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WACHSEN MIT IHREN AUFGABEN - plastverarbeiter.de · ROHSTOFFE 44 MedPLAST · Mai 2007 WACHSEN MIT...

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ROHSTOFFE 44 MedPLAST · Mai 2007 WACHSEN MIT IHREN AUFGABEN PERSPEKTIVEN FÜR HOCHLEISTUNGSKUNSTSTOFFE IN DER MEDIZINTECHNIK Die Kombination aus physio- logischer Unbedenklichkeit, mehrfacher Sterilisationsfähigkeit, chemischer Beständigkeit und Abriebfestigkeit aber auch die einfache und kostengünstige Formgebung haben zum Siegeszug der Kunststoffe in der Medizin- technik beigetragen. Gerade die Sterilisation mit Heißdampf, Heißluft, Ethylenoxid oder Gammastrahlung so- wie die kurzen Sterilisationszyklen stellen immer höhere Anforderungen an das Material. Nur Hochleistungs- kunststoffe werden diesen Anforderungen gerecht. Das zur Verfügung stehende Rohstoffportfolio wird immer größer. I m Jahr 2005 erarbeitete ein Fachgre- mium im Auftrag des Bundesministe- riums für Bildung und Forschung (BMBF) eine umfangreiche Studie zur Si- tuation der Medizintechnik in Deutsch- land im internationalen Vergleich. Ein- deutig kommt darin zum Ausdruck, dass Deutschland nach den USA und Japan an dritter Stelle steht und damit eine füh- rende und beispielgebende Position in Europa einnimmt. In den vergangenen zwei Jahren hat sich daran nichts ge- ändert. Während medizinische Massenver- brauchsgüter kostengünstig in den Werk- stätten Asiens gefertigt werden, kommen aus Europa vor allem Hochtechnologie- entwicklungen, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und Integration wei- terer High-Tech-Felder wie Werkstoff- wissenschaften, Halbleitertechnik, Com- putertechnik, Nuklear- und Röntgen- technik fordern und fördern. Im Mittelpunkt stehen Hochleistungs- kunststoffe, wie PEEK, PPSU, PEI, PPE und POM. Diese vermögen unterschied- liche Funktionen zu vereinen und erfül- len die geforderten Anforderungen an mehrfach verwendbare Teile und Kom- ponenten. Auch nach über 100 Sterilisa- tionszyklen weisen Hochleistungskunst- stoffe eine konstante Festigkeit, Deh- nung und Dimensionsstabilität auf. Für jedes neu auf den Markt kommende Pro- dukt muss die physiologische Unbedenk- lichkeit geklärt werden. Rohstoff und ex- trudierte Halbzeuge werden separat auf Biokompatibilität getestet und mit einem auftragsgebundenen und rückverfolg- baren Zeugnis deklariert. Ohne störende Faserzusätze Zu den neuen Polymeren für die Medi- zintechnik gehört Polyparaphenylen (PPP), das unter dem Markennamen Te- camax SRP von Ensinger angeboten wird. Es ist nahezu ebenso hochfest wie glasfaserverstärktes PEEK und kommt ohne die in der Medizintechnik stören- den Faserzusätze aus. In puncto Biokom- patibilität, Strahlenresistenz, chemischer und Sterilisierdampfbeständigkeit wird PPP den hohen Anforderungen der Bran- che gerecht. So stellt das Material eine Al- ternative für herkömmlich eingesetzte Hochleistungskunststoffe dar. Zu den möglichen Einsatzgebieten von Hochleistungskunststoffen zählen zum Beispiel die Orthopädie – traditionell der Vorreiter für den Einsatz innovativer Kunststoffe in der Medizintechnik. So werden Probeimplantationskörper zur Feststellung der Größe der zu verwende- ten Implantate bei Hüft- und Kniege- lenkersatz-Operationen aus POM, PPSU oder PPE (zum Beispiel Tecaform AH MT, Tecason P MT und Tecanyl MT) her- gestellt. Weitere Produkte aus diesen Ma- terialien sind Instrumentengriffe und Be- hältnisse für chirurgische Instrumente. Vermehrt kommen in der Medizin- technik Spezialitäten mit Zusatzfunktio- nen zum Einsatz: Höhere Sicherheits- standards – beim Hersteller sowie im Krankenhaus – verlangen nach röntgen- intransparenten Kunststoffen für den Einsatz als Manipulationskörper. Auch die häufiger zum Einsatz kommenden röntgen unterstützten Eingriffe werden mit neuen röntgenopaken Kunststoffen erleichtert. Ein weiterer Trend geht zum vermehr- ten Einsatz von silberionenbasierten an- timikrobiell ausgestatteten Kunststoffen Autoren Peter Bongardt, Anwendungs- berater Technisches Marketing, Ensinger, Nufringen und Dr. Jürg Wiedler , Global Business Development Manager, Ensinger, Nufringen, [email protected] Die Palette der Hochleistungskunststoffe für die Medizintechnik wird kontinuierlich ausgebaut. Der Einsatzbereich und die Verarbeitung entscheiden bei der Auswahl des Kunststoffs.
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Page 1: WACHSEN MIT IHREN AUFGABEN - plastverarbeiter.de · ROHSTOFFE 44 MedPLAST · Mai 2007 WACHSEN MIT IHREN AUFGABEN PERSPEKTIVEN FÜR HOCHLEISTUNGSKUNSTSTOFFE IN DER MEDIZINTECHNIK Die

