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„Was ist wenn - kmba.militaerseelsorge.bundeswehr.de · ethik nicht einfach den Instrumenten und...

Date post: 16-Aug-2019
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ISSN 1865-5149 60. Gesamtkonferenz: Gewalt in den Religionen Wallfahrten: Das reine Herz „auf den Weg schicken“ Soldat in Welt und Kirche „Was ist wenn ...?“ Der Weißbuchprozess 11I15 Dragan TATIC
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60. Gesamtkonferenz:Gewalt in den Religionen

Wallfahrten:Das reine Herz „auf den Weg schicken“

Soldat in Welt und Kirche

„Was ist wenn ...?“Der Weißbuchprozess

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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser!

Impressum

KOMPASS Soldat in Welt und Kirche

ISSN 1865-5149

Redaktionsanschrift

KOMPASS Soldat in Welt und Kirche

Am Weidendamm 2

10117 Berlin

Telefon: +49 (0)30 20617-421/-420

Telefax: +49 (0)30 20617-499

E-Mail: kompass@katholische-

soldatenseelsorge.de

Chefredakteur Josef König (JK)

Redakteur Jörg Volpers (JV)

Bild, Layout und Satz Doreen Bierdel

Lektorat Schwester Irenäa Bauer OSF

Herausgeber

Der Katholische Militärbischof für die

Deutsche Bundeswehr

Verlag, Druck und Vertrieb

Verlag Haus Altenberg

Carl-Mosterts-Platz 1

40477 Düsseldorf

Leserbriefe

Bei Veröffentlichung von Leserbriefen

behält sich die Redaktion das Recht auf

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Die mit Namen oder Initialen gekenn-

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in Welt und Kirche ist der Rechtsweg

ausgeschlossen.

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Der Katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr und Herausgeber dieser Zeitschrift hat seine Erwartungen an das Weißbuch der Bundesregierung formuliert. Das Weißbuch 2016 selbst ist noch nicht geschrieben, sondern befi ndet sich jetzt in einer Phase, in der es gilt, den zurückliegenden Be-teiligungsprozess auszuwerten, zu bündeln und einer weite-ren Bearbeitung zugänglich zu machen. Die Einlassungen des Katholischen Militärbischofs Dr. Franz-Josef Overbeck wurden vom Leitenden Direktor des Instituts für Theologie und Frieden (IThF), Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, ergänzt und fort-geführt, so dass zwischenzeitlich zwei Erwartungen aus dem Raum der katholischen Kirche in Deutschland vorliegen.

Diese und weitere wollen wir in dieser Ausgabe nicht nur dokumentieren, sondern durch eine eigene Kommentierung insgesamt erweitern. Die ungeschminkte Meinung zum Weiß-buch 2016 fi ndet sich in dieser Ausgabe im Kommentar, den Prof. Dr. Carlo Masala, Lehrstuhlinhaber an der Universität der Bundeswehr München verantwortet. Abgerundet wird das Schwerpunktthema dieser Ausgabe mit der Dokumentation der Sichtweisen, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) jetzt durch den Friedensbeauftragten des Rates der EKD Renke Brahms und den Evangelischen Militärbischof Sigurd Rink vorgelegt haben. Und es sind in dieser Ausgabe auch die Erwartungen der im Jurisdiktionsbezirk des Katholischen Mili-tärbischofs zusammengeschlossenen Soldatinnen und Solda-ten (GKS) dokumentiert, die anlässlich ihrer Bundeskonferenz im September in Vierzehnheiligen verabschiedet worden sind.Insgesamt also, im Vorfeld der Veröffentlichung des Weiß-buchs in der Mitte des nächsten Jahres, eine Schwerpunkt-ausgabe Kompass. Soldat in Welt und Kirche, die Gelegenheit bietet, im nächsten Jahr noch einmal nachlesen zu können, ob die Erwartungen der beiden großen Kirchen in Deutschland im Weißbuch 2016 tatsächlich aufgegriffen, oder ob sie gleich-

sam hier nur dokumentiert wurden. Die Zeit bis zur endgültigen Verabschiedung des Weißbuchs in einer Kabinettssitzung der Bundesregierung bleibt also spannend und es gilt abzuwarten, ob und wann die ersten Entwürfe zum Weißbuch aus irgend-welchen Gründen noch vor der endgültigen Befassung durch die Bundesregierung an die Öffentlichkeit dringen. Hier gilt der Hinweis, wie auch für die zurückliegenden Weißbücher, dass die Entwürfe dazu das öffentliche Interesse mehr wecken als das, was dann von der Bundesregierung verabschiedet wird. Entwürfe, so der Eindruck, sind oftmals spannender zu lesen als das, was am Ende tatsächlich herauskommt. Dies wird, so darf angenommen werden, auch dem Weißbuch 2016 wider-fahren. Bislang ist es noch nie gelungen, die jeweiligen Entwür-fe unter Verschluss zu halten.

Zu wünschen bleibt, dass es nach der Verabschiedung durch die Bundesregierung trotzdem gelingen wird, eine sich daran anschließende öffentliche Diskussion zu organisieren. Weil es sich dann um ein regierungsamtliches Dokument handeln wird, welches die weitere Ausrichtung der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik fundiert, sind gesell-schaftliche relevante Gruppen (oder ist, wie es neuerdings auch lautet, die Zivilgesellschaft, was immer auch man da-runter verstehen mag) gefordert, diese Ausrichtung auf den Prüfstand zu stellen.

Bis dahin ist natürlich noch etwas Zeit, die genutzt werden kann, um den weiteren Weißbuch-Prozess, so wie er jetzt aus dem Bundesministerium der Verteidigung federführend vor-angetrieben wird, im Auge zu behalten. Womöglich bedarf es doch noch einer weiteren, nach März 2015 dann dritten Aus-gabe Kompass. Soldat in Welt und Kirche, die sich mit dem Weißbuch 2016 befassen muss.

Josef König, Chefredakteur

3Kompass 11I15

Inhalt

Titelthema„Was ist wenn ...?“Der Weißbuchprozess

4 „Staatliche Interessenpolitik ist dann – und nur dann – ethisch legitim, wenn sie die grundlegen- den Güter, an denen alle Menschen interessiert sind …“ von Bischof Dr. Overbeck

7 Beitrag zum „Weißbuch 2016“

7 ??? – Weißbuch

8 Gewaltpräventive Politik – wo immer möglich von Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven

10 Evangelische Kirche benennt Eckpunkte zur deutschen Sicherheitspolitik

11 Kommentar zur Sache von Prof. Dr. Carlo Masala

12 Gut geführt – die Ethik Innerer Führung und die Wünsche für ein neues Weißbuch

Aus der Militärseelsorge

13 „Gesellschaft und Bundeswehr – zwei Parallelwelten“? Bischof Dr. Ackermann am Zentrum Innere Führung

14 60. Gesamtkonferenz „Gewalt in den Religionen“

• Podiumsdiskussion und Vorträge zu einer herausfordernden Themenstellung

• Bericht von Militärgeneralvikar Msgr. Reinhold Bartmann

• Militärbischof: „Verzweckung von Religion für Gewalt überwinden“

• Gästeabend

• Begegnung mit deutschen Muslimen

20 Wallfahrten der Katholischen Militärseelsorge im Herbst

Rubriken

18 Kompass Glauben: Ein Gott – viele Religionen

19 Kolumne des Wehrbeauftragten

22 Glaube, Kirche, Leben • Hallo, hier ist Nils! • NEU! – Taschenkarte • Trauer braucht einen Ort • Impulse zur Advents- und Weihnachtszeit

24 Medien Filmtipp: „Im Sommer wohnt er unten“

25 Auf ein Wort November – im Grund der Erde

26 Personalia

26 VORSCHAU: Unser Titelthema im Dezember

27 Rätsel

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Titel: © KS / Doreen Bierdel

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Weißbücher dienen der Orientierung und Selbstverortung staatlicher Sicher-heits- und Außenpolitik und bedürfen einer regelmäßigen Fortschreibung und Neuausrichtung angesichts sich stän-dig wandelnder Risiken und Bedrohun-gen, die zuverlässige und langfristige sicherheitspolitische Prognosen kaum zulassen. Herausforderungen und Be-drohungen – dies gehört zur politischen Alltagserfahrung – können sich von heute auf morgen ändern.

Wichtig ist auch, dass dieser Entste-hungs- und Refl exionsprozess in eine breite öffentliche Diskussion integriert wird und die Partizipation der Kirchen in dieser Konsultationsphase vorgesehen ist.

Als Dialogpartner bringen die Kirchen ihre friedensethischen Grundpositio-nen als eine Perspektive ins Gespräch, die in erster Linie Fragen formuliert, deren Beantwortung über die ethische Qualität der jeweiligen sicherheitspoliti-schen Konzeption mitentscheidet.

1. Friedensethik und SicherheitspolitikIn den vergangenen Jahren haben wir deutschen Bischöfe wiederholt zu frie-densethischen Fragen Stellung genom-men und den staatlichen Sicherheits-auftrag, der in der Verantwortung für die Sicherung aller Menschenrechte gründet, ausdrücklich gewürdigt. Diese staatliche Sicherheitsaufgabe ist des-halb kein Selbstzweck, sondern funkti-onal den Freiheitsrechten zugeordnet. Sicherheitspolitik und Sicherheitsbe-griff haben in der Perspektive der neu-eren kirchlichen Friedensethik eine umfassende Veränderung und Erweite-

rung erfahren. Die Erhaltung der nati-onalstaatlichen territorialen Unabhän-gigkeit, der Schutz vor militärischer Ge-walt und damit Kriegsverhütung reichen als Ziele staatlicher Sicherheitspolitik nicht aus, wenn die Konfl iktursachen in Problemlagen wie der ungleichen Verteilung von Gütern und Lebenschan-cen, in ökologischen Gefährdungen oder kulturell-ethnischen Disparitäten bestehen. Dieser umfassende Sicher-heitsbegriff ist zwischen kirchlicher Friedensethik, Politik und Friedensfor-schung nicht kontrovers und liegt auch dem Weißbuch von 2006 und den ver-teidigungspolitischen Richtlinien von 2011 zugrunde.

Friedensethik und Sicherheitspolitik ha-ben ein weitgehend gemeinsames Ma-terialobjekt, das in der Identifi zierung der vielfältigen Konfl iktursachen und der Analyse von Mittel der Ursachen-beseitigung besteht. Freilich gilt das Interesse einer kirchlichen Friedens-ethik nicht einfach den Instrumenten und Strategien zur Sicherung national-staatlicher Interessen gegen schwer kalkulierbare Risiken, sondern sie will friedensfördernde Zwecke und Ziele po-litischen Handelns formulieren.

Friedensethisch gefordert ist die Orien-tierung nationalstaatlicher, interessen-basierter Außen- und Sicherheitspolitik am Ziel eines Weltgemeinwohls, das auf gesellschaftliche Bedingungen zielt, die einer Person ein menschenwürdi-ges Leben ermöglichen.

Staatliche Interessenpolitik ist dann – und nur dann – ethisch legitim, wenn sie die grundlegenden Güter, an denen

alle Menschen interessiert sind, in der Verfolgung partikularer nationalstaat-licher Interessen nicht verletzt. Inte-ressenpolitik, auch Sicherheitspolitik, muss mithin die Fundamentalstan-dards der Menschenrechte respektie-ren.

2. Effektive Rechtsdurchsetzung im zwischenstaatlichen BereichWelche Rolle spielt das Völkerrecht, insbesondere die Frage nach der Op-timierung der Mittel einer effektiven Rechtsdurchsetzung im zwischenstaat-lichen Bereich in der sicherheits- und außenpolitischen Konzeption des Weiß-buchs?

In der friedensethischen Tradition der Kirche wird seit dem 19. Jahrhundert der Mangel an effi zienten Mitteln zur Durchsetzung des Völkerrechts be-klagt. Sicherlich sind mit der Etab-lierung der Vereinten Nationen, der Einrichtung eines ständigen internati-onalen Strafgerichtshofs, aber auch der zunehmenden europäischen Inte-gration substantielle Schritte auf dem Weg zur Rechtsdurchsetzung im zwi-schenstaatlichen Bereich gemacht wor-den, gleichwohl setzt eine wirksame Rechtsdurchsetzung einen Souveräni-tätsverzicht der Staaten, die in der Ver-folgung ihrer Interessen miteinander in Konfl ikt geraten können, voraus, den zu erwarten freilich illusorisch erscheint. Ohne einen im Konsens der Staaten beschlossenen Souveränitätsverzicht wird jedoch das Sicherheitsdilemma festgeschrieben.

