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Was müssen Führungskräfte können?; What do managers need to know?;

Date post: 23-Dec-2016
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DOI 10.1007/s11573-010-0411-1 Z Betriebswirtsch (2011) 81:15–38 Zf B-SPECIAL ISSUE 1/2011 Was müssen Führungskräfte können? Zur ordonomischen Vermittlung strategischer Kompetenzen für Manager Ingo Pies Markus Beckmann Stefan Hielscher Zusammenfassung: Ethik ist nur dann eine sinnvolle Ergänzung zur Betriebswirtschaftslehre, wenn sie durch eineVermittlung strategischer Kompetenzen aktiv dazu beiträgt, Manager zu besseren Führungskräften auszubilden. Hierzu skizziert dieser Beitrag ein ordonomisches Theorieangebot: eine Wirtschaftsethik für wettbewerblich verfasste Marktwirtschaften, eine Unternehmensethik für korporative Akteure (Corporate Citizens) und eine Prozessethik für Verfahren der New Governance. Dieser ordonomische Ansatz wird systematisch aus dem Win-Win-Gedanken wechselseitig vorteil- hafter Wertschöpfung her entwickelt. Die Ordonomik ist daher sowohl marktwirtschaftskonform als auch – im Sinne einer konstruktiven Ergänzung – anschlussfähig an die betriebswirtschaftliche Aus- bildung von Führungskräften: Aus diesem Ansatz werden systematisch strategische Kompetenzen hergeleitet, die Manager in die Lage versetzen, ihre Unternehmen als Agenten gesellschaftlicher Wertschöpfung erfolgreich zu führen – vor allem dadurch, dass sie lernen, Moral als Produktions- faktor einzusetzen. Schlüsselwörter: Ausbildung von Führungskräften · Strategisches Management · Unternehmensethik · Wirtschaftsethik · Corporate Citizenship JEL Classification: A12 · A20 · M14 © Gabler-Verlag 2010 Prof. Dr. I. Pies () · Dipl.-Kfm. S. Hielscher Lehrstuhl für Wirtschaftsethik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Große Steinstraße 73, 06108 Halle/Saale, Deutschland E-Mail: [email protected] Dipl.-Kfm. S. Hielscher E-Mail: [email protected] Prof. Dr. M. Beckmann Centre for Sustainability Management, Leuphana Universität Lüneburg, Scharnhorststraße 1, 21335 Lüneburg, Deutschland E-Mail: [email protected]
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DOI 10.1007/s11573-010-0411-1Z Betriebswirtsch (2011) 81:15–38

Zf B-SPECIAL ISSUE 1/2011

Was müssen Führungskräfte können?Zur ordonomischen Vermittlung strategischerKompetenzen für Manager

Ingo Pies • Markus Beckmann • Stefan Hielscher

Zusammenfassung: Ethik ist nur dann eine sinnvolle Ergänzung zur Betriebswirtschaftslehre,wenn sie durch eineVermittlung strategischer Kompetenzen aktiv dazu beiträgt, Manager zu besserenFührungskräften auszubilden. Hierzu skizziert dieser Beitrag ein ordonomisches Theorieangebot:eine Wirtschaftsethik für wettbewerblich verfasste Marktwirtschaften, eine Unternehmensethik fürkorporative Akteure (Corporate Citizens) und eine Prozessethik für Verfahren der New Governance.Dieser ordonomische Ansatz wird systematisch aus dem Win-Win-Gedanken wechselseitig vorteil-hafter Wertschöpfung her entwickelt. Die Ordonomik ist daher sowohl marktwirtschaftskonform alsauch – im Sinne einer konstruktiven Ergänzung – anschlussfähig an die betriebswirtschaftliche Aus-bildung von Führungskräften: Aus diesem Ansatz werden systematisch strategische Kompetenzenhergeleitet, die Manager in die Lage versetzen, ihre Unternehmen als Agenten gesellschaftlicherWertschöpfung erfolgreich zu führen – vor allem dadurch, dass sie lernen, Moral als Produktions-faktor einzusetzen.

Schlüsselwörter: Ausbildung von Führungskräften · Strategisches Management ·Unternehmensethik · Wirtschaftsethik · Corporate Citizenship

JEL Classification: A12 · A20 · M14

© Gabler-Verlag 2010

Prof. Dr. I. Pies (�) · Dipl.-Kfm. S. HielscherLehrstuhl für Wirtschaftsethik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,Große Steinstraße 73, 06108 Halle/Saale, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Dipl.-Kfm. S. HielscherE-Mail: [email protected]

Prof. Dr. M. BeckmannCentre for Sustainability Management, Leuphana Universität Lüneburg,Scharnhorststraße 1, 21335 Lüneburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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1 Einleitung

Nicht erst seit der Finanz- undWirtschaftskrise stehen in der Öffentlichkeit Forderungen imRaum, die Unternehmensethik stärker in die universitäre Ausbildung von Betriebswirtenzu integrieren.1 Allerdings werden aus der BWL gravierende Vorbehalte gegen eine solche„Ethics Education“ vorgebracht (vgl. statt vieler die prominente Position vonAlbach 2005,2007). Der maßgebliche Grund hierfür dürfte darin liegen, dass die Unternehmensethik vonvielen Wirtschaftswissenschaftlern als nicht marktwirtschaftskonform empfunden wird.Die moralische Ansprache der Studierenden durch die Unternehmensethik, so ihre Be-fürchtung, laufe Gefahr, in Konflikt mit ihrerAusbildung zum Manager zu geraten. So ziehtbeispielsweise Albach (2005, S. 830) grundsätzlich in Zweifel, „dass die Unternehmens-ethik die Betriebswirtschaftslehre hilfreich ergänzen könnte“. Vor diesem Hintergrundzeichnet sich aktuell eine lebhafte Debatte über das Verhältnis von Betriebswirtschaftleh-re und Unternehmensethik ab (vgl. Küpper 2005; Thielemann und Weibler 2007a, b sowiedie Sammelpublikationen Scherer und Patzer 2008; Scherer und Picot 2008).

Der vorliegende Beitrag skizziert mit dem Ansatz der Ordonomik ein Theorieangebot,das geeignet ist, in dieser Situation eine unproduktive und unnötige Frontstellung zwi-schen BWL und Unternehmensethik zu überwinden. Die Argumentation gliedert sich inzwei Abschnitte. Der erste Abschnitt (2) stellt in der Auseinandersetzung mit der PositionMilton Friedmans den Ansatz der Ordonomik vor. Die These lautet, dass eine ordonomi-sche Wirtschafts-, Unternehmens- und Prozessethik, die systematisch aus dem Gedankender Wertschöpfung entwickelt wird, bereits von ihrem Ansatz her mit der Marktwirtschaftund der Fragestellung der Betriebswirtschaftslehre kompatibel ist. Der zweite Abschnitt(3) reflektiert, welchen Beitrag eine solche ordonomische Ethics Education zur betriebs-wirtschaftlichen Ausbildung von Führungskräften leisten kann. Hier lautet die These: DieOrdonomik ist mit der Betriebswirtschaftslehre nicht nur kompatibel, sondern verhält sichzu ihr komplementär. Sie kann die BWL in ihrem Bestreben, Theorie für die Praxis zusein, bereichern und ergänzen, indem sie zukünftigen Führungskräften wichtige Problem-lösungskompetenzen im Spektrum von Sozialstruktur und Semantik zu vermitteln vermag.Der Beitrag endet mit einem abschließenden Fazit (4).

2 Ordonomik

Die Ordonomik ist ein noch junges Forschungsprogramm.2 Anstatt ihren Ansatz in Formeiner abstrakten Theoriediskussion einzuführen, entwickelt der vorliegendeArtikel zentra-le Thesen der Ordonomik in der Auseinandersetzung mit Milton Friedman (vgl. Friedman1962 sowie insbesondere 1970). Seine Argumentation gilt gerade für Kritiker der Un-ternehmensethik als wichtige Referenzposition.3 Aus ordonomischer Sicht lässt sich dieFriedmansche Position konstruktiv kritisieren. Dabei geht es nicht darum, Friedman zuwiderlegen, sondern vielmehr darum, sein Argument zu differenzieren und weiter aus-zuarbeiten. Friedman hat zum Teil Recht, zum Teil aber auch nicht. Mit Blick auf dieInhalte einer Ethics Education im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Ausbildung kanndie Ordonomik ihre Kritik an Friedman aus drei unterschiedlichen, aber systematisch mit-einander verbundenen Perspektiven profilieren, nämlich erstens (2.1) aus der Perspektive

Was müssen Führungskräfte können? 17

einer ordonomischen Wirtschaftsethik, zweitens (2.2) aus der Perspektive einer ordono-mischen Unternehmensethik sowie drittens (2.3) aus der Perspektive einer ordonomischenProzessethik.

2.1 Ordonomische Wirtschaftsethik

Für Friedman (1970) ist Gewinnmaximierung die sittliche Pflicht der Unternehmen. Seinberühmtes Diktum lautet kurzerhand: „The social responsibility of business is to increaseits profits.“ Diese Aussage hat zuweilen scharfe Kritik auf sich gezogen. Wie kann dieOrdonomik das zugrunde liegende Argument rekonstruieren?