ROHSTOFFE

44 MedPLAST · Mai 2007

WACHSEN MIT IHREN AUFGABEN PERSPEKTIVEN FÜR HOCHLEISTUNGSKUNSTSTOFFE IN DER MEDIZINTECHNIK Die Kombination aus physio-logischer Unbedenklichkeit, mehrfacher Sterilisationsfähigkeit, chemischer Beständigkeit und Abriebfestigkeit aber auch die einfache und kostengünstige Formgebung haben zum Siegeszug der Kunststoffe in der Medizin-technik beigetragen. Gerade die Sterilisation mit Heißdampf, Heißluft, Ethylenoxid oder Gammastrahlung so-wie die kurzen Sterilisationszyklen stellen immer höhere Anforderungen an das Material. Nur Hochleistungs-kunststoffe werden diesen Anforderungen gerecht. Das zur Verfügung stehende Rohstoffportfolio wird immer größer.

Im Jahr 2005 erarbeitete ein Fachgre-mium im Auftrag des Bundesministe-riums für Bildung und Forschung

(BMBF) eine umfangreiche Studie zur Si-tuation der Medizintechnik in Deutsch-land im internationalen Vergleich. Ein-deutig kommt darin zum Ausdruck, dass Deutschland nach den USA und Japan an dritter Stelle steht und damit eine füh-rende und beispielgebende Position in Europa einnimmt. In den vergangenen zwei Jahren hat sich daran nichts ge- ändert.

Während medizinische Massenver-brauchsgüter kostengünstig in den Werk-stätten Asiens gefertigt werden, kommen aus Europa vor allem Hochtechnologie-entwicklungen, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und Integration wei-terer High-Tech-Felder wie Werkstoff-

wissenschaften, Halbleitertechnik, Com-putertechnik, Nuklear- und Röntgen-technik fordern und fördern.

Im Mittelpunkt stehen Hochleistungs-kunststoffe, wie PEEK, PPSU, PEI, PPE und POM. Diese vermögen unterschied-liche Funktionen zu vereinen und erfül-len die geforderten Anforderungen an mehrfach verwendbare Teile und Kom-ponenten. Auch nach über 100 Sterilisa-tionszyklen weisen Hochleistungskunst-stoffe eine konstante Festigkeit, Deh-nung und Dimensionsstabilität auf. Für jedes neu auf den Markt kommende Pro-dukt muss die physiologische Unbedenk-lichkeit geklärt werden. Rohstoff und ex-trudierte Halbzeuge werden separat auf Biokompatibilität getestet und mit einem auftragsgebundenen und rückverfolg-baren Zeugnis deklariert.

Ohne störende Faserzusätze Zu den neuen Polymeren für die Medi-zintechnik gehört Polyparaphenylen (PPP), das unter dem Markennamen Te-camax SRP von Ensinger angeboten wird. Es ist nahezu ebenso hochfest wie glasfaserverstärktes PEEK und kommt ohne die in der Medizintechnik stören-den Faserzusätze aus. In puncto Biokom-patibilität, Strahlenresistenz, chemischer und Sterilisierdampfbeständigkeit wird

PPP den hohen Anforderungen der Bran-che gerecht. So stellt das Material eine Al-ternative für herkömmlich eingesetzte Hochleistungskunststoffe dar.

