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Weltenbilder

Date post: 18-Dec-2014
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Die Possible Worlds Theory und serielles Erzählen bei Eli Stone
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Hausarbeit Die Possible Worlds Theory und serielles Erzählen bei Eli Stone Philosophische Fakultät Medienwissenschaft Eberhard-Karls-Universität Tübingen
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Hausarbeit

Die Possible Worlds Theory und seriellesErzählen bei Eli Stone

Philosophische FakultätMedienwissenschaft

Eberhard-Karls-Universität Tübingen

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Inhaltsverzeichnis

1 Hinführung 1

2 „Paradiese, Übersee“ als postmoderner Roman 12.1 Inhalt des Romans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Postmoderne Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

3 Possible Worlds Theory 73.1 Entstehung der Possible Worlds Theory . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.2 Aktuelle Ansätze zur Possible Worlds Theory . . . . . . . . . . . . . 8

4 Applikation auf „Paradiese, Übersee“ 104.1 „Immersion“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.2 Recentering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.3 Accessibility Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.4 Principle of Minimal Departure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.5 Narrative Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184.6 Plot- und Konflikttheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

5 Praktikabilität bei postmodernen Romanen 22

6 Fazit 23

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1 HINFÜHRUNG 1

1 Hinführung

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Romane, Filme und Serien oft als andereWelten bezeichnet. Welten, die sich von der Welt, in der wir leben, unterscheiden.Welten, in die wir beim Lesen oder Sehen eintauchen, die wir uns vorstellen können.Auch in der Philosophie und der Narratologie werden im Rahmen der Possible WorldsTheory literarische Werke als Welten bezeichnet, wobei hier das Wort „Welt“ nichtmehr nur im rein metaphorischen Sinn für die literarische Welt steht, sondern füreine neue Welt.Für die literarische Rhetorik ist die Possible Worlds Theory von Bedeutung, weilsie sich – wie die Rhetorik – mit dem Möglichen und der Plausibilisierung vonInhalten beschäftigt. Der Leser kann nur dann in eine literarische Welt eintauchen,wenn diese möglich ist und ihm plausibel gemacht wird. Bei bildhaften Romanenbeispielsweise der Romantik oder des Sturm und Drang fällt es dem Leser leichtdie literarische Welt zu imaginieren. Bei postmodernen Werken hingegen kann eszu Schwierigkeiten kommen, da postmoderne Werke für den Leser oft weniger gutzugänglich sind und mehrere Welten entwerfen. Die Possible Worlds Theory reflektiertdiese Schwierigkeiten.

Diese Hausarbeit wendet die Possible Worlds Theory von Marie-Laure Ryan aufden Roman „Paradiese, Übersee“ von Felicitas Hoppe an, und versucht anhand derErgebnisse einige allgemeine Erkenntnisse für die Praktikabilität der Possible WorldsTheory bei postmoderner Literatur zu gewinnen.Hierzu werden in 2 „Paradiese, Übersee“ als postmoderner Roman zunächst derRoman selbst, und anschließend Ansätze zur Postmoderne vorgestellt. Dabei giltdem philosophischen Ansatz von Jean-François Lyotard besondere Aufmerksamkeit,da dies einer der plausibelsten Ansätze ist. Anschließend gibt die Hausarbeit in 3Possible Worlds Theory einen Überblick über die Entwicklung der Possible WorldsTheory und die aktuelle Theorie von Marie-Laure Ryan. Diese wird in 4 Applikationauf „Paradiese, Übersee“ im Detail auf Hoppes Roman angewendet und diskutiert.In 5 Possible Worlds Theory bei postmodernen Romanen wird schlussendlich geprüft,inwieweit sich die gewonnenen Erkenntnisse auf postmoderne Romane generalisierenlassen. 6 Fazit fasst die Ergebnisse nochmals zusammen einen Blick auf möglicheweitere Forschungsfragen.

2 „Paradiese, Übersee“ als postmoderner Roman

Die Autorin, geboren 1960 in Hameln, reiste – wie ihre Protagonisten – selbst vielum die Welt, unter anderem auch nach Indien, einem der Schauplätze des Romans.Studiert hat sie in Tübingen und den USA. Felicitas Hoppes’ Roman „Paradiese,

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Übersee“ erschien 2003, und ist Ritter-, Abenteuer und Gegenwartsroman sowieMärchen. Anklänge an das Nibelungenlied, die Arthussage, Don Quijote und Parzivalfallen auf. Die Autorin hatte sich von Aues Iwein inspirieren lassen, einen Ritterromanzu schreiben. Anschließend verfasste sie den ersten und den letzten Satz des Romans,und füllte daraufhin das „Dazwischen“.1

Ihre Vorgehensweise, die Struktur, die Sprache und der Plot des Romans sindaußergewöhnlich und eigentümlich. Die Literaturkritikerin Katharina Döbler ist sichsogar nicht einmal sicher, ob es sich bei Hoppes Werk überhaupt um einen Romanhandelt.2 Gründe für ihren Zweifel finden sich zuhauf, Hoppes Roman verpflichtet sichkeinen Urbildern, die Plotstruktur ist verworren und auch das Ende des Romans gibtRätsel auf. Im Folgenden wird zunächst der Plot des Romans – so gut dies möglichist – dargestellt. Anschließend wird der Roman in den Kontext der Postmodernegerückt, nachdem die Merkmale dieser Epoche herausgestellt wurden.

2.1 Inhalt des Romans

Im ersten Teil des Romans mit dem Titel „Übersee“ befinden sich ein Ritter und dersogenannte Pauschalist in Begleitung eines 300jährigen sprechenden Hundes auf derSuche nach dem Forschungsreisenden Dr. Stoliczka und dem Fabeltier Berbiolette.Der Pauschalist schreibt eine wissenschaftliche Arbeit über Dr. Stoliczka, der Rittertransportiert einen Brief. Die beiden schiffen in Lissabon ein, um in Bombay undKalkutta die Suche fortzusetzen.Im zweiten Teil, betitelt mit „Wilwerwitz“ berichtet der Protagonist, der KleineBaedeker3, von seinen Erfahrungen mit seinem Bruder, einem Forschungsreisendenund seiner Schwester, die Zimmermädchen in Europas Hotels ist. Diese hat sichin einen Ritter verliebt, und bittet den Kleinen Baedeker diesem einen Brief zuüberbringen. Auch erzählt der Kleine Baedeker im zentralen Teil des Romans voneiner jährlich stattfindenden Prozession, an der er seit vielen Jahren mit seinenGeschwistern teilnimmt. Die Prozession findet ihren Abschluss dabei immer imEchternach-Zimmer bei Frau Conzemius, wo die Geschwister übernachten. Da derKleine Baedeker mit Ängsten zu kämpfen hat, schickt er am Ende des zweiten TeilsMunter, seinen Hund, los, damit dieser den Brief der Schwester ausliefert. Erst danach

1 Linder 2010.2 Döbler.3 Der Name des Protagonisten ist eine Hommage der Autorin an die Reiseführer, die ebenfallsunter dem Namen „Kleiner Baedeker“ bekannt geworden sind. Die Bewunderung Hoppes für dieReiseführer zeigt sich dabei nicht nur in der Namensgebung des Protagonisten, sondern auch indessen Arbeit: Der Kleine Baedeker ist ein Reiseführer, der Touristen die in Wilwerwitz angesiedeltenRitterburgen zeigt und Geschichten der Umgebung erzählt.

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entschließt sich der Kleine Baedeker auch selbst aufzubrechen.Der dritte Teil, „Paradiese“, beginnt mit den Aufzeichnungen des gesuchten DoktorStoliczka, der sich mit einem unbekannten Mann und einem klapprigen Pferd auf derÜberfahrt nach Indien befindet. Auch der Kleine Baedeker taucht wieder auf. DerPauschalist fordert den Ritter zum Duell, das aber durch eine Überschwemmung nichtstattfinden kann. Der Pauschalist, der Kleine Baedeker, der Hund und die zwei Pferderetten sich mit einem Floß und landen am Ende im Echternach-Zimmer bei FrauConzemius, wo bereits die Schwester des Kleinen Baedekers wartet. Dort öffnet derKleine Baedeker den ihm anvertrauten Brief und liest „in der schwungvollen klarenHandschrift meiner Schwester die Worte: DER RITTER, DAS BIN ÜBRIGENSICH.“4

2.2 Postmoderne Literatur

Hoppes Roman ist der Epoche der Postmoderne zuzuordnen. Im eigentlichen Sinnbezeichnet der Begriff der Postmoderne zunächst jedoch nur eine Konstruktion, dieinsbesondere in der “sozialen Entwicklung Symptome einer Zeitenwende“5 aufweist.Außerdem ergibt sich eine genauere Bestimmung des Begriffs der Postmoderne erstdurch eine Differenzierung – komplementär und kontrastiv – zum Begriff der Moder-ne.6

Von vielen Philosophen und Kulturwissenschaftlern werden aber tatsächlich sowohldie Moderne als auch die Postmoderne als Epochen rekonstruiert, wobei die Post-moderne, wie das Präfix bereits andeutet, auf die Epoche der Moderne folgt. Obes sich bei der Postmoderne tatsächlich um eine Epoche handelt, ist aber dennochumstritten. Lubomír Doležel, auch bekannt für seine Arbeit im Bereich der PossibleWorlds Theory, gehört zu den Anhängern der Epochenauffassung. In Possible Worldsof Fiction and History schreibt er, dass Postmoderne „has become an internationalmovement, and therefore its chronology“.7 Auch die beiden folgenden Ansätze gehendavon aus, dass es sich bei der Postmoderne um eine Epoche handelt.