Aus ordonomischer Sicht lässt sich die Rechtfertigung des Gewinnprinzips nur aus ei-ner wirtschaftsethischen Systemperspektive begründen. Die ordonomische Wirtschafts-ethik macht darauf aufmerksam, dass bei geeigneten Rahmenbedingungen die nicht-intendierten Folgen individuellen Vorteilsstrebens zu gesellschaftlich höchst wünschens-werten Ergebnissen führen. In einer wettbewerblich verfassten Marktwirtschaft führt dasGewinnstreben der Unternehmen zu Innovationen, Wachstum und Wohlstand (vgl. Bau-mol 2002). Gewinne sind hierbei ein wichtiges Signal – und eine Belohnung – dafür, dasses Unternehmen gelungen ist, Wertschöpfung zu organisieren (vgl. Mises 2008, S. 7 etpassim sowie Jensen 2002, S. 239). Auf einem funktionierenden Wettbewerbsmarkt kannein Unternehmen nur dann einen Gewinn erzielen, wenn es ihm gelingt, bei seinen Kundeneine Zahlungsbereitschaft zu mobilisieren, die die Kosten für die Herstellung seiner Güterund Dienstleistungen übersteigt. Insofern sind Gewinne ein wichtiges Anreizinstrument,damit Unternehmen ihrer eigentlichen gesellschaftlichen Funktion bestmöglich nachkom-men. Und diese Funktion besteht darin, gesellschaftliche Probleme durch Wertschöpfunglösen zu helfen.4

Denkt man konsequent von dieser Wertschöpfungsfunktion her, dann wird es mög-lich – und nötig –, Milton Friedmans Bestimmung der gesellschaftlichen Verantwortungvon Unternehmen in einem ersten Schritt zu präzisieren. Aus ordonomischer Sicht sindUnternehmen Problemlösungsagenten imAuftrag gesellschaftlicher Wertschöpfung. Wirt-schaftsethisch fundiert, gilt daher nicht: „The social responsibility of business is to incre-ase its profits“. Stattdessen gilt: „The social responsibility of business is to solve societalproblems through value creation“. Im Klartext heißt das: Die von Friedman geforderteGewinnmaximierung der Unternehmen führt nur unter ganz bestimmten Bedingungen da-zu, dass die Unternehmen ihre gesellschaftliche Funktion bestmöglich erfüllen. Nur fürden Fall, dass die Rahmenordnung perfekt und ohne Fehlanreize ist, avanciert die Ge-winnmaximierung für die Unternehmen zur sittlichen Pflicht. Das bedeutet: Nur unter denBedingungen einer perfekten Rahmenordnung erfüllen die Unternehmen (möglicherwei-se, ohne es zu wissen oder gar zu beabsichtigen,) ihre sittliche Pflicht – ihr Mandat zurLösung gesellschaftlicher Probleme durch Wertschöpfung –, indem sie sich auf ihre Ge-winnmaximierung kaprizieren. Fehlt diese perfekte Rahmenordnung, so erweist sich dieFriedmansche Position als wenig zweckmäßig – und zwar deswegen, weil sie es versäumt,systematisch von der Wertschöpfungsfunktion der Unternehmen her zu denken. Deshalbist sie nicht in der Lage, ihre eigene Bedingtheit auszuweisen und darüber Auskunft zugeben, wie mit dem Fall umzugehen ist, dass die institutionellenVoraussetzungen für funk-tionierende Märkte nicht gegeben sind, sondern erst noch hergestellt werden müssen, um

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ein mit Gewinnen gratifiziertes Wertschöpfungsverhalten bestmöglich für die Gesellschaftin Dienst zu nehmen.

2.2 Ordonomische Unternehmensethik

Milton Friedman lehnt eine eigenständige Unternehmensethik ab, weil er bereits in derGewinnmaximierung die Erfüllung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unterneh-men sieht. Aber anders als Friedman es implizit unterstellt, bewegen sich Unternehmennie in einer perfekten – das heißt: lückenlosen – Rahmenordnung. Hier liegt der Ansatz-punkt für die ordonomische Unternehmensethik. Deren Aufgabe kann nun aber nicht darinbestehen, angesichts situativ auftretender Konflikte zwischen Gewinn und Moral das Ge-winnprinzip fallweise außer Kraft zu setzen. Eine solche Unternehmensethik stünde ineinem systematischen Widerspruch zur Wirtschaftsethik und der durch sie legitimiertenMarktwirtschaft. Die Ordonomik setzt daher anders an. Sie stellt die Anschlussfähig-keit der Unternehmensethik zur Wirtschaftsethik – und damit auch ihre Vereinbarkeit mitder Marktwirtschaft – dadurch her, dass sie die Unternehmensethik konsequent von derRolle der Unternehmen als Wertschöpfungsagenten her entwickelt. Ausgehend vom Wert-schöpfungsgedanken thematisiert sie, wie Unternehmen durch moralische Bindungen dieRahmenbedingungen für wechselseitig vorteilhafte Interaktionen mit ihren Stakeholderngestalten können, und zwar zur klugen Förderung (auch) ihres eigenen Interesses.

Eine für die Unternehmensethik zentrale Konsequenz der notwendigen Unvollstän-digkeit jeder Rahmenordnung liegt darin, dass sich ein Unternehmen zuallererst als einmoralischer Akteur konstituieren muss, um seine Funktion als Wertschöpfungsagent imgesellschaftlichenAuftrag erfüllen zu können. Kein Interaktionspartner des Unternehmens– angefangen von Mitarbeitern und Kunden über Zulieferer bis hin zu Banken als Fremdka-pitalgebern – wird zur Kooperation mit dem Unternehmen bereit sein, wenn er nicht daraufvertrauen kann, dass es sich bei seinem Gegenüber um einen integren Kooperationspartnerhandelt. Das Unternehmen muss sich mithin selbst einen Rahmen geben, in dem es als kor-porativer Akteur seine Reputation, seine Vertrauenswürdigkeit und Kooperationsfähigkeitaufbauen kann.

Denkt man in diesem Sinne vom Wertschöpfungsgedanken her, wird es möglich, Mo-ral als einen Produktionsfaktor zu begreifen. Die Stoßrichtung lautet: Win-Win. Unterneh-men können durch moralische (Selbst-)Bindungen nicht nur wichtige moralischeAnliegenadressieren. Richtig verstanden, können sie durch diese moralischen Bindungen auch sichselbst besser stellen: Durch moralische Bindungen machen sich Unternehmen für ihre In-teraktionspartner berechenbar, so dass diese zu produktiven Reaktionen angereizt werdenund sich auf Kooperationen einlassen, die ohne eine glaubwürdige Bindung unterbleibenwürden (vgl. Hielscher 2010). Moral als Produktionsfaktor einzusetzen heißt: durch einekluge Berücksichtigung von Fremdinteressen Wertschöpfungspotentiale zu aktivieren.

Eine Pointe der ordonomischen Unternehmensethik liegt nun darin, dass es für Unter-nehmen schon immer zum tagtäglichen Kerngeschäft gehört, Moral als Produktionsfaktorin ihren Wertschöpfungsprozessen einzusetzen. Win-Win ist nicht ein glücklicher Ausnah-mefall, sondern gleichsam die Betriebsbedingung für jedes erfolgreiche Unternehmen (vgl.Mackey 2006 sowie Freeman 2007). Nur wenn ein Unternehmen seine Stakeholder bes-ser stellen kann, werden diese zu einer Zusammenarbeit bereit sein. Die Rücksichtnahme

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auf die Interessen anderer Akteure erfordert seitens des Unternehmens jedoch geeigne-te Bindungen. Wertschöpfung durch Unternehmen besteht daher im Kern darin, dass einUnternehmen durch ein funktionales Bindungsmanagement die Fremdinteressen seinerStakeholder in kluger Weise zu berücksichtigen weiß.

Dieser Gedanke, dass sich „Moral als Produktionsfaktor“ einsetzen lässt, findet sich– der Sache nach – auch bei Milton Friedman. Friedman (1970) thematisiert explizit,dass sich Unternehmen beispielsweise in ihrer Nachbarschaft für gesellschaftliche Belan-ge engagieren, um auf diese Weise die Bedingungen für gelingende Wertschöpfung zuschaffen. Aber Friedman wendet sich ausdrücklich dagegen, dieses Engagement als „Ver-antwortung“ oder „Moral“ auszuweisen – mit demArgument, dass ein solches Engagementletzten Endes ja gar nicht moralisch motiviert sei, sondern der Erzielung von Gewinnendiene.Aus ordonomischer Sicht leistet Friedman hier einem gravierenden MissverständnisVorschub. Er denkt – unnötigerweise – im Tradeoff von Gewinn versus Moral. Indem ersuggeriert, das Unternehmenshandeln müsse entweder moralisch oder gewinnorientiertsein, propagiert er eine verzichtsethische Semantik, die Moral nur als Opfer denken kann:Moralisch ist dann nur das, was gegen die eigenen Interessen verstößt und in diesem Sinnerichtig weh tut.

Die Opfer-Semantik einer solchenVerzichtsethik ist für die Sozialstruktur wettbewerb-lich verfasster Marktwirtschaften kategorial unangemessen. Sie denkt Moral im Paradig-ma von Win-Lose. Dies wird der – „mutualistischen“ (Hazlitt 1994) – Win-Win-Logikwechselseitig vorteilhafter Wertschöpfungsprozesse nicht gerecht. Friedmans Legitima-tionsversuch erweist dem Gewinnprinzip somit einen doppelten Bärendienst, und zwarsowohl mit Blick auf die gesellschaftliche Außenwahrnehmung von Unternehmen alsauch mit Blick auf die Binnenwirkung in Unternehmen: Zum einen arbeitet ausgerech-net Friedman jenen Vorbehalten zu, wonach das unternehmerische Gewinnstreben nichtmoralisch sei. Damit trägt Friedman ungewollt dazu bei, der Öffentlichkeit den Blickauf die moralische Qualität gelingender Wertschöpfung zu verstellen. Zum anderen ist dasFriedmansche Tradeoff-Denken auch wenig förderlich, um den Wertschöpfungsprozess imUnternehmen anzuleiten. Seine Verzichts-Semantik macht blind dafür, dass Unternehmensich durch moralische Bindungen besser stellen können: dass für sie Moral – als Pro-duktionsfaktor eingesetzt – kein Opfer, sondern eine Investition bedeutet. Damit blockiertFriedman tendenziell jene unternehmerischen Suchprozesse, die darauf abzielen, Moralals Produktionsfaktor in Dienst zu nehmen.

