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Westen und Osten sollen Strom austauschen

Date post: 22-Oct-2015
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Eine 10 000 km lange Stromleitung von Paris nach Wladiwostok kann die Stromproduktion von Europa und Russland optimieren. Dieses visionäre Projekt soll zu weniger (Kern-) Kraftwerken führen, ist nicht nur der Basler Ingenieur Hellmut Kuhlmann überzeugt.
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Nach der Kündigung am Boden Welche psychischen Folgen haben Entlas- sungen in Firmen? Fachleute vom Basler Verein Kiebitz im Interview. Seite 28 Grosse Projekte am Rheinufer Der Unternehmer Gérard Benone schmie- det auf der Schweizer und der deutschen Rheinuferseite ehrgeizige Pläne. Seite 20 www.spatzbasel.ch Januar/ Februar 2013 Seit 1984 für Basel und Region CHF 4.– Neues von den Schlümpfen Seite 18 Die Musik-Chefin im Ridicule Michèle Zeggari ist seit fünf Jahren für die Musik der Vorfasnachts-Veranstaltung Ridicule verantwortlich. Seite 12 Strompipeline spart AKW
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Page 1: Westen und Osten sollen Strom austauschen

Nach der Kündigung am BodenWelche psychischen Folgen haben Entlas-sungen in Firmen? Fachleute vom Basler Verein Kiebitz im Interview. Seite 28

Grosse Projekte am RheinuferDer Unternehmer Gérard Benone schmie-det auf der Schweizer und der deutschen Rheinuferseite ehrgeizige Pläne. Seite 20

www.spatzbasel.ch Januar/ Februar 2013

Seit 1984 für Basel und Region

CHF 4.–

Neues von den Schlümpfen Seite 18

Die Musik-Chefin im RidiculeMichèle Zeggari ist seit fünf Jahren für die Musik der Vorfasnachts-Veranstaltung Ridicule verantwortlich. Seite 12

Strompipeline spart AKW

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ImpressumHerausgeberin: Publitex AG | Weisse Gasse 14, Postfach 1043, 4001 Basel | Telefon 058 218 13 70 | www.spatzbasel.ch | E-Mail: [email protected] | Geschäftsführer: Hans Gerber | Chefredaktor: Martin Binkert | Redaktion: Stefan Gyr, Tobias Wessels Inserate: Andrea Gut, Denise Meier, Claude Rebetez, Jasmin Schmid | Autoren: Martin Binkert, Stefan Gyr, Sabine Knosala, Tobias Wessels | Layout und Bildredaktion: Daniel Peyer, Fabienne Schurter | Produktion: Fabienne Schurter Auflage: 217 230 Exemplare provisorisch WEMF- beglaubigt | Druck: Rheinpfalz Verlag und Druckerei GmbH & Co.KG | Alle redaktionellen Beiträge der SpatzZeitung werden sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Die SpatzZeitung übernimmt keinerlei Haftung oder Gewähr leistung für die in Inseraten und/oder in Interviews und Berichterstattungen gemachten Aussagen von Drittpersonen.

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Das grosse Spatz-Interview

Arbeitsmarktspezialisten Daniel Maurer und Daniel Hollenstein über Entlassungen und ihre Folgen 28

Westen und Osten sollen Strom austauschenEine 10 000 km lange Stromleitung von Paris nach Wladiwostok kann die Stromproduktion von Europa und Russland optimieren. Dieses visionäre Projekt soll zu weniger (Kern-) Kraftwerken führen, ist nicht nur der Basler Ingenieur Hellmut Kuhlmann überzeugt. Seite 8