Einer der bekanntesten Versuche auf literaturwissenschaftlicher Ebene eine Charak-teristik der Postmoderne zu etablieren ist die Merkmalanalyse von Ihab Hassan. Er

4 Hoppe 2003, S. 186.5 Zima 1997, S. 1.6 Frank Fechner insistierte, dass Moderne, Modernismus und Postmoderne bei einer konkretenBegriffsbestimmung zusammen gedacht werden müssen: „Es ist also notwendig, auch den Begriffvon Moderne, der der jeweiligen Rede von Postmoderne zugrunde liegt, aufzuhellen.“ (Fechner 1990,S. 20)

7 Doležel 2010, S. 1.

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beschreibt postmoderne Literatur unter anderem mit den stilistischen Merkmalender Unbestimmtheit, Fragmentierung, Auflösung des Kanons, Ironie und der Karne-valisierung, die er den drei Orientierungsaspekten Intertextualität, Pluralismus undPerspektivismus zuordnet.8

Auch der Ansatz Herbert Grabes, der die Fremdartigkeit postmoderner Literaturund Kunst fokussiert, betrachtet die Postmoderne als Epoche. Grabes schreibt überdie Fremdartigkeit postmoderner Literatur, dass sie versucht „radikalere Fremdheits-wirkungen bis hin zur Schockierung zu erzeugen.“9 Da dieser Versuch aber auf eineentsprechende Erwartungshaltung stieß, konnten jene Schockwirkungen nicht ausge-löst werden. Dennoch sind die Relativierung des Vertrauten, beispielsweise durchIronie, Parodie oder Travestie, und die Mischung unterschiedlicher Stile und GenresMerkmale vieler postmoderner Werke. Grabes knüpft mit diesem Gedanken eng andie Merkmalanalyse von Hassan an, und stößt damit auch auf dieselben Probleme:Einerseits sind Versuche der Differenzierung, die sich rein auf einer Stilebene bewegen,fragwürdig weil unzureichend, und andererseits finden sich die von Hassan und Grabesaufgezählten Merkmale gleichermaßen in moderner wie postmoderner Literatur. Umeine zufriedenstelle und umfassende Einordnung der Postmoderne geben zu können,braucht es einen anderen Ansatz, der sich durch eine Abgrenzung zur Modernekonstituiert. Die Moderne wird insbesondere in der Literaturwissenschaft als Epochebeschrieben, die Literaturformen der Jahrhundertwende inkludiert. Merkmal derModerne ist unter anderem der Modernismus, der „die neuzeitliche Moderne imRückblick erkennbar, definierbar und kritisierbar“10 macht. Dies ist gleichzeitig auchein Merkmal der Postmoderne, diese geht jedoch über das Reflexiv-Werden derModerne weit hinaus.

Wolfgang Welsch bezieht die Moderne in seiner Betrachtung der Postmoderne mitein, und geht damit bereits einen Schritt in die richtige Richtung. Die Postmodernesei allerdings keine Trans- und Anti-Moderne, keine neue Epoche, da ihr Grundinhaltauch in der Moderne bereits von Bedeutung gewesen sei. Diese Grundidee sei derPluralismus, der sich in der Postmoderne als Verfassung radikaler Pluralität zeigt.Sie erstreckt sich ihm zufolge auch auf Gebiete wie Wahrheit, Gerechtigkeit undMenschlichkeit, und schließt mit ein, dass „ein und derselbe Sachverhalt in eineranderen Sichtweise sich völlig anders darstellen kann“.11

8 Hassan 1988.9 Grabes 2004, S. 69.

10 Zima 1997, S. 9.11 Welsch 1993, S. 5.

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Der philosophisch geprägte Ansatz des poststrukturalistischen Autoren12 Jean-François Lyotard kann zur Schaffung eines klaren Begriffs der Postmoderne ebenfallsherangezogen werden. Sein Ansatz ist insbesondere aufgrund seiner Einbeziehung ge-sellschaftlicher Entwicklungen sehr vielversprechend. Insgesamt geht Lyotard, ähnlichwie Welsch später, nicht davon aus, dass es sich bei der Postmoderne um eine neueEpoche handelt.13 Vielmehr spricht er von einer der Moderne innewohnenden Gegen-bewegung14, und damit einem „Verhältnis räumlicher Verstrickung“.15 Grundtheseseines Werkes Das postmoderne Wissen ist die Verabschiedung der Meta-Erzählungender Neuzeit – Mathesis universalis – und ihrer Nachfolgeformen. Er klärt dabei dieFragen, wie Wissen heute verfasst ist, wo es Tendenzen und Verbindlichkeiten gibt undwas die postmoderne Verfassung des Wissens kennzeichnet. Dabei kommt er zu demSchluss, dass modernes Wissen von jeher die Fom einer Einheit hatte, die durch einenRückgriff auf große Meta-Erzählungen zustande kommen konnte. In der Moderne gabes nach Lyotard drei solcher Meta-Erzählungen: die Emanzipation der Menschheit(Aufklärung), die Teleologie des Geistes (Idealismus) und die Hermeneutik des Sinns(Historie). „In äußerster Vereinfachung kann man sagen: ’Postmoderne’ bedeutet, daßman den Meta-Erzählungen keinen Glauben mehr schenkt.“16 Das bedeutet nicht,dass diese Meta-Erzählungen keine Rolle mehr spielen, aber sie haben ihre allgemeineVerbindlichkeit und Legitimationskraft eingebüßt. Die Meta-Erzählungen sind dabeigleich auf zwei Weisen hinfällig geworden: Einerseits gibt es in der Postmoderne keineMeta-Erzählung, die universell sein könnte, und andererseits leuchten dem MenschenMeta-Erzählungen nicht mehr ein; er hat die Vielheit akzeptiert.17 Diese Auflösungdes Ganzen der Meta-Erzählungen ist nun eine Vorbedingung der postmodernenPluralität. Wenn diese Auflösung zusätzlich als positive Chance begriffen wird, undder Wegfall der Meta-Erzählungen nicht mehr als Verlust empfunden wird, handeltes sich nach Lyotard um Postmoderne. Neben dem Ende der bereits angesprochenenübergreifenden Leitideen oder -ideale enthält sein Werk außerdem ein „Plädoyer fürdie Gleichzeitigkeit heterogener Wissenskonzepte“18, welches die Vielheit möglicher

12 Zu den Autoren des sogenannten „Poststrukturalismus“ gehören auch Foucault, Deleuze undDerrida, deren Denken similär zum postmodernen Denken ist.

13 Kritik an dieser Auffassung Lyotards äußert besonders Peter Zima, der in diesem Kontext voneiner Verdeckung des Bruchs zwischen Moderne und Postmoderne spricht, und gleichzeitig daraufhinweist, dass Lyotard in seiner Auffassung inkonsistent sei. (Zima 1997, S. 109ff)

14 Vgl. Lyotard 1987, S. 26.15 Riese 2003, S. 30.16 Lyotard 1986, S. 121ff.17 Vgl. Welsch 1993, S. 172ff.18 Zimmermann 2005, S. 3.