Ein Staatensystem nämlich, das zwar völkerrechtliche Normen kennt, jedoch

Friedensethischer Rahmen und das Weißbuch 2016

„Staatliche Interessenpolitik ist dann – und nur

dann – ethisch legitim, wenn sie die grundlegenden

Güter, an denen alle Menschen interessiert sind …“

Ein Beitrag des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr Dr. Franz-Josef Overbeck

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keine formale Herrschaft mit dem Mo-nopol der Gewaltanwendung, verbleibt im Zustand der Anarchie, in dem das nationalstaatliche Sicherheitsstreben immer wieder zu einem Bedrohungs-empfi nden der jeweils anderen Staaten führt und damit letztlich politische In-stabilität bewirkt. Die Forderung nach wirksamer Rechts-durchsetzung hat ihr Rational im wohl-verstandenen Eigeninteresse der Staa-ten, weil alle Versuche, den eigenen Vorteil im Alleingang oder gar auf Kos-ten der Anderen zu suchen, in langfris-tiger Perspektive scheitern.

3. Staatliche Souveränität und ‚Responsibility to protect‘Das Konstruktionsprinzip christlicher Friedensethik ist der Friede, nicht die Gewalt.

Auch politisches Handeln muss sich am Primat der Gewaltfreiheit im Sinne der Gewaltvorbeugung und Gewaltmini-mierung ausrichten, muss jedoch auch für bestimmte Umstände die Legitimi-tät militärischer Gewaltanwendung an-erkennen. „Das Prinzip der Gewaltfrei-heit kann mit der Pfl icht konkurrieren, Menschen davor zu schützen, massi-vem Unrecht und brutaler Gewalt wehr-los ausgeliefert zu sein.“ (Gerechter Friede 67) Die Anwendung militärischer

Gewalt kann eine Solidaritätspfl icht gegenüber von Gewalt bedrohten Men-schen und Angegriffenen sein. (Gerech-ter Friede 155)

Seit dem Jahr 2001 hat das Konzept einer internationalen Schutzverantwor-tung zur Verhinderung schwerster Men-schenrechtsverletzungen eine breite Diskussion hervorgerufen.

Die Diskussion der Kriterien für Maß-nahmen einer Schutzverantwortung zeigt den normbildenden Einfl uss der Tradition vom gerechten Krieg gerade in ihrer zentralen Intention der Limitie-rung militärischer Gewalt. Ebenso liegt das Konzept auf der Linie friedensethi-scher Grundüberzeugungen des Prima-tes der Gewaltlosigkeit in der Politik, wenn die ‚Responsibility to prevent‘ als erste Säule der Schutzverantwortung akzentuiert wird, die in der Verantwor-tung besteht, der Eskalation von Kon-fl ikten zuvorzukommen.

Die zweite Säule bildet die ‚Responsi-bility to react‘, die dann greift, wenn die Prävention versagt. Hier geht es darum, in Situationen von überwälti-gender menschlicher Bedrängnis mit angemessenen Mitteln wie z. B. Erzwin-gungsmaßnahmen oder Sanktionen einzugreifen.

Im Falle einer Intervention verlangt die Schutzverantwortung, die Verantwor-tung für den Wiederaufbau zu über-nehmen. Das ist die dritte Säule, die ‚Responsibility to rebuild‘. Den betrof-fenen Staaten soll volle Unterstützung bei dem Wiederaufbau und der inner-gesellschaftlichen Versöhnung gewährt werden.

Ein weiterer Punkt ist hier wichtig. Das Dreiecksverhältnis von Staatsmacht, Staatsvolk und Staatsterritorium kons-tituiert Souveränität nicht länger zurei-chend. Das Konzept der Schutzverant-wortung defi niert das Verständnis von staatlicher Souveränität neu. In Zukunft soll ein Staat nur dann als souverän gelten, wenn er seine Bevölkerung wirk-sam schützt und die grundlegenden menschlichen Güter seiner Bewohner (auch der Nichtstaatsbürger) gewähr-leistet. Versagt er hierin, geht diese Aufgabe auf die Staatengemeinschaft über, die daher in diesen Staat notfalls auch militärisch intervenieren darf. Eine öffentliche Diskussion dieser Ver-änderungen im Souveränitätskonzept und dessen Implikationen ist ebenso notwendig wie ein Diskurs über die Wei-terentwicklung und Qualifi zierung einer Interventions-Kriteriologie.

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>>4. Ethische Bildung in den StreitkräftenDie Übel militärischer Gewaltanwen-dung, die den Primat gewaltfreier Po-litik notwendig macht, verlangen nach hohen legitimatorischen Hürden für den als ultima ratio erlaubten Einsatz militärischer Mittel. Zu diesen gehört auch, die Soldaten für ihre Einsätze so auszustatten, dass sie nicht unnötigen Risiken und Gefährdungen ausgesetzt werden.

Gemeint sind in unserem ethischen Kontext die Gefährdungen der morali-schen Identität der Soldaten und Sol-datinnen im Einsatz.

Die Auswirkungen von Kampferfahrun-gen auf moralische Überzeugungen und die Identität einer moralischen Grundhaltung wurden in den vergange-nen Jahren hinreichend dokumentiert.

Geradezu erschreckend sind die Er-gebnisse einer Feldstudie des „mental health advisory team survey“ der ame-rikanischen Streitkräfte, die während des Irak-Kriegs durchgeführt wurde.

Ohne Beschönigung wird hier eine Ver-rohung bei der Beachtung ethischer Grundsätze im Einsatz beschrieben: Weniger als die Hälfte der Soldaten sind z. B. der Meinung, dass Nichtkom-battanten mit Würde und Respekt be-handelt werden müssen. Dies verweist auf die Unverzichtbarkeit der Ausbil-dung eines hohen Maßes moralischer Urteilskraft, die auch Extremsituatio-nen und Stressbedingungen gewach-sen sein muss.Die deutschen Bischöfe haben schon im Jahre 2005 diese Problematik ange-

schnitten. „Denn die Anwendung von Gewalt bringt grundsätzlich die Gefahr mit sich, dass sich die Gewaltausüben-den in die Gewalt verstricken, somit selbst zu einem Teil der Gewalt werden und damit auch ihre Persönlichkeiten. Ein kritisches Verhältnis zur Gewalt sowie zu ihren Dynamiken ist eine not-wendige Voraussetzung, um den in der Gewaltausübung unausweichlich be-gründeten Übeln zu wehren.“ (Soldaten als Diener des Friedens, S. 6)

Die Formierung einer wertegebundenen moralischen Urteilsfähigkeit ist als Be-dingung eines ethisch verantwortlichen selbstbestimmten Entscheidungsver-haltens unverzichtbar.

„Ein kritisches Verhältnis zur Gewalt sowie zu ihren Dynamikenist eine notwendige Voraussetzung, um den in der Gewaltausübung

unausweichlich begründeten Übeln zu wehren.“

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aDie Gemeinschaft Katholischer Soldaten hat sich während ihrer Bundeskonferenz in Vierzehnheiligen vom 15. bis 18.9.2015 intensiv mit

verschiedenen Aspekten für das Weißbuch 2016 beschäftigt.Die Ergebnisse der Arbeit der fast 60 Delegierten aus dem gesamten

Bundesgebiet wurden in den folgenden Forderungen, die wir für ein Weißbuch 2016 für unverzichtbar halten, zusammengefasst und von der

Bundeskonferenz einstimmig beschlossen.

politische und ethische Bildung nötig. Themen wie der Umgang mit Verwun-dung, Tod und Schuld müssen stärker in den Focus gerückt werden.

Die Soldatinnen und Soldaten können ihren verantwortungsvollen Auftrag nur dann dauerhaft erfüllen, wenn sie in ein funktionierendes familiäres und so-ziales Umfeld eingebunden sind. Ihre Familien bedürfen der Verwurzelung im Wohnumfeld, insbesondere während des Einsatzes. Deshalb muss eine neue Personalentwicklungsstrategie einer Regionalisierung des Verwen-dungsaufbaus und einer mindestens mittelfristigen Verwendungsplanung Rechnung tragen.

Das Weißbuch 2016 ist eine Moment-aufnahme, die kontinuierlich und nach-haltig in den nächsten Jahren weiterbe-gleitet und als Grundlage des aktiven gesellschaftlichen Diskurses verwen-det werden muss. Wir werden als Ge-meinschaft Katholischer Soldaten hier-zu unseren Beitrag leisten.

Rüdiger Attermeyer,Oberst und Bundesvorsitzender

Seit der Aussetzung der Allgemeinen Wehrpfl icht erleben wir eine zuneh-mende Entfremdung der Bevölkerung von der Bundeswehr. Eine Bundeswehr ohne tiefe Verwurzelung in der Gesell-schaft darf es nicht geben!

Auch deshalb fordern wir den Ersatz der derzeit ausgesetzten Allgemeinen Wehrpfl icht durch eine Allgemeine Dienstpfl icht für Männer und Frauen im caritativen und sozialen Bereich, im Zivil- und Katastrophenschutz sowie in der Bundeswehr.Die Soldatinnen und Soldaten der Bun-deswehr sind sicherheitspolitische Fachleute und Ratgeber für die politi-schen Entscheidungsgremien.Sie bringen sich aktiv in die gesamtge-sellschaftliche Diskussion ein und be-teiligen sich streitbar bei der Findung der besten Lösung. Wir wenden uns gegen eine Reduzierung des Soldaten oder der Soldatin auf eine Rolle als Militärtechnokrat und fordern politisch und moralisch gebildetes militärisches Personal, das seine Verantwortung er-kennt und seinem Gewissen folgt. Dazu ist eine Intensivierung der Bemühun-gen um Lebenskundlichen Unterricht,

„Seit der Aussetzung der Allgemeinen Wehrpfl icht

erleben wir eine zunehmende Entfremdung der

Bevölkerung von der Bundeswehr.“

Beitrag zum „Weißbuch 2016“

??? – Weißbuch

Warum soll es gerade jetzt ein neues Weißbuch geben?

Das letzte Weißbuch wurde im Jahre 2006 veröffentlicht. Seither haben sich die nationalen und internationalen Rah-menbedingungen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik grundlegend ver-ändert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat bei ihrer Ankündi-gung des neuen Weißbuchs in diesem Zusammenhang konkrete Beispiele genannt: Sie spannte in diesem Zu-sammenhang den Bogen von der Aus-setzung der Wehrpfl icht bis zur Neu-ausrichtung der Bundeswehr, von den Bedrohungen aus dem Cyber-Raum bis zur hybriden Kriegsführung und vom Terror des IS bis zu Ebola. Sie erwähn-te den Arabischen Frühling und die re-visionistische Machtpolitik des Kremls; sie wies auf das strategische Konzept der NATO ebenso hin wie auf die Ambi-tionen der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Lassen sich bereits inhaltliche Schwerpunkte für das Weißbuch 2016

erkennen?

Generell gilt erst einmal: Das Weißbuch beschränkt sich keineswegs darauf, den Ist-Zustand zu erfassen und die relevanten Entwicklungslinien seit Ver-öffentlichung des letzten Weißbuchs im Jahr 2006 nachzuvollziehen. Der Blick richtet sich vor allem perspektivisch in die Zukunft. Wichtige Themenfelder sind die vertiefte internationale Zusam-menarbeit in Bündnissen und Partner-schaften und die Ausrichtung der Bun-deswehr als Instrument der deutschen Sicherheitspolitik insgesamt.

Quelle: bmvg.de / Heike Pauli

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In manchen Diskussionszusammen-hängen wird die implizite These ver-

treten, dass staatliche Interessen etwas Unmoralisches seien, dass es moralisch hochstehender wäre, wenn ein Staat keine Interessen hätte oder keine vertreten würde. Dem gegenüber vertrete ich die These, dass politische Gemeinschaften gar nicht anders kön-nen, als ihre Interessen zu vertreten: Interessen sind Ausdruck des ge-meinschaftlichen Wollens auf ein Ziel hin. Die Interessen einer politischen Gemeinschaft ergeben sich aus dem Zweck der politischen Gemeinschaft und müssen von daher begründet wer-den.

Im Weißbuch der Bundesregierung aus dem Jahre 2006 heißt es in einem ersten Schritt: „Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von den Werten des Grundgesetzes und dem Ziel ge-leitet, die Interessen unseres Landes zu bewahren, insbesondere: Recht und Freiheit, Demokratie, Sicherheit und Wohlfahrt für die Bürgerinnen und Bür-ger unseres Landes zu bewahren und sie vor Gefährdungen zu schützen.“ Die hier aufgeführten Kerninteressen sind zutreffend beschrieben, aber nun nicht spezifi sch deutsch, sondern treffen auf jeden demokratischen Rechtsstaat zu.

