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Weltmarkt für Bioenergie zwischen Klimaschutz und ... · PDF fileGlobale Gerechtigkeit...

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Globale Gerechtigkeit ökologisch gestalten Weltmarkt für Bioenergie zwischen Klimaschutz und Entwicklungspolitik Eine NRO-Standpunktbestimmung
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Globale Gerechtigkeit ökologisch gestalten

Weltmarkt für Bioenergie zwischen Klimaschutz

und EntwicklungspolitikEine NRO-Standpunktbestimmung

Kontakt: Forum Umwelt & Entwicklung Am Michaelshof 8-10 · 53177 Bonn Tel.: 02 28 - 35 97 04 · Fax: o2 28 - 92 39 93 56E-Mail: [email protected] · www.forumue.de

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Eine NRO-Standpunktbestimmung

Weltmarkt für Bioenergiezwischen Klimaschutz und

Entwicklungspolitik

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IMPRESSUM

Erarbeitung und Redaktion:Jürgen MaierGerald Knauf

Mitarbeit:Anja Mertineit, MisereorBerit Müller, Energieseminar TU BerlinDaniela Thrän, Institut für Energetik und Umwelt LeipzigFlorian Schöne, NABUImke Lübbecke, WWFIris Lewandowski, Copernicus Institute for SustainableDevelopment Department of Science, Technology and SocietyJutta Himmelsbach, MisereorRegine Günther, WWFStephan Singer, WWFTanja Dräger de Teran, WWFThomas Gerhards, MisereorUlrich Denkhaus, Germanwatch

und den TeilnehmerInnen und ReferentInnen derBioenergietagung „Weltmarkt für Bioenergie zwischenKlimaschutz und Entwicklungspolitik“

Herausgeber:Forum Umwelt & Entwicklung

Verantwortlich:Jürgen Maier

Layout:Monika Brinkmöller

Herstellung:Knotenpunkt, Buch

Bonn, November 2005

Titelbilder:Fotos (v.l.n.r.): UFOP e.V./ Th. Hering; TLL/ FUE

Diese Publikation wurde durch die Nordrhein-WestfälischeStiftung für Umwelt und Entwicklung

sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung (BMZ) gefördert.

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Biomasse verantwortungsbewusstausbauen – Chancen nutzen, Risikenund Nebenwirkungen begrenzen

HINTERGRUND

Das hier vorliegende Diskussionspapier ist das Ergebnisintensiver Vorbereitungen und Diskussionen mit verschie-denen NRO-Vertreterinnen und Vertretern aus dem Um-welt- und Entwicklungsbereich. Das Papier wurde unteranderem während der Tagung „Weltmarkt für Bioenergiezwischen Klimaschutz und Entwicklungspolitik“ in ver-schiedenen Arbeitsgruppen diskutiert und die Ergebnissein das Papier eingearbeitet.

Ziel des Papiers ist es, NROs in Deutschland auf die Be-deutung des Themas Welthandel mit Bioenergie und sei-nen verschiedenen Facetten aufmerksam zu machen undgleichzeitig eine erste Positionsbestimmung aus der Sichtvon Umwelt- und Entwicklungs-NRO zu erarbeiten. DieDiskussion wird zu diesem Zeitpunkt bewusst aus deut-scher/europäischer Perspektive geführt, um unsere Rolleals Importeure von Bioenergie besser verstehen und ein-ordnen zu können. In diesem Papier haben sich die Au-toren auf die wichtigsten Argumentationsstränge konzen-triert. Auf einige wichtige Fragen lassen sich derzeit nochkeine Antworten finden, da noch zu wenig Erfahrungenvorliegen und die Diskussion um nachhaltigen Handelmit Bioenergie noch sehr jung ist.

In einem weiteren Schritt soll die Diskussion „internatio-nalisiert“ werden, d.h. der Blickwinkel potentieller Export-länder, in diesem Fall meistens Länder des Südens, sollin die Diskussion eingebaut werden. Erst dann lässt sichein Konzept für nachhaltigen Handel mit Bioenergie for-mulieren, das von NRO in Nord und Süd mitgetragenwerden kann.

EINFÜHRUNG

Die verstärkte Nutzung von Biomasse bietet aus klima-regional- und entwicklungspolitischer Perspektive vielfälti-ge Chancen. Wenn die verstärkte Biomassenutzung dasPrädikat »ökologisch und entwicklungspolitisch nachhal-

tige Entwicklung« bekommen soll, müssen jedoch diewiderstreitenden und sich teilweise widersprechenden In-teressen über die Art und Weise des Ausbaus der Nut-zung von Biomasse ausbalanciert werden. Dies erfordertDiskussionen, Verhandlungen und Beteiligungsprozessealler relevanten Akteure auf nationaler und internationa-ler Ebene, um entsprechende politische Rahmenbedin-gungen durchzusetzen.