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Wahrheiten propagiert, eine Ansicht, die auch in der Possible Worlds Theory teilweisevertreten wird. Im Kontext der literarischen Rhetorik bedeutet Lyotards Ansatz inder konsequenten Fortführung der Leit-Gedanken, dass im postmodernen RomanMeta-Erzählungen, das heißt in sich geschlossene Weltenbeschreibungen, nicht mehrlegitimiert sind. Eine Pluralität von Welten und Perspektiven ist damit möglich,die den Leser auch als Interpreten fordert. Der bewusst spielerische und künstlicheUmgang der postmodernen Autoren mit dem literarischen Stoff, die in ihrem Roma-nen oft nur noch Weltenfragmente anbieten, erschweren die Rezeption für den Leserzusätzlich.Angelehnt an Wittgenstein spricht Lyotard im Kontext der Kritik am abendlän-dischen Subjektbegriff außerdem vom Konzept des Sprachspiels. Er schreibt, dassdrei Beobachtungen in diesem Rahmen von Bedeutung sind: „Die erste betrifft denUmstand, daß die Regeln ihre Legitimation nicht in sich selbst haben, sondernden Gegenstand eines expliziten oder impliziten Vertrags zwischen den Spielernausmachen (...). Das zweite besagt, daß es ohne Regeln kein Spiel gibt (..). Diedritte Beobachtung (...): Jede Aussage muß wie ein in einem Spiel ausgeführterSpielzug betrachtet werden.“19 Für die Literatur der Postmoderne bedeuten LyotardsBeobachtungen der sprachlichen, spielerischen Agonistik, dass beispielsweise dieProvokationsarbeit der Literatur aus Freude an der Erfindung des Spielzugs entsteht.

Hoppes Roman „Paradiese, Übersee“ kann – außerhalb der rein temporalen Einord-nung seiner Entstehung – insofern als postmoderner Roman identifiziert werden, alsdass er eine Pluralität von Welten, sowohl sprachlich als auch inhaltlich, entwirftund nebeneinanderstellt. Auch die für die Postmoderne charakteristische Multiper-spektivität ist im Roman gegeben, sowohl ganz offenkundig durch den Wechsel vomauktorialen Erzähler zum Ich-Erzähler und zurück, als auch unterschwelliger durchsprachliche Veränderungen.Möchte man außerdem, trotz ihrer Unzulänglichkeit, auch die Ansätze von Hassanund Grabes einbeziehen, so ist auch nach deren definitorischen Merkmalen HoppesRoman als postmoderner Roman zu identifizieren, da er sowohl die Fremdartigkeitnach Grabes bedient, als auch die meisten der Merkmale Hassans erfüllt. Insbesondereder Fragmentierung kommt im Roman besondere Bedeutung zu: Die Welten, dieHoppe konstruiert, sind disparat und auf eine eigentümliche Art und Weise miteinan-der verknüpft, die sich nicht nach den Regeln der Chronologie oder der räumlichenAnordnung richtet. Damit einher geht, dass dem Roman damit sinnlich-erfahrbareEvidenz fast vollständig fehlt.

19 Lyotard 1986, S. 39ff.

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3 POSSIBLE WORLDS THEORY 7

3 Possible Worlds Theory

Wie in Romanen Evidenz erzeugt werden kann, damit beschäftigt sich die literarischeRhetorik im Kontext der Welterzeugung. Als Grundlage kann hierzu bereits dieklassische Rhetoriktheorie herangezogen werden, die mit Evidenz Wege der Veran-schaulichung von Sachverhalten bis hin zu einer Erlebnisqualität bezeichnet. Evidenzentsteht danach dann, wenn eine Sache so klar und deutlich, so lebendig und an-schaulich dargelegt wird, dass das Publikum beziehungsweise der Leser die Sache vorseinem inneren Auge sieht. Klassische Mittel des Vor-Augen-Stellen der Rhetorik sinddabei die Verlebendigung, und die Detaillierung. Damit dieses Vor-Augen-Stellengelingt, muss der Redner zunächst Klarheit gewinnen, was seinen Hörern bereitsevident erscheint. Was darüber hinaus geht kann mit rhetorischen Mitteln evidentgemacht werden, wobei der Redner seine persuasive Kraft insbesondere dann vollentfaltet, wenn er von Sachverhalten berichtet, von denen er selbst Augenzeugewar.20 Insbesondere in der narratio und der elocutio sind die Kategorien der evidentia(descriptio, illustratio, hypotyposis und enargeia) in der Umsetzung von Bedeutung.21

Felicitas Hoppe wählte in ihrem Roman einen anderen Weg; sie versucht nicht dievon ihr dargestellten Welten auf plastische Art und Weise evident zu machen bezie-hungsweise zu plausibilisieren. Damit entfernt sie sich von der Rhetorik, die ebenfallsdie Plausibilisierung zum Ziel hat. Rhetorisch uninteressant ist ihr Roman auf Grunddessen allerdings nicht; Hoppe erzeugt die literarischen Welten mit Hilfe sprachlicherMittel und eigentümlichen Plotkonstruktionen.Die Possible Worlds Theory bietet einen anderen, auf die in literarischen Werkenkonstruierten Welten und deren Zusammenhänge fokussierten, Ansatz, sich mitRomanen zu beschäftigen. Die vor allem philosophisch ausgerichteten Erzähltheoriensind besonders durch ihre Textzentrierung in der Narratologie ein geeigneter Aus-gangspunkt. Die Entstehung der Possible Worlds Theory und die sehr differenzierteaktuelle Theorie von Marie-Laure Ryan werden im Folgenden erläutert.

3.1 Entstehung der Possible Worlds Theory

Die Anfänge der heutigen Possible Worlds Theory finden sich bereits in der Antike,wenn auch nur in rudimentärer Form. Aristoteles schreibt in seiner Poetik in Kapitel24 und 25, dass das glaubwürdige Mögliche dem Unglaubwürdigen vorzuziehen ist.Es sei nicht die Aufgabe des Poeten über Dinge zu sprechen, die geschehen sind,sondern über Dinge, die geschehen könnten. Damit legt Aristoteles den Grundstein

20 Vgl. Kemmann 1996, S. 40.21 Vgl. Solbach 1994, S. 75.

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3 POSSIBLE WORLDS THEORY 8

für die heutige Fiktions- und Possible Worlds-Forschung, wenn er schreibt, dassdie Herstellung von Dichtung sich mit der Erzeugung von Vorstellungsinhalten unddem Möglichen beschäftigt. Später griffen unter anderem Genette, Hamburger undNünning auf diese klassischen Thesen für ihre Fiktionstheorien zurück, mit der sieauch die Possible Worlds Theory prägten.

Auch Gottfried Wilhelm Leibniz’ Konzept der möglichen Welten ist Grundlage fürdie heutige Possible Worlds Theory. Er schreibt: „Man muss es für sicher halten,daß nicht alles Mögliche existent wird; sonst könnte man keine Romanfigur ersinnen,die nicht irgendwo und irgendwann exisitieren würde.“22 Seine Theorie trägt alsobereits „der Tatsache Rechnung, daß narrative Texte alternative Welten entwerfen.“Damit übernahm er einen bis dahin philosophischen Ansatz zur Lösung semantischerProbleme in der Modallogik und übertrug ihn auf narrative Texte.23

Von Umberto Eco stammt 1987 einer der ersten systematischen Versuche das Konzeptder Modallogik auf narrative Texte anzuwenden. Eco verband Theorie und Praxis,indem er die Possible Worlds Theory auf eine Kurzgeschichte von Alphonse Allaisanwendete: Dabei führte er die Idee ein, dass es eine tatsächliche Welt, die sogenannteactual world, und eine possible world durch den Plot gibt. Mit Hilfe dieses Kontrasteszwischen den beiden Welten konnte er anschließend das Zusammenspiel narrativerFakten, deren Repräsentation durch Charaktere und den Vorstellungen der Charakterestudieren. Außerdem wandte er die Konzepte der Modallogik auf die Dynamik desLeseprozesses an, während dem possible worlds entstehen, verändert oder verworfenwerden – je nachdem ob der Text die Rationalisierungen des Lesers verifiziert,widerlegt oder gar nicht tangiert.24

3.2 Aktuelle Ansätze zur Possible Worlds Theory

Ein neuerer Ansatz stammt von Lubomír Doležel, der einen Katalog modaler Ope-ratoren entwickelte, die nicht nur eine Unterscheidung zwischen Möglichkeit undNotwendigkeit ermöglichen, sondern auch viele weitere für die narrative Semantikrelevanten Kategorien wie gut/böse oder bekannt/unbekannt beinhalten.25 Doleželerweiterte damit die Possible Worlds Theory um Bewertungsmaßstäbe.26

22 Leibniz 1986, S. 185.23 Vgl. Surkamp 2002, S. 153ff.24 Vgl. Ryan 1991, S. 4.25 Vgl. ebd.26 Ein weiterer wichtiger Beitrag ist seine Theorie zur Authentizität in literarischen Werken. Dabeiunterscheidet er zwischen authentischen Motiven und nicht-authentischen Motiven, die für ihnzentrale Konzepte von Fiktionalität sind.(Doležel 1980)