Spezifi sch deutsche Interessen

Die Defi nition der spezifi schen Inte-ressen Deutschlands hängt von einer Reihe weiterer Gegebenheiten und Umstände ab. Dies sind die geographi-sche Lage Deutschlands in der Mitte Europas; politische und sicherheits-

politische Herausforderungen, die als für unsere Sicherheit sehr relevant betrachtet werden (von Umweltzerstö-rung bis zum Krieg in Syrien); unser Le-bensstil und die Konfi guration unserer Wirtschaft als rohstoff- und exportab-hängig. Schon hier wird deutlich, dass Interessen nicht ohne Berücksichti-gung der Interessen anderer defi niert werden können. Zu den Gegebenhei-ten, die für die Defi nition unserer Inte-ressen relevant sind, zählen dann auch politische Grundentscheidungen, die sich teilweise historischen Erfahrungen verdanken (EU-Integration, Verhältnis zu Israel); die historische Erfahrung von Jahrhunderten kriegerischer Kon-fl ikte, schwerster Menschenrechtsver-brechen und Völkermord, die zu der Einsicht geführt hat, Menschenrechte, das internationale Recht als normati-ve Basis globalen Zusammenlebens zu verstehen und die Stärkung und Weiterentwicklung der internationalen Institutionen als deutsches Interesse zu defi nieren; deswegen spricht das Grundgesetz dem Ziel, dem „Frieden der Welt zu dienen“, Verfassungsrang zu. Schließlich begründen transnatio-nale Herausforderungen wie die Um-weltverschmutzung, Klimaerwärmung, Drogen- und Menschenhandel das In-teresse an vernetzten internationalen Regelungsmechanismen in einer multi-polaren Welt. Und dann ist die Nach-barschaft der EU zu Afrika als einem politisch und ökonomisch instabilen Kontinent zu berücksichtigen, die dazu führt, die Entwicklungszusammenarbeit als deutsches Interesse anzusehen. Eine solche Aufzählung ist natürlich nur sehr kursorisch und unvollständig,

sie unterliegt in Teilen Veränderungen, wenn sich die Gegebenheiten der inter-nationalen Politik verändern. Was folgt aus dem Gesagten?

Es ist erstens offenkundig, dass die Staaten in ihrer Interessenvertretung in Konfl ikt geraten. Die Mechanismen, mit denen solche zwischenstaatlichen Inte-ressenkonfl ikte friedlich ausgetragen werden könnten, sind unterentwickelt. Mit dem internationalen Recht und den Vereinten Nationen stehen zwar prinzipiell die richtigen Instrumente zur Verfügung, jedoch ist die Bereitschaft, diese Instrumente konsequent zum Interessenausgleich zu nutzen, noch sehr rudimentär. Schließlich ist es sowohl unmoralisch als auch im lang-fristigen Eigeninteresse unklug, wenn sich politisch und ökonomisch mächti-ge Staaten konsequent über die legi-timen Interessen von benachteiligten Völkern und Staaten hinwegsetzen und sie missachten. So ist es offenkundig, dass Flüchtlingswellen und die Radika-lisierung junger Menschen auch eine Ursache in der Asymmetrie der derzeiti-gen Weltordnung haben.

Konkurrierende Interessen

Eine weitere wichtige Frage ist, wie mit konkurrierenden Interessen um-gegangen werden muss: Wie wird po-litisch entschieden, wenn z. B. Fragen der Entwicklungszusammenarbeit auf gegenläufi ge Interessen der Landwirt-schaftsexportpolitik treffen? Wie ist zu entscheiden, wenn Bündnissolidarität in Konkurrenz zur Aufrechterhaltung des internationalen Rechts tritt; welche

Gewaltpräventive Politik – wo immer möglichProf. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, Leitender Direktor des Instituts für Theologie und Frieden (IThF)

und Vorstand der Katholischen Friedensstiftung in Hamburg

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Gründe sind ausschlaggebend für die Entscheidung? Welche Bedeutung hat die Rücksichtnahme auf europäische Partner und deren Interessen, wenn erkennbar wird, dass deren politisches Ziel den Eigeninteressen und dem Ge-meinwohl beispielsweise des interve-nierten Landes vorgezogen wird und damit nicht nachhaltig ist? Die Politik Frankreichs in Mali kann hier zur Illus-tration dienen.

Nicht nur ethische Überlegungen son-dern auch politische Klugheit verlan-gen, gewaltpräventive Politik wo immer möglich zu betreiben, um sicherheits-politische Gefährdungen weit im Vor-feld zu unterbinden. Dies gelingt am nachhaltigsten durch den politischen Einsatz für eine stabile internationale Ordnung – wann immer und wo immer möglich. Die Stärkung der Vereinten Nationen liegt also genauso im deut-schen Interesse wie ihre Reform zu mehr Effi zienz. Dass Deutschland als ein international einfl ussreiches Land solche Prozesse betreiben kann, hat es durch seine Rolle bei der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofes 1998 in Rom bewiesen.

Der Krieg in der Ostukraine hat den europäischen Staaten einmal mehr verdeutlicht, dass die einzelnen euro-päischen Staaten kein hinreichendes politisches Gewicht auf die Waage brin-gen, um die Entwicklung wirklich zu be-einfl ussen, sondern dass sie politische Gestaltungsmacht nur noch gemein-sam zurückgewinnen können. Weitere Schritte auf eine vergemeinschafte-te Außen- und Sicherheitspolitik der

EU sind nicht nur im Vertrag über die Europäische Union (EUV, Vertrag von Lissabon) vereinbart, sondern auch re-alpolitisch klug. Allerdings müssen die Schritte auf diesem Weg auch in der politischen Debatte kommuniziert und die Defi zite und Hindernisse klar be-nannt werden.

Durchsetzung der Interessen

In der deutschen sicherheitspolitischen Debatte der vergangenen Jahre ist ge-legentlich der Eindruck entstanden, dass Staaten natürlicherweise ihre In-teressen im äußersten Fall auch mit dem Einsatz militärischer Gewalt durch-setzen und dass Deutschland sich die-ser internationalen Realität nicht nur stellen, sondern Teil von ihr werden müsste. Sollen und müssen wir Teil einer solchen internationalen Realität werden? Nein, ethisch gefordert ist die Überwindung dieser Realität durch die Stärkung und Weiterentwicklung der Vereinten Nationen. Kluge, ethisch be-gründete Politik hält die Notwendigkeit realistischer Politik im Auge und sucht zugleich nach den ethisch gebotenen Möglichkeiten der Überwindung der la-tenten Anarchie zwischen den Völkern und Staaten durch die Weiterentwick-lung des internationalen Rechts. Die-ses Verhältnis beider Dimensionen kluger Politik muss dann auch entspre-chend kommuniziert werden, um öf-fentliche Akzeptanz zu erzielen.

Das Grundgesetz verpfl ichtet zu Me-chanismen und Institutionen friedlicher Konfl iktlösung, zu denen das interna-tionale Recht, die Vereinten Nationen

und weitere internationale Institutionen gehören. Nun leben wir nicht in einer idealen Welt: Nicht alle Konfl iktparteien sind zu friedlicher Konfl iktlösung be-reit, wie der Krieg in Syrien zeigt. Es ist aber offenkundig, dass nicht nur das Grundgesetz die Politik verpfl ichtet, die Möglichkeiten friedlicher Konfl iktlösung zu nutzen und nach Möglichkeit aus-zubauen, sondern dies auch der Wille des Souveräns ist: Die Bevölkerung erwartet, dass Deutschland nicht ein-fach eine realpolitische Sicherheitspo-litik klassischen Stils macht, sondern der Verpfl ichtung des Grundgesetzes nachkommt. Die entstehenden ethi-schen Dilemmata müssen dann offen benannt und die Handlungsalternativen diskutiert und begründet werden. Dies kann im äußersten Fall auch der Ein-satz militärischer Mittel sein.

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Der gerechte Frieden muss das Leitbild der künftigen deutschen Außen- und Si-cherheitspolitik sein. Das hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in einem heute in Berlin veröffentlichten friedenspolitischen Positionspapier zum Weißbuch-Verfahren bekräftigt.

Die im Rahmen eines Fachgesprächs vorgestellten Thesen sind der offi zielle EKD-Beitrag zum „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr 2016“. Das Weißbuch ist die Grundlage deutscher Sicherheitspolitik und entsteht in diesem Jahr erstmals in einem umfassenden gesellschaftlichen Beteiligungs-prozess.

Sowohl der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms, als auch der Evangelische Militärbischof Sigurd Rink begrüßten das Beteiligungsverfahren. „Die Frage nach der zukünftigen Rolle Deutschlands in der Welt muss vor allem mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes diskutiert werden“, heißt es in dem Positionspapier. „Wir wollen ausloten, welche Handlungsperspektiven und Spielräume uns das Leitbild des gerechten Friedens konkret eröffnet“, unterstrich Militärbischof Rink bei dem Fachgespräch. „Unser besonderes Interesse als Seel-sorge in der Bundeswehr ist es, Klarheit zu haben, mit welchem Auftrag und mit welchem gesellschaftlichen Rückhalt wir Menschen in – teilweise lebensgefährli-che – Auslandseinsätze schicken.“

Die Außen- und Sicherheitspolitik werde daran gemessen, inwieweit sie ressort-übergreifend und nachhaltig Prozesse befördere, die Menschen vor Gewalt schüt-zen, Gerechtigkeit fördern, Not abbauen und kulturelle Vielfalt gewährleisten, be-tonte auch der Friedensbeauftragte. „Es ist nicht sinnvoll, ein Weißbuch allein aus einer Sicherheitslogik heraus zu formulieren“, so Renke Brahms. Ausdrücklich verweist das Eckpunktepapier auf die sogenannten „Friedensziele“ der im September 2015 in New York verabschiedeten globalen Entwicklungsagen-da. Mit der Zustimmung zu dieser Agenda habe sich Deutschland dazu verpfl ich-tet, einen entscheidenden Beitrag zur Transformation in Richtung einer gerech-teren und nachhaltigen Entwicklung zu leisten „Ohne die Defi nition von klaren Kriterien für Rüstungsexporte und eine konsequente ressortübergreifende Frie-dens- und Entwicklungspolitik wird Deutschland der eingegangenen Verpfl ichtung nicht gerecht werden können“, heißt es in dem EKD-Papier.

„Es bleibt zu hoffen, dass Deutschland mehr und mehr in eine Rolle hineinwächst, die ihm zahlreiche internationale Beobachter zugedacht haben: eine Schlüssel-rolle nämlich in der Moderation der unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Konfl iktparteien. Dazu kann und muss das Weißbuch 2016 der Bundesregierung beitragen“, betonte der Friedensbeauftragte Renke Brahms.

Carsten Splitt, Pressestelle der EKDHannover, 14. Oktober 2015

Evangelische Kirche benennt Eckpunkte zur deutschen Sicherheitspolitik

Militärbischof und Friedensbeauftragter begrüßen Weißbuch-Verfahren

„Wir wollen

ausloten, welche

Handlungs-

perspektiven und

Spielräume uns

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gerechten

Friedens konkret

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Am gerechten Frieden orientierenEvangelische Perspektiven auf die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. Eckpunkte zum Weißbuch 2016Im Internet unter: http://www.ekd.de/EKD-Texte/eckpunkte_sicherheitspoli-tik.html

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In Großbritannien werden Weißbücher unter Zynikern als „motherhood and

apple pie“-Papiere bezeichnet. Dieses ins Deutsche nur schwer übersetzba-re Idiom bezeichnet Dokumente der Regierung, die bewusst schwammig gehalten sind und in denen es kaum spezifi sche und vor allem klare Aus-sagen gibt. Und in der Tat sind die meisten Weißbücher oder nationalen Sicherheitsstrategien solch schwammi-ge Papiere. Alles ist wichtig und man wird sich als Staat jeder Herausforde-rung stellen und sie meistern. Dies ist – übertrieben – die Essenz der meisten Weißbücher oder nationalen Sicher-heitsstrategien. Überraschungen sind eher nicht zu erwarten.

Dies ist bedauerlich, sollten Weißbü-cher doch dazu dienen, der Bevölke-rung sowie den Partnern die Prioritäten der Außen-, Sicherheits- und Verteidi-gungspolitik darzulegen. Und gerade in den heutigen Zeiten scheint dies mehr als je geboten.

Wo liegen die Prioritäten deutscher Sicherheitspolitik? In der Landes- und Bündnisverteidigung oder in Missionen in entlegenen Weltgegenden? Gibt es eine regionale Priorisierung, oder ist Sicherheit auf dem Balkan und in Nord-afrika für die Bundesrepublik genauso wichtig wie die Sicherheit in der südchi-nesischen See?

Wie ist überhaupt heutzutage an-gesichts immer knapper werdender Staatshaushalte Sicherheit national-staatlich noch zu organisieren, zu ga-rantieren und vor allem zu fi nanzieren? Müssen wir uns europäischen Lösun-gen zuwenden oder unsere Ambitionen herunterschrauben?Dies sind nur einige von vielen Fragen, denen sich das gerade in Arbeit be-fi ndliche Weißbuch zuwenden sollte.