2.3 Ordonomische Prozessethik

Milton Friedman entwickelt seine Rechtfertigung des Gewinnprinzips vor dem gedankli-chen Hintergrund einer perfekten Rahmenordnung. In dieser Modellwelt liegt die Verant-wortung für die Schaffung der Rahmenordnung alleinig beim Staat. Dieser ist der exklusiveRegelgeber. Die Unternehmen hingegen sind reine Regelnehmer: Sie optimieren innerhalbgegebener Spielregeln ihre individuellen Spielzüge.5

Unternehmen begegnen jedoch vielfältigen Problemen, bei denen Gewinn und Moralsituativ in Konflikt geraten, weil die Rahmenordnung defizitär ist. Man denke nur an dasBeispiel Korruption (vgl. Pies 2008). Hier befinden sich Unternehmen kollektiv in einemsozialen Dilemma, in dem die Unternehmen nicht nur die Gesellschaft, sondern auch sich

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selbst wechselseitig schädigen. Das Basis-Spiel unternehmerischen Wettbewerbsverhal-tens weist hier gravierende Fehlanreize auf. Die Folge: Die individuelle Gewinnmaximie-rung im Spiel führt nicht mehr dazu, dass die Unternehmen ihre Funktion gesellschaftlicherWertschöpfung erfüllen können.

Zahlreiche Konflikte, die aus einer defizitären Rahmenordnung des Basis-Spiels resul-tieren, kann ein Unternehmen nicht isoliert im Alleingang – durch eine Änderung seinerindividuellen Spielzüge – überwinden. Wollte beispielsweise ein einzelnes Unternehmendem Problem branchenüblicher Korruption allein mit seiner individuellen Integrität be-gegnen, würde es sich lediglich individuelle Wettbewerbsnachteile einhandeln, ohne dasGruppenproblem wirksam zu lösen. Die Ordonomik schlägt in dieser Situation daher ei-ne andere Blickrichtung vor, um konstruktive Problemlösungsoptionen ins Sichtfeld zurücken. Wenn dysfunktionale Anreize das wettbewerbliche Basis-Spiel prägen, dann kön-nen Unternehmen ihrer Wertschöpfungsfunktion nur dann systematisch (wieder) nach-kommen, wenn sie Ordnungsverantwortung für eine Reform der Spielregeln übernehmen(vgl. Beckmann und Pies 2008a, b).

Eine solche Übernahme von Ordnungsverantwortung ist auf zwei Ebenen möglich (vgl.Abb. 1). Im Meta-Spiel geht es um jene gesellschaftlichen Regelsetzungsprozesse, die deninstitutionellen Rahmen für das Basis-Spiel gestalten, in dem die Unternehmen ihre wirt-schaftlichen Spielzüge bestimmen. Die Unternehmen können in diesem Meta-Spiel Steue-rungsverantwortung übernehmen, indem sie dazu beitragen, durch die Gestaltung vonBindungen die Bedingungen für gelingende Wertschöpfung im Basis-Spiel zu schaffen.Zu denken ist hier beispielsweise an Formen freiwilliger Selbstregulierung, an Verhaltens-kodizes, Branchenstandards, Public-Private-Partnerships oder trisektorale Partnerschaften(vgl. Buttkereit 2009). Im Meta-Meta-Spiel hingegen geht es darum, sich über jene Regelnzu verständigen, die im gemeinsamen Interesse liegen könnten. Anders formuliert, geht esum einen auf Wertschöpfung fokussierten Regelfindungsdiskurs. Hier können Unterneh-

Regelfindungs-diskurs

Semantik:Informationelle Anreize

Meta-Metaspiel

Sozialstruktur:Institutionelle Anreize

Metaspiel

Regelsetzungs-prozess

New-Governance-Prozesse zur Gestaltung

geeigneter Bedingungenfür gelingende

Wertschöpfung

Regelbefolgungs-spiel

Interaktionen im Basisspiel

Wertschöpfung durch Kooperation im tagtäglichen Kerngeschäft

Handlungs-verantwortung

Steuerungs-verantwortung

Aufklärungs-verantwortung

Ordnungsverantwortung

Abb. 1: Ordnungsverantwortung in New-Governance-Prozessen

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men Aufklärungsverantwortung übernehmen und zur (Er-)Findung gemeinsamer Interes-sen beitragen. Zu denken ist etwa an Multi-Stakeholder-Foren, Lernplattformen wie denGlobal Compact der Vereinten Nationen (vgl. Braun und Pies 2009), Beratungen in Bran-chenverbänden, Anhörungen in Gesetzgebungsverfahren und öffentliche Diskursbeiträge.

Die ordonomische Wirtschafts- und Unternehmensethik lässt sich in diesem Sinneausarbeiten zu einer gesellschaftlichen Prozessethik: Sie informiert darüber, dass Unter-nehmen in vielen Fällen ihren gesellschaftlichen Wertschöpfungsauftrag erst dann vollerfüllen (können!), wenn sie sich konstruktiv in „New-Governance“-Prozesse der Regel-findung und Regelsetzung einzubringen lernen. Dieser prozessethische Gedanke konzep-tualisiert Unternehmen nicht mehr nur als rein wirtschaftliche, sondern auch als politischeund moralische Akteure: als Corporate Citizens.6

Milton Friedman lehnt in seiner Konzeption der gesellschaftlichen Verantwortung vonUnternehmen eine solche politische Rolle korporativer Akteure vehement ab. Für ihnist es einzig Aufgabe des Staates, die Spielregeln für das gesellschaftliche Basis-Spielzu erlassen. Allerdings übersieht Friedman dabei zwei wichtige Punkte: Erstens agierenUnternehmen in einer globalen Wirtschaft immer öfter in Kontexten, in denen es gar keineeffektive staatliche Regel(durch)setzung gibt. Und zweitens haben Unternehmen in vielenFällen ein grundsätzliches Interesse an funktionierenden Spielregeln. Dieses Interessekonstruktiv zu aktivieren, liegt nicht nur im Interesse der Unternehmen selbst, sondern istauch gesellschaftlich wünschenswert.

Aus Sicht einer ordonomischen Prozessethik lässt sich die Friedmansche Position somitwiederum gleich zweifach kritisieren. Zum einen erschwert der „methodologische Natio-nalismus“ (Beck 2002, S. 84 ff.) in Friedmans Ansatz ein gesellschaftliches Verständnisfür New-Governance-Prozesse, das Unternehmen nicht immer nur als Teil des Problems,sondern auch als potentiellen Teil der Lösung wahrzunehmen, anzuerkennen und wertzu-schätzen weiß. Zum anderen ist die Friedmansche Perspektive im Rahmen der Ausbildungvon Führungskräften wenig geeignet, um zukünftige Manager auf die Herausforderungenvon New-Governance-Prozessen vorzubereiten. Diese New-Governance-Prozesse gewin-nen gerade für eine erfolgreiche Unternehmenspraxis immer stärker an Bedeutung (vgl.Pies et al. 2009c): Sie sind wichtig für den Prozess gesellschaftlicher (Selbst-)Aufklärungund (Selbst-)Steuerung. Und sie sind wichtig für Unternehmen, um angesichts staatlicherRegelungsdefizite die Grundlagen für Wertschöpfung und Gewinnerzielung zu erhaltenund zu erweitern.

Um in New-Governance-Prozessen überhaupt eine konstruktive Rolle spielen zu kön-nen, bedarf es freilich geeigneter Kompetenzen. Der folgende Abschn. 3 greift diesenGedanken auf und diskutiert, welchen Beitrag die Ordonomik für die Ausbildung ge-sellschaftlicher Führungskräfte im Spektrum von Sozialstruktur und Semantik zu leistenvermag.

3 Ordonomische Beiträge zur Ausbildung von Führungskräften

Die ordonomische Wirtschafts-, Unternehmens- und Prozessethik zielt darauf ab, Unter-nehmen dazu zu befähigen, ihrem Auftrag gesellschaftlicher Wertschöpfung (noch) bessergerecht zu werden, indem diese durch die Übernahme von Ordnungsverantwortung zur

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Schaffung geeigneter Bedingungen für gelingende Wertschöpfung konstruktiv beitragen.Die Ordonomik will eine solche Übernahme von Ordnungsverantwortung nicht appellativfordern, sondern argumentativ fördern. Sie will aufzeigen, wie sich unternehmerischesGewinnstreben und moralische Anliegen durch Win-Win-Lösungen wechselseitig fürein-ander in Dienst nehmen lassen.

Freilich reicht es nicht aus, derartigeWin-Win-Lösungen naiv herbeizuwünschen.Viel-mehr bedarf es handfester Problemlösungskompetenzen, um innovative und anspruchsvol-le Win-Win-Lösungen (er-)finden, zweckmäßig organisieren und wirksam implementierenzu können. Vor diesem Hintergrund kann die Ordonomik für die betriebswirtschaftlicheAusbildung von Führungskräften zumAufbau von zweiArten von Kompetenzen beitragen.

Zum einen (3.1) geht es um sozialstrukturelle Kompetenzen. Diese Kompetenzen sindwichtig, um in Regelsetzungsprozessen Steuerungsverantwortung übernehmen zu können.Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich Win-Win-Lösungen durch ein differenziertes Bin-dungsmanagement institutionell realisieren lassen. Eine besondere Bedeutung kommt da-bei der Argumentationsgrammatik sozialer Dilemmata zu. Sozialstrukturelle Kompetenzbezieht sich mithin auf die Fähigkeit, unterschiedliche Dilemmastrukturen in ihrer normati-ven Ambivalenz begreifen, sie im Hinblick auf ihre Anreizwirkungen durchdenken und in-stitutionell differenziert managen zu können. Zum zweiten (3.2) kann die Ordonomik zumAufbau semantischer Kompetenzen beitragen. Semantische Kompetenzen sind wichtig,um in Regelfindungsdiskursen Aufklärungsverantwortung übernehmen zu können. DieseKompetenzen beziehen sich auf die Fähigkeit, eine gemeinsame Problemwahrnehmungdiskursiv so zu entwickeln, dass eine wechselseitig vorteilhafte Problemlösung allererstsichtbar und ihre Verwirklichung damit möglich wird. Es geht darum, Führungskräfte indie Lage zu versetzen, heterogene Interessen aufklären, Denkblockaden aufbrechen undfunktionale Problemlösungen in verschiedene „Sprachen“ übersetzen zu können.