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3 POSSIBLE WORLDS THEORY 9

Ebenfalls Erwähnung finden soll der aktuelle Ansatz von Elena Esposito, die in DieFiktion der wahrscheinlichen Realität folgende These aufstellt: „Die fiktive Realitätdes Romans ist keine Fiktion der Realität, sondern ’die Fiktion der Realität vonRealitäten’.“27 Damit dürfen Romane, um realistisch zu sein, nicht real sein; die Rea-lität der Fiktion beruht auf einer für den Leser vorhandenen Durchschaubarkeit derTäuschung. Romane geben also nicht vor, Tatsachen der Realität wider zu spiegeln.Statt dessen erschaffen sie „zweite Welten“. Dennoch muss der Roman, um seine realis-tische Wirkung zu entfalten, eine auf ausdrücklich imaginären Prämissen beruhende(zweite) Welt entwerfen, die kohärent ist. Esposito spricht in diesem Zusammenhangvon einer Realitätsverdoppelung beziehungsweise von einem Realitätspluralismus28

Nelson Goodman geht noch einen Schritt weiter, als Esposito. In Weisen der Welter-zeugung konstatiert er, dass es nicht viele mögliche Alternativen zu einer einzigenwirklichen Welt gibt, sondern eine Vielheit wirklicher Welten. Jede verschiedeneBeschreibungsweise einer Welt würde bereits eine neue Welt erschaffen: „Unser Uni-versum besteht sozusagen aus diesen Weisen und nicht aus einer Welt oder ausWelten.“29 Nach Goodman werden alle Welten aus bereits existierenden, anderenWelten erzeugt; die Weisen dieser Welterzeugung seien Komposition und Dekomposi-tion, Gewichtung, Ordnen, Tilgung und Ergänzung sowie Deformation. Mit seinerAnsicht einher geht die Tatsache, dass Goodman unweigerlich Welten als gleichzeitigwahr betrachtet, die konfligierende Aussagen inkludieren; was in der einen Weltrichtig ist, kann in der anderen falsch sein. Solche Aussagen sind Goodman zufolge„mögliche“ Aussagen (im Gegensatz zu notwendig richtigen oder notwendig falschenAussagen). Eine Auflösung dieser Problematik der sich widersprechenden Aussagenergibt sich nach Goodman dadurch, dass die Aussagen um ihren Bezugsrahmenerweitert werden, also einerseits in ein entsprechendes System eingeordnet werdenund andererseits um explizite Einschränkungen ergänzt werden. Wenn eine Auflösungnicht möglich ist, stehen die Welten weiterhin im Widerstreit.

Ein anderer aktueller Ansatz zur Possible Worlds Theory, der sich auf eine sehrausdifferenzierte Weise mit literarischen möglichen Welten beschäftigt, ist die Theorievon Marie-Laure Ryan. Ihre Theorie der möglichen Welten in literarischen Werkendient als Grundlage der folgenden Anwendung auf Hoppes Roman. Die Grundannah-men ihrer Possible Worlds Theory werden im folgenden detailliert vorgestellt, undauf „Paradiese, Übersee“ appliziert. Ziel ist es auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse

27 Esposito 2007, S. 17.28 Vgl. ebd., S. 68.29 Nelson Goodman and 1984, S. 15.

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4 APPLIKATION AUF „PARADIESE, ÜBERSEE“ 10

eventuell vorhandene generelle Aussagen über die Praktikabilität der Possible WorldsTheory bei postmodernen Romanen zu treffen.

4 Applikation auf „Paradiese, Übersee“

Bei einem Roman wie „Paradiese, Übersee“, der sehr viele Handlungsstränge besitzt,die nicht auf logische, chronologische oder verständliche Weise miteinander verbundensind, würde eine Analyse des gesamten Romans den Rahmen dieser Arbeit sprengen.Daher sollen einerseits nur schlaglichtartig einzelne Elemente des Romans herausge-griffen werden. Außerdem liegt der Fokus dieser Schlaglichter auf dem zweiten Teildes Buches, der sowohl der plastischste und realistischste als auch zentraler Teil desRomans ist. Die Zentralität von „Wilwerwitz“ ergibt sich aus mehreren Aspekten. Zumeinen ist „Paradiese, Übersee“ wie ein Triptychon aufgebaut. Im mittleren Teil stehendie Familie in Wilwerwitz und die Erzählung des Kleinen Baedekers im Vordergrund.Im Gegensatz zu den beiden flankierenden Teile mit einem auktorialen Erzähler wirddieser Teil der Geschichte von einem Ich-Erzähler, dem Kleinen Baedeker, erzählt.Weiterhin fungieren der vorgeschobene Teil „Übersee“ und der nachgesetzte Teil„Paradiese“ als „Spiegel für die Figuren im mittleren Teil.“,30 erklärte Felicitas Hoppeim Interview die Struktur des Romans.Eine mögliche und plausible Interpretation des Buches auf dieser Grundlage lässtvermuten, dass es sich bei dem zentralen Teil um die textual actual world des Romansaus Sicht des Kleinen Baedekers handelt. Die anderen beiden Teile entspringen denGedanken, Erinnerungen, Träumen, Wünschen und Fantasien des Kleinen Baedekers,der dabei Realität und Gedankenwelt vermischt.Davon ausgehend kann der mittlere Abschnitt also als zentral betrachtet werden.

4.1 „Immersion“

Basis der Possible Worlds Theory von Ryan ist das während des Leseprozessesstattfindende Eintauchen des Lesers in den Lesestoff, bei Ryan immersion genannt.Sie vergleicht das Öffnen eines Buches mit dem Beginn einer Reise, von der man fürlange Zeit nicht zurück kommt.31 Damit diese Reise beginnen kann, muss der Texteine Welt eröffnen, das heißt eine textuelle Welt anbieten, in die der Leser eintauchenkann: „To speak of a textual world means to draw a distinction between a realmof language, made of names, definite descriptions, sentences, and propositions, andan extralinguistic realm of characters, objects, facts, and states of affairs serving

30 Linder 2010.31 Ryan 2003, S. 2.

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4 APPLIKATION AUF „PARADIESE, ÜBERSEE“ 11

as referents to the linguistic expressions.32 Die textuelle Welt, von der Ryan hierspricht, ist das narrative Universum, das ein Autor erschaffen kann, und in das einLeser eintauchen kann. Auch andere Autoren beschreiben den Prozess der immersionals Grundlage für das Entstehen möglicher Welten: „As [users] enter the virtualworld, their depth of engagement gradually meanders away from here until theycross the thresh-old of involvement. Now they are absorbed in the virtual world.“33

Ken Pimentel und Kevin Teixeira schreiben hier von einer Absorbierung des Leser ineine virtuelle Welt. Doch eine solche Absorbierung oder immersion ist nur möglich,wenn der Leser bereit ist, sich darauf einzulassen. In diesem Zusammenhang ist dieThese von Samuel Tylor Coleridge von Bedeutung, wobei allerdings seine Auffassungdes Willing Suspension of Disbelief nach wie vor umstritten ist. Seine These besagt,dass ein Leser eine Art Vertrag abschließt, wenn er ein Buch rezipiert. Er erklärtsich bereit, die Vorgaben eines fiktionalen Werkes vorübergehend zu akzeptieren,selbst wenn diese fantastisch oder unmöglich sind. Der Rezipient willigt ein, sich aufeine Art Illusion einzulassen, um dafür gut unterhalten zu werden. Dann erzeugt der„willing suspension of disbelief for the moment (...) poetic faith.“34

Ist diese Bereitschaft des Leser gegeben, kann er in einen Text eintauchen. DiejenigenTexte, die dem Leser vertraut erscheinen, können dabei besonders eindringlich sein.Ein Grund hierfür liegt an der dadurch gegebenen besseren Zugänglichkeit des Textes,die dafür sorgt, dass es dem Leser leichter fällt in die textuelle Welt einzutauchen,Zusammenhänge zu verstehen und sich mit Charakteren zu identifizieren.35 Bei„Paradiese, Übersee“ ist die Bereitschaft des Leser auf besondere Weise gefordert. DerRoman spielt in der Gegenwart, und dennoch wird der Leser mit einem Ritter inRüstung konfrontiert. Die ansonsten zumeist alltägliche und gewöhnliche Welt wirddurchbrochen mit Elementen der klassischen Fabel, so kann ein Hund sprechen undein Fabeltier namens Berbiolette wird gejagt. Die verworrene und bis zuletzt nichtaufgelöste Struktur des Plots erschweren den Prozess der immersion weiter. Und wennder Leser gerade glaubt, er hätte den roten Faden gefunden und wüsste nun, woraufder Roman hinaus will, verwirft ein Zeitsprung oder ein Perspektivwechsel dieseKlarheit, und der Leser wird erneut mit obscuritas und Ambivalenzen konfrontiert.