Grundsätzlich ist das Problem nicht Öl, Kohle oderGas, sondern die Geschwindigkeit und die Menge,mit der diese Ressourcen verbraucht werden. WennBioenergie in erster Linie im Zusammenhang mit ho-hen Ölpreisen und Verknappung der Ressource Öldiskutiert wird, besteht die Gefahr, dass Bioenergieauf eine Pufferfunktion für den steigenden Energie-konsum reduziert wird, um den Ölpreis zu stabilisie-ren, bzw. Engpässe zu verhindern. Das kann jedochnicht die Aufgabe von Bioenergie sein. Wird Bio-energie lediglich als zusätzliche Energiequel-le für einen weiterhin steigenden Energiebe-darf konzipiert, würde dies neue, teilweisegewichtige Probleme aufwerfen, ohne dasentscheidende Problem des Klimawandelsverringern zu können..... Insbesondere im Verkehrs-bereich nimmt der Energieverbrauch gegenwärtignoch stetig zu.

Der Klimawandel durch die Nutzung fossiler Brenn-stoffe sowie die Endlichkeit und zunehmende Knapp-heit der fossilen Energieträger zwingt die Menschheitbis Mitte des Jahrhunderts, weitgehend ohne fossileEnergieträger auszukommen und auf erneuerbareEnergien umzustellen. In diesem Sinne ist einemassiv ausgebaute Biomasse-Nutzungalternativlos..... Ohne sie ist weder der heutige nochder künftig wesentlich höhere Energieverbrauch derMenschheit zu bewältigen, auch unter Berücksichti-gung aller Effizienzsteigerungs-Potenziale. Zwei Milli-arden Menschen warten darauf, erstmals Zugang zumodernen Energiedienstleistungen zu bekommen.

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Dies ist mit dem heutigen fossilen Energiesystem un-möglich.

Auch wenn unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten re-gionale Wirtschaftskreisläufe grundsätzlich vorzuzie-hen sind, gibt es auch für biogene Energieträger ei-nen rasch wachsenden Weltmarkt, weil Anbau undVerbrauch räumlich auseinander fallen und der Roh-stoff lagerbar und transportierbar ist. Manche Regio-nen sind weitaus besser für den Anbau von Bioener-giepflanzen geeignet als andere. Für Entwick-lungsländer bietet der Export von Bioenergie-trägern oder -rohstoffen eine wirtschaftlicheChance, die sie nutzen werden..... Die steigendeNachfrage wird für die Produktion sorgen, und da esregionale Unterschiede in den Produktionskostengibt, werden Bioenergieträger bereits heute interna-tional gehandelt. Wenn Bioenergie-Rohstoffe im Aus-land günstiger sind, werden sie dort auch eingekauftwerden. Wenn die EU ihre politischen Zielvor-gaben erfüllen will, wird sie voraussichtlichschon 2020 Nettoimporteur von Bioenergiezur Strom- und Wärmegewinnung sowie vonKraftstoffen werden.....

Die Risiken und Nebenwirkungen dieser absehbarenEntwicklung sind für die Ökosysteme in den Anbau-gebieten erheblich. Bioenergiegewinnung stehtin Nutzungskonkurrenz zu Nahrungsmittel-produktion und zur stofflichen Nutzung. Ob-wohl weltweit genügend Nahrungsmittel für die Welt-ernährung erzeugt werden, hungern über 800 Millio-nen Menschen, weil sie nicht die Kaufkraft haben,sich Lebensmittel zu kaufen, während der reiche Teilder Menschheit die Kaufkraft hat, im großen Stil Fut-termittel anzubauen, um sie dann „veredelt“ alsFleischerzeugnis zu kaufen. Diese Situation ist auf

Energiepflanzen übertragbar. Bei einem zunehmen-den Energiepflanzenanbau wird es daher nicht aus-reichen, nur zu fordern, dass Energiepflanzen nichtden Nahrungsmittelanbau verdrängen dürfen. Wennder Energiepflanzenanbau für den Landwirt lukrativerist als Nahrungsmittelanbau, was bei weiteren deutli-chen Preissteigerungen für fossile Energieträger nichtauszuschließen ist, wird er sie dennoch anbauen.

Der globale Holzverbrauch hat in vielen Regionendas nachhaltig nutzbare Niveau überschritten. Ein er-heblicher Teil der heutigen Forstwirtschaft insbeson-dere in den waldreichen Ländern kann nur als Raub-bau bezeichnet werden. Auch der rasch steigendePapierverbrauch übt enormen Druck auf die Wälderaus. Zunehmend kommt das Holz nicht mehr ausnatürlichen Wäldern, sondern aus industriellen Holz-plantagen, die mit wenigen, meist standortfremdenschnell wachsenden Baumarten angelegt werden.Die ökologischen und sozialen Konsequenzen dieserPlantagen sind meist verheerend, wie z.B. absinken-de Grundwasserspiegel durch den starken Wasserbe-darf von Eukalyptus. Wenn der Holzverbrauchdurch die Nachfrage nach Bioenergie weiterangeheizt wird, werden ohne wirksame politi-sche Gegenmaßnahmen dieselben Mechanis-men wirken, die heute Raubbau an Natur-wäldern und Holz-Monokulturen lukrativ ma-chen. . . . . Kleinbäuerliche Strukturen werden durchPlantagen-Monokulturen verdrängt.