In der letzten Ausgabe hat die SpatzZeitung zwei Scoops gelandet. So werden in der Journalistensprache exklusive Geschichten bezeichnet, über die vorher noch keine anderen Medien berichtet haben. Die kritischen Äusserungen von Peter von Sury, Abt des Klosters Mariastein, über den Churer Bischof und die Bischofswahl wie auch der Beitrag über die blutende Anthroposophin Judith von Halle haben viel Staub aufgewirbelt. Zeitungen und Internetportale in der ganzen Schweiz und auch im Ausland griffen die Themen auf und nahmen auf unsere Artikel Bezug. Auch die Top-Geschich-ten der neuen Ausgabe dürften hohe Wellen werfen. Die Ideen des Basler Elektroingenieurs Hellmut Kuhlmann könnten die Stromversorgung umkrempeln, und die Projekte des Immobi-lienunternehmers Gérard Benone werden im Raum Schweizerhalle das Gesicht des Rheinufers auf der Schweizer wie auf der deutschen Seite verändern. Die SpatzZeitung setzt auf qualitativ hochstehen-den Hintergrundjournalismus. Unser kleines, engagiertes Team, soeben an die Weisse Gasse 14 im Herzen von Basel umgezogen, wird sich weiterhin Themen annehmen, die andere Medien übersehen oder nicht anzufassen wagen. Themen, die viele Menschen in der Region bewegen. Als langjähriger Kenner der hiesigen Medien-szene freue ich mich auf weitere spannende Artikel in dieser einzigartigen Zeitung für Basel und Umgebung.

Scoops

3Inhalt / EditorialSpatzZeitung • www.spatzbasel.ch • 1-2/2013

Ticketverlosungen: die Gewinner

Aus unzähligen Zuschriften und E-Mails mit dem richtigen Lösungswort «Liveorchester» in unse-rem Dezember-Kreuzworträtsel haben gewonnen: R. Haberthür, Breitenbach, R. Wisson, Riehen, und N. Wirz, Basel. Je zwei Tickets für das Musical «We Will Rock You» haben gewonnen: U. Iberg, Oberwil, L. Müller, Aesch, und H. Baumann, Aesch. Die Gewinner der Tickets für die Harlem Gospel Singers: J. Brummel, Reinach, T. Glaus, Basel, und B. Van der Haegen, Mün-chenstein. Die Tickets für das Theater Arlecchino haben gewonnen: M. Häfliger, Basel, B. Curty, Dornach, und F. Dembinski, Basel. Herzlichen Glückwunsch!

Hans Gerber, Geschäftsführer

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Titel-Story8 SpatzZeitung • www.spatzbasel.ch • 1-2/2013

Speicher-Kraftwerke, Fluss-Kraftwerke, Geothermische-Kraftwerke, fossile Kraftwerke- und Atomkraftwerke. Die Spei-cherwerke seien weitgehend vorhanden, so Kuhlmann. Wind-, Sonnen- und weitere erneuer-bare Energien könnten rationell gespeichert werden. Wenn der Spitzenstrom von den angeschlos-senen Regionen gegenseitig ge-deckt wird, brauche es weniger Kraftwerke. Dadurch könnten zum Beispiel fossile Kraftwerke und Atomkraftwerke eingespart werden.

In die Wiege gelegtDoch warum kommt Hellmut Kuhlmann auf eine so kontrover-se Idee, die den 87-Jährigen heu-te noch umtreibt? Die noch junge Wissenschaft der Elektrizität

Basler Ingenieur kämpft für gigantische Strompipeline Europa-AsienDer Basler Elektroingenieur Hellmut Kuhlmann wirbt für eine abenteuerlich erscheinende Idee. Eine gigantische Strompipeline von Paris bis Wladiwostok könnte den Energieaustausch zwischen West und Ost ermöglichen und einige AKW, aber auch fossile Kraftwerke, überflüssig machen. Grob geschätzte Bauzeit: 15 Jahre, approximative Kosten: 200 Milliarden Euro.

Von Martin Binkert

Hellmut Kuhlmann ist kein Mann der leeren Worte. Dafür hat er in seinem

Leben zu viel gemacht und zu viel erreicht. Doch wenn der 87-jäh-rige Elektroingenieur von seiner Idee einer Strompipeline von Pa-ris bis in die ferne russische Ha-fenstadt Wladiwostok am Japa-nischen Meer erzählt, stockt dem Zuhörer der Atem, denn so aben-teuerlich ist dieses Projekt.