32 Ryan 2003, S. 3.33 Pimentel/Teixeira 1994, S. 15.34 Coleridge 1985, S. 14.35 Ryan 2003, S. 7ff.

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4 APPLIKATION AUF „PARADIESE, ÜBERSEE“ 12

4.2 Recentering

Was bedeutet es nun für den Leser, in eine „andere Welt“ einzutauchen? Die Antwortliegt in einer weiteren Grundannahme der Possible Worlds Theory von Ryan. DieBasis ihrer Theorie ist der Gedanke, dass die Realität ein Universum aus einerPluralität von Welten ist, die hierarchisch gegliedert sind. Im Zentrum steht dieactual world, die von possible worlds umkreist wird, die verschieden weit von deractual world entfernt sind.36

Texte, beispielsweise Romane, entwerfen ebenfalls eine solche possible world, dieunsere tatsächliche Welt umkreist: „If we regard the actual world as the center of amodal system, and APWs [actual possible worlds, Anm. d. V.] as satellites revolvingaround it then the global universe can be recentered around any of its planets.“37 Einsogenanntes recentering ist also auf jede possible world möglich, auch auf literarischeWelten. Taucht ein Leser in ein literarisches Werk ein, dann findet eine Rezentrierungstatt, und die Text-Welt ist damit nicht mehr nur eine mögliche Alternative, sondernein neues System, auf das sich der Leser einlässt. Ryan nennt diese Welt die textualactual world. Innerhalb der textual actual world, die zum Zentrum des neuen Systemswird, gibt es, wie bereits gesagt, wieder mögliche Welten die daran anschließen. „ImRoman werden ständig Geschichten erzählt, schließlich bauen wir die Welt durchGeschichten, nicht durch Geographie.“38, sagt Felicitas Hoppe, und spricht damitgenau diese möglichen Welten an. Narrative Texte besitzen also ihre ganz eigene, auseiner tatsächlichen Welt und ihren Alternativen bestehende, Modalstruktur. Nur ausder Perspektive der actual world handelt es sich nach wie vor um eine possible world.Auf dieser Basis erstellt Ryan eine Definition von Fiktionalität:

1. There is only one AW [actual world, Anm. d. Verf.]

2. The sender (author) of a text is always located in AW.

3. Every text projects a universe. At the center of this universe is TAW.

4. TAW is offered as the accurate image of a world TRW [textual referential world,in fiktionalen literarischen Weken deckungsgleich mit der TAW, Anm. d. Verf.],which is assumed (really or make-believe) to exist independently of TAW.

5. Every text has an implied speaker (defined as the individual who fulfills thefelicity conditions of the textual speech achts). The implied speaker of the text

36 Ryan 2003, S. 11.37 Ryan 1991, S. 18.38 Linder 2010.

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is always located in TRW.39

Ausgehend von dieser Definition von fiktionalen Texten kann „Paradiese, Übersee “eindeutig dieser Textsorte zugeordnet werden. Felicitas Hoppe, Autorin in der actualworld, entwirft ein Text-Universum, in dessen Zentrum sich (nach dem recentering)eine textual actual world (beziehungsweise textual referential world, bei fiktionalenTexten sind diese beiden Welten identisch) befindet. Das ist die Welt rund umWilwerwitz, in der der Kleine Baedeker lebt. Dabei kommuniziert Hoppe – trotzder Multiperspektivität des Romans – als substitute speaker über Sprechakte mitdem substitute hearer. Beide Abbilder der Teilnehmer, also sowohl substitute speakerund substitute hearer, befinden sich in der textual referential world. Damit der LeserZugang zur textual actual world findet, benötigt er eine Zugangsrelation zum Text.

4.3 Accessibility Relations

Eine zur Realität alternative Welt, also auch alle textual actual worlds, ist mit dertatsächlichen Welt über diese sogenannten Zugangsrelationen verbunden. Steht eineWelt nicht in einer bestimmten Zugangsrelation zur actual world wird sie in derPhilosophie auch nicht als eine possible world betrachtet. In der Modallogik wirdunter der Zugangsrelation nur die „Einhaltung logischer Gesetze, d.h. die Erfüllungvon Widerspruchsfreiheit und des Grundsatzes der ausgeschlossenen Mitte (excludedmiddle), verstanden.“40 Eine possible world darf also keine kontradiktorischen Aussa-gen enthalten; Aussagen können entweder wahr oder falsch, aber nicht gleichzeitigwahr und falsch sein.Ryan differenzierte die Theorie der accessibility relations weiter aus. Für sie istin einem fiktionalen Universum alles möglich – so lange es nicht unmöglich ist.41.Auch für sie darf eine possible world also keine Widersprüche enthalten (logicalcompatibility).Zusätzliche Zugangsrelationen sind für Ryan identity of properties, identity of invento-ry und compatibility of inventory sowie chronological, physical, taxonomic, analyticalund linguistic compatibility.42 In dem besonderen Fall, in dem sowohl eine identityof properties als auch eine identity of inventory gegeben ist, also in der textual

39 Ryan 1991, S. 25.40 Surkamp 2002, S. 155.41 Vgl. Ryan 2003, S. 31.42 Ryan schlägt außerdem weitere mögliche Kandidaten vor, die eine Zugangsrelation sein könnten:

Historical Coherence, psychological credibility und socio-economic compatibility. Da diese nichtvollständig ausgearbeitet und umstritten sind, werden sie in dieser Hausarbeit nicht im Detailberücksichtigt.

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actual world dieselben Objekte mit denselben Eigenschaften vorhanden sind, sinddie beiden Welten identisch. Dies zu erreichen sollte das Ziel von nicht-fiktionalenTexten, also beispielsweise von historischen Darstellungen, Biographien und journalis-tischen Berichten, sein.43 Fiktionale Texte unterscheiden sich mindestens durch eineZugangsrelation von der actual world.44 Je nachdem, welche Zugangsrelationen wieintensiv gegeben sind, spiegelt die textual actual world die actual world mehr oderweniger wieder und ist damit auch für den Leser mehr oder weniger zugänglich. „Thedistance between AW and TAW, as measured by accessibility relations, thus providesa fairly reliable indicator of fictionality, but not an absolute criterion.“45 Außerdemspiegeln die Zugangsrelationen, wie Ryan schreibt, die Entfernung zwischen textualactual world und actual world wieder.

Die meisten der von Ryan genannten Zugangsrelationen sind bei „Paradiese, Übersee“nicht gegeben, was auch einer der Gründe dafür ist, dass Hoppes Roman schwererzugänglich ist als viele andere Romane. Probleme bei der Bestimmung der Zugangsre-lationen ergeben sich außerdem dadurch, dass im ersten und dritten Teil des Romansein „unknowable center “46 vorliegt. Das bedeutet, dass nicht klar ist, aus wessenPerspektive die textual referential world momentan beschrieben wird. Im Detailgestalten sich die Zugangsrelationen nach Ryan folgendermaßen:

Identity of properties: Wenn diejenigen Objekte, die sowohl in der actual worldals auch in der textual actual world vorkommen, dieselben Eigenschaften haben, danngibt es eine identity of properties.Diese Zugangsrelation ist bei Hoppes Roman überwiegend gegeben: GrundlegendeObjekteigenschaften der in beiden Welten existenten Objekten sind identisch. Den-noch ist Hoppes Umgang mit Objekten und Objekteigenschaften eigentümlich. Sielässt in ihrem Roman aus Metaphern stammende Objekte wahr werden, indem siebeispielsweise die Welt zur Bühne macht. Aufgrund dessen kann nicht von einervollständigen identity or properties gesprochen werden.

Identity of inventory: Diese Zugangsrelation ist dann gegeben, wenn in beidenWelten die gleichen Objekte existieren.Festzustellen, inwieweit diese Zugangsrelation bei Hoppes Werk gegeben ist, fällt

43 Vgl. Ryan 1991, S. 33.44 Selbst wenn der Autor einen Text verfasst, in dem er die tatsächliche Welt mimetisch abbildet,unterscheiden sich die beiden Welten, denn nur in der actual world gibt es einen Autoren, derversucht die tatsächliche Welt mimetisch abzubilden und dies auch tut.

45 Ryan 1991, S. 46.46 Ebd., S. 40.

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aus mehreren Gründen schwer. Zum einen tauchen im Roman vorwiegend Objekteauf, die in der actual world bekannt sind – allerdings stammen sie aus verschiedenenEpochen und dieselben Objekte tauchen in verschiedenen Zusammenhängen anverschiedenen Orten auf. Zum anderen gibt es in „Paradiese, Übersee“ Objekte, die inder actual world nicht existieren, als Beispiel sei hier die Schürze der Schwester ausBerbiolettenfell genannt. Diese Zugangsrelation ist also ebenfalls nur bis zu einemgewissen Grad gegeben.

Compatibility of inventory: Tauchen in einer textual actual world dieselbenObjekte wie in der actual world (identity of inventory) zusammen mit zusätzlichen,in der textual actual world natürlichen, Objekten auf, dann liegt eine compatibilityof inventory vor.Diese Zugangsrelation ist, wie der vorige Absatz zu identity of inventory bereitsnahelegt, gegeben.