In diesem Spannungsfeld widerstreitender Anforderun-gen und Interessenlagen müssen für den globalen Aus-bau der Bioenergienutzung Kriterien und Regulierungs-instrumente gefunden werden, die eine ökologische undsozial verträgliche Nutzung der Bioenergie im großen Stilermöglichen.

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Klima- und Energiepolitik

1. Nachhaltige Nutzung von Biomasse setzt zunächsteine möglichst weitgehende Treibhausgasneutralitätvoraus. Bioenergieträger, die erst durch massivenEinsatz von fossilen Energieträgern (in Form vonDüngemitteln, bei Veredelungsprozessen, usw.) ent-stehen, erfüllen dieses Kriterium nicht. Was letztlichdas Prädikat »nachhaltig« verdient, kann nur nacheinem Life-Cycle-Assessment eines Energieträgers fürdie gesamte Produktions- und Nutzungskette fundiertbeurteilt werden.

2. Wenn der Klimaschutz und somit die Substituierungfossiler Brennstoffe als Hauptgrund für die Nutzungvon Bioenergie anerkannt werden, muss diejenigeForm von Biomassenutzung Vorrang genießen, dieam meisten CO2-Emissionen einspart und Energieam effizientesten nutzt. Aufgrund unzureichenderKlimaschutzvorgaben der OECD-Regierungen habenCO2-Emissionen immer noch einen zu niedrigenPreis, so dass es zu wenig wirtschaftliche Anreizegibt, mit Biomasse aus einheimischer Produktion ma-ximale CO2-Vermeidungseffekte zu erzielen. FlüssigeBioenergieträger sind bei einem Life-Cycle-Assess-ment etwa 5-10mal weniger energieeffizient alsBiogas, Holz oder holzartige Biomasse. Vorausset-zung für einen klimapolitisch optimierten Einsatz vonBiomasse sind berechenbar langfristig steigendeCO2-Emissionspreise durch anspruchsvolle Treib-hausgas-Reduktionsziele (= sinkende Emissions-budgets). Ohne einen solchen Marktmechanismuskann nur mit aufwändigen dirigistischen Maßnah-men gewährleistet werden, dass Biomassenutzungdie bestmöglichen Treibhausgasreduktionen erzielt.

3. Dies bedeutet mittelfristig, dass zumindest in den In-dustrieländern der Einsatz von Biomasse auf denStrom- und Wärmemarkt konzentriert werden sollte,wo er die besonders treibhausgasintensive Kohlesubstituieren kann.

4. Für die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wär-me kommt vor allem feste, unveredelte Biomasse ausForst- und Landwirtschaft in Frage. Biomasse ist ge-genüber diskontinuierlich zur Verfügung stehendenerneuerbaren Energien wie Wind und Sonne jederzeitabrufbar, so dass besonders ihr Einsatz in Kombina-tion mit Wind und Sonne als Regelenergie politischunterstützt werden sollte.

5. Demgegenüber ist der Verkehrssektor in besondererWeise von (in der Regel importiertem) Öl abhängig.Daher wird von der Mineralöl- und Automobil-industrie mit Nachdruck der Einsatz von Biomasseaus Energiepflanzenanbau zur Erzeugung flüssigerKraftstoffe vorangetrieben, der jedoch aufgrund derverschiedenen Verarbeitungs- und Veredelungs-prozesse deutlich weniger CO2-Emissionen reduziert.Langfristig (bis 2025) liegt das größte Potenzial fürdie Herstellung von Biokraftstoffen bei Holz undholzartiger Biomasse. Über die bestehenden staatli-chen Förderungen von Biokraftstoffen hinaus ist eineweitergehende Förderung derzeit nicht sinnvoll, derSchwerpunkt sollte stattdessen auf dem Biomasse-einsatz im Strom- und Wärmesektor liegen. Es solltegeprüft werden, ob zur Reduzierung von CO2-Emis-sionen im Verkehrssektor z.B. der Einsatz vonEmissionszertifikaten im Rahmen des europäischenEmissionshandelsmarktes nicht die klimapolitischsinnvollere Lösung sein könnte.