Und die gute Nachricht ist zunächst, dass es dies auch macht. In unzähli-gen Workshops und Expertenrunden diskutieren offi zielle Vertreter des Bundesministeriums der Verteidigung mit Expertinnen und Experten all die-se Fragen. Und dennoch wage ich die Prognose, dass das 2016 veröffent-lichte Weißbuch ein „Friede, Freude, Eierkuchen“-Papier werden wird. War-um? Weil es ein Weißbuch der ganzen Bundesregierung ist und weil das Aus-wärtige Amt die Hauptverantwortung für Sicherheitspolitik trägt. Und es gehört zu den Usancen deutscher Diplomatie, das klare Wort zu scheuen und der Ver-schleierung den Vorzug zu geben.

So werden wir am Ende des Weißbuch-Prozesses, der seitens des Verteidi-gungsministeriums mit ungeahnter Of-fenheit und auch der Bereitschaft zur Innovation betrieben wird, wohl wieder nur ein Papier bekommen, das durch eine Vielzahl von Allgemeinplätzen ge-kennzeichnet sein wird. Schade!

„… das 2016 veröffentlichte Weißbuch wird ein

‚Friede, Freude, Eierkuchen‘-Papier werden.“Ein Kommentar von Prof. Dr. Carlo Masala, Institut für Politikwissenschaft an der Staats-und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität der Bundeswehr München

Prof. Dr. Carlo Masalastudierte an den Universitäten Köln und Bonn Politikwissenschaften, Deutsche und Romanische Philolo-gie. 1996 promovierte er mit einer Arbeit über die deutsch-italienischen Beziehungen im Zeitraum 1963–1969. Zum Akademischen Rat auf Lebenszeit am Forschungsinstitut für Politische Wissenschaften und Eu-ropäische Fragen der Universität zu Köln wurde er 1998 ernannt.Im März 2007 erhielt er den Ruf auf die Professur für Internationale Poli-tik an der Universität der Bundeswehr München und hat diese zum 1. Juli 2007 angenommen.Prof. Masala ist seit 2009 Mitglied des wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft für den gesell-schaftswissenschaftlichen Anteil der Sicherheitsforschung.

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35 Führungskräfte aus der Bundeswehr, der freien Wirt-schaft sowie Militärseelsorger trafen sich zum zebis-Stu-dientag im Maternushaus in Köln. Im Plenum und in unter-schiedlichen Arbeitsgruppen diskutierten sie Grundlagen der Inneren Führung und aktuelle Anwendungsfelder sowie die weltweiten sicherheitspolitischen Herausforderungen in Krisengebieten, mit denen das Führungskonzept konfron-tiert wird.Generalmajor Jürgen Weigt, Kommandeur des Zentrums Innere Führung, wies darauf hin, dass jede militärische Führungspersönlichkeit das Konzept der Inneren Führung individuell verinnerlichen und umsetzen muss. In seinem Vortrag „Soldat sein denken – Innere Führung als Denk-Partner“ betonte er, dass jeder Soldat seine eigene Vorstel-lung von der Umsetzung Innerer Führung hat und versteht diese auch als Einladung zur Selbstrefl ektion, wie man als militärische Führungskraft sein will. Nur durch eigene Re-fl ektionsfähigkeit könne sich Innere Führung wirklich weiter-entwickeln und dennoch gäbe es durch das Recht, durch politische Vorgaben und den verpfl ichtenden Wertekanon der Inneren Führung Grenzen des eigenen Handelns.

Politik und Berlin – derzeit wird hier das neue Weißbuch für die Bundeswehr geschrieben. Es ist eine Veröffentli-chung des Bundesverteidigungsministeriums, welche für die kommenden Jahre die sicherheitspolitische Situation der Bundesrepublik Deutschland und der Verbündeten il-lustriert und daraus Schlussfolgerungen für die Aufgaben und Entwicklung der Bundeswehr und deren Personalstär-ke, Ausrüstung und Ausbildung zieht. Die Themen Weißbuch und Innere Führung zeigen, wie ak-tuell diese Prozesse derzeit in der Bundeswehr sind. Was der Soldat konkret von der Politik in Sachen neues Weiß-buch und Innere Führung erwartet, erarbeitete Dr. Matthias Gillner in der Arbeitsgruppe. Offen sprachen Führungskräf-

te der Bundeswehr darin ihre persönlichen Wünsche aus. Die Erwartungshaltung der Teilnehmer konzentrierte sich auf folgende Ziele der Inneren Führung: einmal die Legiti-mation und die Integration sowie den Wirkungsbereich der Traditionspfl ege. Gewünscht wurde grundsätzlich, dass der Adressat der Inneren Führung, also die Streitkräfte und die gesamte Bundeswehr, die Begriffe bezüglich Selbstbild, Selbstverständnis, Berufsbild und Leitbild eindeutiger for-muliert wissen will. Außerdem sollte die Akzeptanz der Inne-ren Führung bei den Soldaten sowie deren Weiterentwick-lung wissenschaftlich untersucht und begleitet werden. Bei der Frage der Legitimation sollte der völkerrechtliche Rah-men und die moralische Begründung eines Einsatzes der Bundeswehr von der Politik eindeutiger benannt werden. Nur so könne sich ein Soldat nach innen transparent und authentisch führen und seinen Einsatz in der Gesellschaft vernünftig begründen.

Mehrheitlich betrachten die Teilnehmer die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft als nicht abgeschlossen. Es bestand Einigkeit darüber, dass nicht nur die Gesell-schaft an den Aufgaben der Bundeswehr und dem Leben von Soldaten weitgehend desinteressiert, sondern auch der Soldat als solcher im gesellschaftlichen Leben wenig verankert sei. Diesem sich wechselseitig verstärkenden Trend könnte mit entsprechenden Rahmenbedingungen für eine stärkere Vergesellschaftung von Soldaten entge-gengewirkt werden. Daneben müssen gleichzeitig die Ver-änderungen von Selbstbild und Selbstverständnis junger Menschen wahrgenommen, respektiert und berücksichtigt werden. Dies verlangt eine größere Offenheit bei der Aus-wahl des Personals. Der offi zielle Umgang beispielsweise mit „Tattoos“ gilt immer noch als problematisch.

Gertrud Maria Vaske

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Ein Studientag des Zentrums für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis)

Gut geführt – die Ethik Innerer Führung unddie Wünsche für ein neues Weißbuch

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Koblenz ist mit 110.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Rheinland-Pfalz und galt lange Zeit als die größte Garni-sonstadt in Europa. Von der vormaligen „Stadt der Truppe“ hat sich Koblenz heute zu einer „Stadt der Stäbe und Kommandobehörden“ gewandelt. Dazu zählt auch das 1981 so benannte Zen-trum Innere Führung (ZInFü), welches seit 1957 in Koblenz seinen Dienstsitz hat – vormals als „Schule der Bundes-wehr für Innere Führung“.

Ackermann rät Soldatinnen undSoldaten zu einem „bescheidenen

Selbstbewusstsein“.

Koblenz gehört zur Diözese Trier. Die-ses Bistum ist die älteste deutsche, römisch-katholische Diözese in der Kirchenprovinz Köln. Seit 2009 ist Dr. Stephan Ackermann deren Diöze-sanbischof und zugleich Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, welche als kirchlicher Akteur all diejenigen Einrichtungen in der Kirche vernetzt, die sich mit internationalen Fragen befassen. Zugleich erarbeitet Justitia et Pax Beiträge zur Förderung von Entwicklung, Menschenrechten und Frieden.

Dies war wohl mit ein Grund, der die Leitung des Zentrums Innere Führung veranlasste, Bischof Dr. Stephan Ackermann im Rahmen der Ausstellung „Operation Heimkehr“, die in Koblenz und am Zentrum selbst präsentiert wur-de, zu einer Vortragsveranstaltung ein-zuladen. Der Chef des Stabes, Oberst i. G. Dr. Gerhard Gey, der zuvor Chef des Stabes der Division Luftbewegliche Operationen im fränkischen Veitshöch-heim war, begrüßte zusammen mit wei-teren Lehrstabsoffi zieren und dankte zu Beginn der Veranstaltung dem Trie-rer Bischof für seine Zusage, am Zent-rum Innere Führung erneut vorzutragen. Zugleich nutzte er die Gelegenheit, um über die derzeitigen Aufgaben, Projekte und Vorhaben am Zentrum Innere Füh-rung zu informieren.

Unter dem Thema „Gesellschaft und Bundeswehr – zwei Parallelwelten“ re-ferierte der Trierer Bischof am 8. Okto-ber im Graf-Baudissin-Saal vor Solda-tinnen und Soldaten sowie zahlreich erschienen Mitgliedern des „Freundes-kreises Zentrum Innere Führung“ über die wechselseitig sich bedingenden Aspekte in der Verhältnisbestimmung zwischen Zivilgesellschaft und Streit-kräften in Deutschland.

Mit Blick auf die 2011 vorgenomme-ne Aussetzung der Allgemeinen Wehr-pfl icht gilt es zu fragen, so Bischof Ackermann, für welchen Typus von jungen Frauen und Männern es attrak-tiv ist, in den Streitkräften freiwillig zu dienen. Hier sind die Streitkräfte, so Ackermann, gefordert und gut beraten, auf eine Repräsentativität von Herkunft, Milieu und Bildung zu achten. Dies gilt nach Auffassung des Trierer Bischofs umso mehr, weil eine zunehmend an zivilen Erfordernissen orientierte bun-desdeutsche Gesellschaft mit Blick auf einen militärischen Einsatz eher „zurückhaltend positioniert ist“. Trotz umfangreicher und vielfältiger Unter-richtung in einer digitalisierten Öffent-

lichkeit scheint es – so Ackermann –, dass erheblicher Vorbehalt gegenüber einem Einsatz militärischer Gewalt zu registrieren ist.

In diesem Zusammenhang bedauerte Bischof Dr. Ackermann feststellen zu müssen, dass es „eigentlich immer die gleichen Vortragenden und Diskutan-ten sind, die sich bei Veranstaltungen zu friedensethischen und sicherheits-politischen Themen einfi nden“. Es entsteht der Eindruck, so Ackermann weiter, „dass es sich dabei um eine eigene und in sich abgeschlossene Community handelt, der es an Wir-kung in der gesellschaftlichen Breite fehlt“. Ebenso fällt nach Auffassung des Trierer Bischofs auf, „dass sich eher ehemalige Generale und Admirale öffentlich zu Wort melden als diejeni-gen aktiven Generale und Admirale, die heute Verantwortung tragen“.

Mithin also ausreichende Gesichts-punkte zu einem strittigen Thema, welche durch Nachfragen und Diskus-sionsbeiträge aus dem Plenum vertieft werden konnten.

Josef König

„Gesellschaft und Bundeswehr – zwei Parallelwelten“?Bischof Dr. Ackermann (Trier) diskutierte am Zentrum Innere Führung (Koblenz)

über Bundeswehr und Gesellschaft.

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v. l.: Prof. Dr. Thomas R. Elßner, Bischof Dr. Stephan Ackermann,Militärdekan Armin Göllner und Oberst i. G. Reinhold Janke

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Das Leitthema der diesjährigen 60. Ge-samtkonferenz, die erneut in der Bun-dehauptstadt Berlin und mithin am Sitz des Katholischen Militärbischofs statt-fand, wurde den Militärgeistlichen, Pas-toralreferentinnen und -referenten in zwei unterschiedlichen Gesprächsfor-maten zugänglich gemacht. Zum einen begann die erste Runde der Aufarbei-tung des Themas „Gewalt in den Re-ligionen“ in einer Podiumsdiskussion, zum anderen mit sich abwechselnden Vorträgen und unterschiedlichen Zu-gangswegen zu einem Thema, das in einer Fort- und Weiterbildungsveranstal-tung der Katholischen Militärseelsorge bedeutsam ist: Es tangiert den Dienst des Seelsorgers in den Streitkräften ebenso wie den Militärgeistlichen als den, der den Lebenskundlichen Un-terricht vorbereitet und im Auftrag des Staates durchführt. Beides leistet die Katholische Militärseelsorge.

Erster Zugang zum ThemaUnter der Moderation des evangeli-schen Pfarrers Dr. Matthias Schreiber, seit 2007 Beauftragter zu Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Düs-seldorfer Staatskanzlei der dortigen Landesregierung, diskutierten auf dem Podium:

• Lamya Kaddor, Tochter syrischer Einwanderer und engagiert im Liberal-Islamischen Bund sowie Publizistin zahlreicher Bücher, in denen sie sich mit Grundfragen des Islam auseinan-dersetzt• Prof. em. Dr. Heinz-Günther Stob-be, der als katholischer Theologe bis 2013 die Professur für systematische Theologie und theologische Friedens-forschung an der Universität / Gesamt-hochschule Siegen innehatte• Stephan J. Kramer, der bis Januar 2014 Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland war. Alle drei Diskutanten setzten sich zu Beginn in kurzen Statements mit dem Umgang mit Gewalt in ihren jeweiligen Religionen auseinander und betonten dabei übereinstimmend, dass es so-wohl im Judentum wie im Christentum und im Islam genügend Hinweise gibt, die den Rückschluss zulassen, dass alle drei monotheistischen Religionen sehr unterschiedliche, aber trotzdem evidente Gesichtspunkte für den legiti-men, aber im Einzelnen zu regelnden Umgang mit Gewalt aufweisen. Den ab-rahamitischen Religionen ist dabei die Berufung auf den Willen Gottes bzw. auf den Willen Allahs gemeinsam – und in der Antike auf den Willen der Götter.