3.1 Sozialstrukturelle Kompetenzen für ein differenziertes Management vonDilemmastrukturen

Sozialstrukturelle Kompetenzen beziehen sich auf die Fähigkeit, durch ein kluges Regel-setzungsengagement die institutionellen Bedingungen für gelingende Wertschöpfung zugestalten. Führungskräfte müssen durch ihre theoretische Ausbildung in praxisrelevanterWeise darauf vorbereitet werden, den unternehmerischen Wertschöpfungsprozess durchgeeigneteAnreize zu steuern und auf diese Weise auch mögliche Problemsituationen durcheine institutionelle (Re-)Formierung von Anreizen zu überwinden – sei es innerhalb desUnternehmens, sei es in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen im Rahmenvon New-Governance-Prozessen. Für den Aufbau dieser sozialstrukturellen Kompetenzkommt aus ordonomischer Sicht dem Analyseschema sozialer Dilemmastrukturen eineentscheidende Bedeutung zu.

Ein soziales Dilemma ist eine Situation kollektiver Selbstschädigung; eine Rational-falle, in der eine Gruppe von Akteuren kollektiv unter ihren Möglichkeiten bleibt. Kenn-zeichen eines sozialen Dilemmas ist es, dass eine an sich mögliche Realisierung einesgemeinsamen Interesses aufgrund eines unbewältigten Interessenkonflikts anreizbedingtscheitert. Spieltheoretisch betrachtet, handelt es sich bei dieser Figur sozialer Dilemmataum das vergleichsweise triviale Phänomen eines pareto-inferioren Nash-Gleichgewichts.

Was müssen Führungskräfte können? 23

Aus ordonomischer Sicht indes hat die Erklärungs- und Argumentationsfigur sozialer Di-lemmata auch jenseits mathematischer Modellfinesse eine fundamentale Bedeutung fürdie Ausbildung von Führungskräften. Um diese Bedeutung näher zu bestimmen, gilt es,sich drei zentrale Eigenschaften von Dilemmastrukturen vor Augen zu führen, deren Ver-ständnis für zukünftige Manager wichtig ist und mit ihnen eingeübt werden muss.

1) Die erste Eigenschaft sozialer Dilemmastrukturen, die Führungskräfte kennen soll-ten, lautet: Soziale Dilemmata sind ambivalent. Sie können gesellschaftlich (und unter-nehmerisch) erwünscht oder aber unerwünscht sein (vgl. Nalebuff 1998, S. 90).

Am Beispiel: Wenn es in einer Branche erst einmal üblich geworden ist, mit Bestechungzu arbeiten, dann befinden sich die Unternehmen in einem sozialen Dilemma. Sie schä-digen sich wechselseitig, und zwar gerade dadurch, dass sie an dem Korruptionswettlaufteilnehmen: Sie müssen beträchtliche Korruptionszahlungen leisten, riskieren empfindli-che Reputationsschäden und juristische Sanktionen, erfahren aber im Vergleich zu ihrenebenfalls korrupten Konkurrenten keinerlei individuelle Wettbewerbsvorteile. Ein solchessoziales Dilemma ist aus Sicht sowohl der Unternehmen wie auch der Gesellschaft uner-wünscht. Es zu überwinden, ist ein gesellschaftliches wie unternehmerisches Anliegen.

Ganz anders gelagert ist hingegen der Fall der Korruptionsprävention innerhalb vonUnternehmen. Unternehmen kämpfen hier mit dem Problem, dass Mitarbeiter innerhalbder Organisation – auch gegen den Willen der Unternehmensleitung – zu korrupten Prak-tiken greifen, etwa indem sie für ihre eigenen (Bereichs-)Ziele schwarze Kassen bildenund für Bestechungen nutzen. Um derartige Korruptionsvorgänge innerhalb der Organi-sation geheimhalten zu können, bilden sich unternehmensinterne Schweigekartelle. De-ren Stabilität ist auf das wechselseitige Vertrauen der beteiligten Mitarbeiter angewiesen.Eine wirksame Korruptionsprävention stellt nun darauf ab, durch geeignete Anreize –etwa durch die Einführung von Job-Rotation oder Whistle-Blowing – zweckmäßige so-ziale Dilemmata zwischen den Mitarbeitern zu installieren, die diese Schweigekartelleunterminieren (Pies und Beckmann 2009). Hier geht es folglich nicht darum, ein Dilemmazu überwinden, sondern gerade umgekehrt darum, das – gesellschaftlich wie unternehme-risch – erwünschte soziale Dilemma möglichst wirksam zu etablieren, um sozialschädlicheInteraktionen gezielt zu unterbinden.

Ein soziales Dilemma ist also nicht per se erwünscht oder unerwünscht. Vielmehrmuss man strikt unterscheiden zwischen den direkt beteiligten und den nur indirekt be-troffenen Akteuren. Im Hinblick auf den Wettbewerb als soziales Dilemma lässt sichdann das Argument generieren, dass der Leistungswettbewerb nicht nur im Interesse derKonsumenten, sondern auch im Interesse der Produzenten liegt, obwohl es auf den er-sten Blick so aussieht, als würden insbesondere die Produzenten geschädigt, wenn sieeinem Leistungswettbewerb ausgesetzt werden, weil es ihnen offenkundig lieber wäre,sich kartellieren zu dürfen (Pies 2000, S. 53–62). Gerade dieses Beispiel macht deutlich,dass der Einsatz sozialer Dilemmata ein hochwirksames Anreizinstrument ist: Mit derHilfe eines institutionell differenzierten Managements sozialer Dilemmata lassen sich er-wünschte Interaktionen stabilisieren und – spiegelbildlich – unerwünschte Interaktionendestabilisieren (Pies 1993, S. 176 f. et passim).

2) Die zweite Eigenschaft sozialer Dilemmastrukturen, die Führungskräfte kennensollten, lautet: Soziale Dilemmata treten paradigmatisch in zwei Spielarten auf, nämlichzum einen in Form des einseitigen sozialen Dilemmas sowie zum anderen in Form des

24 I. Pies et al.

mehrseitigen sozialen Dilemmas. Für Manager ist diese Unterscheidung wichtig, dennje nach Dilemmastruktur bedarf es ganz unterschiedlicher Bindungsstrategien, um einunerwünschtes soziales Dilemma zu überwinden.

Zur Erläuterung: Im einseitigen sozialen Dilemma (vgl. Kreps 1990) besteht Asym-metrie. Der eine Spieler kann den anderen ausbeuten, aber nicht umgekehrt. Antizipiertder ausbeutungsgefährdete Spieler diese Gefahr, kann es sein, dass er sich auf eine fürbeide Seiten vorteilhafte Kooperation gar nicht erst einlässt. Die Konsequenz: Beide Spie-ler bleiben unter ihren Möglichkeiten. Sie scheitern anreizbedingt daran, ein möglichesWin-Win-Potential zu realisieren. Diese kollektive Selbstschädigung lässt sich im einsei-tigen Dilemma durch eine individuelle (Selbst-)Bindung überwinden. Hier reicht es aus,wenn für jenen Spieler Handlungsbeschränkungen erlassen werden, der einseitig über diepotentielle Freiheit verfügt, den anderen auszubeuten. Kann dieser Spieler mit Hilfe einerBindung glaubhaft machen, die Vorleistung des anderen nicht auszubeuten, so kann sichder Interaktionspartner auf die Kooperation einlassen, mit der Folge, dass sich beide Seitenwechselseitig besserstellen.

Anders gelagert ist der Fall im wechselseitigen sozialen Dilemma (vgl. Bowles 2004,S. 23–55). Im Unterschied zum einseitigen Dilemma besteht hier Symmetrie zwischenden Spielern. Sie können sich wechselseitig ausbeuten. Das Ergebnis ist eine kollektiveSelbstschädigung: Anreizbedingt verhält sich jeder individuell so, wie er es von demoder von den anderen befürchtet. Eine individuelle Bindung eines einzelnen Spielers kanndieses Dilemma nicht überwinden.Vielmehr bedarf es einer kollektiven Bindung, durch diealle Spieler mit Anreizen versorgt werden, ihr Verhalten simultan zu verändern. Illustriertam Beispiel der Korruption zwischen Unternehmen: Erst wenn alle Unternehmen zu einerBranchenlösung bereit sind, kann das Gruppenproblem der Korruption wirksam adressiertwerden.

3) Die dritte Eigenschaft sozialer Dilemmastrukturen, die Führungskräfte kennen soll-ten, lautet: Um ein soziales Dilemma zu überwinden, gibt es zwei alternative Bindungstech-nologien. Die Rationalfalle eines sozialen Dilemmas lässt sich sowohl durch strategischeSelbstbindungen als auch durch strategische Bindungsdienstleistungen Dritter wirksamüberwinden (Hielscher et al. 2009).

Zur Erläuterung: Ein konstitutives Merkmal sozialer Dilemmastrukturen liegt darin,dass jedes soziale Dilemma ein inhärentesWin-Win-Potential aufweist. In jeder kollektivenSelbstschädigung ist bereits die Option einer wechselseitigen Besserstellung mit Blick aufdie Möglichkeit angelegt, das Dilemma durch eine individuelle bzw. kollektive Bindungzu überwinden. Allerdings ist keineswegs gesichert, dass es den Spielern ohne weiteresgelingt, eine solche Bindung zu organisieren.

Vor diesem Hintergrund sind zwei Fälle zu unterscheiden. Im ersten Fall binden sich dieSpieler eines sozialen Dilemmas unmittelbar selbst an eine Regel – entweder imAlleingang(individuelle Selbstbindung) oder gemeinsam untereinander (kollektive Selbstbindung).Im zweiten Fall wird von Seiten anderer Akteure – als Service – eine Bindungshilfe fürdie Spieler in einem sozialen Dilemma bereitgestellt, die zwar an sich ein Interesse daranhätten, sich zu binden, es aber (bisher) selbst nicht können.

Für das Management sozialer Dilemmastrukturen verbindet sich damit eine wichtigePointe: Nicht nur die eigene Selbstbindung, sondern auch die Leistung einer Bindungshilfefür andere kann im Interesse des Unternehmens liegen. Der Grund hierfür liegt darin, dass

Was müssen Führungskräfte können? 25

Ist der Konflikt ein unerwünschtes soziales Dilemma?

nein

Welche Art von Bindung kann dasDilemma überwinden?