6. Die EU-Biokraftstoffrichtlinie verlangt, bis 20105,75% des europäischen Kraftstoffes aus Biomassezu erzeugen. Von den flüssigen Biokraftstoffen1 spieltderzeit auf dem deutschen Markt nur Biodiesel einebedeutende Rolle. So wird Biodiesel zur Zeit bundes-weit an über 1.900 Tankstellen vertrieben. Mit einemAbsatz von rund 1,5 Mio. t Biodiesel werden zur Zeitüber 4% des Dieselbedarfs gedeckt. Bei einem ge-planten Ausbau auf 2 Mio. t würde Biodiesel etwa6% des derzeitigen Dieselbedarfs abdecken können.Die Anbauflächen für die Biodieselproduktion wer-den aber in der Realität nicht 2 Mio. ha betragen,vielmehr gelten die gegenwärtigen Anbauflächen alsweitgehend ausgeschöpft und entsprechend basiertdie Biodieselproduktion gegenwärtig bereits zur Hälf-te auf ausländischen Rohstoffen (v.a. aus Frankreich).Biodiesel wird zwar gegenwärtig noch nicht explizit

1 In der Studie des Öko-Institutes Darmstadt „Kriterien zurBewertung des Pflanzenanbaus zur Gewinnung vonBiokraftstoffen in Entwicklungsländern unter ökologischen,sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten“ werdendie wesentlichen Energieträgerpflanzen und derenAnbau benannt und beurteilt

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auf dem Weltmarkt gehandelt, jedoch besteht bereitsein weltweiter Markt für Öle und Fette, der durchhohe Wachstumsraten und deutlichen Nachfrage-druck gekennzeichnet ist. Die Nachfrage nach Bio-diesel auf dem Weltmarkt dürfte den Druck auf dieseMärkte weiter verstärken und z.B. die Etablierungweiterer Palmölplantagen mit all ihren negativenökologischen Auswirkungen unterstützen. Der weitereAusbau der Biodieselnutzung im globalen Kontext soll-te deshalb kritisch hinterfragt werden. Dabei ist auch zuberücksichtigen, dass Biodiesel eine vergleichsweise ge-ringe Flächenausbeute zeigt und damit nur als Zwi-schenlösung bis zur Verfügbarkeit der nächsten Kraft-stoffgeneration diskutiert werden darf.

7. Es ist politisch kaum durchsetzbar und auch nichtsinnvoll, international nicht wettbewerbsfähiges, teu-res europäisches Bioethanol durch protektionistischeMaßnahmen vor der Konkurrenz aus Entwicklungs-ländern zu schützen. Der bisherige Zoll von 19,20€/hl für unvergälltes Bioethanol reicht nicht aus, umdie deutlich geringeren Produktionskosten in Brasili-en gegenüber Deutschland/EU zu kompensieren.Wenn es ökologisch wie ökonomisch sinnvoller ist, inEuropa Biomasse primär für den Strom- und Wärme-markt zu nutzen, sollte dieser Flüssigtreibstoffbedarfvorwiegend aus Importen gedeckt werden oder dieRichtlinie entsprechend korrigiert werden (Vorgabenfür die Biomassenutzung ohne zwingende Verwen-dungsvorgaben als Kraftstoffe).

8. Zur Vermeidung von Emissionen aus dem Verkehrs-sektor muss nicht in erster Linie Biokraftstoff einge-

setzt werden, sondern die vielfältigen kontraprodukti-ven Subventionen für den Flug-, Lkw- und Autover-kehr abgebaut werden. Deren unvertretbare Zu-wachsraten müssen gestoppt und eine Erhöhung derMarktanteile der öffentlichen Verkehrsmittel und derSchiene auf Kosten des motorisierten Individual- undGüterverkehrs erzielt werden. Strenge Brennstoff-effizienzkriterien bis hin zu Zulassungsverboten fürextreme Benzinschlucker, wie sie außerhalb Europas(gegen den Widerstand deutscher Automobilkonzer-ne) zunehmend eingeführt werden, müssen auch inder EU auf die politische Tagesordnung. Wir lehnenVersuche ab, das heutige nicht-nachhaltige, Energieverschwendende Verkehrssystem einfach auf alternati-ve Kraftstoffe umzurüsten. Die dafür notwendigenenormen Mengen können nicht auf nachhaltige Wei-se hergestellt werden, insbesondere nicht vor demHintergrund des rasch ansteigenden globalen Auto-mobilbestandes.

9. Stofflicher Einsatz von Biomasse zur Energieein-sparung: Der Ersatz von energieintensiv hergestelltenWerkstoffen wie Zement, Stahl, Aluminium oderKunststoff durch Holz im einstöckigen Gebäude-bereich, für Strommasten und andere Verwendungs-zwecke könnte erhebliche Mengen CO2-Emissioneneinsparen (global bis zu 1,5%). Unter Weltmarkt-bedingungen ist eine marktkonforme Regulierungdurch erhöhte CO2-Emissionspreise durch sinkendeEmissionsbudgets jedoch nur im EU-Rahmen mitWTO-konformen Grenzausgleichsabgaben umsetz-bar, andernfalls sind hierfür ordnungspolitischeMaßnahmen erforderlich.