Dies diente beinahe zu allen Zeiten und in unterschiedlichen Situationen der Legitimierung gewalttätiger Unter-werfungshandlungen. Von daher spra-chen sich die Diskutanten im Verlauf der weiteren Diskussion auf dem Podi-um dafür aus, die jeweiligen Texte und die dabei ausgewiesenen Textstellen in „historisch-kritischer Absicht“ zu deu-ten und auszulegen.Nach Auffassung der Gründungsvorsit-zenden des Liberal-Islamischen Bundes in Deutschland gelte dies sowohl für Texte des Korans wie des Neuen und Alten Testaments. Frau Kaddor räum-te in diesem Zusammenhang und auf Nachfragen aus dem Plenum ein, dass ihre dazu vorgetragene Position, die jeweiligen Suren im Koran „historisch-kontextuell“ und mithin „kritisch“ aus-zulegen, nicht Mehrheitsmeinung in der weltweiten Community der Muslime ist. Die von ihr vertretene Auffassung, dass der Koran und die dort nieder-geschriebenen Suren in einem histori-schen, kulturellen, biographischen und sozialen Kontext zu interpretieren sind, sei eine ernstzunehmende Chance, um auf eine „vernunftoffene Gläubigkeit“ zu vertrauen. Dabei wäre der „Verstand als ein Geschenk Gottes“ zu betrach-ten.

Gewalt in den ReligionenPodiumsdiskussion und Vorträge zu einer herausfordernden Themenstellung

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Das Podium v. l.: Stephan J. Kramer, Lamya Kaddor, Dr. Matthias Schreiber und Prof. em. Dr. Heinz-Günther Stobbe

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Weiterer Zugang: AktuelleEntwicklungen in den Religionen

Zwei miteinander verheirateten Wissen-schaftlern war die Aufgabe gestellt, in insgesamt sechs Einzelvorträgen und drei Themenkomplexen die Fragen nach der Verhältnisbestimmung der Gewalt in den Religionen zu vertiefen: Prof. Dr. Christine Schirrmacher, Professorin für Islamwis-senschaften an den Universitäten Bonn und Leuven, die sich in Islamwissenschaf-ten über die Position muslimischer Theo-logen des 20. Jahrhunderts zu Religions-freiheit und Menschenrechten habilitierte, und Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher – er ist u. a. Professor für Religionssozio-logie an der Staatlichen Universität des Westens in Timişoara (Rumänien).Beide Wissenschaftler nahmen differen-ziert Stellung zum Verhältnis zwischen Islam und Islamismus einerseits, sowie der Frage nach dem Fundamentalismus in den Weltreligionen andererseits. Erweitert und vertieft wurden diese Gesichtspunkte im Fortgang durch die Verhältnisbestim-mung der Religionen zu Demokratie, Men-schenrechten und Religionsfreiheit. Mit dezidierten Stellungnahmen zu aktuellen Entwicklungen in den Religionen schlos-sen die beiden Wissenschaftler die Vor-tragsreihe ab. Prof. Dr. Christine Schirrma-cher widmete sich dabei dem speziellen Phänomen „Islamischer Staat“ (IS).

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Prof. Dr. Christine Schirrmacher undProf. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher

Vor rund einhundert katholischen Militärgeistlichen, Pastoralreferenten und -re-ferentinnen sowie Gästen eröffnete Msgr. Reinhold Bartmann am Montag, 19. Oktober 2015, die Gesamtkonferenz in Berlin-Steglitz und begrüßte neben den Teilnehmern zahlreiche Kooperationspartner. Anschließend gab er einen Bericht zur aktuellen Lage der Katholischen Militärseelsorge.

Die unterschiedlichen derzeitigen„Stürme“ kann niemand ändern,

es ist aber die Kunst, seine„Segel richtig in den Wind zu setzen“!

Von der Flüchtlingsproblematik und „Hilfeleistungen auch durch die Sol-datinnen und Soldaten“ zu speziellen Fragen der Kirche unter Soldaten, und von vielfältigen Bedrohungen zu einem umfassenden Dank, spannte er den Bogen der Themen. Ausgehend vom Schwerpunkt der Konferenz „Gewalt in den Religionen“ und vom Einfl uss der Krisen auf die Militärseelsorge, ging Bartmann vor allem auf die „Kernaufga-be unseres seelsorgerlichen Dienstes“ ein: „den Soldaten in ihrem Dienstall-tag nahe zu sein“ und sie nicht nur zu betreuen.

Den Rückblick auf den Berichtszeitraum seit der letzten Gesamtkonferenz im Oktober 2014 gliederte der Generalvi-kar in vier Bereiche: „Personalsituation und strukturbedingte Veränderungen“, „Einsatzbegleitung“, „Themen der letz-ten Monate“ und „Ausblick und anzu-gehende Herausforderungen“.

Die Ökumene kam sowohl in Beispielen der Zusammenarbeit als auch gerade bei der „seelsorgerlichen Begleitung un-

serer Soldatinnen und Soldaten im Ein-satz“ zur Sprache. Wichtige Aspekte, auf die Msgr. Bartmann hinwies, waren neue Ordnungen zur Weiterbildung und damit verbunden der „Lebenskundliche Unterricht“, der nach dem Willen von Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck und auch seines Generalvikars weiter-hin eine große Verantwortung darstel-len wird.

Auch neue Aufgabenfelder benannte Bartmann stichpunktartig: Die „Inkraft- und Umsetzung der neuen pastoralen Visitationsordnung“ und die „Einführung verbindlicher Mitarbeitergespräche“. Schließlich betonte er die Mitarbeit des „Organisierten Laienapostolats“, das ihm besonders am Herzen liegt, bevor Msgr. Bartmann mit einem vielfältigen Dank und persönlichen Bemerkungen abschloss. Seinen Ausblick drückte er bildhaft aus: Die unterschiedlichen derzeitigen „Stürme“ könne niemand ändern, es sei aber die Kunst, seine „Segel richtig in den Wind zu setzen“!

Jörg Volpers

Bericht von Militärgeneralvikar Msgr. Reinhold Bartmann

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Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck hat die Christen zu einem nachhalti-gen Friedensengagement in religiös motivierten Konfl ikten aufgerufen. Die Überzeugung von der unbedingten Menschenwürde dränge Christen „auf die Karte des Friedens und der Gewalt-losigkeit zu setzen“, sagte Overbeck in seiner Predigt vor katholischen Militär-geistlichen und Pastoralreferenten in Berlin. Einsatz für den Frieden sei „zumindest uns Christen ins Stammbuch geschrie-ben“ und das Engagement für die Re-ligionsfreiheit anderer Menschen sei der „Glaubwürdigkeitstest für jede Re-ligion“, sagte Overbeck. Deshalb müs-se die Verzweckung von Religion für Gewalt, wie sie derzeit im Nahen und Mittleren Osten besonders sichtbar ist, grundsätzlich überwunden werden, be-

Unmittelbar nach dem Pontifi kalamt in der Rosenkranz-Basilika empfi ng Mili-tärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck die Teilnehmer und zahlreiche Gäste im Tagungshotel in Berlin-Steglitz. In be-sonderer Weise begrüßte der Bischof erstmals den Apostolischen Nuntius und Vertreter des Papstes in Deutsch-land, Erzbischof Dr. Nikola Eterovic. Für „die zahlreichen Freunde aus der aus-ländischen Militärseelsorge“ sprach Overbeck stellvertretend den Ukraini-schen Militärbischof Mykhaylo Koltun an. Ferner wurden unter anderem aus-

tonte der Bischof von Essen, der gleich-zeitig Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr ist. Gegen den Zuzug von Flüchtlingen aus diesen Ländern dürften keine Mauern gebaut werden: „Gerade als Deutsche, die wir in diesem Jahr an den Mauerfall vor nun 26 Jahren und die Deutsche Einheit vor 25 Jahren erinnern, wissen wir, dass Mauern niemals Probleme lö-sen, sondern diese verschärfen, Men-schen in große Nöte bringen und die Gewaltpotenziale erhöhen. Irgendwann fallen alle Mauern“, sagte der Militär-bischof. Gleichzeitig mahnte er, ge-sellschaftliche Ängste gegenüber dem Zuzug von Migranten wahrzunehmen und die Ursachen der Flucht in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu be-kämpfen.

Barbara Dreiling

Militärbischof: „Verzweckung von Religion

für Gewalt überwinden“

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drücklich die Vertreter des Laienapos-tolats, der befreundeten Vereine und Verbände sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katholischen Mili-tärseelsorge begrüßt.

In seiner Eröffnung ging Militärbischof Overbeck erneut auf das Konferenzthe-ma „Gewalt in den Religionen“ ein. Er betonte, dass die intensive Beschäf-tigung mit dem Islam nicht bedeute, ihm „eine besondere Gewaltaffi nität zu unterstellen. Dies verbietet uns schon der kritische Blick auf die eige-

ne Geschichte.“ Er beendete seine Be-grüßung mit vielfachem Dank und mit weiteren Fragen zum Thema, „über die nicht zu reden uns jedoch Schaden zu-fügen würde“.

Grußworte sprachen anschließend u. a. der Parlamentarische Staatssekre-tär Dr. Ralf Brauksiepe und General-leutnant Erhard Bühler aus dem Bun-desministerium der Verteidigung sowie der evangelische Militärgeneraldekan Matthias Heimer.

Jörg Volpers

Gästeabend zur Gesamtkonferenz

Unter den Gästen: der Apostolische Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterovic

Lothar Bendel, Leiter des Referates II im KMBA, führte durch die

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Im Rahmen des Studienteils der Ge-samtkonferenz machten sich die Militärseelsorger/-innen zu einer Ex-kursion in eine der größten deutschenMoscheen auf und erhielten eine an-regende Führung durch die ehitlik-Moschee in Berlin. Mehrere Vorstands-mitglieder des DITIB-Moscheevereins gaben den ohne Schuhe auf dem Tep-pich sitzenden Gästen Einblicke in den Alltag von Muslimen in Deutschland, informierten über die Glaubenswahrhei-ten und -säulen des Islams und stan-den für interessierte Fragen zur Verfü-gung.

Die ehitlik-Moschee dient den Mus-limen der angrenzenden Bezirke – vor allem Neukölln und Kreuzberg – als Gebetsstätte. Die Gebetssprache ist vor allem Türkisch, abhängig vom An-lass manchmal auch Arabisch; die Freitagspredigt wird auch auf Deutsch vorgelesen. Daneben fi nden hier die meisten Begräbniszeremonien der is-lamischen Gemeinde Berlins statt. Da die Moschee neben den religiösen Auf-gaben auch gesellschaftliche hat und als Gemeindezentrum dient, gibt es entsprechende Räumlichkeiten für die-se Zwecke.

Als bauliches Vorbild diente der auch nach gut 15 Jahren immer noch nicht ganz vollendeten Moschee die osmani-sche Architektur des 16. und 17. Jahr-hunderts; während der Besichtigung wurde betont, dass es wenige verbind-liche Elemente in einem islamischen Gotteshaus gibt und das konkrete Aus-sehen daher stark variieren kann. Im weiteren Verlauf der Gespräche kam natürlich auch das Konferenzthema „Gewalt in den Religionen“, vor allem bezogen auf Christentum und Islam, zur Sprache.

Jörg Volpers

Begegnungen in einer Moschee

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Weitere Informationen, Berichte, Reden

und Predigten, sowie auch Bilder

stehen im Internet unter

www.katholische-militaer-

seelsorge.de bereit.

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Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe überbrachte die

Grüße von Bundesverteidigungs-ministerin von der Leyen.

Generalleutnant Erhard Bühler

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Von den 81 Millionen Menschen, die derzeit in Deutsch-land leben, sind 47 Millionen Christen und 4,25 Millionen Muslime. Daneben gibt es – abgesehen von den etwa 20 Millionen Religionslosen – jüdische, hinduistische, bud-dhistische und andere religiöse Minderheiten. Infolge der rasch zunehmenden weltweiten Migration strömen täglich Hunderte von Flüchtlingen nach Deutschland, wodurch sich die religiöse Landschaft weiter verändert. Auch auf diesem Hintergrund stellt sich Christen immer drängender die Frage: Was ist von den nichtchristlichen Religionen zu halten?In früheren Jahrhunderten bekämpften die Vertreter ver-schiedener Religionen einander mehr oder weniger. An-dersgläubige wurden gezwungen, sich der eigenen Religion anzuschließen, ansonsten drohte ihnen Benachteiligung, Vertreibung oder Tod. Es fehlte das Verständnis für den Sinn der anderen Religionen. Religiös motivierte Gewalt wurde von allen Seiten verübt.