Chronological compatibility: Chronologie ist dann eine gültige Zugangsrelation,wenn dem Leser ohne eine temporale Neuorientierung volles Verständnis der Historieder textual actual world möglich ist.Diese Zugangsrelation ist nicht gegeben. Das liegt insbesondere an der nur rudimentärvorhandenen Historie und Chronologie der im Roman auftauchenden Ereignisse undder Vermischung von geläufigen alltäglichen Elementen mit – chronologisch undräumlich betrachtet – nicht passenden Elementen. Ein Beispiel ist der Ritter, dereigentlich eine Figur des Mittelalters ist. Interpretiert man den Ritter als reinmetaphorische Figur ist die chronologische Kompatibilität zumindest teilweise einegültige Zugangsrelation, allerdings nur unter der Prämisse, dass das principle ofminimal departure (Vgl. 4.4 Principle of Minimal Departure) gilt und bei HoppesRoman zu Recht mit ins Kalkül gezogen wird.

Physical compatibility: Teilen beide Welten dieselben physikalischen Gesetze,ist diese Zugangsrelation vorhanden.Allgemeine Gesetze wie das der Schwerkraft haben in „Paradiese, Übersee“ ebensoGültigkeit wie in der actual world. Ins Wanken gerät die physikalische Konsistenzder Welt allerdings beispielsweise dann, wenn ein Floß von Indien bis Luxemburg,treibt oder Menschen in Kiepen einfach verschwinden. Rein rational und bezogenauf die faktuale Ebene der Welt, ist diese Zugangsrelation also nicht gegeben.

Taxonomic compatibility: Der Begriff der Taxonomie ist hier im biologischenSinn zu verstehen: Diese Zugangsrelation ist also dann eine Verbindung zwischenden beiden Welten, wenn beide die gleichen Gattungen und Arten beinhalten, die in

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beiden Welten außerdem die gleichen Eigenschaften haben.Ein Problem mit der Zugänglichkeit über die Taxonomie ergibt sich im Romanspätestens dann, wenn die Berbiolette erstmals im Roman Erwähnung erfindet, einlebendes Fabeltier mit einem ebenso bunten wie wärmendem Fell. Da es ein solchesGeschöpf in der actual world nicht gibt, ist diese Zugansrelation ebenfalls nichtgegeben.

Logical compatibility: Die Kompatibilität der Logik meint, dass auch in dertextual actual world die Gesetze der ausgeschlossenen Mitte und des Widerspruchsgelten.Kontradiktorische Aussagen innerhalb von Hoppes Roman scheinen darauf hinzudeu-ten, dass die Gesetze der Logik in dieser textual actual world nicht gleichermaßengelten wie in der actual world. Diese Widersprüchlichkeiten lassen sich aber dadurchauflösen, dass sie bei genauer Betrachtung nur dann Widersprüche sind, wenn sie inderselben Welt gleichzeitig wahr sind. Durch die verschiedenen disparaten Welten inHoppes Roman, die oft durch Träume oder Geschichten in der Geschichte erzeugtwerden, sind die kontradiktorischen Aussagen in verschiedenen Welten wahr – eineThese, die an Goodmans Ansatz zur Possible Worlds Theory erinnert.

Analytical compatibility: Wenn beide Welten analytische Wahrheiten gemein-sam haben, gibt es eine analytical compatibility.Auch bei dieser Zugangsrelation kommt es beim Roman zu Problemen. Zwar teilendie actual world und die literarische Welt Hoppes einige analytische Wahrheiten,aber in einigen besonderen Fällen widersprechen Szenen aus „Paradiese, Übersee“analytischen Wahrheiten der actual world. Das ist beispielsweise dann der Fall, wennim zweiten Teil des Buches der Vater des Kleinen Baedekers vom Dach fällt, undmehrere Tage tot am Boden liegt. Plötzlich jedoch steht er auf, als wäre nichtsgeschehen, nur dass sein Gesicht Schaden genommen hat. Auch diese Zugangsrelationist also nicht gänzlich gegeben.

Linguistic compatibility: Die textual actual world ist von der actual world auslinguistisch zugänglich, wenn die Sprache, in der die textual actual world beschriebenwird, in der actual world verstanden wird.Handelt es sich bei einem literarischen Werk beispielsweise um ein dadaistischesWerk oder ein rein auf Lautmalerei oder Fantasiewörtern basierendes Werk, dannist diese Zugangsrelation nicht gegeben. Hoppe bedient sich allerdings allgemeinverständlicher, deutscher Sprache, so dass hier der Leser keine Probleme mit derZugänglichkeit des Romans hat.

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4.4 Principle of Minimal Departure

Text-Welten sind neben den Zugangsrelationen immer auch dadurch für einen Leserzugänglich, weil er alles, was er über die Realität weiß, in das Text-Universum inte-grieren kann. Und nicht nur das: Der Leser füllt die Lücken einer textual referentialworld mit seinem Wissen über die actual world aus.Die in narrativen Texten entworfenen Welten sind im Gegensatz zur actual worldlogisch und semantisch unvollständig. Ruth Ronen führt dies weiter aus: „Fictionalentities are logically incomplete because many conceivable statements about a fic-tional entity are undecidable. A fictional entity is semantically incomplete because,being constructed by language, characteristics and relations of the fictional objectcannot be specified in every detail.“47Der Leser wird also ständig mit ontologischenUnvollständigkeiten konfrontiert, da „Figuren, Objekte und Ereignisse in narrativenWelten nicht in jeder Hinsicht bestimmt“48 sind. Ryan löst diese Problematik mit demprinciple of minimal departure – zumindest teilweise – auf. Dieses Prinzip besagt,dass Leser eine grundlegende Ähnlichkeit zwischen ihrer eigenen Welt und der textualreferential world annehmen, so lange der Texte ihnen keine anderen Signale gibt.Ryan dazu: „This law – to which I shall refer as the principle of minimal departure -states, that we reconstrue the alternate possible worlds of nonfactual statements: asconfirming as far as possible to our representation of AW.“49 Ryan betrachtet dieLücken in Text-Universen damit nicht als Lücken, sondern als Projektionsfläche fürden Leser, als Stellen, die damit implizit die nötigen Informationen enthalten.50 Diesbringt allerdings zwei Probleme mit sich, die Ryan nicht thematisiert: Einerseitsgreift jeder Leser auf einen anderen Bezugsrahmen in der tatsächlichen Welt zu,ergänzt die Lücken also sehr individuell, und andererseits kann so nur ein Teil derunbestimmten Stellen aufgelöst werden; so ist ein Leser beispielsweise nicht in derLage fehlendes Faktenwissen (wie der Geburtstag eines Charakters) zu ergänzen.51

Hoppe selbst ist sich der Funktionsweise des Prinzips bewusst, und setzt dieses Wis-sen in ihrem Roman ein. Sie verlässt sich auf die Vorstellungs- und Assoziationskraftihrer Leser, und gibt diesem damit im Roman Raum für eigene Projektionen. DerLeser ist nicht nur als passiver Rezipient, sondern auch als aktiver Interpret gefordert.

47 Ronen 1994, S. 114.48 Pavel 1983, S. 51ff.49 Ryan 1991, S. 51.50 Das principle of minimal departure findet keine Anwendung bei der Frage nach einem Ich-Erzähler.Der Leser soll hier also nicht den Autor an die Stelle des Erzählers imaginieren, auch wenn diesnach dem principle of minimal departure die naheliegendste Annahme wäre.

51 Vgl. Surkamp 2002, S. 164.

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Insbesondere wenn es um die geographischen Welten geht, die Hoppe erzeugt, nutztsie zur Ausgestaltung der Welten kaum klassische Mittel der Plausibilisierung. Stattdessen platziert sie Worthülsen und Namen, ohne diese weiter zu spezifizieren oderzu beschreiben. Der Wald in Luxemburg unterscheidet sich in ihrem Roman vondem Wald in Indien nur dadurch, dass der Leser um die geographische Lage desWaldes weiß – und damit auch entsprechend verschiedene Vorstellungen der beidenWälder hat. Dabei geht der Leser von Bildern aus, die er bereits kennt, also Bildernder actual world. Wir haben bei den accessibility relations festgestellt, dass fast alleZugangsrelationen im Roman nicht gegeben sind. Dennoch findet der Leser durchdas principle of minimal departure einen Zugang zu den Welten des Romans.