Dabei ist sein Grundkonzept ganz einfach: Wenn in den Indus-triezentren in Europa die Men-schen an der Arbeit sind und viel Strom brauchen, herrscht in den Wirtschaftsregionen im fernen Asien dunkle Nacht. Während der Nacht, so der Fachmann, verbrau-che eine Bevölkerung praktisch einen Drittel weniger Strom als am Tag. «Wie wäre es, wenn eine

Gegend, wo bereits Nacht herrscht, ihren zwangsläufig überschüssi-gen Strom an eine Gegend abgibt, die diesen gut brauchen kann, da es dort Tag ist?», fragt er sich. Damit könnte gegenseitig der Bedarf von Spitzenstrom ausge-glichen werden. Könnte man da-bei nicht auf den weiteren Bau fossiler Kraftwerke (Kohle-, Gas- oder Ölkraftwerke) oder von Kernkraftwerken verzichten?

Dem 48. Breitengrad entlangFür einen Stromaustausch zwi-schen weit entfernten Gebieten eignet sich der Doppelkontinent Europa und Asien besonders. «Wenn Europa arbeitet, liegen das russische Wladiwostok, Chi-na, Süd-, Nordkorea und Japan weitgehend in der Nachtphase und könnten den Spitzenbedarf in

Europa mühelos decken», sagt Hellmut Kuhlmann. Umgekehrt sei dies genau gleich der Fall.

Aus topografischen Gründen, so stellt sich der Basler vor, wür-de sich der Bau einer mehrere tausend Kilometer langen Strom-leitung entlang des 48. Breiten-grades am besten eignen, da die-se Westeuropa mit der russischen Wirtschaft rund um Wladiwostok auf einer möglichst kurzen Stre-cke verbinden würde. Denn je näher man Richtung Nordpol baut, desto kürzer sind die Strecken zwischen West und Ost. Je näher man diese Verbindung Richtung Äquator plant, desto länger wer-den die Strecken aufgrund der Kugelform der Erde.

Entlang des 47. und 48. Brei-tengrades befinden sich circa 180 Kraftwerke verschiedener Typen: Fo

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wurde ihm bereits in die Wiege gelegt, denn sein Vater war von 1912 bis 1947 ETH-Professor für theoretische Elektrotechnik in Zürich. 1948 zog er als Pensio-nierter nach Basel. Am Famili-entisch wurde regelmässig über Strom diskutiert. Sein aus Deutschland stammender Vater erzählte, wie er 1908 im Auftrag der deutschen Firma AEG Berlin den Auftrag erhalten hatte, in den USA, speziell in den grossen Hoch-spannungszentralen der Niagara-Wasserfälle, Leistungs- und Ver-

lustmessungen durchzuführen. Denn von hier aus könnte man die wachsende Bevölkerung der im Süden gelegenen Stadt New York noch effizienter mit Strom versorgen. Während dieser Arbeit, so erinnert sich der Sohn, hatte sein Vater die Idee, Stromleitun-gen nicht nur von Nord nach Süd, sondern auch von West nach Ost zu bauen. Denn wenn diese lang genug seien und diverse Zeitzonen überbrückten, könnte eine Regi-on, in der Nacht ist, eine andere unterstützen, wo Tag ist. Da sich

der elektrische Strom mit der hohen Geschwindigkeit von rund 290 000 Kilometern pro Sekun-de – also rund 7,5-mal um die Erde pro Sekunde – blitzschnell verbreitet, steht dieser augenblick-lich an einer anderen Stelle dieser Strompipeline zur Verfügung.

Visionäre Ideen«Natürlich waren dazumal weder die politischen noch die technischen Voraussetzungen für dieses Projekt vorhanden. Doch diese visionäre Idee wurde in unserer Familie

immer wieder diskutiert», sagt Kuhlmann.

Damals war dies graue Theorie. Doch inzwischen hat die moder-ne Hochspannungsübertragungs-technik dazu das nötigte Know-how und erprobte Bauteile ent-wickelt.

