlich. Die Tabelle 2 zeigt die Unterzeichnerländer des Abkommens geordnetnach dem Umsatz mit Telekommunikationsdiensten für das Jahr 1996. Wie in dieserTabelle dargestellt, konzentriert sich ein Großteil des Umsatzes mit Telekommunika-tionsdiensten auf wenige Länder. Die große Zahl an Unterzeichnerländern wird da-durch relativiert, daß hinsichtlich des Umsatzes und Weltmarktanteils zahlreiche we-niger bedeutende Länder ebenfalls in das Abkommen eingebunden sind.

Positiv zu bewerten ist die weitgehende Abdeckung der umsatzstärksten Dienste-märkte durch das WTO-Abkommen. Von den 38 Ländern mit einem Diensteumsatzüber 1 Mrd. US-Dollar - diese Länder haben zusammen einen Anteil von 96,9% amgesamten Umsatz mit Telekommunikationsdiensten weltweit - werden lediglich achtLänder nicht berücksichtigt. In der Tabelle 2 werden Nicht-Unterzeichnerländer nurbis zu einem Länderumsatz von 500 Mio. US-Dollar berücksichtigt und sind dort grauunterlegt. Von diesen Ländern waren zum Zeitpunkt des Verhandlungsendes ledig-lich Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Uruguay Mitglieder der WTO -hätten sich also mit eigenen Länderlisten an dem Abkommen beteiligen können. Vonden Ländern mit einem Umsatz über 500 Mio. US-Dollar haben China, Kroatien,

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Rußland, Saudi-Arabien, Taiwan, die Ukraine und Vietnam derzeit bei der WTO nurBeobachterstatus, jedoch die Aufnahme beantragt.75

Tabelle 2: Umsatz und Weltmarktanteil der Unterzeichner- und Nicht-Unterzeichnerländer, 1996

Geordnet nach Umsatz

Umsatz inMrd.

US-Dollar

Welt-markt-anteil

Umsatzin Mrd.

US-Dollar

Welt-markt-anteil

1 USA 182,683 29,46% 30 Pakistan 1,047 0,17%2 EU 171,738 27,69% Ver. Arab. Emirate 1,031 0,17%3 Japan 93,622 15,10% Iran 0,858 0,14%

China 17,485 2,82% Ägypten 0,773 0,12%4 Australien 13,423 2,16% Vietnam 0,629 0,10%5 Kanada 13,229 2,13% 31 Marokko 0,695 0,11%6 Brasilien 12,425 2,00% Uruguay 0,627 0,10%7 Südkorea 8,727 1,41% Kroatien 0,592 0,10%8 Schweiz 8,468 1,37% Ab hier nur Darstellung der Unterzeichnerländer9 Mexiko 6,936 1,12% 32 Rumänien 0,559 0,09%

10 Hongkong 6,440 1,04% 33 Slowakische Rep. 0,476 0,08%11 Argentinien 6,014 0,97% 34 Sri Lanka 0,358 0,06%

Taiwan 5,925 0,96% 35 Jamaika 0,351 0,06%Rußland 5,259 0,85% 36 Tunesien 0,295 0,05%

12 Südafrika 3,802 0,61% 37 Ecuador 0,253 0,04%13 Norwegen 3,590 0,58% 38 Bolivien 0,241 0,04%14 Indien 3,462 0,56% 39 Zypern 0,219 0,04%15 Singapur 2,793 0,45% 40 Guatemala 0,210 0,03%16 Indonesien 2,689 0,43% 41 Bangladesch 0,200 0,03%17 Türkei 2,566 0,41% 42 El Salvador 0,200 0,03%18 Malaysia 2,556 0,41% 43 Trinidad & Tobago 0,181 0,03%19 Polen 2,538 0,41% 44 Elfenbeinküste 0,180 0,03%20 Thailand 2,292 0,37% 45 Barbados 0,164 0,03%21 Neuseeland 2,142 0,35% 46 Island 0,155 0,02%22 Israel 2,138 0,34% 47 Senegal 0,121 0,02%

Saudi-Arabien 2,107 0,34% 48 Mauritius 0,114 0,02%23 Kolumbien 2,042 0,33% 49 Papua-Neuguinea 0,113 0,02%24 Chile 1,665 0,27% 50 Ghana 0,099 0,02%25 Venezuela 1,661 0,27% 51 Bulgarien 0,079 0,01%26 Peru 1,319 0,21% 52 Brunei 0,045 0,01%27 Ungarn 1,287 0,21% 53 Surinam 0,040 0,01%

Syrien 1,204 0,19% 54 Belize 0,036 0,01%28 Tschech. Rep. 1,158 0,19% 55 Dominica k. A.

Puerto Rico 1,154 0,19% 56 Dominik. Rep. k. A.Ukraine 1,100 0,18% 57 Grenada k. A.

29 Philippinen 1,091 0,18% 58 Antigua & Barbuda k. A.

Quelle: Zahlenmaterial aus ITU (1998a), S. A-64-A-67. Die grau unterlegten Länder haben sich nichtam Telekommunikationsabkommen beteiligt. Die Nicht-Unterzeichner des Telekommunikati-onsabkommens werden nur bis zu einem Jahresumsatz über 500 Mio. US-Dollar dargestellt.

75 Weder Mitglied noch Beobachter in der WTO sind von den Ländern in Tabelle 2 der Iran, Puerto

Rico und Syrien.

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28 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Damit erreicht das Telekommunikationsabkommen unter den WTO-Mitgliedern dieEinbindung der wichtigsten Länder. Es bleibt jedoch festzuhalten, daß aufgrund ihrerNichtmitgliedschaft in der WTO am Umsatz gemessen wichtige Ländermärkte wieChina (17,5 Mrd. US-Dollar), Taiwan (5,9 Mrd. US-Dollar) und Rußland (5,3 Mrd. US-Dollar) keine eigenen Länderlisten vorlegen konnten und damit von Marktöffnungenausgeschlossen bleiben.

Auch die in Wachstumsmärkte in der Telekommunikation mit einem unterdurch-schnittlichen Pro-Kopf-Umsatz, geringem Versorgungsgrad bei Festnetzanschlüssen,langen Wartezeiten und wenigen Mobilfunkteilnehmern sind mit eigenen Länderlistenvertreten. So sind mit Ausnahme von Taiwan alle neuen asiatischen Industrieländeram Abkommen beteiligt. Ebenso werden Südamerika mit Ausnahme von Paraguayund Uruguay sowie die mittel- und osteuropäischen Reformstaaten vollständig abge-deckt. Negativ fällt die sehr geringe Beteiligung afrikanischer Länder auf. Lediglichsieben Länder des afrikanischen Kontinents waren bereit, eigene Länderlisten vor-zulegen. Die Abbildung 4 zeigt grau unterlegt alle Länder, die sich mit eigenen odergemeinsamen Länderlisten am Telekommunikationsabkommen beteiligt haben.

Abbildung 4: Am WTO-Abkommen beteiligte Länder

In der Abbildung 5 ist die Erfassung einzelner Bereiche des Telekommunikations-marktes durch das WTO-Abkommen dargestellt: 93% der weltweiten Mobilfunkteil-nehmer, 92% des Gesamtumsatzes mit Telekommunikationsdiensten und 81% derTelefonhauptanschlüsse werden durch das WTO-Abkommen abgedeckt. Die pro-zentuale Erfassung beinhaltet jedoch noch keine qualitative Bewertung der unter-schiedlichen Zugeständnisse des Abkommens. Da jedes Land mit seiner Länderlisteindividuelle Marktöffnungszugeständnisse vorlegt, kann aus der reinen Teilnahme am

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 29

Abkommen noch kein Rückschluß auf die erfolgten Liberalisierungsschritte gezogenwerden.76

Abbildung 5: Marktanteil der an den WTO-Verhandlungenteilnehmenden Länder, 1996

93% 92%81%

55%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Mobilfunk-teilnehmer

Gesamtumsatz Telefonanschlüsse Bevölkerung

142 Mio. 620,2 Mrd. US-$ 743,7 Mio. 5,7 Mrd.

Quelle: ITU (1998a), S. A-4-A-11, S. A-40-A-43 und S. A-64-A-67.

Die Tabelle 3 faßt die Marktöffnung der europäischen Länder zusammen. Inner-halb der Europäischen Union hatte die Umgestaltung des Telekommunikations-marktes bereits unabhängig von den WTO-Abkommen begonnen. Die Ausnahme-fristen für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien sind während der Verhandlun-gen lediglich für Spanien verkürzt worden. Gleichzeitig wurden die in der EU nochbestehenden Beteiligungsrestriktionen in Spanien (25%) und Belgien (49%) zurück-genommen. Der Einfluß des Telekommunikationsabkommens auf den freienMarktzugang im weltweit zweitgrößten Markt ist insgesamt jedoch als nahezu unbe-deutend einzustufen. Die Marktöffnungszugeständnisse spiegeln größtenteils die be-reits früher beschlossene Liberalisierung des europäischen Telekommunikations-marktes wider. Für die übrigen europäischen Länder gilt ähnliches. Die Schweiz,Norwegen und Island bestätigen in ihren Länderlisten ebenfalls bereits zuvor be-schlossene nationale Marktöffnungen. In Norwegen und der Schweiz sind die ent-sprechenden Gesetze bereits 1996 in Kraft getreten bzw. dem Parlament vorgelegtworden.77

76 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 52.77 Vgl. OECD (1997b), S. 104 und S. 120.

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30 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Spätestens im Jahre 2003 erreicht der Telekommunikationsmarkt der am Abkom-men beteiligten mittel- und osteuropäischen Länder das Liberalisierungsniveau derEuropäischen Union. Diese Übergangsfristen gelten nur für den Sprachdienst imFestnetz. Wie die Tabelle 3 auch zeigt, sind die meisten anderen Dienste in diesenLändern ohne Übergangsfristen geöffnet. Auffallend sind die kürzeren Übergangsfri-sten für die Tschechische Republik. Die Umgestaltung des Telekommunikations-marktes in den Ländern Mittel- und Osteuropas, wie sie in den Länderlisten zumAusdruck kommt, ist allerdings ebenfalls kein eigenständiges Ergebnis der WTO-Verhandlungen, sondern in den wesentlichen Elementen bereits vorher vereinbartworden.

Tabelle 3: Europa: Zusammenfassung der Marktöffnungen

Sprachtelefondienst Mobilfunk SatellitenMarktan

tteil1996 in

%

Ort

Fern

Intern

at.

Resale

Daten

-übertragung

Mietleitungen

Telefon

Pag

ing

o.

Daten

über.

mo

bil

geo

st.

EU sowie Nord-, West- und SüdeuropaEU ohne: 27,69

Griechenland 2003 2003 2003 2003Irland 2000 2000 2000 2000Portugal 7/99 7/99 7/99 2000Spanien 12/98 12/98 12/98 12/98

Schweiz 1,37Norwegen 0,58Island 0,02Zypern 0,04Türkei 0,41 2006 2006 2006

Mittel- und OsteuropaBulgarien 0,01 2003 2003 2003 2003Polen 0,41 2003 2003 2003 2003Rumänien 0,09 2003 2003 2003 2003 2003Slowakische Rep. 0,08 2003 2003 2003 2003Ungarn 0,21 2004 2003 2003 2003Tschechische Rep. 0,19 2001 2001 2001 2001

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).Ein schraffiertes Feld zeigt an, daß eine uneingeschränkte Marktöffnung mit dem Inkrafttre-ten des Abkommens zugestanden wurde, die Zahlen geben bei Übergangsfristen das jewei-lige Jahr der Marktöffnung an. Ist ein Dienst nicht in die Länderliste aufgenommen worden,so bleibt das entsprechende Feld leer.

Mit der vollständigen Öffnung der mittel- und osteuropäischen Märkte gehört dereuropäische Telekommunikationsmarkt zu den am weitesten liberalisierten Märktenweltweit. Allerdings ist zu beachten, daß die Wettbewerbsphase bis auf einzelne Li-beralisierungspioniere wie Großbritannien und die skandinavischen Länder für diemeisten Länder erst 1998 begonnen hat.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 31

Der Telekommunikationsmarkt des amerikanischen Kontinents zeigt eine Dreitei-lung (Tabelle 4): Hier sind die am weitesten liberalisierten Märkte in den Mitglieds-ländern der NAFTA, in El Salvador, Guatemala und der Dominikanischen Republikzu finden. Da sie keine Investitionsbeschränkungen festschreiben, gehen die dreimittelamerikanischen Staaten dabei in ihren Marktöffnungen sogar weiter als dieNAFTA-Mitglieder. Bei der Umgestaltung des nationalen Telekommunikationsmark-tes nimmt in Südamerika Chile eine Vorreiterrolle ein. Seit Anfang der 80er Jahre hates eine allmähliche Marktöffnung, die von einer Privatisierung begleitet wurde, gege-ben. Dennoch ist die Länderliste als eingeschränktere Marktöffnung zu beurteilen,denn der Ortsbereich bleibt ausgeklammert.

Tabelle 4: Amerika: Zusammenfassung der Marktöffnungen

Sprachtelefondienst Mobilfunk SatellitenMarktan

teil1996 in

%

Ort

Fern

Intern

at.

Resale

Daten

-übertragung

Mietleitungen

Telefon

Pag

ing

o.

Daten

über.

mo

bil

geo

st.