Empfehlungen:

1. Bewertung der Bioenergieträger anhand von unabhängig durchgeführten Life-Cycle-Assessments, umeffiziente und nachhaltige Biomasseproduktion gezielt fördern zu können.

2. Mittelfristig sollte zumindest in den Industrieländern der Einsatz von Biomasse auf den Strom- undWärmemarkt konzentriert werden, wo sie die beste energetischen Balance und CO2 Reduktion aufweistund die besonders treibhausgasintensive Kohle substituieren kann. Die politische Unterstützung ist da-her vorrangig auf den dezentralen Einsatz in Kraft-Wärme-Kopplung zu konzentrieren.

3. Der Einsatz eines erneuerbaren Energiemixes aus Wind, Sonne und Biomasse soll gefördert werden, umdie jeweiligen Stärken des Bioenergieträgers zu unterstützen.

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Wald- und Forstwirtschaft

1. Der bei weitem wichtigste Bioenergieträger ist Holz,er wird in Europa in erster Linie stofflich genutzt. DerAnteil von Brennholz am Holzeinschlag innerhalbder EU liegt bei knapp über 10%, während es in Ent-wicklungsländern durchschnittlich bei ca. 80% liegt.Brennholz wird fast ausschließlich lokal genutzt, häu-fig außerhalb der Geldwirtschaft und wird nur zu ver-schwindend geringen Teilen international gehandelt.

2. Der Welthandel von Holz als Bioenergieträger wirdbisher durch seine relativ geringe Energiedichte ein-geschränkt. Die beste Energiedichte erreichen Holz-pellets, die als Abfallstoffe in der Holz verarbeitendenIndustrie anfallen, direkt vor Ort produziert werdenkönnen und somit eine interessante zusätzliche Ein-nahmequelle darstellen. Mit zunehmender Nachfrageund steigenden Energiepreisen ist davon auszuge-hen, dass auch Rohholz oder Holzhackschnitzel eineinteressante Exportoption werden, die über die Ab-fallnutzung hinausgehen würde. Es darf dabei abernicht vergessen werden, dass bereits Produkte impor-tiert werden, die mit Holzenergie hergestellt werden,z.B. Roheisen aus Brasilien.

3. Auch in Deutschland wird die energetische Nutzungvon Waldholz überwiegend außerhalb typischerMarktstrukturen realisiert (Selbsterwerb für Klein-feuerungsanlagen), so dass sich bisher nur einge-schränkte Märkte entwickelt haben und die Deckungder Nachfrage teilweise ungeklärt ist.

4. Wälder sind nicht nur Lieferanten von miteinanderkonkurrierenden Rohstoffen für miteinander konkur-rierende Verwendungszwecke. Wälder sind Ökosyste-

me und Lebensgrundlage nicht nur vieler Tiere undPflanzen, sondern auch von Menschen.

5. Internationale Energienutzung in Konkurrenz zu re-gionaler Nutzung: es besteht Grund zur Annahme,dass in ländlichen Regionen des Südens öffentlichzugängliche Wälder zunehmend kommerzialisiertwerden und somit Waldrestholz für den lokalen tradi-tionellen Holzbedarf nicht mehr zur Verfügung steht.Weitere Verarmung wäre die Konsequenz, wovoninsbesondere Frauen, die weniger Zugang zu Geldhaben und traditionell die Familie versorgen betrof-fen wären.

6. In einer Reihe von europäischen Ländern, auch inDeutschland, werden aus Kostengründen erheblicheTeile des anfallenden Holzzuwachses gar nicht ge-nutzt. Diese Reserven können energetisch genutztwerden. Allerdings reicht dieses Holz nicht aus, umeinen bedeutenden Anteil am Primärenergiemix stel-len zu können. Dennoch kann verstärkte Nachfragenach Brennholz im ländlichen Raum in Deutschlandzusätzliche Einkommen schaffen.

7. Schon heute ist der weltweite Holzverbrauch für Pa-pier, Brennholz und Nutzholz zu hoch, und nurdurch Raubbau in den meisten waldreichen Ländernin dieser Höhe möglich. Weltweit geht die Waldflächemit unvermindertem Tempo zurück. Konkurrenzdruckdurch Bioenergie kann auch zu einer verstärkten Effi-zienz bei der Nutzung der Ressource Holz führen,z.B. Wertsteigerung von Recyclingpapier. Andererseitssteigt mit den Holzpreisen auch der Anreiz, Wälderzu fällen. Auch der steigende Bedarf an Agrarflächen

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durch Energiepflanzenanbau spielt bei der Wald-vernichtung ebenfalls eine sehr erheblich Rolle undmuss entsprechend gesteuert werden.