UU SS

Legende: B = Bindungen S = Stakeholder U = Unternehmen

Wer wirdgebunden?

ja

Individuelle B.

3

Steuerung: Erschließung unrealisierterWertschöpfungspotentiale durch moralische

Bindungen

Aufklärung:Soziales Dilemmata ist

erwünscht

Aufklärung:Gemeinsames Interesse an der Überwindung

unerwünschter sozialer Dilemmata 5 4

Wer wirdgebunden?

1

2

Kollektive B.

Abb. 2: Differenzierte Wertschöpfungsheuristik

es Fälle gibt, in denen man zwar an einem bestimmten Spiel nicht selbst teilnimmt, vonden unerwünschten Folgen eines sozialen Dilemmas in diesem Spiel aber indirekt negativbetroffen ist.

4) Führt man diese drei Überlegungen zu sozialen Dilemmastrukturen zusammen, sowird deutlich, wie sich die Argumentationsgrammatik sozialer Dilemmata in eine Wert-schöpfungsheuristik überführen lässt, mit der die ordonomische Unternehmensethik einenBeitrag zum strategischen Management leistet. Diese Wertschöpfungsheuristik kann inForm eines Dreischritts formuliert werden (Abb. 2):

Der erste Schritt (Abb. 2, Schritt 1) rekonstruiert Konflikte zwischen Gewinn und Moralals ein unerwünschtes soziales Dilemma. DasArgument lautet: Moralische Kritik verweistauf bisher unbewältigte Interessenkonflikte. In jedem Interessenkonflikt bestehen jedochzugleich gemeinsame Interessen, diesen Interessenkonflikt besser zu managen oder garzu überwinden (vgl. Schelling 2003, S. 4 et passim). Rekonstruiert als soziales Dilemma,besteht im Status quo des Konflikts ein diesem Konflikt inhärentes Potential für Win-

26 I. Pies et al.

Win. Kurz: Wenn ein Konflikt allen Seiten „weh tut“, liegt ein unerwünschtes sozialesDilemma vor, das zu überwinden sowohl ein unternehmerisches wie auch moralischesAnliegen darstellt und das zudem ein Wertschöpfungspotential birgt.

Im zweiten Schritt (Abb. 2, Schritt 2) geht es darum, jene Bindungsstrategien zu be-stimmen, deren es bedarf, um das unerwünschte soziale Dilemma wirksam zu überwinden.Handelt es sich um eine einseitige oder um eine mehrseitige Dilemmastruktur? Hier ent-scheidet sich, ob eine individuelle oder eine kollektive Bindung zu organisieren ist.

Der dritte Schritt (Abb. 2, Schritt 3) fragt sodann, welche Bindungstechnologie er-forderlich bzw. geeignet ist, um das soziale Dilemma zu überwinden. Können sich dieSpieler im sozialen Dilemma selbst binden – oder besteht die Möglichkeit, dass andereAkteure eine Bindungshilfe, einen Service zur funktionalen Überwindung des Dilemmasorganisieren?

5) Der sozialstrukturelle Beitrag der Ordonomik für die Ausbildung von Führungs-kräften liegt somit in einer leistungsstarken Wertschöpfungsheuristik, die spezifiziert, wieUnternehmen Moral als Produktionsfaktor einsetzen können. Abbildung 3 illustriert, wiesich der zweite und dritte Schritt dieser Erklärungsgrammatik in eine Strategie-Matrix fürein differenziertes Management funktionaler Bindungsarrangements überführen lassen(vgl. Pies et al. 2009).

Die vertikale Dimension unterscheidet die Art der Dilemmastruktur, also zwischeneinseitigen und wechselseitigen sozialen Dilemmata. In der horizontalen Dimension wirddie Bindungstechnologie unterschieden. Die linke Spalte betrachtet Fälle, in denen sichdas Unternehmen selbst bindet. Die rechte Spalte bezieht sich spiegelbildlich auf jeneFälle, in denen das Unternehmen einen Bindungsservice für andere Akteure – für dieStakeholder, also z. B. für Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten – bereitstellt, so dassdiese sich binden können. Folgt man dieser Systematik, so lassen sich vier Strategienunterscheiden, wie ein Unternehmen sich selbst und andere durch das Management vonBindungen besser zu stellen vermag. Jede dieser Strategien sei im Folgenden an einemBeispiel illustriert. Jedes dieser vier Beispiele rekurriert auf die Art und Weise, wie derSchweizer Lebensmittelhersteller Nestlé ein weltweites Bindungsmanagement organisiert.

Abb. 3: Wertschöpfung durchstrategisches Bindungsmanage-ment Unternehmen Stakeholder

Bindungstechnologie

(I)(IV)IndividuelleSelbstbindung(Nestlé: Nespresso AAASustainable QualityProgramme)

Servicefür individuelleSelbstbindung(Nestlé: Mikrokredit-Programme weltweit)

(II)(III)

KollektiveSelbstbindung(Nestlé: Standards u.a. zurLebensmittelsicherheit(4C), SAI)

Servicefür kollektiveSelbstbindung(Nestlé: SALT-Programmin den Philippinen) Dilemma-

Struktur

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Was müssen Führungskräfte können? 27

Quadrant I zugeordnet ist der Fall, dass ein Akteur anderen Akteuren hilft, eine in-dividuelle Selbstbindung einzugehen, zu der sie ohne diese Hilfestellung nicht oder nurschwer in der Lage wären. Ein prominentes Beispiel für diesen Fall bieten die aktuell vieldiskutierten Mikrokredit-Programme, die das Problem der Kreditrationierung aufgreifen,das in Entwicklungsländern – und dort vor allem im ländlichen Raum – ein gravierendesEntwicklungshemmnis darstellt. Zugrunde liegt das Problem, dass viele Kreditnehmer indiesen Ländern über keine formal beleihbaren Vermögensgegenstände verfügen, die siebei ihrem Kreditgeber als Sicherheit hinterlegen könnten (vgl. de Soto 2000). Dieser mussdaher fürchten, dass ein vergebener Kredit womöglich nie zurückgezahlt wird. Dies hatzur Folge, dass viele Kreditgeschäfte, durch die sich beide Seiten besser stellen könnten,letztlich nicht zustande kommen. Mikrofinanz-Institutionen lösen dieses Problem, indemsie einen alternativen Bindungsmechanismus einführen, durch den sich ein potentiellerKreditnehmer glaubhaft zur Rückzahlung des aufgenommenen Kredits verpflichten kann(vgl. Ghatak und Guinnane 1999 sowie Armendàriz und Morduch 2007). Konkret werdenKredite nicht an einzelne Kreditnehmer vergeben, sondern an eine Gruppe von Kreditneh-mern. Auf diese Weise wird die Glaubwürdigkeit des Kreditnehmers nicht formal durchein hinterlegtes Pfand gewährleistet, sondern informal durch den sozialen Gruppendruck,etwa indem ein Kreditring gebildet wird, in dem sich mehrere Kreditnehmer(innen) derDorfgemeinschaft wechselseitig kontrollieren. Typisch für die hier eingesetzte Form derKreditsicherung ist, dass die zweite Kreditnehmerin erst dann ihren Kredit ausgezahlt be-kommt, wenn die erste Kreditnehmerin bereits die Rückzahlung ihres Kredits begonnenhat; dass die dritte Kreditnehmerin erst zum Zuge kommt, nachdem die zweite Kreditneh-merin begonnen hat, ihren Kredit zu tilgen usw. Auch Nestlé hat die Kreditrationierungim ländlichen Raum als wesentliches Problem erkannt: Die Unterversorgung mit Kreditenverhindert, dass die Kleinbauern der eigenen Lieferkette in die Verbesserung ihrer Anbau-technologien und damit in die Qualität ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse ausreichendinvestieren können. Aus diesem Grund stellt Nestlé den Bauern nicht nur kostenlose tech-nische Unterstützung, sondern auch umfangreiche Mikrokredit-Programme zurVerfügung(Nestlé 2008, S. 2).

Quadrant II bezieht sich auf den Fall, dass ein Unternehmen anderen Akteuren hilft,sich zu binden, indem es für sie die Organisation kollektiven Handelns übernimmt oderein Substitut dafür bereitstellt. Genau dies leistet der Lebensmittelhersteller Nestlé, wenner sich gemeinsam mit dem philippinischen Landwirtschaftsministerium darum bemüht,(pro)aktiv gegen die Bodenerosion in den landwirtschaftlich genutzten, regenreichen Berg-regionen des Landes vorzugehen. Das hierfür eigens in Leben gerufene SALT-Programm(Sloping Agricultural Land Technology) unterstützt die Bergbauern sowohl mit Know-How für eine geeignete Aussaat in hangreichen Regionen als auch mit konkreten Projektenzur Absicherung ihrer Anbauflächen, etwa durch die Bepflanzung mit Vetiver-Süßgras.In Kooperation mit der Regierung organisiert Nestlé hier kollektives Handeln für dieBergbauern, die derzeit – ohne adäquate Infrastrukturunterstützung durch den Staat – oftnicht in der Lage sind, ihre Anbauflächen vor der Bodenerosion zu schützen. Auf dieseWeise hilft Nestlé den Bauern, den Wert ihrer natürlichen Ressource zu erhalten. Mit Blickauf für Nestlé wichtige Rohstoffe wie Milch, Kakao und Kaffee investiert das Unternehmenzugleich in eine nachhaltige Lieferkette qualitativ hochwertiger Ressourcen (vgl. Nestlé2008, S. 29).