NordamerikaKanada 2,13 2000 3/00Mexiko 1,12 MUSA 29,46 M

MittelamerikaAntigua & Barbuda k. A. 2012 2012 2012Barbados 0,03 2012 2012 2012 2012 2012 1999 1999 1999 1999Belize 0,01 M M M M M 2007Dominica k. A. M M M M M M MDominik. Republik k. A.El Salvador 0,03Grenada k. A. 2006 2006 2006 2006 2006 2006 2006Guatemala 0,03Jamaika 0,06 9/13 9/13 9/13 9/13 M M 9/13Trinidad & Tobago 0,03 2010 2010 2010 2010 2010

SüdamerikaEcuador 0,04Argentinien 0,97 11/00 11/00 11/00 11/00 DBolivien 0,04 M 11/01 11/01 11/01Brasilien 2,00 ? ? ? DChile 0,27 MSurinam 0,01 D D D DVenezuela 0,27 11/00 11/00 11/00Kolumbien 0,33 Test Test DPeru 0,21 6/99 6/99

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).Ein schraffiertes Feld zeigt an, daß eine uneingeschränkte Marktöffnung mit dem Inkrafttre-ten des Abkommens zugestanden wurde, die Zahlen geben bei Übergangsfristen das jewei-lige Jahr der Marktöffnung an. Ist ein Dienst nicht in die Länderliste aufgenommen worden,so bleibt das entsprechende Feld leer. Ein Fragezeichen zeigt an, daß eine Überprüfung derderzeitigen Situation geplant ist. M = Alleinanbieter, D = Duopol festgeschrieben.

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32 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

In einer zweiten Gruppe folgen diesen Ländern zum Ende des jetzigen bzw. amAnfang des nächsten Jahrtausends Argentinien, Bolivien, Peru und Venezuela mitihrer Liberalisierung des Sprachdienstes im Festnetz. Im Vergleich zu den anderenLänderlisten Südamerikas stellt die generelle Ausklammerung des Ortsnetzes inChile und Bolivien eine Besonderheit dar. Die unverbindlichsten Länderlisten findensich in Brasilien und Kolumbien. Allerdings ist auch hier eine grundsätzliche Wettbe-werbsöffnung zumindest vorgesehen.

Eine dritte Gruppe bilden die mittelamerikanischen Festland- und Inselstaaten. MitAusnahme von El Salvador und Guatemala müssen die Zugeständnisse dieser Län-der als sehr eingeschränkt eingestuft werden.

Tabelle 5: Afrika und Naher Osten:Zusammenfassung der Marktöffnungen

Sprachtelefondienst Mobilfunk SatellitenMarktan

teil1996 in

%

Ort

Fern

Intern

at.

Resale

Daten

-übertragung

Mietleitungen

Sprache

Pag

ing

o.

Daten

über.

mo

bil

geo

st.

Israel 0,34 2002 2002Marokko 0,11 2002 2002 2002Mauritius 0,02 2004 2004 2004 2004 2004 DElfenbeinküste 0,03 2005 2005 2005Ghana 0,02 D D D DSenegal 0,02 03-06 03-06 03-06 03-06 03-06 DSüdafrika 0,61 2004 2004 2004 00-03 2004 2004 1999 2004 2004Tunesien 0,05 2003 M M 1999 2000 2000

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).Ein schraffiertes Feld zeigt an, daß eine uneingeschränkte Marktöffnung mit Inkrafttreten desAbkommens zugestanden wurde, die Zahlen geben bei Übergangsfristen das jeweilige Jahrder Marktöffnung an. Ist ein Dienst nicht in die Länderliste aufgenommen worden, so bleibtdas entsprechende Feld leer. M = Alleinanbieter, D = Duopol festgeschrieben.

Die Umgestaltung des afrikanischen Telekommunikationsmarktes befindet sichnoch in den Anfängen. Erst seit Anfang der 90er Jahre finden sich vermehrt Reform-initiativen, die zunächst eine Trennung von Post und Telekommunikation vorsehen.Zielsetzung einer organisatorischen und rechtlichen Trennung ist häufig die Teil-privatisierung und Einbindung eines strategischen Partners, um Infrastrukturinvesti-tionen anzuziehen und Managementwissen einzubinden.78 Mit der Beteiligung einesstrategischen Partners muß jedoch keine Wettbewerbsöffnung verbunden sein. Häu-fig finden sich für den Investor Auflagen hinsichtlich eines Infrastrukturausbaus, die

78 Dies erfolgte in den Ländern Kap Verde, Zentralafrikanische Republik, Elfenbeinküste, Ghana,

Guinea, Guinea-Bissau, Madagaskar, São Tomé und Príncipe, Senegal und Südafrika. Vgl. ITU(1998b), S. 31.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 33

im Gegenzug für einen begrenzten Zeitraum Monopolrechte festschreiben. Die nurgeringe Beteiligung am WTO-Abkommen spiegelt so den erst beginnenden und nochzögerlichen Umgestaltungsprozeß wider (Tabelle 5). Allerdings finden sich über diean dem Abkommen teilnehmenden Länder hinaus in weiteren Ländern Schritte zueiner wettbewerblichen Marktordnung. Neben Ghana haben auch Uganda und Tan-sania einen zweiten Diensteanbieter im Festnetz lizensiert, sich jedoch nicht mit Län-derlisten am WTO-Abkommen selbst beteiligt. Im Mobilfunkbereich erlaubt über dieHälfte der afrikanischen Länder zumindest zwei Anbieter.

Tabelle 6: Asien und Australien: Zusammenfassung der Marktöffnungen

Sprachtelefondienst Mobilfunk SatellitenMarktan

teil1996 in

%

Ort

Fern

Intern

at.

Resale

Daten

-übertragung

Mietleitungen

Sprache

Pag

ing

o.

Daten

über.

mo

bil

geo

st.

Australien 2,16Bangladesch 0,03 MBrunei 0,01 M M D MJapan 15,10Neuseeland 0,35Südkorea 1,41 eing.Malaysia 0,41Pakistan 0,17 2005 2005 2005 2005Papua-Neuguinea 0,02 2003 2003 2003Philippinen 0,18Singapur 0,45 4/00 4/00 4/00Hongkong 1,04 M eing.Indien 0,56 D D MIndonesien 0,43 2011 2006 DSri Lanka 0,06 2000Thailand 0,37 2006 2006 2006

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten vgl. WTO (1997b).Ein schraffiertes Feld zeigt an, daß eine uneingeschränkte Marktöffnung mit Inkrafttreten desAbkommens zugestanden wurde, die Zahlen geben bei Übergangsfristen das jeweilige Jahrder Marktöffnung an. Ist ein Dienst nicht in die Länderliste aufgenommen worden, so bleibtdas entsprechende Feld leer. M = Alleinanbieter, D = Duopol festgeschrieben. eing. = einge-schränkt.

Während der Verhandlungen waren besonders die Zugeständnisse einiger LänderAsiens umstritten. Auch wenn die zwischenzeitliche Verlängerung eine Verbesserungder unzureichenden Marktöffnungen erreichen sollte, zeigen die abschließend ver-einbarten Länderlisten ein uneinheitliches Bild für den asiatischen Telekommunikati-onsmarkt.79 In den verschiedenen Länderlisten kommen der unterschiedliche ökono-

79 Mit der Umgestaltung des asiatischen Telekommunikationsmarktes beschäftigen sich auch

MATTOO, A. UND LOW, P. (1997), S. 10-18, PETRAZZINI, B. A. (1998), S. 263-268, CHO, S. UNDMYEONGHO, L. (1997), S. 155-177, und WADA, E. UND TOMOHIKO, A. (1997), S. 181-248.

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34 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

mische Entwicklungsstand und divergierende Auffassungen über die Rolle desStaates zum Ausdruck.80 Neben einzelnen Ländern mit vollständig freiem Marktzutrittwaren viele Länder nur zu einer Festschreibung des Status quo bereit und stellenerst nach langen Übergangsfristen sehr begrenzte Marktöffnungen in Aussicht.

Weitgehend geöffnete Märkte bestanden unabhängig von den WTO-Verhandlungen innerhalb Asiens bereits in Japan, Malaysia und den Philippinen -entsprechend finden sich in den Listen dieser Länder keine Einschränkungen desWettbewerbs für einzelne Dienste (Tabelle 6). Die Zeitpläne für die Öffnung des süd-koreanischen Telekommunikationsmarktes sowie die Länderliste Singapurs gebenlangfristige Pläne wieder, die ebenfalls unabhängig vom Telekommunikationsab-kommen vereinbart wurden. Auch wenn einzelne Länder als Ergebnis der WTO-Verhandlungen ihre Investitionsbeschränkungen verringerten (z. B. Indien von 49%auf 25%, Südkorea von 49% auf 33% im Jahre 2001), bleibt verbindendes Merkmalvieler asiatischer Länder die im Vergleich zu anderen Ländergruppen wesentlichumfangreicheren Einschränkungen bei der Beteiligung ausländischen Kapitals. Diebis zur Asienkrise große ausländische Investitionsbereitschaft kann als ein Grunddafür angesehen werden, daß in Asien im Gegensatz zu anderen Regionen keineNotwendigkeit gesehen wurde, durch weitgehende ausländische Beteiligungsmög-lichkeiten die Attraktivität von Investitionen im Telekommunikationsbereich zu erhö-hen.

Die Marktöffnungen sind in Asien besonders in den Ländern zurückhaltender, indenen bei der Infrastruktur noch Ausbaubedarf besteht. In diesen Ländern wird häu-fig dem Staat und dem Alleinanbieter eine aktive Rolle beim Ausbau der Netzinfra-struktur zugesprochen. Gleichzeitig vollzieht sich ein Ausbau der Infrastruktur häufigmit ausländischen Partnern, die Infrastrukturinvestitionen vornehmen und dafür dasneue Netz für einen vereinbarten Zeitraum betreiben dürfen. Damit verbunden ist einWettbewerbsschutz für den Betriebszeitraum. Vor diesem Hintergrund relativiert sichbesonders die thailändische Länderliste. Die weit hinausgeschobene Öffnung desFestnetzmarktes (2006) ist mit mehreren Build-Transfer-Vereinbarungen verbunden.Strategische Partner für den Netzausbau finden sich auch in Sri Lanka und Paki-stan.81

In den Ländern, in denen bereits Teilprivatisierungen des Alleinanbieters stattge-funden haben, ist zudem festzustellen, daß durch einen Wettbewerbsschutz des Te-lekommunikationsunternehmens dessen Attraktivität im Privatisierungsprozeß erhöhtwerden soll. Auch in der Rolle des Regulierers kommt die auf stärkere Markteingriffe

80 Vgl. zur Heterogenität der Wirtschaftsentwicklung in Asien und den verschiedenen Entwicklungs-

generationen DIECKHEUER, G., LANGENFURTH, M. UND LUEB, T. (1996), S. 17-26.81 Vgl. MATTOO, A. UND LOW, P. (1997), S. 14-15 und S. 18. Eine Übersicht der Build-Transfer-

Vereinbarungen in Thailand findet sich in ITU (1997a), S. 61.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 35

ausgelegte Politik zum Ausdruck. Neben der Förderung des Wettbewerbs steht dieRegulierungsinstanz häufig vor der Aufgabe, eine ausreichende Versorgung der Be-völkerung mit Telekommunikationsdiensten sicherzustellen.

Vergleicht man die Listen aller Länder hinsichtlich der aufgenommenen Dienste,so finden sich im Mobilfunk die weitestgehenden Liberalisierungen. Vollzieht sich dieÖffnung des Festnetzmarktes innerhalb einer Übergangsperiode, so wird in der Re-gel zunächst das Angebot für geschlossene Benutzergruppen geöffnet. Es folgenDienste, die auf der Basis der Infrastruktur des Monopolanbieters bereitgestellt wer-den. Zuletzt wird dann der Sprachdienst im Fern- und Nahbereich liberalisiert. Hierbeireichen die Übergangsfristen für einen Großteil der Länder bis weit in das nächsteJahrtausend hinein.

Beurteilt man neben den Marktöffnungen die Bedingungen für ausländische Inve-stitionen nach Ländern differenziert, so fallen ebenfalls zahlreiche Ausnahmerege-lungen auf. Zählt man die Mitgliedsländer der EU einzeln, so erlauben von den 72Unterzeichnerländern nur 26 in ihren Länderlisten mit dem Inkrafttreten des Abkom-mens uneingeschränkte ausländische Unternehmensbeteiligungen.82 In weiteren 22Ländern ist erst nach Übergangsfristen bis zum Jahre 2005 eine vollständige Kapi-talbeteiligung für Ausländer möglich (Tabelle 7).

Tabelle 7: Vollständig freie oder nur einzelne Ausnahmebereichebetreffende Investitionsbedingungen

Geordnet nach dem Jahr, in dem Beteiligungsrestriktionen aufgehoben werden.

1998 Australien (ohne Vodafone und Telstra), Chile (ohne lokale Anbieter), Dominikani-sche Republik, EU (ohne Griechenland, Irland und Portugal) El Salvador, Guate-mala, Hongkong, Island, Japan (ohne KDD und NTT), Kolumbien, Neuseeland (oh-ne Telecom NZ ), Norwegen, Schweiz, Trinidad & Tobago, USA (ohne common car-rier radio license)

1999 Peru, Brasilien

2000 Argentinien (8.11.), Irland, Singapur, Venezuela (27.11.)

2001 Bolivien, Tschechische Republik

2002 Papua-Neuguinea

2003 Griechenland, Rumänien, Slowakische Republik, Ungarn (ohne MATAV und Anten-na Hungaria)

2004 Bulgarien, Mauritius, Pakistan

≥ 2005 Antigua & Barbuda, Barbados, Brunei, Bangladesch, Elfenbeinküste, Grenada, Ja-maika, Surinam

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).

82 Die 15 Länder der EU werden hier einzeln gezählt, weil in zwölf Ländern weitgehend freie Inve-

stitionsbedingungen bestehen, während für Griechenland, Portugal und Irland Einschränkungenvorgenommen wurden.