Heute wissen Christen verhältnismäßig gut Bescheid über die Lehren und Bräuche anderer Religionen. Mit dem Wis-sen sind im Allgemeinen auch die Toleranz und der Re-spekt gegenüber Andersgläubigen gewachsen. An ande-ren Religionen mag zunächst einmal vor allem das von der eigenen Religion Abweichende, das Fremde auffallen. Hindus verehren häufi g mehrere Götter, nehmen ein kar-ma, ein unerbittliches Gesetz der Tatenvergeltung, an und rechnen mit vielen Wiedergeburten. Buddhisten suchen die Erleuchtung zu erlangen, um das Leiden in dieser Welt zu überwinden, dem Kreislauf der Wiedergeburten zu ent-kommen und das ewige, „todlose“ nirvana zu erreichen. Gläubige Juden feiern ihren jom kippur (Versöhnungstag) oder ihr pesach (Passah-Fest), halten den Sabbat und es-sen koscher. Bei Muslimen bleibt das Fasten im Ramadan nicht unbemerkt. Jeder hat auch schon einmal Bilder von ihrer Pilgerfahrt nach Mekka gesehen und weiß, dass sie fünfmal täglich beten sollten.

Was bedeutet diese religiöse Vielfalt und welchen Stellen-wert hat das Christentum darin? Mit Recht halten Christen ihren Religionsgründer Jesus Christus für einzigartig, weil er für sie der ewige Sohn Gottes ist, der Mensch geworden ist. Von daher kommt dem Christentum tatsächlich eine Sonderstellung innerhalb der Religionen zu.

Wer sich länger und genauer mit Religionen beschäftigt, beginnt aber auch zu sehen, wie sehr sie bei aller Ver-schiedenheit und Vielfalt im Wesentlichen übereinstim-men. Im Bereich der Ethik hat Hans Küng mit seinem „Weltethos“ diese Übereinstimmung gezeigt. Alle Religi-onen verpfl ichten sich, die Grundverbote einzuhalten, etwa nicht zu lügen, zu stehlen oder zu morden, was um-gekehrt positiv heißt, sich auf allen Ebenen für den Schutz und die Förderung des menschlichen Lebens, für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt einzusetzen. Auch der furchtbare islamistische Terror, der seit geraumer Zeit das Bild des Islam in den Medien bestimmt, sollte den Blick darauf nicht verstellen.

Aber auch – und gerade – im eigentlich religiösen Bereich zeichnet sich eine tiefe Einheit zwischen den Religionen ab. Alle großen Religionen beruhen auf dem Glauben, es gebe eine letzte, ewige und göttliche Wirklichkeit, sei die-se nun apersonal gedacht – wie beim chinesischen Tao, beim hinduistischen Brahman oder bei der buddhistischen Leere – sei diese nun als personaler Gott vorgestellt – wie im Judentum, Christentum und Islam. Dank dieser Wirklichkeit ist dem Menschen eine echte Befreiung und endgültige Erlösung aus diesem leidvollen Dasein mög-lich. Denn dank dieser Wirklichkeit hat der Mensch die Möglichkeit, nach dem Tod in ein neues, wunderbares, ewiges Leben einzugehen und dieses schon in diesem Le-ben anfanghaft zu erfahren, mag dieses neue Leben nun Befreiung, Erleuchtung, Paradies oder Himmel heißen. Für alle großen Religionen besteht das höchste Ziel des Men-schen darin, mit dem Göttlichen eins zu werden. Sie wei-sen den Menschen konkrete Wege dorthin und ergänzen und bereichern einander dabei. „Die katholische Kirche“, so hat es das Zweite Vatikanische Konzil festgelegt, „lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist“ (NA 2).

Prof. Dr. Johannes Herzgsell SJ,Hochschule für Philosophie, München

Ein Gott – viele ReligionenDie Vielfalt der Religionen alsÄrgernis oder Bereicherung?

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„Fehlerkultur“ – das war ein seltsames Wort, das die neue politische Leitung des Verteidigungsministeriums recht bald nach Amtsantritt dem militäri-schen Sprachgebrauch hinzufügte: Man wolle eine bessere Fehlerkultur in der Bundeswehr entwickeln.

Das scheint heute auch tatsächlich bitter nötig zu sein, denn der absolu-te Wille zur Fehlervermeidung in jedem Einzelfall führt allzu oft zur Vermeidung der Wahrnehmung von Verantwortung überhaupt. Immer gibt es gute Gründe, nicht selbst zu entscheiden, die Ent-scheidung Nachfolgern zu überlassen, sich den Verzögerungen der Mitzeich-nungsbürokratie willenlos zu ergeben, jedes scheinbare Risiko gerichtsfest zu vermeiden.

Soldaten wissen, dass in der Vermei-dung jeglichen Risikos die größte Ge-fahr liegen kann. Oder wie Roosevelt es im Zweiten Weltkrieg so treffend formulierte: „Das einzige, wovor wir uns zu fürchten haben, ist die Furcht selbst“. Soll heißen, die Lähmung der eigenen Tatkraft durch die Fixierung auf die schwierigen Umstände oder den scheinbar übermächtigen Gegner.

Ich erlebe die Furcht, Fehler zu ma-chen, täglich bei meinen Besuchen und Gesprächen in der Bundeswehr. Des-halb fi ndet dann z. B. Ausbildung nicht statt, deshalb kommt Ausrüstung um Jahre verspätet, deshalb dauern Kaser-nenbauten so ewig lange und deshalb versinkt die Einrichtung eines neuen Feldlagers im Chaos der Nichtzustän-digkeit abenteuerlicher public private partnership-Modelle.

Die gegenwärtige Hochkonjunktur die-ser Fehlervermeidungsmentalität liegt nicht in so etwas wie bösem Willen einer aktuellen Führungsgeneration begründet, sondern in Strukturen, die bestimmte attentistische Verhaltens-muster nahelegen – und auch in ab-schreckenden Mythen, die gern weiter-erzählt werden.

Lessons Learned?

Strukturen: Viele Verantwortliche ha-ben Stehzeiten, die viel zu kurz sind, damit sich ihre Verantwortung und ihr Führungsstil auch mittel- und langfris-tig auswirken könnten. Höheren Kom-mandeuren, die schon vor Ablauf von zwei Jahren weiterversetzt werden (um das wertvolle „Pfl ichttor“ Kommandeur wieder freizumachen) und in dieser Zeit noch einen Auslandseinsatz absol-vieren, fehlt die Zeit für den Kampf um die eigenen Entscheidungen. Und der als immer enger empfundene Rechts-rahmen im zivilen wie auch im militä-rischen Teil der Bundeswehr dämpft Initiative und Tempo.

Mythen: Oft ist das geltende Recht grundsätzlich viel fl exibler und lösungs-orientierter anwendbar, als es dem Nicht-Juristen oder dem Das-geht-nicht-das-könnte-angefochten-werden-Prüfju-risten scheint. Anfechtbarkeit ist keine Krankheit, sondern ein Grundprinzip des demokratischen Rechtsstaats. Deshalb gibt es Parlamente und z. B. Verwaltungsgerichte. Und wo wird die Wahrnehmung der zugewiesenen

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Der Wehrbeauftragte Dr. Hans-Peter Bartels im Gespräch mit einem Panzergrenadier beim Truppenbesuch des Deutschen Gefechts-

verbandes NATO Response Force in Munster

Verantwortung wirklich von oben kar-riereschädlich sanktioniert? (Falls das aber doch so wäre, müsste es unbe-dingt thematisiert werden!)

Wenn ich Problemen in der Bundeswehr an der einen oder anderen Stelle de-tailliert nachgehe, dann fi nde ich meist nicht einen Einzelnen, der zurechenbar falsch entschieden hat (das kommt vor), sondern eine Struktur der Ver-antwortungsdiffusion, wo der eine die Zuständigkeit für das beklagenswerte Ergebnis dem anderen zuschiebt. Das ist dann allerdings kein Ausweis für eine höhere Art „kollektiver Führung“, sondern für kollektive Verantwortungs-losigkeit.

„Fehlerkultur“ heißt übrigens auch: Das Lernen aus selbst gemachten oder beobachteten Fehlern ist ein unersetz-bares Ausbildungsprinzip. Jede Übung beweist das.

Dr. Hans-Peter BartelsWehrbeauftragter des

Deutsche Bundestages

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20. Soldatenwallfahrt nachWeißenregen

Das Katholische Militärpfarramt Cham veranstaltete am 24. September zum 20. Mal eine Soldaten-Fußwallfahrt nach Kötzting. Morgens um sieben Uhr verließen Soldatinnen, Soldaten, Re-servisten, Angehörige und Bundeswehr-bedienstete die Nordgaukaserne Cham und pilgerten das Regental entlang nach Weißenregen. Unter der Leitung des Militärseelsorgers Hans Rückerl und seines Pfarrhelfers Josef Gleixner nahmen über 100 Teilnehmer aus dem Militärseelsorgeraum Ostbayern an der Wallfahrt teil. Den Pilgerzug begleitete Oberst a. D. Hans-Jürgen Stumm aus Regensburg; mit seinen 71 Jahren war er der älteste Pilger und ist auf der Wall-fahrtstrecke seit vielen Jahren dabei.

Mit motorisierter Feldjägerbegleitung marschierten die Wallfahrer zügigen Schrittes nach Windischbergerdorf und anschließend nach Chamerau zur Brot-zeitstation. Der traditionelle Fußweg führte über Miltach und Blaibach zur Wallfahrtskirche, die nach viereinhalb Stunden erreicht wurde. Eine beeindru-ckende körperliche Leistung, denn alle Pilger absolvierten die 24 Kilometer lan-ge Marschstrecke ohne Ausfälle. In der Wallfahrtskirche feierte Militär-generalvikar Reinhold Bartmann aus

Berlin mit den Uniformträgern aus den Standorten Cham, Roding, Regen, Oberviechtach, Pfreimd, Weiden, Am-berg und Kümmersbruck einen feier-lichen Gottesdienst. Zuvor begrüßte Pastoralreferent Rückerl die Konzele-branten: Militärdekan Siegfried Weber aus Ulm, Militärpfarrer Johannes Bes-zynski aus Bogen und den Begründer der Fußwallfahrt, den ehemaligen Mili-tärpfarrer Karl-Dieter Schmidt.

Msgr. Bartmann bedankte sich für die Einladung und stellte die Frage: „Was gehört alles zu einer Wallfahrt?“ Man betet, spricht miteinander, erreicht sein Ziel und feiert einen Gottesdienst. Verschiedene Beweggründe bilden den Kern eines jeden Wallfahrers. Danken für Gutes, Sorgen ablegen oder in den Nöten anderer beten, so der General-vikar.

Ludwig Dirscherl

„Es gibt keine Fremden indeiner Familie“

Zum siebten Mal führte die Soldaten-fußwallfahrt des Katholischen Militär-pfarramts Bruchsal am 30. September von der Südpfalzkaserne in Germers-heim ins Schönstattzentrum nach Herxheim. In diesem Jahr begleiteten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Wörther Tafel und Asylsuchende aus Eritrea die Gruppe. Angestoßen von Oberstabsfeldwebel Mießeler war in einer mehrwöchigen Aktion am Standort Germersheim bei Lehrgangs-teilnehmern für die Wörther Tafel ge-sammelt worden. Die Spende von 300 Euro wurde am Ende der Wallfahrt im Gottesdienst in Herxheim an die stell-vertretende Leiterin der „Tafel“ Uschi Bisanz übergeben.Eigens für diese Wallfahrt hat Jürgen Degen, Zivilangestellter der Bundes-wehr in Speyer, Holzkreuze angefertigt. Dies wurden am Morgen, nach einer kurzen Andacht, den Wallfahrern um-gehängt. Die Gruppe machte sich bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg. Am Kriegerdenkmal wurde der Im-puls der Fußwallfahrt aufgegriffen und das Thema „Armut“ mit je einer Stelle aus dem Alten und dem Neuen Testa-ment illustriert. Die Aufforderung Jesu an den Gastgeber eines Abendessens stand im Mittelpunkt dieser Andacht:

Wallfahrten der Katholischen Militärseelsorge im Herbst

Das reine Herz „auf den Weg schicken“Neben dem Frühling und Sommer mit den großen Wallfahrten nach Lourdes oder zum Maria-Hilf-Berg ist jedes Jahr auch die Zeit nach den Sommerferien eine gute Zeit für Pilgertage in allen Regionen Deutschlands. Auf diesen Seiten fassen wir mehrere Soldaten-Fußwallfahrten zwischen Ende September und Mitte Oktober zusammen. Einzelheiten und weitere Fotos sind zu fi nden auf unseren Internetseiten www.kmba.de und www.katholische-militaerseelsorge.de

Jörg Volpers

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„Wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein“. Kurz vor dem Ortseingang von Herx-heim hörte die Gruppe von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. Flucht und Vertreibung und der Neuan-fang in Deutschland standen schon im Mittelpunkt vieler Gespräche mit den mitgehenden Flüchtlingen aus Afrika. So erzählten sie von Zwangsarbeit, un-befristetem Militärdienst und ungesetz-lichen Inhaftierungen.