28 I. Pies et al.

Quadrant III zugeordnet ist der Fall, dass ein Unternehmen gemeinsam mit anderenAk-teuren eine kollektive Selbstbindung eingeht. Ein solches Vorgehen bietet die Möglichkeit,auch die Konkurrenten gleichsam „mit ins Boot zu holen“. So lässt sich verhindern, dass ei-gene Vorleistungen im Wettbewerb ausgebeutet werden. Nestlé macht von dieser Form desBindungsmanagements Gebrauch, etwa wenn das Unternehmen im Jahr 2002 gemeinsammit seinen Wettbewerbern durch die Gründung der SustainableAgriculture Initiative (SAI)weltweit gültige Standards für Lebensmittelsicherheit und Umweltschutz etabliert (vgl.Nestlé 2008, S. 33–35). Eine weitere Form der kollektiven Selbstbindung geht Nestlé ein,wenn das Unternehmen im Rahmen von New-Governance-Prozessen nicht nur mit Wett-bewerbern, sondern auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft und anderen Stakeholdernzusammenarbeitet, um durch den gemeinsam verabredeten „Common Code for the CoffeeCommunity (4C)“ zur Etablierung allgemein gültiger Arbeits- und Sozialstandards in derKaffeeindustrie beizutragen. Die Kooperation mit der Zivilgesellschaft dient hier dazu, dasVersprechen der Wettbewerber, die Vorleistungen der anderen nicht auszubeuten, durchein „third-party enforcement“ glaubwürdig(er) zu machen.

Quadrant IV zugeordnet ist der Fall, dass sich ein Unternehmen individuell selbstbindet. Nestlé macht von dieser strategischen Option Gebrauch, etwa wenn im Rahmendes „Nespresso AAA Sustainable Quality Programme“ in eine gleichbleibend hohe Pre-miumqualität des Kaffees aus den Ländern Mittel- und Südamerikas investiert wird. ZurSicherung der AAA-Qualität des Kaffees erwartet Nestlé die Verwendung bester Kaffee-sorten und die Übernahme neuester Anbautechnologien. Hierfür müssen die Kaffeebauernspezifische Investitionen in ihr Sach- und Humankapital vornehmen. Um die vorteilhafteKooperation zwischen Nestlé und den Kaffeebauern allererst in Gang zu setzen und dannauch erfolgreich in Gang zu halten, bindet sich Nestlé individuell daran, die spezifischenInvestitionen der Kaffeebauern nicht auszubeuten und für AAA-Kaffeequalität einen dau-erhaft hohen Premiumpreis zu zahlen. Nestlé macht dieses Versprechen zusätzlich glaub-würdig, indem es die Kaffeebauern mit technischer Beratung und Community-Projektenunterstützt und zur Überprüfung der Kaffeequalität mit einer unabhängigen Kontrollin-stanz kooperiert (vgl. Nestlé 2008, S. 31–32).

Die hier am Beispiel Nestlé spezifizierte Wertschöpfungsheuristik verdeutlicht, dassund wie eine ordonomische Ausbildung unternehmerische Führungskräfte dazu befähi-gen kann, Moral als Produktionsfaktor einzusetzen. Der ordonomische Ansatz kann denAufbau jener sozialstrukturellen Kompetenzen unterstützen, die für ein differenziertes Si-tuationsmanagement sozialer Dilemmata benötigt werden. Die Beispiele inAbb. 3 belegen,dass diese sozialstrukturelle Kompetenz zu einer wichtigen Fertigkeit für das strategischeManagement avanciert. Die prononciert strategische Dimension einer auf Bindungen fo-kussierten Wertschöpfungsheuristik kommt vor allem darin zum Ausdruck, dass sie – imHinblick auf alle vier Felder der Strategie-Matrix in Abb. 3 – die Führungskräfte dazuanhält und anleitet, sich nicht – im Sinne einer Optimierung von Spielzügen – daraufzu beschränken, ein gegebenes Spiel noch besser zu spielen. Der ordonomische Ansatzarbeitet vielmehr systematisch darauf hin, Manager so zu befähigen, dass die von ihnengeführten Unternehmen gemeinsam mit anderen Organisationen ein besseres Spiel zu spie-len lernen – indem die Unternehmen sich aktiv und konstruktiv an der (Re-)Formierungvon Spielregeln und den dafür erforderlichen New-Governance-Prozessen beteiligen.

Was müssen Führungskräfte können? 29

3.2 Semantische Kompetenzen zur Aufklärung gemeinsamer Interessen

Sozialstrukturelle Kompetenzen sind wichtig für das differenzierte Bindungsmanagementsozialer Dilemmata. Ohne die dazugehörigen semantischen Kompetenzen können sie je-doch gar nicht angemessen zur Geltung gebracht werden. Damit Führungskräfte in die Lageversetzt werden, durch eine funktionale (Re-)Formierung von Anreizen Wertschöpfungs-potentiale zu erschließen, brauchen sie in zweifacher Hinsicht semantische Kompetenzen(vgl. nochmals Abb. 2).

Zum einen können an sich funktionale sozialstrukturelleArrangements ihre gewünsch-te Anreizwirkung nur dann voll entfalten, wenn die relevanten Interaktionspartner denSinn und die Vorteilhaftigkeit dieser Regelreformen verstehen. Jedes Unternehmen kenntdas Problem, dass in der Chefetage ausgedachte Reformen, die dauerhaft ohne das Ver-ständnis der Mitarbeiter bleiben oder gar gegen ihren expliziten Widerstand eingeführtwerden, denkbar schlechte Implementierungsaussichten haben. In dieser Hinsicht ist eswichtig, argumentativ überzeugend darlegen zu können, warum gegebenenfalls nicht dieÜberwindung, sondern gerade umgekehrt die Aufrechterhaltung eines sozialen Dilemmasfunktional ist (Fall 5 in Abb. 2). Führungskräfte müssen mit diesem Fall kompetent um-gehen können, also mit Situationen, in denen die Wahrnehmung eines Konfliktes daraufzurückzuführen ist, dass der Wertschöpfungsbeitrag des zugrunde liegenden sozialen Di-lemmas von den Betroffenen nicht richtig verstanden wird. Man denke nur an die immernoch verbreiteten Vorbehalte gegen das Instrument des Whistle-Blowing. Für die hiermitverbundene Führungsaufgabe sind semantische Kompetenzen erforderlich. Es geht dar-um, für sozialstrukturelle Arrangements ein Verständnis – und sogar: Einverständnis – zuschaffen, und zwar gerade auch dann, wenn diese Arrangements kontra-intuitiv sein mö-gen, so dass ihre Vorteilhaftigkeit sich nicht gleich auf den ersten Blick erschließen lässt.Verständigung setzt Verständnis voraus: Unternehmensintern wie unternehmensextern iststets damit zu rechnen, dass die Interaktionspartner des Unternehmens ihre Zustimmungverweigern, innerliche Reserven aufbauen und letztlich die Kooperation einschränken odergar einstellen, sofern ihnen nicht einsichtig – gemacht! – wird, worin genau die Funktio-nalität des fraglichen Anreizarrangements besteht und inwiefern auch sie individuell vondem hiermit verbundenen Wertschöpfungsbeitrag profitieren.

Zum zweiten können Manager viele Spielregeländerungen (etwa kollektive Selbstbin-dungen) gar nicht imAlleingang durchführen. Dies gilt insbesondere für New-Governance-Prozesse (vgl. Benner und Witte 2004). Hier erfordert die (Re-)Formierung von Anreizenoftmals die Kooperation heterogener Akteure mit je eigenen Kulturen, die sich oft sogarantagonistisch begegnen.Aus diesem Grund besteht eine elementareVoraussetzung für dasZustandekommen gemeinsamer Regelreformen in der Schaffung einer geteilten Problem-wahrnehmung, die es überhaupt erst ermöglicht, gemeinsame Interessen zu identifizierenund damit Ansatzpunkte für gemeinsame Problemlösungen ins Blickfeld zu rücken. InAbb. 2 entspricht dies Fall 4: Sind sozialstrukturelle Handlungsblockaden durch Denk-blockaden bedingt, ist semantische Aufklärung wichtig, um bestehende sozialstrukturelleArrangements überhaupt reformieren zu können.

In beiderlei Hinsicht bedarf es daher semantischer Kompetenzen, also der Fähigkeit, inRegelfindungsdiskursen Aufklärungsverantwortung übernehmen zu können. Der ordono-

30 I. Pies et al.

Eigen-interesse

Eigen-interesse

Eigen-interesse

Fremdinteressen FremdinteressenFremdinteressen

a Wirtschaftsethik b Unternehmensethik c Prozessethik

Abb. 4: Die drei Stoßrichtungen der ordonomischen Ethik

mische Ansatz kann dabei helfen, den Kompetenzaufbau von Führungskräften mit Blickauf folgende vier Punkte zu profilieren.

1) Erstens leitet die Ordonomik dazu an, die Perspektiven der Ökonomik und der Ethikwechselseitig zu übersetzen (vgl.Abb. 4). Insbesondere unterbreitet der ordonomischeAn-satz ein Orientierungsangebot, wie sich in einer wettbewerblich verfassten Marktwirtschaftdas Verhältnis von Eigeninteresse und Moral konstruktiv in den Blick nehmen lässt. a) Dieordonomische Wirtschaftsethik thematisiert, wie man das Eigeninteresse für moralischeAnliegen in Dienst nehmen kann. b) Die ordonomische Unternehmensethik fragt genauumgekehrt, wie sich Moral als Produktionsfaktor einsetzen lässt – also wie die Berück-sichtigung schützenswerter Fremdinteressen dazu beitragen kann, das eigene Unterneh-mensinteresse zu fördern. c) Die ordonomische Prozessethik macht darauf aufmerksam,dass die Win-Win-Logik unternehmerischen Wertschöpfungsverhaltens auch auf New-Governance-Prozesse zur Gestaltung des eigenen Umfelds eingesetzt werden kann. Dergemeinsame Fluchtpunkt aller drei Perspektiven lautet: Win-Win durch Wertschöpfung.Insofern leitet die ordonomische Wirtschafts-, Unternehmens- und Prozessethik dazu an,normative Semantiken an einer Moral wechselseitiger Besserstellung zu orientieren unddamit die Kompatibilität zur Sozialstruktur der wettbewerblich verfassten Marktwirtschaftherzustellen.