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36 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Acht Länder halten ohne Angabe von Übergangsfristen an Beschränkungen fürausländische Unternehmensbeteiligungen in einzelnen Dienstebereichen fest. Inweiteren elf Ländern bleiben generelle Investitionsbeschränkungen für Ausländerbestehen. Hier sind jeweils nur Minderheitsbeteiligungen erlaubt (Tabelle 8). Insge-samt kann somit festgestellt werden, daß es mit dem Telekommunikationsabkommennicht gelungen ist, weitgehend freie Investitionsbedingungen zu erreichen. In derMehrzahl der Länder bleiben ausländische Beteiligungen mit Übergangsfristen oderdauerhaft beschränkt. Eine für die internationale Dienstleistungserbringung wesentli-che Markteintrittsform bleibt somit weiterhin stark eingegrenzt.

Tabelle 8: Beschränkungen ausländischer Beteiligungen

Kanada

20% direkte Beteiligungen, 33,3% für indirekte Beteiligungen,46,7% für kombinierte direkte und indirekte Beteiligung an An-bietern mit eigenem Netz; Anbieter müssen unter der Kontrollevon Kanadiern stehen.Inländerbehandlung: 80% der Mitglieder des Vorstands müssenKanadier sein.Ausnahmen: Unterseekabel-Betreiber und Anbieter von mobilenSatellitendiensten dürfen zu 100% in ausländischem Besitz sein.Fixe Satellitenverbindungen dürfen ab 31.12.1999 zu 100% inausländischem Besitz sein, ausgenommen sind fixe Verbindun-gen in die USA. Diese sind erst ab 1.3.2000 ohne Beschränkun-gen.

Ecuador Nur Öffnung des Sprachmobildienstes.

GhanaKeine prozentuale Beschränkung, aber Joint Venture mit natio-nalen Anbieter notwendig.

Israel 74%, bei kabellosen Diensten 80%.

Südkorea

Bis 31.12.1998 keine Lizenzvergabe an Personen, deren größterAnteilseigner eine ausländische Regierung oder eine ausländi-sche natürliche oder juristische Person ist.Bis 2001 33% an Anbietern mit eigenem Netz und dann 49%.Erst ab 1999 49% ausländische Beteiligung an Weiterverkäufernohne eigenes Netz erlaubt, ab 2001 ohne Einschränkungen20% an Korea Telecom, ab 2001 33%.

Mexiko 49%, im Mobilfunk mehr als 49% nach vorheriger Genehmigung.

Polen 49% mit Ausnahme lokaler Anbieter.

Beschränkung

einzelner

Bereiche

Tunesien 49%, an Tunisie Télécom ab 2002 10%.

Indien 25% Senegal 35%Indonesien 35% Sri Lanka 35%Malaysia 30% Südafrika 30%Marokko k. A. aber Besch. möglich Türkei 49%Philippinen 40% Thailand 20%

Generelle

Beschränkung

Portugal 25% (Nicht-EU-Ausl.)

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).

Die Tabelle 9 führt die Marktöffnungszugeständnisse und Investitionsbedingungenfür alle am Abkommen beteiligten Länder zusammen. Die Länder im oberen linken

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 37

Sektor gewähren spätestens beim Inkrafttreten des Abkommens für alle verhandeltenDienste einen uneingeschränkten Marktzutritt. Gleichzeitig liegen keine Investitions-beschränkungen für Ausländer vor. Damit verfügen diese Länder über die am weite-sten geöffneten Telekommunikationsmärkte weltweit. Im Gegensatz dazu hat bei denLändern im unteren rechten Sektor das Abkommen keinen Liberalisierungseffektausgelöst, da sowohl die Möglichkeit ausländischer Unternehmensbeteiligungen alsauch der Umfang der berücksichtigten Dienste zunächst sehr eingeschränkt bleibt.Es läßt sich feststellen, daß eine vollständige Öffnung des Dienstemarktes - auchnach längeren Übergangsfristen - in den meisten Ländern mit uneingeschränktenInvestitionsbedingungen verbunden ist. Hiervon ausgenommen sind die Länder imunteren linken Sektor. Im Widerspruch zur Wettbewerbsorientierung bei der Dienste-öffnung stehen die nur begrenzten Investitionsmöglichkeiten für ausländische An-bieter.

Tabelle 9: Marktöffnung und ausländische Beteiligungsmöglichkeiten

Umfang der Marktöffnung

Alle DiensteEinzelne Dienste

oderÜbergangsfristen

Sehr eingeschränkt,lange Übergangsfristen

oderkaum verbind. Zusagen

kein

e

AustralienBelgienDänemarkDeutschlandDomi. Rep.El SalvadorFinnlandGroßbritan.Guatemala

IslandItalienLuxemburgNiederlandeNorwegenÖsterreichSchwedenSchweizSpanien

ArgentinienBulgarienBolivienGriechenl.HongkongIrland

PakistanPeruRumänienSlowa. Rep.Tsche. Rep.Venezuela

Antigua & BarbudaBangladeschBarbadosBruneiEcuadorElfenbeinküsteGrenadaMauritiusPapua-NeuguineaSurinam

Nur

für

einz

elne

Die

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/A

nbie

ter

FrankreichJapanKanadaSüdkoreaNeuseelandUSA

BrasilienChileGhanaPolenSingapurUngarn

Bes

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gen

Gen

erel

l MalaysiaMexikoPhilippinen

IndienIndonesienIsraelKolumbienMarokko

PortugalSenegalSri LankaSüdafrika

BelizeDominicaJamaikaThailand

Trini. & Toba.TunesienTürkeiZypern

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).

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38 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Unter den Ländern, die eine weitgehende Öffnung des Dienstemarktes und unein-geschränkte Investitionsbedingungen gewähren, finden sich nur wenige Entwick-lungsländer. Die Mittelamerikastaaten El Salvador, Guatemala und die Dominikani-sche Republik bilden hier eine Ausnahme. Generell kann festgestellt werden, daß aufentwickelten Telekommunikationsmärkten die Bereitschaft größer war, vollen Wett-bewerb und Investitionsfreiheit zu gewähren als in weniger entwickelten Ländern.Häufig wird in diesen Ländern staatlichen Lenkungseingriffen eher zugetraut, eineGrundversorgung aufzubauen, als dem Wettbewerb auf einem geöffneten Telekom-munikationsmarkt. Beachtet man die Notwendigkeit, ausländisches Kapital und Wis-sen bei der Modernisierung veralteter Telekommunikationsnetze einzusetzen, ist dieZurückhaltung gegenüber ausländischen Investoren unverständlich. Beschränkun-gen ausländischer Investitionen müssen sich jedoch nicht zwingend auf einzelnestrategische Investoren beziehen.83 Sind einzelne Entwicklungsländer solche Part-nerschaften mit ausländischen Telekommunikationsanbietern eingegangen, so bau-en diese das Telekommunikationsnetz unter der Bedingung aus, es anschließend füreinen festgelegten Zeitraum betreiben zu können. Die zurückhaltenden Marktöffnun-gen in diesen Ländern können sich daher auch dadurch ergeben haben, daß einemstrategischen Partner ein Wettbewerbsschutz gewährt wird.

Die länderweise Untersuchung der Marktöffnungszugeständnisse hat den Liberali-sierungsbeitrag des WTO-Telekommunikationsabkommens relativiert. Für die wich-tigsten Ländermärkte sind Liberalisierungsschritte auch ohne die WTO-Verhandlungen initiiert worden. Die Länder, in denen mit dem Inkrafttreten des Ab-kommens ein freier Marktzugang und unbehinderte Investitionsbedingungen beste-hen, hätten dies in vergleichbarem Umfang auch ohne das Abkommen gewährleistet.Dies gilt besonders für die umsatzstärksten Märkte USA, Europa und Japan.84 Damitentscheidet sich die Qualität des Abkommens an den Marktöffnungen der LänderAsiens, Südamerikas und der osteuropäischen Transformationsökonomien. Währendin einer mittelfristigen Perspektive in Osteuropa und Südamerika weitgehend geöff-nete Märkte erreicht werden, ist der Liberalisierungsbeitrag des Abkommens in Asienbegrenzter.

Das WTO-Telekommunikationsabkommen stellt eine Verpflichtungserklärung zurMarktöffnung im jeweils vereinbarten Rahmen dar. Aber auch für die Länder, die sichzu einer weitgehende Marktöffnung entschlossen haben, bedeutet dies noch nicht,daß es auch tatsächlich zu einem intensiven Wettbewerb kommt. In der Tabelle 9sind zusätzlich die Länder fett markiert, die die Regulierungsvorgaben durch das„Reference Paper“ nur eingeschränkt oder gar nicht akzeptieren. Eine theoretischeAnalyse der Besonderheiten des Telekommunikationsmarktes zeigt, daß der Ausge-

83 Vgl. ITU (1997a), S. 58-61.84 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 52.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 39

staltung des Regulierungsrahmens eine entscheidende Funktion bei der Etablierungvon Wettbewerb in einem geöffneten Markt zukommt.85 Der folgende Abschnitt stelltdie vereinbarten Regulierungsvorgaben vor und untersucht, inwieweit diese die Ent-stehung eines wettbewerblichen Umfeldes begünstigen können.

1.1.1 Regulierungsvorgaben1.1.1.1 Ausgestaltung

Die Anforderungen an die Ausgestaltung des nationalen Regulierungsrahmen er-geben sich für die Unterzeichnerländer des Abkommens über Telekommunikations-basisdienste aus drei Bereichen:

• dem „Reference Paper“

• den allgemeinen Prinzipien des GATS

• der Anlage zur Telekommunikation.

Vorgaben für den Regulierungsrahmen sind innerhalb des WTO-Telekommunikationsabkommens im "Reference Paper" festgelegt. Neben den spezi-fischen Verpflichtungen zur Marktöffnung und Inländerbehandlung, die eine generelleÖffnung der Märkte gewährleisten sollen, sind mit dem „Reference Paper“ Mindest-anforderungen vereinbart worden, nach denen die Unterzeichnerländer ihre regulato-rischen Rahmenbedingungen gestalten müssen. Da in fast allen Ländern die Tele-kommunikation von einem Monopolisten erbracht wurde, ist nach einer Liberalisie-rung der ehemalige Monopolist automatisch marktbeherrschender Anbieter. Der be-stehende Kundenstamm und die Telekommunikationsinfrastruktur - sofern sie im Be-sitz des etablierten Anbieters verbleiben - verschaffen ihm einen Vorteil gegenüberneuen Wettbewerbern. Es kommt hinzu, daß der politische Einfluß auf den ehemali-gen Monopolisten durch einen verbleibenden Staatsanteil oder Universaldienstver-pflichtungen größer ist als auf neue Anbieter.86

Das „Reference Paper“ soll sicherstellen, daß der Regulierungsrahmen auf demTelekommunikationsmarkt so ausgestaltet ist, daß die Erbringung von Telekommuni-kationsdiensten durch neue Anbieter nach einer Marktöffnung nicht von dem eta-blierten Anbieter, der eine dominante Marktstellung oder die Kontrolle über Engpaß-faktoren hat, behindert werden kann.87 Mit dem „Reference Paper“ gehen so konkreteVorgaben für die Ausgestaltung der Wettbewerbspolitik in einem Sektor in ein Han-delsabkommen ein. Es identifiziert sechs Kernelemente, die bei der Umgestaltungdes nationalen Regulierungsrahmens zu berücksichtigen sind (Tabelle 10).88 Die er-

85 Vgl. zum Regulierungsrahmen in der Telekommunikation LANGENFURTH, M. (2000), S. 94-12786 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 23.87 Vgl. TUTHILL, L. (1997), S. 793.88 Der Originaltext des „Reference Papers“ liegt dieser Arbeit als Anhang 2 bei.

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40 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

sten beiden Elemente (Wettbewerbssicherung und Interconnection) beziehen sichauf die Regulierung marktbeherrschender Anbieter, die folgenden vier (Universal-dienste, Lizensierung, Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde und Vergabe knap-per Frequenzen) betreffen allgemeine Regulierungsprinzipien.

Tabelle 10: Übersicht: Regulierungsvorgaben durch das„Reference Paper“

1. Wettbewerbssicherungen1.1 Verhinderung von wettbewerbswidrigem Verhalten in der Telekommunikation1.2 Wettbewerbssicherungen sollen sich insbesondere beziehen auf:

(a) wettbewerbswidrige Quersubventionen(b) Nutzung von Informationen über Wettbewerber mit wettbewerbswidrigem Ziel(c) Nicht-Verfügbarmachung von Informationen für Wettbewerber

2. Zusammenschaltung2.1 Zusammenschaltung, um die Nutzer oder Dienste eines

anderen Anbieters zu erreichen2.2 Die Zusammenschaltung soll ermöglicht werden:

(a) unter nicht-diskriminierenden Bedingungen(b) innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens(c) an allen nachgefragten Punkten

2.3 Öffentliche Verfügbarkeit aller Informationen über dieZusammenschaltungsverhandlungen

2.4 Transparenz der Zusammenschaltungsvereinbarungen2.5 Zusammenschaltung: Streitbeilegung

3. Universaldienst4. Öffentliche Verfügbarkeit der Lizensierungskriterien

Ist eine Lizenz erforderlich, so sind folgende Informationen zu veröffentlichen:(a) Lizensierungskriterien und Zeit bis zur Entscheidung(b) Bedingungen für eine individuelle Lizenz

5. Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde6. Verteilung und Nutzung knapper Ressourcen

Ein marktbeherrschender Anbieter zeichnet sich nach dem „Reference Paper“ da-durch aus, daß er im relevanten Markt für Telekommunikationsbasisdienste die Be-dingungen der Marktteilnahme in bezug auf den Preis und das Angebot bestimmenkann, indem er die Kontrolle über eine wesentliche Anlage89 besitzt oder seineMarktposition ausnutzt. Um marktbeherrschenden Anbietern kein wettbewerbswidri-ges Verhalten zu ermöglichen, sieht das „Reference Paper“ vor, daß jedes Land ge-eignete Maßnahmen zur Wettbewerbssicherung (Competitive Safeguards) ergreifen

89 Das „Reference Paper“ definiert eine wesentliche Anlage als Engpaßfaktor bei der Erbringung

von Telekommunikationsdiensten. Sie wird alleine oder dominant von einem Anbieter oder einerbegrenzten Zahl von Anbietern bereitgestellt und kann ökonomisch oder technisch nicht substi-tuiert werden.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 41

soll. Als Sicherung für einen freien Wettbewerb sollen vor allem Quersubventionendes marktmächtigen Anbieters und eine wettbewerbswidrige Nutzung von Informa-tionen über andere Anbieter verhindert sowie alle technischen und wirtschaftlichenAngaben, die ein Wettbewerber zur Bereitstellung seines Dienstes benötigt, diesemauch zugänglich gemacht werden (Vgl. Art. 1).