Dank der Entwicklung der Wechselstrom-Hochspannungs-Technik und der Gleichstrom-Hochspannungs-Übertragung (HGÜ) liege heute eine solch lange Strom-Pipeline im Bereich der Möglichkeit. Die Leistungs-

Ein weltumspannendes Stromnetz soll die Stromproduktion optimieren.

Wladiwostok

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Titel-Story10 SpatzZeitung • www.spatzbasel.ch • 1-2/2013

Ist dieses Vorhaben nicht ver-rückt? Hellmut Kuhlmann, der mit dieser Idee an etlichen Stellen in der Schweiz vorsprach und auch diverse Parteispitzen mit Unter-lagen belieferte, lehnt sich etwas zurück und sagt: «Die chinesische Mauer wurde nicht an einem Tag errichtet, die Seidenstrasse, die Europa mit Asien verbindet und früher eine wichtige Handelsstras-se war, wurde nicht an einem Tag entdeckt. Warum soll heute, wo die Menschen sogar Forschung im Weltall betreiben, so eine Idee nicht realisierbar sein?» ●

verluste (circa 30 Prozent) müsse man in Kauf nehmen. Die politi-schen Voraussetzungen für so ein grosses Projekt, das auch die Um-welt miteinbezieht, seien heute bedeutend besser als früher, sagt der Elektroingenieur.

«Statt stets den Energietrans-port mit der herkömmlichen lukrativen Nord-Süd-Vernetzung zu bewältigen, stünde es den Energieversorgern gut an, sich als Pioniere ebenso der West-Ost-Strom-Pipeline anzuneh-men», meint Elektroingenieur Kuhlmann.

200 Milliarden Euro für 10 000 Kilometer

So könnte die Leitung heute aussehen: Dank der modernen Halbleiter-Technik mit Hochleistungs-Thyristoren können heute Stromnetze mit Gleichspannungen von bis zu 450 kV (1 Kilovolt entspricht 1000 Volt) und mehr betrieben werden. Der Bau einer tausend Kilometer langen Leitung (Beispiel Grid Nordsee-Bayern) kommt auf approximativ 20 Milliarden Euro zu stehen. Grob gerechnet sind daher für eine 10 000 Kilometer lange Stromleitung von Paris bis nach Wladiwostok 200 Milliarden Euro bereitzustellen. Dies ist viel Geld. Doch zum Vergleich: Der durch das Atomkraftwerk Fukushima in Japan angerich-tete Schaden wird auf 220 Milliarden geschätzt und dürfte aufgrund von Folgeschäden noch steigen.

Elektroingenieur Hellmut Kuhlmann: «Warum soll diese Idee nicht realisierbar sein?»

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Fachleute sehen gute ChancenWissenschaftler der ETH Zürich, der Uni Basel wie auch die schweizerische Stromnetzbetreiberin Swissgrid beurteilen eine Leitung von Paris nach Wladiwostok als machbar, setzen aber bei der Umsetzung Fragezeichen. Von Martin Binkert

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Leistung dieser Grössenordnung an einem Netzknoten dieses Verbund-systems. Hier ist die Aufteilung auf mindestens vier HGÜ-Systeme er-forderlich. Diese sollten im Idealfall an ein europaweites Supergrid an-geschlossen werden. Ein solches dem heutigen Verbundsystem überlager-tes Supergrid wird seit Mitte 2012 bereits im Europäischen Forschungs- und Planungsprojekt «E-Highways 2050» unter Beteiligung von Univer-sitäten, Forschungsinstituten, Her-stellern und Übertragungsnetzbe-treibern Swissgrid) entwickelt. ●

Die Idee einer Stromleitung von Paris nach Wladiwostok stösst bei der ETH Zürich auf

offene Ohren. Göran Andersson, Professor am Institut für Elektrische Energieübertragung der ETH, Dok-torand Spyros Chatzivasileiadis so-wie Damien Ernst, Associate Pro-fessor an der belgischen Universität Liège, fordern in einer Studie gar ein weltweites Netz. Ihre Erkenntnisse werden sie in der wissenschaftlichen Zeitschrift Renewable Energy (www.journals.elsevier.com/renewable-energy) publizieren.