Zu den möglichen Einsatzgebieten von Hochleistungskunststoffen zählen zum Beispiel die Orthopädie – traditionell der Vorreiter für den Einsatz innovativer Kunststoffe in der Medizintechnik. So werden Probeimplantationskörper zur Feststellung der Größe der zu verwende-ten Implantate bei Hüft- und Kniege-lenkersatz-Operationen aus POM, PPSU oder PPE (zum Beispiel Tecaform AH MT, Tecason P MT und Tecanyl MT) her-gestellt. Weitere Produkte aus diesen Ma-terialien sind Instrumentengriffe und Be-hältnisse für chirurgische Instrumente.

Vermehrt kommen in der Medizin-technik Spezialitäten mit Zusatzfunktio-nen zum Einsatz: Höhere Sicherheits-standards – beim Hersteller sowie im Krankenhaus – verlangen nach röntgen-intransparenten Kunststoffen für den Einsatz als Manipulationskörper. Auch die häufiger zum Einsatz kommenden röntgen unterstützten Eingriffe werden mit neuen röntgenopaken Kunststoffen erleichtert.

Ein weiterer Trend geht zum vermehr-ten Einsatz von silberionenbasierten an-timikrobiell ausgestatteten Kunststoffen

Autoren Peter Bongardt, Anwendungs- berater Technisches Marketing, Ensinger, Nufringen und Dr. Jürg Wiedler, Global Business Development Manager, Ensinger, Nufringen, [email protected]

Die Palette der Hochleistungskunststoffe für die Medizintechnik wird kontinuierlich ausgebaut.

Der Einsatzbereich und die Verarbeitung entscheiden bei der Auswahl des Kunststoffs.

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(POM oder PP) für Instrumente und vor allem Behälter. Diese Kunststoffe sollen Infektionen verhindern. Der Infektions-grad bei in amerikanischen Spitälern operierten Patienten lag 2004 bei 4 %.

Instrumentengriffe und Hülsen für die weiter an Bedeutung gewinnende mini-malinvasive Chirurgie werden aus PEEK und PPSU (Tecapeek MT und Tecason PMT) gefertigt.

Mit dem Vormarsch der Implantate werden zukünftig auch im Dentalbereich vermehrt Kunststoffe eingesetzt. Dort verbleiben sie in der Regel nur über einen begrenzten Zeitraum im Körper. Bei-spielsweise werden Einheilkappen aus PEEK Classix (Tecapeek Classix) für die Dauer von bis zu 180 Tagen als Aufsatz auf die vorwiegend aus Titan hergestell-ten Implantate gesetzt. In dieser Zeit ver-mag das Implantat mit dem Knochen vollständig zu verwachsen. Nach dieser Einheilzeit wird die Kappe gegen den re-gulären Zahnersatz getauscht.

Ein weiterer Bereich mit großen Ent-wicklungschancen für Kunststoffe sind Diagnosesysteme (Röntgen, MRI), Ope-rationsroboter sowie Operationshilfen wie Zielbügel, die aus Tecamax SRP gefer-tigt werden.

Probeimplantationskörper für Hüft- und Kniegelenkersatz-Operatio-nen werden aus POM, PPSU oder PPE gefertigt.

ERHÖHTE MARKTCHANCEN Zukunftsaussichten Im Bereich „reusable plastic materials“ spielt die Variantenvielfalt auch in der Medizintechnik eine enorme Rolle. Die Neu- und Weiter-entwicklung von Kunststoffen für diese Branche werden von folgen-den Trends bestimmt: � Die chemisch-thermischen Belastungen werden aus Gründen

der Hygienesicherheit zunehmen, um mutierende Bakterien-stämme schneller isolieren zu können.

� Antimikrobielle Ausstattungen und Wirkungen werden ver-mehrt Interessenten finden, Farben zur Kodierung sind selbst-verständlich.

� Funktionalitäten werden durch neue Additive erweitert, um Strahlendiagnostik und -therapie sowie automatisierte Daten-erkennung und -registrierung ausbauen zu können. Hinzu kom-men Funktionalitäten mit Wechselwirkungen zwischen Elektro-nik und den Werkstoffen.

� Das Ganze geht einher mit einer weiteren Miniaturisierung der technischen Komponenten, um die Körperinvasion auf ein mini-mal notwendiges Niveau bei maximalen Therapieaussichten zu reduzieren.


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