Eine zentrale Bestimmung des „Reference Papers“ bilden die Vorgaben zur Zu-sammenschaltung (Interconnection) mit dem Netz des marktbeherrschenden Anbie-

ters (Vgl. Art. 2). Die Kunden eines Diensteanbieters müssen mit Benutzern andererDiensteanbieter kommunizieren und die Dienste eines anderen Diensteanbieters er-reichen können. Die Zusammenschaltung mit dem Netz des Hauptanbieters muß:

• an jedem technisch möglichen Punkt

• nicht-diskriminierend, transparent und zu vernünftigen Vertragslaufzeiten, Bedin-gungen und Preisen

• in einer nicht schlechteren Qualität als für die Nutzung mit eigenen Diensten

• ohne Bindung an andere Netzkomponenten, die für die Bereitstellung des eigenenDienstes nicht benötigt werden

• innerhalb eines ausreichenden Zeitrahmens

• zu kostenorientierten Preisen

• auf Wunsch auch außerhalb der Verbindungspunkte, die von den meisten Nutzerngewählt werden ,

erfolgen.

Für die Verbindung mit dem Netz des Hauptanbieters sollen die Vergabeprozedu-ren und -vereinbarungen transparent sein. Falls es zu Streitigkeiten über die Bedin-gungen und Preise für die Zusammenschaltung kommt, muß jeder Diensteanbieterdie Möglichkeit haben, ein unabhängiges Schiedsgericht anrufen zu können.

Während die ersten beiden Elemente des „Reference Papers“ sich auf die Regu-lierung eines marktbeherrschenden Anbieters beziehen, stellen die folgenden Ele-mente allgemeine Gestaltungsprinzipien für den Regulierungsrahmen dar. Die Aus-führungen zu den allgemeinen Prinzipien sind im „Reference Paper“ dabei wenigerdetailliert gehalten.

Die Vorgaben für den Universaldienst beinhaltet keine Definition, welche Dienste

als Universaldienste aufgefaßt werden. Jedes Land darf Universaldienstverpflichtun-gen eigenständig abgrenzen und auferlegen, sie sind nicht generell wettbewerbs-feindlich. Voraussetzung ist allerdings, daß Universaldienstverpflichtungen transpa-rent, diskriminerungsfrei und wettbewerbsneutral vergeben werden (Vgl. Art. 3).

Ein weiteres Gestaltungsprinzip stellt die öffentliche Verfügbarkeit der Lizensie-rungskriterien dar. Bei der Vergabe von Lizenzen sollen die Lizensierungskriterien

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und der Zeitplan für die Entscheidung bis zu einer Lizenzzuteilung sowie die Lauf-zeiten und Bedingungen einzelner Lizenzen öffentlich zugänglich sein (Vgl. Art. 4).

Auch die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde wird im „Reference Paper“ be-

rücksichtigt. Sie muß unabhängig von jedem Anbieter von Telekommunikationsba-sisdiensten sein. Entscheidungen der Regulierungsbehörde sollen unparteiisch ge-troffen werden (Vgl. Art. 5).

Im letzten Punkt wird die Vergabe und Nutzung knapper Ressourcen behandelt.

Die Modalitäten für die Vergabe und Nutzung von Ressourcen wie Frequenzen, Te-lefonnummern und Wegerechten sollen objektiv, rechtzeitig, transparent und nicht-diskriminierend durchgeführt werden. (Vgl. Art. 6).

Tabelle 11: Akzeptanz des „Reference Paper“

Vollständige Berücksichtigung(43 Länder)

Antigua & BarbudaArgentinienAustralienBarbadosBelizeBruneiBulgarienChileDom. Rep.DominicaEl SalvadorElfenbeinküsteEUGhanaGrenada

GuatemalaHongkongIndonesienIslandIsraelJamaikaJapanKanadaKolumbienSüdkoreaMexikoNeuseelandNorwegenPapua-Neuguinea

PeruPolenRumänienSchweizSenegalSingapurSlowakische Rep.Sri LankaSurinamSüdafrikaTrinidad & TobagoTschechische Rep.UngarnUSA

Regulierungsprinzipien werdenzu einem späteren Zeitpunktaufgenommen (4 Länder)

Bangladesch, Brasilien, Mauritius, Thailand

Angabe eigener/abgeänderterRegulierungsprinzipien (8 Länder)

BolivienIndienMalaysia

MarokkoPakistanPhilippinen

TürkeiVenezuela

Keine Berücksichtigung (3 Län-der) Ecuador, Tunesien, Zypern

Quelle: Eigene Zusammenstellung anhand der jeweiligen Länderlisten, vgl. WTO (1997b).

Die Vorgaben für den Regulierungsrahmen können als zusätzliche Vereinbarun-gen in die Länderlisten aufgenommen werden. Innerhalb der zweiten Verhandlungs-runde zwischen April 1996 und Februar 1997 stieg die Anzahl der Länder, die das„Reference Paper“ in ihre zusätzlichen Verpflichtungen aufgenommen haben, deut-lich an. In 43 der 58 Länderlisten wird den Vorgaben des „Reference Papers“ mitdem Inkrafttreten des Abkommens ganz, in vier Länderlisten zu einem späteren Zeit-punkt zugestimmt. Acht Länder übernehmen einzelne Teile des „Reference Papers“oder geben eigene Regulierungsprinzipien an. Drei Länder machen hinsichtlich der

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 43

Regulierungsprinzipien keine Zugeständnisse. Die Tabelle 11 zeigt den Umfang derBerücksichtigung des „Reference Paper“.

Weiterhin Gültigkeit besitzt auch trotz der Einbindung von Telekommunikationsba-sisdiensten und Verabschiedung des „Reference Papers“ die Anlage zur Telekom-munikation.90 Während sich das „Reference Paper“ auf die Anbieter von Basisdien-sten bezieht, ist die Anlage zur Telekommunikation breiter gefaßt und primär aufDiensteanbieter ausgelegt, die für ihr Angebot Zugang zu einem Telekommunikati-onsnetz benötigen. Da die Anlage zur Telekommunikation fester Bestandteil desGATS ist, kann keine Ausklammerung über eine Länderliste erfolgen.91 Sie hat damitfür alle WTO-Mitglieder Gültigkeit - unabhängig von den Zugeständnissen im Rah-men des Telekommunikationsabkommens. In Ländern, die keine eigenen Länderli-sten vorgelegt oder das „Reference Paper“ nur in Auszügen akzeptiert haben, ist dieAnlage zur Telekommunikation von besonderer Bedeutung. Auch für diese Länderläßt sich bei einzelnen Telekommunikationsdiensten eine Zugangsberechtigung zumTelekommunikationsnetz ableiten.92 Zwar bezieht sich die Anlage nicht direkt aufTelekommunikationsbasisdienste, aus den verwendeten Begriffen „Anschluß undNutzung“ ließe sich jedoch auch eine Zusammenschaltung im Sinne des „ReferencePapers“ ableiten.93

Zentrale Bestimmungen des GATS, die für den Telekommunikationssektor vonBedeutung sind, sind das Prinzip der Meistbegünstigung (Art. II) und der Grundsatzder Transparenz (Art. III). In der Anlage zur Telekommunikation und im „ReferencePaper“ finden sich diese allgemeinen Prinzipien wieder. So verlangt die Anlage zurTelekommunikation Nichtdiskriminierung für den Anschluß an ein öffentliches Tele-kommunikationsnetz und dessen Nutzung. Das „Reference Paper“ hebt die Bedeu-tung der Nichtdiskriminierung bei der Zusammenschaltung hervor. Auch der Grund-satz der Transparenz wird sowohl in der Anlage zur Telekommunikation als auch im„Reference Paper“ mit Bezug auf den Telekommunikationssektor konkretisiert.

Die allgemeinen Bestimmungen des GATS sind ebenfalls von Relevanz, wenn voneinem WTO-Mitglied keine spezifischen Verpflichtungen eingegangen worden sindoder nur ein eingeschränktes „Reference Paper“ vorgelegt wurde. Da die Anlage zurTelekommunikation und das „Reference Paper“ jedoch speziell auf die Besonder-heiten des Telekommunikationssektors abgestimmt sind, können die GATS-

90 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 32.91 Vgl. TUTHILL, L. (1997), S. 785.92 Einige Beispiele liefern BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 32. Sie nennen u. a.

einen Internet-Provider, der mit Bezug auf die Anlage zur Telekommunikation von einem Tele-kommunikationsnetzbetreiber Mietleitungen und Zugangsnummern für sein Angebot einfordernkann.

93 Auf diese Möglichkeit weisen BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 33, hin, siemachen jedoch gleichzeitig auf die begrifflichen Interpretationsschwierigkeiten aufmerksam.

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Bestimmungen nur einen Minimalstandard erfüllen. Für die Privatisierung eines ehe-maligen Telekommunikationsmonopolisten etwa ergibt sich aus den Grundsätzen derMeistbegünstigung und Transparenz die Vorgabe, keine länderweise Bevorzugungbei der Anteilsvergabe zuzulassen und den Vergabeprozeß transparent zu gestalten.Gleiches gilt für die Zuteilung von Lizenzen an neue Anbieter.94 Allgemeine Anforde-rungen an die Ausgestaltung der nationalen Regulierung stellt auch Art. VI des GATS(Innerstaatliche Regelungen). Er fordert für alle Maßnahmen der Regulierungsinstanzinsbesondere Objektivität, Fairneß und Unparteilichkeit. Für technische Vorgaben,Lizenzverfahren und Standards wird vorgegeben, daß keine Benachteiligung einzel-ner Anbieter erfolgen darf und die Eingriffe möglichst zurückhaltend erfolgen sollen.Für Länder, die das „Reference Paper“ akzeptiert haben, sind diese allgemeinen Be-stimmungen des GATS jedoch von geringerer Bedeutung, da sich aus dem „Refe-rence Paper“ konkretere Vorgaben ergeben.95

Nach der Darstellung der Verhandlungsergebnisse wird in den nächsten Gliede-rungsabschnitten der Liberalisierungsbeitrag des Abkommens untersucht. Im An-schluß daran werden Schlußfolgerungen für die Rolle der WTO beim Abbau desDienstleistungsprotektionismus sowie Konsequenzen für die Einbindung weitererDienstleistungsbereiche analysiert.

1.1.1.2 Beurteilung

Für die Beurteilung der mit dem Telekommunikationsabkommen festgelegten in-stitutionellen Rahmenbedingungen sind zwei Bereiche von Relevanz: die Vorgabendes „Reference Papers“ für die Ausgestaltung des nationalen Regulierungsrahmensund die Einbindung in den multilateralen Rahmen der WTO.

Mit der Aufnahme von Vorgaben für den Regulierungsrahmen auf einem geöff-neten Telekommunikationsmarkt berücksichtigt das Telekommunikationsabkommendie Bedeutung nationaler Regulierungen als protektionistisches Element in einemDienstleistungssektor. Die grundsätzliche Marktöffnung, wie sie in den Länderlistenzum Ausdruck kommt, stellt lediglich den ersten Schritt hin zu einem wettbewerbli-chen Angebot dar. Ohne einen speziellen Regulierungsrahmen ist nicht damit zurechnen, daß sich neue Anbieter gegenüber dem marktbeherrschenden ehemaligenMonopolisten durchsetzen. Für die Beurteilung des erreichten Liberalisierungsni-veaus innerhalb eines Ländermarktes ist daher der festgelegte Regulierungsrahmenein entscheidendes Element.

94 Ähnliche Beispiele finden sich bei TUTHILL, L. (1997), S. 788.95 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 35-37, und TUTHILL, L. (1997),

S. 789-791.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 45

Das „Reference Paper“ definiert die grundsätzlich neue Rolle des Regulierers aufeinem Wettbewerbsmarkt. Aufgabe der Regulierungsinstanz ist es nicht mehr, Ziel-vorgaben des Staates durchzusetzen. Die Gestaltung des „Reference Paper“ zieltdarauf ab, dem Regulierer eine wettbewerbsfördernde Position einzuräumen. Dabeiwerden durch das „Reference Paper“ die für den Markteintritt neuer Anbieter wesent-lichen Kernelemente angesprochen.96 Allerdings ist festzustellen, daß für die Ausge-staltung der konkreten Eingriffe ein großer Ermessensspielraum verbleibt. Die ein-zelnen Vorgaben sind sehr allgemein formuliert, und das „Reference Paper“ scheintbei einer Originalübernahme nicht geeignet, ein tatsächliches wettbewerbliches Um-feld zu garantieren.