8. Die Umwandlung von Naturwäldern in Holzplanta-gen mit schnell wachsenden, in der Regel standort-fremden Baumarten wie z.B. Eukalyptus ist ein ausder Zellstoffproduktion bekanntes Problem. Der An-bau nachwachsender Rohstoffe darf nicht zur Degra-dierung von Wäldern und Waldflächen führen. Sol-che Plantagen haben mit der ursprünglichen Öko-systemfunktion des Waldes nichts mehr gemeinsamund richten enorme ökologische Schäden an, etwadurch Grundwasserspiegelabsenkung und dramati-sche Reduzierung der Artenvielfalt.

9. Der rasch steigende Papierverbrauch beanspruchtmittlerweile bereits ein Fünftel der globalen Holz-produktion. Deutschland gehört mit einem Pro-Kopf-Jahresverbrauch von 225 kg neben den USA und Ja-pan zu den Spitzenreitern, während beispielsweiseChina erst 20 kg verbraucht. Der heutige Weltdurch-schnitt von 55kg pro Person und Jahr ist kaum nochmit nachhaltigen Verbrauchsniveaus in Einklang zubringen; Holzplantagen für die Papierproduktion ste-hen in Südostasien bereits in direkter Flächen- undWasserkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Dieverstärkte Nutzung von Holz als Bioenergieträger be-deutet daher auch Nutzungskonkurrenz zur stofflichenVerwertung z.B. als Papier.

Empfehlungen:

1. Bei allen menschlichen Nutzungsansprüchen darf der Schutz des Ökosystems Wald, insbesondere derletzten verbliebenen Urwälder, nicht ignoriert oder abgeschwächt werden.

2. Die Umwandlung bereits degradierter Flächen zu Holzplantagen ist aus ökologischer Sicht eingehendzu prüfen. Es muss dabei berücksichtigt werden, wie und wann es zur Degradierung der Fläche kam.Anreize zur Degradierung von Flächen über die lukrative Nachnutzung für Bioenergie bereits degradier-ter Flächen müssen wirksam unterbunden werden.

3. Es darf keinen durch die Produktion von Bioenergie verstärkten Holzeinschlag in wertvollen, schützens-werten Wäldern geben.

4. Die verstärkte Nutzung von Bioenergie aus Holz muss sich auf Holzabfälle aus den anderen Nutzungs-bereichen konzentrieren, um den Nutzungsdruck nicht weiter zu erhöhen.

5. Die Umwandlung von Naturwäldern in Holzplantagen mit schnell wachsenden, in der Regel standort-fremden Baumarten wie z.B. Eukalyptus muss durch rigorose Verbote unterbunden werden.

6. Durch die Biomassenutzung darf nicht der Anteil von Totholz im Wald reduziert werden.

7. Maßnahmen zur spürbaren Reduzierung des Papierverbrauchs in den Industrieländern und verstärkterRückgriffe auf Nutzungskaskaden (z.B. energetische Verwendung nach mehrfachem Papierrecycling)müssen ergriffen werden.

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Landwirtschaft

1. Bioenergie kann Arbeitsplätze schaffen sowie Existen-zen und Einkommen sichern, wenn sie dezentral istund regional verarbeitet wird – die Wertschöpfungvor Ort bleibt. Dies steht im Widerspruch zum Ex-port, der große Flächen und einen deutlich höherenGrad an Technisierung erfordert. Auch große Pro-duktionseinheiten können Arbeitsplätze schaffen,verdrängen aber in der Regel gleichzeitig gewachse-ne Strukturen und können somit auch eine Gefahrfür kleine Privatunternehmen werden. Je größer daswirtschaftliche Interesse wird, um so größer wird derDruck durch die Großindustrie, wie z.B. beim Soja-anbau in Brasilien. Besonders bei Bioenergie wirddas deutlich, weil die Produktion direkt an die Flä-che gekoppelt ist und es „freie“ Flächen nicht gibt.Bioenergie bietet aber viel Potenzial für dezentraleProduktion, besonders bei Rohstoffen, die durch ein-fache und vor Ort einsetzbare Technologien in Ener-gie konvertiert werden können, wie z.B. Jatropha, Ri-zinus, aber auch Biogas.

2. Die entscheidenden Faktoren für das nutzbare Bio-masse-Potenzial sind neben Bevölkerungswachstumund der Produktivität des Landes vor allem die Ver-fügbarkeit brachliegender Böden und die Nah-rungspräferenzen der Menschen. Die in den meistenIndustrieländern vorherrschende fleisch- und milch-produktdominierte Ernährungsweise nimmt 2-3malsoviel Land in Anspruch wie eine »gemäßigte« Er-nährungsweise (3-4mal soviel Land wie eine vegeta-rische Ernährungsweise). Mit anderen Worten: früheroder später stellt sich die Frage, ob Flächen fürEnergiepflanzen oder für Fleischproduktion genutztwerden. Beide Nutzungsarten können nur begrenztkombiniert werden.