Im Schönstattzentrum angekommen, stärkten sich die Teilnehmer zuerst an einem leckeren Mittagessen, das von der Truppenküche in Germersheim zur Verfügung gestellt worden war. Hier stießen noch weitere Asylsuchende aus Eritrea zur Gruppe, die zurzeit ei-nen Sprachkurs im Schönstattzentrum absolvieren. Im Gottesdienst nahm Militärseelsorger Orth Bezug auf die Geschichte des barmherzigen Samari-ters. So wandte er sich der Frage zu: Wer ist mein Nächster? So gelte es zu helfen, nicht zu verurteilen und sprach den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer seinen größten Respekt aus. Die augenblickliche Zahl der Flüchtlinge sei aber so gewaltig, dass man aufpassen muss, dass wir uns selbst nicht über-fordern. Orth zitierte den Bundespräsi-denten mit den Worten: „Aber was wir tun können, das tun wir!“

Matthias Orth

Wallfahrt auf den PetersbergDie erste Bergwallfahrt des Katholi-schen Militärpfarramts Ingolstadt fand am 8. Oktober statt. Die Idee hierzu war in einer Sitzung des Pfarrgemein-derats entstanden. Der Vorsitzende, Oberleutnant Bernhard Stich, arbeitete die Strecke aus.Unter der Leitung von MilitärpfarrerPetro Stanko und Pfarrhelferin Irene Giesl startete die Wallfahrtsgruppe in der Pionierkaserne Richtung Peters-berg in Brannenburg. Mit dem Reise-segen begann der Start in den geistli-chen Tag. Nach der Ankunft erhielt je-der Teilnehmer eine Pilgerplakette und ein Soldatengebet- und Gesangbuch, mit dem Appell des Pfarrers, alle Sor-gen, Nöte, Ängste und Ärger am Fuß des Berges zu lassen und nur das reine Herz „auf den Weg zu schicken“.Der eineinhalbstündige Anstieg wurde durch geistliche Impulse unterbrochen:Erste Station: Am Leben der Heiligen Helena stellte Militärpfarrer Stanko dar, dass viele Menschen in den ersten Ge-meinden sich auf den Weg nach Jeru-salem machten, um die Spuren des Erlösers zu verehren und somit im eige-nen Leben den Alltag zu unterbrechen und christliche Akzente zu suchen.Zweite Station: Nach der Lesung von der Berufung der ersten Jünger refl ek-tierten die Soldaten über ihre eigene Berufung. Pfarrer Stanko hob die Be-reitschaft hervor, wie die Jünger bereit zu sein, sich ohne Zögern und lange zu überlegen auf den Weg zu machen, für die Wahrheit, die Gerechtigkeit und den Frieden in der ganzen Welt.Oben auf dem Petersberg feierten die Wallfahrer in der Kirche eine Heilige Messe. Beim Abstieg wurden schon Pläne für die nächste Bergwallfahrt ge-schmiedet.

Irene Giesl / Petro Stanko

„Das Zeitliche segnen“Wenn Engel reisen, lacht der Himmel! – Oder er weint Freudentränen! Nach diesem Motto weinte der Himmel in die-sem Jahr bei der 11. Soldatenwallfahrt nach Wechselburg am 8. Oktober viele Freudentränen. Die Wallfahrt war beglei-tet von Dauerregen und Hindernissen. Durch einen Stau auf der Autobahn, konnte ein Teil der Pilgergruppe den Startpunkt in Rochlitz nicht pünktlich erreichen. Aber trotz all dieser widrigen Umstände machten sich 45 Pilgerinnen, Pilger und ein Hund auf den Weg.Nach der Begrüßung durch den Leiten-den Militärdekan Stephan van Dongen aus Berlin führte Pastoralreferent Franz Eisend mit der 1. Statio in die Thematik der Wallfahrt ein. Der Mensch soll ein Segen für die Schöpfung sein. Sie ist uns anvertraut und „wir haben sie von den nachfolgenden Generationen nur geliehen“. In der 2. Statio wurden die Pilger daran erinnert, für andere Men-schen ein Segen zu sein. Und mit der 3. Statio im Klosterhof Wechselburg begleitete uns der Gedanke, dass der Mensch Segen für die gemeinschaftli-che Ordnung sein soll.Die noch erwarteten Pilgerinnen und Pil-ger waren bereits am Kloster Wechsel-burg eingetroffen, durch den Prior des Klosters begrüßt worden und hatten eine Führung erhalten.Mit allen 100 Pilgern schloss die Wall-fahrt mit der Hl. Messe in der Klosterkir-che. Alle waren sich einig, dass die Fuß-Wallfahrt trotz des regnerischen Wetters gelungen war. Allen Helferinnen und Helfern sei ein herzliches Dankeschön gesagt.

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Jetzt fallen die Blätter von den Bäumen und drau-ßen ist es kalt und nass – ihr wisst was das be-deutet – richtig, mir ist langweilig.

In meiner Verzweifl ung gehe ich zu meinem Papa, der gerade in der Küche das Mittagessen kocht.„Mir ist langweilig“, maule ich. Papa schaut nicht mal auf. „Hast du schon deine Englischvokabeln gelernt?“ fragt er. Das ist seine Art zu sagen, ner-ve mich nicht mit so etwas, lass dir was einfal-len, denn was mir einfällt, gefällt dir sicher nicht. Wortlos ziehe ich ab und gehe zu Mama. „Mir ist langweilig, was kann ich machen?“, frage ich. Doch auch meine eigene Mutter scheint sich des Ernstes der Lage nicht bewusst zu sein. „Räum doch mal dein Zimmer auf oder lies ein Buch.“ Nein, von den beiden war keine Hilfe zu erwarten; sträfl ich im Stich gelassen hatten sie mich, blieb also nur noch meine Schwester.

Mir war echt langweilig. „Leni, wollen wir mit Au-tos spielen?“, frage ich sie. „Nö – Papa, Mama, Kind und du bist Kind“, schon drückt sie mir eine Babypuppe in die Hand. „Baby muss Pippi machen“, ruft sie und zeigt kommandierend auf mich. Meine Not ist groß, aber so groß nun auch wieder nicht. Vorsichtig lege ich die Puppe hin und gehe in mein Zimmer. Mir ist immer noch so langweilig. Da fällt mein Blick auf ein Buch, das mir Oma zum Geburtstag geschenkt hat. In dem Buch geht es um Wölfe. Zwei Stunden später habe ich das halbe Buch durchgelesen, ein Bild von einem Wolf gemalt und noch schnell ein neues Raumschiff aus Lego gebaut. Da öff-net sich die Tür und Papa schaut rein: „Nils, es hat aufgehört zu regnen, wollen wir unsere ferngesteuerten Autos mal so richtig durch den Schlamm jagen?“ Na, das ist doch mal ein Plan mit allem, was mir gefällt: Dreck, Autos und jede Menge Spaß, denn Papa ärgert sich immer so schön, weil mein Auto schneller fährt als seines.

Was soll ich sagen? Langeweile ist wirklichnervig, aber meistens geht sie viel schnellervorbei als man denkt.

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„Taschenkarte Familie“ vorgestellt

Taschenkarten liefern Soldaten schnelle Informationen für den Gefechtsfall. Die neue Taschenkarte Familie der Katholischen Mi-litärseelsorge gibt einen Überblick über die wichtigsten Regeln zur Fernbeziehung im Auslandseinsatz und bei Wochenendbezie-hung. In einer Erstaufl age von 90.000 Exemplaren ist sie jetzt bei den Katholischen Militärpfarrämtern kostenlos erhältlich.

Es ist gleichsam ein Einsatz der ganzen Familie, wenn ein Eltern-teil in den Auslandseinsatz geht. Auch Wochenendbeziehungen aufgrund von Versetzungen oder Lehrgängen belasten Partner und Kinder. Die Taschenkarte Familie hilft ihnen, sich immer wie-der an die Spielregeln für das Gelingen ihrer Fernbeziehung zu erinnern. Eine Grafi k über die Gefühlsentwicklungen während ei-nes Auslandseinsatzes gibt ihnen Orientierung im emotionalen Durcheinander.Der Projektleiter von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingol-stadt Dr. Peter Wendl stellte den Militärseelsorgern während ihrer Gesamtkonferenz in Berlin die neuen Materialien für Soldatenfa-milien sehr anschaulich vor.

„Zusammen schaffen wir das!“ – Informationen und Hilfenfür Eltern, Kitas und Schulen rund um Auslandseinsatz

und Wochenendbeziehung

Fernbeziehungen sind vor allem für Kinder eine Belastung. Sie können Ängste und untypische Verhaltensweisen entwickeln. Mit der neu gestalteten Broschüre erhalten Eltern Hilfestellungen, um sie während der Trennung zu unterstützen. So können sie sich leichter in die aktuelle Lage der Kinder hineinversetzen und die Familiensituation besser verstehen und begleiten.Da sich Gefühle und Verhaltensweisen je nach Alter der Kinder unterscheiden, sind auch die Ausführungen der Broschüre unter-teilt für Säuglinge, Klein-, Kindergarten-, Schulkinder und Jugend-liche. Weil Kinder und Jugendliche zudem einen großen Teil des Tages in Kitas und Schulen verbringen, ist es wichtig, die dortigen Fachkräfte möglichst vorab zu informieren und mit einzubeziehen.

Auch die Broschüre „Zusammen schaffen wir das!“ wurde vom Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) in Ko-operation mit dem Katholischen Militärbischofsamt (KMBA) entwi-ckelt. Sie richtet sich besonders an die Eltern und ist demnächst bei den Katholischen Militärpfarrämtern erhältlich.

Barbara Dreiling

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Mit der Kampagne „Wo ist ...“ will der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. zeigen: Trauer geht uns alle an.

Sie ist unabhängig von Zeit und Alter.Und sie braucht vor allem Eines: Einen Ort. Einen Ort der Hoff-nung, an dem man gedenken kann, der inneren Frieden und Ruhe gibt. Für Erinnerungen, für geliebte Menschen für uns selbst.Mit der Trauer und ihren Auswirkungen und Ausprägungen ist man oft allein: Verzweifl ung, Weinen, Nachdenklichkeit, Hilfl osig-keit, Ratlosigkeit – keinen Ausweg sehend.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. kümmert sich seit 1919 darum, Schicksale zu klären und Kriegsopfern würdige Gräber zu geben, an denen Angehörige und Freunde trauern können und Trost fi nden, denn: Trauer braucht einen Ort. Auf diese Weise ist es einfacher, Trauer zu bewältigen und Gewissheit zu erlangen.Über 65 Millionen Menschen haben im Ersten und Zweiten Welt-krieg ihr Leben verloren, über drei Millionen Deutsche galten als vermisst, über eine Million Kriegstote aus Deutschland, darun-ter auch viele Kinder, gelten noch immer als verschollen.

Niemand, den man liebt,ist jemals vergessen!

Trauer braucht einen Ort

Weitere Informationen im Internet unter www.trauer-braucht-einen-ort.de

Millionen Menschen feiern Weihnachten auf ihre Art und Weise. Vie-le beschenken ihre Familienangehörigen und bekommen selbst Ge-schenke. Sie wünschen Frohe Weihnachten und Merry Christmas. Doch was ist eigentlich Weihnachten? Wer kam da zur Welt? Und warum ist es den Menschen bis heute wichtig, davon zu erzählen? Und vor allem: Was wird erzählt?Sie erfahren es nicht nur beim Standort-Gottesdienst. Mit unserer Online-Aktion begleiten wir Sie vom 1. Advent bis zum 6. Januar 2016 durch die Advents- und Weihnachtszeit. Jeweils sonntags und mittwochs versenden wir auf kms-mobil.de, per WhatsApp und auf Facebook einen kurzen biblischen Text mit erklärenden Hinweisen und einem Bild.Unsere Impulse sind für Neugierige genauso geeignet, wie für Men-schen, die mit der Weihnachtsgeschichte schon vertraut sind. Wir laden Sie ein, auch in den Online-Medien zu erfahren, worum es bei Weihnachten geht.

Impulse zur Advents- undWeihnachtszeit

Anleitung für WhatsApp

www.kms-mobil.de

facebook.com/KatholischeMilitaerseelsorge

Mehr zur Aktion auf WhatsApp er-fahren Sie auf unserer mobilen In-ternetseite kms-mobil.de

Barbara Dreiling

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Es geht um Geschwister. Genauer gesagt: um zwei Brüder. Es geht um Beziehungen. Genauer gesagt: um eine Hack-ordnung, die es wohl auch unter Geschwistern gibt.