Es hängt von der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Regulierungselementeab, inwieweit sie die mit ihnen verbundenen Ziele erreichen können. So ist neben derAufnahme von Regelungen für die Frequenzvergabe, Zusammenschaltung von Net-zen oder Universaldienstverpflichtungen entscheidend, daß diese Elemente mitmarktkonformen Instrumenten umgesetzt werden. Hinsichtlich der genauen Ausge-staltung der regulierenden Eingriffe macht das „Reference Paper“ jedoch keine An-gaben.97 Daher erfüllt es in seiner allgemein gehaltenen Form eher die Funktion einerEmpfehlung, in der die grundlegende Bedeutung des Ordnungsrahmens auf einemgeöffneten Telekommunikationsmarkt und die wichtigsten Gestaltungspunkte zumAusdruck kommen.

Es bleibt fraglich, ob das „Reference Paper“ in der beschlossenen Form tatsäch-lich von allen Ländern genutzt wird, um die gegebenen Freiräume im Sinne einer tat-sächlichen Marktöffnung umzusetzen. Trotz einer de facto nach den Länderlistenbestehenden Öffnung des Telekommunikationsmarktes kann so über den Regulie-rungsrahmen der ehemalige Monopolanbieter bevorzugt werden. Eine generelleMarktöffnung erfährt über den Regulierungsrahmen wieder eine Einschränkung. Da-bei muß es sich nicht um ein beabsichtigtes Unterlaufen der GATS-Vereinbarungenhandeln. Erfahrungen bei der Umgestaltung ehemaliger Monopolbereiche sind nichtin allen Ländern in gleichem Maße vorhanden. Bereits liberalisierte Telekommunika-tionsmärkte haben gezeigt, daß den Entscheidungen der Regulierungsinstanz gera-de in der Anfangsphase des Wettbewerbs eine große Bedeutung zukommt. Fehlt esfür die Regulierungsinstanz an qualifiziertem Personal, das die nötige Unabhängig-keit besitzt, um Entscheidungen auch gegen politischen Widerstand durchsetzen zukönnen, so verzögert sich der Liberalisierungsprozeß.

Unabhängig von den Vorgaben für den Regulierungsrahmen vollzieht sich mit demTelekommunikationsabkommen auch eine institutionelle Einbindung in die WTO.

96 Vgl. TUTHILL, L. (1997), S. 784 und S. 794.97 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 58.

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46 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Fraglich ist, inwieweit der Streitbeilegungsmechanismus der WTO geeignet ist, eineUmsetzung des Abkommens zu garantieren. Grundsätzlich können nur die Länder-vertreter bei der WTO ein anderes Mitglied der Abweichung von Vereinbarungen be-schuldigen. Im Anschluß hieran kommt es zur Aufnahme des Streitbeilegungsme-chanismus.98 Private Telekommunikationsanbieter haben somit nicht die Möglichkeit,die WTO als übergeordnete Regulierungsinstanz anzurufen, falls sie mit der Umset-zung des Abkommens nicht einverstanden sind.99 Möchte ein Telekommunikati-onsanbieter die Durchsetzung einer Marktöffnung einklagen, so ist er darauf ange-wiesen, daß die Regierung seines Landes bei der WTO Beschwerde einreicht. Eskommt hinzu, daß das Streitbeilegungsverfahren trotz der mit der Uruguay-Rundevereinbarten Fortschritte für die Telekommunikation unzureichend sein kann. Für densehr schnellebigen Telekommunikationsmarkt dauern Entscheidungen noch zu lan-ge, als daß die WTO hier die Rolle einer übergeordneten Regulierungsinstanz ein-nehmen könnte.100 Gerade in der Phase eines beginnenden Wettbewerbs mit neuenAnbietern ist ein schneller Streitschlichtungsmechanismus zur Etablierung von Wett-bewerb in diesem Markt von großer Bedeutung.

4.1.2 Verbleibende Problemfelder

Auch wenn die Einbindung von Telekommunikationsbasisdiensten neue techni-sche Entwicklungen wie z. B. mobile Satellitensysteme berücksichtigt, orientiert siesich am klassischen Bild einer Telekommunikation, die primär der Sprach- und Da-tenübertragung dient, und klammert den Bereich der audiovisuellen Dienstleistun-gen aus. Der digitale Konvergenzprozeß zwischen Computer-, Medien- und Tele-kommunikationsbereich läßt jedoch eine gesonderte Behandlung des Telekommuni-kationssektors zunehmend schwierig erscheinen. Bei einer digitalen Signalverarbei-tung ist es unerheblich und technisch nicht unterscheidbar, ob über eine Telekom-munikationsverbindung ein Ferngespräch, ein Internetabruf oder ein Videosignalübertragen wird. Die Erhöhung der Übertragungskapazität und die weitere Integrationverschiedener Dienste werden dazu führen, daß Haushalten über einen Kommunika-tionsanschluß Fernseh- und Rundfunkdienste, ein Internetzugang und der konven-tionelle Telefon- und Faxanschluß bereitgestellt werden. Auf diese Entwicklung istdas Telekommunikationsabkommen nicht ausgerichtet.

Der Konflikt um die Aufnahme von audiovisuellen Dienstleistungen während derTelekommunikationsverhandlungen und die explizite Ausklammerung dieser Dienste

98 Vgl. zum Streitbeilegungsmechanismus HAUSER, H. UND SCHANZ, K.-U. (1995), S. 236-246, und

SUNTUM, U. VAN UND VEHRKAMP, R. (1996), S. 53-58.99 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 41.100 Vgl. DRAKE, W. J. UND NOAM, E. M. (1997), S. 55-56, und BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE,

P. (1997), S. 42.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 47

in einzelnen Länderlisten berühren den Punkt einer verstärkten Dienstekonvergenzund markieren die Grenzen des Telekommunikationsabkommens. Die ordnungspoli-tisch unterschiedliche Behandlung des Rundfunk- und Fernsehbereichs und der Te-lekommunikation und die damit verbundenen kulturpolitischen Ansprüche besondersinnerhalb der Europäischen Union standen einer Ausdehnung des Verhandlungsge-genstandes auf audiovisuelle Dienste im Wege.

Keine direkte Berücksichtigung in der Telekommunikationsvereinbarung findetauch das Accounting-Rate-System als Abrechnungsverfahren bei grenzüber-schreitender Kommunikation. Da mit dem Accounting-Rate-Verfahren unterschiedli-che Tarife für Länder verbunden sind, widerspricht es der Meistbegünstigungspflicht.Daher haben fünf Länder Accounting Rates explizit in ihren Länderlisten von derMeistbegünstigungspflicht ausgenommen. Zusätzlich verständigte sich die GBT zumAbschluß der Verhandlungen darauf, daß unterschiedliche Tarife fester Bestandteildes derzeitigen Accounting-Rate-Verfahrens sind. Die Anwendung des Accounting-Rate-Verfahrens mit länderspezifischen Tarifen widerspricht damit generell nicht demGATS-Prinzip der Meistbegünstigungspflicht und kann nicht Gegenstand einesStreitschlichtungsverfahrens werden. Über das Accounting-Rate-Verfahren soll erstin der nächsten Dienstleistungshandelsrunde ab dem Jahre 2000 verhandelt wer-den.101 Eine etwaige Reform des internationalen Abrechnungssystems ist bis dahinden einzelnen Ländern freigestellt.102

Auch wenn Accounting Rates nicht explizit in das Telekommunikationsabkommenaufgenommen wurden, wird das Abkommen dennoch einen indirekten Druck auf dieinternationale Tarifgestaltung ausüben. Das Accounting-Rate-Systems ist besondersdann problematisch, wenn eine asymmetrische Liberalisierungssituation zwischenverschiedenen Ländern besteht.103 Defizite in den Ausgleichszahlungen ergeben sichhauptsächlich aufgrund der mit einer einseitigen Wettbewerbsöffnung verbundenenZunahme der Nachfrage nach internationalen Verbindungen. Die heute bestehendenMonopol-Wettbewerbs-Beziehungen werden mit einer Marktöffnung, wie sie das Te-lekommunikationsabkommen vorsieht, jedoch zunehmend durch bilaterale Wettbe-werbsbeziehungen ersetzt. Damit entsteht innerhalb der Länder, die ihren Telekom-munikationsmarkt dem Wettbewerb öffnen, auch ein Preisdruck auf überhöhte End-kundentarife. Bei einer preiselastischen Nachfrage nach internationalen Verbindun-gen wird sich zwischen zwei Ländern, die beide ihren Telekommunikationsmarkt demWettbewerb geöffnet haben, der Umfang der ausgehenden internationalen Verbin-dungen angleichen.

101 Vgl. REPORT OF THE GROUP ON BASIC TELECOMMUNICATIONS.102 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 45.103 Vgl. zum Accounting Rate System und den Funktionsdefekten LANGENFURTH, M. (1999), S. 145-

155.

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48 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

Gleichzeitig ermöglicht eine nationale Wettbewerbsöffnung das Angebot innovati-ver Telekommunikationsleistungen. Durch eine Fernanbindung von Großkunden oderder Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Telekommunikationsanbietern, die ei-genständige Abrechnungsverfahren mit ausländischen Partnern abgeschlossen ha-ben, sinkt die Relevanz des Accounting-Rate-Verfahrens für die Abrechnung interna-tionaler Verbindungen. Die Kartellstruktur für internationale Verbindungen läßt sichnur aufrechterhalten, wenn der Anbieter dieser Verbindungen auf einem geschütztenMarkt agiert.

Für die Zukunft des Accounting-Rate-Systems ist daher entscheidend, daß dieMarktdynamik auf liberalisierten Telekommunikationsmärkten ausreicht, um zu einemwettbewerblichen Angebot auch bei internationalen Verbindungen zu führen und sodie dem Endkunden berechneten Tarife an die tatsächlichen Kosten einer internatio-nalen Verbindung anzunähern. Hinsichtlich des Wettbewerbspotentials und der not-wendigen Regulierungseingriffe bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zwi-schen nationalen oder internationalen Fernverbindungen. Mit der Möglichkeit, inter-nationale Verbindungen über verschiedene Länder zu schalten oder zwischen unter-schiedlichen Anbietern auf einer internationalen Strecke zu wählen, gleichen sich dieMarktbeziehungen zwischen verschiedenen Ländern denen innerhalb eines Landesan.

Keine Angaben macht das Telekommunikationsabkommen auch im Hinblick aufdie Eigentumsverhältnisse des ehemaligen Alleinanbieters. Solange ein Land sichnicht entschließt, den staatlichen Telekommunikationsanbieter zu privatisieren, hatauch die Marktöffnung für ausländische Investitionen ohne Beteiligungsrestriktionenkeinen Einfluß auf die Eigentumsverhältnisse an dem staatlichen Telekommunikati-onsanbieter. Ausländische Unternehmen können sich dann nur an den Neugründun-gen beteiligen.104

Eng verbunden mit den Eigentumsverhältnissen ist die Frage staatlicher Subven-tionen. Bei einem staatlichen Eigentum am Telekommunikationsanbieter wird eherdie Bereitschaft bestehen, Subventionen zu gewähren, die die Marktposition des An-bieters auch im Ausland festigen. Der national geschützte und staatlich unterstützteAlleinanbieter kann dann versuchen, seine Monopolgewinne zur Erschließung wett-bewerblicher Märkte einzusetzen. Zwar erkennt das GATS die handelsverzerrendeWirkung von Subventionen (Vgl. Art. XV), es finden sich jedoch keine Mechanismenzu deren Beseitigung. Sollte ein Land sich aufgrund von Subventionen eines anderenLandes benachteiligt fühlen, wird es lediglich zu Konsultationen mit diesem Landaufgefordert.105

104 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 22.105 Das GATS spricht hier von „sympathetic consideration“.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 49

Aus den Eigentumsverhältnissen am Telekommunikationsanbieter kann sich aucheine bevorzugte Behandlung bei der öffentlichen Beschaffung ergeben. Die Bereit-schaft, den nationalen Anbieter zu bevorzugen, erhöht sich, wenn noch keine Vollpri-vatisierung erfolgt ist und der Staat gleichzeitig Kunde und (Teil-)Eigentümer desTelekommunikationsanbieters ist. Das GATS sieht keine Regelungen bezüglich desöffentlichen Beschaffungswesens vor, dieses bleibt von der Meistbegünstigungs-pflicht und den länderspezifischen Verpflichtungen ausgeklammert. Staatliche Kun-den können den nationalen Anbieter so gegenüber ausländischen Konkurrenten un-abhängig von den Zugeständnissen in Länderlisten weiterhin bevorzugen.106

Wie die Beurteilung der WTO-Zugeständnisse gezeigt hat, ist vor allem bei weni-ger entwickelten Ländern das klassische Infant-Industry-Argument weiterhin einGrund für zurückhaltendere Marktöffnungen auch in der Telekommunikation. Diederzeit noch nicht wettbewerbsfähigen Telekommunikationsanbieter sollen sich ineiner Phase des geschützten Wettbewerbs für eine spätere Marktöffnung qualifizie-ren. Es hat sich jedoch in vielen anderen Sektoren gezeigt, daß ein temporärer Wett-bewerbsschutz häufig in einen dauerhaften Ausnahmebereich übergeht.

Nachdem die Ergebnisse und verbleibenden Problemfelder der Einbindung vonTelekommunikationsdiensten in das GATS dargestellt und analysiert worden sind,werden in den folgenden Gliederungspunkten aus dem Verhandlungsverlauf Implika-tionen für die Weiterentwicklung der WTO und des GATS abgeleitet. Das WTO-Abkommen dient dazu, in einem Ausblick auf die Rolle der WTO im Liberalisierungs-prozeß und die Konsequenzen für andere Dienstleistungsbereiche einzugehen.