Dieses Netz soll Industrie- und Bevölkerungszentren mit abseits gelegenen Produktionsstandorten verbinden. Die Verfasser denken an grosse Windfarmen, zum Beispiel in Grönland, die mit Europa und den USA verbunden werden. Riesige So-larfelder in Wüsten sollen Strom produzieren (www.desertec.org; www.gobitec.org). Für ein weltweites Netz sprechen ebenso die Vorteile, die sich aus der Verbindung von Tag- und Nachtzonen ergeben. Am Tag kostet der Strom aufgrund der höheren Nachfrage mehr, in der Nacht auf-grund des tieferen Bedarfs weniger. So könnte eine Windfarm in Grönland

Strom nach Europa liefern, wenn in Europa Tag ist (dann ist in den USA Nacht) und in die USA, wenn es dort Tag ist (dann ist in Europa Nacht). So wird die Windfarm profitabel betrieben. Ein globales Netz trägt weiter dazu bei, lokale Stromschwan-kungen zu verhindern.

Kürzere Teile eines weltweiten Netzwerkes sind bereits beschlossen, so die 570 Kilometer lange Leitung zwischen Norwegen und Deutschland (NorGer Link). Diese ab 2020 erwar-tete Leitung, die Teil des Nordsee-Grids ist, soll Offshore-Wind- und Wasserkraftwerke an der Küste

besser vernetzen. Für das Nordsee-Grid wird mit Kosten von 70 bis 90 Milliarden Euros (www.offshoregrid.eu) gerechnet.

Die Fachleute der ETH Zürich rechnen für die 10 000 Kilometer lange Freileitung von Paris bis Wla-diwostok mit weniger als 100 Milli-arden Euro und kommen damit auf die Hälfte der von Hellmut Kuhlmann (siehe Hauptartikel) angenommenen Aufwendungen. Studien zeigen, dass eine stärkere Verbindung zwischen Europa und Russland zum Vorteil für alle Beteiligten sei. Dabei könne auf Kraftwerke verzichtet werden.

Interessantes ProjektErnst Meyer, Professor für Physik an der Universität Basel, beurteilt die Idee, den Strom zwischen Ost und West zu transportieren, «als interessant». «Allerdings besteht heute die Tendenz, Hochspannungs-leitungen in der Nord-Süd-Richtung in Europa zu bauen, die auch zum Stromausgleich benutzt werden kön-nen. So gibt es bereits grössere Stau-seen in Norwegen, die für die Zwi-schenspeicherung genutzt werden können.» Es fragt sich, ob die Ost-West-Variante mit einer Distanz von

10 000 Kilometern konkurrenzfähig ist mit der Nord-Süd-Variante, die mit Entfernungen von einigen tausend Kilometern und allenfalls mit Zwi-schenspeicherung arbeitet.

Positiv äussert sich die schweize-rische Stromnetzbetreiberin Swiss-grid: «Die Vision einer HGÜ-Verbin-dung (HGÜ steht für Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) mit bis zu 10 Gigawatt Übertragungsleistung zwischen Europa und Ostasien ist technisch machbar», schreibt Thomas Nippert, Spezialist Netzentwicklung, Asset Management und Service. «Auch die Grössenordnung der an-

gegebenen Kosten erscheint realis-tisch», ergänzt er. Hersteller wie ABB und Siemens haben bereits Konzep-te für solche Projekte. Der energie-wirtschaftliche und ökologische Nutzen ist vor dem Hintergrund der hohen Verluste von rund 25 Prozent bei angepasster Auslegung und den stark unterschiedlichen Umweltstan-dards in den zu verbindenden Län-dern genau zu prüfen.

Der Ausfall einer Leistung von 10 GW ist im europäischen Verbund-system ebenso wenig beherrschbar wie die Ein- oder Ausspeisung einer

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