4.5 Narrative Semantik

Die Theorie der narrativen Universen lässt sich nicht nur auf die textual actualworld eines literarischen Werkes anwenden, sondern auch auf die darin enthaltenen,internen Welten. Alternate possible worlds involvieren mentale Aktivitäten wie dieImaginationskraft des Autors. Für die alternate worlds einer textual actual worldgilt dasselbe. Wann immer innerhalb des Texts durch mentale Aktivitäten einemögliche Welt geschaffen wird, ist diese eine alternate world zur textual actual world,die wiederum eine alternate world zur actual world ist. Dieser Aspekt von RyansPossible Worlds Theory hat gleichzeitig auch Auswirkungen auf die vermeintlichfaktualen Elemente einer textual world. In der Anwendung der Theorie muss sehrgenau unterschieden werden, welche Objekte und Eigenschaften tatsächlich zurfaktualen textual referential world gehören, und welche auf Ansichten, Meinungen,Halluzinationen, Träumen und anderen mentalen Konstrukten erzählender Instanzenberuhen. Ryan beschreibt fünf solche Arten,52 wie solche nicht-faktualen Welteninnerhalb eines narrativen Universums entstehen können:

F-universes: Die f-universes enthalten pretended worlds, die auf mentalen Kon-strukten wie Träumen, Halluzinationen, Fantasien und fiktionalen Geschichten basie-ren. Diese Konstrukte sind nicht nicht nur alternate textual worlds, die die textualactual world umkreisen, sondern erschaffen neue textual actual worlds. Hier findet alsowieder der Prozess des recentering statt, und wieder können die Zugangsrelationengeprüft werden. Dennoch stehen diese Welten oft nicht unabhängig von der textualactual world. Haben die pretended worlds beispielsweise metaphorische Bedeutungfür den Plot, verweisen sie auf das primäre narrative System der ersten textual actualworld zurück.

52 Vgl. Ryan 1991, S. 114ff.

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In Hoppes Roman finden sich zu Hauf f-Universen, verstärkt im ersten und imletzten Teil des Buches. Im mittleren Teil gibt es ebenfalls eine solche Geschichtein der Geschichte: Der Kleine Baedeker, Reiseführer in Wilwerwitz, erzählt denReisegruppen die Geschichte der vergrabenen Glocke. Einer Sage nach schlägt diesein unregelmäßigen Abständen, und auserwählte Hörer können, wenn sie ihr Ohrauf den Boden pressen, das Schlagen der Glocke hören. Der Kleine Baedeker istvon dieser Geschichte überzeugt, und bildet sich ein, das Läuten der Glocke selbstmanchmal zu hören. Die Geschichte der Glocke ist eine Geschichte innerhalb derGeschichte, und theoretisch kann ein recentering in diese Geschichte stattfinden, sodass diejenige Welt, in der die Glocke tatsächlich vergraben in manchen Momentenläutet, zu einer neuen textual actual world wird.Folgt man dem Interpretationsansatz, dass der erste und der dritte Teil des Buchesdem Kopf des Kleinen Baedeker entspringen, und eine Mischung seiner Fantasien,Träume und Erinnerungen sind, so müssen diese beiden Welten konsequenterweise alseigenständige f-Universen betrachtet werden, die wiederum ihre eigenen f-Universenenthalten – beispielsweise wenn im ersten Teil der Pauschalist im Fieberwahn träumt.

K-World: Die k-world eines Charakters umfasst seine Kenntnisse und Fähigkeiten.Eine knowledge-world eines Charakters ist dann eine notwendige neue world, wennsie rein aus dem Wissen, aus bekannten Propositionen, eines Charakters besteht.

O-World: O-world steht für obligation-world und bezeichnet das Verpflichtungs-system eines Charakteres, der sowohl sozialen Regeln nachkommen muss, als aucheigene moralische Prinzipien hat. Diese Regulierungen spezifizieren Aktionen alserlaubt (möglich), verpflichtend (notwendig) oder verboten (unmöglich). Gehört einCharakter zu verschiedenen Gruppen, die verschiedene soziale Regeln haben, kommtes zu Konflikten innerhalb der o-world eines Charakters.

W-World: Die Wünsche (gut, schlecht oder neutral) eines Charakters befindensich in der w-world. Diese Welt ist im Vergleich zu den anderen Welten recht flexibel,was unter anderem einen Grund darin hat, dass Wünsche zu verschiedenen Gradenerfüllt werden können. Auch hier gibt es, wie bereits bei den o-worlds, inhärentesKonfliktpotential durch mögliche Inkonsistenz der Wünsche.

I-World: Die Intentionswelt eines Charakters beinhaltet dessen auf die Zukunftgerichteten Absichten und Pläne, die er versucht umzusetzen. Meistens beziehen sichdiese Pläne auf die Auflösung eines Konfliktes. (Vgl. 4.6 Plot- und Konflikttheorie)

Wie die plotrelevanten private worlds des Kleinen Baedekers entworfen sind, wird im

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nächsten Abschnitt zur Konflikttheorie behandelt. Doch zuvor muss geklärt werden,was ein Plot überhaupt ist.

4.6 Plot- und Konflikttheorie

Die Plot- und Konflikttheorie von Ryan spielt dann eine Rolle, wenn es um dieVerbindungen zwischen der textual actual world und den private worlds geht.53 Ausder Sicht der Charaktere nehmen diese an einer Art Spiel teil, dessen Ziel es ist,möglichst Deckungsgleichheit zwischen der textual actual world und ihren jeweiligenprivate worlds (ohne die f-universes) herzustellen. Herrscht kein Konflikt zwischenmindestens einer der Propositionen einer private world mit der zentralen Welt kannsich kein spannender Plot entfalten. Sind die Konflikte dann noch produktiv, dasheißt durch den Charakter lösbar, kann dieser moves unternehmen, um den Konfliktaufzulösen. „Der Plot eines narrativen Textes erfaßt somit die Relationen zwischenden Wissens-, Wunsch-, Pflichten- und Intentionswelten der Figuren, die nicht sta-tisch, sondern Veränderungen unterworfen sind.“54 Es liegt außerdem in der Natureiner Erzählung, dass sie eine letztendlich chronologische Abfolge von Zuständen undEreignissen beschreibt, die die Geschichte des narrativen Universums konstituierenund auf das Auflösen von Konflikten hinzielen. Ryan unterscheidet zwei Arten vonKonflikten: „The primary level of conflict is between TAW and one of the worlds of aprivate domain. Whenever conflict exists objectively in a textual universe, it is foundon this level.“55 Neben dem Konflikt zwischen der textual actual world und einerprivate world gibt es noch Konflikte der zweiten Ebene. Darunter fallen Konflikteinnerhalb einer private world eines Charakters, zwischen zwei private worlds einesCharakters und zwischen zwei private worlds von verschiedenen Charakteren.Dass manche Plots besser, spannender und interessanter sind als andere, kann auf dieKonflikte und die vorhandenen private worlds zurückgeführt werden. Ryan spricht indiesem Zusammenhang von der sogenannten „tellability“ von Plots: „The diversificati-on of the narrative universe thus constitutes the most basic condition of tellability.“56

Tellability, die entscheidendes Qualitätsmerkmal von Plots ist, entsteht also durcheine Mannifgaltigkeit an private worlds und Konflikten, möglichen Lösungen und –und dieser Punkt ist der wichtigste – „embedded narratives, also eingebettete Erzäh-lungen.

53 Vgl. Ryan 1991, S. 119ff.54 Surkamp 2002, S. 171.55 Ryan 1991, S. 120.56 Ryan 1991, S. 156.

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5 PRAKTIKABILITÄT BEI POSTMODERNEN ROMANEN 21

Damit ist Komplexität und erzählerische Dichte ein wichtiges Merkmal von tellability– und beides kann Hoppes Roman vorweisen. Dennoch ist es problematisch in diesemZusammenhang von tellability zu sprechen. Die Definition von Plot setzt voraus, dasseine chronologische Abfolge von Ereignissen zumindest im Nachhinein rekonstruiertwerden kann. Eine solche „Nacherzählung“ der Geschehnisse in einer sinnvollen,zeitlich richtigen Abfolge ist aber bei „Paradiese, Übersee“ nur schwer möglich, daHoppe disparate und fragmentarische Welten entwirft. Damit beinhaltet HoppesRoman im Sinne der Possible Worlds Theory keinen durchgehenden klassischen Plot,sondern für sich stehende Plotelemente, deren sinnvolle Verknüpfung aber ausbleibt.