4.2 Perspektiven für die WTO und das GATS4.2.1 Die Rolle der WTO im Liberalisierungsprozeß

Als Vorteil von Handelsvereinbarungen innerhalb der WTO kann angesehen wer-den, daß ein eingespielter und erfahrener Verhandlungsmechanismus zur Verfügungsteht. Innerhalb festgelegter Termine und eines erprobten Ablaufs ergibt sich zwi-schen den beteiligten Ländern ein multilateraler Abstimmungsprozeß der individuel-len Länderzugeständnisse. Durch die vorgegebenen Dienste und Erbringungsartenerhöht sich die Vergleichbarkeit der nationalen Listen. Als wichtiges Verdienst derWTO kann somit eine Erhöhung der Transparenz bestehender Handelshemmnisseund der Liberalisierungsangebote gesehen werden.

Neben einer erhöhten Transparenz kann die WTO auch für einen positivenGlaubwürdigkeitstransfer sorgen. Der Abschluß von Handelsvereinbarungen imRahmen einer international akzeptierten Organisation bewirkt einen Vertrauensvor-

106 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 37.

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schuß. Die Teilnehmerländer können so die Ernsthaftigkeit der beschlossenen Maß-nahmen untermauern. Dies ist besonders für weniger entwickelte Länder, die aus-ländischen Investoren die Seriosität ihrer Liberalisierungsvereinbarungen signalisie-ren wollen, von Bedeutung. Werden die beabsichtigten Liberalisierungsschritte in eininternationales Abkommen eingebunden, so ist eher von einer tatsächlichen Umset-zung der Schritte eher auszugehen als bei einer rein nationalen Absichtserklärung.107

Der WTO kommt bei multilateralen Verhandlungen darüber hinaus die Funktioneines Vermittlers und Koordinators zu, der den für solche Verhandlungen notwendi-gen organisatorischen Rahmen stellt. Als internationale Organisation kann die WTOerreichen, daß viele ihrer Mitgliedsländer in ein Abkommen eingebunden werden, siehilft so Verhandlungskosten zu minimieren.108 Allerdings kann durch die Notwendig-keit, ein Verhandlungsergebnis zu erreichen, das möglichst viele Länder einschließt,auch eine Verlangsamung des Liberalisierungsprozesses eintreten. Einigt man sichauf einen Mindeststandard an Marktöffnungen, so kann dies auch bedeuten, daßeinzelne Länder mit Bezug auf die geringeren Marktöffnungen anderer Länderebenfalls nur zurückhaltendere Länderlisten vorlegen. Der Abstimmungsprozeß ver-schiedener Länderlisten führt dann nicht dazu, daß sich alle Länder an den weitestenMarktöffnungen orientieren, sondern daß es insgesamt nur zu mäßigen Liberalisie-rungen kommt.

Wie gezeigt, konzentriert sich der Umsatz mit Telekommunikationsdiensten aufwenige Kernmärkte. Die Mehrheit der an dem Abkommen beteiligten Länder habenhinsichtlich der Marktgröße und Wachstumsaussichten nur eine geringe Bedeutungfür den Gesamtmarkt. In der Praxis waren die Zugeständnisse dieser Länder für denAbschluß eines Abkommens jedoch von geringer Relevanz. Die Verhandlungen wur-den de facto von den ökonomisch bedeutenden Ländern - insbesondere den USAund der EU - dominiert. Da sich die Kritik dieser Länder an Marktöffnungen auf ein-zelne Länder bezog, zeigt sich, daß die Realität multilateraler Verhandlungsrundenvon wenigen Ländern dominiert wird und der Erfolg primär von Zugeständnissen ein-zelner Länder abhängig ist. Hängt das Erreichen eines Verhandlungsergebnissesvon wenigen Kernländern ab, so können multilaterale Handelsrunden, die die Inter-essen vieler Länder berücksichtigen müssen, ein positives Verhandlungsende sogarhinauszögern. Der Koordinationsbeitrag der WTO sinkt hierdurch.

Dabei ist nicht auszuschließen, daß in der WTO die Länder in der Mehrheit sind,die eine langsame Marktöffnung anstreben, die WTO also nicht als Liberalisierungs-befürworter auftreten muß. Die historische Entwicklung der ITU hat gezeigt, daß sievon den nationalen Telekommunikationsanbietern dominiert wurde, die kein Interes-

107 Vgl. MATTOO, A. UND LOW, P. (1997), S. 20.108 Vgl. SUNTUM, U. VAN UND VEHRKAMP, R. (1996), S. 50.

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se an einer Umgestaltung des Telekommunikationsmarktes hatten. Das Ausklam-mern von Telekommunikationsbasisdiensten während der Uruguay-Runde und dieerneute Verlängerung der Verhandlungen im Jahre 1996 sind auf Koalitionen derLänder zurückzuführen, die - genau wie in der ITU - nicht an einer schnellenMarktöffnung interessiert waren. Die mit Verhandlungen im Rahmen der WTO ver-bundene Hoffnung, die alten, innerhalb der ITU bestehenden Einflußgruppen aufzu-brechen, hat sich damit nicht erfüllt. Dies zeigt sich beispielhaft an der Vertagung derVerhandlungen im Jahre 1996, die auch auf den Druck der Betreiber von mobilenSatellitensystemen zurückzuführen war.

Die klassische Außenhandelstheorie sieht Freihandel als Positivsummenspiel.Auch der einseitige Abbau von protektionistischen Maßnahmen bringt Wohlfahrtsge-winne, ohne daß es einer Kompensation durch andere Länder bedarf.109 Innerhalbder handelspolitischen Realität, wie sie sich in den Telekommunikationsverhandlun-gen zeigte, ist jedoch keine Bereitschaft zu einseitigen Liberalisierungsschritten zuerkennen. Besonders die USA bestanden in ihrer Handelspolitik auf einer strengenReziprozität. Sie waren nur bereit, einem Abkommen zuzustimmen und ihren Marktzu öffnen, wenn der jeweilige Handelspartner die Bereitschaft zeigte, gleichwertigeZugeständnisse zu machen. Die beabsichtigte Einführung des ECO-Tests110, die je-doch mit Abschluß des Abkommens als nicht mehr notwendig angesehen wurde, istAusdruck solcher bilateraler Reziprozitätserwägungen.111 Gleichzeitig ist es aufgrundder Größe des amerikanischen Marktes wesentlich, die USA an einem Abkommen zubeteiligen. Dies zeigt auch das Beispiel der Verhandlungen über eine Einbindung vonFinanzdienstleistungen in das GATS. Diese Verhandlungen führten 1995 u. a. des-halb nur zu einem Übergangsabkommen, weil von den USA weitgehende Ausnah-meregelungen in die Länderliste aufgenommen wurden.112 Erst nach weiterenMarktöffnungen waren die USA 1997 bereit, ihre Zugeständnisse auszudehnen. Da-mit setzt sich eine Gewichtsverlagerung in der US-amerikanischen Handelspolitikfort, die die Rolle der USA nicht länger als Schrittmacher definiert, der auch bereit ist,einseitige Liberalisierungen vorzunehmen.113 Das Bestehen auf einer strengen Rezi-prozität ist mit ein Grund dafür, daß der Verhandlungsprozeß bei Telekommunikati-onsdiensten insgesamt verlangsamt wurde.

Mit dem Dienstleistungsabkommen und der Einbindung von Telekommunikations-diensten dehnt die WTO ihren Aufgabenbereich auch auf die Vorgabe verbindlicherWettbewerbsregeln aus. Das „Reference Paper“ stellt einen ersten Ansatz dar, Wett-

109 Vgl. SUNTUM, U. VAN UND VEHRKAMP, R. (1996), S. 47-48, und die dort diskutierten Sonderfälle.110 Der Effective Competitive Opportunities Test sah vor, daß nur die Anbieter in den USA eine Li-

zenz erhalten, in deren Ländern gleichwertige Marktöffnungen bestehen.111 Vgl. KRUSE, J. (1997), S. 173.112 Vgl. zum Verlauf der Verhandlungen über Finanzdienstleistungen WERNER, W. (1999), S. 5-21.113 Vgl. zu einzelnen Beispielen HASSE, R. (1997), S. 237-239.

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bewerbsregeln international zu harmonisieren. Innerhalb der WTO ist das „ReferencePaper“ der umfangreichste Teil, der sich mit Wettbewerbsregeln beschäftigt.114 Aller-dings ist es durchaus fraglich, inwieweit eine internationale Angleichung von wettbe-werblichen Rahmenbedingungen überhaupt sinnvoll ist. Werden keine klaren Regelnvorgegeben, so ist es möglich, individuell ausgestaltete und an die jeweiligen natio-nalen Gegebenheiten angepaßte Rahmenbedingungen zu schaffen. Aus einem Re-gelwettbewerb heraus kann sich dann der beste Ordnungsrahmen entwickeln, derlangfristig zu einer Ex-post-Regelharmonisierung führt. Zwar ist damit zu rechnen,daß eine Ex-post-Harmonisierung zeitintensiver ist. Aus einem Such- und Auswahl-prozeß heraus ergeben sich in der Regel jedoch bessere ökonomische Ergebnisseals durch Verhandlungsrunden. Harmonisiert und standardisiert man die Rahmenbe-dingungen, in denen Unternehmen in verschiedenen Märkten agieren, so verschwin-den auch die individuellen Vorteile eines Landes. Für andere Bereiche des nationa-len Ordnungsrahmens wie der Sozial- oder Umweltpolitik sind primär weiter entwik-kelte Länder Befürworter einer stärkeren Ex-ante-Harmonisierung. Hierin spiegelnsich auch die Eigeninteressen dieser Länder wider, die gerade darauf abzielen, diegünstigeren Rahmenbedingungen anderer Länder durch die Übertragung des eige-nen Ordnungsrahmens aufzuwiegen.115

4.2.2 Konsequenzen für andere Dienstleistungsbereiche

Mit der Einbindung von Telekommunikationsdienstleistungen gehört der Tele-kommunikationssektor zu den am weitesten in das GATS eingebundenen Dienstlei-stungssektoren. Mit Abschluß der Uruguay-Runde ist lediglich ein Rahmenabkom-men erreicht worden, das für einzelne Dienstleistungssektoren noch keine entschei-denden Liberalisierungsimpulse geben konnte. Daher soll zum Abschluß dieser Ar-beit das Telekommunikationsabkommen genutzt werden, um in einem kurzen Aus-blick Implikationen für die Einbeziehung anderer Dienstleistungssektoren in dasGATS abzuleiten.

Die langwierigen Verhandlungen mit einer mehrmaligen Vertagung sind ein Indizfür die Schwierigkeiten bei der Integration von Dienstleistungen in das GATS. Hierbeihat sich besonders gezeigt, daß die protektionistischen Instrumente im Dienstlei-stungssektor differenzierter ausgestaltet sind als im Warenbereich. Lassen sich imWarenhandel die verschiedenen Instrumente in tarifäre Hemmnisse umwandeln unddann kontrolliert abbauen, ergibt sich diese Option aufgrund der spezifischen Eigen-schaften einer Dienstleistung und der Transaktionsformen bei der internationalenDienstleistungserbringung nicht.

114 Vgl. HOLMES, P. M., KEMPTON, J. UND MACGOWAN, F. (1996), S. 756.115 Vgl. LANGHAMMER, R. J. (1998), S. 123 und S. 125, sowie BHAGWATI, J. UND HUDEC, R. (1996).

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Aus den Erfahrungen der Verhandlungen über Telekommunikationsbasisdienstelassen sich drei kritische Erfolgsfaktoren für den Abbau des Dienstleistungsprotektio-nismus identifizieren:

• Erfolgt für alle Erbringungsarten eine uneingeschränkte Marktöffnung und Inlän-derbehandlung?

• Werden freie Investitionsbedingungen gewährleistet?

• Benachteiligt der Regulierungsrahmen keine ausländischen Anbieter?

Erschwert wird der Abbau des Dienstleistungsprotektionismus dadurch, daß diezur Verhandlung stehenden Bereiche stärker in die nationale Politik eingreifen als imWarenhandel. Besonders die Gewährung freier Investitions- und Niederlassungs-bedingungen sowie die Etablierung eines nicht-diskriminierenden Wettbewerbsrah-mens zählen nicht zum Verhandlungsbereich im Warenhandel, der sich in der Ver-gangenheit primär auf den Abbau der klassischen handelsbeschränkenden Maß-nahmen bezog. Da Direktinvestionen häufig die einzig mögliche Form einer Dienst-leistungserbringung in einem anderen Land darstellen, sind freie Investitionsbedin-gungen für den Dienstleistungssektor von wesentlich größerer Bedeutung als im Wa-renhandel. Die Listen der am Telekommunikationsabkommen beteiligten Länder zei-gen, daß auch bei einer generellen Marktöffnung und Gewährung der Inländerbe-handlung häufig Vorbehalte gegenüber der Beteiligung ausländischer Investoren be-stehen.

Vergleicht man den Telekommunikationssektor mit anderen Dienstleistungssekto-ren, so sind die wirtschaftlichen Perspektiven und die sektorübergreifende Bedeu-tung sicherlich mit ausschlaggebend gewesen, daß ein Abkommen abgeschlossenwerden konnte. Hieraus ergibt sich aber auch, daß die erfolgreiche Einbindung vonTelekommunikationsdiensten kein Indiz für einen ähnlich positiven Abschluß in ande-ren Sektoren sein muß.

Als Konstruktionsschwäche bei der praktischen Ausfüllung des Dienstleistungsab-kommens zeigen sich die Positivlisten. Sie begünstigen eine differenzierte Ausge-staltung der Marktöffnung und Inländerbehandlung und bieten die Möglichkeit zu ei-ner sehr fein ausgestalteten Marktöffnung und einer Konservierung des Status quo.Die Liberalisierung über Positivlisten kann so keine eigene Liberalisierungsdynamikentwickeln.116 Negativlisten, in denen die Handelshemmnisse aufgezeigt werdenmüssen, die fortbestehen sollen, bringen demgegenüber eine größere Transparenzund eignen sich besser als Verhandlungsgrundlage für eine spätere Reduktion derdarin aufgenommenen Bereiche.