Und da setzt der Film IM SOMMER WOHNT ER UNTEN an: Zwei Brüdern mit reichen Eltern gehört ein Haus an der französischen Côte d’Azur. Da wohnt der eine, Matthias (Sebastian Fräsdorf), der eher ohne Arbeit lebt, mit seiner neuen französischen Freundin Camille (Alice Pehlivanyan) und ihrem Sohn Etienne (William Peiro) das ganze Jahr. Dann kommt der zweite, David (Godehard Giese), mit sei-ner Frau Lena (Karin Hanczewski); er ist ein erfolgreicher Manager und will zwei Wochen Urlaub dort verbringen.

Gleich zu Beginn des Wiedersehens beansprucht David sei-nen Wohnplatz oben. „Das ist nicht dein Ernst, das ist mein Zimmer – es gibt noch genügend andere“, verteidigt sich da der andere und fügt hinzu: „Weil`s im Winter wärmer ist!“ „Jetzt ist ja wieder Sommer“, kommt darauf als macht-volle, nahezu diktatorische Antwort.Also wohnt der Nichtsnutz, Matthias, der aus Sicht der Fa-milie nichts zustande bringt, jetzt unten. Der andere, Da-vid, das Alphatier, der erfolgreiche Manager und Banker, oben. So kann der Urlaub beginnen – und viele Probleme beginnen gleich mit oder brechen wieder auf.

IM SOMMER WOHNT ER UNTEN ist ein unterhaltsames Vexierspiel mit OBEN und UNTEN. Der Film ist nahezu ein Kammerspiel mit zwei Brüdern, ihren beiden Frauen und einem Kind.

IM SOMMER WOHNT ER UNTEN92 Minuten, Kinostart am 29. Oktober 2015Deutschland / Frankreichteilweise mit Untertiteln

Ein Kammerspiel, das sich ausnahmslos zwischen den Räumen des Ferienhauses und dem Freigelände mit Swim-mingpool abspielt.

Hier hat Regisseur Tom Sommerlatte aus der Not sei-nes geringen Budgets eine heilsame fi lmische Tugend gemacht. Auch merkt man dem Film die persönliche Er-fahrung des Regisseurs an: Er selbst stammt aus einer Familie mit elf Kindern. So kennt er sich natürlich aus mit Interaktionen unter Geschwistern. Er weiß sicherlich um zwischenmenschliche Entwicklungen: Plötzlich wird aus Oben ein Unten und umgekehrt. Das alles setzt er mit ei-nem an Pointen reichen Drehbuch um.

Und letztlich ist ein Film mit herausragenden Schauspieler-Leistungen und stimmungsvollen, sonnendurchfl uteten Sommerbildern entstanden. Es bleibt das Geheimnis des Verleihs, weshalb er den Film nun ausgerechnet mitten im Herbst, ja sogar in den November hinein startet. Doch soll-te das niemanden daran hindern, sich IM SOMMER WOHNT ER UNTEN im Kino anzuschauen.

Denn die Fragen des Films: Wo befi ndet sich ein Mensch im Oben? Oder: Lebt nicht so mancher Mensch oft in einem innerlichen Unten?Diese Fragen gelten natürlich zu jeder Jahreszeit, auch wenn der Sommer lange vorbei ist.

Thomas Bohne, Mitglied derKatholischen Filmkommission

Im Sommer wohnt er unten

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Bilder von Licht und strahlender Sonne sind für viele Men-schen mit der Erfahrung Gottes in ihrem Leben verbun-den. Als Teil der Schöpfung können sie zum Spiegel der menschlichen Seele werden und dem Glauben Kraft und Freude vermitteln. Mit der Dämmerung, den Schatten und der Dunkelheit tun wir uns häufi g schwerer. So sehen man-che dem November mit unangenehmen Gefühlen entgegen und erleben ihn eher als Störung: Nebel und lange Nächte, kahle Laubbäume, sichtbarer Rückzug der Pfl anzen, das unsichtbare Ruhen der Samen in der Dunkelheit der Erde. Es ist wie ein großes Abschiednehmen von sommerlicher Leichtigkeit und unbeschwertem Draußen-Sein, Ende der Ernte und des Rückzugs in die Erde. Die Dunkelheit der Erde wird zum vorherrschenden Natur-Bild dieser Zeit.

Mut zum RückzugWie wäre es, wenn wir dieses Bild als Einladung zur Be-sinnung unseres Lebens vor Gott zuließen – als einzelne und auch als Gemeinschaften? Ich glaube, dass Mut dazu gehört.

Und ich erinnere mich dankbar an viele Männer, die ich als Mentor in diesem Prozess schon bei Waldexerzitien, Visionssuchen und Seminaren begleiten durfte. Freiwillig haben sie sich gerade in Zeiten von Lebensübergängen auf einen Weg eingelassen, der mit Fasten, mit ein- oder mehrtägigem Alleinsein in der Natur auch in die äußere und innere Dunkelheit und Schattenwelt führen kann. Häu-fi g erleben viele danach aber ein stärkeres Verbundensein mit sich selbst, mit der Natur und mit Gott. – Und dabei sind sie in bester Gemeinschaft mit Menschen, die dazu zeitweise oder ganz in die Einsamkeit der Wüsten, Wälder oder Höhlen gezogen sind: ob Benedikt von Nursia, Martin von Tours oder auch Jesus.

Unfreiwillig werden andere Menschen z. B. durch plötzli-che schwere Erkrankung, durch Verletzung oder Krieg mit dieser dunklen, leidvollen Seite unserer Existenz konfron-tiert. Dies bewegt mich immer wieder in der Begegnung mit Kranken und Sterbenden und ihren Angehörigen in unserem Bundeswehr-Krankenhaus. Neben Verstand und Wissen verlangt uns das Leben hier ein hohes Maß an Aushalten und Vertrauen in die heilsam schmerzhaften Prozesse des Lebens ab. Bei manchem mag es sichtbar Glauben und Lebensmut bereichern, andere werden sich vor allem deutlich der eigenen Grenzen bewusst. Umso wichtiger wird es, gerade diese Erfahrung der Dunkelheit mit einem anderen Menschen teilen zu können.

Bilder für das LebenUnsere christlich geprägte Kultur nimmt deshalb die dunk-le Zeit des Jahres als bewusstes Sinnbild für die großen Themen des menschlichen Lebens: Abschied, Loslassen, Trauern, Warten, Wachstum und Neubeginn. – In der kol-lektiven Erinnerung unserer Gesellschaft bieten Allersee-len und Allerheiligen, Totensonntag und Volkstrauertag genug Anlass, um uns mit den Lebenden und Toten, mit ihrem Wissen, mit unserem Platz im Leben, mit unseren Gaben und Auf-Gaben heute zu verbinden. – So könnte der November mit seiner Dunkelheit, Bildlosigkeit und Stil-le Gelegenheit zur ehrlichen Standortbestimmung und zu innerem Wachstum ermöglichen.Vom mittelalterlichen Dominikanermönch und Mystiker Meister Eckart geht mir ein Satz dazu nach: „Nirgends ver-mag der Himmel mehr zu wirken als im Grund der Erde.“ Was das für Sie bedeuten könnte? – Finden Sie es heraus!

Ludger Nikorowitsch

Militärseelsorger im Nebenamt am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg

und Referent für Männerpastoral im Erzbistum Hamburg

November – im Grund der Erde

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VORSCHAU: Unser Titelthema im Dezember

Wir kommen nicht umhin, für die Ausgabe 12/2015, in der Adventszeit und vor dem Fest der Geburt des Herrn – im Volksmund „Weihnachten“ genannt – ein Thema zu wählen, das nach Meinung einiger Leserinnen und Leser vielleicht nicht in diesen Monat passt. Biblisch betrachtet ist es je-doch hochaktuell. Im Lukas-Evangelium erfahren wir, dass Maria Jesus „in eine Krippe legte, weil für sie kein Platz in der Herberge war.“ Ferner ermöglicht auch eine Stelle im Evangelium nach Matthäus (Kapitel 2, Vers 13) einen Bezug, wenn es dort heißt: „Ein Engel des Herrn erschien Joseph im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und fl iehe nach Ägypten; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.“Der Fokus der nächsten Ausgabe richtet sich auf die Flucht-bewegungen in Europa, die vor Deutschland und anderen Staaten in Europa nicht haltmachen. Gerne hätten wir ein anderes Thema gewählt und zum Schwerpunkt dieser „Ad-vents- und Weihnachtsausgabe“ gemacht. Aber sowohl die Aktualität als auch grundsätzliche Überlegungen erzwingen, die Augen vor der Wirklichkeit und den Realitäten vor der Haustür und in der Welt insgesamt nicht zu verschließen,

sondern es aufzugreifen und in unterschiedlichen Formaten zu erarbeiten.Zu Wort kommt nicht nur der Herausgeber und Katholische Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck in seinem Weih-nachtsgruß an die Soldatinnen und Soldaten und deren Fa-milienangehörige, sondern auch in einigen grundsätzlichen Bemerkungen Alois Glück, der von 2003 bis 2008 Präsident des Bayerischen Landtags war und auf eigenem Wunsch nicht mehr für eine weitere Amtszeit als Präsident des Zen-tralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zur Verfügung steht. Ebenso werden Sie einen Kommentar lesen, der von Dr. Oliver Müller, dem derzeitigen Leiter von Caritas inter-national, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes mit Sitz in Freiburg/Breisgau, verantwortet wird. Zusätzlich lassen wir das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zu Wort kommen, das in seinem Beitrag mit eige-nen Fakten zur derzeitigen Situation der Flüchtlinge in aller Welt aufwarten wird. Zu guter Letzt wird der weltweite Jesui-ten-Flüchtlingsdienst Jesuit Refugee Service (JRS) mit seiner Vertretung in Deutschland einiges zu dem Thema beitragen, das uns wohl noch längere Zeit beschäftigen wird.

Josef König

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Erstmals bei der Gesamtkonferenz dabei

Von den fünf neu eingestellten Militärseelsorgern des vergangenen Jahres waren Pater Dr. Peter Henrich OP (Juli/August und Oktober 2015) und Pfarrer Dr. Marco Schrage (Oktober 2015) bereits ausführlicher in Kompass. Soldat und Welt und Kirche vorgestellt worden. Nun begrüßte Monsignore Wolfgang Schilk im Rahmen der Berliner Gesamtkonferenz der Katholischen Militärseelsorge drei weitere neue Militärgeistliche und diese hatten Gelegenheit, sich vorzustellen.Für Gundolf Brosig aus dem Bistum Hildesheim war es ein lang gehegter Wunsch, in der Militärseelsorge Priester zu sein. Nach seinem Grundwehrdienst vor vielen Jahren ist er jetzt in Hagenow geistlicher Ansprechpartner für Soldatinnen und Soldaten. Auch Jürgen Stahl aus dem Bistum Augsburg wollte gerne an seine Soldatenzeit bei der Luftwaffe anknüpfen und ist nun Militärseelsorger in Stetten. Pfarrer Stephan Lorek aus dem Bistum Magdeburg bringt 26 Jahre Erfahrung in der Seel-sorge in seinen Dienst für die Soldatinnen und Soldaten an den Standorten um Neubrandenburg ein. Die Aufl ösung der DDR wenige Monate nach seiner Priesterweihe im Juni 1989 hat ihn geprägt.

Barbara Dreiling

Die neu eingestellten Militärseelsorger mit Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann (li.) und Direktor beim KMBA Msgr. Wolf-gang Schilk (re.). V.l.n.r. Jürgen Stahl, Stephan Lorek, Gundolf Brosig, Marco Schrage und Pater Peter Henrich OP

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Bluetooth-Freisprech-Einrichtung zu gewinnen!

Gewinner des Rätsels der Ausgabe 10/15 ist:Elsbeth Pech aus Bückeburg.Wir gratulieren!

Lösungswort: ROSENKRANZ

Wir verlosen ein SuperTooth Buddy Freisprech-Einrichtung Bluetooth Visier Car-Kit. Mit Ihrer Teilnahme sichern Sie sich eine Gewinnchance, sobald Sie uns das richtige Lösungswort mitteilen.

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Der Rosenkranz ist eine Zähl- oder Gebetskette, die für das Rosenkranzgebet verwendet wird. In seiner häufi gsten Form wird eine regelmäßige Abfolge von drei Gebeten – das Vater unser, zehn Ave Maria und die Doxologie „Ehre sei dem Vater“ –, soge-nannte Gesätze, mit der Betrachtung des Lebens, Sterbens und der Auferstehung Jesu verbunden.

Die Lösung bitte bis

24. November 2015an die Redaktion Kompass.

Soldat in Welt und Kirche Am Weidendamm 2

10117 Berlin

oder per E-Mail an [email protected]

(Wir bitten um eine Lieferanschrift und um freiwillige Altersangabe.)Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militär bischofs (Berlin) und deren Angehörige sind nicht teilnahmeberechtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


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