3. Die WTO-Agrarverhandlungen und die Reform derEU-Agrarpolitik werden in Zukunft weiter in RichtungMarktöffnung gegenüber Drittländern und Abbau in-terner Stützung gehen. In diesem Prozess werden inder EU zunehmend Flächen aus der Nahrungsmittel-Produktion fallen, die für die Erzeugung von Bio-masse bzw. nachwachsende Rohstoffe herangezogenwerden können. Voraussetzung dafür ist, dass sichdie wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedin-gungen spürbar verbessern. 85% der Flächen für dieNahrungsmittelproduktion in Deutschland werdenzudem für die Erzeugung von Fleisch und anderentierischen Nahrungsmitteln benötigt, was bei fleisch-ärmerer Ernährungsweise zusätzliche Flächenpoten-ziale freisetzen würde. Daher ist es notwendig, unse-re Ernährungsweise auf den Prüfstand zu stellen, umzu vermeiden, dass wir Flächen für die Bioenergie inanderen Ländern in Anspruch nehmen, die dort fürdie Ernährung der Menschen notwendig ist.

4. Energiepflanzen haben mittelfristig das größtePotenzial der bioenergetischen Ressourcen. Es stehteine große Vielfalt von Pflanzen, wie Ölsaaten, Stär-ke- und Zuckerpflanzen für die Energieproduktionsowie verschiedene Anbausysteme und Technologien(z.B. Agroforstwirtschafts-Systemen, mehrjährigenEnergiepflanzen oder Mischfruchtanbau) zur Verfü-gung.

5. Genetisch modifizierte Organismen für den Einsatz inder Produktion von Bioenergie beinhalten eine Viel-zahl ungeklärter ökologischer Risiken und Nebenwir-kungen. Die Technologie ist mit einer zentralistischenKontrolle weniger Konzerne über Saatgut undPflanzenarten verbunden.

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6. Die Erfahrungen mit exportorientierter Landwirtschaftin Entwicklungsländern (cash crops) weisen überwie-gend darauf hin, dass mit hoch technisierten, indu-strialisierten Bewirtschaftungsformen auf vergleichs-weise großen Anbauflächen gearbeitet wird. Dieswürde bedeuten, dass früher oder später Hocher-tragssorten mit entsprechenden Anforderungen an

Empfehlungen:

1. Kleinbäuerliche Strukturen sollen unterstützt und geschützt werden.

2. Die aktive Förderung eines vielfältigen Energiepflanzenanbaus, unter Berücksichtigung eines niedrigenEinsatzes von Produktionsmitteln (Düngemittel und Pestizide) sowie einer geringen Intensität der Boden-bearbeitung, ist weltweit zu etablieren.

3. Innovative Anbausysteme und Technologien (z.B. Einführung von Agroforstwirtschafts-Systemen, mehr-jährigen Energiepflanzen oder Mischfruchtanbau) zu fördern, ist aus ökologischer Sicht eine entschei-dende Aufgabe.

4. Es sind insbesondere die Synergieeffekte zwischen Umwelt und Wirtschaft herauszufiltern und zu fördern.

5. Der Einsatz genetisch modifizierter Organismen für die energetische Nutzung von Biomasse darf keineOption sein.

Boden, Bewässerung, Düngung und Pestizideinsatzverwendet werden, wofür oft genug Subventionen be-reitgestellt werden. Eine positive Umweltbilanz ist un-ter diesen Bedingungen kaum noch erzielbar. Genauso werden erfahrungsgemäß kleinbäuerliche Struktu-ren verdrängt, mit all ihren sozialen Auswirkungenauf die lokale Bevölkerung.

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Handel

1. Der Anbau von Bioenergiepflanzen und die Produkti-on von Bioethanol in Entwicklungsländern müssennicht automatisch bedeuten, dass diese exportiertwerden. Schließlich müssen die meisten EL ihrerseitsteures Öl auf dem Weltmarkt importieren. Auch dasbrasilianische Bioethanolprogramm hat seinen Ur-sprung in der Importsubstitution von Erdöl. Die USAals zweitgrößter Ethanolproduzent verwertet die ge-samte Produktion für den heimischen Markt.

2. Um tatsächlich negative Umwelt- und Sozialbilanzenbei Export-Bioenergieträgern vermeiden zu können,müssen Importnationen bzw. die EU in der Lagesein, importiertes Bioethanol bzw. Holz unterschied-lich behandeln und nachhaltig produzierten Bio-energieträgern bessere Marktbedingungen einräu-men zu können. Im Gegensatz zu Nahrungs- undGenussmitteln muss sich erst noch zeigen, ob dereuropäische Kunde bereit ist, beispielsweise beimTanken »Fair Trade« bzw. »Ökolandbau«-Aufpreise zubezahlen. Ob bessere und für alle Konsumentengleiche Marktbedingungen für Bioenergie durch eine(juristisch sicherlich angreifbare) Einstufung vonzertifiziertem Ethanol als »Umweltgut« oder durch(von NGOs seit langem geforderten) Änderungen derWTO-Verträge (Zulassung von Produktunterscheidung

nach Herstellungsmethode, PPM) realisiert werdenmuss, ist eine zu klärende Frage.