Eine Besonderheit der Verhandlungen zu Telekommunikationsbasisdiensten undden anderen nach der Uruguay-Runde fortgeführten Dienstleistungsbereichen stellt

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die sektorale Beschränkung dar. Unabhängig von den anderen Bereichen wurden fürjeden Dienstleistungssektor isolierte Verhandlungen geführt. Dadurch gab es nichtdie Möglichkeit eines Trade-off zwischen verschiedenen Dienstleistungsbereichenund auch nicht zum Warenbereich, wie sie während der verschiedenen Welthandels-runden üblich waren. Sektorale Verhandlungen haben den Vorteil, daß intensiv aufdie spezifischen Besonderheiten eines Dienstleistungsbereichs eingegangen werdenkann. Allerdings werden solche Verhandlungsrunden auch anfälliger gegenüber denInteressensverbänden eines bestimmten Sektors. Für den Telekommunikationsbe-reich und die anderen nach der Uruguay-Runde weiter verhandelten Bereiche hatsich gezeigt, daß sich sektorale Verhandlungen konfliktreicher gestalten und schwie-riger zu einem Ergebnis kommen als die klassischen Welthandelsrunden.117

5 Resümee und Perspektiven

Die Beurteilung des WTO-Abkommens fällt vor dem Hintergrund der langwierigenund mehrmals vertagten Verhandlungen ernüchternd aus. Der tatsächliche Liberali-sierungsbeitrag des Abkommens wird durch die bereits vollzogenen Umgestaltungendes Ordnungsrahmens in vielen Ländern und zahlreichen Ausnahmeregelungen re-lativiert. In den wichtigsten Telekommunikationsmärkten USA, Europa und Japan hatsich die Bereitschaft zu einer Wettbewerbsöffnung auch ohne die WTO-Verhandlungen ergeben. Die Länder, die Verpflichtungen für eine sofortige und un-eingeschränkte Marktöffnung eingegangen sind, haben in der Mehrzahl diese Re-formen bereits auch ohne die WTO-Verhandlungen begonnen. Die Zugeständnissedieser Länder sind kein Ergebnis des Verhandlungsprozesses und damit auch nichtals Erfolg des Abkommens zu bewerten, sondern die Konsequenz einer nationalenInteressenverschiebung. Das Entwicklungspotential innerhalb der Telekommunikati-on und ihre Bedeutung für andere Sektoren sind die entscheidenden Motivatoren, dieDeregulierungsinitiativen ermöglicht haben. Die gescheiterten Versuche, Basisdien-ste während der Uruguay-Runde und der ersten Verhandlungsverlängerung in dasGATS einzubinden, haben gezeigt, daß die WTO bei der Öffnung nationaler Märktenicht in der Rolle des Schrittmachers war, sondern in den Verhandlungen nur eineGesamtentwicklung aufnehmen konnte, die sich unabhängig von ihr vollzogen hat.Das WTO-Abkommen zur Einbindung von Telekommunikationsbasisdiensten ist so-mit primär Ausdruck und nicht Auslöser der veränderten ordnungspolitischen Sicht-weise in der Telekommunikation. Allerdings zeigt sich mit dem Abkommen auch, daßsich die Strukturen multinationaler Verhandlungen in der Telekommunikation nach-haltig verändert haben. An die Stelle der bilateralen Monopol-Monopol-Beziehungen

116 Vgl. HOEKMAN, B. M. (1995), S. 9117 Vgl. BRONKERS, M. C. E. J. UND LAROUCHE, P. (1997), S. 6.

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und Verhandlungen zwischen den nationalen Alleinanbietern tritt die Bereitschaft,den Telekommunikationssektor einem multinationalen Regelwerk zu unterstellen.

Als kritischer Erfolgsfaktor und Achillesferse des WTO-Abkommens zeigen sichdie Vorgaben für den Regulierungsrahmen in Form des „Reference Papers“. Insge-samt bleiben sie sehr allgemein und stellen eher eine Orientierungsgröße als kon-krete Ausgestaltungsverpflichtungen dar. Hierdurch wird zwar die Entwicklung eigen-ständiger Regulierungsinstrumente und ein Regelwettbewerb gefördert, es ist jedochfraglich, ob alle Länder diesen Spielraum auch in einem wettbewerbsfördernden Sin-ne nutzen werden. Auch bei einer formellen Marktöffnung bietet das „Reference Pa-per“ die Möglichkeit, durch eine entsprechende Gestaltung des Ordnungsrahmenseine De-facto-Benachteiligung neuer Anbieter zu erreichen. Es kommt hinzu, daß invielen Ländern nicht die notwendigen Erfahrungen bei der Umgestaltung ehemaligerMonopolbereiche bestehen und entsprechend geschultes Personal z. B. für die Re-gulierungsinstanz fehlt. Hieraus kann sich auch ungewollt eine verlangsamteMarktöffnung ergeben.

Ein besserer Garant für eine weitgehende Öffnung der weltweiten Telekommuni-kationsmärkte als das WTO-Telekommunikationsabkommen selbst scheint daher dieMarktdynamik in der Telekommunikation zu sein. Zudem erlauben technische Ent-wicklungen zunehmend eine Umgehung und Aushöhlung noch bestehender Mono-polbereiche. Durch Callback-Dienste oder GMPCS-Systeme können Wettbewerb-selemente auch in abgeschottete Märkte gebracht werden, und es besteht so dieMöglichkeit eines indirekten Markteintritts118. Die weiter zunehmende ökonomischeBedeutung der Telekommunikation kann dabei als wesentlicher Faktor identifiziertwerden, der eine Umsetzung der vereinbarten Marktöffnungen sichert.

Das WTO-Telekommunikationsabkommen bietet auch die Möglichkeit einer erstenÜberprüfung des GATS und seiner Eignung, Dienstleistungsmärkte zu öffnen. Hin-sichtlich der Konstruktion des GATS hat sich während der Verhandlungen gezeigt,daß Positivlisten die Einbindung von Dienstleistungen in technisch dynamischenSektoren wie der Telekommunikation erschweren. Die WTO mit ihren langwierigenVerhandlungsrunden war hier nur bedingt in der Lage, mit der Entstehung neuerDienste mitzuhalten. Es hat sich gezeigt, daß die Positivlisten eine sehr differenzierteAusgestaltung der Marktöffnungen erlauben und eher einer Konservierung des Sta-tus quo dienen, als eine eigene Liberalisierungsdynamik zu entwickeln.

Da nationale Investitionsbeschränkungen und der jeweilige Ordnungsrahmenwichtige protektionistische Angriffspunkte darstellen, ergibt sich als besonderes Pro-blem der Handelspolitik im Dienstleistungssektor, daß sie wesentlich stärker in natio-nale Rahmenbedingungen eingreifen muß als bei der Liberalisierung des Warenhan-

118 Vgl. zur Funktionsweise dieser Dienste siehe LANGENFURTH, M. (2000), S. 151-155.

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dels. Das Beispiel der Telekommunikation hat gezeigt, daß besonders eine Aufnah-me der Bereiche, in denen noch nationale Monopole bestehen, nur schwierig umzu-setzen ist. In diesen Fällen muß ein Markt nicht nur für ausländische Anbieter geöff-net werden, sondern es muß generell die bisherige monopolistische durch eine wett-bewerbliche Marktorganisation ersetzt werden. Der Abschluß des Telekommunikati-onsabkommens ist kein Garant für die Einbindung anderer Bereiche in das GATS.Ob die WTO mit dem GATS zu einem weiteren Abbau des Dienstleistungsprotektio-nismus beitragen kann, wird sich erst in den Dienstleistungssektoren zeigen, die bis-her keine eigenen Liberalisierungsschritte unternommen haben.

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Anhang 1: Annex on Telecommunications

1. ObjectivesRecognizing the specificities of the telecommunications services sector and, in

particular, its dual role as a distinct sector of economic activity and as the underlyingtransport means for other economic activities, the Members have agreed to the fol-lowing Annex with the objective of elaborating upon the provisions of the Agreementwith respect to measures affecting access to and use of public telecommunicationstransport networks and services. Accordingly, this Annex provides notes and sup-plementary provisions to the Agreement.

2. Scope(a) This Annex shall apply to all measures of a Member that affect access to and use

of public telecommunications transport networks and services. (See footnote 1)(b) This Annex shall not apply to measures affecting the cable or broadcast distribu-

tion of radio or television programming.(c) Nothing in this Annex shall be construed:

(i) to require a Member to authorize a service supplier of any other Member toestablish, construct, acquire, lease, operate, or supply telecommunicationstransport networks or services, other than as provided for in its Schedule; or

(ii) to require a Member (or to require a Member to oblige service suppliers un-der its jurisdiction) to establish, construct, acquire, lease, operate or supplytelecommunications transport networks or services not offered to the publicgenerally.

3. DefinitionsFor the purposes of this Annex:(a) "Telecommunications" means the transmission and reception of signals by any

electromagnetic means.(b) "Public telecommunications transport service" means any telecommunications

transport service required, explicitly or in effect, by a Member to be offered to thepublic generally. Such services may include, inter alia, telegraph, telephone, telex,

and data transmission typically involving the real-time transmission of customer-supplied information between two or more points without any end-to-end change inthe form or content of the customer’s information.

(c) "Public telecommunications transport network" means the public telecommuni-cations infrastructure which permits telecommunications between and among definednetwork termination points.

(d) "Intra-corporate communications" means telecommunications through which acompany communicates within the company or with or among its subsidiaries,branches and, subject to a Member’s domestic laws and regulations, affiliates. For

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these purposes, "subsidiaries", "branches" and, where applicable, "affiliates" shall beas defined by each Member. "Intra-corporate communications" in this Annex ex-cludes commercial or non-commercial services that are supplied to companies thatare not related subsidiaries, branches or affiliates, or that are offered to customers orpotential customers.

(e) Any reference to a paragraph or subparagraph of this Annex includes all subdi-visions thereof.

4. TransparencyIn the application of Article III of the Agreement, each Member shall ensure that

relevant information on conditions affecting access to and use of public telecommuni-cations transport networks and services is publicly available, including: tariffs andother terms and conditions of service; specifications of technical interfaces with suchnetworks and services; information on bodies responsible for the preparation andadoption of standards affecting such access and use; conditions applying to attach-ment of terminal or other equipment; and notifications, registration or licensing re-quirements, if any.

5. Access to and use of Public Telecommunications Transport Networks andServices(a) Each Member shall ensure that any service supplier of any other Member is ac-

corded access to and use of public telecommunications transport networks andservices on reasonable and non-discriminatory terms and conditions, for the sup-ply of a service included in its Schedule. This obligation shall be applied, interalia, through paragraphs (b) through (f). (See footnote 2)

(b) Each Member shall ensure that service suppliers of any other Member have ac-cess to and use of any public telecommunications transport network or serviceoffered within or across the border of that Member, including private leased cir-cuits, and to this end shall ensure, subject to paragraphs (e) and (f), that suchsuppliers are permitted:(i) to purchase or lease and attach terminal or other equipment which interfaces

with the network and which is necessary to supply a supplier’s services;(ii) to interconnect private leased or owned circuits with public telecommunica-

tions transport networks and services or with circuits leased or owned by an-other service supplier; and

(iii) to use operating protocols of the service supplier’s choice in the supply ofany service, other than as necessary to ensure the availability of telecommu-nications transport networks and services to the public generally.

(c) Each Member shall ensure that service suppliers of any other Member may usepublic telecommunications transport networks and services for the movement of in-formation within and across borders, including for intra-corporate communications ofsuch service suppliers, and for access to information contained in data bases or oth-

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 59

erwise stored in machine-readable form in the territory of any Member. Any new oramended measures of a Member significantly affecting such use shall be notified andshall be subject to consultation, in accordance with relevant provisions of the Agree-ment.

(d) Notwithstanding the preceding paragraph, a Member may take such measuresas are necessary to ensure the security and confidentiality of messages, subject tothe requirement that such measures are not applied in a manner which would con-stitute a means of arbitrary or unjustifiable discrimination or a disguised restriction ontrade in services.

(e) Each Member shall ensure that no condition is imposed on access to and useof public telecommunications transport networks and services other than as neces-sary:

(i) to safeguard the public service responsibilities of suppliers of public tele-communications transport networks and services, in particular their ability tomake their networks or services available to the public generally;

(ii) to protect the technical integrity of public telecommunications transport net-works or services; or

(iii) to ensure that service suppliers of any other Member do not supply servicesunless permitted pursuant to commitments in the Member’s Schedule.

(f) Provided that they satisfy the criteria set out in paragraph (e), conditions for ac-cess to and use of public telecommunications transport networks and services mayinclude:

(i) restrictions on resale or shared use of such services;(ii) a requirement to use specified technical interfaces, including interface proto-

cols, for inter-connection with such networks and services;(iii) requirements, where necessary, for the inter-operability of such services and

to encourage the achievement of the goals set out in paragraph 7(a);(iv) type approval of terminal or other equipment which interfaces with the net-

work and technical requirements relating to the attachment of such equip-ment to such networks;

(v) restrictions on inter-connection of private leased or owned circuits with suchnetworks or services or with circuits leased or owned by another service sup-plier; or

(vi) notification, registration and licensing.(g) Notwithstanding the preceding paragraphs of this section, a developing country

Member may, consistent with its level of development, place reasonable condi-tions on access to and use of public telecommunications transport networks andservices necessary to strengthen its domestic telecommunications infrastructureand service capacity and to increase its participation in international trade in tele-

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60 Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS

communications services. Such conditions shall be specified in the Member’sSchedule.