2) Zweitens zielt der ordonomische Ansatz darauf ab, die Diskursfähigkeit angehenderFührungskräfte in der universitären Ausbildung systematisch zu fördern. Um zur Aufklä-rung gemeinsamer Interesse beizutragen, müssen Manager im Dialog mit ihren Stakehol-dern differenzierte Übersetzungsleistungen erbringen können. Einerseits müssen sie in derLage sein, das Gespräch mit heterogenen Akteuren zu suchen, die von Hause aus oftmals„eine ganz andere Sprache“ sprechen. Manager müssen in der Lage sein – d. h. durch Aus-bildung in die Lage versetzt werden –, die (zuweilen inkommensurablen) Sichtweisen undAnliegen der Interaktionspartner ins Unternehmen zu übersetzen. Andererseits müssenManager über die Interessen und Entscheidungen des Unternehmens begründet Auskunftgeben können. Insbesondere müssen sie in der Lage sein, die Sicht des Unternehmensin die Sprache anderer gesellschaftlicher Akteure und deren oft stark normativ aufge-ladene Moralsemantiken zurückzuübersetzen. Hier geht es darum, die Vorteilhaftigkeitund Funktionalität unternehmerischer Wertschöpfungsarrangements auch „nach draußen“

Was müssen Führungskräfte können? 31

kommunizieren und auf Nachfrage erläutern zu können. Nur so lässt sich jenes Vertrauenaufbauen, das die Stakeholder zu einer dauerhaften Kooperation zu motivieren vermag.

3) Die dritte semantische Kompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit, mit normativenAmbivalenzen souverän umzugehen. Zur Illustration: Vertrauen, Kooperation und Loyali-tät sind Phänomene, die vordergründig stets als wünschenswert und als moralisch gut wahr-genommen werden. Das Beispiel der Korruptionsprävention in Unternehmen zeigt jedoch,dass im Fall eines unternehmensinternen Schweigekartells der an Korruption Beteiligtendas Vertrauen, die Kooperation und Loyalität der korrupten Mitarbeiter untereinander allesandere als erwünscht ist. Vertrauen ist also nicht immer gut. Aber auch umgekehrt könnenalltagsweltlich zuweilen negativ besetzte Phänomene je nach Kontext eine ausgesprochenwünschenswerte Funktionalität aufweisen. So kann unter geeigneten Bedingungen wirt-schaftliche Konkurrenz ein Instrument gesellschaftlicher Kooperation sein, und analoggilt: Kritik kann ein Ausdruck von Loyalität sein und Kontrolle ein Mittel zur Steigerungvon Vertrauen. Um solche Ambivalenzen zu verstehen, benötigen Führungskräfte ein so-zialstrukturelles Verständnis situativer Anreizwirkungen. Und sie benötigen semantischeSensibilität, um vorfestgelegte Wahrnehmungen zu hinterfragen und gegebenenfalls situa-tionsabhängig zu differenzieren. Sonst scheitert z. B. eine wirksame Korruptionspräventionunter Umständen schon daran, dass Whistle-Blowing fälschlicherweise mit „Verpfeifen“übersetzt – und normativ gleichgesetzt – wird.

4) Die vierte semantische Kompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit, die gesamteUnternehmensführung und Unternehmenskommunikation gleichermaßen vom Gedankender Wertschöpfung her denken zu können. Ein interessantes Beispiel hierfür ist erneutder Schweizer Lebensmittelhersteller Nestlé. Unter dem Stichwort „Creating Shared Va-lue“ macht dieses Unternehmen es sich jüngst zur Aufgabe, seinen eigenen Wertschöp-fungsbeitrag – für die Anteilseigner und für die Gesellschaft – explizit auszuweisen (vgl.Nestlé 2008). In einem jährlichen Bericht gibt Nestlé detailliert darüber Auskunft, wiedurch die eigene Unternehmenstätigkeit in den einzelnen Stufen der unternehmerischenWertschöpfung Vorteile für Shareholder und für Stakeholder geschaffen werden. Einesolche semantische Grundorientierung fördert die Qualität der unternehmerischen Stake-holderbeziehungen. Zudem kann das Nachdenken über die Interessen der (potentiellen)Interaktionspartner nicht nur helfen, ungewollte Konflikte zu identifizieren und damit dasManagement für unternehmerische Risiken zu sensibilisieren. Es vermag auch Innovatio-nen anzustoßen, indem es die Unternehmensorganisation konsequent auf Wertschöpfungfokussiert.

Zusammengefasst wird deutlich, dass sozialstrukturelle und semantische Kompeten-zen systematisch zusammengehören und wechselseitig aufeinander aufbauen: Ohne so-zialstrukturelle Kompetenz fehlt das Verständnis jener institutioneller Anreizwirkungen,dessen es bedarf, um Semantiken souverän reflektieren und gegebenenfalls differenzierenzu können. Und umgekehrt gilt: Ohne semantische Kompetenz sind Manager nicht in derLage, funktionale Problemlösungsbeiträge mit ihren Stakeholdern zu erarbeiten, diese sichselbst und anderen verständlich zu machen und dann auch wirksam zu implementieren.Neben sozialstrukturellen Kompetenzen avancieren folglich auch semantische Kompe-tenzen zu einer wichtigen Fähigkeit im Rahmen des strategischen Managements. BeideKompetenzen sind wichtig, wenn es darum geht, zusammen mit den Stakeholdern des Un-ternehmens einen gemeinsamen (Wahrnehmungs-)Rahmen für gelingende Wertschöpfungzu erarbeiten und produktiv weiterzuentwickeln.

32 I. Pies et al.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Der vorliegende Aufsatz erläutert das ordonomische Theorie-Angebot und zeigt, wie aufdieser analytischen Basis Betriebswirtschaftslehre und Ethik konstruktiv zusammenarbei-ten können.

1) In der Auseinandersetzung mit der Position von Milton Friedman skizziert der ersteAbschnitt, wie sich eine ordonomische Wirtschafts-, Unternehmens- und Prozessethik ent-wickeln lässt, die mit der Funktionslogik der Marktwirtschaft, der Fragestellung der BWLsowie mit den gesellschaftspolitischen Herausforderungen für die Unternehmenspraxiskompatibel ist. Das Ergebnis dieser Diskussion ist, dass man aus einer ordonomischenPerspektive Friedman in folgenden drei Punkten konstruktiv kritisieren kann. a) Die The-se der ordonomischen Wirtschaftsethik lautet: Die gesellschaftliche Verantwortung vonUnternehmen besteht nicht darin, ihren Gewinn zu maximieren, sondern darin, gesell-schaftliche Anliegen durch Wertschöpfung zu bedienen. b) Die These der ordonomischenUnternehmensethik lautet: Unternehmen können Moral als Produktionsfaktor einsetzen.c) Und die These der ordonomischen Prozessethik lautet: Unternehmen können nicht nurals wirtschaftliche Akteure agieren, sondern auch als Corporate Citizens, als politischeund moralische Akteure, indem sie im Rahmen von „New Governance“-Prozessen Ord-nungsverantwortung übernehmen.

In diesen drei Punkten lässt sich die Position Milton Friedmans aus ordonomischerSicht konstruktiv überbieten. Doch trotz dieser Kritik kann der Beitrag Friedmans zur Dis-kussion über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen kaum überbetont wer-den. Sein Verdienst besteht darin, den Anstoß dafür zu geben, das unternehmensethischeTheoriedesign zur Bestimmung der gesellschaftlichen Funktion von Unternehmen nichtvom Ausnahmefall des Skandals oder der Krise, sondern vom systematischen Normalfallgelingender Wertschöpfung her zu entwickeln. Auf diese Weise lässt sich die gesellschaft-liche Funktionalität des Gewinnprinzips systematisch begründen. Die Vorteilhaftigkeitdieser Vorgehensweise zeigt sich im Vergleich zu alternativen Theorieangeboten, die ihrTheoriedesign mit der Feststellung situativer Konflikte zwischen Gewinn und Moral begin-nen und in der Folge den Normalfall wechselseitig vorteilhafter Wertschöpfung tendenziellaus dem Blick zu verlieren drohen. Solche Unternehmensethiken, die die gesellschaftlicheFunktion der Unternehmen als Wertschöpfungsagenten nicht mitdenken können, laufendann zwangsläufig Gefahr, den Eindruck zu erwecken, die marktwirtschaftliche Logik unddamit auch die gesellschaftliche Funktion der Unternehmen außer Kraft setzen zu wollen.

2) Friedmans Plädoyer für die Gewinnmaximierung von Unternehmen fokussiert dar-auf, wie Unternehmen innerhalb eines gegebenen Spieles ihre individuellen Spielzüge op-timieren. Diese Optimierung von Spielzügen ist wichtig. Sie ist ein entscheidender Treiberfür die Effizienz und Innovationskraft der Marktwirtschaft. Aus diesem Grund brauchenangehende Führungskräfte ein breites Spektrum an Optimierungskompetenzen. Für diesenKompetenzaufbau bietet die betriebswirtschaftliche Ausbildung von Führungskräften eindifferenziertes und elaboriertes Angebot.

Angesichts defizitärer Rahmenbedingungen benötigen Führungskräfte jedoch auchKompetenzen, um in sozialstrukturellen Meta-Spielen und semantischen Meta-Meta-Spielen an den institutionellen und ideellen Voraussetzungen für gelingende Wert-schöpfung mitzuwirken. Der zweite Abschnitt hat diskutiert, dass eine ordonomische

Was müssen Führungskräfte können? 33

Wirtschafts-, Unternehmens- und Prozessethik in dieser Hinsicht einen konstruktiven Bei-trag zur betriebswirtschaftlichen Ausbildung von Führungskräften zu leisten vermag. DieOrdonomik kann angehende Manager dabei unterstützen, komplementär zu den wichtigenOptimierungskompetenzen auch wesentliche sozialstrukturelle und semantische Kompe-tenzen zu erwerben.

Sozialstrukturelle Kompetenzen versetzen das strategische Management in die Lage,in Regelsetzungsprozessen Steuerungsverantwortung übernehmen zu können. Hier gehtes um die Fähigkeit, durch ein differenziertes Bindungsmanagement sozialer Dilemmatadie Weichen für gelingende Wertschöpfung zu stellen. Analog benötigen Führungskräf-te semantische Kompetenzen, um Aufklärungsverantwortung in Regelfindungsdiskursenübernehmen zu können. Hier geht es darum, zusammen mit anderen eine konstruktive Pro-blemwahrnehmung auftretender Konflikte zu entwickeln, so dass neben konfligierendenInteressen auch die gemeinsamen Interessen ins Blickfeld rücken und damit Ansatzpunktefür eine wechselseitig vorteilhafte Problemlösung sichtbar werden.