3. Die WTO-Agenda sieht vor, bis 2010 alle Zölle undnichttarifären Handelshemmnisse im Papier- undHolzsektor zu beseitigen. Angesichts der in den mei-sten waldreichen Ländern vorherrschenden Raubbau-praxis gilt dieses Ziel unter NGOs als »Global FreeLogging Convention«.

4. Die brasilianische Initiative eines speziellen Pro-gramms für Kleinbauern zur Biodieselproduktionzeigt, dass an der Produktion und dem Export vonBiokraftstoffen keineswegs nur Großgrundbesitzerund Konzerne verdienen müssen. Gesichert wird dieBeteiligung der Kleinbauern durch ein Sozialsiegel,welches die Förderung der Produktion an soziale Kri-terien knüpft.

5. Als Biomasse-Importe kommen für die EU nebenKraftstoffen bzw. Kraftstoffzusätzen wie Ethanol auchHolz bzw. Holzprodukte in Frage. Gerade Holz wirfterhebliche Fragen nach Raubbau bzw. nachhaltigenProduktionsmethoden auf. Zertifizierungssystemekönnen Kriterien beinhalten, durch die nachhaltigeProduktionsmethoden eingefordert werden können.

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Empfehlungen:

1. Der Anbau und Export von Bioenergieträgern darf keinesfalls die Nahrungsmittelversorgung einesLandes gefährden. Regierungen müssen hierfür die notwendigen ordnungspolitischen Rahmenbedin-gungen festlegen.

2. Alle verfügbaren Möglichkeiten der lokalen regenerativen Energieversorgung, Effizienzverbesserungund Energieeinsparung sollten zuerst genutzt werden. Der Import bzw. Export von Bioenergie solltenachrangig sein, um regionale Defizite zu kompensieren. Eine Zertifizierung ist für den internationa-len Handel zwingend erforderlich.

3. Mit der direkten inländischen energetischen Nutzung von Biomasse sollen vorrangig regionaleWertschöpfungsketten in den Produktionsländern, meist Entwicklungsländer, aufgebaut werden.

4. Einen Abbau aller Zölle und nichttarifären Handelshemmnisse im Papier- und Holzsektor darf es aufkeinen Fall geben. Regelungen für Holz als Bioenergieträger sind nicht isoliert von Regelungen fürHolz bzw. Holzprodukte wie Papier denkbar.

5. Die EU muss auf jeden Fall darauf bestehen, dass ein EcoFair-Zertifizierungsschema für nachhaltig er-zeugte Bioenergieträger erarbeitet wird, das privilegierte Marktzugangsbedingungen in der EU zusi-chert. Dabei muss durch eine Beteiligung der Exportstaaten, aber auch von NGOs, eine breite Ak-zeptanz geschaffen und verdeckter Protektionismus verhindert werden.

6. Für den internationalen Handel mit Bioenergie müssen Zertifizierungsschemata zum Einsatz kommen,die auf quantifizierbaren und qualifizierbaren Kriterien beruhen, die jederzeit nachvollziehbar undkontrollierbar sind. Sie müssen Rahmenbedingungen schaffen, die auch in den Anbauländern zunachhaltiger Entwicklung führen.

7. Die Zertifizierungs-Kriterien müssen in einem partizipativen Prozess aller Beteiligten und lokal Betroffe-nen festgelegt werden. Einige der zu berücksichtigenden Kriterien für ein solches EcoFair-Zertifizierungsschema sind beispielsweise: Energiebilanz, nachhaltige Landwirtschaft, Charakter derAnbauflächen, Verteilung der Wertschöpfung, Arbeitsplatzbilanz. soziale Auswirkungen.

8. Im Falle von Holz ist eine Weiterentwicklung des FSC-Siegels empfehlenswert. Solche Zertifikate sindfreiwillige Maßnahmen, die nur funktionieren, wenn ein zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteil aus derZertifizierung entsteht. In diesem Punkt muss zwischen Nutzholzzertifizierung undBioenergiezertifizierung unterschieden werden, denn für den Konsumenten erscheint der FSCzertifizierte Gartenstuhl als ein sichtbarer Mehrwert, während für Brennstoff die Einsicht eines höherenPreises deutlich schwieriger wäre.

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Globale Gerechtigkeit ökologisch gestalten

Weltmarkt für Bioenergie zwischen Klimaschutz

und EntwicklungspolitikEine NRO-Standpunktbestimmung

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