6. Technical Cooperation(a) Members recognize that an efficient, advanced telecommunications infrastructure

in countries, particularly developing countries, is essential to the expansion oftheir trade in services. To this end, Members endorse and encourage the partici-pation, to the fullest extent practicable, of developed and developing countriesand their suppliers of public telecommunications transport networks and servicesand other entities in the development programmes of international and regionalorganizations, including the International Telecommunication Union, the UnitedNations Development Programme, and the International Bank for Reconstructionand Development.

(b) Members shall encourage and support telecommunications cooperation amongdeveloping countries at the international, regional and sub-regional levels.

(c) In cooperation with relevant international organizations, Members shall makeavailable, where practicable, to developing countries information with respect totelecommunications services and developments in telecommunications and in-formation technology to assist in strengthening their domestic telecommunica-tions services sector.

(d) Members shall give special consideration to opportunities for the least-developedcountries to encourage foreign suppliers of telecommunications services to assistin the transfer of technology, training and other activities that support the devel-opment of their telecommunications infrastructure and expansion of their tele-communications services trade.

7. Relation to International Organizations and Agreements(a) Members recognize the importance of international standards for global compati-

bility and inter-operability of telecommunication networks and services and un-dertake to promote such standards through the work of relevant internationalbodies, including the International Telecommunication Union and the Interna-tional Organization for Standardization.

(b) Members recognize the role played by intergovernmental and non-governmentalorganizations and agreements in ensuring the efficient operation of domestic andglobal telecommunications services, in particular the International Telecommuni-cation Union. Members shall make appropriate arrangements, where relevant, forconsultation with such organizations on matters arising from the implementationof this Annex.

Footnote: 1: This paragraph is understood to mean that each Member shall ensure that the obligations of this Annex areapplied with respect to suppliers of public telecommunications transport networks and services by whatevermeasures are necessary.

Footnote: 2: The term "non-discriminatory" is understood to refer to most-favoured-nation and national treatment as definedin the Agreement, as well as to reflect sector-specific usage of the term to mean "terms and conditions no lessfavourable than those accorded to any other user of like public telecommunications transport networks or serv-ices under like circumstances".

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 61

Anhang 2: „Reference Paper“

ScopeThe following are definitions and principles on the regulatory framework for the ba-

sic telecommunications services.

DefinitionsUsers mean service consumers and service suppliers.

Essential facilities mean facilities of a public telecommunications transport networkor service that(a) are exclusively or predominantly provided by a single or limited number of

suppliers; and(b) cannot feasibly be economically or technically substituted in order to provide

a service.A major supplier is a supplier which has the ability to materially affect the terms of

participation (having regard to price and supply) in the relevant market for basictelecommunications services as a result of:(a) control over essential facilities; or(b) use of its position in the market.

1. Competitive safeguards1.1 Prevention of anti-competitive practices in telecommunications

Appropriate measures shall be maintained for the purpose of preventing suppli-ers who, alone or together, are a major supplier from engaging in or continuinganti-competitive practices.

1.2 SafeguardsThe anti-competitive practices referred to above shall include in particular:(a) engaging in anti-competitive cross-subsidization;(b) using information obtained from competitors with anti-competitive results; and(c) not making available to other services suppliers on a timely basis technical

information about essential facilities and commercially relevant informationwhich are necessary for them to provide services.

2. Interconnection2.1 This section applies to linking with suppliers providing public telecommunications

transport networks or services in order to allow the users of one supplier to com-municate with users of another supplier and to access services provided by an-other supplier, where specific commitments are undertaken.

2.2 Interconnection to be ensuredInterconnection with a major supplier will be ensured at any technically feasiblepoint in the network. Such interconnection is provided.

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(a) under non-discriminatory terms, conditions (including technical standards andspecifications) and rates and of a quality no less favourable than that pro-vided for its own like services or for like services of non-affiliated servicesuppliers or for its subsidiaries or other affiliates;

(b) in a timely fashion, on terms, conditions (including technical standards andspecifications) and cost-oriented rates that are transparent, reasonable,having regard to economic feasibility, and sufficiently unbundled so that thesupplier need not pay for network components or facilities that it does not re-quire for the service to be provided; and

(c) upon request, at points in addition to the network termination points offered tothe majority of users, subject to charges that reflect the cost of constructionof necessary additional facilities.

2.3 Public availability of the procedures for interconnection negotiationsThe procedures applicable for interconnection to a major supplier will be madepublicly available.

2.4 Transparency of interconnection arrangementsIt is ensured that a major supplier will make publicly available either its intercon-nection agreements or a reference interconnection offer.

2.5 Interconnection: dispute settlementA service supplier requesting interconnection with a major supplier will have re-course, either:(a) at any time or(b) after a reasonable period of time which has been made publicly knownto an independent domestic body, which may be a regulatory body as referred toin paragraph 5 below, to resolve disputes regarding appropriate terms, conditionsand rates for interconnection within a reasonable period of time, to the extent thatthese have not been established previously.

3. Universal serviceAny Member has the right to define the kind of universal service obligation itwishes to maintain. Such obligations will not be regarded as anti-competitive perse, provided they are administered in a transparent, non-discriminatory and com-petitively neutral manner and are not more burdensome than necessary for thekind of universal service defined by the Member.

4. Public availability of licensing criteriaWhere a licence is required, the following will be made publicly available:(a) all the licensing criteria and the period of time normally required to reach a

decision concerning an application for a licence and(b) the terms and conditions of individual licences.The reasons for the denial of a licence will be made known to the applicant uponrequest.

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Dienstleistungen in der Welthandelsordnung - die Einbindung von Telekommunikationsdiensten in das GATS 63

5. Independent regulatorThe regulatory body is separate from, and not accountable to, any supplier of ba-sic telecommunications services. The decisions of and the procedures used byregulators shall be impartial with respect to all market participants.

6. Allocation and use of scarce resourcesAny procedures for the allocation and use of scarce resources, including fre-quencies, numbers and rights of way, will be carried out in an objective, timely,transparent and non-discriminatory manner. The current state of allocated fre-quency bands will be made publicly available, but detailed identification of fre-quencies allocated for specific government uses is not required.

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Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge ab 1997

241. Hartmut Clausen/Holger Wacker: Ökonomische Modellierung von Rücknahmever-pflichtungen. 1997.

242. Holger Bonus: Umweltschutz und Wettbewerb aus ökonomischer Sicht. 1997.243. Holger Bonus: Standort, Stellenwert und Perspektiven ökologischer Aspekte in der

volkswirtschaftlichen Forschung und Lehre - Konsequenzen für die Betriebswirt-schaftslehre. 1997.

244. Holger Bonus: Gestaltung der gesamtwirtschaftlichen Aufgabenverteilung zwischenöffentlich rechtlichen und privatrechtlichen Unternehmen. 1997.

245. Martin Leschke/Dirk Sauerland: Staatsversagen als Verfassungsversagen. EineAnalyse der institutionellen Fehlanreize in Deutschland und ihrer Auswirkungen aufdas staatliche Verschuldungs- und Konsolidierungsverhalten. 1997.

246. Mathias Erlei: Finanzausgleich in der Europäischen Union. 1997.247. Heinz Grossekettler: Knut Wicksells „finanztheoretische Untersuchungen„. Zum 100

Geburtstag eines erstaulich modernen Versuchs, besser zu verstehen, um bessergestalten zu können. 1997.

248. Heinz Grossekettler: Finanzausgleich über den EU-Haushalt. Rechtfertigung undGrößenordnung. 1997.

249. Holger Wacker: . Zur Ökonomik der Nutzung komplexer Nahrungsnetze. 1997.250. Holger Bonus: Familien- und Haushaltsentscheidungen in einer postindustriellen

Wirtschaft. 1997.251. Manfred Borchert: Design-Probleme einer einheitlichen Geldpolitik in Europa. 1997.252. Heinz Grossekettler: Flexibilisierung von Genehmigungsverfahren, Transaktionsko-

sten und Koordinationseffizienz in dynamischer Sicht. 1997.253. Heinz Grossekettler: Knut Wicksells „Finanztheoretische Untersuchungen„. Zum

100. Geburtstag eines erstaunlich modernen Versuchs, besser zu verstehen, umbesser gestalten zu können. 2., verb. Aufl., 1997.

254. Wolfgang Ströbele: Handelbare Zertifikate für natürliche Ressourcen ? 1997.255. Holger Bonus: Gentechnik als Wirtschaftsfaktor für Deutschland - Eine Standortre-

flexion. 1998.256. Matthias Göcke: A Macroeconomic Model with Hysteresis in Foreign Trade. 1998.257. Heinz Grossekettler: Lorenz von Stein und die moderne Staatswirtschaftslehre. Ein

Führer durch die Steinsche „Finanzwissenschaft„ aus heutiger Sicht. 1998.258. Heinz Grossekettler: Lorenz von Stein (1815 - 1890). Überblick über Leben und

Werk. 1998.259. Heinz Grossekettler: Franz Böhm (1895 - 1977). Überblick über Leben und Werk.

1998.260. Heinz Grossekettler: Vereinigungs-Zwischenbilanz. Ein Rückblick auf die Wirt-

schafts- und Finanzpolitik zur Integration der neuen Bundesländer. 1998.261. Jürgen E. Blank/Alexander Smajgl: Folgen irakischer Ölexporte auf die Ölpreisent-

wicklung. Anmerkungen zur Lockerung des UN-Embargos. 1998.262. Manfred Borchert: Struktur und Wettbewerbspotential des Europäischen Banken-

markts. 1998.263. Bernhard Iking: The role of a country´s Science and Technology Policy on the de-

velopment of its technological competitiveness.- The case of Portugal –. 1998.264. Matthias Göcke: A Simple Model of Learning-by-doing, Leisure Time, and Optimal

(Endogenous) Growth. 1998.265. Heinz Grossekettler: Der „starke„ Staat als Garant einer „sozialen„ Marktwirtschaft:

die Ideen der Gründungsväter aus heutiger Sicht. 1998.266. Matthias Göcke: Real Investment, Learning-by-doing, Leisure, and Optimal Growth

1998.267. Heinz Grossekettler: Der „starke„ Staat als Garant einer „sozialen„ Martkwirtschaft.

Die Ideen der Gründungsväter aus heutiger Sicht. 1998.

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268. Heinz Grossekettler: Anforderungen an die Struktur einer föderalistischen Finanz-verfassung vor dem Hintergrund des weltweiten und vor allem europäischen Stand-ortwettbewerbs. 1998.

269. Eckehard Schulz: Unternehmensgröße, Arbeitsnachfrage und wirtschaftspolitischeImplikationen. 1998.

270. Matthias Göcke: Investment, Schooling and the Conditions for Endogenous Growth.1998.

271. Matthias Göcke: Learning-by-doing versus Schooling in a Model of EndogenousGrowth. 1998.

272. Manfred Borchert: The EURO and the banking structure within the EMU- entrepreneurial strategies and monetary policy -. 1998.

273. Heinz Grossekettler: Kritik der Sozialen Marktwirtschaft aus der Perspektive derNeuen Institutionenökonomik. 1998.

274. Heinz Grossekettler: Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht. 1998.275. Detlef Aufderheide: Perspektiven des Arbeitsmarktes – Strukturelle Arbeitslosigkeit

aus (moral-)ökonomischer Sicht. 1998.276. Ralf Henrichs/Holger Wacker: Tropenwaldnutzung und Klimaveränderung – Ein

ökonomisches Modell mit Bestandsexternalitäten. 1999.277. Oskar von dem Hagen/Holger Wacker: Stock Externality versus Symbiois in a Fo-

rest-Air System. 1999.278. Holger Bonus: On Exchange and Deceit. 1999.279. Jürgen Blank: Sustainable Use and Conservation of Marine Living Resources. 1999.280. Hartmut Clausen: Aspects of Sustainable Development in Waste Management.

1999.281. Stefan Kooths: Neuro-Fuzzy-Systeme zur Abbildung Erfahrungsregel-basierter Er-

wartungen in Konjunkturmodellen. 1999.282. Heinz Grossekettler: Steuerstaat versus Gebührenstaat, Vor- und Nachteile. 1999.283. Matthias Göcke: Verlobung und Heirat bei Unsicherheit. 1999.284. Holger Wacker: Optimal Economic Growth and the Harvesting of an Ecologically

Interdependent Two-Species System. 1999285. Holger Bonus: Das Unternehmen in institutionenökonomischer Sicht. 1999.286. Holger Bonus und Ivo Bayer: Symbolische Umweltpolitik aus der Sicht der Neuen

Institutionenökonomik. 1999.287. Dirk Sauerland: Standortwettbewerb: Theoretische Voraussetzungen, Anreizwirkun-

gen und Ergebnisse. 1999.288. Martin Leschke: Der Wohlstand der Nationen und die Verfassung der Freiheit –

Hayeks Botschaft für Europa. 1999.289. Christian Lütke Wöstmann: Globalisierung und Umweltschutz – Auswirkungen in-

ternationaler Umweltanforderungen in Chile. 1999.290. Holger Wacker: Monopolistic Harvesting of a Two-species System. 1999291. Wolfgang Ströbele: Ökosteuern. – Eine Bestandsaufnahme der Diskussion Ende

der neunziger Jahre.292. Matthias Göcke: Types of Hysteresis applied in Economics.293. Matthias Göcke: Exchange Rate Uncertainty and Employment: An Agorithm De-

scribing ‚Play‘.294. Heinz Grossekettler: Das Koordinationsmängel-Diagnosekonzept als didaktisches

Instrument. 1999295. Holger Wacker: Nicht-walrasianische Konjunkturtheorie und Räuber-Beute-

Interaktion – Das Goodwin-Modell. 1999296. Markus Langenfurth: Die internationale Erbringung von Dienstleistungen – das Bei-

spiel Telekommunikationsdienste. 1999297. Markus Langenfurth: Dienstleistungen in der Welthandelsordnung – die Einbindung

von Telekommunikationsdienste in das GATS. 1999


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