Die für den Plot notwendigen Konflikte hingegen gibt es in Hoppes Roman. Exem-plarisch werden hier zwei der Konflikte der beiden Ebenen, die die private worldsdes Kleinen Baedekers involvieren, vorgestellt:Ein Konflikt der ersten Ebene besteht zwischen der knowledge-world des KleinenBaedekers und der textual actual world. Der Kleine Baedeker möchte einen Briefan den Ritter übergeben, von dem er glaubt, dass er von seiner Schwester geliebtwird. Der Kleine Badeker weiß aber nicht, wo der Ritter zu finden ist, und kann immittleren Teil des Buches nicht über seinen Schatten springen und sich auf die Suchebegeben. Zu groß ist seine Angst vor der Welt außerhalb von Wilwerwitz, in der ersich nicht zurechtfindet.Ein Konflikt zweiter Ordnung ist beispielsweise der innere Zwiespalt des KleinenBaedekers innerhalb seiner o-world. Seine Eltern, die bereits einen Sohn und ihreTochter an die abenteuerverheißende Welt verloren haben, wünschen sich, dass derKleine Baedeker in Wilwerwitz bei der Familie bleibt. Insbesondere die Mutter hatschwer mit dem Auszug ihrer anderen beiden Kinder zu kämpfen. Der Bruder und dieSchwester des Kleinen Baedekers wollen ihn dazu bewegen seinen Schulabschluss zumachen, und dann in die Welt hinauszuziehen. Beiden fühlt sich der Kleine Baedekerverpflichtet, so dass es zu einem Konflikt innerhalb seiner o-world kommt.

5 Praktikabilität bei postmodernen Romanen

Carola Surkamp vertritt explizit die Meinung, dass die Possible Worlds Theorygeeignet ist, die fragilen Welten postmoderner Romane zu beschreiben. Sie gestehtallerdings zu, dass „die PWT auf den ersten Blick unvereinbar mit postmodernenNarratologien [scheint], die sich gegen jegliche Vorstellung von Hegemonie, Logozen-trismus und eine damit einhergehende negative Bewertung von Peripherien stellen.“57

57 Surkamp 2002, S. 177.

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5 PRAKTIKABILITÄT BEI POSTMODERNEN ROMANEN 22

Surkamp spielt damit auf Philosophen wie Goodman an, die sich gegen eine Theoriewenden, die ein Modalsystem mit einem Zentrum und umkreisenden möglichenWelten propagiert.Nelson Goodman spricht „der Theorie möglicher Welten (...) jegliches heuristischesPotential mit der Begründung ab, daß der Glaube an mögliche Welten die Existenzoder zumindest die Zugänglichkeit einer actual world voraussetze bzw. akzeptiere, daßdie actual world die beste oder zumindest die einzige ist.“58 Goodman hält diese Prä-missen im Zeitalter der Postmoderne für nicht tragbar, da er hier von einer Vielheitgleichzeitig wahrer Welten ausgeht, die miteinander konkurrieren. Und tatsächlichscheint seine Theorie die fragilen und instabilen Realitäten postmoderner Werke wie„Paradiese, Übersee“ gut zu beschreiben: Hassans Unbestimmtheit, Fragmentierungund Auflösung, sowie Grabes Fremdartigkeit der Werke mit einer Relativierung desVertrauten als Merkmale postmoderner Werke können durch eine Vielheit von Weltengenauso beschrieben und erklärt werden, wie eine Pluralität der vermittelnden Instan-zen. Auch Lyotards Ansatz, der den Verlust der Meta-Erzählungen beinhaltet unddamit nur noch von Weltenfragmenten und ungeschlossenen Weltenbeschreibungenausgeht passen zum Konzept einer Vielheit an Welten. Als Werkzeug zur Offenlegungund Charakterisierung von komplexen narrativen Welten eignet sich sein Ansatzjedoch weniger gut, als der differenzierte Ansatz von Ryan.Ihre Possible Worlds Theory erlaubt bei der Beschreibung von Multiperspektivitätsowohl die Einbeziehung der „inhaltlichen Beschaffenheit jeder individuellen Figuren-und Erzählersicht auf die fiktionale Wirklichkeit als auch die Erfassung der (...)unterschiedlichen Versionen des Geschehens“,59 und geht damit weit über die in ande-ren narrativen Theorien übliche Beschreibung der multiplen Vermittlungsinstanzenhinaus. Das ist eine Leistung von Ryans Possible Worlds Theory, die insbesonderebei postmodernen Romanen, die durch Multiperspektivität charakterisiert sind, vongroßem Nutzen bei der Beschreibung ist.Auch ist Ryans Konzept geeignet zu erklären, warum manche Romane für Leserschwieriger zugänglich sind als andere. Über die accessibility relations kann genauausgemacht werden, auf welche Weise sich die textual actual world von der actualworld und damit auch von der Zugänglichkeit durch den Lesers entfernt.

Dennoch hat der vorangehende Abschnitt 4 Applikation auf „Paradiese, Übersee“auch aufgezeigt, wo die Probleme in der Anwendung der Possible Worlds Theoryauf einen postmodernen Roman wie „Paradiese, Übersee“ liegen: Teile ihrer Theoriekönnen nicht oder nur teilweise appliziert werden, da der Inhalt von Hoppes Roman

58 Ebd., S. 178.59 Ebd., S. 175.

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6 FAZIT 23

nicht mit Ryans Definition von Plot vereinbar ist.Ein weiteres Problem liegt in der Komplexität der Plotelemente und Figurendomänenim Roman. Würde man versuchen, Ryans Theorie der narrativen Universen auf denRoman anzuwenden, müsste man sicher zwischen der textual referential world, dertextual actual world, den private worlds und den pretended worlds unterscheiden kön-nen. Durch die verschiedenen Autoritätsgrade der erzählenden Instanzen, die starkeVermischung von subjektiven Eindrücken mit Faktualem und der Unklarheit darüber,aus wessen Perspektive berichtet wird, ist dies eine nahezu unlösbare Aufgabe. DerVersuch die narrativen Universen korrekt abzubilden ist bei „Paradiese, Übersee“ zumScheitern verurteilt. Dies trifft jedoch nicht generell auf postmoderne Romane zu.Hoppes Roman ist stärker von Multiperspektivität und der Nebeneinanderstellungvon disparaten Welten geprägt, als andere postmoderne Romane wie Ilja Trojanows„Weltensammler“ oder „Im Kongo“ von Urs Widmer. Bei diesen Romanen wäre eineAufschlüsselung der narrativen Universen möglich.

Da „Paradiese, Übersee“ ein so extremes Beispiel für die Ausprägungen postmodernerLiteratur ist, können die hier vorhandenen Probleme bei der Anwendung der PossibleWorlds Theory nicht auf postmoderne Literatur im Allgemeinen generalisiert werden.

6 Fazit

Die Possible Worlds Theory eignet sich, um die Welten narrativer Texte zu beschrei-ben. Sie zeigt auf, dass ein Leser beim Rezipieren eines Buches in den Text eintauchenkann, wenn dieser Text mögliche Welten entwirft, die zugänglich sind. Zugänglichkeitentsteht dann, wenn mindestens eine, besser mehrere, Zugangsrelationen erfüllt sind.Die Welten, die ein Roman entwirft, können mit Hilfe von narrativen Universenbeschrieben werden, die durch recentering im Zentrum eine textual actual worldhaben, die von alternate possible worlds, die teilweise wiederum zu einem neuenZentrum eines neues Systems werden können, umkreist werden. Damit leistet diePossible Worlds Theory einen Beitrag zu Erklärung von ... Weiterhin können mit Hilfeder Possible Worlds Theory Plotstrukturen und darin zugrundeliegende Konflikteausgemacht werden, und so die tellability eines Romans geprüft werden. Auch – odergerade – bei postmodernen Romanen kann die Possible Worlds Theory angewendetwerden um die Multiperspektivität und bei postmodernen Texten den spielerischenund subversiven Charakter zu erfassen.

Problematisch ist weiterhin allerdings der „Welt“-Begriff. Da er, wie in 1 Hinführungbereits angedeutet, gleichzeitig Metapher und terminus technicus der Possible WorldsTheory ist, ist der Umgang mit diesem Begriff oft unsauber und von Ambivalenzengeprägt. Hier sollte innerhalb der Possible Worlds Theory in Zukunft differenzierter

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6 FAZIT 24

mit dem Begriff umgegangen werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Außerdemsollte in Zukunft daran gearbeitet werden die Possible Worlds Theory auch fürnarrative Texte zu instrumentalisieren, bei denen keine Erzählinstanz mit Autoritätvorliegt. Eine mögliche Lösung könnte hier eventuell die Einführung von a posteriokonstruierten Erzählinstanzen sein.Dennoch können auch jetzt schon mit der Possible Worlds Theory aufschlussreicheKenntnisse gewonnen werden, wie in fiktionalen Texten Welten erzeugt werden.

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Literatur 27

Zimmermann, Anja: Postmoderne. In Ueding, Gert (Hrsg.): Historisches Wör-terbuch der Rhetorik. Band 7: Pos - Rhet, Tübingen: Niemeyer, 2005, S. 1–12.


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