Beide Kompetenzen zusammen genommen avancieren – zumal in New-Governance-Prozessen – zu wichtigen Fähigkeiten im strategischen Management. Sie erlauben es,situativ auftretende Konflikte zwischen Gewinn und Moral nicht als eine Bedrohung, son-dern sogar als Chance zu begreifen, indem man solche Konflikte als ein unerwünschtessoziales Dilemma rekonstruiert, dessen Überwindung ein Wertschöpfungspotential frei-setzen kann.

Denkt man – ordonomisch – konsequent vom Gedanken der Wertschöpfung her, solässt sich Ethics Education somit als echte Bereicherung in die betriebswirtschaftlicheAusbildung von Führungskräften integrieren. Die Stoßrichtung ordonomischer Lehr- bzw.Lernangebote besteht nicht darin, die Studierenden – wie von Seiten der BWL offenbarmanchmal befürchtet wird: mit erhobenem Zeigefinger – zu besseren Menschen zu er-ziehen. Vielmehr geht es darum, sie zu besseren Managern auszubilden (vgl. Boatright1999). Dies ist ein Anliegen, das die Ordonomik mit der Betriebswirtschaftslehre aus-drücklich teilt. Die Ordonomik will Führungskräfte befähigen, in und durch Unternehmengesellschaftliche Wertschöpfung zu organisieren – und sie will dies als Ethik, d. h. als eineTheorie der Moral, mit folgender Begründung: Das Unternehmen als Organisation ist –neben dem Staat – das zivilisatorisch wohl erfolgreichste Instrument, um gesellschaftlicheProbleme produktiv und innovativ zu adressieren, so dass ihre Lösung breiten Bevöl-kerungsschichten zugute kommt. Insofern ist es ein dringendes moralisches Anliegen,Manager so auszubilden, dass sie als Führungskräfte kompetent dazu beitragen können,auch angesichts immer neuer Herausforderungen – gerade im weltweiten Maßstab – dieUnternehmen auf Kurs zu bringen und auf Kurs zu halten, damit sie ihren Auftrag gesell-schaftlicher Wertschöpfung erfüllen können.

Dass eine ordonomische Ethik, gerade weil sie als Theorie für die Praxis den Gedankender Wertschöpfung ins Zentrum von Forschung und Lehre rückt, der raison d’etre der BWLnicht zuwiderlaufen muss, sondern sie sogar zu befördern vermag, ist ein Gedanke, demletztlich vielleicht auch Albach (2005, S. 811) zustimmen könnte. Schließlich liest manbei ihm: „Gute Betriebswirtschaftslehre heißt: Sicherung der Funktion von Unternehmen,die gesellschaftliche Wohlfahrt zu mehren.“

34 I. Pies et al.

Anmerkungen

1 Man denke nur an jene Initiativen seitens der Politik, die auf globaler, europäischer oder nationalerEbene eine verstärkte Integration der Unternehmensethik in die akademische Ausbildung fordern.Zu nennen sind hier etwa der Aufruf des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon an die BusinessSchools dieser Welt, sich zu den „Principles for Responsible Management Education“ des GlobalCompacts der Vereinten Nationen zu bekennen (vgl. UN Global Compact 2007). Ähnlich forderteim Jahr 2001 und erneut im Jahr 2006 die Europäische Kommission, „CSR“ – also das Konzeptder gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen – in die Führungskräfteausbildung zuintegrieren (vgl. Europäische Kommission 2001; European Commission 2006). Auf nationalerEbene in Deutschland ist auf die nationale CSR-Strategie der Bundesregierung unter Federführungdes Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu verweisen (vgl. die Internetpräsenz unterhttp://www.csr-in-deutschland.de/).

2 Der ordnungsethische Ansatz geht ursprünglich auf Karl Homann zurück. Vgl. Homann (1990,2002, 2003) sowie als Überblick Pies et al. (2008). Mittlerweile gibt es eine beträchtliche An-zahl von Publikationen, die ordnungsethisch ausgerichtet sind. Vgl. z. B. Habisch (2008), Hirschund Meyer (2009), Lin-Hi (2009), Lütge (2005–2007), Schönwälder-Kuntze (2008), Suchanek(2007), Suchanek und Lin-Hi (2007), Waldkirch (2001) sowie Waldkirch et al. (2010). – Aus die-ser Denkschule heraus hat sich ein spezifisch „ordonomisches“ Forschungsprogramm entwickelt:Unter der Bezeichnung „Ordonomik“ wird der ursprünglich auf die Bearbeitung im engeren Sin-ne wirtschafts- und unternehmensethischer Themen ausgerichtete ordnungsethische Ansatz einer„Ökonomischen Theorie der Moral“ (vgl. Homann und Pies 1994) prononciert gesellschaftstheo-retisch fundiert und allgemein als Rational-Choice-Analyse von (Interdependenzen zwischen) So-zialstruktur und Semantik ausgearbeitet. Hierbei steht „Sozialstruktur“ für die Anreizwirkungenformaler und informaler Institutionen, während „Semantik“ als Sammelbezeichnung verwendetwird für Begriffe und die ihnen zugrunde liegenden Denkkategorien. Die Ordonomik interessiertsich für die Wechselbeziehungen zwischen Sozialstruktur und Semantik, also für die Frage, wel-che Interpretationsmuster sozialer Realität unser Denken und Kommunizieren bestimmen und wieumgekehrt unser Denken und Kommunizieren die Regeln unseres Zusammenlebens und damitletztlich unser Handeln bestimmt. Vgl. Pies (2009a, b) sowie Beckmann (2010).

3 Vgl. statt vieler z. B. die prononciert kritische Einstellung zur Unternehmensethik bei Henderson(2001, 2004), der sich maßgeblich auf Friedman 1970 beruft. Insofern ist es nicht überraschend,dass viele Ansätze zur Unternehmensethik ihrerseits Friedman 1970 als Ausgangspunkt nehmen,um sich von ihm abzuheben. Auf diese Weise ist Milton Friedman geradewegs zu einem Klas-siker der Unternehmensethik avanciert. Für diese Einschätzung spricht beispielsweise, dass seinAufsatz in den wichtigen Sammelband von Crane und Matten (1970, S. 69–74) aufgenommenund dort wieder abgedruckt wurde. Aber auch in der internationalen Journal-Literatur nimmt dieAuseinandersetzung mit Friedman einen unverändert hohen Stellenwert ein. Neben den frühenBeiträgen von Mulligan (1986) und Grant (1991) ist aktuell vor allem zu verweisen auf Hustedund Salazar (2006), Wagner-Tsukamoto (2007) sowie auf Cosans (2009).

4 Dieser Gedanke eines sozialen Auftrags oder gesellschaftlichen Mandats findet sich bereits beiFranz Böhm, einem der Klassiker des ordnungspolitischen Denkens in Deutschland. Wörtlichliest man bei Böhm (1980, S. 203), H. i. O.: „Die Gewerbefreiheit hat …den Charakter einersozialen Auftragszuständigkeit, die der Rechtfertigung durch den sozialen Nutzen bedarf.“ Inähnlicher Weise heißt es bei von Mises (1959, S. 131): „Gewinn und Verlust leiten die Verfügungüber die Produktionsmittel in die Hände derjenigen, die sie am zweckmäßigsten im Diensteder Verbraucher zu nützen wissen. Eigentum an Produktionsmitteln ist in der Marktwirtschaftgewissermaßen ein gesellschaftliches Mandat, das dem Mandatar entzogen wird, wenn er den

Was müssen Führungskräfte können? 35

jeweiligen Weisungen seiner Auftraggeber, der Verbraucher, nicht nachkommt.“ In der neuerenangelsächsischen Literatur wird dieser Gedanke z. B. prominent vertreten von Porter und Kramer(2006, S. 91 f.).

5 Friedman (1962, S. 15) fokussiert immer wieder auf die exklusive Rolle von „government[as]essential both as a forum for determining the ,rules of the game‘ and as an umpire to inter-pret and to enforce the rules decided on“. Autoren, die dieser Denktradition verhaftet sind, fälltes offenkundig schwer, sich vorstellen zu können, dass Unternehmen im Rahmen von New-Governance-Prozessen eine konstruktive Rolle zu spielen vermögen. So liest man z. B. bei Jensen(2002, S. 246): „Resolving externality and monopoly problems is the legitimate domain of thegovernment in its rule-setting function. Those who care about resolving monopoly and externalityissues will not succeed if they look to firms to resolve these issues voluntarily.“ Dennoch ist diesmöglich, und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Vgl. hierzu Pies et al.(2010) sowie Pies et al. (2009b, 2009c).

6 Hierzu gibt es mittlerweile eine umfangreiche internationale Literatur mit z. T. sehr unterschied-lichen Ansätzen. Vgl. z. B. Matten und Crane (2005) sowie Moon et al. (2005) oder Scherer et al.(2006). Für spezifisch ordonomische Beiträge zu dieser Theoriedebatte vgl. Braun (2009) sowieSardison (2009) und von Winning (2009). Vgl. ferner Pies et al. (2009b).

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What do managers need to know?—Ordonomic competenciesfor entrepreneurial leadership

Abstract: Ethics Education complements business administration only if it teaches strategic com-petencies that help managers to become better leaders. To this end, this article sketches an ordonomicapproach to an economic ethics for competitive markets, to a business ethics for firms (corporatecitizens), and to a process ethics for new governance. The core idea of this ordonomic approach isthe win-win concept of mutually beneficial value creation. Thus, ordonomics is compatible with themarket economy and at the same time supplements the management education in business schools:This approach systematically identifies strategic competencies that enable managers to display thekind of entrepreneurial leadership that is necessary for firms to fulfill their social function of valuecreation—by making use of moral commitments as a factor of production.

Keywords: Management education · Strategic management · Business ethics ·Corporate citizenship · New governance


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